13694/J XXV. GP

Eingelangt am 29.06.2017
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Dr. Jessi Lintl

und weiterer Abgeordneter

an Bundesminister für Inneres

betreffend Wiener Stadterweiterungsfonds – eingeforderte Auflösung gescheitert

 

Der bereits mehrfach von vielen Seiten kritisierte Wiener Stadterweiterungsfonds existiert nach wie vor! Die wesentlichsten Empfehlungen einer vorangegangenen Gebarungsprüfung des Rechnungshofes Reihe Bund 2013/4 wurden nicht erfüllt. Das Skandalprojekt Heumarkt bleibt betreffend den erheblich zu niedrig angesetzten Verkaufspreis ungeklärt – rechtlich Verantwortliche für den Verlust der Steuerzahler finden sich offenbar nicht! Darüber hinaus erregt es weiterhin die Gemüter der Wiener und Wienerinnen, weil durch das Bauprojekt auf der gegenständlichen Liegenschaft massiv die Gefahr der Aberkennung des UNESCO Weltkulturerbes der Wiener Innenstadt gegeben ist!

 

Die Tageszeitung „Der Standard“ berichtete in seiner online Ausgabe „derstandard.at“ am 20.01.2016 wie folgt:

 

Stadterweiterungsfonds: Auflösung gescheitert

 

20. Jänner 2016,

 

Einrichtung des Innenministeriums war bereits mehrmals Kritik ausgesetzt

 

Wien – Zum wiederholten Mal nahm der Rechnungshof den Stadterweiterungsfonds unter die Lupe. Der Fonds ist im Innenministerium angesiedelt und ein Relikt aus der Kaiserzeit.

 

Damals war seine Aufgabe, Bauwerke auf der Ringstraße zu finanzieren. Seit 1961 fordert der Rechnungshof bereits seine Auflösung, weil die ursprüngliche Aufgabe längst erfüllt ist. Nun folgte eine Follow-up-Überprüfung nach einem Bericht von 2013. Damals wurde neuerlich die Auflösung der Einrichtung empfohlen. Der Fonds selbst beteuert, dass er noch heuer Geschichte sein wird. Dass es ihn immer noch gibt, sei nicht so gewollt, sozusagen pannenbedingt.

 

Im ursprünglichen Bericht hatte der Rechnungshof einige Immobiliendeals des im Innenministerium angesiedelten Fonds unter die Lupe genommen und kritisiert, dass Liegenschaften in Premiumlagen in Wien zu günstig verkauft wurden. Darunter etwa die Liegenschaft des Wiener Eislaufvereins am Heumarkt. Dem Fonds lagen Anbote von bis zu neun Millionen Euro vor, verkauft wurde allerdings für "vergleichsweise geringe" 4,2 Millionen Euro.

 

Geld an Integrationsfonds

 

Die Prüfer empfahlen die Auflösung des Fonds. Doch auch 2016 existiert er noch. Dabei hatte er sich um seine Abschaffung bemüht, wie aus dem am Mittwoch vorliegenden Follow-up-Bericht hervorging. Schon Ende 2012 beschloss das Kuratorium einstimmig die Auflösung.

 

Das Fondsvermögen wurde dem Integrationsfonds (ebenfalls im Innenministerium angesiedelt) übertragen. Im März 2013 war die Auflösung rechtskräftig, doch dann schritt die Finanzprokuratur ein. Sie beantragte eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Begründung: Der Integrationsfonds hatte der Vermögensübertragung nicht zugestimmt, und ohne Übertragung könne es keine Auflösung geben. Ende 2013 dann hob die Fondsaufsicht den Auflösungsbescheid auf: "Der Wiener Stadterweiterungsfonds erlangte wieder Rechtspersönlichkeit", lautet das trockene Fazit des Rechnungshofs.

 

Seitdem führt ein Rechtsanwalt als Kommissär die Geschicke des Fonds. Er startete einen neuen Anlauf für die Abwicklung. Er rechnet jedenfalls mit einer Auflösung noch im ersten Halbjahr 2016, hielt er in einer Stellungnahme fest. (APA, red, 21.1.2016)“[1]

[2]

 

Der RH überprüfte im Mai 2015 beim Wiener Stadterweiterungsfonds und beim BMI die Umsetzung von Empfehlungen, die er bei einer vorangegangenen Gebarungsüberprüfung abgegeben hatte. Die wesentlichste Empfehlung betraf die Auflösung des Wiener Stadterweiterungsfonds. Die weiteren Empfehlungen wurden für die restliche Dauer des weiteren Fondsbestands abgegeben. Der überprüfte Zeitraum umfasste im Wesentlichen die Jahre 2012 bis 2014, wobei im Vorbericht bei den Spendentätigkeiten bereits der Sachverhalt bis zum ersten Halbjahr 2012 berücksichtigt worden war.

Weiters hatte der RH zur Verstärkung der Wirkung seiner Empfehlungen deren Umsetzungsstand bei den überprüften Stellen nachgefragt. Das Ergebnis dieses Nachfrageverfahrens hatte er in seinem Bericht Reihe Bund 2014/16 veröffentlicht.

Zu dem im August 2015 übermittelten Prüfungsergebnis nahmen das BMI im September 2015 und der Wiener Stadterweiterungsfonds im November 2015 Stellung. Der RH verzichtete auf eine Gegenäußerung.[3]

Der Rechnungshof stellte bei seinen Schlussempfehlungen fest, dass, dass der Wiener Stadterweiterungsfonds von zehn Empfehlungen des Vorberichts sechs umsetzte und drei nicht umsetzte. Die Umsetzung einer Empfehlung konnte der RH mangels Anwendungsfall nicht überprüfen.

Das BMI setzte von sieben Empfehlungen des Vorberichts vier um und eine teilweise um. Die Umsetzung zweier Empfehlungen konnte der RH mangels Anwendungsfall nicht überprüfen.[4]

Eine Evaluierung, in wie weit der Wiener Stadterweiterungsfonds bzw. das zuständige Ministerium als dessen oberstes Organ die Empfehlungen des Rechnungshofes, insbesondere hinsichtlich der Auflösung des Fonds, inzwischen umgesetzt haben ist zweckmäßig, da der österreichische Steuerzahler ohnehin schon unter der erdrückenden Steuer- und Abgabenlast leidet und ein Recht darauf hat, dass staatliche Mittel nach den Maßgaben der Transparenz, Effizienz, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit verwaltet werden.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres nachstehende

ANFRAGE

 

1.    Wurde die Empfehlung des Rechnungshofes aus dem Bericht Bund 2016/01 an den Wiener Stadterweiterungsfonds, wonach dieser – nach Klärung der Übertragung des restlichen Fondsvermögens auf geeignete Institutionen und Einrichtungen unter Berücksichtigung des Fondsgründers - aufzulösen, bereits umgesetzt?

2.    Wenn nein, warum nicht?

3.    Wurde mit der Umsetzung, der unter Punkt 1 angeführten Empfehlung inzwischen begonnen?

4.    Wenn ja, auf welche Weise? (Bitte um Angabe der konkreten Maßnahmen und des Zeitpunkts des Wirksamwerdens der einzelnen Maßnahmen unter Anführung der gesetzlichen Grundlage und der Höhe der Kosten der Umsetzung)

5.    Wurden bereits geeignete Institutionen und Einrichtungen bestimmt bzw. gefunden, auf welche das restliche Fondsvermögen übertragen wird?

6.    Wenn ja, welche? (Bitte um Angabe der Daten der Institutionen und Einrichtungen unter Anführung des Vermögens, welches übertragen wurde bzw. wird)

7.    Wann wird der Wiener Stadterweiterung nun endgültig aufgelöst?

8.    Wurde die Empfehlung des Rechnungshofes aus dem Bericht Bund 2016/01 an den Wiener Stadterweiterungsfonds, wonach bei Liegenschaftsverkäufen eine möglichst breite Interessentensuche – im Sinne der Mitteilung der Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand bei der Durchführung eines Verkaufs durch ein bedingungsfreies Bietverfahren durchgeführt werden sollte, bereits umgesetzt?

9.    Wenn nein, warum nicht?

10. Wurde mit der Umsetzung, der unter Punkt 8 angeführten Empfehlung inzwischen begonnen?

11. Wenn ja, auf welche Weise? (Bitte um Angabe der konkreten Maßnahmen und des Zeitpunkts des Wirksamwerdens der einzelnen Maßnahmen unter Anführung der gesetzlichen Grundlage und der Höhe der Kosten der Umsetzung)

12. Wurde die Empfehlung des Rechnungshofes aus dem Bericht Bund 2016/01 an den Wiener Stadterweiterungsfonds, wonach verstärkt eine Abwägung des Aufwands in Bezug zum potentiellen Ertrag bzw. Nutzen vor der Vergabe von Beratungsaufträgen durchzuführen wäre, bereits umgesetzt?

13. Wenn nein, warum nicht?

14. Wurde mit der Umsetzung, der unter Punkt 12 angeführten Empfehlung inzwischen begonnen?

15. Wenn ja, auf welche Weise? (Bitte um Angabe der konkreten Maßnahmen und des Zeitpunkts des Wirksamwerdens der einzelnen Maßnahmen unter Anführung der gesetzlichen Grundlage und der Höhe der Kosten der Umsetzung)

16. Wurde die Empfehlung des Rechnungshofes aus dem Bericht Bund 2016/01 an den Wiener Stadterweiterungsfonds, wonach für eine lückenlose Dokumentation der Spendenmittel zur sorgen wäre, bereits umgesetzt?

17. Wenn nein, warum nicht?

18. Wurde mit der Umsetzung, der unter Punkt 16 angeführten Empfehlung inzwischen begonnen?

19. Wenn ja, auf welche Weise? (Bitte um Angabe der konkreten Maßnahmen und des Zeitpunkts des Wirksamwerdens der einzelnen Maßnahmen unter Anführung der gesetzlichen Grundlage und der Höhe der Kosten der Umsetzung)

20. Wurde die Empfehlung des Rechnungshofes aus dem Bericht Bund 2016/01 an Ihr Ressort, wonach die gesetzlichen Bestimmungen über die Genehmigung von Liegenschaftsveräußerungen einzuhalten wären, bereits umgesetzt?

21. Wenn nein, warum nicht?

22. Wurde mit der Umsetzung, der unter Punkt 20 angeführten Empfehlung inzwischen begonnen?

23. Wenn ja, auf welche Weise? (Bitte um Angabe der konkreten Maßnahmen und des Zeitpunkts des Wirksamwerdens der einzelnen Maßnahmen unter Anführung der gesetzlichen Grundlage und der Höhe der Kosten der Umsetzung)

24. Wurde die Empfehlung des Rechnungshofes aus dem Bericht Bund 2016/01 an Ihr Ressort, wonach nach erfolgter Genehmigung von Satzungsänderungen – sofern gesetzlich vorgesehen – für deren zeitnahe Veröffentlichung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung zu sorgen wäre, bereits umgesetzt?

25. Wenn nein, warum nicht?

26. Wurde mit der Umsetzung, der unter Punkt 24 angeführten Empfehlung inzwischen begonnen?

27. Wenn ja, auf welche Weise? (Bitte um Angabe der konkreten Maßnahmen und des Zeitpunkts des Wirksamwerdens der einzelnen Maßnahmen unter Anführung der gesetzlichen Grundlage und der Höhe der Kosten der Umsetzung)

28. Wurden bzw. werden bei der Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes externe Dienstleister beauftragt?

29. Wenn ja, bitte um Anführung der Daten der Auftragnehmer?

  1. Wenn ja, bitte um Aufgliederung nach Art der Dienstleistung, nach Dienstleistungsvertragspartner, Vertragsgegenstand, Kurzbeschreibung des Vertragsinhaltes, dem Listenpreis, den tatsächlich bezahlten Preis und die Höhe des Preisnachlasses?
  2. Wie viele der in Anspruch genommenen externen Dienstleistungen waren nach dem Bundesvergabegesetz ausschreibepflichtig?
  3. Wurden diese Aufträge für die externen Dienstleistungen gemäß Bundesvergabegesetz abgewickelt?
  4. Wenn ja, in welcher Form?
  5. Wie viele davon wurden öffentlich ausgeschrieben? (Bitte um Aufgliederung nach Art der Dienstleistung, nach Dienstleistungsvertragspartner, Kosten, Datum und Art der Veröffentlichung der Ausschreibung)


[1] Quelle: http://derstandard.at/2000029444466/Stadterweiterungsfonds-Aufloesung-gescheitert

[2] Quelle: Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2016/01, Seite 335

[3] Quelle: Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2016/01, Seite 340

[4] Quelle: Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2016/01, Seite 351