12297/J XXV. GP

Eingelangt am 13.03.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Matthias Köchl, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Rechtssicherheit Schein(un-)selbständigkeit

BEGRÜNDUNG

 

Lohnnebenkosten zahlt niemand gerne – doch ihr Beitrag zu einem funktionierenden staatlichen System – insbesondere von sozialer Absicherung – ist unstrittig. Schwierig wird es allerdings, wenn am Rücken von UnternehmerInnen und / oder ArbeitnehmerInnen die Streitfrage, ob eine selbständige oder unselbständige Tätigkeit vorliegt, ausgetragen wird.

Diese Problemstellung rührt daher, dass vom Status selbständig / unselbständig zahlreiche Lohnnebenkosten abhängen, die Begehrlichkeiten der einbringenden Stellen wecken. In der Regel profitieren staatliche Akteure von höheren Abgabequoten bei unselbständigen Beschäftigungsverhältnissen. Allen voran sind hier die Sozialversicherungsträger zu nennen, aber auch die Finanz oder die Wirtschaftskammer halten die Hand weiter auf, sobald aus einer selbständigen Tätigkeit eine unselbständige Tätigkeit wird.

Grundsätzlich könnte man diese Begehrlichkeiten in großem Maße durch eine einheitliche Sozialversicherung, die nicht mehr zwischen unterschiedlichen Beschäftigungsformen unterscheidet, eindämmen. Solange aber Unterschiede existieren, sollen für alle die gleichen Spielregeln gelten. Und wenn Kriterien existieren, die eine unselbständige Tätigkeit von einer Selbständigkeit abgrenzen, so sind diese sinnvoll zu gestalten und haben für alle UnternehmerInnen gleichermaßen zu gelten. Andernfalls entsteht eine Verzerrung von Leistungen und im schlimmsten Fall sozialer Schiefstand und Wettbewerbsverzerrungen.

Vor diesem Hintergrund wird die im August 2016 kolportierte geplante Vorabprüfung zur „Festlegung“, ob eine Selbständigkeit zulässig ist oder nicht, begrüßt. Denn Planbarkeit und Rechtssicherheit sind eine wesentliche Rahmenbedingung für Selbständige. 


Aktuell hingegen laufen UnternehmerInnen bzw. Selbständige Gefahr, insbesondere im Rahmen der GPLA (gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben) im Falle einer „falschen“ Einstufung erhebliche Nachzahlungen leisten zu müssen. Die GPLA nimmt hierbei die Interessen von Forderungsinteressierten dreier Ebenen wahr: Sozialversicherungen, die Finanzverwaltung (mit ihren 40 Finanzämtern) sowie die Städte und Gemeinden (rd. 2300 Gemeinden) treten bei der Prüfung der lohnabhängigen Abgaben als Einheit auf[1]. Dabei wird ein Abgabenvolumen von rund 60 Mrd. Euro pro Jahr geprüft[2]. Die Prüfungen werden dabei von MitarbeiterInnen der Sozialversicherungen und der Finanzämter durchgeführt (die entsprechenden Regelungen finden sich in §143 bis §151 BAO).

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    In wie vielen Fällen fand in den Jahren 2015 und 2016 eine Überprüfung auf „Scheinselbständigkeit“ durch die zuständigen Stellen (GPLA: SVA, Finanzpolizei) statt?

 

2)    In wie vielen Fällen wurde aufgrund einer solchen Überprüfung eine „Umstufung“ von einer selbständigen Tätigkeit in ein unselbständiges Beschäftigungsverhältnis vorgenommen?

 

3)    Welcher Anteil der GPLA Überprüfungen wurde durch die MitarbeiterInnen der Sozialversicherungen vorgenommen?

 

4)    Welcher Anteil der verhängten Nachzahlungen wurde durch die MitarbeiterInnen der Sozialversicherungen im Rahmen der GPLAs vorgeschrieben?

 

5)    Wie vielen Unternehmen wurden im Jahr 2015 und 2016 (mit Bitte um Aufschlüsselung pro Jahr und Bundesland) Nachzahlungen zu den folgenden Abgabenarten vorgeschrieben (bitte um Angabe gesamt und den jeweiligen Anteil der Sozialversicherungen):

 

a.    Lohnsteuerbezogene Abgaben

 

                           a.i        Lohnsteuer (LSt)

 

                         a.ii        Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgangsfonds (DB)

 

                        a.iii        Zuschlag zum DB (DZ) = Kammerzulage II


b.    Sozialversicherungsbeiträge und verbundene Beiträge / Umlagen

 

                           b.i        Beiträge zur PV

 

                         b.ii        Beiträge zur KV

 

                        b.iii        Beiträge zur Unfallversicherung

 

                        b.iv        Beiträge zur Arbeitslosenversicherung

 

                          b.v        Beiträge zur Insolvenzentgeltsicherung

 

                        b.vi        Arbeiterkammerumlage

 

                       b.vii        Wohnbauförderungsbeitrag

 

                      b.viii        Nachtschwerarbeitsbeitrag

 

c.    Kommunalsteuern

 

6)    Welche Höhe an Nachzahlungen wurde insgesamt im Jahr 2015 und 2016 (mit Bitte um Aufschlüsselung je Jahr und Bundesland) den UnternehmerInnen in den folgenden Abgabenarten vorgeschrieben (bitte um Angabe gesamt und den jeweiligen Anteil der Sozialversicherungen):

 

a.    Lohnsteuerbezogene Abgaben

 

                           a.i        Lohnsteuer (LSt)

 

                         a.ii        Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgangsfonds (DB)

 

                        a.iii        Zuschlag zum DB (DZ) = Kammerzulage II

 

b.    Sozialversicherungsbeiträge und verbundene Beiträge / Umlagen

 

                           b.i        Beiträge zur PV

 

                         b.ii        Beiträge zur KV

 

                        b.iii        Beiträge zur Unfallversicherung

 

                        b.iv        Beiträge zur Arbeitslosenversicherung

 

                          b.v        Beiträge zur Insolvenzentgeltsicherung


                        b.vi        Arbeiterkammerumlage

 

                       b.vii        Wohnbauförderungsbeitrag

 

                      b.viii        Nachtschwerarbeitsbeitrag

 

c.    Kommunalsteuern

 

7)    Wie viele Unternehmen wurden hinsichtlich der in Folge einer GPLA offenen Forderungen hinsichtlich lohnsteuerbezogener Abgaben durch die Sozialversicherungen gemahnt (Aufschlüsselung für die Jahre 2015 und 2016 sowie nach Bundesländern)?

 

8)    Für wie viele Unternehmen wurde wegen offener Forderungen in Folge einer GPLA ein Insolvenzantrag zur Einbringung der Steuerschuld gestellt (Aufschlüsselung für die Jahre 2015 und 2016 sowie nach Bundesländern)?

 

9)    Per August 2016 wurde die Möglichkeit einer Vorabprüfung für UnternehmerInnen, insbesondere Selbständige, angekündigt. Bis wann ist eine gesetzliche Umsetzung dieser Ankündigung geplant?

 



[1] https://www.sozialversicherung.at/portal27/esvportal/content?

contentid=10007.683839&viewmode=content

[2] https://www.sozialversicherung.at/portal27/esvportal/content?

contentid=10007.683839&viewmode=content