12741/J XXV. GP

Eingelangt am 12.04.2017
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Ing. Dietrich

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres

betreffend „10-Punkte-Aktionsplan, gemeinsame Europäische Asylagentur, Umsiedelungsprogramm“

 

1 EU-Flüchtlingsgipfel 10-Punkte-Aktionsplan

Am Flüchtlingsgipfel am 03. Februar 2017 in Malta haben die EU-Staats- und Regierungschefs einen 10-Punkte-Aktionsplan mit dem Verweis auf das bestehende bilaterale Abkommen zwischen Italien und Libyen vom 02. Februar 2017 verabschiedet. Überprüft soll der Aktionsplan jeweils im März und im Juni 2017 werden. Für das bilaterale Abkommen erwartet sich Italien politische Unterstützung seitens der EU.

2016 sind über die Route Libyen nach Italien 181.436 Menschen angekommen. Nach Angabe der Hilfsorganisationen haben etwa 5.000 Menschen die Überfahrt nicht überlebt.

 

2 Gemeinsame Europäische Asylagentur

Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS), das seit 1999 entwickelt und 2014 verabschiedet wurde, ist gescheitert. Eine vollständige Vergemeinschaftung der Asylpolitik in den Händen der EU-Kommission ist mit einer Abgabe nationaler Souveränität verbunden. Das ist kein Anreiz, um gute, solidarische Lösungen in der Flüchtlingsproblematik zu entwickeln.

Eine von der EU-Kommission beauftragte Studie betreffend Weiterentwicklung des gemeinsamen Asylsystems wurde von dem EU-eigenen Thinktank CEPS (Centre for European Policy Studies), von einer Stipendiatin der International-Migration-Initiative der Open Society Foundations (Soros) und von einer Mitarbeiterin des Migration Policy Institute Europe (MPI) - Hauptsitz Washington) durchgeführt.

In der Studie wurde u.a. die Möglichkeit, eine EU-Migrations-, Asyl- und Schutzagentur (EMAPA) einzurichten, empfohlen. Die Agentur soll zentralisierte, EU-weite Entscheidungen über Asylanträge treffen. Es soll die Möglichkeit einer „freien Wahl“ bestehen, welche die Vorlieben der Asylsuchenden berücksichtigt und zu ihrer nachfolgenden Integration in die zukünftige aufnehmende Gesellschaft beiträgt. Diese Möglichkeit würde auch sekundäre Bewegungen der Asylwerber reduzieren.

Gerald Knaus von der ESI (European Stability Initiative, Soros), der auch den Merkel-Türkei-Deal ausgearbeitet haben soll, legte den „Malta-Plan“ als Vorschlag vor. Dieser soll die Dublin-VO bis zum Sommer 2017 ersetzen.

Die Kernidee ist eine gemeinsame Asylagentur in Süditalien oder Malta aufzubauen. Diese soll innerhalb von vier Wochen abschließende und verbindliche Asylentscheidungen für neu ankommende Asylwerber treffen. Abgelehnte Asylwerber werden gemäß bereits ausgehandelten bzw. noch auszuhandelnden Abkommen in die Herkunftsländer zurückgeschickt. Die akzeptierten Asylwerber sollen in der EU verteilt und angesiedelt werden. Ein Zurückschicken (push-back) nach Vorbild des australischen Modells wurde abgelehnt.

 

3 Umsiedelungsprogramme zur Lösung der demografischen Probleme

Aus den Salzburger Nachrichten vom 03.12.2015 ist zu entnehmen, dass EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos vor dem EU-Ausschuss der Regionen (AdR) erinnert, dass „Europa vergreist.“ „In den nächsten zwei Jahrzehnten werden mehr als 70 Millionen Migranten nötig sein.“ Die solidarische Umverteilung, wie in der Migrationsagenda 2015 vorgeschlagen, wird nur von wenigen Mitgliedsländern umgesetzt.

 

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Herrn Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres nachstehende

 

ANFRAGE

 

Zu 1 EU-Flüchtlingsgipfel und 10-Punkte-Aktionsplan

1)     Italien schloss mit Libyen ein bilaterales Abkommen. Übernimmt dazu die EU die Kosten oder trägt Italien die entstehenden Kosten selbst?

2)     Wie stellt sich die Finanzierung des 10-Punkte-Plans konkret dar?

3)     Wer bildet die libysche Küstenwache aus? Welche Ausrüstung ist zu welchen Kosten vorgesehen? Wie wird dies finanziert?

4)     Wer finanziert den Aufbau von sicheren und angemessenen Aufnahmeeinrichtungen? Welche Kosten werden dafür veranschlagt?

5)     Welche Förderungen von Projekten in den Heimatländern sind vorgesehen, wer organisiert diese und welches Finanzierungsvolumen wird dafür veranschlagt? Wer konkret wird Träger der Finanzierung sein?

6)     Wo sind Informationskampagnen geplant und wer bzw. welche Stellen werden diese durchführen? Welche Kosten werden dafür veranschlagt?

7)     Was ist unter Projektförderungen an den Grenzen zwischen Libyen und den Nachbarländern zu verstehen? Werden Grenzzäune errichtet? Werden Lager oder Orte für Flüchtlinge aus dem Süden oder Osten errichtet?

8)     Welche Alternativrouten bestehen und wer überwacht diese mit welchen Mitteln? Welche Kosten sind dafür veranschlagt? Wer trägt diese?

9)     Welche bilateralen Initiativen, die positive Entwicklungen in Libyen anstoßen, werden unterstützt? Welche Kosten sind dafür veranschlagt?

10)   Mit welchen Staaten gibt es bereits Rücknahmeabkommen? Welche Staaten sind problematisch? Welche Konsequenzen sind geplant, wenn Staaten bei der Rücknahme nicht kooperativ sind?

 

Zu 2 Gemeinsame Europäische Asylagentur

1)     Für Asyl- und Flüchtlingspolitik sind die Nationalstaaten zuständig. Warum gibt es Bestrebungen, das zu ändern? Gilt das Einstimmigkeitsprinzip? Welche Mehrheiten sind notwendig?

2)     Ist eine zentrale Einrichtung für Asyl- und Migration mit Verteilmechanismus mit den EU-Verträgen kompatibel?

3)     Wenn ja, was ist die konkrete Rechtsgrundlage dafür?

4)     Wenn nein, sind Vertragsänderungen notwendig bzw. werden wie beim ESM bilaterale Verträge geschlossen?

5)     Gibt es alternative Überlegungen wie etwa eine verstärkte intergouvernementale Zusammenarbeit unter dem Konsens der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Erhalt des Schengen-Raums?

6)     Welche konkreten Gespräche und/oder Planungen werden mit welchen beteiligten Vertretern geführt, um eine Gemeinsame Europäische Asylagentur in Malta zu errichten?

7)     Welche finanziellen Mittel sind für eine Europäische Agentur vorgesehen? Wer wird die Kosten tragen?

8)     NGOs und Thinktanks sind nicht demokratisch legitimiert, geben aber die Richtung in der Asyl- und Migrationspolitik maßgeblich mit vor. Welche Position nehmen Sie als zuständiger Minister gegenüber NGOs in dieser Frage ein?

9)     Können Sie bzw. Ihr Ressort beantworten, auf welchen Rechtsgrundlagen NGOs in der Frage der Asyl- und Migrationspolitik arbeiten?

 

Zu 3 Umsiedelungsprogramme zur Lösung demografischer Probleme

1)     Bereits 2001 schlug die UNO Umsiedelungen in größerem Umfang vor. Hat Österreich dem zugestimmt?

2)     2005 wurde das Europäische Migrationsprogramm (European Programme for Integration and Migration, EPIM) von 12 Partnerstiftungen gegründet. Unter diesen Partnerstiftungen befinden sich auch die so genannten Open Society Foundations des US-Milliardärs George Soros. Ist Ihnen bekannt, dass diese Lobbyinggruppen massiven Einfluss auf die Migrationspolitik der EU-Staaten nehmen?

3)     Bundekanzler Christian Kern teilte in einer Anfragebeantwortung[1] vom Oktober 2016 mit, dass er keine Kenntnisse von Aktivitäten der Open Society Foundations in Österreich hat. Sind Ihnen bzw. Ihrem Ressort Aktivitäten der Open Society Foundations innerhalb Österreichs bekannt? Wenn ja, welche sind das konkret?

4)     Der EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos äußerte, dass 70 Millionen Menschen in den nächsten 20 Jahren nach Europa kommen müssten[2], um eine behauptete demografische Lücke zu schließen. Liegen Ihnen bzw. Ihrem Ressort Daten vor, die diese behauptete demographische Lücke bestätigen?

a.      Wenn ja, halten Sie die o.a. Zahl an Migranten für einen gangbaren Weg, um diese Lücke zu schließen?

b.      Wenn nein, können sie sich erklären, auf welchen Grundlagen der Migrationskommissar seine Äußerungen tätigte?



[1] 9642/AB XXV. GP - Anfragebeantwortung

[2] http://www.salzburg.com/nachrichten/dossier/fluechtlinge/sn/artikel/eu-kommissar-brauchen-ueber-70-mio-migranten-in-20-jahren-175742/