14124/J XXV. GP

Eingelangt am 09.10.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Wahlkampfunterstützung der ÖBB für die SPÖ

In den vergangenen Wochen des Nationalratswahlkampfes 2017 häuften sich Fälle auffälliger Inszenierungen von SPÖ-Spitzenfunktionären und ihrer inhaltlichen Positionierungen auf Geländen des mit Steuermitteln finanzierten Staatsunternehmens ÖBB.

Der Code-of-Conduct der ÖBB-Holding AG (im Folgenden kurz „ÖBB“) hält in seiner aktuellen Fassung (März 2013) in seinem Punkt 11 („Politische Aktivitäten“) fest, dass „die Durchführung parteipolitischer Betätigung in Räumlichkeiten, mit Mitteln oder im Namen des ÖBB-Konzerns“ untersagt ist.

Das bedeutet im Wortlaut, dass nicht nur nicht gestattet ist, dass die ÖBB parteipolitisch handelt, sondern dass auch kein Dritter in deren Räumlichkeiten oder mit deren Mitteln sich parteipolitisch betätigen darf. Etwaige Ausnahmen bestehen zwar für Aktivitäten der wahlwerbenden Gruppen bei Betriebsratswahlen nach dem Arbeitsverfassungsgesetz sowie der gesetzlichen Interessenvertretung, jedoch nicht für Nationalrats- oder andere Wahlen.

Am 12. September 2017 wurde von ÖBB Vorstandsvorsitzenden Andreas Matthä zu einer Unterstützungsveranstaltung für die Kampagne “Sag Ja zur Bahn in Rot Weiß Rot” mit SPÖ- Verkehrsminister Jörg Leichtfried nach Linz eingeladen. Laut Einladung (siehe Anlage) galt die Teilnahme an der Veranstaltung als Dienstzeit und wurde als Dienstreise abgegolten. Am selben Tag, ebenfalls in Oberösterreich, fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein Empfang der Eisenbahnergewerkschaft Vida für den Bundeskanzler und SPÖ Chef Christian Kern statt. Bilder aus den sozialen Medien zeigen einen eindeutigen Fokus auf die Nationalratswahl am 15. Oktober 2017 und den Spitzenkandidaten der Sozialdemokratischen Partei.


 

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Die oben stehen Bilder stammen vom Instagram Account des Bundeskanzlers und belegen eindeutig SPÖ Wahlwerbung in ÖBB Räumlichkeiten (,,vida wählt SPÖ“, „Das ist unsere Wahl! 15. Oktober SPÖ“).

Am 22. September 2017 berichtete der Kurier über eine SPÖ-Verteilaktion auf mehreren Österreichischen Bahnhöfen, die scheinbar ohne Erlaubnis durchgeführt wurde. Verteilaktionen politischer Natur würden auf Infrastrukturflächen der ÖBB, laut Aussage des Unternehmens, nicht genehmigt. Die SPÖ-Wahlwerbung, an der unter anderem auch Bildungsministerin Sonja Hammerschmid beteiligt war, wurde aber geduldet.

 

Auch in Tirol besuchte Kern unter dem Motto “Einmal Eisenbahner, immer Eisenbahner’ ein Fest der ÖBB. Die Tiroler Tageszeitung berichtete am 31. August 2017:

„Etwas wehmütig blick SPÖ-Vorsitzender und Bundeskanzler Christian Kern aus dem Fenster, als sein Wahlkampfbus am Innsbrucker Hauptbahnhof vorbeifährt. Das ÖBB-Schild thront mächtig auf dem Bahnhofsgebäude. Der Kanzler war gern ÖBB-Chef, sechs Jahre führte er das Unternehmen. ,,Wir konnten die Fahrgastzahlen jährlich steigern“, ist er rückblickend stolz. Dann biegt sein Bus mit dem Wahlkampftross aus Helfern und engsten Mitarbeitern zum Claudiaplatz ein, zur ehemaligen ÖBB-Generaldirektion. Dort wird gegrillt, das jährliche Hoffest ist ein Dankeschön für die ÖBB-Mitarbeiter, wie ÖBB-Regionalmanager Rene Zumtobel erzählt. Für Kern ist es ebenfalls ein Leckerbissen im Wahlkampf: ein rotes Heimspiel im schwarzen Tirol. Sein gallisches Dorf. “

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie nachstehende

Anfrage:

1.    War Ihnen als Eigentümervertreter der ÖBB bekannt, dass in Räumlichkeiten des ÖBB Konzerns oben stehende Veranstaltungen abgehalten wurden?

2.    Würden Sie die Auftritte eines Spitzenkandidaten einer wahlwerbenden Partei bei der Nationalratswahl gemeinsam mit mehreren entsprechend gekleideten Begleitpersonen („kernstreit“) inklusive entsprechendem Werbematerial, wenige Wochen vor dem Wahltermin, als parteipolitische Betätigungen qualifizieren?

3.    Haben Sie als Eigentümervertreter davon Kenntnis erlangt, dass diese Veranstaltungen zu parteipolitischen Zwecken genutzt wurden, nämlich der Bewerbung der SPÖ und ihres Kandidaten Christian Kern im Nationalratswahlkampf 2017?

4.    Haben Sie Kenntnis darüber erlangt, dass die beschriebenen Aktivitäten im Zusammenhang mit Aktivitäten von wahlwerbenden Gruppen bei den Betriebsrats­oder Arbeiterkammerwahlen abgehalten wurden?

5.    Haben Sie als Eigentümervertreter Erkundigungen bei den zuständigen Organen der ÖBB, insbesondere dem Aufsichtsrat, eingeholt, ob nach diesen parteipolitischen Betätigungen innerhalb des Unternehmens eine Prüfung hinsichtlich möglicher Verstöße gegen die Regelungen des Code-of-Conducts vorgenommen wurde, der ja die „Durchführung parteipolitischer Betätigung in Räumlichkeiten [...] des ÖBB- Konzerns“ untersagt?

6.    Haben Sie Erkundigungen bei den zuständigen Organen der ÖBB eingeholt, wieso entgegen den Regelungen des Code-of-Conducts solche parteipolitischen Betätigungen stattgefunden haben?

7.    Haben Sie als Eigentümervertreter der ÖBB die Zustimmung dazu erteilt, dass parteipolitische Betätigungen in Räumlichkeiten des ÖBB-Konzerns abgehalten werden durften?

a.    Wenn ja, haben Sie auch anderen Parteien als der SPÖ die Zustimmung dazu erteilt, sich innerhalb der Räumlichkeiten der ÖBB parteipolitisch zu betätigen?

8.    Haben Sie als Eigentümervertreter Erkundigungen eingeholt, auf welcher Ebene, also Vorstand, Bereichs- oder Abteilungsleitung, der Holding oder einer der ÖBB- Tochtergesellschaften die Zustimmung dazu erteilt wurde?


 

9.    Haben Sie Erkundigungen bei den Organen der ÖBB eingeholt, ob für die Benutzung der Räumlichkeiten zum Zweck der Werbung für eine politische Partei von Seiten der genannten wahlwerbenden Partei ein Honorar bzw. Entgelt für die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten an die ÖBB entrichtet wurde?

a.    Wenn nein, wieso nicht?

10.  Es liegt der Verdacht nahe, dass

(i)      gegen den Code-of-Conduct der ÖBB verstoßen wurde,

(ii)     keine Genehmigung des Eigentümervertreters eingeholt und

(iii)     auch kein Entgelt für die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten von Seiten der wahlwerbenden Partei verlangt/erbracht wurde.

Haben Sie daher Erkundigungen eingeholt, ob in diesem Zusammenhang im Unternehmen strafrechtlich geprüft wurde, ob der Tatbestand der Untreue (§ 153 StGB) zum Nachteil der ÖBB erfüllt sein könnte?

a.    Wenn Nein, wieso nicht?

11.  Haben Sie eine solche Prüfung veranlasst?

a. Wenn nein, wieso nicht?

12.  Wie werden Sie sicherstellen, dass die entsprechenden Maßnahmen gesetzt werden, um zukünftig einen Missbrauch der ÖBB für Wahlkampfzwecke auszuschließen und damit die Einhaltung der Compliance-Vorschriften, insbesondere jener zum Schutz vor parteipolitischer Instrumentalisierung der ÖBB, sicherzustellen?

13.  Welchen Einfluss hat diese augenscheinliche Kooperation zwischen ÖBB und SPÖ auf die inhaltliche Ausrichtung des BMVIT in Sachen Direktvergabe?

14.  Sind Sie bereit als Eigentümervertreter sicherzustellen, dass die ÖBB alle in Zusammenhang mit oben stehenden Veranstaltungen entstandenen Kosten offenzulegen?


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