12760/J XXV. GP

Eingelangt am 19.04.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Peter Pilz, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres

betreffend Tätigkeit des türkischen Geheimdienstes MIT in Österreich

BEGRÜNDUNG

 

73,2 Prozent der wahlberechtigten Minderheit, die am türkischen Verfassungsreferendum teilgenommen hat, haben sich in Österreich für die Umwandlung der Türkei in eine Präsidialdiktatur entschieden. Nach Belgien mit 75 Prozent ist Österreich damit der Staat, in dem das Erdoğan-Regime seine größten Erfolge feiert.

Die Niederlande mit 71 und Deutschland mit 63 Prozent Ja-Sagern folgen in dieser Liste.

Ganz anders ist das Bild in Staaten wie Schweden, Großbritannien oder Italien.

Unterschiedliche Bildungs- und Kulturniveaus der türkischen Einwanderer erklären die Kluft zwischen den EU-Ergebnissen nur zum Teil. Auffällig ist vor allem eines: Das Erdoğan-Regime hat dort gewonnen, wo es sich auf ein starkes, zentral aus Ankara gesteuertes Netzwerk verlassen konnte.

In seinem Zentrum stehen mit Diyanet de Belgique, DITIB und ATIB religiöse und mit UETD und MÜSIAD politische Vorfeldorganisationen der AKP.

Ihre Steuerung erfolgt über die türkischen Botschaften in der EU: über die Religionsattachés und die Residenten des MIT.

Als Statthalter für Erdoğan schaffen sie zunehmend Probleme für das friedliche Zusammenleben und damit für die innere Sicherheit in ihren Gastländern.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1. Der türkische Geheimdienst MIT führt an den türkischen Botschaften im Ausland MIT-Residenten. Ist auch an der türkischen Botschaft in Wien ein MIT-Resident tätig?

2. Was sind seine Aufgaben?

3. Handelt es sich beim MIT-Residenten in Wien um den 1. Botschaftssekretär Oğuzhan Ersoy?

4. Ist es richtig, dass Ersoy am 27.8.2015 als MIT-Resident bestellt wurde?

5. Hat der MIT-Resident vom BVT Zusammenarbeit in Bezug auf Einrichtungen von Schulen und Kulturvereinen verlangt?

6. Wenn ja, um welche Schulen und Kulturvereine handelt es sich?

7. Ging es dabei um die beiden Gülen-Schulen in Wien (Phönix-Realgymnasium und Phönix-Sprachschule), um den Akasya Bildungs- und Kulturverein in Salzburg und um die Zeitung „Zaman“?

8. Hat der MIT-Resident Informationen über Lehrer und Schulerhalter verlangt?

9. Was ist Ihnen über die Leitung von UETD und MÜSIAD durch den MIT bekannt?

10. Der MIT-Resident organisiert die Bespitzelung von Erdoğan-Gegnern in Österreich. Was ist Ihnen darüber bekannt?

11. Der MIT wirbt – zum Teil auch durch Zwang – Mitarbeiter in Österreich an. Wie viele derartige Fälle sind Ihnen bekannt?

12. Welche Rolle spielt der MIT-Resident bei der Anwerbung von Spitzeln in Österreich?

13. Wie viele informelle Mitarbeiter sind derzeit für den MIT in Österreich tätig?

14. Wie viele von ihnen arbeiten bei Unternehmen, die unter dem Einfluss des türkischen Staates stehen?

15. Ist es richtig, dass die informellen Mitarbeiter des MIT in Österreich vom Residenten angeleitet werden?

16. Bei der Einreise in die Türkei werden immer öfter österreichische Staatsbürger, die Erdoğan kritisch gegenüberstehen, verhaftet. Wie viele derartige Fälle sind Ihnen seit 2015 bekannt geworden?

17. In wie vielen dieser Fälle stammten die Informationen direkt aus dem österreichischen Umfeld der Verhafteten?

18. Die StA Wien ermittelt derzeit unter dem Aktenzeichen 708 St 12/17m gegen den ehemaligen türkischen Religionsattaché Karadas u.a. wegen des Verdachts der nachrichtendienstlichen Tätigkeit zum Nachteil der Republik Österreich (§ 265 StGB). Das BVT ermittelt in diesem Verfahren für die StA. Der Religionsattaché bildet gemeinsam mit dem MIT-Residenten die Führung des religiös-politischen Erdoğan-Spitzelnetzes in Österreich. Warum wurde bisher kein Verfahren gegen den MIT-Residenten eingeleitet?