4/JPR XXV. GP

Eingelangt am 19.03.2014
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger
an die Präsidentin des Nationalrats

betreffend Interpellationsrecht der Abgeordneten zum Nationalrat

Gemäß Art 52 Abs 1 B-VG sind ,,[d]er Nationalrat und der Bundesrat [...] befugt, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen sowie ihren Wünschen über die Ausübung der Vollziehung in Entschließungen Ausdruck zu geben.“

Gemäß Abs 2 bestehen solche Kontrollrechte „[...] gegenüber der Bundesregierung und ihren Mitgliedern auch in bezug auf Unternehmungen, an denen der Bund mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist und die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen. Einer solchen finanziellen Beteiligung ist die Beherrschung von Unternehmungen durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen gleichzuhalten. Dies gilt auch für Unternehmungen jeder weiteren Stufe, bei denen die Voraussetzungen gemäß diesem Absatz vorliegen.“

Der Bundesverfassungsgesetzgeber differenziert somit einerseits nicht zwischen hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Tätigkeit, andererseits nicht zwischen unmittelbarer und mittelbarer Unternehmensbeteiligung, solange solche Tochterunternehmungen ebenfalls der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen. Der Umfang des Interpellationsrechts ist derselbe für Unternehmungen, die unmittelbar im (zumindest mehrheitlichen) Bundeseigentum stehen, und für deren (zumindest mehrheitliche) Tochterunternehmungen.

Im Falle der Bundestheater ist der Bund bekanntlich Alleineigentümer der Bundestheater-Holding GmbH, welche wiederum Alleineigentümerin der Burgtheater GmbH ist. Letztere unterliegt der Kontrolle des Rechnungshofs und ist eine Unternehmung iSd Art 52 Abs 2 letzter Satz B-VG. Die Kontrollkompetenz des Rechnungshofs gemäß Art 126b Abs 2 letzter Satz B-VG ist diesbezüglich wortident zum Interpellationsrecht normiert.


 

Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Rechtslage besteht ein Weisungs- bzw. (in die Gegenrichtung:) Berichtszusammenhang zwischen dem Eigentümer einer Holding-GmbH und der Geschäftsführung der Tochter-GmbH. Die Burgtheater GmbH befindet sich vollumfänglich im Ingerenzbereich des (als Eigentümervertreter) zuständigen Bundesministers. Es handelt sich bei ihr weder um eine weisungsfreie Behörde noch um einen solchen privatrechtlichen Rechtsträger (wie zB eine AG - vgl. § 70 AktG).

Die Anfragestellerin hat zu 406/J eine schriftliche Anfrage an die damals zuständige Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur gerichtet, die zu 391/AB vom nunmehr zuständigen Bundesminister im Bundeskanzleramt, Dr. Josef OSTERMAYER, beantwortet wurde.

Der Bundesminister verweigert die Beantwortung der Fragen 1 bis 9 der Anfrage 406/J mit dem Argument, „die Angelegenheiten [...] der Tochtergesellschaften der Bundestheater-Holding unterliegen grundsätzlich nicht der Interpellation“, außer in „jenen Angelegenheiten [...], in denen auch tatsächlich Beschlüsse des jeweiligen Aufsichtsrates vorliegen“.

Diese Interpretation der Rechtslage würde jedoch dem letzten Satz des Art 52 Abs 2 B-VG einen bedeutungsleeren Inhalt unterstellen; diese Regelung wäre komplett sinnlos. Eine derartige Auslegung (bundesverfassungs)rechtlicher Regelungen ist jedoch bekanntlich unzulässig.

Anfrage

 

1.      Teilen Sie diese Rechtsmeinung des Bundesministers Dr. Ostermayer?

2.      Wenn ja, welcher Anwendungsbereich verbliebe dann für Art 52 Abs 2 letzter Satz B-VG?

3.      Wenn nein, welche Konsequenzen könnte die Verweigerung der Anfragebeantwortung bewirken?

4.      Halten Sie eine diesbezügliche Änderung der Rechtslage für sinnvoll?

5.      Wenn ja, welche Unklarheiten sollten dabei wohingehend bereinigt werden?