11952/J XXV. GP

Eingelangt am 01.03.2017
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Gesundheit und Frauen

betreffend Klassifikation von Heu als Lebensmittel

 

 

 

In der Krone vom 1. Februar 2017 wurde darüber berichtet, dass ein Wirt in Rennweg (Kärnten) 50 Liter seines Heuschnapses, den er seit über 13 Jahren vertreibt und mit Almheu ansetzt, vernichten musste (siehe http://www.krone.at/kaernten/behoerde-verbietet-heuschnaps-kultgetraenk-story-551903).

 

 

Behörde verbietet Heuschnaps (Bild: ROLAND HOLITZKY)

Abbildung 1: Hüttenwirt Peter Aschbacher mit seinem Kultgetränk „Heuschnaps“ (Quelle: http://www.krone.at/kaernten/behoerde-verbietet-heuschnaps-kultgetraenk-story-551903 )

 

 

Grund dafür war, dass die Lebensmittelpolizei – aufgrund einer anonymen Anzeige – den Heuschnaps verboten hatte. Wie bereits im Zuge eines anderen Verfahrens wurde entschieden, dass Heu kein Lebensmittel sei, und das Produkt somit unter Verkaufsverbot zu stellen ist.

 

Im Falle des bereits verhandelten Verfahrens aus dem Jahr 2016 (siehe http://www.kleinezeitung.at/kaernten/stveit/aktuelles_stveit/5049491/KRAPPFELD_HeuLimo-wird-jetzt-ein-Fall-fuers-Gericht) wurde seitens der Lebensmittel-untersuchungsanstalt Klagenfurt festgestellt, dass das Heu Verunreinigungen durch toxische Pflanzen enthalten könnte.

 

Erst 2012 warben das Regionalmanagement Kärnten und der Arge Naturschutz damit, Heu als „Chance für die Zukunft“ einzusetzen und die vielseitige Verwendung von Heu – beispielsweise als Zusatzstoff in der Lebensmittelindustrie – zu verankern (siehe http://www.meinbezirk.at/klagenfurt-land/wirtschaft/grosses-potenzial-fuer-unsere-karawanken-d254110.html). Ein Gutachten des staatlich beauftragten Lebensmittelgutachters em. O.Univ. Prof. Dr. Werner Pfannhauser bestätigte ebenfalls, dass Heu gesundheitlich unbedenklich sei und keine toxischen Alkaloide enthalte.

 

 

Das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen erklärte in einem Informationsschreiben gemäß Art 2 der EG-Basisverordnung, dass unter Lebensmittel alle Stoffe und Erzeugnisse zu verstehen sind, „die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden [können]“ (siehe https://www.wko.at/Content.Node/branchen/k/Lebensmittelhandel/Erledigung_ Verkeh rskreise_BMGF-75100_0014-II_B_16a_2016_16-0.pdf).

Da Heu eine undefinierte Zusammensetzung aus getrockneten Grünlandpflanzenteilen (Gräsern), Kräutern und Leguminosen aufweist, könne es – so das BMGF - nicht als Lebensmittel eingesetzt werden. Obwohl im Hintergrund zu dieser Regelung eine Basisverordnung der EU steht, werden in Deutschland Heuprodukte weiter verkauft.

 

Gleichzeitig kann mit einem raschen Blick ins österreichische Lebensmittelsortiment festgestellt werden, dass beispielsweise auch Zirbenschnaps, Enzianerzeugnisse oder Lärchenspirituosen angeboten werden. Inwiefern es sich bei den Grundzutaten dieser Produkte um Lebensmittel handelt, wohingegen Heu nicht als Lebensmittel anerkannt wird, ist anhand der EG-Basisverordnung nicht eindeutig ersichtlich und liegt somit – wie auch der Vergleich mit Deutschland zeigt – im Ermessen der jeweiligen Mitgliedsstaaten bzw. ausführenden Organe/Ministerien.

Hinsichtlich toxischer Substanzen in Lebensmitteln sei darauf verwiesen, dass die Aminosäure Asparagin, die vor allem in Kartoffeln und Getreide vorkommt und mit Zuckern wie Glucose reagiert, Acrylamid, das beim Braten, Backen oder Frittieren entsteht, bilden kann und in weiterer Folge krebserregend wirkt.

 

Der Verzehr von mehreren rohen grünen Bohnen kann aufgrund der in Hülsenfrüchten vorkommenden Hämagglutinine schwere Darmentzündungen hervorrufen. Ein zu hoher Solanin-Gehalt, der bspw. in noch unreifen Tomaten nachgewiesen werden kann, ist oftmals Ursache für Atemnot, Übelkeit und sogar Bewusstlosigkeit. Myristicin in Kräutern bzw. Gewürzen wie Petersilie, Dill oder Muskatnuss wurde bereits als Ursache für Bewusstseinsstörungen identifiziert, und besonders der Verzehr von pulverisierter Muskatnuss in größerer Menge soll für Kinder sehr gefährlich sein.

 

Diese Liste von Stoffen, die eindeutig auch im Sinne des österreichischen Lebensmittelministeriums als Lebensmittel klassifiziert wurden, sind Studien zufolge für verschiedenste körperliche Symptome und Erkrankungen verantwortlich. Der Status eines „Lebensmittels“ wird ihnen dennoch nicht aberkannt, sondern sie werden weiterhin im Handel verkauft.

 

 

 

In diesem Sinne stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Gesundheit und Frauen nachstehende

 

 

Anfrage

 

 

1.    Wurde die toxische Wirkung von Heu bereits eindeutig nachgewiesen?

2.    Wenn ja, inwiefern?

3.    Gibt es ggf. andere Expertenmeinungen hinsichtlich der Gesundheitsschädlichkeit von Heu und wenn ja, werden diese in den Beurteilungen berücksichtigt?

4.    Welche Erkrankungen kann der Verzehr von verarbeitetem Heu auslösen?

5.    Warum wird Heu nicht als Lebensmittel anerkannt?

6.    Wie kann es sein, dass Heu – im Sinne der EG-Basisverordnung – in Deutschland als Lebensmittel gilt, in Österreich jedoch nicht?

7.    Welche Eigenschaften müsste Heu aufweisen, um in Österreich als Lebensmittel eingestuft zu werden?

8.    Inwiefern unterscheiden sich andere „Naturstoffe“ wie bspw. Zirbe, Enzianwurzel, Lärche usw. hinsichtlich ihrer Akzeptanz als Lebensmittel von Heu?

9.    Ist Ihnen bekannt, dass es viele andere Stoffe/Produkte gibt, die in Österreich als Lebensmittel klassifiziert sind, Studien zufolge aber körperliche Schädigungen hervorrufen können?

10. Wenn ja, warum werden diese Stoffe dennoch im Lebensmittelhandel zugelassen?

11. Wenn nein, warum nicht?

12. Ist es in Ihrem Sinne, dass Wirte ab nun gezwungen sein werden, ihre traditionell regionalen Produkte – wie beispielsweise Heuschnaps – in Deutschland zu produzieren und nach Österreich zu importieren?

13. Wenn ja, inwiefern?

14. Wenn nein, welche Schritte werden Sie einleiten, um die heimischen Wirte zu unterstützen?

15. Wäre eine Änderung der Klassifikation von Heu zu einem Lebensmittel Ihrer Meinung nach sinnvoll?

16. Wenn ja, werden Sie sich dafür einsetzen?

17. Wenn nein, warum nicht?

18. Wurde im konkreten Fall des Wirtes in Rennweg der Heuschnaps von der Behörde untersucht?

19. Wenn ja, was wurde festgestellt?

20. Wenn nein, warum nicht?

21. Sofern weder der Heuschnaps untersucht wurde bzw. im Falle einer Untersuchung keine bedenklichen toxischen Stoffe festgestellt werden konnte, warum musste der Schnaps dennoch vernichtet werden?

22. Aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage war die zuständige Behörde – Lebensmittelpolizei – befugt, die Vernichtung des Heuschnapses

anzuordnen?

23. Können toxische Stoffe im Heu auch Einfluss auf Tiere haben, die sich von diesen ernähren?

24. Wenn ja, inwiefern?

25. Wenn nein, warum nicht?

26. Sofern davon ausgegangen werden kann, dass Heu toxische Stoffe enthält, befinden sich diese Gifte dann auch im Fleisch von Tieren (bspw. Kühen, Rindern, etc.), die das Heu als Futtermittel zu sich nehmen?

27. Wenn ja, warum ist der Verzehr von Fleisch, das von mit Heu gefütterten Tieren stammt, erlaubt bzw. für den Menschen nicht gesundheitsschädigend?

28. Wenn nein, warum nicht?