30/JPR XXV. GP

Eingelangt am 07.07.2016
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

Der Abgeordneten Dr. Marcus FRANZ

Kolleginnen und Kollegen

an die Präsidentin des Nationalrates

betreffend „Bestellung des RH-Präsidenten/in“

Mit 30. Juni 2016 lief die zwölfjährige Funktionsperiode des RH-Präsidenten, Dr. Josef Moser, aus. Gemäß Art. 122 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes iVm. § 87 Abs. 4 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates ist die Präsidentin bzw. der Präsident des Rechnungshofes vom Nationalrat auf Vorschlag des Hauptausschusses zu wählen.

Aufgrund einer Polit-Posse erster Güte, einigte man sich im Hauptausschuss des Parlaments auf die offenbar „zweitbeste“ Kandidatin. Der Klubobmann der SPÖ, Mag Schieder, wird in diesem Zusammenhang wie folgt zitiert: „Daher habe man sich für die zweitbeste Bewerberin Dr. Kraker entschieden. Auch mit ihr sei eine "gute Wahl" getroffen worden.“ Als Sieger in diesem derb-komischen Trauerspiel machte Klubobmann Schieder dann auch noch den Parlamentarismus aus?

Aufgrund der Verlautbarungen aus dem Büro der Nationalratspräsidentin, habe der Hauptausschuss einen konkreten Entscheidungsvorschlag in Form eines auf eine Person lautenden Wahlvorschlages an das Plenum vorzulegen. Somit wäre ein auf mehrere Personen lautender Wahlvorschlag zurückzuweisen. Die Zulässigkeit von Mehrpersonenvorschlägen wurde schlussendlich auch in der Sitzung der Präsidiale am 12. Mai beraten. Dabei wurde offenbar auch ein Gutachten bei der Parlamentsdirektion in Auftrag gegeben, welches zum Ergebnis gekommen ist, dass nur eine Person als Wahlvorschlag zulässig sei. Im Übrigen habe der Wahlvorschlag des Hauptausschusses seit 1947 immer nur auf jeweils einen Kandidaten gelautet. Die Feststellung, dass immerhin der Hauptausschuss des Nationalrates seit 1947 immer nur einen Kandidaten vorgeschlagen hat, kann allerdings als Begründung nicht nachvollzogen werden. Ein weiteres kurioses Glanzstück der österreichischen Innenpolitik, stellt auch das öffentliche Hearing der Kandidaten für den Posten der Rechnungshofpräsidenten/in dar. Dies deshalb, weil dies in der österreichischen Rechtsordnung nicht vorgesehen ist und somit nur einen freiwilligen Akt des Parlaments darstellt.

In jedem größeren Unternehmen werden externe Spezialisten beauftragt, die „besten Köpfe“ für einen ausgeschriebenen Posten im Unternehmen zu suchen. So genannte „Headhunter“. Diese generell gültige Praxis sollte wohl auch für die „Bestellung“ des Präsidenten des Rechnungshofes, welcher als das Hilfsorgan des Nationalrates gilt, gelten.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Präsidentin des Nationalrates folgende

Anfrage

1.    Wurde das Gutachten der Parlamentsdirektion den Klubs und den Abgeordneten zur Einsicht zur Verfügung gestellt?

2.     Wenn nein, warum nicht?

3.     Mit welcher Begründung kam die Parlamentsdirektion in ihrem Gutachten zu dem Schluss, dass lediglich ein „Einervorschlag“ zur Wahl des RH-Präsidenten zulässig sei?

4.     Wie ist die Aussage zu verstehen, dass der Wahlvorschlag des Hauptausschusses seit 1947 immer nur auf jeweils einen Kandidaten lautete?

5.     Hat diese Feststellung Rechtscharakter?

6.     Sehen sie bzw. die Parlamentsdirektion die Notwendigkeit einer Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrates im Zusammenhang mit dem derzeitigen Vorschlagsrecht des RH-Präsidenten durch den Hauptausschuss?

7.     Wenn nein, warum nicht?

8.     Bedarf das öffentliche Hearing der Kandidaten zum Rechnungshofpräsidenten/in einer rechtlichen Umsetzung, da dieses in der derzeitigen Rechtsordnung nicht vorgesehen ist?