11423/J XXV. GP

Eingelangt am 18.01.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

betreffend Gesundheitsausgabengrenzen in der neuen Zielsteuerungsperiode
 

Die neue Fassung der 15a-Vereinbarung zur „Zielsteuerung Gesundheit“ wirft einige Fragen auf.

Laut der 15a-Vereinbarung „Zielsteuerung-Gesundheit“ (Fassung: 11/2016) sollen die Steigerungen für die Gesundheitsausgabengrenzen (im engeren Sinne: Kassen und Länder) von 3,6% (2017) kontinuierlich auf 3,2% (2021) abgesenkt werden. Diesbezüglich ergeben sich Fragen zur (a) ursprünglichen 15a-Zielvorgabe für die Ausgabengrenzen, (b) zur Ausgangsbasis für die neuen Ausgabengrenzen (2017-2021) und (c) zur Verteilung der Ausgabengrenzen.

(a) Ursprüngliche Zielvorgabe

In der alten 15a-Vereinbarung „Zielsteuerung-Gesundheit“  (Fassung: 15.10.2013) einigten sich Bund und Länder, dass das Gesundheitsausgabenwachstum (im engeren Sinne: Kassen und Länder) bis 2016 auf das mittelfristige BIP-Wachstum abzusenken und es in den Folge-Perioden zur Gänze an das nominale BIP-Wachstum zu koppeln. Davon ist in der neuen Fassung der 15a-Vereinbarung (11/2016) nur noch aufgeweicht die Rede. Demnach kann das Gesundheitsausgabenwachstum bis 2020 über dem mittelfristigen nominalen BIP-Wachstum liegen. Erst für 2021 ist die BIP-Koppelung als Ziel festgeschrieben.


15a-Vereinbarung „Zielsteuerung-Gesundheit“, Artikel 22 (4) 1 (Fassung 15.10.2013):

„Der Anstieg der öffentlichen Gesundheitsausgaben ist in der ersten Periode der Zielsteuerung-Gesundheit von 2012 bis 2016 stufenweise soweit zu dämpfen, dass der jährliche Ausgabenzuwachs im Jahr 2016 einen Wert von 3,6 Prozent (durchschnittliche Entwicklung des nominellen Bruttoinlandprodukts gemäß Mittelfristprognose für das Bundesfinanzrahmengesetz) nicht überschreitet. In den weiteren Perioden bleibt der jährliche Ausgabenzuwachs an die durchschnittliche Entwicklung des Bruttoinlandprodukts gemäß Mittelfristprognose für das Bundesfinanzrahmengesetz in der jeweils geltenden Fassung gekoppelt.“


15a-Vereinbarung „Zielsteuerung-Gesundheit“, Artikel 15 (4) 2/3 (Fassung November 2016):

15/4/2: „Für den Zeitraum 2017 bis 2021 ist der Anstieg der öffentlichen Gesundheitsausgaben stufenweise soweit zu dämpfen, dass der jährliche Ausgabenzuwachs im Jahr 2021 einen Wert von 3,2 Prozent (durchschnittliche Entwicklung des nominellen Bruttoinlandprodukts gemäß Mittelfristprognose für das Bundesfinanzrahmengesetz) nicht überschreitet.“

15/4/3: „In den weiteren Perioden nach 2021 werden neuerlich Ausgabenobergrenzen festgelegt, die sich weiterhin an der durchschnittlichen Entwicklung des Bruttoinlandproduktes orientieren.“

 

(b) Niveau der Ausgabengrenzen

Für das Ausgangsniveau der neuen Ausgabengrenzen wurden nicht die tatsächlichen Gesundheitsausgaben für 2016 herangezogen, sondern ohne Begründung die 2016er-Ausgabengrenze (vergleiche mit 15a 15.10.2013), die etwa 500 Mio. Euro über dem 2016er-Voranschlagswert liegt (vergleich mit Monitoring-Bericht I/2016). Geht man vom Voranschlagswert aus, errechnet sich für  2017 eine unverhältnismäßig hohe Ausgabengrenze von 6,1%. Hinzu kommt, dass die 2016er-Ausgabengrenze auf einer viel zu hohen Annahme für das mittelfristige nominale BIP-Wachstum basiert, nämlich 3,6% jährlich. Tatsächlich wird zwischen 2012 und 2016 das nominale BIP-Wachstum jedoch lediglich bei etwa 2,7% jährlich liegen.

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Quelle: Bundes-Zielsteuerungsvertrag,  15a-Vereinbarung,  Zielsteuerungs-Monitoring-Berichte

 

(c) Verteilung der Ausgabengrenzen

In der „alten“ 15a-Vereinbarung (15.10.2013) waren die durchschnittlichen zulässigen Ausgabensteigerungen für die Kassen (ambulanter Bereich) noch etwas höher angesetzt als für die Länder (Spitäler), was das Ziel "ambulant statt stationär" unterstrich. In der aktuellen 15a-Vereinbarung sind die Steigerungen der Ausgabengrenzen für beide Bereiche jedoch gleich hoch angesetzt (siehe Art. 17), was widersprüchlich zu „ambulant statt stationär“ bzw. zu Art. 6 (1) 2 ist. Art. 6 (1) 2 beschreibt explizit das Ziel, den stationären Bereich abzubauen und gleichzeitig den ambulanten Bereich aufzubauen. Bei gleich hohen Steigerungen der Ausgabengrenzen ist dieses Ziel allerdings praktisch nicht möglich.

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Quelle: 15a-Vereinbarungen (2013, 2016)

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende


Anfrage:

A) Ausgabengrenzen

1.    Aus welchen Gründen wurde vom ursprünglichen Ziel abgegangen, die Gesundheitsausgaben-Steigerungen bereits ab 2017 durchgehend an das mittelfristige BIP-Wachstum zu koppeln?

2.    Aus welchen Gründen wird als Berechnungsbasis für die Ausgabengrenzen 2017 bis 2021 nicht die aktuellste Ausgabenprognose 2016 oder der tatsächliche Wert 2016 herangezogen?

3.    Als Ausgangswert für die Gesundheitsausgabengrenzen im Zeitraum 2017 bis 2021 wurde die Ausgabenobergrenze aus 2016 herangezogen, die ca. 500 Mio. Euro über dem 3 Jahre erwarteten tatsächlichen Wert für 2016 liegt (siehe Zielsteuerungs-Monitoringbericht 2016/I).

a.    Auf Basis welcher sachlichen Überlegungen wurde für den Ausgangswert 2016 auf einen veralteten Prognosewert (Ausgabengrenze 2016) zurückgegriffen?

b.    Werden die Ausgabengrenzen nach dem Festliegen der Rechnungsabschlüsse 2016  an die tatsächlichen Ausgaben 2016 angepasst?

4.    Ausgabenpositionen, wie Stationäre Reha, Kuren, Krankengeld, Gebäudeabschreibungen (Investitionen) sind von Kassen eindeutig steuerbar (durch Genehmigungsverfahren, Fallmanagement,…). Wieso wurden diese Ausgabenpositionen von den Ausgabengrenzen ausgeschlossen? (siehe 15a Z-G Art. 17 (3) 1).

5.    Wie begründen Sie, dass die Gesundheitsausgabengrenze 2017 (3,6% bzw. 6,1%) stärker erhöht wird als dies 2016 der Fall war (siehe 15a 15.10.2013: 3,3%)?

6.    Welches jährliche nominale BIP-Wachstum nimmt das BMF zwischen 2017 und 2021 an (genauer: „durchschnittliche Entwicklung des nominellen Bruttoinlandprodukts gemäß Mittelfristprognose für das Bundesfinanzrahmengesetz“)?

7.    Für 2012-2016 wird das mittelfristige nom. BIP-Wachstum bei ca. 2,7% jährlich liegen, angenommen wurden 3,6%. Wieso wurde die deutliche Fehlprognose nicht in den aktuellen Ausgabengrenzen berücksichtigt?

8.    In der Zielsteuerung 2012-2016 war es erklärtes Ziel, Leistungen aus dem akutstationären Bereich in den tagesklinischen und ambulanten Bereich zu verlagern. Trotzdem ist Ausgabenquote der Kassen an den Gesundheitsausgaben (im engeren Sinn: SV + Länder) konstant bei 46,7% geblieben (siehe B-ZV 2012-2016 und Monitoringbericht I/2016).

a.    Wieso konnte die ambulante Ausgabenquote (Kassen-Ausgabenquote) nicht erhöht werden?

b.    Welche Konsequenzen werden daraus gezogen?

9.    In der 15a-Vereinbarung „Zielsteuerung-Gesundheit“ (2017-2021) wird als Ziel genannt, den akutstationären Bereich abzubauen, bei gleichzeitigem Aufbau des ambulanten Bereichs (Art. 6 (1) 2).

a.    Wie kann dieses Ziel umgesetzt werden, wenn die zulässigen Ausgabensteigerungsgrenzen (Art. 17; 3,6%, 3,5%, 3,4%, 3,3%, 3,2%) für die Länder und SV jeweils gleich hoch angesetzt sind?

b.    Wieso wurden die zulässigen Ausgabensteigerungen für die Kassen nicht etwas höher angesetzt als für die Länder (Spitäler), wie das von 2012-2016 bereits der Fall war?

c.    Werden die Ausgabensteigerungsgrenzen für die SV nachträglich erhöht und die der Länder gesenkt, um das in 15a Z-G Art. 6 (1) 2 definierte Ziel („ambulant statt stationär“) erfüllen zu können?

10. Wie stark individualisiert werden die Ausgabengrenzen für die einzelnen Länder und Kassen in der Bundeszielsteuerung werden? (RH-Kritik: Berücksichtigung von Versichertenentwicklung, Altersstruktur…)

11. Für Vorarlberg wurde die Ausgangsbasis 2016 um die Überschreitung der Ausgabengrenze 2016 angehoben (15a Z-G Art. 17 (2) 6a). Wäre es nicht konsistent gewesen, die Ausgangsbasen für die anderen Länder/Kassen entsprechend abzusenken?

12. Das BMF wollte den Ländern und Kassen ursprünglich (lt. Medienberichten) nur 2,9% jährliche Gesundheitsausgabensteigerungen zugestehen.

a.    Ist das korrekt?

b.    Wenn ja, auf Basis welcher sachlichen Überlegungen wurde nunmehr ein höherer Wert angesetzt?

13. Wie hat sich die Gesundheitsausgabenquote im engeren Sinne (Länder + Kassen; 15a Z-G Art. 17 (2) 4 + Art 17 (3) 4) und im weiteren Sinne (Art. 17 (1) 2 – „öffentliche Gesundheitsausgaben ohne Langzeitpflege) zwischen 2012 und 2016 entwickelt? (Ausgaben / nom. BIP)

14. Falls die Gesundheitsausgabenquote nicht stabilisiert werden kann: Welche Maßnahmen sind vom BMF/BMGF angedacht, um die relevanten Akteure zu einem effizienteren und effektiveren Umgang mit den vorhandenen Ressourcen zu bewegen?

15. Wie stark erhöhen sich die jährlichen Ausgaben für Kassen und Länder durch die Aufweichung des Art. 22 (4) 1 in der 15a-Vereinbarung Z-G (Fassung 15.10.2013 – Koppelung der Ausgaben an das nom. BIP ab 2017)?

16. Wie stark erhöhend wirkt die Aufweichung des Art. 22 (4) 1 in der 15a-Vereinbarung Z-G (Fassung 15.10.2013 –Koppelung der Ausgaben an das nom. BIP ab 2017) auf die Staats-Schuldenquote?

B) Rechnungshof-Kritik
 

17. Der Rechnungshof hat mehrfach kritisiert, dass die Zielsteuerungs-Gesundheitsausgabengrenzen zu hoch angesetzt sind und keinen echten Spardruck ausüben. Mit welchen konkreten Maßnahmen haben Sie auf diese Kritik reagiert?

18. Der Rechnungshof hat kritisiert, dass die Gesundheitsausgabengrenzen nicht auf die Altersstruktur und die Versichertenentwicklung der einzelnen Länder/Kassen eingehen. Mit welchen konkreten Maßnahmen haben Sie auf diese Kritik reagiert?

19. Der Rechnungshof hat kritisiert, dass den Krankenfürsorgeanstalten keine Ausgabengrenzen auferlegt werden. Mit welchen konkreten Maßnahmen haben Sie auf diese Kritik reagiert?

20. Der Rechnungshof hat kritisiert, dass von den Kassen steuerbare Leistungsausgabenpositionen nicht in die Ausgabengrenzen berücksichtigt werden. Mit welchen konkreten Maßnahmen haben Sie auf diese Kritik reagiert?

C) Sondermillion für PHC und Spitalsfinanzierung
 

21. Mit der Finalisierung der Finanzausgleichsverhandlungen wurde verkündet, dass der Bund den Ländern/Kassen via FAG zusätzliche Finanzmittel für die Spitalsfinanzierung und PHC zuschießt. Der Zielsteuerungs-Monitoringbericht (I/2016) berichtete jedoch von enormen Kostendämpfungseffekten in Höhe von 827 Mio. Euro bei den Kassen und 989 Mio. Euro bei den Ländern.

a.    Mit welcher Begründung werden Ländern und Kassen zusätzliche Mittel für PHC und die Spitalsfinanzierung zugeschossen, obwohl Länder und Kassen durch die hohen Einsparungseffekte lt. B-ZV-Monitoringbericht genug eigene Finanzmittel zur Verfügungen haben müssten?

b.    Wie stellen sich die zusätzlichen Finanzmittel für PHC bzw. für Spitalsfinanzierung in ihrer Höhe und nach Jahren abgegrenzt dar?