11155/J XXV. GP

Eingelangt am 15.12.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Erwin Preiner und Genossinnen

an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend der Nicht-Genehmigung des Masterstudienganges "Soziale Arbeit und Beratung im Social Profit Sector" an der FH Burgenland ab dem Studienjahr 2017/2018 durch das Bundes-ministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

Die FH Burgenland hat im Jahr 2014 sehr bewusst und engagiert das neue Department „Soziale Arbeit“ vorbereitet und erfolgreich gegründet, um die eklatante Personalnot an SozialarbeiterInnen und Sozialpädagoglnnen in der Region zu befriedigen.

Das Burgenland war bis dahin das einzige Bundesland, in dem man Soziale Arbeit nicht studieren konnte; zentraler Grund für die Einrichtung dieses Departments war auch die eklatante Personalnot an Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagoginnen, die im Burgenland herrscht. Bei der Einrichtung des Departments Soziales war in der strategischen Planung vorgesehen und mit dem zuständigen Ministerium auch besprochen, dass nach der grundständigen Bachelorausbildung auch ein Masterstudiengang ab WS 2017/18 am Department angeboten werden soll. Das Team des Departments Soziales entwickelte gemeinsam mit hochkarätigen ExpertInnen den Antrag für das Masterstudium „Soziale Arbeit und Beratung im Social Profit Sector“, dessen Finanzierung am 3.10.2016 vom zuständigen Ministerium überraschend abgelehnt wurde. Die Finanzierung dieses Masterstudienganges wäre durch eine Umschichtung innerhalb der FH erfolgt und hätte somit keine zusätzlichen Kosten für das Ministerium zur Folge.

Die Studierenden des fünften Semesters sind über diese Entscheidung sehr enttäuscht, da exakt 50% dieses Jahrganges (23 Studierende) den Masterstudiengang an der FH Burgenland absolvieren wollten, indem sie auch ihre Lebensplanung dahingehend ausgereichtet haben (Stipendien, Berufstätigkeiten etc.). Neben den „hauseigenen Interessen“ liegen im Department Soziales über 100 Anfragen von Interessierten aus der Praxis vor, die gerne einen Masterstudiengang an der FH Burgenland in Sozialer Arbeit absolvieren wollen.

 

Ein Masterstudiengang ist für die Praxis der Sozialen Arbeit von großer Bedeutung, aber auch für die FH Burgenland, insbesondere für den Auf- und Ausbau einer breiten forschungsgeleiteten Lehre. Umso überraschender war es und höchst enttäuschend ist es, dass seitens des BMWFW am 03. Oktober 2016 eine Finanzierung abgelehnt wurde. Alternativlos.

Argumente, die dafür ins Treffen geführt werden, verweisen einerseits auf die Arbeitsmarktlage für Absolventlnnen, andererseits wird auf ein laufendes Projekt zum „Fächerabgleich“ verwiesen, im Zuge dessen Studienangebote und dessen Standorte neu strukturiert werden sollen. Aus Sicht der FH Burgenland können solche Argumente nicht nachvollzogen werden - eine Bedarfs- und Akzeptanzanalyse hat am Arbeitsmarkt anderes ergeben.

Aufgrund neuer gesellschaftlichen Problemstellungen wie zB. Migration, Demografie, Schulsozialarbeit, etc. werden bestens ausgebildete ExpertInnen in den Sozial- und Gesundheitsberufen sehr nachgefragt und der Bedarf steigt kontinuierlich:

       Veränderung der Altersstruktur der Bevölkerung, neue Bedarfe in der Arbeit mit Seniorlnnen und deren Angehörigen

       Ausbau der Schulsozialarbeit. Bei 2953 öffentlichen Volksschulen und 615 Hauptschulen und Neuen Mittelschulen in Ö (Datenquelle schulen_online.at), gäbe es allein dadurch einen zusätzlichen Bedarf an mehreren tausend SozialarbeiterInnen.

       Zuwanderung - Bedarf bei der Unterstützung der Integration von Flüchtlingen, speziell auch unbegleiteten Minderjährigen. Der Ausbau der Einrichtungen seit September 2015 musste vorerst zum Gutteil mit unzureichend qualifiziertem Personal erfolgen.

       Prozesse der Radikalisierung, Notwendigkeit des Ausbaus präventiver Angebote und von Ausstiegshilfen

       Ausbau von Angeboten der Sozialarbeit und Sozialpädagogik im öffentlichen Raum (offene Jugendarbeit, gemeinwesenorientierte Arbeit, moderierende Angebote bei Konflikten im öffentlichen Raum etc.), vielfach durch Kommunen finanziert,  etc.

Wird von der Politik hier nicht rechtzeitig und adäquat reagiert, dann stehen wir sehr bald vor einem eklatanten Mangel an SozialarbeiterInnen und Sozialpädagoglnnen, jede Verhinderung von sinnvollen Ausbildungsplätzen begünstigt diese vorsehbare Entwicklung.

In jedem Bundesland wurde daher im Bereich der Sozialen Arbeit ein Masterstudiengang genehmigt, das bildungspolitische Paradigma „Kein Bachelorstudiengang ohne Masterstudiengang“ halten wir für wichtig und richtig und sollte auch für die BA StudentInnen an der FH Burgenland gelten.

 

Die Unterzeichneten Abgeordneten richten an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft nachstehende

Anfrage:

1.    Rund 95% der offenen Stellen für SozialarbeiterInnen und Sozialpädagoglnnen werden nicht über das AMS ausgeschrieben. Warum verwendet das Bundesministerium diese Statistik, um keinen Bedarf an SozialarbeiterInnen und Sozialpädagoglnnen zu konstruieren?

2.      Die Verhandlungen über den Fächerabgleich zwischen Universitäten und Fachhochschulen wurde eben erst begonnen und beinhalten die Soziale Arbeit nicht. Warum wird dieses Argument für die Nicht-Genehmigung dieses MA Studienganges angeführt?

3.    Als Alternative für BA Absolventlnnen aus der FH Burgenland werden die Fachhochschulen in Wien und Graz angeführt. Dort gibt es rund drei Mal mehr BewerberInnen als Studienplätze. Wie können Sie den BA Absolventlnnen der Sozialen Arbeit an der FH Burgenland garantieren, dass sie hier einen geeigneten Studienplatz in einem Masterprogramm finden?

4.    Die Zahl der Studierenden insgesamt in Studiengängen Sozialer Arbeit ist in Österreich 2.171 (WS 2015, inklusive Master-Studiengänge). Bei einem Zehntel der Bevölkerung von Deutschland beträgt die Studierendenzahl in Sozialer Arbeit nur ein Dreißigstel I Wie sehen Sie die Entwicklung des Bedarfs an gut ausgebildeten ExpertInnen im Bereich der Sozialen Arbeit?

5.    Welche Maßnahmen werden Sie treffen, um auf den aktuellen kommenden Arbeitskräftemangel im Bereich der Sozialen Arbeit zu reagieren?

6.   Rund 100 interessierte Praktikerlnnen aus der Sozialen Arbeit im Burgenland und Peripherie warten schon Jahre auf ein Masterprogramm und wollen einen berufsbegleitenden Masterstudiengang an der FH Burgenland absolvieren. Welche Perspektive können Sie diesen Interessierten bieten?

7.   Durch die Pensionierung der geburtenstarken Jahrgänge werden in der nächsten Zeit gerade Leitungspositionen in Organisationen der Sozialen Arbeit nachbesetzt werden. Was tun Sie, um auf diese vorhersehbare Entwicklung zu reagieren?

8.    Werden Sie den berufsbegleitenden Masterstudiengang „Soziale Arbeit und Beratung im Social Profit Sector“ für das Wintersemester 2018 genehmigen?