12278/J XXV. GP

Eingelangt am 03.03.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger
Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Berichte von enttäuschten Unternehmerinnen und Unternehmer am Wiener Hauptbahnhof und Westbahnhof und die Weiterentwicklung der Bahnhöfe

Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat im Oktober des Vorjahres dem Ministerrat und dem Nationalrat den ÖBB-Rahmenplan für die Jahre 2017 bis 2022 vorgelegt. 15,2 Milliarden Euro werden in den kommenden Jahren für den Ausbau der großen Bahnachsen und die Erhöhung der Bahnqualität bereitgestellt. Besonders hervorgehoben wurde vom Bundesminister auch das Ziel der Bahnhofsmodernisierungen - im Jahr davor wurde etwa im Rahmenplan 2016 bis 2021 noch der bereits im Oktober 2014 eröffnete Wiener Hauptbahnhof mit einer Errichtungs-Summe von mehr als einer Milliarde Euro ausgewiesen. "Das Projekt Hauptbahnhof manifestiert genau das, was Bahn sein kann, wofür Bahn steht", sagte der damalige ÖBB-Chef Christian Kern bei der feierlichen Eröffnung.

Teil des neuen Wiener Hauptbahnhofs ist ein Einkaufszentrum mit rund 90 Geschäften bzw. Gastronomiebetrieben. Im Kurier vom 26. Februar 2017 wird auf eine inzwischen angespannte Situation am Wiener Hauptbahnhof hingewiesen. “Kunden bleiben aus”, heißt es im Titel. Hinter den Kulissen brodle es. Geschäfte wie Samsung, Western Union und Radatz hätten sich bereits vom Hauptbahnhof zurückgezogen und ihre Niederlassungen dort geschlossen. Der Betreiber des A1- Handyshops befinde sich in Konkursverhandlungen.

Das Einkaufszentrum am Bahnhof leide enorm unter der aktuellen Situation. Rabatte für Pächter von Verkaufsflächen, die es anfangs gegeben hat, seien mittlerweile nicht mehr gültig. Es sei wieder die volle Pacht zu bezahlen. Für viele Unternehmen ein verlustreiches Geschäft, Ketten sprechen von ihrem “schwächsten Standort in dieser Region”. Die Unternehmen machen dafür in erster Linie zu wenig Werbung durch die ÖBB und die dadurch niedrigere Frequenz an Kunden als von den ÖBB angekündigt verantwortlich.


ÖBB Vorstandsvorsitzender Matthä betont in einer Aussendung vom 2. September 2016 die hohe Frequenz von 100.000 Menschen pro Tag, was von den Shopbetreibern nur noch in Umsatz umgewandelt werden müsse. Aber gerade diese Zahlen werden von den ansässigen Unternehmerinnen und Unternehmern in Frage gestellt. Während die Pächter von max. 80.000 Personen am Hauptbahnhof pro Tag sprechen, wurden ihnen in Vorabprospekten 118.000 pro Tag versprochen. Weiters werde an den falschen Orten gezählt, so die Pächter.

Auch ist es nicht das erste Mal, dass über die Situation auf den neu errichteten bzw. umgestalteten Wiener Bahnhöfen berichtet wird. Eine angespannte Situation mit den dort angesiedelten Unternehmen gibt es auch am Wiener Westbahnhof. Diese haben vor allem wegen „Betrunkenen, Aggressiven, Bettlern und Dealern“ Alarm geschlagen und sprechen von Umsatzeinbußen von bis zu 80 Prozent. In einem Lokalaugenschein schreibt der Kurier am 13.1.2017 von „Revierkämpfen“ zwischen afghanischen und tschetschenischen Flüchtlingen am Westbahnhof. Dieser sei zum Treffpunkt junger Migranten geworden, die sich dort die Zeit vertreiben.

Durch die Ausdünnung der ÖBB-Strecken vom Westbahnhof (für die ÖBB ist dieser nur noch für den Regionalverkehr relevant) sind auch viele Zugreisende, die früher von dort abgefahren sind, nun am Hauptbahnhof, was die Situation für die am Westbahnhof angesiedelten Geschäfte noch einmal verschlechtert.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie folgende

Anfrage:

1.)  Ist Ihnen die angespannte Situation zwischen den ÖBB und den
Unternehmerinnen und Unternehmer am Wiener Hauptbahnhof und am Westbahnhof bekannt?

2.)  Welche Maßnahmen haben Sie veranlasst bzw. die ÖBB gesetzt, um die Attraktivität der Verkaufsflächen des Hauptbahnhofes und des Westbahnhofes wieder zu steigern?

3.)  Gibt es Überlegungen, angesichts der offenbar nicht erreichten Kunden-Frequenz den Unternehmen etwa mit einer Verlängerung der Rabatt-Aktion entgegen zu kommen, um den Unternehmen das Überleben und damit auch den Erhalt der Arbeitsplätze zu ermöglichen?

4.)  Welche Strategie verfolgen Sie als Eigentümervertreter, um in Zukunft den Westbahnhof wieder zu einem zentralen Verkehrsknotenpunkt zu machen und erneut ein entsprechendes Fahrgastaufkommen zu sichern?

5.)  Welche Auswirkungen werden die oben beschriebenen Entwicklungen auf mögliche zukünftige Investitionen in die Erneuerung und Attraktivierung weiterer Bahnhöfe in Österreich, insbesondere im Hinblick auf die Konzeption unter anderem auch als „Einkaufszentrum“, haben?