13645/J XXV. GP

Eingelangt am 23.06.2017
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Christiane Brunner, Georg Willi; Wolfgang Pirklhuber, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend „Landreport“: parteipolitisch gestaltetes und parteinah produziertes Hochglanzmagazin des Bundesministeriums in Vorwahlkampfzeiten

 

Datiert mit April 2017 haben Sie einem offenbar großen Kreis die erste Ausgabe eines Hochglanz-Magazins namens „Landreport“ zugesandt, gerade noch rechtzeitig zum beginnenden Vorwahlkampf. „Der Landreport informiert Sie ab nun vierteljährlich über Themen, Initiativen und Personen, die unseren ländlichen Raum bewegen. (…) Und wir zeigen auf, wie das BMLFUW konkrete Projekte und Initiativen in ganz Österreich unterstützt, die unser Land weiterbringen.“

 

Mit einem Fußballer, einem Feuerwehrmann und einer die Männer bewundernden jungen Dirndlträgerin werden leider schon am Cover Klischees zum ländlichen Raum und Geschlechterstereotypen bemüht, zu deren Überwindung anno 2017 auch ein Landwirtschaftsminister der ÖVP aktiv beitragen sollte.

 

Am Innencover kommt „zufällig“ der (ÖVP-)Bürgermeister der Tiroler Heimatgemeinde des Bundesministers ins Bild. Auch viele andere ParteivertreterInnen wie der ÖVP-Landeshauptmann des Minister-Heimatbundeslandes, die ÖVP-Bundesbäuerin, frühere ÖVP-Minister oder mehrere ÖVP-Landeshauptleute kommen zumindest ins Bild, wenn nicht ausführlich zu Wort - ganz so als wäre „das Land“ Besitzstand der ÖVP und das Kommunikationsbudget des Bundesministeriums zur Werbung für diese Partei bestimmt.

Der Bundesminister selbst im Herrgottswinkel (eines Wiener Lokals?) ist gleich zweimal in Farbe in demselben Bild, bescheidene 20 (in Worten: zwanzig) Ministerfotos stehen in der ersten Ausgabe insgesamt zu Buche.

 

Ein wesentlicher Teil der dargelegten Initiativen ist maßgeblich EU-finanziert oder –kofinanziert. Dennoch unterblieb in der gesamten Publikation jeder Hinweis auf diese Rolle der EU. Selbst wo im ausnahmsweisen Einzelfall das Wort „europäisch“ in den Texten nicht vermieden wurde, fehlt jeder Hinweis auf die Finanziers-Rolle der EU. Insofern ist das Druckwerk auch eine vergebene Kommunikations-Chance in europapolitischer Perspektive.

Die EU-FörderungswerberInnen selbst sind hingegen mit detaillierten Informations- und Publizitätsbestimmungen im Hinblick auf die Offenlegung dieser (Ko)Finanziersrolle der EU konfrontiert, zB einem 15-seitigen einschlägigen „Merkblatt“ des BMLFUW – vgl. https://www.bmlfuw.gv.at/dam/jcr:b08655b1-48b7-4ea4-8fb7-18e174e352b5/Merkblatt_Publizität_LE_14-20_V4.pdf

 

Der „Report vom Land“ – so der Minister in seinem Editorial – stammt auch nicht „vom Land“, sondern vom Stubenring in der Wiener Innenstadt bzw aus einer Druckerei im Wiener Speckgürtel. Er wird am Stubenring von aus Steuergeld bezahltem Ministeriumspersonal chefredaktionell und herausgeberisch verantwortet. Die Projektleitung liegt laut Impressum bei einem in Wien verorteten Verlag, der im Eigentum des Bauernbunds, also einer ÖVP-Parteiorganisation, steht.

Für Beiträge des (mit seiner Agentur wiederum in Wien in Innenstadtnähe verorteten) Vertreters der ÖVP-Politakademie im ORF-Publikumsrat war u.a. ebenso Platz wie für den Leiter des erwähnten im Bauernbund-, also ÖVP-Besitz stehenden Verlags sowie für eine Redakteurin eines (Wiener) Boulevardblattes mit Aussicht auf medienkooperative Gegengeschäfte. Auch rein städtische Projekte werden als „Verbindung von Stadt und Land“ verfälscht präsentiert.

 

Schein und Realität passen somit „nicht ganz“ zusammen, dies andererseits passt aber wieder bestens ins Bild der Amtsführung des derzeitigen Amtsinhabers.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    In welcher Auflage wurde die Ausgabe 1.2017 des Magazins Landreport a) produziert, b) verschickt?

2)    Welche Gesamtkosten hat die Ausgabe 1.2017 des Magazins Landreport verursacht?

3)    Welche Kosten hat ihr Versand verursacht?

4)    Welche Gesamtkosten wird die Herausgabe eines gesamten Jahrgangs des Magazins Landreport verursachen?

5)    Welche Kosten entfallen bei Ausgabe 1.2017 jeweils auf a) Druck, b) Vertrieb, c) Herausgeber, d) Chefredakteurin, e) Redaktion insgesamt, f) Koordination und Produktion incl. Projektkoordination, g) Layout&Grafik, h) Fotoredaktion, i) Lektorat, j) Beiträge von Herrn Kratschmar, k) Beiträge von Frau Schnegdar, l) Beiträge von Herrn Keuschnigg, m) Beiträge anderer extern redaktionell Mitwirkender?

6)    Aus welchen Budgettöpfen bzw. gegebenenfalls anderweitigen Quellen wurden die unter Frage 5 a) bis m) angesprochenen Leistungen konkret im einzelnen abgedeckt?

7)    Welcher Teil der Gesamtkosten der Ausgabe 1.2017 des Magazins Landreport ist dem im Bauernbund-, also ÖVP-Eigentum stehenden Österreichischen Agrarverlag zugute gekommen?

8)    Fand eine Ausschreibung oder ein sonstiger in irgendeiner Weise auch nicht parteieigenen Unternehmen zugänglicher Vergabeprozess für die in Frage 6 angesprochenen Leistungen statt oder haben Sie diesen Auftrag freihändig diesem ÖVP-Verlag zukommen lassen?

9)    Welche Kosten hat die „Landreport App“ insgesamt bisher, auf Erstellung und laufenden Betrieb aufgeteilt, verursacht?

10) Aus welchen Budgettöpfen bzw. gegebenenfalls anderweitigen Quellen wurden bzw. werden die unter Frage 9 angesprochenen Leistungen konkret abgedeckt?

11) Von wem wurde die „Landreport App“ erstellt?

12) Welche der in der Ausgabe 1.2017 des Magazins Landreport näher vorgestellten bzw. erwähnten Initiativen und Projekte, vom „Programm LE 2020“ auf der vorderen inneren Umschlagseite bis zur „gemeinsamen Agrarpolitik“ auf der hinteren Umschlagseite, sind NICHT EU-kofinanziert?

13) Wie viele der 250.000 Projekte und Initiativen „des Ressorts“, auf die in der Publikation verschiedentlich verwiesen wird, wurden oder werden mit finanzieller Unterstützung der EU umgesetzt? Bitte zumindest um Angabe der Größenordnung, falls detaillierte Infos nicht vorliegen sollten.

14) Warum haben Sie in der ersten Ausgabe Ihrer Publikation Landreport die Erwähnung dieser bedeutenden Rolle der Europäischen Union bei der Kofinanzierung vieler der erwähnten Projekte mit (mehr oder weniger) Bezug zum ländlichen Raum so konsequent vermieden?

15) Inwiefern verbindet ein „Greenstarter“-Projekt mit Speisepilz-Produktion für Wien in einem Wiener Altbaukeller auf der Basis von in Wien per Lastenrad eingesammeltem Kaffeesatz konkret „Stadt und Land“, wie im Magazin beim entsprechenden Beitrag behauptet?