12345/J XXV. GP

Eingelangt am 13.03.2017
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Dr. Jessi Lintl

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

 

betreffend Bildungsstand von Flüchtlingen – Verfahren beim Nachweis von Bildungsstandards und Anerkennung bzw. Nostrifizierung von ausländischen Abschlusszeugnisurkunden

 

Die Tageszeitung „Der Standard“ bzw. deren Internet-Ausgabe „DerStandard.at“ berichten am 17. Februar 2017 auf deren Website wie folgt:

 

Was über den Bildungsstand der Flüchtlinge bekannt ist

 

Andreas Sator

 

17. Februar 2017, 17:44

 

Jeder vierte Afghane, der im Vorjahr einen Check des AMS durchlaufen hat, war noch nie in einer Schule. Viele Syrer und Iraker bringen mehr mit

 

Frage: Was wissen wir mittlerweile über die Flüchtlinge, die 2015 nach Österreich gekommen sind?

 

Antwort: Immer mehr. Es gibt extreme Unterschiede bei der Ausbildung der Menschen. Viele Afghanen waren nie oder nur ein paar Jahre in der Schule. Bei den Syrern und Irakern haben hingegen viele hohe Bildungsabschlüsse, bringen also Matura oder einen Studienabschluss mit. Das zeigen am Freitag präsentierte Zahlen des AMS. Die Daten passen gut zu dem, was eine Studie der Akademie der Wissenschaften, der Wirtschaftsuni und des IIASA in Laxenburg ergeben hat.

 

 

Frage: Ein paar Zahlen, bitte.

 

Antwort: Das AMS hat im Vorjahr Daten von 6.000 Flüchtlingen in sogenannten Kompetenzchecks erhoben. Dabei wird ihre Qualifikation abgefragt. 62 Prozent der Syrer, 57 Prozent der Iraker und nur 20 Prozent der Afghanen, die nach Österreich gekommen sind, haben demnach einen Abschluss über die Pflichtschule hinaus. In Österreich sind es 81 Prozent. Dabei sind aber viele Menschen mit Lehrabschluss, den es in Ländern, aus denen die Flüchtlinge vorwiegend kommen, nicht gibt.

 

Frage: Was heißt das jetzt?

 

Antwort: Von den Flüchtlingen zu sprechen führt in die Irre. Vor allem bei den Afghanen dürften es viele sehr schwer haben, in Österreich Fuß zu fassen. 25 Prozent, die im Vorjahr beim AMS-Check mitgemacht haben, waren nie in einer Schule. Davon hat etwas mehr als die Hälfte zu Hause lesen und schreiben gelernt. Mit so einer Klientel habe man keine Erfahrungen, sagte Johannes Kopf, Vorstand des AMS, am Freitag. Aber auch ein Schulabschluss aus Afghanistan ist hierzulande nicht viel wert, das Schulsystem gilt als sehr veraltet. Die meisten werden quasi bei null anfangen müssen.

 

Frage: Und die Syrer und Iraker?

 

Antwort: Auch bei ihnen wird die Integration am Arbeitsmarkt eine große Herausforderung. Dass viele schon länger in Bildungseinrichtungen waren, ist für Kopf aber ein großer Vorteil. "Wir haben den Eindruck, dass wir gut mit Leuten arbeiten können, die zwölf oder 13 Jahre in einer Schule waren", sagte er zum STANDARD. Sie könnte man einfacher für Jobs in Österreich qualifizieren.

 

Frage: Aber warum bringen so viele hohe Bildungsabschlüsse mit?

 

Antwort: Die meisten Flüchtlinge haben Schleppern tausende Dollar bezahlt, um nach Europa geschleust zu werden. Das können sich großteils nur jene leisten, die aus reicheren Familien kommen. In Syrien liegt das durchschnittliche Jahreseinkommen bei 3.000 Dollar, sagt Isabella Buber-Ennser von der Akademie der Wissenschaften. "Die weniger gut Qualifizierten fliehen in Nachbarländer und reisen nicht nach Europa", sagt sie. In Afghanistan hätten 80 Prozent keine Schule besucht, bei den nach Österreich migrierten Afghanen sind es nur 25 Prozent.

 

Frage: Sind die Schulabschlüsse aus den Herkunftsländern mit österreichischen vergleichbar?

 

Antwort: Wenn es nach einer Studie des Ifo-Instituts geht, dann nein. Ein syrischer Achtklässler ist ihr zufolge auf dem Niveau eines deutschen Viertklässlers. Die Matura in Syrien ist laut Marie-Claire von Radetzky vom Institut der deutschen Wirtschaft aber ziemlich vergleichbar, vor allem der Mathematikzweig.

 

Frage: Was heißt das jetzt für die Jobsuche der Flüchtlinge?

 

Antwort: Johannes Kopf vom AMS skizziert es so: Alle müssen zuerst Deutsch lernen. Jüngere Flüchtlinge würden "durchgängig qualifiziert". Erwachsene, die Bildung mitbringen, werden auf das österreichische System herangeführt. Wer schon älter sei und kaum eine Bildung habe, komme aber nur für Hilfsarbeiten infrage.

 

Frage: Wie viele haben schon Jobs?

 

Antwort: Von denen, die sich zwischen Anfang 2015 und Mitte 2016 beim AMS gemeldet haben, haben 15 Prozent einen Job. Der Rest ist arbeitslos oder in Kursen. (Andreas Sator, 17.2.2017)“[1]

 

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft nachstehende

 

ANFRAGE

 

1.    Im Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle für Studierende an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft und an den Nationalrat 2015 / 2016 wird auf Seite 122 der Punkt „Absehen von der Erbringung von Dokumenten von Studienwerberinnen und Studienwerbern an öffentlichen Universitäten angeführt. Die Ombudsstelle hat dabei vorgeschlagen Ausnahmenregelungen bezüglich Beibringung von Originaldokumenten, insbesondere für Studenten aus Krisengebieten, zu ermöglichen.

a.    Planen Sie derartige Ausnahmeregelungen zu schaffen?

b.    Wenn ja, in welcher Form, für welche Fälle und auf Basis welcher gesetzlicher Grundlagen?

 

2.    In oben angeführtem Artikel der Tageszeitung „Der Standard“ am 17. Februar 2017 über den Bildungsstand der Flüchtlinge ist beispielsweise nachzulesen, dass von 6.000 befragten Flüchtlingen, die im Vorjahr am Kompetenzcheck des AMS teilgenommen haben unter anderem 27% der Flüchtlinge aus Syrien über einen Maturaabschluss verfügen würden und 25% sogar einen Studienabschluss besitzen sollen. Bei Afghanen hingegen ergab die Befragung betreffend Maturabschluss 15% und Uniabschluss gerade 5%.

 

a.    Spiegeln sich diese Zahlen, welche sich nach der Befragung der Flüchtlinge ergaben, auch an den österreichischen Universitäten oder Fachhochschulen wieder?

 

b.    Wie viele studierende Flüchtlinge gab es im Jahr 2016 auf Österreichs Universitäten? Bitte um Gliederung nach Universitäten, Fachhochschulen, nach Staatsbürgerschaft, Alter und Geschlecht der Studierenden, sowie nach dem Status Asylwerber mit einer Aufenthaltsberechtigungkarte gem. § 51 AsylG, dem Status Asylberechtigte, dem Status Subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 52 AsylG und dem Status Geduldete gemäß § 46a FPG

 

c.    Sind die Abschlusszeugnisurkunden aus den jeweiligen Herkunftsländern mit  österreichischen Abschlusszeugnissen (z.B. Matura/Reifezeugis oder Studienberechtigungsprüfungen), welche Voraussetzung für  den Zugang zu einer österreichischen Universität oder österreichischen Fachhochschule bilden, vergleichbar bzw. kompatibel? (Bitte jeweils die Argumentation gliedern nach den unterschiedlichen Arten der Abschlusszeugnisurkunden unter Angabe der Herkunftsländer und Aussteller der ausländischen Abschlusszeugnisurkunden)

 

d.    Wie viele von Flüchtlingen der zuständigen Behörde vorgelegten ausländischen Abschlusszeugnisurkunden, welche Voraussetzung für den Zugang zu einer österreichischen Universität oder österreichischen Fachhochschule bilden, wurden seit 1.1.2015 als gleichwertig anerkannt bzw. nostrifiziert? (Bitte gliedern nach Art der Abschlusszeugnisse, nach Herkunftsland, Staatsbürgerschaft, Aufenthaltsstatus, Alter und Geschlecht der Nostrifizierungsantragsteller bzw. Inhaber der Urkunden und nach Aussteller der ausländischen Abschlusszeugnisurkunde)

 

e.    Wie viele der in voriger Frage beschriebenen Abschlüsse wurden nicht anerkannt bzw. nostrifiziert? (Bitte gliedern nach Art der Abschlusszeugnisse, nach Herkunftsland, Staatsbürgerschaft, Aufenthaltsstatus, Alter und Geschlecht der Nostrifizierungsantragsteller bzw. Inhaber der Urkunden und nach Aussteller der ausländischen Abschlusszeugnisurkunde)

 

f.      Sind die Hochschulabschlüsse aus den jeweiligen Herkunftsländern mit  österreichischen Hochschulabschlüssen oder Fachhochschulabschlüssen, vergleichbar bzw. kompatibel? (Bitte jeweils die Argumentation gliedern nach den unterschiedlichen Arten der Abschlüsse unter Angabe der Herkunftsländer und Aussteller der ausländischen Abschlusszeugnisurkunden)

 

g.    Wie viele von Flüchtlingen der zuständigen Behörde vorgelegte ausländische Hochschulabschlüsse wurden seit 1.1.2015 als gleichwertig anerkannt bzw. nostrifiziert? (Bitte gliedern nach Art der Abschlusszeugnisse, nach Herkunftsland, Staatsbürgerschaft, Aufenthaltsstatus, Alter und Geschlecht der Nostrifizierungsantragsteller bzw. Inhaber der Urkunden und nach Aussteller der ausländischen Hochschulabschlussurkunde)

 

h.    Wie viele der in voriger Frage beschriebenen Hochschulabschlüsse wurden nicht anerkannt bzw. nostrifiziert? (Bitte gliedern nach Art der Abschlüsse, nach Herkunftsland, Staatsbürgerschaft, Aufenthaltsstatus, Alter und Geschlecht der Nostrifizierungsantragsteller bzw. Inhaber der Urkunden und nach Aussteller der ausländischen Hochschulabschlussurkunde)

 

i.      Anhand welcher Kriterien erfolgt die Bewertung der Gleichwertigkeit der von Flüchtlingen vorgelegten ausländischen Abschlusszeugnisurkunden, welche Voraussetzung für  den Zugang zu einer österreichischen Universität oder österreichischen Fachhochschule bilden sollen, mit österreichischen Maturen, Reifeprüfungszeugnissen oder Studienberechtigungsprüfungen?

 

j.      Wie hoch waren die Kosten seit 1.1.2015, die mit der Anerkennung bzw. Nostrifikation von Flüchtlingen vorgelegter ausländischer Abschlussurkunden (zB. Reifezeugnisse, Hochschulzeugnisse etc) im Zusammenhang stehen? (Bitte gliedern nach Jahren, Art der Kosten, - Dolmetscherkosten, Übersetzungskosten etc, - und nach dem Träger der Kosten)

 

k.    Gibt es bzw. gab es Probleme bei der Lesbarkeit und Beurteilung der unterschiedlichsten Dokumente seit 1.1.2015?

 

l.      Wenn ja, welche? (Bitte aufgliedern nach Jahren, Art des Problems und Lösungsvorschläge)

 

m.   Wurden diese Probleme gelöst? (Bitte aufgliedern nach Jahren, Art des Problems und Umsetzungsstand des Problems)

 

n.    Welche Kosten verursachte die Lösung dieser Probleme? (Bitte gliedern nach Jahren, Art der Kosten und nach dem Träger der Kosten)

 

o.    Welche Dokumente zum Beweis für Bildungsstandards betreffend Reife/Matura bzw. Hochschulstudien wurden bzw. werden von den Flüchtlingen beigebracht, damit ein Universitätsstudium in Österreich aufgenommen oder weitergeführt werden kann oder ein Hochschulstudium anerkannt wird?

 

p.    Wird auf ein Fehlen von Unterlagen bzw. Urkunden seitens der Flüchtlinge bereits Nachsicht genommen bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit von Abschlusszeugnisurkunden mit österreichischen oder bei der Nostrifizierung derselben, wie es im Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle für Studierende an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft und an den Nationalrat 2015 / 2016 auf Seite 122 angeregt wird?

 

q.    Wenn ja, warum und auf welcher gesetzlichen Grundlage?



[1] Quelle: http://derstandard.at/2000052798670/Was-ueber-die-Bildung-der-Fluechtlinge-aus-2015-bekannt-ist