13946/J XXV. GP

Eingelangt am 21.07.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber, Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend hohe Nitratbelastung des Grundwassers in Österreich - Geplante Überarbeitung des Aktionsprogramms Nitrat 2012

BEGRÜNDUNG

 

Die österreichischen Grundwasser sind seit Jahren mit hohen Nitratwerten belastet. Laut Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft überschreiten zehn Prozent der Grundwasservorkommen den EU-Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter. Besonders stark betroffen sind die Grundwasser in Ostösterreich, wo intensive Landwirtschaft betrieben wird. Stickstoffhaltige Dünger sowie die Ausbringung von Gülle und Mist sind verantwortlich für die hohen Nitratkonzentrationen im Boden und Grundwasser. Hinzu kommen die geringen Niederschlagsmengen, wodurch das Nitrat länger im Boden gespeichert bleibt und sich im Grundwasser konzentriert.

Die EU-Nitratrichtlinie 91/676/EWG verpflichtet Österreich, der Kommission alle vier Jahre einen Nitratbericht vorzulegen. Im letzten Nitratbericht aus dem Jahr 2016 (Berichtsperiode 2011-2015) wird konstatiert, dass trotz „der allgemein sehr guten Grundwasserqualität einige Grundwasserkörper hinsichtlich Nitrat keinen guten Zustand gemäß Wasserrahmenrichtlinie auf(weisen).“

Das derzeit gültige Aktionsprogramm Nitrat 2012 (Verordnung) soll die durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen verursachte oder ausgelöste Gewässerverunreinigung verringern und vorbeugen (vgl. § 1) – bisher mit wenig Erfolg, weshalb es überarbeitet wird. Geplant ist etwa, dass Betriebe in den östlichen Problemregionen für ihre Gülle statt einer Lagerraumkapazität für sechs Monate in Zukunft eine für zehn Monate vorgeschrieben bekommen. Auch die Ausbringungszeiten von Gülle sollen auf wenige Monate verkürzt werden.


Diese Maßnahmen werden aber bei weitem nicht ausreichen, um das langjährige Problem der hohen Nitratbelastung im Grundwasser in den Griff zu bekommen. Die bisher eingeleiteten Maßnahmen sind großteils kosmetischer Natur und verbessern die Lage in den Problemregionen nicht.

Das deutsche Umweltbundesamt hat erst im Juni 2017 vor steigenden Preisen für Trinkwasser in Deutschland gewarnt, wo schon 27 Prozent der Grundwasservorkommen den EU-Grenzwert von 50 mg/l Nitrat übersteigen. Wegen des Nitrats muss das Wasser teuer aufbereitet werden, was einer vierköpfigen Familie Mehrkosten von 130 Euro pro Jahr verursacht.

Im letzten österreichischen Nitratbericht 2016 wird der Eindruck vermittelt, dass der Trend hierzulande in die richtige Richtung gehe und sich die Menschen um ihr Grund- und Trinkwasser keine Sorgen machen müssten – das Gegenteil ist der Fall, wenn man in einem gefährdeten Gebiet wohnt, weil sich dort seit Jahren nichts zum Besseren verändert, sondern die hohe Nitratkonzentration trotz vieler Ankündigungspolitik auf hohem Niveau stagniert, wie die folgenden Zahlen belegen:

Nitrat im Grundwasser (freies Grundwasser, 0-5 m tief), Mittelwert

 

Jahr

Jahr

Jahr

Jahr

durchschnittlich

mg NO3/l

99-03

03-07

07-11

11-15

1999-2015

40-50 mg

4,1 %

4,7 %

5,7 %

4,9 %

4,85 %

>50 mg

10,7 %

10,9 %

10,6 %

9,5 %

10,43 %

Angaben in Prozent der Messstellen bezogen auf die Summe der Messstellen in der jeweiligen Periode.

Nitrat im Grundwasser (freies Grundwasser, 5-15 m tief), Mittelwert

 

Jahr

Jahr

Jahr

Jahr

durchschnittlich

mg NO3/l

99-03

03-07

07-11

11-15

1999-2015

40-50 mg

7,2 %

6,7 %

7,2 %

8,1 %

7,30 %

>50 mg

12,9 %

12,8 %

11,2 %

11,6 %

12,13 %

Angaben in Prozent der Messstellen bezogen auf die Summe der Messstellen in der jeweiligen Periode.

Quelle: Nitratbericht 2016, Nitratbericht 2008.

 

Seit 1999 hat sich der Nitratgehalt im freien Grundwasser in einer Tiefe von 5-15 Metern in den gefährdeten Regionen praktisch nicht verbessert. In der letzten Berichtsperiode (2011-2015) hatten im freien Grundwasser (5-15 m tief) sogar
8,1 Prozent zwischen 40-50 mg/l NO3 und 11,6 Prozent der 507 Messstellen mehr als 50 mg/l NO3, das ist jeweils eine Erhöhung gegenüber dem Vorjahr.


Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Die Planungsunterlangen zur Änderung des Aktionsprogramms Nitrat 2012 wurden am 7. April 2017 im Wasserinformationssystem Austria veröffentlicht. Innerhalb von sechs Wochen konnten schriftliche Stellungnahmen dazu abgegeben werden.

a)    Welche Stellungnahmen sind eingelangt und wie bewerten Sie diese?

b)    Wann wird das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft die neue Fassung des Aktionsprogramms Nitrat veröffentlichen?

 

2)    Die vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in den letzten Jahren gesetzten Maßnahmen haben offensichtlich nicht ausgereicht, um die Nitratkonzentration im Grundwasser wesentlich zu verringern.
Weshalb gehen Sie im Nitratbericht 2016 weiter davon aus, dass es nicht notwendig ist, in der Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie 91/676/EWG gefährdete Gebiete auszuweisen?

 

3)    Welche Effekte erwarten Sie durch die im Rahmen des österreichischen Agrar-umweltprogramms gesetzten freiwilligen Grundwasserschutz- und
-sanierungsprogramme?

a)    Welche Zielvorgaben gibt es für welche Gebiete?

b)    Wie viele landwirtschaftliche Betriebe nehmen an welchen Maßnahmen teil?

c)    Wie hoch sind die veranschlagten Fördermittel dafür?

 

4)    Im Nitratbericht 2016 (Periode 2011-2015) sind sieben Grundwasserkörper genannt, die einen Mittelwert zwischen 42,53 mg/l NO3 (Seewinkel) und 93,95 mg/l NO3 (Südl. Wiener Becken-Ostrand) haben. Im Vergleich zur Vorperiode (2007-20011) haben sich die Werte mit zwei Ausnahmen nur verschlechtert (Marchfeld Verbesserung von 55,53 auf 54,99 mg/l, Wulkatal von 60,98mg/l auf 56,31 mg/l; in beiden Fällen liegt der Mittelwert aber immer noch über dem Grenzwert von 50 mg/l).

a)    Welche konkreten Maßnahmen wurden jeweils in den einzelnen Gebieten (Grundwasserkörpern) eingeleitet, um eine Verringerung der Nitratkonzentration zu erreichen?

b)    Wie und in welchen Intervallen wurde die Effektivität der eingeleiteten Maßnahmen von Landes-, Bundesbehörden oder beauftragten Stellen evaluiert?


c)    Welche zusätzlichen Maßnahmen wird das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ergreifen, um einen Nitratwert dieser Grundwasserkörper unterhalb von 45 mg/l zu erreichen?

d)    Wie viel Prozent der Fläche im Einzugsgebiet dieser sieben Grundwasserkörper werden ökologisch bewirtschaftet? Gibt es spezielle Förderungen für den Einstieg in den ökologischen Landbau in diesen Sanierungsgebieten?

e)    Wieviel Prozent der Fläche im Einzugsgebiet dieser sieben Grundwasserkörper sind Dauergrünland, Ackerland, Spezialkulturen und wie hoch ist der Maisanteil bzw. sonstiger besonders düngungsintensiver Kulturen (Raps u.a.)?

 

5)    Gibt es im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Analysen bzw. Auswertungen über die Zahl, Art und technische Ausführung von Nitrataufbereitungsanlagen bei Wasserversorgungsanlagen?

a)    Gibt es eine Differenzierung nach kommunalen, genossenschaftlichen und privaten Wasserversorgern?

b)    Wenn ja, welche Gebiete bzw. welche Anzahl von Haushalten wird mit diesem Wasser versorgt?

 

6)    Ist dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft bekannt, wie viele Projekte durch die Kommission für Wasserwirtschaft im Zeitraum 2011-2015 bewilligt wurden, die die Sanierung der lokalen Wasserversorgung in Hinblick auf die Belastung durch Nitrat und Pestizide durch einen Zusammenschluss oder eine Zusammenführung mit weniger belastetem Wasser erzielt haben?

a)    Wie verteilen sich diese Projekte nach Bundesländern und Regionen?

b)    Wie viele Haushalte waren davon in den Jahren 2011 bis 2015 betroffen?

 

7)    Ist dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft bekannt, wie viele Menschen oder Orte in Österreich keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben?