14021/J XXV. GP

Eingelangt am 29.08.2017
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Anfrage

 

der Abgeordneten Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Hohe Dividende für Budget statt intakter Schutzwald?

 

Angesichts der Verwüstungen und Vermurungen in den letzten Tagen haben Prüfungsergebnisse des Rechnungshofs zur Schutzwaldbewirtschaftung höchste Aktualität. Der Rechnungshof prüfte die Gebarung der Österreichischen Bundesforste AG (ÖBf AG) hinsichtlich der Bewirtschaftung der im Eigentum der Republik Österreich stehenden Schutzwälder. Nach Ansicht des Rechnungshofs hat die ÖBf AG zwischen 2010 und 2014 relativ wenig in die Pflege des Schutzwaldes investiert und große Flächen erscheinen sanierungsbedürftig. Schutzwälder sollen vor Naturgefahren wie Überschwemmungen, Lawinen, Muren, Hochwasser, Erosion, Steinschlag und Felsschlag schützen.[1]

 

„Die Österreichische Bundesforste AG bewirtschaftete die Schutzwaldflächen vorrangig ertragsorientiert und erfüllte damit die im Bundesforstegesetz verankerte

Zielvorgabe der „bestmöglichen Sicherung und Weiterentwicklung der Schutzfunkton der Waldflächen“ unzureichend. Pro Hektar Schutzwald im Ertrag wendete die

Österreichische Bundesforste AG für Waldpflegemaßnahmen nur rund ein Viertel

jenes Betrags auf, der auf Wirtschaftswaldflächen zum Einsatz kam. Der Pflegeaufwand für den Schutzwald im Ertrag war damit vergleichsweise gering. Aufgrund des Zustands der Schutzwälder wären gerade auf diesen Flächen besonders intensive Maßnahmen zur Stabilisierung und Sanierung zu ergreifen gewesen.“ [2]

 

„Die Österreichische Waldinventur 2007/2009 und eigene Erhebungen der Österreichischen Bundesforste AG belegten einen insgesamt nicht zufriedenstellenden Zustand des Schutzwaldes. Ein gut strukturierter, stufiger Bestandsaufbau war auf vielen Schutzwaldflächen nicht vorhanden; auf 30 % der Fläche war der Bestand nur einschichtig, auf 24 % zweischichtig. Dies barg in Verbindung mit einem bereits hohen Baumalter – rund die Hälfte des Baumbestands war bereits über 140 Jahre alt – ein erhöhtes Risiko, dass die Schutzwirkung verloren geht.“[3]


 „Nach Ansicht des RH ergab sich für die ÖBf AG aus ihrem gesetzlichen Auftrag, einerseits „den bestmöglichen wirtschaftlichen Erfolg“ zu erzielen und andererseits gemeinwirtschaftliche Interessen, wie etwa die „bestmögliche Sicherung und Weiterentwicklung der Schutz-, Wohlfahrts- und Erholungswirkungen des Waldes“ wahrzunehmen, ein Zielkonflikt.“[4]

 

Die Republik Österreich ist Alleinaktionär der Österreichische Bundesforste Aktiengesellschaft. „Die ÖBf AG entstand 1997 durch die Auslagerung des Wirtschafskörpers „Österreichische Bundesforste“ aus dem Bundesbudget in eine als Aktiengesellschaft konzipierte Betriebsgesellschaft auf der Grundlage des Bundesforstegesetzes. Alleinaktionär der Gesellschaft ist die Republik Österreich, die durch den Bundesminister für Land– und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vertreten wird.[5]

 

Laut betrieblicher Forstvermessung 2015 verwaltete die ÖBf AG Liegenschaften im Ausmaß von rd. 851.000 ha. Davon entfielen rd. 493.000 ha auf Waldflächen. 68,8% (rd 339.260 ha) wurden als Wirtschaftswald eingestuft. Als Schutzwald (Standort– und Objektschutzwald sowie Bannwald) waren rd. 31 % (rd. 154. 000 ha) der Waldfläche eingestuft.[6]

 

„Schutzwälder sind für die Sicherung des menschlichen Lebensraums in Österreich
von hoher Bedeutung. Nach dem Forstgesetz 1975 stehen sie unter besonderem
Schutz; die Eigentümerinnen und Eigentümer von Schutzwäldern haben diese „entsprechend den örtlichen Verhältnissen jeweils so zu behandeln, dass ihre Erhaltung als möglichst stabiler, dem Standort entsprechender Bewuchs mit kräftigem inneren Gefüge bei rechtzeitiger Erneuerung gewährleistet ist“. Technische Schutzmaßnahmen stellen aufgrund der hohen Kosten keine Alternative zur
Erhaltung und Sanierung der Schutzwälder dar. Da die Republik Österreich die Kosten technischer Schutzanlagen in der Regel durch Projektförderungen zu einem großen Teil selbst trägt, sollte die Erhaltung und Verbesserung der Schutzwirkung der eigenen Wälder von besonderem Interesse sein.“[7]

 

Nach Berechnungen des Rechnungshofs lag „das Verhältnis der Kosten zwischen der Erhaltung des Schutzwaldes, der Sanierung (Setzen von Verjüngungsmaßnahmen) und von technischen Maßnahmen bei Ausfall der Schutzwirkung des Waldes bei 1:15:146“[8].

 

Im Durchschnitt erhielt der Bund jährlich rd. 24,73 Mio. EUR von der ÖBf AG durch Fruchtgenussentgelte sowie Gewinnausschüttungen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1)    Welchen rechtlichen Änderungsbedarf sehen Sie zur Beseitigung des vom Rechnungshof identifizierten Zielkonflikts „Ertragsorientierung versus Gemeinwohl“ bei der (Österreichische Bundesforste) ÖBf AG?


2)    Welche Mittel wurden in den letzten fünf Bundesbudgets für Kosten zur Erhaltung des Schutzwaldes ausgegeben?

 

3)    Welche Mittel wurden in den letzten fünf Bundesbudgets für die Sanierung (Setzen von Verjüngungsmaßnahmen) ausgegeben?

 

4)    Welche Mittel wurden in den letzten fünf Bundesbudgets für technische Maßnahmen bei Ausfall der Schutzwirkung des Waldes ausgegeben?

 

5)    Wie hoch war die Dividende der ÖBf AG in den letzten fünf Jahren an den Bund als Eigentümer?

 

6)    Wie hoch waren die Ausgaben des Katastrophenfonds aufgrund des Ausfalls der Schutzwirkung des bundeseigenen Waldes in den letzten fünf Jahren?

 

7)    Inwieweit ist es im Rahmen einer nachhaltigen Budgetpolitik sinnvoll auf eine Erhaltung und Sanierung des Schutzwaldes im Bundeseigentum zu verzichten und damit wissentlich eine Steigerung der Kosten um mindestens den Faktor 146[9] in Kauf zu nehmen oder - wie im jetzt eingetretenen Katastrophenfall - weit höhere Kosten?

 

8)    Warum wurde im Sinne der wirkungsorientierten Haushaltsführung die von der ÖBf AG jährlich abzuführende Dividende nicht im Unternehmen für den Erhalt und die Sanierung des Schutzwaldes im Eigentum der Republik reinvestiert?

 

9)    Sind die jährlich rd. 24 Mio. EUR Dividende für das Budget so dringend notwendig, dass die Abnahme der Schutzfunktion von Schutzwäldern für die Bevölkerung seit Jahren einfach so in Kauf genommen wird?

 

10) Warum wurden bei der Ausgliederung der ÖBf AG keine rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, die nicht nur die Ertragsorientierung sondern auch das Gemeinwohl – nämlich die Schutzbedürfnisse der lokalen Bevölkerung – Stichwort: Sanierung und Erhalt des Schutzwaldes - im Auge haben?

 

 



[1] APA0316 5 WI 0381 CI   Fr, 07.Jul 2017

[2] RH Bericht S.13

[3] RH Bericht Bund 2017/29, S.13

[4] RH Bericht Bund 2017/29, S. 40

[5] RH Bericht Bund 2017/29, S. 14

[6] RH Bericht Bund 2017/29, S. 28

[7] RH Bericht Bund 2017/29, S. 14

[8] RH Bericht Bund 2017/29, S.56

[9] RH Bericht Bund 2017/29, S.56