13208/J XXV. GP

Eingelangt am 18.05.2017
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Alev Korun, Gabi Moser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres

betreffend Schubhaftzentrum Vordernberg – dubiose Vergabe

BEGRÜNDUNG

 

Der jüngst veröffentlichte Rechnungshofbericht Bund 2016/22 aus 2016 zeigt zahlreiche Versäumnisse und Lücken rund um die Planung und Errichtung des Schubhaftzentrums Vordernberg auf.

Das Bundesministerium für Inneres (BMI) zeichnet hier für sehr hohe finanzielle Verluste und im Vorfeld eine äußerst fehlerhafte – bzw. nichtvorhandene-  Projektplanung verantwortlich. Laut Rechnungshof wurde bei der damaligen Projektplanung des BMI weder auf die bereits damals bemerkbare Verringerung der Schubhaftfälle Rücksicht genommen, noch auf den logistisch sehr ungünstig gelegenen, ausgewählten Standort. Risikoeinschätzungen genauso wie Kostenlimits lagen in der Projektplanung überhaupt keine vor und wurden auch keine veranlasst. Zuletzt gibt es zu dem 24 Millionen teuren Schubhaftzentrum-Projekt nicht einmal eine Projektdokumentation im Innenministerium. Kurzum: Die damalige Planung und Vergabe des Projekts „Schubhaftzentrum Vordernberg“ umgibt ein rätselhaftes schwarzes Loch: Keine Daten, keine Projektvorgaben, keine Verantwortlichkeiten.

Das Schubhaftzentrum hat seit Frühjahr 2015 eine „gegen null“ tendierende Auslastung und kostet den Steuerzahler jedes Monat an die 944.684 Euro. Die Errichtung des Schubhaftzentrums allein hat 24 Millionen Euro gekostet.

Auch die Ausschreibung des Betriebs des Schubhaftzentrums wirft Fragen hinsichtlich der offensichtlich auf einen einzigen Bieter, der im Naheverhältnis zur ÖVP steht, zugeschnittenen Vergabekriterien auf und fällt durch nichtvorhandene Dokumentation auf. Der Rechnungshofsbericht dazu: „Das BMI konnte keine ausreichenden Auskünfte über das Vergabeverfahren und die Festlegung der dem Vergabeverfahren zugrunde gelegten Eignungs- Ausschluss- und Bewertungskriterien geben, obwohl es für das Anhaltezentrum Vordernberg verantwortlich und in der Vergabekommission vertreten war.“ (S.109) Auch der Vertrag des BMI mit der Gemeinde Vordernberg ist in einigen Passagen äußerst unvorteilhaft für das BMI – und damit den/die SteuerzahlerIn – formuliert.

Die Zeche dieser extrem fahrlässigen und intransparenten Vorgehensweise zahlt der Steuerzahler. Und das auf Jahre hin, ohne dass das 24 Millionen Gebäude anderweitig nutzbar wäre, da das Innenministerium freiwillig und ohne Not Verträge unterschrieben hat, welche sie auf Jahrzehnte hin binden. Es fragt sich, wer für diese Vorgehensweise im Innenministerium konkret die Verantwortung trägt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Welche Abteilung des Innenministeriums und welche konkreten BeamtInnen darin waren verantwortlich für die Abwicklung und die Mitarbeit des Innenministeriums am Vergabeverfahren des Schubhaftzentrums Vordernberg?

 

2)    Hat das Innenministerium an der Formulierung der Vergabekriterien mitgearbeitet? Falls ja, welche Kriterien wurden vom BMI im Speziellen für das Vergabeverfahren durchgesetzt?

 

3)    Falls nein, weshalb saßen laut Rechnungshof zwei MitarbeiterInnen des BMI in der Vergabekommission? Waren diese stimmberechtigt?

 

4)    Weshalb wurde die Rechtsanwaltskanzlei Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH mit der Ausschreibung der Schubhaftzentrum-Vergabe
beauftragt?

 

5)    Wieviel Geld wurde an die Rechtsanwaltskanzlei Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH für die Abwicklung der Schubhaftzentrum - Vergabe gezahlt?

 

6)    Hat die Rechtsanwaltskanzlei Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH a) das BMI oder b) die Gemeinde Vordernberg auch bei der Erstellung des Vertrages zwischen BMI und der Gemeinde beraten?

 

7)    Wer zeichnet innerhalb des BMI für die Erstellung des Vertrags „Schubhaftzentrum Vordernberg – Vertrag über die Vergabe von Dienstleistungen“ zwischen dem BMI und der Gemeinde Vordernberg verantwortlich?

 

8)    Beauftragt das BMI bei größeren Vergabeprojekten immer Rechtsanwaltskanzleien? Wenn ja welche genau innerhalb des Zeitraums 2010-2017?

 

9)    Wie viel kosteten diese Beauftragungen von Rechtsanwaltskanzleien für Vergabeprojekte jeweils innerhalb des Zeitraums 2010 - 2017? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr, Kanzlei und Kosten.

 

10) Aus welchem Budgetposten werden diese Kosten bedeckt? Bitte um genaue Aufschlüsselung.

 

11) Gibt es Pläne, das Schubhaftzentrum Vordernberg einer anderen Verwendung zuzuführen, wie zB Verwaltungshäftlinge oder Jugendliche in Strafhaft dort unterzubringen?

 

12) Falls nein: Was plant das Innenministerium mit dem Schubhaftzentrum Vordernberg zukünftig zu tun?

 

13) Sollte aufgrund des Vertrags keine Andersnutzung des Schubhaftzentrums Vordernberg möglich sein: Weshalb hat das BMI eine solche Möglichkeit nicht in den Vertrag aufgenommen, zumal ihm zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die sinkenden Schubhaftzahlen bereits bekannt gewesen sein müssen?

 

14) Woraus ergab sich der vertragliche Kündigungsverzicht des BMI gegenüber der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), zumal bereits die relativ hohe Miete des BMI (2,6 Mio € pro Jahr) der BIG einen Großteil ihres Investitionsrisiko abgilt?

 

15) Was war die sachliche / rechtliche Überlegung dahinter, dass letztendlich ein 15 jähriger Kündigungsverzicht UND eine Pauschalzahlung, unabhängig von der Belegung, mit der Gemeinde Vordernberg und somit auch mit G4S vereinbart wurde?

 

16) Hat das BMI solchen Vertragsbedingungen bereits früher zugestimmt? Falls ja bitte um Angabe ähnlicher Verträge des BMI.

 

17) Mit wie vielen anderen Firmen unterhält das BMI ein „Public Private Partnership“ (PPP)?

 

18) Mit wie vielen dieser PPPs hat das BMI einen Kündigungsverzicht von mehr als 10 Jahren plus monatlichen Pauschalzahlungen vereinbart?

 

19) Wie hoch wären die Kosten des BMI 2014 - 2016 für den Betrieb des Schubhaftzentrums Vordernberg gewesen, wenn der Betrieb nicht durch G4S GmbH sondern durch PolizeibeamtInnen des LPD und BMI übernommen worden wäre?

20) Was wäre das Einsparungspotential pro Jahr, wenn man auf Leerstände im Schubhaftzentrum mit Abzug der PolizeibeamtInnen reagieren könnte (derzeit laut Vertrag nicht möglich)?

 

21) Kam es zwischenzeitlich in den Jahren 2014 - 2016 zu anderen Nutzungen des Schubhaftzentrums, um für bessere Auslastung zu sorgen? Falls ja, auch zu welchen? Falls nein, weshalb nicht?

 

22) Haben Sie von der Gemeinde Vordernberg, deren Bürgermeister beim damaligen Vertragsabschluss von einer verstärkten Wertschöpfung in der Region sprach, Daten über die erfolgte Wertschöpfung in der Region seit 2014 erhalten und wie lauten diese?

 

23) Was werden Sie unternehmen um in Zukunft für professionelle Projektplanung, die eine Risikoanalyse, Kostenschätzungen, Höchstkostenvorgaben und Meilensteine samt Abnahmen umfasst, im BMI zu sorgen?