12397/J XXV. GP

Eingelangt am 14.03.2017
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Weigerstorfer

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

betreffend „Impfschäden

 

Impfen ist nicht nebenwirkungsfrei. Auch wenn häufige Impfreaktionen wie Rötungen oder Fieber in der Regel komplikationslos verlaufen, können laut Beipacktext der verschiedenen Impfstoffe durchaus gravierendere Nebenwirkungen auftreten. Die jeweilige Häufigkeit ist schwer zu präzisieren: „Häufig“ bedeutet, dass mehr als jeder Zehnte, aber weniger als jeder Hundertste betroffen ist.

Wenn Sie (gesundheit.gv.at) anführen, dass „unerwünschte Reaktionen nach Impfungen sehr selten“ sind, stellt sich die Frage, auf Basis welcher Informationslage diese Aussage getroffen wurde. So führen Sie z.B. im Österreichischen Impfplan („Empfehlungen laut Österreichischem Impfplan: Tabellen“ S.7, auch S.64) einen Impfstoff an, der hierzulande bis zum Alter von 12 Jahren empfohlen wird, in Deutschland allerdings nur bis zum Alter von maximal fünf Jahren. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft empfahl den Vierfachimpfstoff „Tetravac“ nicht mehr nach dem fünften Lebensjahr einzusetzen, da beim Zulassungsinhaber vermehrt Meldungen über unerwünschte Nebenwirkungen eingegangen waren (in Bezug auf eine Anwendung bei über Fünfjährigen). Es stellt sich die Frage, ob das Vorsorgeprinzip für ein und denselben Impfstoff in Österreich und Deutschland nicht gleichermaßen gelten sollte.[1]

Auch die angedachte Aufnahme von Grippe-Impfungen für Kinder ins Impfprogramm ist kritisch zu hinterfragen: Zunächst gibt es hier keine „Patentimpfungen“, da die Virenstämme weiter mutieren und auf die jeweiligen im Umlauf befindlichen Stämme angepasst werden müssen. Die Wirksamkeit hängt von den jeweils Anfang des Jahres getroffenen Vorhersagen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ab, welche Virusvarianten in der kommenden Grippesaison zu erwarten sind (und dann als Grundlage für die Impfstoffentwicklung dienen).[2] Auch die generelle Wirksamkeit dürfte zweifelhaft sein. US-Studien vom Center of Disease Control and Prevention (CDC) für die Jahre 2005-2015 schätzen die generelle Wirksamkeit der Grippe-Impfungen auf unter 50%. [3]

Besonders die bei uns angedachten „Nasenspray-Grippe-Impfungen“ werden kritisiert. Einerseits enthalten sie funktionstüchtige Viren, die zur genetischen Rekombination mit verwandten Viren befähigt sind. Sie können somit zur Entstehung neuer Viren-Stämme beitragen. Andererseits sind die Erfahrungen in den USA mit dem Spray, das unter dem Namen „Flumist“ seit 2003 zugelassen ist, nicht erfolgsversprechend: Die Gesundheitsbehörde CDC konnte zum dritten Mal in Folge keinen statistisch nachweisbaren Grippeschutz durch diesen Impfstoff nachweisen und sprach sich zuletzt explizit gegen eine Verwendung des Lebendimpfstoffes für die aktuelle Saison (2016-2017) aus. [4] In der EU wurde dieser Lebendimpfstoff (Fluenz TM Tetra) 2013 von der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA zur Influenza-Prophylaxe bei Kindern und Jugendlichen im Alter von zwei Jahren bis zum vollendeten 18. Lebensjahr zugelassen.

Was Impfungen betrifft, so haben wir in Österreich seit Jahren noch ein weiteres Problem: Immer mehr Schulärzte weigern sich aus Haftungsgründen zu impfen. Da viele Schulärzte keinen Dienstauftrag besitzen und auch keine zusätzliche Versicherung vorweisen können, müssten sie persönlich für etwaige Impfschäden oder anderweitige Komplikationen haften. Vielen Ärzten ist dies allerdings nicht einmal bewusst. Erst nach einem Fall mit einem Impfschaden bekam diese Problematik eine neue Dynamik.[5]

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen folgende

 

Anfrage:

 

 

1.    Wie viele Fälle von Impfschäden sind Ihnen in den letzten zehn Jahren bekannt?

2.    Um welche Impfschäden handelt es sich jeweils?

3.    Welches Alter hatten die jeweils Betroffenen?

4.    Auf welche jeweiligen Impfstoffe sind diese Nebenwirkungen zurückzuführen?

5.    Welche Impfstoffe wurden aufgrund von möglichen unerwünschten Nebenwirkungen im genannten Zeitraum vom Markt genommen?

6.    Ist Ihnen die Warnung der deutschen Arzneimittelkommission von 2014 bezüglich „Tetravac“ bekannt?

a.    Wenn ja, seit wann und wie bewerten Sie diese?

b.    Wenn ja, warum wurde dies im Österreichischen Impfplan noch nicht aktualisiert?

c.    Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie aus dieser Warnung für Österreich ableiten und wann umsetzen?

7.    Sind Ihnen Fälle von unerwünschten Nebenwirkungen durch die Einnahme bzw. Verabreichung von „Tetravac“ bekannt?

8.    Wie begründen Sie, dass Ihnen die Information vom Zulassungsinhaber bezüglich einer Häufung von unerwünschter Nebenwirkungen bei über Fünfjährigen nicht bekannt ist?

9.    Werden Sie „Tetravac“ auch zukünftig im Österreichischen Impfplan für über Fünfjährige empfehlen?

10.  Welche Daten liegen Ihnen über die Wirksamkeit von Grippeimpfungen in Österreich vor und auf welche Quelle berufen Sie sich?

11.  Welche Informationen liegen Ihnen über die Wirksamkeit der Nasensprayimpfung „Coldamaris flu“ vor?

12.  Wie hoch ist die Durchimpfungsrate für Influenza seit 2013?

13.  Um welchen eingangs angeführten Fall eines Impfschadens nach einer Impfung eines Schularztes handelt es sich konkret?



[1] http://akdae.de/Arzneimittelsicherheit/DSM/Archiv/2014-12.html

[2] http://www.faz.net/aktuell/wissen/medizin-ernaehrung/grippe-cdc-kritisiert-grippeschutzimpfung-via- nasenspray-14493611.html

[3] https://www.cdc.gov/flu/about/qa/vaccineeffect.htm

[4] http://www.clinicaladvisor.com/influenza-information-center/nasal-flu-vaccine-ineffective-in-children/article/505312/

[5]http://www.heute.at/news/oesterreich/wien/politik/Rechtssituation-ist-seit-Jahren-unklar;art85916,1396467