12288/J XXV. GP

Eingelangt am 08.03.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend Flächenverbrauch in Österreich

 

BEGRÜNDUNG

 

Etwa zwei Drittel der Fläche Österreichs sind für Siedlungs- und Verkehrszwecke, sowie für landwirtschaftliche Nutzung nicht verwendbar. Boden ist daher gerade in Österreich ein knappes Gut, das einen besonderen Schutz benötigt. Dieser Schutz hat in den letzten Jahrzehnten allerdings nicht funktioniert.

In der 2002 von der Bundesregierung beschlossenen Österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie wurde das Ziel definiert, dass die maximale Bodenbeanspruchung bis zum Jahr 2010 nicht mehr als 2,5 Hektar pro Tag betragen darf. Dieser Wert wurde bis dato in keinem Jahr auch nur annähernd erreicht - weder vor noch nach 2010 (siehe Abbildung).

Laut dem 11. Umweltkontrollbericht betrug die tägliche Zunahme von Siedlungs- und Verkehrsflächen in Österreich zwischen 2013 und 2015 im Durchschnitt 16,1 Hektar pro Tag. Anteilig kamen innerhalb dieser Periode pro Tag 7,0 Hektar Bau- und Verkehrsflächen und 9,1 Hektar Betriebs-, Erholungs- sowie Abbauflächen dazu.

Jedes Jahr gehen somit wertvolle landwirtschaftliche Böden, Wälder und Wiesen in der Größe der Fläche Manhattans (ca. 59 km2) bzw. der Gemeinde Kitzbühel dauerhaft verloren und werden zu Straßen, Parkplätzen, Häusern, Lagerhallen oder Golfplätzen verbaut. Alleine in den Jahren 2014 bis 2015 wurde zusammengenommen eine Fläche verbaut, die größer ist als die Stadt Innsbruck.

Der Flächenverbrauch in Österreich hat sich dabei vom Bevölkerungswachstum entkoppelt. Während die Bevölkerung seit Mitte des letzten Jahrhunderts nur geringfügig gewachsen ist, hat sich die bebaute Fläche pro Kopf fast verdreifacht.

 

 

Zwar ist der Bodenverbrauch ein weltweit verbreitetes Wohlstandsphänomen, es gibt allerdings auch bei vergleichbaren Staaten große Unterschiede. So ist der heimische Bodenverbrauch pro Kopf etwa doppelt so hoch wie der in Bayern und fast drei Mal so hoch wie in der Schweiz.

Diese Daten sind ein Indikator dafür, dass der Bodenverbrauch durch gezielte Gegenmaßnahmen eingedämmt werden kann – auch wenn im Autofahrerland Bayern bei weitem nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind.

 

Negative Folgen des Bodenverbrauchs

Der fortschreitende Bodenverbrauch hat sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich negative Folgen. Wirtschaftliche Konsequenzen deshalb, weil damit die Lebensmittelversorgungssicherheit Österreichs von Jahr zu Jahr abnimmt und die Abhängigkeit von Lebensmittelimporten steigt. Ein weiteres Argument ist die Versorgung von Siedlungsflächen und die Erhaltung von Verkehrsflächen, die zu einem überwiegenden Anteil aus den Gemeindebudgets - aus den Einnahmen aus Grund- und Kommunalsteuern - finanziert werden muss“, so das Umweltbundesamt. Intakte Böden sind unsere Lebensgrundlage und bieten zahlreiche unverzichtbare biologische Funktionen. Intakte Böden sind zudem eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Anpassung an die negativen Folgen des Klimawandels wie vermehrte Starkregen-Ereignisse oder Hitzeperioden.

In der nationalen Bodencharta 2014, die unter anderem vom BMLFUW, der Landwirtschaftskammer und dem Österreichischen Gemeindebund unterzeichnet wurde, wurden Bund und Länder aufgefordert, „sich auf eine verbindliche Zielsetzung zum Bodenverbrauch zu einigen (Art. 15a B-VG Vereinbarung Bund-Länder). Darüber hinaus ist die Reduktion des Bodenverbrauchs als Ziel in den bodenrelevanten Gesetzen zu verankern und für ein entsprechendes Monitoring zu sorgen“. Eine weitere Forderung der Charta betrifft den Bodenschutz bei Großprojekten: „Bei Bauvorhaben, die insbesondere einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen, sind Bodenverbrauch und Verlust an Bodenfunktionen zu beachten und zu minimieren“.

Im Arbeitsprogramm der Österreichischen Bundesregierung 2013-2018 wird im Kapitel „Umwelt schützen und nachhaltiges Wachstum fördern“ eine „Initiative im Bereich einer bundesweiten strategischen Raumplanung unter Einbindung  der Ländern, beispielsweise zur Verhinderung der voranschreitenden Bodenversiegelung, Zersiedelung etc.“ angekündigt. Im aktualisierten Arbeitsprogramm 2017-2018 ist diese Initiative nicht mehr erwähnt.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wie groß war der durchschnittliche tägliche Zuwachs an versiegelter Fläche in Österreich in den Jahren 2001 bis 2015 pro Jahr?

 

2)    Hält die Bundesregierung weiterhin am Ziel der österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie fest, wonach der Zuwachs dauerhaft  versiegelter  Flächen  auf maximal ein Zehntel des Wertes von 2002 reduziert werden soll?

3)    Wenn nein, warum nicht? Welche alternativen Ziele zum quantitativen Bodenschutz hat sich die Bundesregierung gesetzt?

4)    Wenn ja, welche Maßnahmen haben Sie bisher umgesetzt, um dieses Ziel zu erreichen?

5)    Welche zusätzlichen Maßnahmen werden Sie vorschlagen, um dieses Ziel zu erreichen?

6)    Am 27. März 2014 haben Sie die Bodencharta 2014 mit unterschrieben. Im Juli 2015 wurden die Maßnahmenvorschläge in einem Positionspapier des BMLFUW konkretisiert.

a.    Welche der insbesondere an den Bund gerichteten Maßnahmenvorschläge der Bodencharta 2014 wurden bereits umgesetzt?

b.    Welche der insbesondere an den Bund gerichteten Maßnahmenvorschläge der Bodencharta 2014 wird die Bundesregierung noch ergreifen?

7)    Wie ist der Umsetzungsstand der im Regierungsprogramm erwähnten „Initiative im Bereich einer bundesweiten strategischen Raumplanung unter Einbindung  der Ländern, beispielsweise zur Verhinderung der voranschreitenden Bodenversiegelung, Zersiedelung etc“ umgesetzt?

a.    Welche konkreten Maßnahmen – außer der Erstellung von Maßnahmenplänen -  wurden im Rahmen dieser Initiative von der Bundesregierung bisher gesetzt?

b.    Welche konkreten weiteren Maßnahmen zur Umsetzung dieser Initiative wird die Bundesregierung noch setzen?

c.    Welche fiskalpolitischen Instrumente zum Flächenmanagement, wie zum Beispiel die Reform der Grundsteuer hin zu einer Flächennutzungssteuer, werden Sie im Rahmen dieser Initiative vorschlagen?

8)    Werden Sie konkrete Maßnahmen für Entsiegelungen vorschlagen? Wenn ja, welche Maßnahmen werden das sein?

9)    Welche konkreten Maßnahmen zur Eindämmung des Bodenverbrauchs haben Sie im Rahmen der Verhandlungen zum Finanzausgleich bis 2021 eingebracht?

10) Welche konkreten Maßnahmen zur Eindämmung des Bodenverbrauchs haben Sie im Rahmen der Verhandlungen zum Finanzausgleich bis 2021 durchsetzen können?