14054/J XXV. GP

Eingelangt am 20.09.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Kucharowits, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Inneres betreffend minderjährige und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Einrichtungen des Bundes und der Länder

Verschwundene Kinder, sogenannte „Missing children“, sind Minderjährige, die auf Grund verschie­denster Umstände - Kinderhandel, Zwangsarbeit und -prostitution, Fluchthintergrund etc. - aus den offiziellen Registern eines Staates verschwinden und oftmals erst nach Jahren und dann häufig erst bei Auffälligkeit in Hinblick auf Notfälle, Akten von Kriminalität oder durch Zufall wieder auftauchen. Wenn überhaupt. Die Zahlen dazu variieren, bis zu 10.000 Kinder sollen in Europa nicht mehr auffind­bar sein, die meisten davon in Folge von Fluchterfahrungen, in Österreich geht man von mehreren hundert Kindern aus. Genaue Zahlen dazu gibt es nicht, das Datenmaterial scheint nicht valide.

Aus Erfahrungsberichten von Menschen, die im Bereich der Betreuung von Minderjährigen mit Flucht­hintergrund aktiv sind, vermuten wir, dass Kinder auch in Österreich im Rahmen des Verfahrens ver­schwinden - lange Asylverfahrensdauern, Ungewissheit in Hinblick auf ihre Zukunft und fehlende An­sprech- und Betreuungspersonen, sowie eine unzureichend sichergestellte Obsorge sind mögliche Gründe dafür.

Während der Zeit der Asylverfahren, also von der Ankunft in Österreich, über die Meldung bei der Polizei, den Aufenthalt in einer Erstaufnahmestelle bis hin zu den Interviews und dem Erlangen eines Status, befinden sich Kinder im ersten Schritt im Einflussbereich des Bundes und somit des Innenmi­nisteriums und im zweiten Schritte des jeweiligen Bundeslandes. Es ist also davon auszugehen, dass das zuständige Ressort auch Zahlen zur Hand hat, mit denen nachvollziehbar gemacht werden kann, wie es um den Verbleib der genannten Gruppe steht.

Kinder sind eine besonders vulnerable Gruppe, also in ihren Rechten und ihrer Sicherheit besonders verletzlich. Nicht zuletzt deshalb war die Verankerung eines Teils der Kinderrechte in die Österrei­chische Bundesverfassung ein wichtiges Signal, das aber besonders für geflüchtete Kinder nur bedingt Geltung zu haben scheint. Um hier besser auf die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen mit Flucht­hintergrund eingehen und ihren besonderen Schutz sicherstellen zu können, stellen die unterzeichne­ten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 


Anfrage:

1)    Wie viele unbegleitete Minderjährige befanden sich von Juni 2015 bis Ende August 2017 - angeführt nach Monaten - in den Erstaufnahmestellen des Bundes?

2)     Wie viele haben seitdem ihr Asylverfahren durchlaufen?

3)     Wie viele haben seitdem ihr Asylverfahren positiv durchlaufen?

4)    Wie viele haben seitdem ihr Asylverfahren mit einem negativen Bescheid abgeschlossen?

5)    Wie viele Asylverfahren sind in diesem Bereich für die angeführten, unbegleiteten Minderjäh­rigen noch offen?

a.       Wie lange dauern diese durchschnittlich?

b.      Gibt es Verfahren die weit länger dauern, als der Durchschnitt?

i. Wenn ja, wie viel länger?

6)     Wie viele Altersfeststellungen werden durchgeführt?

a.     Wie hoch sind die Kosten für eine Altersfeststellung?

b.     Wie hoch sind die Kosten aller Altersfeststellungen, die seit dem August 2015 durch­geführt wurden insgesamt?

c.     Welche Untersuchungen werden dabei im Detail durchgeführt?

d.     Wer entscheidet, ob eine Altersfeststellung durchgeführt wird? Nach welchen objek­tiven Kriterien wird diese Entscheidung getroffen?

e.     Wer führt die Untersuchungen konkret durch?

f.      Wie wird im Fall von unterschiedlichen Ergebnissen von Altersfeststellungen bei der­selben Person umgegangen?

g.     Wie lange ist der Zeitraum durchschnittlich von der Entscheidung, dass eine Alters­feststellung durchgeführt wird, bis zum Vorliegen der Erkenntnisse?

h.     Wie wird in Bezug auf die relativ große Schwankungsbreite mit der Belastbarkeit der Ergebnisse umgegangen? Wird hier eher das niedrigere oder das höhere Alter ange­nommen?

i.      Werden Altersfeststellungen auch dann durchgeführt, wenn anzunehmen ist, dass der/die Betroffene jünger ist, als er/sie angibt?

j. In wie vielen Fällen wurde nach einer Altersfeststellung ein anderes Alter festgestellt, als jenes, das angegeben wurde? Wie viele untersuchte Jugendliche waren älter? Wie viele waren jünger? Wie viele haben ihr Alter den Untersuchungsergebnissen entspre­chend angegeben?

7)     Gibt es eine Anzeigepflicht für nicht zur Einvernahme erscheinende Minderjährige?

a.     Wenn ja: Wie viele solcher Fälle wurden zur Anzeige gebracht?

b.     Wenn nein: Wieso nicht?

8)     Wie viele Kinder und Jugendliche wurden in dem genannten Zeitraum als vermisst gemeldet?

a.     Wie viele davon konnten wieder aufgefunden werden?

b.     In wie vielen Fällen ist der Verbleib derzeit nicht geklärt?

9)     Stehen die Zahlen zwischen den Anzeigen eines Nichterscheinens bei der Einvernahme und die Zahlen der Vermissten in einem Zusammenhang?

a. Wie viele der nicht zur Vernehmung erschienenen Kinder und Jugendlichen können nicht mehr aufgefunden werden?

10)   Wird eine Abgängigkeitsanzeige gemacht, wenn minderjährige Flüchtlinge abends nicht zur Unterbringung zurückkehren?

11)    Wird eine Abgängigkeitsanzeige gemacht, wenn unbegleitete minderjährige Flüchtlinge abends nicht zur Unterbringung zurückkehren?

12)   Welche Maßnahmen werden beim Verschwinden von (unbegleiteten) minderjährigen Flücht­lingen ergriffen?

13)    Sind die Kinderrechte für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in den Bundesbetreuungs- einrichtungen garantiert? Gibt es eine spezielle Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in den Erstaufnahmestellen des Bundes?

a.     Wenn ja: Wie sieht diese aus?

b.     Wenn ja: Durch wen/welche Organisation wird diese durchgeführt?

c.     Wenn ja: Wie sieht der Betreuungsschlüssel aus?

d.     Wenn ja: Ist dieser Betreuungsschlüssel rund um die Uhr gewährleistet?

e.     Wenn ja: Gibt es Bezugspersonen für die Kinder und Jugendlichen, die für sie verant­wortlich sind?

f.      Wenn ja: Welchen Ergänzungsbedarf auf die Profession der Betreuenden gibt es, um noch besser auf die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen einzugehen?

g.     Wenn ja: Folgt diese Betreuung dem Standard der Kinder- und Jugendhilfe?

i. Wenn nein, wieso nicht?

h.     Wenn nein: Wieso nicht?

14)   Was passiert mit Kindern und Jugendlichen, die abends/nachts in einem Bundesland aufge­griffen werden und einen Antrag auf Asyl stellen, jedoch nicht nahe genug an Traiskirchen sind, um dort untergebracht zu werden?

a.     Wo verbringen diese Kinder und Jugendlichen die Nacht?

b.     Durch wen werden sie in dieser Zeit betreut?