11157/J XXV. GP

Eingelangt am 15.12.2016
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Chancen am Arbeitsplatz für Absolventen einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte

Wer eine überbetriebliche Lehre absolviert, findet später deutlich seltener einen Job als jene mit einer betrieblichen Lehre Wien – Es ist ein Schicksal, das vielen am Ende der Schulpflicht droht. Bei weitem nicht alle Jugendlichen, die sich für eine Lehre interessieren, finden auch eine Stelle. Die Anforderungen der Betriebe und die Vorstellungen der Suchenden passen einfach häufig nicht zusammen. So gibt es aktuell beim Arbeitsmarktservice zwar 3800 sofort verfügbare Lehrstellen, aber auch mehr als 6000 Lehrstellensuchende. Viele von diesen jungen Menschen landen dann in einer überbetrieblichen Lehrausbildung.

Diese Stellen werden vom AMS zur Verfügung gestellt. Derzeit befinden sich knapp 13.000 Jugendliche in solchen Lehrwerkstätten, den Staat kostet das heuer 180 Millionen Euro. In den kommenden Jahren dürfte dieses Angebot noch ausgeweitet werden. Mit Ende des Schuljahrs 2016/17 wird nämlich die neue Ausbildungspflicht bis 18 gelten. Jugendliche müssen dann nach Ende der Pflichtschule eine weitere Ausbildung – schulisch oder eben außerschulisch – absolvieren.

Wechsel auf "echten" Lehrplatz

Wie aber sieht es um die beruflichen Chancen von Jugendlichen in solchen Lehrwerkstätten aus? Finden sie später tatsächlich Arbeitsplätze? Zunächst: Vielen gelingt schon während der Ausbildung der Wechsel in ein privates Unternehmen. Laut AMS finden 50 Prozent der Teilnehmer bereits nach einem Jahr einen "echten" Lehrplatz. Wer aber in einer überbetrieblichen Lehrausbildung bleibt, hat statistisch betrachtet deutlich schlechtere Jobchancen. Das zeigt eine im Frühjahr veröffentlichte Studie des Wirtschaftskammer-nahen Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (IBW).

Analysiert wurde dabei die Entwicklung der Lehrabsolventen und -absolventinnen der Jahre 2008 bis 2013. Bilanz nach drei Jahren Dabei zeigt sich: Wer eine Lehrausbildung in einem Betrieb positiv beendet, findet danach in aller Regel auch einen Job. Drei Jahre nach der Lehrabschlussprüfung sind 81 Prozent unselbstständig oder (selten) selbstständig beschäftigt. Nur etwa sieben Prozent sind nach drei Jahren offiziell als arbeitslos gemeldet, weitere zwei Prozent absolvieren eine Qualifizierungsmaßnahme des Arbeitsmarktservice. Ganz anders sieht das Bild bei den Absolventen einer Lehrwerkstatt aus.

Sechs Monate nach Ende der Ausbildung haben nur 36 Prozent einen Job. Auch nach drei Jahren gehen nur 58 Prozent einer unselbstständigen oder selbstständigen Beschäftigung nach. Die Zahl der Arbeitslosen liegt bei dieser Gruppe nach drei Jahren bei 22 Prozent, weitere rund sieben Prozent besuchen dann eine AMS-Schulung. Auch fünf Jahre nach dem Lehrabschluss ändert sich an diesen Werten kaum etwas. Nur weil der Staat mit einem Lehrplatz aushilft, heißt das also noch nicht, dass diese Jugendlichen, häufig aus benachteiligten Familien, am Ende auch gleich gute Erfolgsaussichten auf dem Arbeitsmarkt haben. Wer abbricht, hat es schwer. Wer übrigens eine Lehre abbricht, findet sich später in der Erwerbswelt deutlich schwerer zurecht.

Bei jenen Abbrechern, die es zuvor mit einer überbetrieblichen Ausbildung probiert haben, liegt der Arbeitslosenanteil nach drei Jahren bei 26,3 Prozent. Aber auch bei den Dropouts, die eine "echte" Lehre nicht beendet haben, liegt die Arbeitslosenquote nach drei Jahre bei fast 19 Prozent.

Geschlechterunterschiede

Bei den Abbrechern zeigen sich zudem interessante geschlechterspezifische Unterschiede. In jenen Berufen, in denen ein Geschlecht besonders dominiert, weist das andere Geschlecht eine deutlich höhere Abbruchquote auf. Für die Studienautoren deutet das darauf hin, "dass die geschlechtsspezifische Segregation des Lehrstellenmarktes zu tatsächlichen Nachteilen für die jeweilige unterrepräsentierte Gruppe führt".

Zwei Beispiele: Bei Elektrotechnik (hier liegt der Burschenanteil bei 96 Prozent) brechen 9,9 Prozent der Männer ab, aber 17,3 Prozent der Frauen. Umgekehrt ist es bei der Berufsgruppe "Körperpflege/Schönheit (Frauenanteil 93,3 Prozent). Die Abbrecherquote liegt hier bei den Frauen bei 21,6 Prozent, bei den Männern aber bei über 38 Prozent. Ebenfalls interessant: Das Alter der Lehrabbrecher steigt mit zunehmendem Alter deutlich an. Nur sieben Prozent der Jugendlichen, die sich unmittelbar nach der Pflichtschule für eine Lehre entscheiden, brechen ab. Bei den 17-jährigen liegt der Anteil dann schon bei über 20 Prozent, und wer sich erst mit Mitte 20 dazu entschließt, eine Lehre zu absolvieren, bricht sie in jedem dritten Fall ab. (Günther Oswald, 13.12.2016)

derstandard.at/2000049178091/Schlechte-Jobchancen-nach-staatlicher-Lehre


In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Arbeit und Soziales folgende

 

Anfrage

 

  1. Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass sechs Monate nach Ende einer Ausbildung in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte nur 26 Prozent der Absolventen eine Beschäftigung aufgenommen haben?
  2. Wie stellt sich die Beschäftigungsentwicklung bei Absolventen aus überbetrieblichen Lehrwerkstätten in den Jahren 2014, 2015 und 2016 sechs Monate nach Beendigung der Ausbildung dar?
  3. Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass drei Jahre nach Ende einer Ausbildung in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte nur 58 Prozent der Absolventen eine Beschäftigung aufgenommen haben?
  4. Wie stellt sich die Beschäftigungsentwicklung bei Absolventen aus überbetrieblichen Lehrwerkstätten in den Jahren 2014, 2015 und 2016 drei Jahren nach Beendigung der Ausbildung dar?
  5. Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass drei Jahre nach Ende einer Ausbildung in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte 22 Prozent der Absolventen arbeitslos sind?
  6. Wie stellt sich die Arbeitslosigkeit bei Absolventen aus überbetrieblichen Lehrwerkstätten in den Jahren 2014, 2015 und 2016 drei Jahren nach Beendigung der Ausbildung dar?
  7. Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass drei Jahre nach Ende einer Ausbildung in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte 7 Prozent in einer AMS-Schulung sind?
  8. Wie stellt sich der Anteil von Absolventen drei Jahre nach Ende einer Ausbildung in einer überbetrieblichen  Lehrwerkstätte in den Jahren 2014, 2015 und 2016 in einer AMS-Schulung dar?
  9. Wie viele Lehrlinge haben in den Jahren 2010 bis 2016 eine überbetriebliche Lehrwerkstätte besucht?
  10. Wie teilen sich diese Lehrlinge in den Jahren 2010 bis 2016 auf die einzelnen Bundesländer auf?
  11. Wie teilen sich diese Lehrlinge in den Jahren 2010 bis 2016 auf die einzelnen Branchen auf?
  12. Wie hoch ist der Anteil der Lehrlinge in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte in den Jahren 2010 bis 2016 mit österreichischer Staatsbürgerschaft?

  1. Wie hoch ist der Anteil der Lehrlinge in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte in den Jahren 2010 bis 2016 mit einer sonstigen EU-Staatsbürgerschaft?
  2. Wie hoch ist der Anteil der Lehrlinge in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte in den Jahren 2010 bis 2016 mit einer Staatsbürgerschaft aus einem Drittstaat?
  3. Wie hoch ist der Anteil der Lehrlinge in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte in den Jahren 2010 bis 2016 mit einem Asylstatus bzw. dem Status eines subsidiär Schutzberechtigten?
  4. Wie hoch ist der Anteil der Lehrlinge in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte in den Jahren 2010 bis 2016 mit dem Status eines Asylwerbers?
  5. Wann wurde die Ausbildung von Lehrlingen in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte zuletzt durch das BMASK evaluiert?
  6. Welche Ergebnisse brachte diese Evaluierung durch das BMASK?
  7. Welche Schlüsse ziehen Sie als Sozialminister aus dieser Evaluierung?