13321/J XXV. GP

Eingelangt am 07.06.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Peter Haubner,

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz - LSD-BG

Um einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen zu ermöglichen, wurde das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG - BGBI I. Nr. 44/2016) beschlossen. Es trat am 1.1.2017 in Kraft.

Nicht nur österreichische Arbeitgeber, sondern auch ausländische Arbeitgeber, deren Firmensitz nicht in Österreich ist und die Arbeitnehmer nach Österreich entsenden oder überlassen, unterliegen dem LSD-BG.

Bei grenzüberschreitenden Entsendungen oder Arbeitskräfteüberlassungen ist mit dem Vollzug der Verwaltungsstrafen jene Bezirksverwaltungsbehörde berufen, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen wurde.

Verstöße können beispielsweise im Zusammenhang mit den Melde- und Bereithaltungspflichten bei Entsendung oder Überlassung, Vereitelungshandlungen im Zusammenhang mit der Lohnkontrolle, der Nichtbereithaltung von Lohnunterlagen, der Unterentlohnung oder der Unterlassung einer Änderungsmeldung zur Person des verantwortlichen Beauftragten stehen.

Die Strafhöhe bewegt sich bei diesen Tathandlungen, je nach Verstoß und ob erstmaliges Vergehen oder Wiederholungsfall, zwischen EUR 41 und EUR 50.000.

In den letzten Jahren sind sowohl die Entsendungen von Arbeitskräften aus dem Ausland nach Österreich, als auch die mit diesen Arbeitskräften in Zusammenhang stehenden Verwaltungsstrafen enorm angestiegen. Diese Entwicklungen wurden seitens der Finanzpolizei (BMF) aufbereitet und in den folgenden Grafiken dargestellt.

Anstieg der Entsendungen aus dem Ausland nach Österreich

 

Aus Grafik 1 geht deutlich hervor, dass im Zeitrahmen von  2011  bis  2016  die  Anzahl  der  nach Österreich entsandten Arbeitnehmer rapide  angestiegen  ist.  Während  im  Jahr  2011  rund   25.000   Arbeitnehmer  entsendet  wurden,  waren  es  2016  bereits  rund 170.000.  Dies ist ein Anstieg von rund 580%.

Zudem ist mit der Anzahl der entsandten Arbeitnehmer auch die Anzahl der beantragten  Strafen gegen ausländische Unternehmen,  die  Arbeitskräfte  nach  Österreich  entsenden  oder überlassen, überproportional gestiegen.

Anstieg der beantragten Strafen gegen ausländische Unternehmen


 

Wie aus Grafik 2 zu entnehmen ist, sind die beantragten Strafen hinsichtlich der aus dem Ausland nach Österreich entsandten Arbeitnehmer im Zeitraum von 2011 bis 2016      enorm angestiegen. In Zahlen gesprochen kletterte die Summe der Verwaltungsstrafen     von EUR 397.000 im Jahr 2011 auf über EUR 46 Mio im Jahr 2016. Dieser exorbitante Anstieg im Ausmaß von über 10 000% der beantragten Strafsummen wirft einige Fragen  auf.

Diese Daten lassen allerdings offen, wie viele rechtskräftige Entscheidungen tatsächlich gegen ausländische Unternehmen vollstreckt werden. Diesbezügliche Daten sind, soweit ersichtlich, nicht vorhanden bzw nicht öffentlich verfügbar.

Mit dem Ziel einer besseren Zusammenarbeit zwischen den Behörden der EU bzw. EWR- Staaten kommt seit 1.1.2017 nun auch bei Entsendungen von Arbeitnehmern, vorerst      auf Pilotbasis, das IT-gestützte „Binnenmarkinformationssystem bzw. Internal Market Informationsnetz (IMI)“ zur Anwendung, um schnell und unkompliziert mit ausländischen Behörden kommunizieren zu können. Fraglich ist, ob IMI tatsächlich  hält,  was  es  verspricht und Strafen gegen  ausländische  Unternehmer  nun  einfacher  vollstreckt  werden können.

Daher stellt sich die Frage, ob die gesetzlichen Regelungen des LSD-BK überhaupt ihren Zweck erfüllen bzw erfüllen können, nämlich die Schaffung eines fairen Wettbewerbs zwischen in- und ausländischen Unternehmen am Standort Österreich. Zur Klärung der aktuellen Lage stellen die unterzeichnenden Abgeordneten daher an den Bundesminister  für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz folgende

Anfrage:

1)     Aus welchem/n Grund/Gründen steigen die Entsendungen von Arbeitnehmern von ausländischen Unternehmen nach Österreich, wie in Grafik 1 ersichtlich, überhaupt so stark an?

2)     Sind die im LSD-BG zur Verfügung stehenden Regelungen überhaupt geeignet, einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten?

3)      Wie kann der exorbitante Anstieg der beantragten Strafen erklärt werden?

4)     Wie viele der beantragten Strafen werden auch tatsächlich verhängt und vollstreckt?

5)     Wie viele Strafen sind im Ausland vollstreckt worden?

Falls keine Zahlen vorliegen: Warum hat man diese Zahlen nicht erhoben?

6)     Welche konkreten Schritte unternimmt man, um die Vollstreckung im Ausland zu verbessern?

7)      Erfüllt das seit 1.1.2017 eingeführte IMI-System seinen Zweck in der praktischen Anwendung und gibt es Zahlen, wie viele Strafen durch dieses System mehr vollstreckt werden konnten, als vor der Einführung von IMI?

8)      Wenn die Strafen im Ausland nicht vollständig vollstreckt werden: Verstehen Sie, dass angesichts der offensichtlich nicht funktionierenden Vollstreckung im Ausland bei inländischen Firmen der Eindruck entsteht, die Regeln gelten nur am Papier für alle gleich, aber nicht in der Vollzugspraxis?

9)     Wie hoch ist die Summe (in EUR) der verhängten und vollstreckten Strafen?

10) Wem fließen die eingehobenen Verwaltungsstrafen zu (Aufgliederung nach den einzelnen einhebenden Stellen)?

11) Wozu  dürfen die eingehobenen Verwaltungsstrafen verwendet werden?

12) Wozu  werden die eingehobenen Verwaltungsstrafen in der Praxis tatsächlich verwendet?