12484/J XXV. GP

Eingelangt am 15.03.2017
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Mag.a Berivan Aslan; Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde an  die Bundesministerin für Bildung

betreffend Abbruch einer Veranstaltung am BORG Honauerstraße Linz

BEGRÜNDUNG

 

Am 8. März wurde ein Vortrag von Thomas Rammerstorfer mit dem Titel „Die extremistische Herausforderung“ im BORG Honauerstraße in Linz abgebrochen. Das im letzten November vereinbarte Ziel des Vortrags war, einen Überblick über aktuelle Inhalte und Formen extremistischer Ausformungen in Österreich zu geben. Weiters vereinbart wurden ein einstündiger Input mit anschließender Diskussion, für die etwa 40 Minuten geplant waren.

Der Vortrag fand vor 70 SchülerInnen der achten Klassen im Beisein einer Reihe von LehrerInnen statt und musste nach der Präsentation vor der geplanten allgemeinen Diskussion beendet werden. Wie sich herausstellte, hatte ein Schüler seinen Vater, den FPÖ-NRAbg. Roman Haider, informiert, worauf dieser offenbar beim Direktor der Schule, Wolfgang Oberndorfer, intervenierte. Oberndorfer veranlasste daraufhin den Abbruch der Veranstaltung.

Von den Oberösterreichischen Nachrichten wird NRAbg. Haider folgendermaßen zitiert: „’Mein Sohn hat mir per WhatsApp Bilder der Folien des Vortrags geschickt’, sagt Haider. In diesen Unterlagen sei die FPÖ mit Extremismus in Zusammenhang gebracht worden, berichtet er. ‚Es ist eine Frechheit, eine Parlamentspartei mit Extremismus in Zusammenhang zu bringen. Extremismus bedeutet, Demokratie abzulehnen. Das lasse ich mir nicht unterstellen. Solche Ansichten haben an einer Schule nichts verloren’, sagt Haider. Rammerstorfer sei ‚als grüner Wolf im Schafspelz’ an der Schule gewesen, sagt Haider. Noch bevor der Vortrag zu Ende war, rief er Schuldirektor Wolfgang Oberndorfer an und beschwerte sich über die Veranstaltung. Mit Erfolg. Oberndorfer ließ die bereits laufende Diskussion abbrechen.“ [1]


Der Gewerkschaftliche Dienststellenausschuss des BORG Linz Honauerstraße äußerte sich in seiner Stellungnahme folgendermaßen: „Die Diskussion zum Vortrag von Herrn Thomas Rammerstorfer zum Thema ‚Die extremistische Herausforderung’ am 8.3.2017 wurde vorzeitig aufgrund massiver Androhung von Konsequenzen gegen eine Lehrkraft beendet.“ (Beilage 1)

„Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer berichtete von Anrufen von FPÖ-Politikern, u.a. von Landtags-Klubobmann Herwig Mahr, hielt aber fest: ‚Ich habe den Abbruch nicht veranlasst und ich habe mich auch Leuten, die den Abbruch wollten, gegenüber verwehrt.’ Als er in der Schule telefonisch nachgefragt habe, was los sei, sei der Vortrag berei[t]s vorzeitig beendet gewesen. ‚Ich hätte nicht abgebrochen’, sagte Enzenhofer, betonte aber, er stehe sowohl hinter dem Direktor als auch hinter dem Lehrer. Demnächst soll es ein klärendes Gespräch zwischen dem Landesschulinspektor, dem Direktor und dem Lehrer geben, kündigte Enzenhofer an.[2]

Dies ist vom Ablauf her ein höchst ungewöhnlicher Vorgang und auch erstaunlich, zumal Thomas Rammerstorfer seit vielen Jahren als Rechtsextremismusexperte regelmäßig Vorträge vor diversen Gruppen – auch in Schulen – gehalten hat. Wie aus der Präsentation, die Rammerstorfer am BORG gezeigt hatte (Beilage 2), ersichtlich ist, war das Vortragsthema breit gefächert angelegt und deckte alle in Österreich relevanten extremistischen Strömungen ab. Die FPÖ selbst war nur im Zusammenhang mit dem Einfluss von deutschnationalen Burschenschaften auf die Partei Thema.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass im gängigen wissenschaftlichen Diskurs eine Reihe von burschenschaftlichen Korporationen in Österreich eindeutig als rechtsextrem eingestuft wird. Dass hier auch zahlreiche einflussreiche Mandatare der FPÖ beheimatet sind, ist ebenso unbestritten.[3] So ist auch der intervenierende freiheitliche Nationalratsabgeordnete Roman Haider Mitglied und stellvertretender Obmann der deutschnationalen pennalen Burschenschaft „p.c.B! Donauhort zu Aschach“ [4]. Unter der Website des „Landes Delegierten Convent Oberösterreich“ ist zur „p.c.B! Donauhort zu Aschach“ zu finden: „Wahlspruch: Ehre Freiheit Vaterland; Bundeslied: Wenn alle untreu werden...; Waffenspruch: Was gibt es hier? Deutsche Hiebe!“[5]

Der Politikwissenschafter Anton Pelinka spricht im Zusammenhang mit der FPÖ von einem „weichen Rechtsextremismus“, der sich dadurch kennzeichne, dass er „in die Institutionen der liberalen Demokratie“ integriert sei.[6] Die Aussage von Roman Haider, „Es ist eine Frechheit, eine Parlamentspartei mit Extremismus in Zusammenhang zu bringen“, ist daher nicht nur in historischer Hinsicht falsch, sondern widerspricht auch dem aktuellen wissenschaftlichen Forschungsstand: „Seit Antritt Straches 2005 ist die FPÖ, was sie über weite Teile ihrer Geschichte war: die parteiförmige Repräsentantin des österreichischen Rechtsextremismus. Dass sie diesem zugerechnet werden kann, ist in der polit-medialen Debatte allerdings alles andere als Konsens. Hier herrscht nach wie vor die Einstufung als ‚rechtspopulistisch’ vor. Wenngleich der politische Stil der Strache-FPÖ – Verstärkung vorhandener Ressentiments, Mobilisierung autoritär-rebellischer Impulse, angeleitete Projektion – fraglos als populistisch bezeichnet werden kann, stellt dieser Begriff mit Blick auf die von der FPÖ vertretenen Inhalte doch eine Verharmlosung dar. So kehrte der völkische Nationalismus unter Strache nicht nur in Form des Bekenntnisses zur „deutschen Volks-, Sprach und Kulturgemeinschaft“ ins Parteiprogramm zurück, sondern schlägt sich auch in konkreten Forderungen nieder – etwa jener, bei der Anrechnung von Kindererziehungszeiten für Rentenansprüche nicht nur nach Staatsbürger_innenschaft, sondern auch zwischen ‚autochthonen’ und ‚nicht-autochthonen’ Eltern zu diskriminieren. Weitere Gründe für die Einstufung der FPÖ als rechtsextrem liefern ihre systematische Rahmung verschiedenster Interessenkonflikte als kultureller Natur; ihre – heute vorrangig antimuslimische – Feindbildpflege; ein Autoritarismus, der etwa in hymnischen Sympathiebekundungen für Orbán oder Putin zum Ausdruck kommt; oder ihre Politik der Delegitimierung rechtsstaatlicher und repräsentativ-demokratischer Institutionen im Sinne einer Rückabwicklung liberaler Demokratie in Richtung autoritärer Formierung. Zu diesen inhaltlichen Merkmalen gesellen sich eine Bündnis-, Veranstaltungs- und Subventionierungspolitik, die die FPÖ eher als organisierendes Zentrum der extremen Rechten denn als bloßer Andockhafen für diese ausweist, sowie die tragende Rolle völkisch-nationalistischer Burschenschafter innerhalb der Partei.“[7]

Es entspricht der gängigen Praxis in Schulen, zu gewissen Themen externe AkteurInnen einzuladen. Dass dies nicht nur möglich, sondern explizit erwünscht ist, ist dem 2015 neu definierten Grundsatzerlass „Politische Bildung“ zu entnehmen: „Eine besondere Rolle kommt bei der Umsetzung Politischer Bildung der Begegnung mit Personen und Institutionen des Politischen (Politik, Interessensvertretungen, NGOs, Bürgerinitiativen, Medien, etc.) zu. Die Einbeziehung externer Akteure/Akteurinnen bzw. Anbieterinnen und Anbieter Politischer Bildung hat einen wichtigen Mehrwert, da Schule kein abgeschlossener, sondern immer in ein konkretes gesellschaftliches Umfeld eingebetteter Bereich ist.“[8]

Im Jahr 2015 kündigte Ex-Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek in Reaktion auf die aktuellen Radikalisierungstendenzen unter Jugendlichen als Sofortmaßnahme Workshops für Schulen an: „‚Pädagogische Präventionsarbeit wirkt langfristig und muss laufend in den Schulen Platz finden’, so die Ministerin. Durchgeführt werden die Workshops von verschiedenen NGOs und können von den Schulen unkompliziert über das Zentrum Polis beantragt werden. ‚Selbstbewusste Kinder und Jugendliche brauchen keine destruktiven Ideologien. Wir sehen Präventionsarbeit deshalb in der ganzen Breite.’ Die Schwerpunkte der Workshops reichen von Demokratie, De-Radikalisierung, Antidiskriminierung, Rassismus, Gewaltprävention Diversität, Inklusion und Interkulturalität bis hin zu Sozialem Lernen.“[9]

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Ist die oben angeführte Veranstaltung im BORG Honauerstraße in Linz ordnungsgemäß von der Direktion der Schule genehmigt worden?
a. Falls ja: Wann wurde die Genehmigung zur Schulveranstaltung seitens der Direktion erteilt?
b. Falls ja: Bestanden seitens der Direktion irgendwelche Befürchtungen oder Einwände die Veranstaltung betreffend? Falls ja: welche?

2)    War Direktor Oberndorfer vor Abbruch der Veranstaltung beim Vortrag zu irgendeinem Zeitpunkt anwesend?

3)    Was war die Begründung des Direktors für den Abbruch der Veranstaltung?

4)    Gab es außer der Reaktion des Sohnes des NRAbg. Roman Haider noch irgendwelche andere negative Rückmeldungen?
Falls ja: welche?

5)    Stimmt die in der Stellungnahme des Dienststellenausschusses aufgestellte Behauptung, dass NRAbg. Roman Haider den betroffenen Lehrenden Konsequenzen angedroht hat?
Falls ja: Wie sahen diese Drohungen konkret aus?


6)    Ist Ihnen bekannt, ob sich Thomas Rammerstorfer im Laufe seines Vortrags auch nur andeutungsweise als dem politischer Lager der Grünen zugehörig definiert hat?

7)    Erkennen Sie in der Powerpoint-Präsentation von Thomas Rammerstorfer (Beilage) Ansatzpunkte, die einen Abbruch der Veranstaltung gerechtfertigt hätten?
Falls ja: welche?

8)    Welche Konsequenzen werden Sie aus dem Ablauf dieser Veranstaltung insbesondere aus der Vorgangsweise, die zum Abbruch führte, ziehen?


Beilage 1

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Beilage 2 (Powerpoint-Präsentation Thomas Rammerstorfer)

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[1] Zensur oder nötige Intervention? Heftige Debatte nach Abbruch eines Vortrages, unter: http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/Zensur-oder-noetige-Intervention-Heftige-Debatte-nach-Abbruch-eines-Vortrages;art4,2507835 (13.3.2017)

[2] ebda

[3] Vgl. hierzu u.a. das Standardwerk zu den akademischen Burschenschaften in Österreich: Bernhard Weidinger, „Im nationalen Abwehrkampf der Grenzlanddeutschen“. Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945. Böhlau Verlag 2015.

[4] https://www.parlament.gv.at/POOL/SWBRETT/ZUSD/BezBegrBVGPar9-NR.pdf

[5] http://www.ldc-ooe.at/pcbdonauhort.html (13.3.2017). Anzumerken ist, dass das hier angegebene Bundeslied im Nationalsozialismus zum Liederkanon der SS gehörte.

[6] Vgl. Anton Pelinka (2011), Der Preis der Salonfähigkeit. Österreichs Rechtsextremismus im internationalen Vergleich. Unter: http://www.doew.at/cms/download/bvfs9/pelinka_rechtsextremis- mus1.pdf., 11 (13.3.2017)

[7] Forschungsgruppe Ideologien und Politiken der Ungleichheit (FIPU), Julia Edthofer, Carina Klammer, Bernhard Weidinger über den aufhaltsamen Aufstieg der FPÖ und möglichen Lehren daraus, unter: https://forschungsgruppefipu.wordpress.com/2017/02/07/mistakes-were-made-1 (13.3.2017)

[8] Unterrichtsprinzip Politische Bildung, Grundsatzerlass 2015, unter: https://www.bmb.gv.at/ministerium/rs/2015_12.html (13.3.2017)

[9] Heinisch-Hosek: Selbstbewusste Jugendliche brauchen keine destruktiven Ideologien. ExpertInnengipfel "Bildung gegen Extremismus" Auftakt für multiprofessionelle Vernetzung, unter:

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20150126_OTS0136/heinisch-hosek-selbstbewusste-jugendliche-brauchen-keine-destruktiven-ideologien (13.3.2017)