14000/J XXV. GP

Eingelangt am 11.08.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dieter Brosz, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Justiz

betreffend Zurücklegung einer Anzeige wegen des Verdachts einer Beleidigung gem § 115 StGB iVm § 117 Abs 3 StGB

BEGRÜNDUNG

 

Am 26. Juni 2017 hat Fr. Dr.in Eva Glawischnig-Piesczek eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingebracht, die auf die folgende am 4. April 2017 gegen sie auf Facebook getätigte Aussage Bezug nimmt:

Geistig gesunde und normale Menschen reagieren auf die Fratze dieser Unperson auch allergisch. Warum, fragt man sich, warum atmet dieser wandelnde Totenkopf noch unseren Sauerstoff ? Wieso ist diese Polithure überhaupt noch präsent in dieser Existenz ? Hinfort mit ihr, denn niemand will sie, niemand braucht sie, und niemand wird sie je vermissen, denn der hat man ins Hirn geschissen. Weg mit dem grünen Dreck !“

Gem. § 117 Abs 3 StGB sind Beleidigungen wegen der Zugehörigkeit zu Gruppen, die im Tatbestand der Verhetzung § 283 StGB genannt sind, von der Staatsanwaltschaft amtswegig zu verfolgen, wenn das Opfer die Ermächtigung dazu erteilt. Gerade Frauen sind im Internet oft das Ziel besonders aggressiver Hasspostings. Das Geschlecht wird als mögliches Gruppenmerkmal in §283 StGB genannt. Auch hier wurde in der Beschimpfung spezifisch auf das Geschlecht abgestellt („Polithure“). Dieser Umstand wurde in der Sachverhaltsdarstellung angeführt und es wurde die Verfolgungsermächtigung ausdrücklich erteilt.

Am 21. Juli 2017 wurde der Anzeigerin von der Staatsanwaltschaft Linz mitgeteilt, dass von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mangels Vorliegens eines begründeten Anfangsverdachts einer von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung abgesehen wurde.

§ 283 StGB sowie der damit in Verbindung stehenden § 117 Abs 3 StGB wurden mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015, das am 1. Jänner 2016 in Kraft trat, novelliert. Damit sollte den „zu Tage getretenen Defiziten des Tatbestandes des § 283 begegnet werden“ (Erläuterungen zur Regierungsvorlage 689 der Beilagen, XXV. GP). Die gegenständliche Zurücklegung der Anzeige im Speziellen, sowie die ungebrochene Flut an Hasspostings im Internet im Allgemeinen, lassen vermuten, dass damit nicht allen Defiziten der Bestimmung ausreichend begegnet werden konnte.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

          ANFRAGE

 

1)    Handelt es sich bei der in der Begründung beschriebenen Anzeige um eine „offensichtlich haltlose Anzeige“ im Sinne des Berichtspflichtenerlasses 2016?

2)    Wenn nein, wurde die Oberstaatsanwaltschaft/das Bundesministerium für Justiz von der Anzeige informiert und wurde die Zurücklegung der Anzeige/Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens von den Oberbehörden mitgetragen?

3)    Wenn nein, hätte die Oberstaatsanwaltschaft/das Bundesministerium für Justiz im Sinne des Berichtspflichtenerlasses 2016 von der Anzeige informiert werden müssen?

4)    Teilen Sie die Ansicht des zuständigen Staatsanwalts, dass aus dem in der Anzeige beschriebenen Sachverhalt kein begründeter Anfangsverdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlung insbesondere im Zusammenhang mit § 117 Abs 3 StGB ableitbar wäre?

5)    Wenn ja, warum?

6)    Finden Sie es aus justizpolitischer Sicht in Ordnung, dass Opfer von solchen massiven öffentlichen Beschimpfungen nicht durch die staatsanwaltschaftliche Verfolgung von Straftaten geschützt werden?

7)    Wenn ja, warum?

8)    Wenn nein, sehen Sie in diesem Zusammenhang einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf?

9)    Soll in Zukunft ein Erlass den Umgang mit Verhetzung und hetzerischen Beleidigungen näher beschreiben, um den Opfern einen besseren Schutz zu bieten, wie das im Justizausschuss am 14. März 2017 von Ihrer Seite aus angekündigt wurde?

10) Wenn ja, wann wird der Erlass kommen?

11) Wenn nein, warum nicht?

12)  Wie viele Anzeigen  wegen des Verdachts der Begehung von strafbaren Handlungen gemäß § 117 Abs 3 StGB wurden seit dem Inkrafttreten der Bestimmung am 1. Jänner 2016 erstattet?

13) Wie oft wurde eine Anzeige wegen des Verdachts der Begehung von strafbaren Handlungen gemäß § 117 Abs 3 StGB seit dem 1. Jänner 2016 gemäß § 35c StAG zurückgelegt?

14) Wie oft haben die Strafverfolgungsbehörden seit dem 1. Jänner 2016 von Amts wegen Erkundungen/Ermittlungen wegen des Verdachts der Begehung von strafbaren Handlungen gemäß § 117 Abs 3 StGB unternommen?

15) Wie oft konnte dabei ein staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begehung von strafbaren Handlungen gemäß § 117 Abs 3 StGB  nicht eröffnet werden, weil das Opfer dafür keine Ermächtigung erteilte?

16) Wie viele staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begehung von strafbaren Handlungen gemäß § 117 Abs 3 StGB wurden seit dem 1. Jänner 2016 eröffnet?

17) Wie oft wurde  ein  Verfahren wegen strafbarer Handlungen gemäß § 117 Abs 3 StGB seit dem 1. Jänner 2016 eingestellt?

18) Wie oft wurde  ein  Verfahren wegen strafbarer Handlungen gemäß § 117 Abs 3 StGB seit dem 1. Jänner 2016 abgebrochen?

19) Wie oft wurde  ein  Verfahren wegen strafbarer Handlungen gemäß § 117 Abs 3 StGB seit dem 1. Jänner 2016 diversionell erledigt?

20) Wie oft wurde in einem Verfahren wegen strafbarer Handlungen gemäß § 117 Abs 3 StGB seit dem 1. Jänner 2016 eine Anklage erhoben/ein Strafantrag gestellt?

21) Wie oft kam es in einem Verfahren wegen strafbarer Handlungen gemäß § 117 Abs 3 StGB zu einer Verurteilung?

22) Wie oft kam es in einem Verfahren wegen strafbarer Handlungen gemäß § 117 Abs 3 StGB zu einem Freispruch?

23) Wie viele Verfahren wegen § 117 Abs 3 StGB befinden sich derzeit im Stadium des Ermittlungsverfahrens?

24) Wie viele Verfahren wegen § 117 Abs 3 StGB befinden sich derzeit im Stadium der Hauptverhandlung?