11442/J XXV. GP

Eingelangt am 20.01.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Gemeinnützigkeit der „ Dr. Erwin Pröll Stiftung“

BEGRÜNDUNG

 

„Die „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“, eingetragen im Firmenbuch unter der FN 301758m, wurde mit Notariatsakt vom 27. Oktober 2007 errichtet und am 31. Oktober 2007 zur Schenkungssteuer angezeigt. Laut Medienberichten stammte das gestiftete Vermögen von 150.000 Euro aus Geldgeschenken an den niederösterreichischen Landeshauptmann anlässlich seines 60. Geburtstages. Ob es bezüglich dieser Geldgeschenke zur Anmeldung von schenkungssteuerpflichtigen Vorgängen an die Finanzbehörden kam, ist nicht bekannt. 

Die Stiftung hat den Zweck der Förderung des kulturellen Lebens, des sozialen Zusammenlebens im ländlichen Raum und des harmonischen Zusammenlebens von Generationen durch Förderung von

a)    Projekten und Initiativen, die kulturelle Traditionen pflegen und weitere zu entwickeln, soziales Engagement unterstützen und den Interessen der kommenden Generationen nachhaltig dienen;

b)    Projekte und Initiativen, die für die Verbindung von Tradition und Innovation beispielhaft sind;

c)    Projekten und Initiativen, die den ländlichen Raum als Raum für Kreativität und kulturellen Dialog weiterentwickeln; und

d)    Projekten und Initiativen, die für das Zusammenleben von Generationen vorbildlich sind.


Die Mittel zur Erreichung des Zwecks sind unter anderem insbesondere die Durchführung von Projekten, die finanzielle Unterstützung von entsprechenden Einrichtungen und Projekten. Die Mittel für die Erreichung des Stiftungszwecks können ausdrücklich auch von Subventionen stammen.[1]

Der Landesrechnungshof schreibt weiter u.a. folgende Wahrnehmung an den Präsidenten des NÖ Landtags: [2]

Es ist wenig bekannt über die gemeinnützigen Aktivitäten und dafür getätigten Auszahlungen der Stiftung seit 2007 und ob es – außer geringfügigen Spenden an Einzelpersonen – je zu gemeinnützigen Aktivitäten der Stiftung gekommen ist. Gerade darüber liegen keinerlei Informationen vor und im Landtag wird die Auskunft verweigert. Es ist daher völlig unklar, wieso die „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ gemeinnützig ist – außer um steuerlich begünstig behandelt zu werden und leichter Gelder vom Land zu bekommen.

Vielmehr bestehen erhebliche Bedenken auf Seiten der Fachwelt, ob die „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ den Kriterien der Gemeinnützigkeit nach der Bundesabgabenordnung entspricht. So bezweifelte der Steuerrechtsexperte Univ. Prof. Dr. Werner Doralt im "Ö1-Mittagsjournal"[3] die Erfüllung der Kriterien zur steuerlichen Begünstigung der „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“.

Nach dem Gesetz ist eine Einrichtung nur dann gemeinnützig, wenn sie ua auch nach der "tatsächlichen Geschäftsführung" gemeinnützig tätig ist.


Der Rechnungshof wies in einer Stellungnahme zu einem Ministerialentwurf des Wirtschaftsministeriums zum Gemeinnützigkeitsgesetz im November 2015 zur Gemeinnützigkeit auf folgendes hin:[4]

Die Vereinsrichtlinien des Bundesministeriums für Finanzen (BMF)[5], die auch bei der „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ anzuwenden sind, beinhalten unter der Rz 129 folgende Richtlinie für den Fall, dass die in der Rechtsgrundlage verankerten Zwecke überhaupt nicht oder nur unzureichend verwirklicht werden -  wozu auch die Ansammlung eines unangemessen hohen Vermögens zählen:
"Die Mittel der Körperschaft müssen möglichst zeitnah für die Erfüllung der begünstigten Zwecke verwendet werden. (…) Das Halten einer Finanzreserve in Höhe eines durchschnittlichen Jahresbedarfs an notwendigen Mitteln (Betriebsmitteln) kann idR noch als zulässig angesehen werden. Eine Ansammlung von Mitteln in einem darüber hinausgehenden Maß bedarf aber des Nachweises, dass entsprechende vereinsrechtliche Beschlüsse vorliegen, für welche konkrete Ziele die Mittel angespart werden und eines Zeitrahmens für die Verwirklichung dieser Vorhabens"[6],.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE

 

1)    Ist die „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ aus steuerrechtlicher Sicht gemeinnützig?

 

2)    Wird die „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ aus steuerrechtlicher Sicht seit ihrer Gründung 2007 als gemeinnützig von den Abgabenbehörden behandelt?

 

3)    Wenn ja, warum?

 

4)    Ist die „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ aufgrund einer gemeinnützigen tatsächlichen Geschäftsführung steuerlich begünstigt?

 

5)    Wenn nein, welcher andere Grund rechtfertigt den steuerlich privilegierten Gemeinnützigkeitsstatus dann?

 

6)    Inwieweit trifft das in den Vereinsrichtlinien des BMF (Rz 129) formulierte Erfordernis, dass die Mittel der Körperschaft möglichst zeitnah für die Erfüllung der begünstigten Zwecke  verwendet werden, seit ihrer Gründung auf die „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ zu?

 

7)    Inwieweit trifft die in den Vereinsrichtlinien des BMF (Rz 129) formulierte Richtlinie, dass das Halten einer Finanzreserve in Höhe eines durchschnittlichen Jahresbedarfes an notwendigen Mitteln idR noch als zulässig angesehen werden kann, darüber hinaus aber besondere Beschlüsse und Pläne vorliegen müssen, seit ihrer Gründung auf die „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ zu?

 

8)    Worin liegt die in § 34 BAO angeführte, notwendige tatsächliche Geschäftsführung bei der Dr. Erwin Pröll Privatstiftung, um eine solche steuerliche Begünstigung zu bekommen?

 

9)    Wurde die Gemeinnützigkeit der tatsächlichen Geschäftsführung der „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ jährlich beurteilt?

 

10) Wie oft wurde der Gemeinnützigkeitsstatus bei der „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ behördlich geprüft?

 

11) Falls es keine jährliche Überprüfung gab - warum nicht?

 

12) Wie viele Stiftungen sind in Österreich derzeit steuerrechtlich als gemeinnützig anerkannt?

 

13) Wie hoch ist der Abgabenausfall aufgrund der Zuerkennung von Gemeinnützigkeit von Stiftungen jährlich für das Budget?


14) Wie viele Stiftungen, die als gemeinnützig anerkannt sind, werden jährlich geprüft?

 

15) Wie oft werden gemeinnützige Stiftungen im Durchschnitt vom Finanzamt geprüft?

 

16) Wenn bei der „Dr Pröll Privatstiftung“ nun bereits seit 2007, also
bereits rund zehn Jahren, real und „virtuell“ öffentliche Geldern angespart und nicht ausgezahlt wird, kann in diesem konkreten Fall von einem zulässigen Zeitrahmen für die Verwirklichung des gemeinnützigen Zweckes gesprochen werden?

 

17)  Ist in Anwendung der einschlägigen Vereinsrichtlinien zur Beurteilung der Verwirklichung des gemeinnützigen Zweckes für die „Dr Pröll Privatstiftung“ eine Ansammlung von Finanzmitteln über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren, zulässig, wenn selbst nach zehn Jahren nicht absehbar ist, wann die konkrete gemeinnützige Tätigkeit erfüllt werden soll?

 

18)  Welche erforderlichen "vereinsrechtlichen Beschlüsse" (hier stiftungsrechtlichen Beschlüsse), für welche konkreten Ziele die Mittel angespart werden und eines Zeitrahmens für die Verwirklichung des Vorhabens, liegen im Fall der „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ vor, um eine Ansammlung von Mitteln über Jahre hinweg rechtfertigen zu können?

 

19) Hat der Name der Privatstiftung die Finanz abgehalten den Gemeinnützigkeitsstatus zu prüfen, da man davon ausgegangen ist, dass es sich bei diesem Stifter per se um gemeinnützige Aktivitäten handeln muss?

 

20) Wird der „Dr. Erwin Pröll Privatstiftung“ auch in diesem Jahr der steuerlich begünstigte Gemeinnützigkeitsstatus gewährt?

 

21) Kam es anlässlich der Überreichung von „Geldgeschenken“ im Gesamtausmaß von 150.000 Euro an den niederösterreichischen Landeshauptmann anlässlich seines 60. Geburtstages im Jahr 2006, als das Erbschafts- und SchenkungssteuerG noch in Geltung stand, zur Anmeldung von diesbezüglichen schenkungssteuerpflichtigen Vorgängen an das Finanzamt?

 

22) Falls ja: in wie vielen Fällen und bezüglich welcher Summe insgesamt?

23) Falls nein: Was haben die Steuerbehörden anlässlich der spätestens im Jahr 2009 erfolgten Medienberichterstattung über diese Geldgeschenke unternommen, um abzuklären, ob eine Schenkungssteuerpflicht gegeben war?



[1] siehe Schreiben des Landesrechnungshofs Niederösterreich vom 12. Jänner 2017 an den Präsidenten des Landtags von Niederösterreich Ing. Hans Penz, LRH-I-13/006-201710

[2] siehe Schreiben des Landesrechnungshofs Niederösterreich vom 12. Jänner 2017 an den Präsidenten des Landtags von Niederösterreich Ing. Hans Penz, LRH-I-13/006-201710

[3] http://oe1.orf.at/programm/457045, Mittwoch 11. Jänner 2017 12:00

[4] Siehe S. 8, (41/SN-153/ME), GZ 302.708/001-2B1/15, Stellungnahme von: Rechnungshof zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Regelung des Bundes-Stiftungs- und Fondswesens (Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz 2015 – BStFG 2015) erlassen und das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Stiftungseingangssteuergesetz, die Bundesabgabenordnung, das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien an nichtstaatliche Organisationen und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden (Gemeinnützigkeitsgesetz 2015 – GG 2015)

 

[5] Richtlinie des BMF vom 27.02.2015, BMF-010219/0074-VI/4/2015 gültig ab 27.02.2015, Vereinsrichtlinien 2001, https://findok.bmf.gv.at/findok/resources/pdf/e4b97433-51f0-451e-907d-7c8df986db10/19960.6.-1.X.pdf

[6] Siehe Randzahl 129, Richtlinie des BMF vom 27.02.2015, BMF-010219/0074-VI/4/2015 gültig ab 27.02.2015, Vereinsrichtlinien 2001, https://findok.bmf.gv.at/findok/resources/pdf/e4b97433-51f0-451e-907d-7c8df986db10/19960.6.-1.X.pdf