13011/J XXV. GP

Eingelangt am 02.05.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

betreffend "Internetoffensive Österreich"

BEGRÜNDUNG

 

„Österreich soll zum Vorreiter bei 5G werden“ - laut Plan A des Bundeskanzlers. Dazu will die Bundesregierung bis Ende 2017 „gemeinsam mit Unternehmen“ einen Plan zum 5G-Ausbau, dem neuen Mobilfunkstandard, erarbeiten. Im Arbeitsprogramm der Bundesregierung 2017/18 findet sich die Vorreiterrolle Österreichs[1] ausführlich dargelegt und die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zu 5G mit Strategie- und Umsetzungsauftrag angeführt. Nun hat man es noch eiliger – laut Anfragebeantwortung arbeitet das BMVIT gemeinsam mit dem BKA, dem BMWFW und dem BMF an einer 5G Strategie, die bis Mitte des Jahres fertiggestellt wird.[2]

Der Verein Internetoffensive Österreich (IOÖ) stellte kürzlich genau einen derartigen Plan vor: „Österreichs Weg an die 5G-Spitze“ als enger Schulterschluss zwischen Politik und Mobilfunkindustrie. “Gemäß den Vorgaben der Bundesregierung, Österreich zum 5G-Pilotland zu machen, hat die österreichische IKT-Wirtschaft einen Plan entwickelt, wie dieses Ziel möglichst rasch und effizient umsetzbar ist. Im Rahmen der Pressekonferenz stellt das Präsidium der Internetoffensive erstmals die Studie „Österreich als 5G Vorreiter – Der Weg an die Spitze“ vor und diskutiert über notwendige Weichenstellungen und Rahmenbedingungen für eine Spitzenposition Österreichs in Europa.”[3]

Dieser Verein wurde mit dem Zweck, den Interessen der Mobilfunker in der Politik Gehör zu verschaffen, 2013 gegründet. In der Vorstandsebene des Vereins finden sich die Chefs von Drei, T-Mobile und A1 wieder. Die Arbeitsgruppe „Infrastruktur“, die laut der Website der Internetoffensive „in Kooperation mit dem Verkehrsministerium“ tagt, wird von A1 geleitet. Der Verein "Internetoffensive Österreich" brüstete sich damit, dass die Bundesregierung im Rahmen des New Deal "wesentliche wirtschaftsrelevante Punkte" aus dem Programm der Internetoffensive übernommen habe.

In den Vereinsstatuten ist zudem von „regelmäßigen Abstimmgesprächen mit Ministern und leitenden Beamten“ zu lesen. Doch der Verein ist nicht im österreichischen Lobbyregister zu finden, das sich wiederum als völlig unzulänglich erweist. Die Internetoffensive Österreich hat ihren Sitz im selben Büro wie die Kommunikationsagentur Public Interest. Offenbar wirkt es besser, wenn ein Verein in Aktion tritt, und nicht eine PR-Agentur. Der Verein dient dabei als Ve­hi­kel fürs Lobbying. Ein detaillierter Bericht zum Thema in der Kurier-Futurezone spricht gut fundiert vom „verschleierten Lobbying der Mobilfunker“[4].

Die Internetoffensive Österreich lud zum IKT-Konvent:“Der 5. IKT Konvent, zu welchem Bundeskanzler Mag. Christian Kern und Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner erwartet werden, steht unter dem Generalthema "Digitalisierung: Vision versus Realität". Am 25. Jänner 2017 diskutieren auf Einladung der Internetoffensive Österreich wieder Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Politik umfassend über die aktuelle Situation der Digitalisierung in Österreich. Neben den Keynotes von Bundeskanzler und Vizekanzler werden die neuesten Projekte für den 4. Maßnahmenkatalog der Bundesregierung - ein Kooperationsprojekt der INTERNETOFFENSIVE ÖSTERREICH und des "Kompetenzzentrums Internetgesellschaft" vorgestellt sowie ein Rückblick auf die digitalen Leuchtturmprojekte des vergangenen Jahres gegeben. Staatssekretärin Mag. Muna Duzdar berichtet am 5. IKT Konvent zudem über die Digital Roadmap.”[5] 

Interessanterweise nahm am „IKT-Konvent“ neben den CEOs von A1, Drei und T-Mobile auch Verkehrsminister Jörg Leichtfried an der Podiumsdiskussion zum Thema 5G teil. So verstärkte sich der Eindruck, dass die Regierung bei der Erstellung der „Digital Roadmap“ ausschließlich auf die Wünsche der Industrie-Lobby Rücksicht genommen hätte, aber nicht auf Interessen und Beiträge der Zivilgesellschaft. Es sollte aber ein faires Spielfeld geben, alle Akteure sollten einen vergleichbaren Zugang zu Entscheidungsträgern haben, damit nicht nur einseitig die Interessen vertreten werden, sondern damit es eine pluralistische Debatte geben kann.

In der aktuellen Anfrageantwort teilt das BMvit mit, dass „das BMvit am IKT Konvent vertreten war, die Kosten für das Standardpaket betrugen 10.000 EUR exkl. MWSt“. (…) Nach Angabe des BMvit ist „im Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die Jahre 2013 bis 2018 folgendes angeführt: ‚Nutzung des großen Wachstumspotentials des digitalen Sektors durch Weiterentwicklung der vom Kompetenzzentrum Internetgesellschaft (KIG) gemeinsam mit der Internetoffensive Österreich (IOÖ) erarbeiteten Eckpunkte für eine zukunftsweisende IKT-Strategie und Umsetzung der darin enthaltenen Maßnahmen und Projekte‘. Die IOÖ ist im Kompetenzzentrum Internetgesellschaft (KIG), bestehend aus VertreterInnen aus vier Ressorts (BKA, BMWFW, BMF und BMvit) als nicht stimmberechtigtes Mitglied vertreten. Im Rahmen der Sitzungen des KIG Vorstandes ist es zu vierteljährlichen Treffen gekommen, darüber hinaus gab es vereinzelt Gesprächsrunden mit VertreterInnen der Kommunikations-Branche an denen auch VertreterInnen der IOÖ teilnahmen.[6]  Schaut man auf die Homepage des Kompetenzzentrum Internetgesellschaft (KIG) – wird dieses als „zentrale, unbürokratische und umsetzungsorientierte Einrichtung“ gestaltet.

Das Kompetenzzentrum Internetgesellschaft (KIG) „koordiniert fokussiert neue und notwendige Aktivitäten und Maßnahmen, insbesondere auf Basis von Ergebnissen der "Österreichischen Internetoffensive", und nimmt eine entsprechende Prioritätensetzung vor. Das Kompetenzzentrum Internetgesellschaft baut auf bestehenden Strukturen und Aktivitäten der Verwaltung, der Wirtschaft und der Wissenschaft auf und bedient sich bei der Aufgabenerfüllung vorhandener Strukturen. Für notwendige Datenerhebungen oder Basisausarbeitungen kann auf Erfahrungen der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) und anderer Stakeholder zurückgegriffen werden.“ „Das KIG setzt sich aus dem Vorstand und der Generalversammlung zusammen. Diese beiden Bestandteile arbeiten eng zusammen und ergänzen sich in ihren Tätigkeiten. Der Vorstand ist durch die Geschäftsordnung des KIG in die operativen Aufgaben eingebunden und die Generalversammlung liefert Anregungen von außen.“[7]  

„Der Vorstand des KIG setzt sich aus folgenden Mitgliedern zusammen: Stimmberechtigte Mitglieder – VertreterInnen aus dem BKA, BMWFW, BMvit und BMF und nicht stimmberechtigte Mitglieder – VertreterInnen von der RTR und der Internetoffensive Österreich.“ [8] In der Generalversammlung sind alle Bundesministerien, die Sozialpartner sowie Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft – darunter die Internetoffensive Österreich (vertreten durch Hewlett-Packard GesmbH, Microsoft Österreich GmbH, IBM Österreich, Raiffeisen Informatik Consulting, A1 Telekom Austria, T-Mobile Austria GmbH) und der Vorstand vertreten.[9]

Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von Transparency International, meint zu Lobbying: „Der Grundgedanke von Lobbying und Interessenvertretung ist die Mitbestimmung, Mitsprache und Beteiligung der Menschen und Organisationen, die von gesellschaftlichen oder anderen Entscheidungen oder Entwicklungen betroffen sind. Doch diese Mitsprache muss hinreichend offen und transparent erfolgen“.

Es ist aber hochproblematisch, wenn die Industrie versucht, für sie wichtige Gesetze zu beeinflussen, aber die Öffentlichkeit, Zivilgesellschaft und Wissenschaftler davon nichts wissen. So fehlt das ausgleichende Gegengewicht, was dazu führt, dass Gesetze in die Richtung der Lobbyisten tendieren und ein besonders freundliches Umfeld für die Unternehmen mit den meisten Ressourcen für Lobbying geschaffen wird. Werden hier von der Politik nur einseitig die Industrieinteressen der Mobilfunker gehört, kommt es zu einem Ungleichgewicht gegenüber kleinen Netzbetreibern und absehbar zu einer alles andere als alternativlosen massiven Verdichtung der Sendemasten, mit bedenklichen Konsequenzen in Sachen Gesundheit und mit Nachteilen für AnrainerInnen, ohne dass diese vorab einbezogen würden.  Diensteanbieter, wie die Telekom Austria, gehen davon aus, dass „5G grundsätzlich mehr Basisstationen [braucht], Schätzungen gehen davon aus, dass es vier Mal so viele sein werden wie jetzt für 4G (LTE).“[10]

Gerade im Telekom-Bereich geht es um hohe Fördermittel beim Breitbandausbau und der Netzinfrastruktur. Hier wäre umso mehr ein hohes Maß an Transparenz notwendig, damit die Mittel fair und effizient vergeben werden. Die „Internetoffensive Österreich“ fordert, dass Fördergelder der Breitbandmilliarde für den 5G-Ausbau statt für den Breitbandausbau verwendet werden sollen. Viele Experten sehen hingegen die Notwendigkeit leistungsfähiger Leitungen als prioritär an und verweisen darauf, dass auch der bisherige Mobilfunkausbau ohne Steuergeld für die Unternehmen höchst rentabel erfolgt ist.

Bei derartigen Geflechten aus Politik und Wirtschaft bleibt also nicht nur die Transparenz auf der Strecke, sondern es besteht zudem die Gefahr, dass die Mobilfunkbetreiber mit ihren Industrieinteressen dominieren und Steuergeld unzweckmäßig verwendet wird.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Auf welche Weise werden Sie für mehr Transparenz zwischen Politik und Telekomunternehmen sorgen?

 

2)    Wie hoch war Ihr Förderbeitrag für den „IKT-Konvent“?

 

3)    Warum wurden keine zivilgesellschaftlichen Organisationen zum „IKT-Konvent“ eingeladen?

 

4)    Wer nahm von Seiten Ihres Ministeriums am IKT-Event der „Internetoffensive Österreich“ teil?

 

5)    Welche Kosten entstanden der öffentlichen Hand aufgrund der Teilnahme von VertreterInnen des Ministeriums?

 

6)    Wie oft trafen sich VertreterInnen des Ministeriums mit Mitgliedern der Internetoffensive im Jahr 2016?

 

7)    Auf welche Weise kooperieren Sie mit dem Verein IOÖ?

 

8)    Welche Zahlungsflüsse gab es heuer und im Jahr 2016 zwischen dem Ministerium und der Internetoffensive Österreich?

 

9)    Welche Aufträge gab es von dem Ministerium an die Kommunikationsagentur Public Interest in den letzten fünf Jahren?

 

10) Können Sie ausschließen, dass MitarbeiterInnen der Kommunikationsagentur Public Interest im Rahmen der Betreuungsvereinbarung mit der Internetoffensive Österreich bei der Erstellung der „Digital Roadmap“ mitgewirkt haben?

 

11) Wer hat bei der Erstellung der Digital Roadmap – neben MitarbeiterInnen der Ministerien – mitgearbeitet?

 

12) Können Sie ausschließen, dass die Digital Roadmap im Wesentlichen auf den Vorarbeiten der Internetoffensive Österreich beruht?

 

13) Mit welchen VertreterInnen der Zivilgesellschaft haben Sie im Vorfeld der Erstellung der Digital Roadmap Kontakt gehabt?

 

14) Wer wird über Konsultationsprozesse von dem Kompetenzzentrum Internet (KIG) informiert?

 

15) Welche Ergebnisse des KIGs wurden dem Ministerrat bisher vorgelegt?

 

16) Wo werden die Protokolle der Sitzung des Vorstands des KIGs veröffentlicht?

 

17) Falls sie nicht veröffentlicht werden, warum nicht?

 

18) Inwieweit werden die Ergebnisse der Studie „Österreich als 5G Vorreiter – Der Weg an die Spitze” in Strategie- und Maßnahmenplanung Ihres Ministeriums mit einfließen?

 

19) In welchem Verhältnis sollen der Breitbandausbau und die 5G-Offensive zueinander stehen?

 

20) In welcher Höhe wurden Gelder für den Breitbandausbau im aktuellen Finanzrahmen reserviert, in welcher Höhe bereits ausgegeben?

 

21) In welcher Höhe wurden Gelder für den 5G-Ausbau im aktuellen Finanzrahmen reserviert, in welcher Höhe bereits ausgegeben?

 

22) In welcher Höhe soll die 5G-Offensive öffentlich in den nächsten fünf Jahren gefördert werden?

 

23) In welcher Höhe soll das Glasfasernetz öffentlich in den nächsten fünf Jahren gefördert werden?

 

24) Welche Regionen in Österreich sind derzeit mit Glasfaser versorgt?

 

25) Welchen Anteil haben diese Regionen an der Gesamtfläche Österreichs?

 

26) Welche weiteren Regionen in Österreich sollen bis wann mit Glasfaser versorgt sein?

 

27) Welchen prozentuellen Abdeckungsgrad verfolgen Sie beim Glasfaserausbau in Österreich bis wann?

 

28) Wie hoch muss der Glasfaserausbaugrad in Österreich mindestens sein, um die 5G-Vorteile überhaupt sinnvoll nutzen zu können?

 

29) Ist eine finanzielle Beteiligung der Mobilfunkunternehmer beim Glasfaserausbau von Ihrer Seite angedacht?

 

30) Welche regionalpolitischen Zielsetzungen verfolgen Sie beim Glasfaserausbau in Österreich bis wann?

 

31) Ist eine öffentliche Förderung von 5G überhaupt nötig? Wenn ja warum?

 

32) Aufgrund welcher Überlegungen gehen Sie davon aus, dass eine 5G-Offensive für die österreichischen BürgerInnen besser ist, als ein flächendeckender Glasfaserausbau?

 

33) Wie stehen Sie zur Netzneutralität?

 

34) Welche Maßnahmen und Initiativen setzen Sie auf EU-Ebene, um die Netzneutralität sicherzustellen?

 

35) Inwieweit gibt es Auffassungsunterschiede bei der Interpretation von Netzneutralität zwischen dem Ministerium und der Internetoffensive Österreich?

 

36) Wie haben Sie Ihre IKT-Strategie aufgrund des Eigentümerwechsels bei der Telekom Austria angepasst?

 

37) Können Sie bereits die volkswirtschaftlichen Kosten der Auswirkungen des Eigentümerwechsels bei der Telekom Austria auf den Glasfaserausbau beziffern?

 



[1] Siehe S. 18

[2] Siehe Beantwortung der Anfrage zur „Internetoffensive“ an BM Leichtfried, Frage 18, https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_11329/index.shtml, Anfragebeantwortung durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Jörg Leichtfried zu der schriftlichen Anfrage (11819/J) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Internetoffensive Österreich"(11329/AB)

[3] http://www.internetoffensive.at/news/oesterreichs-weg-an-die-5g-spitze-offizielle-pressekonferenz-zum-ikt-konvent-2017/

[4] https://futurezone.at/netzpolitik/das-verschleierte-lobbying-der-mobilfunker/242.793.980

[5] http://www.internetoffensive.at/ikt-konvent-2017

[6] Siehe Beantwortung der Anfrage zur „Internetoffensive“ an BM Leichtfried, Frage 18, https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_11329/index.shtml

[7] https://www.kig.gv.at/ueber-das-kig/organisation/organisation-kig.html

[8] https://www.kig.gv.at/ueber-das-kig/organisation/vorstand.html

[9] https://www.kig.gv.at/ueber-das-kig/organisation/generalversammlung.html

[10] APA215 2017-01-31/12:04, Nächste Mobilfunkgeneration - Vor Einführung noch viele Fragen offen