12581/J XXV. GP

Eingelangt am 24.03.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Justiz

betreffend (De)-Radikalisierung im Gefängnis

BEGRÜNDUNG

 

Rund um den Fall eines wegen Terrorverdachts verhafteten Jugendlichen wurde medial kolportiert, dass sich dieser in der Haft radikalisiert haben könnte (Vgl. "Salzburger Nachrichten", 23.01.2017 „Wurde Terrorverdächtiger im Gefängnis radikalisiert?“). In der „Wiener Zeitung“ vom 25.1.2017 heißt es „Ob das Risiko, das von dem 17-Jährigen ausgegangen ist, schon früher hätte erkannt werden können, ist noch unklar. Der junge Mann saß zuvor wegen eines anderen Delikts in der Jugendstrafanstalt in Gerasdorf ein.“ Gleichzeitig wird in diesem Artikel der Islamismus-Experte Moussa Al-Hassan Diaw zitiert, der betont, dass insbesondere in Gerasdorf mit der Gefahr einer möglichen Radikalisierung „sehr aufmerksam“ umgegangen werden würde.

Im Jänner 2017 erschien der Endbericht zur Begleitforschung „Deradikalisierung im Gefängnis“ von Veronika Hofinger und Thomas Schmidinger (IRKS), der die bisherigen Maßnahmen der Strafvollzugsverwaltung in Bezug auf Häftlinge, die nach §278b StGB verurteilt wurden, beschreibt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wie lange und wegen welcher Delikte saß der knapp 18-jährige Österreicher Lorenz K. in Haft, bevor er am 20. Jänner 2017 wegen Terrorverdachts festgenommen wurde?

 

2)    Gab es bereits zu Beginn der Haft eine Risikoeinschätzung der Sicherheitsbehörden hinsichtlich einer möglichen Radikalisierung von Lorenz K.?

 

3)    Wenn nein, warum nicht?

 

4)    Wurden während der Haft Anzeichen für eine Radikalisierung von Lorenz K. festgestellt?

 

5)    Gibt es, wie medial behauptet, tatsächlich rückwirkend betrachtet Anzeichen dafür, dass sich Lorenz K. in der Haft radikalisierte?

 

6)    Wie viele Häftlinge werden aktuell (März 2017) als gefährlich im Sinne einer islamistischen Radikalisierung eingeschätzt?

 

7)    Wie viele Häftlinge werden aktuell (März 2017) als gefährlich im Sinne einer rechtsextremen Radikalisierung eingeschätzt?

 

8)    Wie viele Häftlinge werden aktuell (März 2017) als gefährlich im Sinne einer linksextremen Radikalisierung eingeschätzt?

 

9)    Wie viele Häftlinge, die aufgrund § 278b StGB in Haft sitzen befinden sich in Deradikalisierungsmaßnahmen?

 

10) Wie viele Häftlinge, die nicht aufgrund §278b StGB in Haft sitzen, befinden sich in Präventions- oder Deradikalisierungsmaßnahmen?

 

11) Kommt es derzeit zur rotierenden Unterbringung von als radikal eingestuften IslamistInnen? Falls ja, wie oft wurde diese bisher eingesetzt und wie sind Ihre Erfahrungen damit?

 

12) Macht DERAD Besuche auf Einzelanfrage hin oder werden systematisch alle der nach §278 b StGB Inhaftierten besucht?

 

13) Wie viele Häftlinge betreute DERAD durchgehend bis zu ihrer Entlassung? Wie viele Treffen fallen dabei durchschnittlich an?

 

14)  Wie viele MitarbeiterInnen von DERAD waren 2016 in den einzelnen Justizanstalten mit ca. wie vielen Gesprächsterminen im Einsatz?

 

15) Gibt es spezielle Gruppen (siehe Kategorisierung in der IRKS-Studie) innerhalb der DERAD Gespräche (bzw. falls vorhanden, sonstige Deradikalisierungs-maßnahmen), die besonders erfolgreich zu sein scheinen?

 

16) Ist eine stärkere Standardisierung der Gefährdungseinschätzung und Vorgehensweise von DERAD (siehe IRKS Studie) geplant? Falls ja, wie wird diese aussehen?

17) Wird derzeit bei der Betreuung der Häftlinge nach § 278b StGB ein Schwerpunkt (zB Jugendliche; Auslandskämpfer etc.) gesetzt, da laut IRKS-Studie DERAD derzeit noch über limitierte Ressourcen verfügt?

 

18) Ist eine finanzielle Aufstockung von DERAD über das BMJ geplant? Falls ja, wann und in welcher Höhe?

 

19) Was planen Sie hinsichtlich der in der Deradikalisierungs-Studie des IRKS angemerkten Lücke der Deradikalisierungs-Betreuung in U-Haft (Angeklagte nach §278b StGB) zu unternehmen?

 

20) In welcher Form konkret sind die JustizwachebeamtInnen vor Ort in die Deradikalisierungs- bzw. Präventionsarbeit in den Justizanstalten eingebunden? Gibt es regelmäßige Besprechungen mit ihnen?

 

21) In wie vielen Fällen wurde 2016 eine islamische Radikalisierung in Haft NACH der Einweisung festgestellt?

 

22) Wie planen Sie eine beginnende Radikalisierung einzelner Häftlinge, die bereits in einer Justizanstalt aufhältig sind, zu entdecken? Liegt hierfür schon ein Konzept des BMJ vor?

 

23) Wie planen Sie einer beginnenden Radikalisierung einzelner Häftlinge entgegenzuwirken? Liegt hierfür schon ein Konzept des BMJ vor?

 

24) Gibt es, abseits der Gespräche mit DERAD, bereits konkrete Deradikalisierungs- bzw. „Aussteigerprojekte“ in den Justizanstalten, wie zB nach dem Vorbild des Projekts EXIT-Deutschland? Falls nein, was planen Sie diesbezüglich?