13948/J XXV. GP

Eingelangt am 21.07.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Berivan Aslan, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Justiz

betreffend Maßnahmen gegen Gewalt gegen Frauen

BEGRÜNDUNG

 

Jede 3. Frau wird ab dem 15. Lebensjahr Opfer von körperlicher und sexueller Gewalt. Das sind alleine 62 Millionen Frauen in der europäischen Union. In Österreich ist es jede 5. Frau, das sind etwa eine Million Frauen.

Österreich hat die Istanbul-Konvention ratifiziert, aber dennoch gibt es viele Lücken und Defizite im Opferschutz. Das aktuelle Ausmaß der Erfassung relevanter Daten ist in Österreich derzeit unzureichend, in den meisten Bereichen der administrativen Datensammlung sind nicht einmal die Mindeststandards erfüllt. Dies stellt ein ernsthaftes Hindernis für die Kontrolle und Beurteilung politischer Maßnahmen dar.

Österreich hat im Bereich der Prävention von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt mehrere bewährte Vorgehensweisen entwickelt, aber ohne entsprechende Datensammlung und fortlaufende, gründliche Evaluierung lässt sich nicht feststellen, in welchem Ausmaß (falls überhaupt) Maßnahmen umgesetzt wurden und welche Auswirkungen diese hatten. Dies behindert wiederum die Entwicklung evidenzbasierter, koordinierter und umfassender zukünftiger Maßnahmen.

Darüber hinaus braucht es aber auch klare und verbindliche Richtlinien, wie die Staatsanwaltschaften mit Fällen von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt umzugehen haben.

Diese Richtlinien könnten auf der Stellungnahme aus dem Jahr 2007, betreffend die geplanten Maßnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen des CEDAW-Ausschusses durch den österreichischen Staat und der in den Erläuterungen des österreichischen Parlaments zur Umsetzung der Istanbul-Konvention beschriebenen Maßnahmen aufbauen und durch die Expertise von NGOs, die spezialisierte Hilfseinrichtungen betreiben, ergänzt werden.

Die Richtlinien sollten:

-       StaatsanwältInnen auffordern, eine aktivere Rolle im Ermittlungsverfahren bei Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt einzunehmen und die rasche Sammlung aller verfügbaren Beweise sicherzustellen, auch durch persönliche ZeugInnenbefragungen durch die Staatsanwaltschaft

-       der Praxis der quasi automatischen Verfahrenseinstellung bei gegensätzlichen Aussagen von Opfer und Täter gegensteuern

-       der Praxis der übermäßig häufigen Anwendung von Diversionsmaßnahmen in Fällen von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt gegensteuern und die Probezeit in Kombination mit anderen Maßnahmen (Bewährungsarbeit, strafgerichtliche Weisungen zum Schutz der Opfer, Verpflichtung zum Besuch eines opferschutzorientierten Anti-Gewalt-Programms) als die für solche Fälle
angemessenste Form der Diversion fördern

-       unterstreichen, dass die Sicherheit der Opfer ein zentrales Anliegen bei den Strafmaßnahmen sein muss und StaatsanwältInnen und RichterInnen dazu anhalten, von Betroffenen zu erfragen, welche Schutzmaßnahmen sie benötigen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Soll die derzeitige Informationslücke, dass es zwar eine statistische Auswertung der Justiz zu Fällen häuslicher Gewalt („FAM“) gibt, allerdings das konkrete Beziehungsverhältnis zwischen Opfer und Täter dort nicht ausgewiesen wird, in Zukunft geschlossen werden?

2)    Wenn nein, warum nicht?

3)    Soll in Zukunft ein Erlass den Umgang der Staatsanwaltschaft mit Fällen von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt im Sinne der in der Begründung beschriebenen Maßnahmen regeln?

4)    Wenn nein, warum nicht?

5)    Wie können Kinder, die solche Gewalthandlungen miterleben mussten, besser geschützt werden?

6)    Sollen insbesondere die Gerichte verstärkt dazu angehalten werden, bestehende rechtliche Möglichkeiten zu nutzen, um zivilrechtliche Schutzverfügungen (Einstweilige Verfügungen) zu erlassen?

7)    Unterstützen Sie die Forderung der Interventionsstellen und Gewaltschutzzentren, dass diese mit notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um auch eine psychosoziale Betreuung und Beratung für Kinder, die Gewalt an nahen Angehörigen miterlebt haben, anbieten zu können?

8)    Wenn nein, warum nicht?

9)    Unterstützen Sie die Forderung der Interventionsstellen und Gewaltschutzzentren, ein verpflichtendes, mindestens eine Woche dauerndes Seminar über die Formen und Auswirkungen von Trauma in die Ausbildung für RichterInnen und StaatsanwältInnen zu integrieren, um diesen ein geschlechtsspezifisches Verständnis von Gewalt gegen Frauen sowie Verständnis der zugrundeliegenden Ursachen dieser Form von Gewalt zu vermitteln?

10) Wenn nein, warum nicht?

11) Welche Maßnahmen werden in der Justiz ergriffen, um Gewalt an Frauen und Kindern innerhalb der Familie zu reduzieren bzw. zu verhindern?