11915/J XXV. GP

Eingelangt am 22.02.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Jarolim, Genossinnen & Genossen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend

Änderungen im Privatstiftungsrecht

Im Fall der Ehegattin des verstorbenen renommierten Musikers und Komponisten Gottfried von Einem, Frau Lotte Ingrisch, werden massive Unzulänglichkeiten des geltenden Privatstiftungsrechts offenkundig:

Gottfried von Einem gründete vor seinem Ableben eine Privatstiftung mit dem Zweck der kontinuierlichen Verbreitung seiner Musik, der Förderung von deren Aufführungen sowie von Studenten, welche insbesondere seine Musik studieren und aufführen. Es wurde hierbei ein 6-köpfiger Stiftungsvorstand auf Lebenszeit seiner Mitglieder bestellt und zwar über intensives Drängen durch die später zu Vorständen bestellten Personen Dr. Christa Homan und Professor Walter Blovsky.

Im Laufe der Zeit trat aber zum großen Erstaunen und gegen den Willen der Witwe des großen Komponisten - welche ebenfalls zu einem Mitglied des Stiftungsvorstandes bestellt worden war - weniger die Verbreitung der Werke von Gottfried von Einem in den Vordergrund als etwa die Vergabe von Musikstipendien an mehr oder weniger begabte Musiker, die zudem der Verpflichtungen hinsichtlich der Pflege der Werke des großen Komponisten kaum oder gar nicht nachkamen. Auf von der Stiftung finanzierten Festen und Veranstaltungen, wurden statt der ursprünglich zwischen Professor Walter Blovsky und Frau Lotte Ingrisch mündlich vereinbarten 90 % Gottfried von Einem Musik nur ein Bruchteil gespielt. Die Musikstipendiaten, die sich vergütungsfrei um die Verbreitung der Musik von Gottfried von Einem bemühen sollten, taten das ebenso konsequenzlos zu einem Großteil schlicht nicht.

Der im Vergleich zum großen Komponisten sicher weniger begabte Professor Walter Blovsky brachte zum Erstaunen und Ärger von Frau Ingrisch vor, seines (privaten) Erachtens wären die Werke des „Älteren von Einem“ zudem nicht so beschaffen, dass er sie durch die Stiftung „Gottfried von Einem“ für förderbar hielte.

Frau Lotte Ingrisch sah sich gezwungen, die Verbreitung der Musik aus ihrer eigenen (!) Tasche zu finanzieren. Entschädigung aus dem Vermögen der Stiftung, das über die Dauer immer mehr angewachsen war, bekam sie über Beschluss des Vorstandes nicht. Nicht einmal Reisen (auch ins Ausland) oder sonstige Aufwendungen, die sie in Erfüllung des eigentlichen Stiftungszwecks tätigte, wurden ihr ersetzt. Die Aussagen von Frau Dr. Christa Homan, auf deren Drängen die Stiftung überhaupt erst errichtet wurde, wonach den Stiftungszeck der Vorstand und nicht der Stifter selbst bestimme, vervollständigen dieses Bild.

Dem entgegengesetzt wurde Frau Ingrisch von einem im besonderen Ausmaß kunstsinnigen sowie kunstfördernden Landeshauptmann, nämlich Herrn Dr. Erwin Pröll nicht nur aktiv bei der Umsetzung des Stiftungszweckes außerhalb der „Einem Stiftung“ unterstützt sondern sogar proaktiv dazu aufgefordert, fördernde Veranstaltungen zu organisieren. Dass Herr Professor Walter Blovsky bis zuletzt versuchte, die daraufhin mit Mitteln des Landes Niederösterreich unterstützen Veranstaltungen zu verhindern spricht für dessen Qualifikation als Vorstandsmitglied.

Aufgrund der bestehenden Rechtslage war es Frau Lotte Ingrisch bis dato jedenfalls nicht möglich sicherzustellen, dass der eigentliche Stifterwillen ihres verstorbenen Gatten umgesetzt wird, da die Mehrheit des Stiftungsvorstandes aus zum Teil unsachlichen Gründen, teils aus solchen der Bequemlichkeit dieses schlicht nicht ermöglichten.

Der sachlich richtige Weg wäre sicher der, dass Personen, welche den Stiftungswillen nicht für umsetzungswürdig erachten aus dem Vorstand ausscheiden oder aber ihrer Tätigkeit im Sinne des großen Komponisten und der Kunstsinnigen des Landes enthoben werden. Dies ist aufgrund der geltenden Rechtslage leider nicht ohne weiteres möglich, wobei sich als im besonderen Ausmaß novellierungsbedürftig der Umstand der „lebenslänglichen Berufung“ in die Funktion eines Stiftungsvorstandes erweist.

Im diesem Sinne richten die unterzeichneten Abgeordneten daher an den Bundesminister für Justiz folgende

Anfrage:

1.    Die lebenslange Bestellung des ersten Vorstandes einer Privatstiftung kann unter Umständen schwerwiegende Folgen für die Erfüllung des Stiftungszweckes haben:

a.    Wie kann sichergestellt werden, dass man trotz der lebenslangen Bestellungen des Vorstandes, offenkundig gegen den Stifterwillen fungierende Vorstandsmitglieder abberufen oder anderwärtig aus ihrer Funktion befreien kann?

b.    Welche Minderheitenrechte könnten zum besseren Schutz vorgesehen werden, wenn für die Abberufung einzelner Mitglieder keine Mehrheit zustande kommt?

2.    Erachten Sie, sehr geehrter Herr Minister, angesichts der vorliegenden dramatischen Ereignisse, das Privatstiftungsrecht, insbesondere was die lebenslange Bestellung des ersten Stiftungsvorstandes anlangt, für novellierungsbedürftig?

3.    Wie viele Privatstiftungen gibt es in Österreich, die einen Vorstand auf Lebenszeit eingesetzt haben?

4.     Welche Maßnahmen plant das Ministerium, um die Transparenz von Stiftungen und die statutenmäßige Erfüllung des Stiftungszwecks entsprechend zu verbessern?