14033/J XXV. GP

Eingelangt am 04.09.2017
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres

betreffend Weisung des Innenministers im Zusammenhang mit einem Bootsunfall eines Bekannten

BEGRÜNDUNG

 

Am 4. September 2017 berichtete das Magazin Profil unter dem Titel „Über Ministerweisung“ folgendes:

Ein Bekannter des Innenministers soll auf dem Wörthersee einen tödlichen Bootsunfall verantwortet haben. Laut einem polizeiinternen Dokument kam es kurz nach dem Unfall zu einer Intervention des Ministeriums. Sobotka hatte das allerdings dementiert.

ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka kultiviert in Interviews eine Kontertaktik, die er zwar nicht erfunden hat, dafür aber umso engagierter aufs Feld bringt. Sobald er merkt, dass eine Frage auf wackeligem Fundament steht, greift er gern zur Gegenfrage: "Wer sagt das?" So zuletzt geschehen in einem Interview mit der "Kleinen Zeitung", das am 24. Juni dieses Jahres veröffentlicht wurde. Drei Wochen zuvor, am 2. Juni, war es auf dem Wörthersee zu einem Bootsunfall mit Todesfolge gekommen. Involviert: Ein mit Sobotka befreundeter niederösterreichischer Unternehmensberater und ehemaliger Medienmanager, gegen den seither staatsanwaltschaftliche Untersuchungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen laufen. Er hatte alkoholisiert ein Motorboot gelenkt, ehe einer der Passagiere ins Wasser fiel - sehr wahrscheinlich vom Propeller erfasst -und getötet wurde. Aus medienrechtlichen Gründen muss profil von Namensnennungen absehen.

Ob es denn stimme, dass es rund um den Vorfall "Interventionen beim Innenministerium" gegeben habe, wollte die "Kleine Zeitung" wissen. "Wer sagt das?", parierte Sobotka, um dann doch noch zu dementieren: "Seitens des Ministeriums greifen wir ohnehin nie in ein Verfahren ein."

Tatsächlich halten sich seit dem Unfall Gerüchte, Sobotkas Kabinett hätte sich in die polizeilichen Ermittlungen eingeschaltet. Ein alles andere als alltäglicher Vorgang, der schon allein aufgrund der Nähe von Sobotka zum Bootslenker sehr problematisch wäre.

profil liegt nun ein Eintrag aus der "Dienstdokumentation" des Landeskriminalamts (LKA) Kärnten vom 2. Juni 2017 vor. Um 22:30 Uhr (annähernd fünf Stunden nach dem Unfall) notierte ein LKA-Beamter den Anruf des für diesen Tag eingeteilten "Offiziers vom Dienst" (OvD), Oberst Wolfgang Gabrutsch, Referatsleiter in der Landespolizeidirektion (LPD) Kärnten:

"22.30. OvD, Obst Gabrutsch gibt telefonisch bekannt, dass über Ministerweisung und mittelbar über Weisung der LPD-Direktorin der Vorfall bezüglich des seit den Nachmittagsstunden am Wörthersee vermissten (TM der Pi Reifnitz vom 02.06.2017,20.17 Uhr) direkt vom LKA zu übernehmen sei." (Anm.:"TM" steht für Tagesmeldung, "Pi" für Polizeiinspektion.) Und: "Jegliche Pressearbeit sei lediglich durch die Pressestelle der LPD zu bewerkstelligen und es seinen (sic!), bis auf die bereits vorliegende TM, keine weiteren (sic!) Berichterstattung darüber zu verfassen."

Gab es also doch eine "Ministerweisung"? Das Innenministerium (BMI) äußert sich dazu nicht. Eine vergangene Woche an das BMI gerichtete profil-Anfrage landete bei der in dem Aktenvermerk ebenfalls genannten Kärntner Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiß. LPD-Sprecher Rainer Dionisio schreibt in einer Stellungnahme nun von einem "Missverständnis in der Kommunikation zwischen dem damals diensthabenden Offizier vom Dienst und dem im Landeskriminalamt Dauerdienst versehenden Beamten".

Laut Dionisio hatte Kohlweiß noch in der Nacht des 2. Juni angeordnet, dass das LKA die weiteren Ermittlungen, die Pressestelle der Landespolizeidirektion die Medienarbeit dazu übernehmen sollte - wobei Kohlweiß selbst "die in solchen Fällen vorgeschriebene Information gegenüber dem Ministerbüro beziehungsweise dem Herrn Bundesminister wahrnehmen" wollte. Dies sei dem Beamten des Landeskriminalamtes telefonisch so mitgeteilt worden. "Der Dauerdienstbeamte war nach diesem Telefonat durch die Begrifflichkeiten Ministerium beziehungsweise Minister in der irrigen Annahme, dass es vom Minister eine Weisung gegeben hätte, was zur gegenständlichen Eintragung in seinen Tätigkeitsbericht geführt hat."

Ein niedergeschriebenes Missverständnis, zu dem profil die involvierten Beamten selbst nicht befragen konnte. LPD-Sprecher Dionisio legt Wert auf die Feststellung, dass das Landeskriminalamt Kärnten den Fall so oder so übernommen hätte, Gleiches gelte für die Medienarbeit durch die Landespolizeidirektion. Kohlweiß' Weisung habe rasch erforderlich scheinende Ermittlungsschritte wie beispielsweise die Sicherstellung des Motorbootes "lediglich beschleunigt": "Ohne Weisung der Landespolizeidirektion hätte sich die Übernahme bis zum nächsten Tag verzögert."

Der Unfallhergang ist übrigens weiterhin strittig. Der Bootslenker sagte laut profil vorliegenden Informationen in einer Einvernahme vor dem LKA (zehn Tage nach dem Unglück) aus, er sei stur geradeaus gefahren, ehe das spätere Opfer ihm ins Steuerrad gegriffen und das Boot eine scharfe Rechtskurve gezogen habe. In weiterer Folge sei er, der Lenker, selbst über Bord gegangen. Den Rückwärtsgang habe er jedenfalls nicht eingelegt. An Bord waren zum Zeitpunkt des Unfalls vier Freunde und ein Bootsführer (der jedoch nicht am Steuer saß, auch gegen ihn laufen Ermittlungen). In einer der Aussagen ist die Rede davon, dass der Lenker zumindest eine "Acht" gefahren sei, andere Zeugen konnten sich daran nicht erinnern. Auch zum behaupteten Griff ins Steuerrad gehen die Wahrnehmungen auseinander. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt lässt den Bootspropeller derzeit molekularbiologisch untersuchen. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.“

Der in obigem Artikel beschriebene Sachverhalt wirft etliche Fragen bezüglich des (mutmaßlichen) Handelns des Innenministers auf.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wann haben Sie von besagtem Unfall und der Identität des Bootslenkers, einem Bekannten von Ihnen, Kenntnis erlangt (Datum und Uhrzeit)?

2)    Wurden Sie behördenintern über den besagten Unfall informiert?

3)    Wenn Sie Frage 2) bejahen, wann und von wem (Name, Funktion, Datum und Uhrzeit)?

4)    Wenn Sie Frage 2) bejahen, entsprach diese Information den Dienstvorschriften bzw. dem üblichen Berichtsweg und auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte sie?

5)    Wenn Sie Frage 2) bejahen, was war die Begründung den Minister über diesen Unfall zu informieren?

6)    Wenn sie nicht behördenintern informiert wurden, von wem wurden Sie wann informiert (Name, Funktion, Datum und Uhrzeit)?

7)    Auf welcher (Rechts-)Grundlage erfolgte diese Information?

8)    Wenn Sie nicht behördenintern informiert wurden, haben Sie von sich aus nach Kenntnis dieses Unfalls behördenintern Informationen eingeholt?

9)    Wenn ja wann und von wem (Datum und Uhrzeit)?

10) Was war der Grund, warum Sie sich behördenintern Informationen verschafft haben und auf welcher Rechtsgrundlage?

11) Haben sie den Unfall und damit im Zusammenhang stehende behördliche Fragen mit KabinettsmitarbeiterInnen besprochen?

12) Wenn ja, wann und mit wem (Datum, Uhrzeit, Name und Funktion)?

13) Was war der Inhalt dieser Besprechungen?

14) Gibt es schriftliche Aufzeichnungen zu diesen Besprechungen und falls ja, wo wurden diese dokumentiert?

15) Falls es keine schriftlichen Aufzeichnungen/Dokumentation gibt, weshalb?

16) Haben Kabinettsmitglieder im Zusammenhang mit dem Unfall Kontakt mit der Landespolizeidirektion (LPD) Kärnten, insbesondere seiner Direktorin, gehabt bzw. irgendwelche behördeninternen Handlungen gesetzt oder deren Setzung veranlasst, bzw. angeregt?

17) Wenn ja, wer, wann und welche (Datum, Uhrzeit, Name, Funktion und Handlung)?

18) Haben Sie – oder eine/r Ihrer Mitarbeiter/innen – mit leitenden BeamtInnen ihres Ministeriums oder BeamtInnen nachgeordneter Dienststellen, insbesondere mit der Landespolizeidirektion (LPD) Kärnten und seiner Direktorin, behördliche Fragen im Zusammenhang mit dem Unfall besprochen?

19) Wenn ja, wann und mit wem (Datum, Uhrzeit, Name und Funktion)?

20) Was war der Inhalt dieser Besprechungen?

21) Gibt es schriftliche Aufzeichnungen zu dieser Besprechung und falls ja, wo wurde diese dokumentiert?

22) Falls es keine schriftlichen Aufzeichnungen/Dokumentation gibt, weshalb?

23) Waren jemals Fragen der Pressearbeit und/oder der Zuständigkeit polizeilicher Stellen iZm og. Unfall Gegenstand von Besprechungen, in die Sie – oder eine/r Ihrer Mitarbeiter/innen – involviert waren?

24) Wenn ja, wann und mit wem (Datum, Uhrzeit, Name/n und Funktion/en)?

25) Was war der genaue Gegenstand dieser Gespräche?

26) Gibt es schriftliche Aufzeichnungen zu diesen Gesprächen und falls ja, wer hat sie erstellt und wo werden diese verwahrt?

27) Falls es keine schriftlichen Aufzeichnungen/Dokumentation gibt, weshalb?

28) Haben Sie andere beauftragt in diesem Fall Gespräche behördenintern insbesondere mit der Landespolizeidirektion (LPD) Kärnten und seiner Direktorin über Pressearbeit und/oder der Zuständigkeit polizeilicher Stellen zu führen?

29) Wenn ja, wen und mit welchem Ziel (insb. Name, Funktion, Datum und Uhrzeit)?

30) Haben Sie eine mündliche oder schriftliche Weisung im Zusammenhang mit dem Unfall gegeben oder in sonstiger Weise offiziell oder inoffiziell interveniert?

31) Wenn ja, wann, mit welchem Inhalt und auf welcher Rechtsgrundlage?

32) Wenn nein, wie erklären sie den Aktenvermerk des Landeskriminalamts (LKA) Kärnten, wonach es in Zusammenhang mit einem Bootsunfall auf dem Wörthersee am 2. Juni 2017 eine Intervention des Innenministeriums gab?

33) War die Direktorin des Landeskriminalamts (LKA) Kärnten am 2. Juni mit dem Bootsunfall befasst?

34) Wenn ja, warum und auf welcher Rechtsgrundlage?

35) Welche Handlungen hat die Direktorin des Landeskriminalamts (LKA) Kärnten an diesem Tag in diesem Zusammenhang gesetzt, auf welcher Rechtsgrundlage, und wann (Uhrzeit)?

36) Hat die Direktorin des Landeskriminalamts (LKA) Kärnten mittelbar oder unmittelbar eine Weisung im Zusammenhang mit dem Unfall erteilt oder in sonstiger Weise interveniert?

37) Wenn ja, was war der Inhalt der Weisung bzw. der Intervention?

38) Warum und auf welcher Rechtsgrundlage wurde die Weisung gegeben / die Intervention durchgeführt?

39) Wie erklären Sie, dass der Aktenvermerk als Irrtum bezeichnet wird, aber tatsächlich sehr präzise und mit dem passenden Fachvokabular der Vorgang einer Ministerweisung und mittelbaren Weisung der LPD-Direktorin geschrieben wird, was nahe legt, dass der Sachverhalt sich so zugetragen hat?

40) Wer hat veranlasst, dass die Pressearbeit ausschließlich vom LPD erfolgen soll und auf welcher Rechtsgrundlage sowie wann (Name, Funktion, Datum, Uhrzeit und Rechtsgrundlage)?

41) Warum wurde per Weisung die Übertragung der Pressearbeit auf die LPD veranlasst und auf welcher Rechtsgrundlage (insb. Datum und Uhrzeit)?

42) Ist der Halbsatz „… bis auf die bereits vorliegende TM keine weitere Berichterstattung darüber zu verfassen“ als Weisung zur Informationssperre über den Unfall gegenüber Medien zu verstehen?

43) Wenn ja, warum wurde diese Weisung erteilt und auf welcher Rechtsgrundlage?

44) Wenn nein, worauf bezieht sich der Halbsatz?

45) Wann (Daten und Uhrzeiten) wurde in Folge jeweils an Sie – oder Ihre Kabinettsmitarbeiter/innen – über den Unfall behördenintern ein Bericht vorgelegt und auf welcher Rechtsgrundlage?

46) Wurden Sie in Folge auf sonstige Art und Weise behördenintern über den Unfall und die damit iZm stehenden Erhebungen und Ermittlungen informiert und wann?