11814/J XXV. GP

Eingelangt am 06.02.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Lugar, Steinbichler, Hagen

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend „Altersfeststellungen bei Asylwerbern“

 

Wie die Zeitung „Heute“ am 7.12.2016 berichtete, wurden in Dänemark Altersfeststellungstests bei minderjährigen Flüchtlingen mit dem Ergebnis durchgeführt, dass 75 Prozent der "minderjährigen" Flüchtlinge als Erwachsene eingestuft wurden.

 

„Die Tests wurden von Forensikern der Universität Kopenhagen durchgeführt. Sie überprüften bis Ende November etwa 800 Migranten, die bei der Einreise angegeben haben, noch minderjährig zu sein. So wurden in erster Linie Zähne und Fingerknochen geröntgt, um das Alter der Personen zu bestimmen.

Das Ergebnis: Dreiviertel von ihnen, also rund 600, waren älter als 18 Jahre. Der Sinn, sich als minderjährig auszugeben, besteht darin, dass man so deutlich mehr Beihilfen erhält und eine größere Chance auf Asyl hat.

Eva Singer, Leiterin der dänischen Flüchtlingshilfe gab zu bedenken, dass es in vielen Ländern kein zuverlässiges Meldesystem wie in Dänemark gäbe und viele Menschen selber nicht wüssten, wie alt sie genau seien.

Die Einwanderungsbehörde betonte, dass man existierende Dokumente wie Ausweise oder Geburtsurkunden nicht ignoriere und grundsätzlich ein Jahr Abweichung zwischen den Angaben auf den Einwanderungsformularen und dem niedrigstmöglichen Alter der Tests akzeptiere: "Wenn das Ergebnis [des Tests] zum Beispiel eine Altersspanne von 18 bis 19 Jahren feststellt, und der Asylwerber erklärt, 17 zu sein, dann setzen wir sein Alter mit 17 Jahren fest", sagte Sprecherin Teresa McNair.

In Großbritannien stellte das Innenministerium im Oktober fest, dass von 11.121 minderjährigen Migranten 4.828, also beinahe 45 Prozent, über 18 Jahre alt waren.“[1]

 

Im Parlament im Unterausschuss für Kinderrechte und Jugendpartizipation am 22. Juni 2016 wurde bereits über dieses Thema diskutiert. Dabei wurde klar, dass es auch bei uns zu Falschangaben gekommen ist. Genaue Details sind bis jetzt nicht bekannt.

 

In Österreich befinden sich derzeit 6.288 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Laut UNHCR sind unter den Flüchtlingen in Europa derzeit 35 % Kinder oder Jugendliche – Tendenz steigend.


Quelle: UNHCR, data.unhcr.org

 

Wie die Grafik zeigt, stieg die Anzahl der flüchtenden Minderjährigen stark, was die Frage nach den Gründen dieser Verschiebung aufwirft.

 

Minderjährige Flüchtlinge bekommen eine besondere und altersangepasste Betreuung. In diesem Zusammenhang ist oftmals die Problematik aufgetreten, dass sich auch ältere Flüchtlinge als minderjährig ausgegeben und zu Unrecht die erhöhten Leistungen in Anspruch genommen haben. Mehrfach wurde über Verdachtsfälle berichtet. So schrieb der Kurier am 08. Mai 2016:

 

"Es ist teilweise absurd. Uns sitzen gestandene Männer mit Vollbart und grau melierten Haaren gegenüber, die behaupten, 17 Jahre alt zu sein", schildert ein Polizeibeamter aus Traiskirchen, der aus Angst vor disziplinären Konsequenzen anonym bleiben möchte. Anscheinend hoffen die Flüchtlinge, in den Genuss einer bevorzugten Behandlung zu kommen, wenn sie als unbegleitete Minderjährige Asyl beantragen – beispielsweise was das Nachholen ihrer Familien, eine raschere Unterbringung in Österreich oder Rechtshilfe bei der Erstaufnahme betrifft.

Selbst wenn der Schwindel ganz offensichtlich ist, darf die Polizei in der Erstaufnahmestelle nicht darauf reagieren und die Person als volljährigen Flüchtling einstufen.“[2]

 

Jedoch sind nicht nur die raschere Unterbringung sowie die Möglichkeit des Familiennachzuges Gründe, weshalb sich Personen als minderjährig ausgeben, sondern auch die erhöhten finanziellen Zuwendungen, die für Minderjährige vorgesehen sind. Insgesamt kommt es in Fällen, in denen sich Erwachsene aufgrund von Falschangaben „minderjährig machen“, zu unrechtmäßigen Bereicherungen auf Kosten der Republik Österreich - wie beispielsweise ein Online-Artikel der Kronen Zeitung beschreibt:

 

„Kronen Zeitung vom 01.12.2016, 07:31

 

Bei Alter gelogen

 

Junge Afghanen kassierten 150.000 Euro

 

Wie leicht man das Sozialsystem ausnutzen kann, zeigt der Fall von drei Afghanen in Salzburg. Sie kamen 2014 nach Salzburg und gaben sich als minderjährige unbegleitete (also ohne Eltern bzw. Erziehungsberechtigte) Flüchtlinge aus und kassierten seither 50.000 Euro pro Nase. Nun kam heraus, dass sie alle älter sind.

 

Die drei nunmehr 19, 20 und 21 Jahre alten Afghanen kamen laut Angaben der Polizei 2014 nach Österreich. Auf ihrem Weg nach Europa hatten Schlepper ihnen geraten, sich jünger zu machen, denn so könnten sie mehr Sozialleistungen erhalten. Das Trio befolgte den Rat und gab sich schließlich bei der Ansuche um Asyl in Salzburg als Minderjährige, die ohne erwachsene Begleitung waren, aus.


Jeweils 50.000 Euro erhalten

 

In der Folge kam man in Unterkünften in Hallein, der Stadt Salzburg und Tamsweg unter. Zusätzlich erhielten die jungen Männer Geld: Sie bezogen Leistungen aus der Sozialversicherung, der Krankenversicherung und der Grundversorgung - wie Miete, Verpflegung, Bekleidungs- und Taschengeld. So kassierten sie von 2014 bis vor wenigen Wochen pro Kopf insgesamt 50.000 Euro.

 

Betreuer hatten das Alter der jungen Afghanen jedoch angezweifelt, weshalb ein Gutachter hinzugezogen wurde. Und dieser stellte nun fest, dass die Afghanen bei der Einreise 17 bzw. 18 Jahre alt waren und den Großteil des Geldes zu Unrecht bezogen hatten.“[3]

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Inneres nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Bei wie vielen Personen wurde ein Altersfeststellungsverfahren in den Jahren 2014, 2015 und 2016 eingeleitet? (Bitte gegliedert nach Jahren – auch bei den Unterfragen.)

a.  Welche Untersuchungen wurden gemacht? (Bitte jeweils die Anzahl der einzelnen Untersuchungen anführen.)

b.  Wie viele Personen, die sich als minderjährig ausgaben, wurden dabei jeweils als Erwachsene eingestuft?

c.  Bei wie vielen Personen, die sich als minderjährig ausgaben, konnte dies im Zuge des Altersfeststellungsverfahrens bestätigt werden?

d.  Wie viele Altersfeststellungsverfahren waren nicht eindeutig bzw. in wie vielen Verfahren hat man im Zweifelsfall für die Annahme der Minderjährigkeit entschieden?

 

2.    Aus welchen jeweiligen Gründen wurden Altersfeststellungsverfahren in den Jahren 2014, 2015 und 2016 eingeleitet? (z.B. keine Dokumente, gefälschte Dokumente, usw.)

 

3.    Wie groß war in den Jahren 2014, 2015 und 2016 jeweils der Prozentsatz bei minderjährigen Flüchtlingen, bei denen man das Alter anhand von Dokumenten eindeutig feststellen konnte? (Bitte aufgegliedert nach Jahren.)

 

4.    Wie war die Altersstruktur (nach dem Geburtsjahr) der minderjährigen Flüchtlinge in den Jahren 2014, 2015 und 2016? (Bitte gegliedert nach Jahren und jeweils Gesamtsummen pro Jahr)

a.  Wie viele davon waren weiblich/männlich?

 

5.    Wie viele minderjährige Flüchtlinge wollten in den Jahren 2014, 2015 und 2016 eine freiwillige Rückkehr antreten? (Bitte Auflistung nach Jahren – auch bei den Unterfragen.)

a.  In wie vielen Fällen ist diese freiwillige Rückkehr tatsächlich erfolgt?

b.  Falls die Rückkehr nicht erfolgte – aus welchen Gründen?

 

6.    Gab es Fälle in den Jahren 2014, 2015 und 2016, wo eine Person beim Altersfeststellungsverfahren als minderjährig eingestuft wurde und es sich jedoch später herausgestellt hat, dass die Person doch erwachsen war?

a.  Falls ja, wie kam es dazu? (Wer hat die Behörden über diesen Umstand informiert?)

b.  Wie viele solche Fälle gab es in den Jahren 2014, 2015 und 2016? (Bitte untergliedert nach Jahren.)

c.  Welche Konsequenzen gab es in diesen Fällen?


7.    Welche rechtlichen Konsequenzen hat es, wenn eine Person falsche Altersangaben macht und beim Feststellungsverfahren bewiesen wird, dass die Person die Unwahrheit gesagt hat?

a.  In wie vielen Fällen gab es in den Jahren 2014, 2015 und 2016 welche Konsequenzen? (Bitte untergliedert nach Jahren, Art der Konsequenzen und jeweils Gesamtsummen.)

 

8.    In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2014, 2015 und 2016 unrechtmäßig Leistungen aus der Sozialversicherung, der Krankenversicherung und der Grundversorgung (z.B. Miete, Verpflegung, Bekleidungs- und Taschengeld) aufgrund einer falschen Altersangabe (Minderjährigkeit bei Erwachsenen) bezogen (Bitte aufgegliedert nach Jahren und Leistung und jeweils Gesamtsummen)?

a.  Wie hoch war der Schaden, der der Republik Österreich aufgrund dieser Fälle in den Jahren 2014, 2015 und 2016 entstanden ist?

b.  Mussten die Personen die unrechtmäßig bezogenen Leistungen zurückerstatten?

                    i.  Wenn ja, wie hoch waren die Beträge, die in Summe in den Jahren 2014, 2015 und 2016 zurückerstattet wurden?

                   ii.  Wenn nein, warum nicht?

 

9.    Welche Maßnahmen werden seitens des BM.I eingeführt, um solche Missbrauchsfälle künftig zu verhindern?

 

10.  Wie hoch waren die Kosten für die Alterstfeststellungsverfahren in den Jahren 2014, 2015 und 2016? (Bitte untergliedert nach Jahren.)

 

11.  Wie hoch waren die Kosten für die Rechtsberatung von minderjährigen Flüchtlingen in den Jahren 2014, 2015 und 2016? (Bitte untergliedert nach Jahren.)

 

12.  Wie hoch waren die Kosten für Unterbringung und Verpflegung von minderjährigen Flüchtlingen in den Jahren 2014, 2015 und 2016? (Bitte untergliedert nach Jahren, Kostenart und jeweils Angabe der Gesamtsummen.)

 

 



[1] http://m.heute.at/news/welt/75-Prozent-der-minderjaehrigen-Fluechtlinge-sind-erwachsen;art23661,1378109

[2] http://kurier.at/chronik/altersluege-951-angeblich-minderjaehrige-fluechtlinge-wurden-2015-als-volljaehrig-eingestuft/197.594.141

[3] http://www.krone.at/oesterreich/junge-afghanen-kassierten-150000-euro-bei-alter-gelogen-story-541935