13805/J XXV. GP

Eingelangt am 10.07.2017
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres

betreffend Fesselung bei Abschiebungen

BEGRÜNDUNG

 

In der ersten Juniwoche 2017 kam es zu massiver Kritik an der Vorgehensweise des Innenministeriums bei der Abschiebung von 17 Afghanen nach Kabul/Afghanistan. Diese Massenabschiebung erfolgte am selben Tag, an dem ein verheerender Bombenanschlag in Kabul erfolgte über 80 ZivilistInnen tötete. Auch die stellvertretende afghanische Flüchtlingsministerin hat aufgerufen, von Abschiebungen abzusehen. Von 34 Provinzen seien 31 nicht sicher. (http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-06/abschiebung-afghanistan-regierung-abschiebung-stopp-forderung; 2.6.2017). Dennoch beharrt die Regierung und das Innenministerium weiterhin darauf Abschiebungen vorzunehmen.

Auch das Vorgehen des Innenministerium bei dieser Abschiebung sorgte für Kritik: Laut Asylkoordination Österreich sollen zwei der Abgeschobenen nicht nur mit Handschellen gefesselt, sondern auch „wie eine Mumie“ verschnürt worden sein. Diese Information habe man von Unterstützern der Asylwerber, teilte die Organisation mit. „Das lässt Erinnerungen an den Fall Marcus Omofuma aufkommen“, erklärte Herbert Langthaler von der Asylkoordination gestern in einer Aussendung. Omofuma war 1999 bei der Abschiebung aus Österreich - von Fremdenpolizisten gefesselt und geknebelt - in einem Flugzeug gestorben. (http://orf.at/stories/2394057/; 2.6.2017 )

Das Innenministerium gab zum dass sie einen der Abzuschiebenden „zur Vermeidung von Selbst- und Fremdgefährdung“ mit Bandschlingen an Händen und Füßen fixiert hätten. Inwiefern dies den Empfehlungen und Vorgaben des Menschenrechtsbeirats entspricht, ist fraglich.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wie viele Abschiebungen von AfghanInnen nach Afghanistan fanden nach 2010 -2017, aufgegliedert nach Jahren und Geschlecht, von Österreich aus statt?

 

2)    Wie viele dieser Abschiebungen gingen nach Kabul, wie viele in andere Regionen (mit Bitte um Aufschlüsselung)?

 

3)    Inwiefern beurteilt das BMI bzw. das BFA Kabul immer noch als „sichere Region“ bzw. „innerstaatliche Fluchtalternative“, wenn dort erst im Juni wieder mehr als 60 ZivilistInnen durch eine Bombe der Taliban getötet wurden?

 

4)    Inwiefern beurteilt das BMI bzw. das BFA Kabul immer noch als „sichere Region“, wenn mittlerweile nachweislich n Kabul tausende an ebenfalls mittel- und perspektivenlosen RückkehrerInnen aus Pakistan dort ihr Dasein fristen? Inwiefern ist es da realistisch anzunehmen, dass junge Männer sich gerade in solche einer Lage leicht ein selbsterhaltungsfähiges Leben aufbauen können?

 

5)    Welche Regionen in Afghanistan schätzt das BMI aktuell als „sicher“ (für ZivilistInnen) ein und weshalb?

Zu der Abschiebung Anfang Juni

 

6)    Welche Personen nahmen konkret an dem Abschiebungsflug nach Kabul teil, bitte um Angabe der Anzahl an Personen, Organisationszugehörigkeit und Aufgabe bei der Abschiebung.

 

7)    Existiert zu der Abschiebung ein Protokoll? Falls ja, bitte um Beifügung des gesamten Protokolls.

 

8)    Wurden die Vorwürfe, dass Abzuschiebende an Händen und Füssen gefesselt wurden, vom BMI überprüft? Falls ja, was war das Ergebnis?

 

9)    Wer war für die Fesselung der betreffenden Person(en) zuständig?

 

10)  Was genau hatte(n) die jeweilige Person(en) getan, um mehrfach gefesselt zu werden?

 

11) An welchen Körperstellen wurden die Personen gefesselt, mit wie vielen Bandschlingen oder sonstigen Fesseln?

 

12) Kommen diese Bandschlingen auch bei Festnahmen oder Transporten von BürgerInnen zum Einsatz?

 

13) Falls ja, wie oft innerhalb der letzten 5 Jahre in Wien und aus welchem Anlass?

14) Trugen die jeweiligen Personen zusätzlich zur Fesselung auch noch Handschellen? Falls ja, wie lange?

 

15) Waren die betreffenden Personen auch geknebelt?

 

16) Worin bestand genau die Gefahr der Selbstgefährdung der gefesselten Person(en), da diese ja an Bord weder spitze noch scharfe oder sonstige Gegenstände mit sich führen können?

 

17) Worin bestand genau die Gefahr der Fremdgefährdung der gefesselten Person(en), hatten diese im Vorfeld andere Passagiere oder BeamtInnen gewaltsam bedroht? Falls ja, wie?

 

18) Sind Empfehlungen des Menschenrechtsbeirats, die sich aus dem Todesfall von Herrn Omofuma bei einer Abschiebung ergeben haben allen BeamtInnen auf diesen Rückschiebeflügen bekannt? Existiert dazu ein Erlass oder internes Schreiben? Falls ja, bitte um Beifügung.

 

19) War ein sogenannter „Menschenrechtsbeobachter“ mit an Bord? Falls ja, von welcher Organisation wurde dieser gestellt und welche einschlägige Qualifikation oder Ausbildung besitzt diese Person?

 

20)  War ein Mitglied des Menschenrechtsbeirats bzw. der Volksanwaltschaft mit an Bord? Falls nein, weshalb nicht?

 

21) Was gedenken Sie angesichts der aktuellen Kritik der Volksanwaltschaft zu unternehmen, dass bei Abschiebungen stets nur dieselben MitarbeiterInnen des VMÖ eingesetzt werden (und nicht jene auch eines anderen Vereins, wie des VML)?

 

22) Was werden sie unternehmen angesichts der Kritik der Volksanwaltschaft, dass  die  sprachkundige MitarbeiterInnen des VMÖ, die keine Dolmetscherinnen bzw. Dolmetscher sind, bei Abschiebungen bzw. Rückführungen zu Dolmetschertätigkeiten herangezogen werden und dann auch einen gewissen Druck auf die Abzuschiebenden ausüben zu kooperieren – was nicht Aufgabe eines Dolmetsch sein kann?