12937/J XXV. GP

Eingelangt am 28.04.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Alev Korun, Gabi Moser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres

betreffend Schubhaftzentrum Vordernberg -  schwarzes Loch ohne Verantwortliche?

BEGRÜNDUNG

 

Der jüngst veröffentlichte Rechnungshofbericht Bund 2016/22 aus 2016 zeigt zahlreiche Versäumnisse und Lücken rund um die Planung und Errichtung des Schubhaftzentrums Vordernberg auf.

Das Bundesministerium für Inneres (BMI) zeichnet hier für sehr hohe finanzielle Verluste und im Vorfeld eine äußerst fehlerhafte – bzw. nicht vorhandene –  Projektplanung verantwortlich. Laut Rechnungshof wurde bei der damaligen Projektplanung des BMI weder auf die bereits damals bemerkbare Verringerung der Schubhaftfälle Rücksicht genommen, noch auf den logistisch sehr ungünstig gelegenen, ausgewählten Standort. Risikoeinschätzungen genauso wie Kostenlimits lagen in der Projektplanung überhaupt keine vor und wurden auch keine veranlasst. Zuletzt gibt es zu dem 24 Millionen teuren Schubhaftzentrum-Projekt nicht einmal eine Projektdokumentation im Innenministerium. Kurzum: Die damalige Planung und Vergabe des Projekts „Schubhaftzentrum Vordernberg“ umgibt ein rätselhaftes schwarzes Loch: Keine Daten, keine Projektvorgaben, keine Verantwortlichkeiten.

Das Schubhaftzentrum hat seit Frühjahr 2015 eine „gegen null“ tendierende Auslastung und kostet den Steuerzahler jedes Monat an die 944.684 Euro. Die Errichtung des Schubhaftzentrums allein hat 24 Millionen Euro gekostet.

Auch die Ausschreibung des Betriebs des Schubhaftzentrums wirft Fragen hinsichtlich der offensichtlich auf einen einzigen Bieter, der im Naheverhältnis zur ÖVP steht, zugeschnittenen Vergabekriterien auf und fällt durch nicht vorhandene Dokumentation auf. Der Rechnungshofbericht dazu: „Das BMI konnte keine ausreichenden Auskünfte über das Vergabeverfahren und die Festlegung der dem Vergabeverfahren zugrunde gelegten Eignungs- Ausschluss- und Bewertungskriterien geben, obwohl es für das Anhaltezentrum Vordernberg verantwortlich und in der Vergabekommission vertreten war.“ (S.109) Auch der Vertrag des BMI mit der Gemeinde Vordernberg ist in einigen Passagen äußerst unvorteilhaft für das BMI – und damit den/die SteuerzahlerIn – formuliert.

Die Zeche dieser extrem fahrlässigen und intransparenten Vorgehensweise zahlt der Steuerzahler. Und das auf Jahre hin, ohne dass das 24 Millionen Gebäude anderweitig nutzbar wäre, da das Innenministerium freiwillig und ohne Not Verträge unterschrieben hat, welche sie auf Jahrzehnte hin binden. Es fragt sich, wer für diese Vorgehensweise im Innenministerium konkret die Verantwortung trägt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wie viele Personen waren im Schubhaftzentrum Vordernberg 2014- 2017 wie viele Tage untergebracht? Bitte um Aufschlüsselung auf Jahre bzw. im Jahr 2017 auf Monate.

 

2)    Existieren Richtlinien bzw. rechtliche Regelungen für das BMI, wie große Projekte abzuwickeln sind (professionelles Projektmanagement)? Falls ja bitte um Beifügung. Falls nein, planen Sie entsprechende Regelungen einzuführen?

 

3)    Welche Person innerhalb des Bundesministeriums gab den Auftrag für die Projektvorbereitungen zum Schubhaftzentrum Vordernberg?

 

4)    Von wann bis wann genau ging die Planungsphase dieses Projekts?

 

5)    Wie lautete damals der Projektauftrag genau? Bitte um Beifügung des genauen Wortlauts.

 

6)    Welche Analysen hinsichtlich Bedarf, Kosten, Risiken eines Schubhaftzentrums in Vordernberg lagen bis zum Projektabschluss vor?

 

7)    Welche Personen bildeten das Projektteam innerhalb des BMI dazu, wer hatte die Projektleitung über?

 

8)    Wer war für die Abnahmen der einzelnen Projektmeilensteine verantwortlich?

 

9)    Aus wie vielen Leuten bestand das Projektteam und welche Aufgaben übernahmen diese jeweils?

 

10) Gab es innerhalb dieser Planungsphase einzelne Abnahmen für die Meilensteine laut Projektauftrag? Falls ja, wie lauteten diese und wurden sie abgenommen?

11) Falls ja, von wem konkret wurden diese Zwischenziele abgenommen?

 

12) Falls ja, weshalb hat das BMI die Belege für Abnahmen der Meilensteine dem Rechnungshof nicht vorgelegt?

 

13) Wie konnten die Meilensteine bzw. das Projekt vom Verantwortlichen innerhalb des BMI ohne die erforderliche Projektdokumentation abgenommen werden?

 

14) Gab es in der Projektphase eine Lebenszyklus- und Wirtschaftlichkeitsberechnung zum Schubhaftzentrum Vordernberg? Falls ja, bitte um Beifügung. Falls nein, weshalb nicht?

 

15) Falls nein, ist es im BMI üblich große Projekte ohne jedwede Zielvorgaben und Zwischenabnahmen abzuwickeln?

 

16) Lagen in der Projektphase konkrete Zahlen zur Entwicklung der Schubhaftzahlen vor bzw. fanden diese Berücksichtigung in der Projektplanung? Falls ja, wie?

 

17) Falls nein, weshalb nicht, wo es doch laut Innenministerin bei dem Bau des Schubhaftzentrums Vordernberg angeblich um die Entlastung anderer Schubhaftzentren ging?

 

18) Gab es zum Zeitpunkt der Vergabe Zielvorgaben des BMI bezüglich der zulässigen Höchstkosten, der Rentabilität und der angestrebten Belegungsdichte des Schubhaftzentrums? Falls ja, welche genau? Falls nein, weshalb nicht?

 

19) Welche(r) Verantwortliche gab das Projekt Schubhaftzentrum Vordernberg letztendlich frei?

 

20) Woraus setzt sich das pauschale Entgelt in der Höhe von 461.000 Euro / Monat an die Gemeinde Vordernberg bzw. die G4S GmbH zusammen? Die Höhe ist laut RH „aufgrund mangelnder Dokumentationen des BMI und fehlender Berechnungsgrundlagen nicht nachvollziehbar“.

 

21) Wieso ist keine Anpassung der monatlichen Zahlung, zB bei schwankender Belegung des Schubhaftzentrums, vertraglich vorgesehen?

 

22) Ist eine solche Pauschalzahlung auch in anderen Projekten zur AsylwerberInnenunterbringung üblich? Falls ja bitte um Auflistung der entsprechenden Projekte.

 

23) Wieso weist das BMI selbst dem Schubhaftzentrum Vordernberg seit 2015 nur wenige Schubhäftlinge zu, obwohl die Auslastung dort gering und die Bezahlung pauschal geregelt ist?

 

24) Wer innerhalb des BMI zeichnet für die „starre und unflexible Vertragsgestaltung“ (Zitat Rechnungshofbericht) beim Vertrag zwischen BMI und Gemeinde Vordernberg innerhalb des BMI konkret verantwortlich?

 

25) Arbeiten in der Rechtsabteilung des BMI VertragsrechtsspezialistInnen? Falls ja: Haben diese die Verträge zu Vordernberg freigegeben?