12691/J XXV. GP

Eingelangt am 31.03.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Schenk,

Kolleginnen und Kollegen

an die Präsidentin des Rechnungshofes

betreffend „Prüfungswürdige Bilanzierungsansätze der Wiener Linien“

 

Im Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2017/1 finden sich diese Feststellungen:[1]

Eröffnung von U–Bahn–Stationen

18.1

Die Wiener Linien eröffneten im Zuge der Verlängerung der Linie U2 die Stationen „Stadion“ im Mai 2008, „Aspernstraße“ im Oktober 2010 und „Seestadt“ im Okto­ber 2013. Dabei fielen für Eröffnungsfeierlichkeiten Aufwendungen in folgender Höhe an:

In den Aufwendungen waren u.a. Informationsmaterial, Werbeeinschaltungen, Be­wirtungsspesen und Honorare für Künstlerinnen und Künstler enthalten. Die Auf­wendungen für die Eröffnungsfeierlichkeiten aktivierten die Wiener Linien in ihren Rechenwerken als Investitionen für die eröffneten Stationen. Somit wurden diese auf einen Zeitraum von 50 Jahren abgeschrieben.

Die Aufwendungen für diese Eröffnungsfeierlichkeiten wurden über das Budget des U–Bahn–Neubaus finanziert.

18.2

Der RH beanstandete, dass die Aufwendungen für die Eröffnungsfeierlichkeiten von U–Bahn–Stationen in den Rechenwerken als Investitionen aktiviert und somit über einen Zeitraum von 50 Jahren abgeschrieben wurden, obwohl sie dem Grunde nach keine Investitionen, sondern Aufwendungen des jeweils laufenden Jahres dar­stellten.

Der RH kritisierte zudem, dass die Wiener Linien aus dem – von Bund und Stadt Wien zu jeweils 50 % finanzierten – Budget des U–Bahn–Neubaus Eröff­nungsfeierlichkeiten (inkl. u.a. Informationsmaterial) in Höhe von rd. 5,34 Mio. EUR finanzierten. Der RH bemängelte die fehlende vertiefte Kontrolle durch Bund sowie Stadt Wien (siehe TZ 24 ff.) und vertrat die Auffassung, dass Aufwendungen für Eröffnungsfeierlichkeiten – gerade in derartiger Höhe – nicht ohne Rücksprache mit dem Bund und der Stadt Wien an diese weiterverrechnet werden sollten.

Der RH empfahl dem BMF, dem BMVIT, der Stadt Wien sowie den Wiener Linien, im Rahmen des Lenkungsgremiums (siehe TZ 26) ein Einvernehmen über die Vor­gangsweise bezüglich der Kostentragung für diese Eröffnungsfeierlichkeiten herzu­stellen.

18.3

(1) Laut Stellungnahme des BMF wolle es sich dafür einsetzen, die strittigen Punkte im Lenkungsgremium zu behandeln und Verfahren zur Rückabwicklung zu verein­baren. Betreffend Eröffnungsfeierlichkeiten werde es sich im Rahmen des Len­kungsgremiums für eine Rückverrechnung einsetzen.

(2) Die Stadt Wien teilte in ihrer Stellungnahme mit, die entsprechenden Empfeh­lungen des RH im Lenkungsgremium evaluieren zu wollen.

(3) Laut Stellungnahme der Wiener Linien seien Kosten für Feierlichkeiten und In­
formationsmaßnahmen aus Marketingsicht für die Generierung der Nachfrage in der Bevölkerung unerlässlich und wichtiger Bestandteil der Investitionen. Eine möglichst umfassende Information der Bevölkerung – nicht nur über das neue An­gebot an sich, sondern auch über Änderungen im Bus– und Straßenbahn–Netz, die sich durch U–Bahn–Ausbauten ergeben würden – sei sehr wichtig. So seien z.B. im Jahr 2010 und ähnlich im Jahr 2013 Folder zum neuen öffentlichen Verkehrsnetz in der Donaustadt produziert worden und Teil der 5,34 Mio. EUR gewesen. Diese Maßnahmen würden die Inanspruchnahme der Wiener Linien beschleunigen und stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit der Investition. Die Eröffnungsfeier­lichkeiten würden künftig – wie vom RH empfohlen – nicht mehr als Investitionen, sondern als Aufwendungen des laufenden Jahres verbucht.

18.4

Der RH erwiderte den Wiener Linien, dass in konsequenter Umsetzung ihrer Sicht­weise nahezu jede Marketingmaßnahme für eine Erneuerung bei der U–Bahn aus dem Investitionsbudget des U–Bahn–Neubaus finanziert werden müsste und eine – der Transparenz der Gebarung förderliche – Trennung zwischen Bau und Betrieb konterkarieren würde. Er erinnerte zudem daran, dass in den genannten Beträgen neben einigen Aufwendungen für Informationsmaterial zu großen Teilen auch Be­wirtungsspesen und Honorare für Künstler enthalten waren.

Der RH begrüßte die Zusage der Wiener Linien, derartige Aufwendungen künftig nicht mehr als Investitionen zu aktivieren.“

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an die Frau Präsidentin des Rechnungshofes nachstehende


 

Anfrage

 

 

1)    Im gegenständlichen Rechnungshofbericht ist nur die Rede von den „Wiener Linien“. Welches Unternehmen hat Aufwendungen der U-Bahn-Eröffnungsfeiern aktiviert, Wiener Linien GmbH & Co KG (FN 181593 z) oder Wiener Linien GmbH (FN 174296 v)?

 

2)    In welcher Höhe stellte der Rechnungshof aktivierte Aufwendungen der Eröffnungsfeierlichkeiten, inklusive der Aufwendungen für Informationsmaterial und der Honoraraufwendungen für den Vortrag von Musikstücken, fest?

 

3)    Falls nicht die gesamten Aufwendungen aktiviert wurden, welche Kriterien konnte der Rechnungshof feststellen, nach denen in aktivierungsfähige Aufwendungen (Investitionen) und Aufwendungen des laufenden Jahres unterschieden wurde?

 

4)    Hat der Rechnungshof in der Frage der Aktivierung des Aufwandes der Eröffnungsfeiern die Rechtsansicht der Wirtschaftsprüfer (Abschlussprüfer) des geprüften Unternehmens (Wiener Linien) eingeholt?

 

5)    Wenn ja, welche Rechtsmeinung vertraten die Wirtschaftsprüfer gegenüber dem Rechnungshof hinsichtlich der Rechtskonformität des vom geprüften Unternehmen (Wiener Linien) angewandten Bilanzierungsansatzes?

 

6)    Hat der Rechnungshof die Aktivierung der Aufwendungen der Eröffnungsfeiern als rechtlich zulässig oder unzulässig eingestuft?

 

7)    Falls die Aktivierung der Eröffnungsfeieraufwendungen als rechtlich zulässig eingestuft wurde, warum sollte nach Ansicht des Rechnungshofes von dieser Bilanzierungspraxis abgegangen werden?

 

8)    Falls die Aktivierung der Eröffnungsfeieraufwendungen als rechtlich unzulässig eingestuft wurde, welche Maßnahmen hat der Rechnungshof zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes eingeleitet?

 

9)    Welche Schritte stellte der Rechnungshof fest, die das geprüfte Unternehmen (Wiener Linien) zur Beseitigung eines eventuell rechtswidrig vorgenommenen Bilanzierungsansatzes in den Bilanzen der Jahre ab 2008 und der jeweiligen Folgejahre eingeleitet hat bzw vorgenommen hat?



[1] Rechnungshof: Bericht des Rechnungshofes U-Bahn in Wien – Ausbaupakete, Reihe Bund 2017/1, S 45 - 47