14131/J XXV. GP

Eingelangt am 12.10.2017
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Christiane Brunner, Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Justiz

betreffend uneinheitlichen Umgang mit Strafanzeigen zum Thema Dieselpartikelfilter-Manipulation

 

Seit Jahren ist bekannt, dass es im Bereich Chiptuning und Partikelfiltermanipulation grobe Missstände in Österreich gibt. Dass 1 Prozent der Kraftfahrzeuge auf Österreichs Straßen für 25 Prozent der Luftschadstoffbelastung verantwortlich sind, hat nur in verschwindendem Ausmaß mit zB zwischen zwei §57a-„Pickerl“-Terminen auftretenden und noch unerkannt gebliebenen technischen Defekten zu tun, sondern geht in der großen Mehrzahl der Fälle auf aktive Manipulation des Fahrzeugs durch den Eigentümer oder von ihm beauftragte gewerbliche oder sonstige Dienstleister zurück.

 

Neben den herstellerseitigen abgastechnischen Manipulationen legaler wie illegaler Art, die im Zusammenhang mit dem Abgasskandal/Dieselskandal/VW-Skandal breite Öffentlichkeit erlangt haben, ist Chiptuning und Partikelfiltermanipulation die zweite große Quelle für die nicht der zu erwartenden Papierform entsprechenden, sondern viel höheren Schadstoff-Immissionen aus Kfz-Abgasen in vielen Regionen. Diese Überschreitungen der zulässigen Luftbelastung zwingen die die dort Verantwortlichen im Einklang mit EU- und bundesrechtlichen Vorgaben zu verursachergerechten Verkehrs-Maßnahmen, wie Tempolimits oder andere Fahrbeschränkungen.

 

Luftverschmutzung aus dem Verkehr führt erwiesenermaßen zu noch weit mehr vorzeitigen Todesfällen und mehr zusätzlichen, zum Teil chronisch verlaufenden Krankheitsfällen als das nach wie vor opferträchtige Verkehrsunfallgeschehen. Daher ist der Handlungsbedarf selbsterklärend und auch aus volkswirtschaftlicher und strafrechtlicher Perspektive (vgl. die §§ 176 und 180 des Strafgesetzbuches – vorsätzliche Gemeingefährdung und vorsätzliche Umweltgefährdung) offensichtlich.

 

Seit dem Jahr 2015 haben die Umweltlandesrätinnen und -landesräte der Bundesländer in ihrer alljährlichen „LandesumweltreferentInnenkonferenz“ vor dem Hintergrund ihrer Zuständigkeit für Luftreinhaltung mit Beschlüssen auf diesen Problembereich „Chiptuning und Partikelfiltermanipulation“ hingewiesen. Es wurden dabei den für die nötigen Maßnahmen kraftfahrrechtlicher oder sonstiger Art zuständigen Regierungsmitgliedern auf Bundesebene (BMVIT, BMLFUW) auch entsprechende Fragen zu Maßnahmen und weiterer Vorgangsweise gestellt. Nach grob verspäteter und dann immer noch unbefriedigender Beantwortung mussten 2016 und auch 2017 erneut Beschlüsse gefasst werden, die zur Abarbeitung der bundesseitigen Defizite auf Maßnahmen- und Vollzugsebene mahnten, mit bislang überschaubarem Erfolg – man kann geradezu von weitgehender „Arbeitsverweigerung“ der Bundesregierung sprechen.

 

Angesichts dessen wurden von einer Landes-Umweltanwaltschaft im März 2017 Strafanzeigen gegen über 50 namentlich genannte natürliche und juristische Personen in mehreren Bundesländern sowie im angrenzenden Ausland einerseits und gegen Unbekannt andererseits bei mehreren Staatsanwaltschaften eingebracht, wie mehrere Medien insbesondere zwischen 28.3. und 2.4.2017 berichteten.

 

Es werden nämlich entsprechende Dienstleistungen auch in Österreich beispielsweise über das Internet ganz unverblümt öffentlich angeboten, wie die Grünen bereits Ende 2015 in den Parl. Anfragen 7544/J XXV.GP (an den Umweltminister) und 7545/J XXV.GP (an den Verkehrsminister) dokumentiert hatten.

 

In den erwähnten Strafanzeigen aus dem 1. Quartal 2017 wurde der Sachverhalt so zusammengefasst, dass die darin genannten Personen im WWW/Internet als (gewerbliche) Anbieter von Dienstleistungen angeführt seien, die darin bestünden, DPF/Dieselpartikelfilter aus damit ausgestatteten Kfz wirkungslos zu machen, zu entfernen beziehungsweise durch hinsichtlich Filterwirkung wirkungslose Einbauten zu ersetzen. Weiters werde von diesen Personen auch angeboten, durch das Nichtfunktionieren bzw das Fehlen von DPF ausgelöste Fehlermeldungen mit anschließenden Notlaufprogrammen u.dgl. durch Software-Umprogrammierung hintanzuhalten. Zugleich werde auch noch versprochen, dass es trotzdem keine Probleme bei der wiederkehrenden Fahrzeugüberprüfung nach §57a KFG („Pickerl“) geben werde.

Es gehe dabei um die Vermeidung der ab und zu nötigen Reinigung („Regenerierung“) bzw. des teilweise nach einigen Jahren nötigen Tauschs des DPF, jeweils aus Kostengründen. Somit würden die entsprechenden Schadstoffe eins zu eins in die Luft gehen, wobei die aus Verbrennungsmotoren stammenden Feinstpartikel zu einer bedeutenden, in zahlreichen Studien erwiesenen Erhöhung von Krankheits- und Todesfällen führen würden.

 

Es wurde in den Strafanzeigen darauf hingewiesen, dass neben verwaltungsstrafrechtlichen Tatbeständen aus Gewerberecht, IG-L (Immissionsschutzgesetz-Luft – Umgehung von Fahrverboten usw), Abgabenrecht, Kraftfahrrecht insbes. hinsichtlich der Kfz-Zulassung, usw auch strafrechtliche Tatbestände, insbes. im Sinne von § 12 iVm §§ 146 ff. StGB (Betrug etc) sowie §§ 180 ff. StGB (vorsätzliche Gefährdung der Umwelt), sowohl seitens der die Eingriffe Vornehmenden als auch seitens der sie Beauftragenden, also der Kfz-Halter, erfüllt seien.

Aufgrunddessen wurde in den Strafanzeigen

·         um Einleitung entsprechender Ermittlungen sowie - wegen der Betroffenheit mehrerer Bundesländer und auch anderer Staaten wie Deutschland, Ungarn oder Italien - auch

·         um Einschaltung der jeweils zuständigen Strafverfolgungsbehörden

ersucht.

 

Daraufhin passierte allerdings Erstaunliches:

Während dem Vernehmen nach von einigen befassten Staatsanwaltschaften trotz der übermittelten Sachverhalte, dokumentierten Webseiten, … „kein Anfangsverdacht“ (!) erkannt werden konnte, wurden von anderen Ermittlungen aufgenommen. Dem Vernehmen nach wird teilweise nach mehr als einem halben Jahr weiterhin ermittelt, es soll aber auch bereits zu Strafverfahren gekommen sein, von denen etwa die Hälfte bereits mit rechtskräftigen Strafen endeten.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Bei welchen Staatsanwaltschaften wurden auf Basis der erwähnten Strafanzeigen keine Ermittlungsverfahren eingeleitet, sondern die Strafanzeigen zurückgelegt?

2)    Wann wurden in diesen Fällen die Strafanzeigen jeweils zurückgelegt?

3)    Wieso haben die betreffenden Staatsanwaltschaften jeweils keinen hinreichenden Anfangsverdacht gesehen?

4)    Bei welchen Staatsanwaltschaften wurden auf Basis der erwähnten Strafanzeigen Ermittlungsverfahren eingeleitet?

5)    Wann wurden die in Frage 4 angesprochenen Ermittlungsverfahren jeweils eingeleitet?

6)    Auf Basis des Verdachts der Begehung welcher strafbarer Handlungen wurden die Ermittlungsverfahren (Frage 4) eingeleitet?

7)    Welche konkreten Ermittlungsmaßnahmen wurden in den in Frage 4 bis 6 angesprochenen Ermittlungsverfahren jeweils gesetzt?

8)    Wieviele Zeugen wurden in den in Frage 4 bis 7 angesprochenen Ermittlungsverfahren jeweils einvernommen?

9)    In welchem Stadium befinden sich die in Frage 4 angesprochenen Verfahren derzeit?

10) Ist es zu Anklagen gekommen, wenn ja in welcher Zahl und aufgrund welcher StGB-Paragraphen?

11) Wurden Verfahren aufgrund objektiver Konnexität zusammengeführt, wenn ja bei welcher Staatsanwaltschaft?