11714/J XXV. GP

Eingelangt am 01.02.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

 

betreffend mögliche Vereinbarkeitsproblematiken bei der Studienvergabe an die London School of Economics

 

Die im Regierungsprogramm vorgesehene Studie über Potenziale zur Effizienzsteigerungen in der Sozialversicherung wurde nun endlich in Auftrag gegeben. Auf den ersten Blick überraschenderweise ging die Auftragsvergabe an die London School of Economics and Political Science (LSE). Doch bei genauer Recherche ergeben sich interessante Verbindungen zwischen den österreichischen Sozialversicherungsträgern und der renommierten britischen Universität.

Die in Auftrag gegebene Studie ist nicht die erste der LSE in Bezug auf die österreichischen Sozialversicherungsträger. Bereits 2005 hat die LSE für den Hauptverband eine Studie zur Medikamentenversorgung erstellt (http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20050104_OTS0112/hauptverband-einladung-zur-pressekonferenz). 2011 wurde vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger eine weitere Studie an die LSE vergeben. Darüber hinaus ist die LSE immer wieder Partner des HVSVT im Rahmen von "Forschungskooperationen" (http://www.hauptverband.at/portal27/hvbportal/content?viewmode=content&contentid=10007.750457).

Der langjährige und vor kurzem für eine neue Periode bestätigte Generaldirektor des Hauptverbandes Dr. Josef Probst weist außerdem persönliche Verbindungen zur LSE auf, organisierte er doch schon seit 2005 die Summer School „Vienna Healthcare Lectures" gemeinsam mit der LSE, zuletzt mit dem Institut für höhere Studien (IHS). (https://www.fh-ooe.at/fileadmin/user_upload/fhooe/ueber-uns/kongresswesen/2015/anp/referentinnen/docs/fhooe-anp-probst-josef-2015.pdf)

Es bestehen also laufende Geschäftsbeziehungen zwischen einerseits dem beauftragten Institut der LSE und andererseits dem Gegenstand des Untersuchungsauftrags (dem HVSVT und den in ihm organisierten Trägern) sowie dem Generaldirektor des Gegenstands des Untersuchungsauftrags.

Aus diesen Fakten ergeben sich Möglichkeiten zur Beeinflussung der aktuellen Studie, bzw. ein die gebotene Objektivität, Äquidistanz und Neutralität beeinträchtigender Bias, aber auch die direkte Einflussnahme auf frühere Studien und deren Ergebnisse kann ebensowenig völlig ausgeschlossen werden. Gerade im Hinblick auf die hohen Kosten der aktuellen Studie (EUR 630.000) und die damit verbundene Erwartung auf Lösungsvorschläge darf keine politische Einflussnahme zulassen und erfordert eine klare Governance sowie den Ausschluss jedweder Interessenkonflikte. Insbesondere darf keinerlei Einflussmöglichkeit von Personen bestehen, die in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis zum Fortbestand bisheriger Strukturen stehen und damit ein immanentes, intrinsisches Interesse an Studienergebnissen haben, die keinen gröberen strukturellen Änderungsbedarf im eigenen Bereich zeigen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

Anfrage:

1.    Werden die Studienautoren oder manche der Studienautoren, die bereits 2011 eine Studie im Auftrag des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger verfassten, die aktuelle in Auftrag gegebene Studie verfassen?

2.    Wenn ja, weshalb wurde auf dieselben Studienautoren zurückgegriffen?

3.    Wenn ja, kann ausgeschlossen werden, dass die Studienautoren in einem Naheverhältnis zum Hauptverband der Sozialversicherungsträger und entsprechender Entscheidungsträgern stehen?

4.    Kann eine Einflussnahme des Hauptverbandes - insbesondere von Führungspersönlichkeiten - ausgeschlossen werden?

a.    Wie ist die Governance Struktur zum Ausschluss jedweder Einflussnahme sowie zur Hintanhaltung möglicher Interessenkonflikte aufgesetzt?

5.    Wie schließen Sie aus, dass die LSE (bzw. die Studienautoren) aus Rücksichtnahme auf ständige "Forschungskooperationen" mit dem HVSVT den Hauptverband und die Vielzahl seiner Träger in milderem Lichte sieht und die entsprechenden Empfehlungen der Autoren die derzeitigen Strukturen weitgehend unangetastet lassen?

6.    Wie schließen Sie aus, dass die LSE (bzw. die Studienautoren) aus Rücksichtnahme auf die Kooperation mit HVSVT-Generaldirektor Dr. Josef Probst den Hauptverband und die Vielzahl seiner Träger in milderem Lichte sieht?

7.    Welche Argumente rechtfertigen eine freihändige, also Auftragsvergabe ohne Ausschreibung, an eine Institution, die direkt mit dem Generaldirektor des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger persönlich und auch mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger als Rechtsträger zusammenarbeitet?

8.    Welche Überlegungen - und welche rechtlichen Argumente - sprachen gegen eine Ausschreibung der Studie?

9.    Wie können Sie den Einfluss dieses oben geschilderten Naheverhältnisses zwischen Studienautoren einerseits und Studiengegenstand andererseits auf Studienergebnisse, Hypothesen, Datengrundlagen etc. ausschließen?

10. Welcher peer-review Prozess zur Sicherstellung objektiver Studienergebnisse ist vorgesehen?

11. Welche kalkulatorischen Grundlagen ergaben einen Studienpreis von EUR 630.000,00?

12. Wie wurde sichergestellt, dass es sich bei diesem Preis um einen „fair market value“ (angemessener Marktpreis) handelt?