14117/J XXV. GP

Eingelangt am 04.10.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Kai Jan Krainer Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Steuervermeidung durch Firmenkonstrukte

 

 

 

Begründung

 

 

Der Einsatz gegen Steuervermeidung und -hinterziehung ist eine der größten politischen Herausforderungen unserer Zeit. Dies zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass dieses Thema in so gut wie allen Wahlprogrammen der Parteien, die aktuell für den Nationalrat kandidieren, einen prominenten Platz einnimmt.

Immer wieder werden Briefkastenfirmen und Unternehmenskonstruktionen von Konzernen, aber auch von Einzelpersonen verwendet, um Steuern zu vermeiden. Schätzungen gehen davon aus, dass Österreich jährlich 1,1 bis 1,5 Milliarden Euro durch Steuervermeidung entgehen. Dieses Geld könnte für unseren Sozialstaat, Wachstum und Beschäftigung, Forschung und Entwicklung, für die Senkung von Steuern und Abgaben auf Arbeit, für bessere Ausbildungsmaßnahmen oder für den Schuldenabbau verwendet werden. Gleichzeitig erfahren kleinere und mittlere Unternehmen, die ihre Steuern korrekt zahlen, durch die Steuervermeidung von Großkonzernen einen enormen Wettbewerbsnachteil. Und nicht zuletzt ist es im Sinne einer gerechten Gesellschaft nicht hinnehmbar, dass ArbeiterInnen und Angestellte zum Teil mehr Steuern bezahlen als Millionäre.

Die Anfragesteller sind davon ausgegangen, dass die Finanzbehörden Konstruktionen, wie die von Grasser und Ähnliche, nicht anerkennen. Wie offenbar mit den Vorgängen vertraute Personen berichten, ist dies aber nicht der Fall.

So soll laut diesen Informanten zum Beispiel eine derartige Steuerkonstruktion des Stefan Pierer bei einer Prüfung des zuständigen Finanzamts zunächst vom zuständigen Steuerprüfer per Bescheid abgelehnt, jedoch die Ablehnung nach der Berufung durch den Steuerpflichtigen auf „Druck von oben“ wieder aufgehoben worden sein. Angeblich hätte der ursprüngliche Bescheid, der diese Steuerumgehungskonstruktion aufhob, Herrn Pierer pro Jahr mehr als 500.000 Euro Einkommenssteuer vorgeschrieben.

Durch die Anerkennung dieses Konstrukts zahle Herr Pierer als Vorstandsvorsitzender von KTM weniger Einkommenssteuer als jeder einzelne Angestellte des Unternehmens, obwohl sie einen Bruchteil des Einkommens beziehen. Laut den Informanten betrugen seine tatsächlichen Jahreseinkommenssteuerleistungen (!) für die Jahre 2012 und 2013:

-        2012: 2.779 Euro

-        2013: 2.642 Euro

Das würde bedeuten, dass jeder Arbeiter und Angestellte in Österreich, der 1.400 Euro netto verdient, mehr Einkommenssteuer bezahlt als der Vorstandsvorsitzende eines Milliardenunternehmens.

Alleine bei diesem einen Fall würden Österreich pro Jahr eine halbe Million Euro an Steuereinnahmen entgehen.

 

 

Daher richten die unterzeichnenden Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende

 

 

 

ANFRAGE

 

 

1.     Stimmt es, dass Steuervermeidung mittels verschachtelten Firmenkonstruktionen wie in der Anfrage beschrieben in Österreich von Vorständen/Geschäftsführern betrieben wird und diese Konstruktionen von den Finanzbehörden anerkannt werden?

2.     Welche Mehreinnahmen hätten sich seit 2007 ergeben, wenn die Finanzbehörden solche Steuervermeidungskonstruktionen nicht akzeptiert hätten (bitte um Auflistung nach Jahren und Finanzamt)

3.     Sind Ihnen Steuervermeidungskonstruktionen wie in der Anfrage beschrieben bekannt?

a.     Wenn nein, werden Sie der Sache nachgehen?

                      aa) Wenn nein, warum nicht?

b.     Wenn ja, was haben Sie bisher dagegen getan?

c.     Wenn ja, was gedenken Sie in Zukunft dagegen zu tun?

4.     Entspricht es Ihrem Verständnis von Steuergerechtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung bzw. dem persönlichen Leistungsfähigkeitsprinzip, dass Bezieher höchster Einkommen durch Steuervermeidungskonstruktionen nur einen Bruchteil der Steuerleistung von normal arbeitenden ÖsterreicherInnen bezahlen?