13950/J XXV. GP

Eingelangt am 24.07.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Steuerbetrug durch Cum-Ex Aktiendeals

BEGRÜNDUNG

 

Steuerbetrug mittels Cum-Ex-Aktiendeals ist einer der größten Finanzskandale in Deutschland. Vereinfacht dargestellt, wird die Kapitalertragsteuer bei illegalen Cum-Ex bzw. Cum-Cum Deals doppelt oder sogar mehrfach rückerstattet, obwohl sie nur einmal bezahlt wurde. Deutsche Medien (Zeit Online, Die Zeit, ARD-Magazin Panorama) haben Anfang Juni 2017 thematisiert, dass der Schaden in Deutschland deutlich höher ist als ursprünglich angenommen (12 Milliarden Euro) – nämlich mehr als 30 Milliarden Euro beträgt[1].

In Österreich ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bereits seit 2013 (!) wegen eines einzigen Verdachtsfalls im Versuchsstadium in Höhe von 22 Mio Euro. Aus der Anfragebeantwortung 8766/AB[2] geht allerdings hervor, dass ein Schaden durch Cum/Ex-Deals auch in Österreich wahrscheinlich erscheint. Denn die Rückerstattungen der Kapitalertragsteuer sind ab dem Jahr 2003 deutlich angestiegen und ab dem Jahr 2013 bzw. 2014 stark eingebrochen. Ab der zweiten Jahreshälfte 2013 verlangten die österreichischen Finanzbehörden einen Nachweis, ob tatsächlich ein Anspruch auf die Rückerstattung der KESt besteht. Davor wurden entscheidende Nachweise nicht ausreichend kontrolliert. Es besteht also der Verdacht, dass das Ausmaß des Steuerbetrugs durch illegale Cum/Ex-Deals auch in Österreich im dreistelligen Millionenbereich liegt.

Tabelle: KESt-Rückerstattungen für Dividenden (Angaben aus Beantwortung 8766/AB)

KESt auf Dividenden von Aktiengesellschaften

Fälle

Jahr

Einnahmen

Rückerstattungen

erledigt

Abweis-
ungen

Zurück-
weisungen

2002

€ 175.128.049,84

€ 18.191.892,46

k.A.

k.A.

k.A.

2003

€ 147.090.774,24

€ 115.739.795,27

3.158

42

0

2004

€ 197.510.842,04

€ 145.689.562,17

4.291

20

0

2005

€ 279.929.900,42

€ 166.849.605,94

8.448

11

0

2006

€ 405.916.534,67

€ 94.981.796,72

8.424

47

0

2007

€ 512.062.087,29

€ 113.721.611,02

5.191

38

0

2008

€ 590.203.621,67

€ 143.555.594,72

14.311

304

9

2009

€ 363.015.090,31

€ 116.057.027,03

11.767

212

13

2010

€ 491.006.865,10

€ 122.373.122,07

11.116

108

19

2011

€ 519.906.788,78

€ 195.472.189,35

9.705

119

54

2012

€ 426.198.739,08

€ 237.412.587,68

11.134

142

24

2013

€ 430.681.458,43

€ 119.914.606,87

9.132

1.275

79

2014

€ 489.628.140,86

€ 49.858.549,92

4.525

1.181

63

2015

€ 344.070.736,87

€ 39.371.526,94

5.787

150

149

 

Zu den ersten Verdachtsfällen im Jahr 2013 nimmt Dr. Herwig Heller, Abteilungsleiter der Betrugsbekämpfungsabteilung im BMF, in der ZIB2 wie folgt Stellung:

Heller Herwig: „Wir haben schon bemerkt, dass es eine gewisse Häufung war von Anträgen, die mit Bankbestätigungen kamen von Banken, die eher in Steueroasen sitzen.“ [..]

Kramar-Schmid Ulla (ORF): „Nur - kann ausgeschlossen werden, dass der Fiskus vor 2013, wie es so schön heißt, abgezockt worden ist?“

Heller Herwig: „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass da auch in den bereits erledigten Fällen solche Sachen dabei sind, das erhöht natürlich unser Arbeitspensum, weil wir auch die vergangenen Fälle noch einmal ansehen müssten und überprüfen, ob hier zurecht eine Erstattung ausbezahlt wurde oder nicht.“

(ZIB 2, 13.6.2017)

Bereits im Dezember 2015 fragte „Der Standard“ beim Finanzministerium nach, ob es auch in Österreich zu einem Schaden in Folge von Cum-Ex-Geschäften gekommen ist. Damals versicherte Johannes Pasquali, Sprecher im Finanzministerium, noch: „In Österreich ist es mit hoher Gewissheit zu keinem Schaden gekommen". (Der Standard, 15.12.2015)

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wie viele Anträge auf KESt-Rückerstattungen für Dividenden von Aktiengesellschaften aus welchen Ländern gab es in den Jahren 2002 bis inkl. 2016? (Bitte um getrennte jährliche Darstellung pro Land und Anzahl der Anträge.)

a.    Wie viele dieser Anträge wurden in den Jahren 2002 bis inkl. 2016 positiv erledigt? (Bitte um getrennte jährliche Darstellung pro Land und Anzahl der Anträge.)

b.    Wie viele dieser Anträge wurden in den Jahren 2002 bis inkl. 2016 abgewiesen? (Bitte um getrennte jährliche Darstellung pro Land und Anzahl der Anträge.)

c.    Wie viele dieser Anträge wurden in den Jahren 2002 bis inkl. 2016 zurückgewiesen? (Bitte um getrennte jährliche Darstellung pro Land und Anzahl der Anträge.)

2)    Gibt es einzelne Gesellschaften, die Anträge auf KESt-Rückerstattungen gestellt haben, bei denen die KESt-Einnahmen niedriger als die KESt-Rückerstattungen dieser konkreten Gesellschaft waren?

a.    Wenn ja, um wie viele Fälle handelt es sich in den Jahren 2002 bis inkl. 2016? (Bitte um getrennte Darstellung pro Jahr.)

b.    Wenn ja, aus welchen Ländern waren die Fälle? (Bitte um getrennte Darstellung pro Jahr.)

c.    Wie hoch ist die Gesamtdifferenz in den Jahren 2002 bis inkl. 2016 zwischen KESt-Einnahmen und KESt-Rückerstattungen in jenen Fällen, bei denen die KESt-Einnahmen geringer als die KESt-Rückerstattungen waren? (Bitte um getrennte Darstellung pro Jahr.)

3)    Wie viele Anträge auf KESt-Rückerstattungen für Dividenden von Aktiengesellschaften mit Bankbestätigungen aus welchen Ländern gab es in den Jahren 2002 bis inkl. 2016? (Bitte um getrennte jährliche Darstellung der Bankbestätigung pro Land und Anzahl der Anträge.)

a.    Wie viele dieser Anträge wurden in den Jahren 2002 bis inkl. 2016 positiv erledigt? (Bitte um getrennte jährliche Darstellung der Bankbestätigung pro Land und Anzahl der Anträge.)

b.    Wie viele dieser Anträge wurden in den Jahren 2002 bis inkl. 2016 abgewiesen? (Bitte um getrennte jährliche Darstellung der Bankbestätigung pro Land und Anzahl der Anträge.)

c.    Wie viele dieser Anträge wurden in den Jahren 2002 bis inkl. 2016 zurückgewiesen? (Bitte um getrennte jährliche Darstellung der Bankbestätigung pro Land und Anzahl der Anträge.)

4)    Gibt es in den Jahren 2002 bis inkl. 2016 Fälle, bei denen die gesamten KESt-Bestätigungen eines bestimmten Kreditinstituts, für die danach KESt-Rückerstattungsanträge für Dividenden gestellt wurden, höher sind als die KESt-Einnahmen dieses Kreditinstituts?

a.    Wenn ja, auf wie viele Kreditinstitute trifft dies in den Jahren 2002 bis inkl. 2016 zu? (Bitte um getrennte Darstellung pro Jahr.)

b.    Wenn ja, aus welchen Ländern waren die Kreditinstitute? (Bitte um getrennte Darstellung pro Jahr.)

c.    Wie hoch ist die Gesamtdifferenz zwischen eingereichten KESt-Bestätigungen, in denen es in Folge zu KESt-Rückerstattungen kam, und KESt-Einnahmen? (Bitte um getrennte Darstellung pro Jahr.)

In Anfragebeantwortung 8766/AB führen Sie aus, dass zur Aufklärung der Cum-Ex-Geschäfte die Anträge auf KESt-Rückerstattung einer genaueren und tiefer gehenden Überprüfung unterzogen wurden.

5)    Wie viele Beschäftigte in der Finanzverwaltung waren und sind für Überprüfung der Anträge auf KESt-Rückerstattungen für die Jahre 2002 bis inkl. 2016 zuständig? (Bitte um getrennte Darstellung pro Jahr.)

6)    Wie viele Stunden wurden dafür in den Jahren 2002 bis inkl. 2016 aufgewendet? (Bitte um getrennte Darstellung pro Jahr.)

7)    Wie viele Beschäftigte widmen und widmeten sich seit 2013 zusätzlich der „genaueren und tiefer gehenden Überprüfung der Anträge auf KESt-Erstattung“? (Bitte um getrennte Darstellung pro Jahr.)

8)    Wie viele Rückerstattungsanträge aus welchen Jahren wurden seit 2013 einer „genaueren und tiefer gehenden Überprüfung“ unterzogen? (Bitte um Darstellung der Rückerstattungsanträge pro Jahr getrennt.)

9)    Was war das Ergebnis der „genaueren und tiefer gehenden Überprüfung der Anträge auf KESt-Erstattung“?

10) Wurden dadurch Verdachtsfälle gefunden, bei denen es zu unrechtmäßigen Auszahlungen gekommen ist?

a.    Wenn ja, wie viele?

b.    Wenn ja, wie wurde und wird mit diesen Verdachtsfällen weiter verfahren?

c.    Wenn ja, wie viele Fälle wurden an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet?

In Anfragebeantwortung 8766/AB führen Sie aus, dass beim Bundeskanzleramt auf Ihren Antrag ein eigenes Team für Erstattungsanträge eingerichtet wurde.

11) Was ist die konkrete Aufgabe dieses Teams und warum wurde ein Antrag gestellt dieses Team beim Bundeskanzleramt einzurichten?

 



[1] http://www.zeit.de/wirtschaft/2017-06/cum-ex-geschaefte-steuerhinterziehung-banken-aktien

[2] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_08766/imfname_543526.pdf