110/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

der Enquete-Kommission zum Thema „Stärkung der Demokratie in Österreich“

Die Enquete-Kommission zum Thema „Stärkung der Demokratie in Österreich“ hat in der konstituierenden Sitzung am 18. Dezember 2014 auf Vorschlag der Obfrau Doris Bures gemäß § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates einstimmig beschlossen, die auszugsweisen Darstellungen der öffentlichen Anhörungen als Kommuniqué zu veröffentlichen.

Am 2. Juni 2015 fand die siebente öffentliche Anhörung statt, deren auszugsweise Darstellung angeschlossen ist.

 

 

Wien, 2015 06 02

                           Mag. Wolfgang Gerstl                                                         Ing. Norbert Hofer

                                     Schriftführer                                                                    Obfraustellvertreter

 



logo

 


 

Enquete-Kommission

 

„Stärkung der Demokratie in Österreich“

 

 

titelbild

 

Auszugsweise Darstellung

(verfasst vom Stenographenbüro)

 

7. Sitzung

Dienstag, 2. Juni 2015

10.04 Uhr – 12.17 Uhr

Lokal VIII

 


Beginn der Sitzung 10.04 Uhr

Obfrau-Stellvertreter Präsident Ing. Norbert Hofer eröffnet die 7. Sitzung der Enquete-Kommission betreffend „Stärkung der Demokratie in Österreich“, die öffentlich ist, und begrüßt die Mitglieder der Enquete-Kommission, die Bürgerinnen und Bürger sowie alle Interessierten.

Das Thema der heutigen Sitzung sei „Politische Schlussfolgerungen“. Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger, NGOs und Institutionen seien nach wie vor ausdrücklich eingeladen, Stellungnahmen bis zum Ende der Arbeit der Enquete-Kommission, also bis Mitte September 2015, abzugeben. Diese würden, sofern dem kein rechtlicher Grund entgegenstehe, im Intranet und Internet des Parlaments veröffentlicht.

Der Obfrau-Stellvertreter leitet zur Diskussion über und erteilt als erster Rednerin Frau Abgeordneter Mag. Musiol das Wort.

Diskussion

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Ich verspreche an dieser Stelle, dass das heute nicht mein letzter Redebeitrag sein wird.

Vorweg: Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, zumindest ein anderes Setting herzustellen, wenn es auch noch besser gegangen wäre und diesbezüglich auch noch Vorschläge gekommen sind. Wir haben aber jedenfalls heute die Möglichkeit, hier miteinander zu reden, und zwar nicht so frontal, wie wir das auch im Nationalrat gewohnt sind. Ich glaube, nachher können wir dann schauen, ob das inhaltlich etwas bringt und Vorteile hat.

Herr Präsident! Sie sind informiert darüber, dass ein Antrag vorliegt, und diesen möchte ich jetzt ansprechen, auch wenn er erst am Schluss abgestimmt wird. Es geht dabei um Frage, die auch in der Präsidiale erörtert wurde, wie die Stellungnahmen und Berichte der BürgerInnen dann auch in einen Endbericht einfließen können. Es gibt ja am Ende von Enquete-Kommissionen Berichte, und zwar idealerweise einen Konsensbericht, weil sich alle einig sind, was zu tun ist. – Schauen wir einmal, ob uns das in dieser Frage gelingt!

Ungewöhnlich für eine Enquete-Kommission war diesfalls die Einbindung der BürgerInnen, und daher erhebt sich die Frage, wie die Berichte letztlich aussehen sollen. Wir alle haben uns gemeinsam sehr stark dafür eingesetzt, dass ganz klar ist, dass die BürgerInnen natürlich nicht nach der letzten Sitzung einfach von dannen ziehen und sozusagen nichts geschieht. Vielmehr soll es die Möglichkeit geben, dass sie einzeln oder gemeinsam – so sie zu einer gemeinsamen Einschätzung kommen – das Ganze auch verschriftlichen, damit ihre Stellungnahmen für alle Zeiten schriftlich vorliegen und nachvollziehbar ist, welche Eindrücke sie einerseits inhaltlich zu dem Thema, aber andererseits natürlich auch zum Prozedere gewonnen haben. Alles, was sie in den letzten Sitzungen vorgebracht haben, soll dann noch einmal schriftlich vorgebracht werden können.

Ich meine nämlich, ein wesentlicher Punkt ist die Frage, wie offen das Parlament tatsächlich ist, wenn BürgerInnen miteinbezogen werden. Betreffend die Frage, wie bürgerInnenfreundlich das Parlament dann ist, sind sie, wie ich meine, sozusagen die ExpertInnen, die auch viel dazu sagen können, auf welche Hürden man trifft.

Unsere heutige Sitzung trägt den Titel „Politische Schlussfolgerungen“, und wenn ich jetzt die letzten Sitzungen nur atmosphärisch Revue passieren lasse, dann hat es, glaube ich, hier einige Momente gegeben, in denen einzelne Parteien klar noch einmal ihre Positionen zum Thema „Direkte Demokratie“ dargelegt haben. Ich zähle die Grünen dazu – unser diesbezügliches Idealziel ist die Dreistufigkeit –, aber auch die anderen Oppositionsparteien, NEOS und FPÖ, haben sich hier klar positioniert. Was mir gefehlt hat in den letzten Sitzungen ist eine klare Positionierung der Regierungsparteien.

Wir alle wissen, dass wir Mehrheiten brauchen, um dann das, was wir hier besprochen und von ExpertInnen gehört haben, in Maßnahmen gießen und umsetzen zu können, und vor diesem Hintergrund habe ich eigentlich im Moment nur Fragen beziehungsweise eine ganz konkrete Frage an die beiden Regierungsparteien: Welche sind Ihre Schlussfolgerungen? Was gedenken Sie jetzt sozusagen hier – mit unserer Unterstützung oder auch nicht – umzusetzen?

Oder anders gesagt: Ich als Verfassungs- und Demokratiesprecherin der Grünen bin vor zwei Jahren ungefähr zu dieser Jahreszeit mit dem jetzigen Präsidenten und damaligen Klubobmann Kopf und dem damaligen Klubobmann Cap mehrere Stunden lang zusammengesessen, und wir haben einen Kompromiss verhandelt, der auch eine der Grundlagen dieser Enquete-Kommission war. Es geht um den Kompromiss – und ich betone jetzt absichtlich den Begriff „Kompromiss“, weil wir uns von verschiedenen Ecken irgendwo in der Mitte angenähert haben – nach einer Volksbefragung nach ausreichend unterstützten Volksbegehren, und meine Frage an Sie von ÖVP und SPÖ lautet ganz konkret: Was haben Sie jetzt in der Enquete-Kommission gehört, was Sie sozusagen von diesem Kompromiss abrücken lässt? Oder bleiben Sie bei diesem Kompromiss? Wobei das „Abrücken“ jetzt in zwei Richtungen gehen kann, nämlich entweder in Richtung Ja, die dreistufige Volksgesetzgebung mit einer Volksabstimmung am Ende ist eigentlich eh super, das machen wir, oder in Richtung Nein, wir wollen weniger.

Das würde mich interessieren. – Danke schön.

*****

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Wenn wir heute politische Schlussfolgerungen ziehen, dann fällt mir das insofern schwer, als an sich ja einerseits ein Gesetzesvorschlag auf dem Tisch liegt, der sozusagen die Grundlage der Diskussion war, und es andererseits zumindest von den Oppositionsparteien – ich weiß es von den Grünen und uns konkret, aber soviel ich weiß, haben die NEOS das auch zumindest in ihrem Programm – eindeutige Vorschläge gibt, wie mit der direkten Demokratie umgegangen werden soll.

Ich schließe mich jetzt dem an, was Frau Kollegin Musiol gesagt hat, und stelle die wichtige und interessante Frage an die Abgeordneten der Regierungsparteien: Ist durch diese Enquete-Kommission ein Umdenkprozess in Gang gesetzt worden? – Wir haben sehr viel gehört, und es war sehr interessant. Ich glaube, niemand hat all das gewusst, was wir auch von internationalen Experten gehört haben.

Für mich ist sehr stark die Grundaussage hängen geblieben: Wenn man direkte Demokratie ernst nimmt und dem Bürger vermitteln will, dann muss es am Schluss eines solchen Prozesses eine echte Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen, und nicht nur eine Volksbefragung geben, um das jetzt einmal sehr allgemein zu formulieren. Das war für mich eine der ganz wesentlichen Aussagen. Wenn man nämlich dabei hängen bleibt, dass man am Schluss eines – erfolgreichen – Volksbegehrens nur eine Volksbefragung veranstaltet, dann frustriert man die Bevölkerung erst recht, und dann hat man in Wirklichkeit nichts im Zusammenhang mit direkter Demokratie weitergebracht.

Ich weiß schon, dass man immer eine ein bisschen subjektive Wahrnehmung hat, wenn man sich Vorträge anhört. Aber ich denke, das war schon sehr eindeutig. Und es würde mich jetzt eben interessieren, ob das bei den Regierungsparteien auch so angekommen ist und ob es da jetzt ein Umdenken in die Richtung gibt.

Die ÖVP hat das ursprünglich einmal auch so präsentiert: Ich erinnere mich daran, dass Außenminister Kurz gesagt hat, dass es hier die Möglichkeit einer Volksinitiative – oder wie immer das bezeichnet wurde – geben sollte, also jedenfalls die Möglichkeit, direkt aus der Bevölkerung heraus einen Gesetzgebungsprozess in Gang zu setzen. – Davon ist man aber von ÖVP-Seite offenbar abgerückt. Jetzt würde mich interessieren, damit wir einmal wissen, wovon wir hier sprechen: Gibt es da eine weitere Bewegung?

*****

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Ich habe jetzt noch einmal kurz darüber nachgedacht, was im Zuge der ganzen Enquete-Kommission sehr klar von allen Expertinnen und Experten und natürlich auch von den Bürgerinnen und Bürgern formuliert wurde. Ich nehme jetzt aber einmal nur das heraus, was die Experten immer wieder wiederholt haben, und was Kollege Stefan jetzt schon angesprochen hat, dass es nämlich eine Volksabstimmung am Ende eines solchen Prozesses geben muss und keine Volksbefragung.

Wir haben jetzt immer wieder gehört: Der politische Druck ist dann eh so groß, dass man es umsetzen muss. – Ich meine aber, es war nichtsdestotrotz klar, dass es in einem logischen System am Schluss nur zu einer Volksabstimmung kommen kann.

Außerdem meine ich, dass auch immer wieder klar wurde, dass es eine Veto-Möglichkeit des Volkes gegen Gesetzesbeschlüsse geben muss.

Ein ganz wichtiger Punkt, den Kollege Stefan auch schon angesprochen hat, ist meines Erachtens auch, inwiefern man Partizipation ernst nimmt. Ich glaube, das ist das Um und Auf der ganzen Diskussion. Und diese Partizipation gibt es nicht wirklich, wenn es nur eine Volksbefragung am Ende des Prozesses gibt und man sich an und für sich immer noch dagegen entscheiden kann, selbst wenn der politische Druck hoch ist.

Ich meine, im Wesentlichen steht im Mittelpunkt, dass man Beteiligung, wenn man sie ermöglicht, auch ernst nehmen muss, weil das Ganze ansonsten schlichtweg keinen Sinn macht und auch immer mehr zur Politikverdrossenheit beziehungsweise zu Politikerverdrossenheit oder Parteienverdrossenheit beiträgt. Das heißt, was ganz wesentlich im Mittelpunkt steht, ist die Frage des Ernstnehmens.

Was, glaube ich, auch im Mittelpunkt steht – das haben wir auch immer wieder gehört –, ist die Frage der Information und der Transparenz betreffend Informationen für die Leute, die mitentscheiden können sollen, das heißt für alle Österreicherinnen und Österreicher. In diesem Zusammenhang gibt es ganz viele unterschiedliche Punkte, die wichtig sind. Dabei geht es auch um sehr viele Angelegenheiten, die nur das Parlament an sich betreffen, die gar nicht mit direkter Demokratie per se etwas zu tun haben, sondern da geht es etwa um die Öffnung von Ausschüssen beziehungsweise darum, wie Begutachtungen ablaufen.

Ein wesentlicher Punkt dabei ist weiters – auch das haben wir sehr oft gehört –, dass direkte Demokratie nur dann funktionieren kann, wenn die entsprechenden Informationen vorliegen. In diesem Zusammenhang wurde immer wieder die Schweiz als Beispiel genannt, und zwar konkret dieses berühmte Abstimmungsbüchlein, das es in der Schweiz gibt, in welchem klar festgelegt und formuliert ist, was die Auswirkungen von etwaigen direktdemokratischen Entscheidungen sind.

Das heißt, es geht einerseits um das Ernstnehmen der Partizipation und andererseits um Information und Transparenz.

Jetzt am Schluss ist es natürlich interessant und spannend – und deswegen schließe ich mich den zwei Vorrednern an –, was für ein Umdenkprozess bei den Regierungsparteien eingesetzt hat, falls es einen solchen gegeben hat, und wenn nicht, wieso keiner eingesetzt hat.

Wir haben jetzt hier zum ersten Mal ein Experiment gestartet, bei dem wir über einen längeren Zeitraum Bürgerinnen und Bürger und auch Expertinnen und Experten dauerhaft miteinbinden. Wir haben quasi das erste Projekt in die Richtung gestartet, wie man Partizipation innerhalb des Parlaments probiert. – Nehmen wir jetzt einmal an, es kommt heraus, dass wir letztlich doch nicht für direktdemokratische Instrumente und irgendwie gegen Partizipation sind: Das wäre dann ein meiner Meinung nach doch etwas absurder Zirkelschluss! Dabei würde dann herauskommen, dass wir zum ersten Mal versuchen, alle einzubinden, das Ergebnis allerdings wäre: Es waren zwar eh alle dafür, aber wir setzen das jetzt doch nicht um.

Das ist schon spannend! Wir haben jetzt alle die Meinung sagen lassen, und diese ging im Großen und Ganzen – ich will jetzt keine Prozentzahlen nennen – in eine klare Richtung, dass man nämlich mitentscheiden will. Wenn das Endergebnis davon letztlich jedoch so ausschauen würde, dass wir doch nicht mitentscheiden lassen, dann wäre das ein für mich schwieriger Schluss, der schwierig für mich ist und den ich auch logisch nicht ganz zustande bringe, weil er schlichtweg absurd ist.

Insofern schließe ich mich den Vorrednern an: Mich würde einfach noch einmal interessieren, welche Gedankenprozesse jetzt innerhalb der ÖVP und der SPÖ eingesetzt haben und ob wir uns diesbezüglich irgendetwas erhoffen können.

*****

Obfrau-Stellvertreter Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich möchte auch etwas vorweg sagen: Wir haben natürlich im Rahmen dieser Sitzungen festgestellt, dass es vonseiten der Regierungsparteien einige Vorbehalte gibt, was direktdemokratische Entscheidungsprozesse anbelangt, und ich hoffe sehr, dass es gelungen ist, im Rahmen dieser Enquete-Kommission einige dieser Vorbehalte auszuräumen.

Ich glaube auch, dass wir, wenn wir einmal den ersten Schritt wagen und diese Möglichkeiten in Österreich schaffen, damit sehr positive Erfahrungen machen werden. Es muss uns gelingen, durch die Umsetzung von direkter Demokratie und Mitbeteiligung der Bürger das Mitleben und Mitleiden und Mitfiebern in der Politik wieder zu stärken, weil wir feststellen müssen, dass bei allen Wahlgängen, die wir in den letzten Jahren hatten, die Wahlbeteiligung gesunken und die Partei der Nichtwähler überall zur stärksten Partei geworden ist. Ich glaube nämlich, dass, wenn die Einbindung der Bürger besser gelingt und die Bürger sehen, dass man auch selbst mitentscheiden kann, das Interesse an der Politik auch wieder größer werden wird.

Mag. Barbara Ruhsmann: Eigentlich habe ich das Gefühl, dass jetzt die Regierungsparteien angesprochen gewesen wären. Aber nachdem von diesen noch keine Antwort auf die Fragen kommt, die ihnen gestellt wurden, springe ich einmal ein.

Vorneweg: An den Sitzungen dieser Enquete-Kommission teilnehmen zu dürfen war zweifellos eine sehr lehrreiche und auch bereichernde Erfahrung. Ich danke Ihnen für diese Initiative, und ich danke vor allem auch meinem Arbeitgeber für seine Toleranz, meine Anwesenheit hier unter dem Posten „Weiterbildung der Mitarbeiter“ verbucht zu haben. Ansonsten hätte ich dieses Ehrenamt sehr schwer mit Job und Familie vereinbaren können. – Dies auch als Hinweis für die mögliche künftige Einbindung von BürgerInnen: Ernsthafte inhaltliche Beteiligung von BürgerInnen über einen längeren Zeitraum hinweg wird vermutlich ganz ohne irgendeine Form von Entgelt nicht funktionieren.

Wir Bürgerinnen und Bürger haben uns in jedem Fall hier sehr engagiert und konstruktiv eingebracht. Wir haben trotz aller Unterschiedlichkeit – und wir alle sind sehr unterschiedlich – trotzdem alle sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten und einen Ausbau der direkten Demokratie in Österreich wünschen.

Wir alle machen uns aber aus gutem Grund Sorgen, dass letztlich wieder einmal alles so bleiben wird, wie es ist. Das ist eine meiner Ansicht nach komplett falsch verstandene Auffassung von Fürsorgepolitik, die unter anderem dem Demokratiepaket im Wege steht.

Was meine ich mit Fürsorgepolitik? – Es wird immer wieder ins Treffen geführt, dass bei einer Senkung der notwendigen Unterschriftenanzahl und der Einführung einer verpflichtenden Volksabstimmung bei erfolgreichen Begehren die Gefahr von Missbrauch sehr groß sei und reiche Lobbys oder böse Populisten versuchen werden, ihre Anliegen über Volksbegehren durchzubringen. Weiters wird argumentiert, dass auf diese Weise Eliten beginnen könnten, das legislative Geschehen zu bestimmen, dass Minderheiten dann über Mehrheiten herrschen.

Ich frage Sie: Wie ist es denn eigentlich jetzt? Ist es kein Missbrauch direktdemokratischer Instrumente, wenn Volksbefragungen in erster Linie von oben diktiert werden? Deutet es auf keine Fehlkonstruktion hin, wenn Volksbegehren nur erfolgreich sind, wenn sie von Parteien unterstützt werden? – Ich plädiere unbedingt dafür, die notwendige Unterschriftenanzahl für Volksbegehren zu senken und bei Erfolg verpflichtende Volksabstimmungen abzuhalten, in deren Vorfeld ein sachliches Abstimmungsbuch nach Schweizer Vorbild erstellt und an alle Haushalte versandt wird.

Ich würde mir wirklich wünschen, dass Sie aufhören zu glauben, die Bevölkerung vor Lobbys beschützen zu müssen. So dumm und naiv sind wir nicht, und so schlecht ist es hoffentlich auch um den österreichischen Journalismus noch nicht bestellt! Ich halte Ihre Angst davor, dass schlussendlich Minderheiten beginnen könnten, über Mehrheiten zu bestimmen, tendenziell für eine Angst vor sich selbst. Wie groß ist denn da der Unterschied zu Ihrem Agieren? – Niemand von Ihnen kann behaupten, mit seiner Partei noch die tatsächlichen Anliegen einer Bevölkerungsmehrheit zu repräsentieren! Niemand von Ihnen vertritt eine Masse. Selbst die Regierung vertritt derzeit nur 37,3 Prozent aller Wahlberechtigten. Die SPÖ wurde bei der letzten Wahl von 19,7 Prozent aller Wahlberechtigten gewählt, die ÖVP von 17,6 Prozent.

Ein weiteres Argument, das immer sehr ehrenwert daherkommt, lautet: Die Politik dürfe ihre Verantwortung nicht abgeben wie einst Pontius Pilatus quasi als Sinnbild für die negative Seite direkter Demokratie, nämlich ein politisch Verantwortlicher, der sich vor schwierigen Entscheidungen drückt, seine Hände in Unschuld wäscht und das grausame Volk entscheiden lässt.

Ich denke, es wurde des Langen und Breiten erörtert, welche Einschränkungen menschenrechtlicher und verfassungsrechtlicher Natur die Fragestellungen von Volksabstimmungen selbstverständlich begrenzen müssen und werden.

Mein Fazit: Es ist nicht gut, wenn Politik von Misstrauen und Angst vor der Bevölkerung bestimmt wird. Es ist auch nicht gut, wenn Politik glaubt, fürsorglich agieren zu müssen und das Volk vor sich selbst beschützen zu müssen.

Wir befinden uns auf einer Ebene, und ich freue mich sehr, dass das heute auch räumlich seinen Ausdruck gefunden hat. Ich denke so wie viele andere und so wie auch viele Expertinnen und Experten, die wir in den vergangenen Sitzungen gehört haben, dass ein Mehr an direkter Demokratie die repräsentative Demokratie nur befruchten kann. – Vielen Dank. (Beifall.)

*****

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Wir hatten ein wirklich gutes Diskussionsklima in dieser Runde. Man hatte den Eindruck, dass man da – wie das bei uns immer heißt – eine offene Debatte führen kann, ohne dass man alles dann gleich irgendwo negativ konnotiert lesen oder hören muss. Diesfalls war das wirklich eine Runde kompetenter Mitdiskutanten. Vor allem die Experten und Verantwortungsträger, die wir eingeladen haben, waren wirklich bemüht, das Gesichtsfeld zur Beurteilung dieser Frage möglichst gründlich auszuleuchten, was tatsächlich gelungen ist.

Die Oppositionsparteien, aber vor allem Sie haben sich hier bemüht, einen sehr fairen und, wie ich glaube, sehr konstruktiven Prozess und Diskussionsstil hereinzubringen. Ihnen gilt wirklich mein Dank! Ich bin sehr froh, dass wir diese Enquete-Kommission hier eingesetzt haben, weil das wirklich allen etwas gebracht hat.

Nun die Schlussfolgerung zu einzelnen Bereichen: Ich bekenne mich schon dazu, dass auch Parteien, in welcher Form auch immer, Volksbefragungen oder Volksabstimmungen in Gang setzen können. Ich sehe da kein Diktat von oben. Die Parteien sind einfach gewählt, sie haben eine Legitimation. Sie sind Teil der Demokratie, und zwar Teil der repräsentativen Demokratie, und das sollte man eigentlich respektieren.

Wir sind zwar sehr traurig, wenn es immer wieder einen gewissen Nichtwähler-Anteil bei Wahlen gibt, aber im Vergleich mit anderen Ländern beteiligt sich in Österreich nach wie vor ein sehr hoher Anteil der Stimmberechtigten an den Wahlen für die gesetzgebende Körperschaft oder für die Landtage. Wenn ich mir jetzt überlege, wie viele sich im Burgenland oder in der Steiermark an den Wahlen beteiligt haben, so kann ich feststellen, dass das im internationalen Vergleich sehr, sehr repräsentativ ist.

Ich würde es als nicht ganz demokratisch erachten, wenn man das jetzt nicht – wie soll ich es ausdrücken? – irgendwie zur Kenntnis nimmt oder wenn man jetzt versucht, die repräsentative Demokratie und direktdemokratische Instrumentarien gegeneinander auszuspielen. Vielmehr muss es immer einen Versuch geben, dass diese Varianten einander gegenseitig ergänzen und dass das zusammenpasst.

Wir haben schon bislang hier Schritte gesetzt, um auch das Parlament stärker zu öffnen, und man wird diesen Weg fortsetzen können, weil es zu Recht oft Kritik gegeben hat, dass manchmal die längst überholte Obrigkeit und staatliche Überheblichkeit förmlich provokant sind. Das sage ich jetzt aber nicht nur gegenüber dem Parlament, sondern das gilt auch auf Länder- und Gemeindeebene, und das sage ich auch gegenüber Spitzenbeamten und Parteivertretern. Darauf lautet die Antwort dann natürlich: Das lassen wir uns nicht gefallen, wir wollen jetzt Instrumentarien, um das möglichst rasch zu beenden beziehungsweise dem entgegenzutreten.

Da sind natürlich einzelne Politiker gefordert, und wir haben auch mit den Wahlrechtsreformen versucht, quasi einen Kontakt mit Vorzugstimmen und mit all diesen Elementen herzustellen und zu erreichen, dass Einfluss und Kontrolle, aber auch Kritik direkt stärker auf die einwirken, die hier im Haus sitzen und die legitimierten Teile dieser Körperschaft sind.

Ich plädiere jetzt dafür, dass wir unterscheiden sollten, und zwar zwischen der Ebene der Gemeinden, der Länder und der Ebene des Nationalrats und des Bundesrats. In der Diskussion wird oft versucht, all das in einen Topf zu werfen. Das trifft aber nicht zu. Es muss nämlich unterschieden werden, ob man zum Beispiel eine direktdemokratische Entscheidung über eine Brücke, ein Musikhaus, eine Westspange, ein Kraftwerk oder eine Weltausstellung herbeiführt – all das hat es übrigens schon gegeben, ich hab jetzt vielleicht nur ein Modell zu viel genannt –, die eigentlich auf einer Ebene schon stattgefunden hat und worüber man gar nicht mehr zu diskutieren braucht, weil das ohnedies schon angewendet wird, Bürger allerdings in bestimmten Bereichen der Meinung sind, dass sie etwas nicht wollen oder es anders wollen.

Das ist oft der Endpunkt einer Entwicklung beziehungsweise von Entscheidungen, in deren Vorfeld zu wenige Bürgerinnen und Bürger einbezogen wurden. Und das eskaliert dann oft demokratisch – wie ich jetzt sagen möchte – positiv, indem diesbezügliche Initiativen gesetzt werden und man dann als Entscheidungsträger gezwungen ist, zu befragen oder abzustimmen, weil das im Vorfeld nicht genügend abgestimmt wurde. – Das ist ein ganz wesentliches Element, das dann auch auf parlamentarischer Ebene wirklich eine Rolle spielt

Die dritte Ebene, der Nationalrat, ist im Unterschied dazu die einzige Einrichtung, die wirklich relevant im großen Stil und wirksam für alle Österreicherinnen und Österreicher Gesetzestexte zu beschließen hat, woher sie auch immer kommen; bezeichnen wir das einmal so. Diese können nämlich aus der Mitte des Nationalrats kommen, sie können natürlich auch von den Ressorts kommen, oder sie können von Interessengruppen kommen und in den Nationalrat hineingetragen werden. Da gibt es verschiedene Ebenen und Elemente, und diese Texte sind natürlich oft schwierig zu lesen beziehungsweise sehr kompliziert. – Das wurde ja auch oft moniert.

Aber über den Text Abstimmungen durchzuführen, hat – mehr sage ich jetzt gar nicht – auch Attitüden einer undemokratischen Manipulation, wenn dahinter mächtige ökonomische oder mediale Gruppen und mächtige Lobbys in Kombination mit diesen Gruppen stehen, die eine interessierte Minderheit vertreten, denen es aber letztlich gelingt, das dann doch hier hereinzubringen.

Diese Frage wurde in dieser Enquete-Kommission nicht ausreichend beantwortet. Da können Sie vorher Büchlein verteilen, so viel Sie wollen. Sie können zwar sagen, welche Zielsetzung es gibt, aber es ist problematisch, quasi über jedes Detail eine massenwirksame Information zu erreichen. Das möchte ich in diesem Zusammenhang schon sagen.

Außerdem ist das auch etwas grundsätzlich anderes als die Kompetenzlage auf Länderebene. Niemand hindert uns daran, dass wir über einen Etappenplan nachdenken, gemäß welchem man einmal zum Beispiel bei den Gemeinden und Landtagen beginnt, damit es da wirklich einheitliche Regelungen gibt und diese Elemente wirklich auch zum Tragen kommen.

Was die vorparlamentarische Transparenz betrifft, sollen wir darüber nachdenken, ob es Vorhabensberichte der Regierung geben sollte, in welchen deren Mitglieder einmal erklären, was sie überhaupt vorhaben, damit sich interessierte Bürgerinnen und Bürger darauf einstellen können.

Ein weiterer Punkt ist es, Gegenöffentlichkeit oder kritische Öffentlichkeit oder vielleicht sogar zustimmende Öffentlichkeit zu schaffen. Das ist ein Punkt, der sicherlich – und das sollte man nicht unterschätzen – äußerst wirksam sein kann. Man kann auch in dem derzeitigen Prozess der Volksbegehren die Proponenten aufwerten, indem sie hier im Hohen Haus Auftrittsmöglichkeiten erhalten oder dabei sind, wenn über das jeweilige Thema verhandelt wird. Statt die Proponenten so abzuschasseln, wie das jetzt bei dem Bildungs-Volksbegehren stattfand, kann man versuchen, Volksbegehren ganz anders ernst zu nehmen.

Wichtig sind auch die elektronische Unterstützung, wodurch natürlich eine viel größere Wirksamkeit erreicht werden kann, die Zentrale Wählerevidenz, die Verbesserung der Politischen Bildung – einfach der gesamte Komplex der Information, in dem es darum geht: Wie komme ich zur Information, wie gehe ich mit Information um, wie setze ich es politisch wirksam um? All das sind entscheidende Elemente, die meiner Auffassung nach daran mitwirken können, dass eine größere Partizipation erreicht werden kann.

Auch die Begutachtungsprozesse, wenn also beispielsweise eine Regierungsvorlage in die Begutachtung kommt, könnten noch breiter angelegt werden, darüber könnte noch breiter debattiert werden. Das Parlament könnte sich also vielleicht schon bei diesem Prozess öffnen.

Ich versuche, wie Sie merken, eine Harmonie oder Integration zwischen repräsentativer und direkter Demokratie herbeizuführen, wobei das demokratisch möglichst so legitimiert sein muss, dass es auch wirklich vertretbar ist, denn auch Sie wollen ja nicht, dass dann plötzlich irgendwelche Minderheiten irgendwelche Dinge durchdrücken, die für die schweigende Mehrheit von Übel sind, und dann kommt der Nächste, es wird wieder korrigiert, dann ist es wieder da. Unter einem solchen Vorgehen würde die Handlungsfähigkeit der Politik, die Handlungsfähigkeit der Demokratie leiden, und das kann dann zu autoritären Tendenzen führen, die wir alle nicht wollen.

Ich finde daher, man sollte in diese Richtung weiterdenken. Es wird Parteiengespräche geben, dann wird das noch einmal in dieser Runde zu reflektieren sein, und ich hoffe, dass wir dann gemeinsam zu Ergebnissen kommen, die zur Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger, aber auch zur Funktionssteigerung unserer Demokratie beitragen.

*****

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Ich möchte zunächst ebenfalls ein Bild der Enquete-Kommission zeichnen und dessen, was wir in den letzten sechs Monaten hier erleben durften – und ich glaube, es ist ein positives und auch ein differenziertes Bild.

Erstens war es aus meiner Sicht sehr spannend, Sie als interessierte Bürger hier dabei zu haben. Es war das erste Mal, dass wir in einer Enquete-Kommission die Bürger unmittelbar miteinbezogen haben. Ich glaube, es war auch für Sie sehr spannend zu sehen, welche Möglichkeiten es in diesem Prozess gibt, was man erreichen kann, was man vielleicht auch nicht erreichen kann, wie ein solcher parlamentarischer Prozess verläuft.

Ich begrüße es daher auch, wenn Sie in die Lage versetzt werden, einen gemeinsamen Bericht abzugeben. Es wäre auch spannend, wenn Sie eine Mehrheit dazu finden könnten, wie Sie diese Enquete-Kommission gesehen haben, was Ihre Schlussfolgerungen daraus sind und welche Empfehlungen Sie als interessierte Bürger an das Parlament noch richten – zum Ausgangspunkt, dem konkreten Vorschlag, aber auch darüber hinaus.

Wenn wir uns die einzelnen Sitzungen anschauen, die stattgefunden haben, so waren für mich zunächst die Sitzungen spannend, in denen wir Berichte aus dem Ausland hatten. Dabei zeigte sich, dass verschiedene Länder mit den jeweiligen Themen sehr unterschiedlich umgehen: Es gibt einige mit sehr intensiven direktdemokratischen Möglichkeiten, andere, die das total ablehnen, und wieder andere, in denen ein Unterschied gemacht wird zwischen dem, was auf Bundesebene geregelt wird, und dem, was auf Landesebene und Gemeindeebene geregelt werden kann. Meiner Meinung nach gab es da sehr unterschiedliche Varianten, aber keinen Gleichklang.

Bei der Präsentation unserer Bundesländer war interessant, dass es die einhellige Meinung gab, es sei ganz wichtig, dass direktdemokratische Instrumente in Bereichen, bei denen es eine unmittelbare Betroffenheit der Bürger gibt, zur Verfügung stehen. Dabei geht es nicht nur um den Bereich der Gesetzgebung, sondern vor allem um den Bereich der Vollziehung – wenn es um konkrete Straßenprojekte geht, wenn es um konkrete Kulturprojekte geht, das sind immer Bereiche der Vollziehung und noch nicht der Gesetzgebung. Gerade in diesem Bereich ist es sehr wichtig, solche Dinge unmittelbar von den Bürgern abstimmen zu lassen.

Spannend war aus meiner Sicht auch das Modell der Bürgerräte, wobei dabei nicht nur Einrichtungen geschaffen werden, über die die Bürger zusätzlich abstimmen können, sondern die Bürger unter bestimmten Voraussetzungen in wichtige Vorhaben eingebunden werden, indem sie einfach informiert werden.

Information ist für mich überhaupt die Grundbedingung für Demokratie. Gerade in der Woche nach einem interessanten Wahlsonntag zeigt sich für mich, dass Information sogar noch viel wichtiger ist, in jedem Fall aber sehr wichtig. Information ist alles, und wir müssen alles daran setzen, den Bürgerinnen und Bürgern umfassende Informationen zur Verfügung zu stellen, denn Entscheidungen werden immer dann klarer, wenn auch alle Informationen vorhanden sind. Diesbezüglich ist die Einbindung des Souveräns für mich eine ganz wesentliche Maßnahme, um die wir nicht herumkommen, wenn wir die Demokratie weiter stärken wollen.

Spannend war auch der Bereich der Medien. Dabei war zur Kenntnis zu nehmen, dass viele Dinge, die auch von den Bürgerinnen und Bürgern hier vorgetragen worden sind, nicht den Weg an die Öffentlichkeit finden. Für mich gehört diese Frage zu den wahrscheinlich größten Herausforderungen einer direkten Demokratie: Wie können wir es schaffen, dass eine qualifizierte Mehrheit konkret darüber Bescheid weiß, was zur Abstimmung steht und welche Pros und Kontras es zu den einzelnen Punkten gibt?

Das hier diskutierte Abstimmungsbüchlein ist meiner Meinung nach auch eine wahrscheinlich sehr gute Möglichkeit, um zu mehr Information zu kommen, aber noch wichtiger ist die Frage: Wie können wir es auch bei den Medien schaffen, dass all die Themen, die bestimmte Bürger interessieren, auch an alle Bürger kommen, die ebenfalls daran ein Interesse haben, aber – nur weil sie es im Moment noch nicht in der Zeitung gelesen haben – noch gar nicht wissen, dass das ein wichtiges Thema ist? Ich denke, dass diesbezüglich die Medienpolitik auch ein wesentlicher Bereich ist, den wir mitdenken müssen.

Was nun den konkreten Vorschlag betrifft, der eingebracht wurde und der eigentlich zur Diskussion stand – nämlich dass ab einer bestimmten Anzahl von Unterschriften eine Volksbefragung gemacht werden soll –, so war es für mich spannend, dass darüber eigentlich am allerwenigsten geredet worden ist. Wenn, dann wurde dieses Thema von den Experten angeschnitten.

Dabei waren auch unter den Experten unterschiedliche Meinungen festzustellen, wobei die jeweils bereits im Begutachtungsprozess vorhandene Meinung wiederholt wurde. Die einen haben gesagt: Da überschreiten wir bestimmte verfassungsrechtliche Grenzen, das ist vielleicht eine Änderung eines Grundprinzips der Verfassung und bedarf daher auch einer weiteren Volksabstimmung!, die anderen sehen das hingegen durchaus im Rahmen des verfassungsrechtlichen Spielraums.

Vonseiten der politischen Parteien war meiner Ansicht auch spannend, dass jede politische Partei ein bisschen etwas anderes verstanden hat darunter, wie eine Volksgesetzgebung oder eine Art Volksgesetzgebung mit der Volksbefragung durchgeführt werden kann.

Dabei stellt sich eine Grundsatzfrage. Die Opposition hat ja die Frage an die Regierung gestellt, ob wir noch auf unserem Entwurf beharren, ich frage jetzt umgekehrt: Ist die Opposition bereit, auch in ein Gespräch einzutreten, in dem es Kompromisse geben muss – weil es nur mit einem Kompromiss eine Zweidrittelmehrheit geben kann – und das eine Weiterentwicklung der direkten Demokratie ermöglicht?

Das Schlechteste wäre wohl, wenn gar keine Lösung gefunden wird, weil jeder auf seinem Standpunkt beharrt. Ich meine daher, wir müssen wechselseitig aufeinander zugehen. Hier geht es nicht um Regierung gegen Opposition und Bürger gegen Regierung. Die Regierung hat keine Zweidrittelmehrheit, wenn wir also etwas entwickeln wollen, dann müssen wir alle aufeinander zugehen.

Dafür gibt es, so glaube ich, viele Möglichkeiten, die wir nicht von Haus aus ausschließen sollten. Wir sollten dabei auch nicht nur einen Fokus haben, sondern wahrscheinlich versuchen, mehrere Bereiche anzudenken. Die Zentrale Wählerevidenz ist ein solcher Bereich, der bereits genannt wurde. Ein weiterer, wahrscheinlich ganz wesentlicher Bereich, sind die Abstimmungsmöglichkeiten auf Bundesländerebene, wodurch wir auch die Wünsche, die aus den Bundesländern können, auch mehr berücksichtigen können und müssen.

Zu den Vorhabensberichten, die der Kollege Cap schon für die Regierungsebene erklärt hat: Wir könnten uns auch überlegen, ob wir nicht auch Vorhabensberichte des Parlaments machen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir als Parlament auch festlegen, was verpflichtend innerhalb des nächsten Jahres zu diskutieren ist. Dabei könnten wir von unserer Seite auch den Parlamentsfahrplan verstärkt diskutieren. Ich denke, darüber sollten wir ebenfalls diskutieren.

Meines Erachtens ist es also wichtig, jedenfalls einen Schritt weiterzukommen. Das betrifft auch die Vorschläge, die wir das letzte Mal aus Finnland gehört haben, nämlich Crowdsourcing, also das Einbinden Betroffener in die Gesetzgebung unmittelbar im vorparlamentarischen Prozess im Bereich der Begutachtung. Ich halte es für wichtig, dass es uns gelingt, die unmittelbar Betroffenen in den Gesetzgebungsprozess miteinzubeziehen. Es ist meiner Meinung nach nicht nur für die Betroffenen selbst ein Gewinn, wenn sie die Vorteile und Nachteile der jeweiligen Regelung mit uns oder mit Experten diskutieren können, sondern vor allem auch für uns, weil wir auf diese Weise eine zusätzliche Meinung in dem Begutachtungsverfahren bekommen, und zwar nicht nur von den klassischen Begutachtungsstellen der Ministerien, der Kammern, der Sozialpartner als solches, sondern auch von unmittelbar Betroffenen.

Aus meiner Sicht wäre es wichtig, aus dieser Sitzung eine große Zahl an gemeinsamen Empfehlungen mitzunehmen. Wir sollten jetzt über den Sommer daran arbeiten, dass wir auf den vielen verschiedenen Ebenen neue Möglichkeiten für mehr Mitbestimmung, für mehr unmittelbare Mitwirkung der Bevölkerung schaffen. Das erscheint mir am wichtigsten.

Es geht nicht nur um ein Konzept, sondern, wie ich glaube, um mehrere Konzepte, und da geht es um die Kompromissbereitschaft von uns allen. Es ist wichtiger denn je, dass wir eine gemeinsame Meinung haben, denn das Schlimmste wäre, wenn es keine gemeinsame Meinung gäbe, das wäre wirklich zum Nachteil der gesamten Demokratie.

Daher bitte ich alle, bei den Empfehlungen – ähnlich wie wir das bei der anderen parlamentarischen Enquete-Kommission gemacht haben – alles aus der gemeinsamen Ebene des Souveräns zu sehen, der mehr Mitbestimmung, mehr Information, auch mehr Sicherheit, mehr Transparenz, mehr Verlässlichkeit und mehr Professionalität haben möchte. Dorthin sollten wir kommen, und all die Maßnahmen, die dazu notwendig sind, stehen meiner Meinung nach an zur Diskussion und sollten umgesetzt werden.

*****

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Ich bin Ersatzmitglied der Enquete-Kommission für meine Fraktion und war nicht bei allen Sitzungen mit dabei. Ich möchte aber meine kurzen Ausführungen mit der Beobachtung beginnen, dass ich das Setting – ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen ist – am Anfang als ein bisschen unangenehm empfunden habe. Ich finde es auch heute, hier im Lokal VIII, bedeutend angenehmer. Ich muss dazu sagen: Ich war vor Kurzem auch in einer anderen Enquete-Kommission zum Thema „Würde am Ende des Lebens“, und irgendwie war das Setting dort ein bisschen – wie soll ich das sagen? – angenehmer und besser gestaltet. Ich habe mir also jetzt sozusagen erlaubt, diesen persönlichen Eindruck kundzutun. Ich halte es heute für wirklich angenehm, auch weil wir alle auf Augenhöhe sind und nicht das Setting mit dem RednerInnenpult haben.

Inhaltlich würde ich gerne zwei Punkte ansprechen. Der erste betrifft den Themenbereich Information und Transparenz. Meiner Meinung nach kam durch die Enquete-Kommission, aber auch in Gesprächen zu dem Themenschwerpunkt, eine Erkenntnis ganz klar heraus: Auch wenn wir auf der www.parlament.gv.at-Seite die Stellungnahmen öffentlich einsehbar und für alle zugänglich haben, sind diese doch in höchstem Ausmaß nicht userInnen-freundlich gestaltet.

Was meine ich damit? – Nur nach einer intensiven Recherchearbeit findet man wirklich unmittelbare Vergleiche und weiß, worum es geht, beispielsweise um konkrete Abänderungen. Dieses Service ist also eigentlich sehr intransparent und extrem kompliziert gestaltet. Das wollte ich dazu sagen, und das gilt auch für Leute, die sich womöglich tagtäglich damit befassen.

Weiters möchte ich grundlegend zum Stichwort „deliberative Demokratie“ etwas sagen. Ich war – wie auch andere Kolleginnen und Kollegen – teilweise involviert bei dem Grünbuch „Offene Gesetzgebung“, wir haben diesbezüglich ein bisschen mitgestaltet, und dabei ist man auch auf genau diese Dinge gestoßen. Was ich diesbezüglich – und da spreche ich sozusagen nicht für meine Fraktion, sondern für mich persönlich – unterstützen möchte: Ich kann mir sehr gut vorstellen, Ausschüsse hier im Hohen Haus öffentlich zu gestalten. Das ist mein Zugang in diesem Bereich. Weiters halte ich es für zentral, wirklich auch jährliche Berichte der Bundesregierung, der Ministerinnen und Minister zu veröffentlichen, in denen die Vorhaben kundgetan werden.

Ein weiterer Punkt, der ebenfalls im Rahmen dieses Grünbuchs diskutiert wurde, ist die größere Transparenz im vorparlamentarischen Bereich. Das bedeutet: Wie kommt es wirklich zu dem Gesetz, wer wird dabei aller eingebunden? – Ich persönlich halte es für zentral, die Transparenz in diesem Bereich auszuweiten.

Zum einen ist es natürlich unser Job als Abgeordnete, mit Ihnen und mit VertreterInnen der jeweiligen Interessengruppen genau dazu Gespräche zu führen. Das tun wir, das kann ich für mir persönlich und für meine Fraktion sagen, doch darüber hinaus geht es darum, wirklich eine breite Gruppe von Leuten einzubinden, um diesen Prozess nicht elitär werden zu lassen. Das ist mir persönlich und uns auch sehr wichtig.

Weiters wäre es aus meiner Sicht zentral, eine Stärkung der Legislative im Vergleich zur Exekutive zu diskutieren und da auch Lösungen herbeizuführen. Was meine ich damit? – Dabei geht es darum, auch als ParlamentarierInnen selbstbewusster aufzutreten, mit Ihnen gemeinsam, und auch Ihre BürgerInneninitiativen selbstbewusster hineinzutragen und stärker ernst zu nehmen. Auch das ist meiner Meinung nach sehr wichtig.

Sehr viel abgewinnen konnte ich der Idee einer Expertin, ich glaube es war Tamara Ehs, die ebenfalls das genannte Grünbuch mitgestaltet hat, den Bundesrat als Think Tank zu installieren. Das wäre ein positiver und zentraler Lösungsansatz – Stichwort: Zukunftsausschüsse mit Bürgerinnen, Bürgern, ExpertInnenhearings, die einfach viel breiter und offener geführt werden.

Kurz gefasst mein Zugang: Wir dürfen nicht nur davon reden, uns zu öffnen, sondern müssen das auch tun. Ich hoffe, dass wir über den Sommer durch Gespräche wirkliche Verbesserungen und Lösungen für uns alle auf die Beine stellen.

*****

Universitätsprofessor Dr. Theo Öhlinger: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war einer der Experten, die in der ersten Sitzung referieren durften. Ich habe dabei zu dem Modell Volksbefragung über ein qualifiziert unterstütztes Volksbegehren, wenn das Parlament dem nicht Rechnung trägt, gesprochen, und mich positiv dazu geäußert. Es ist richtig, dass dann über dieses Modell in Folge nicht mehr sehr viel gesprochen wurde. Ich bin aber nach wie vor ein Anhänger dieses Modells. Ich darf das vielleicht hier kurz begründen.

Ich bitte, einmal zu überlegen: Was heißt das: Volksbefragung statt Volksabstimmung? Wenn Sie eine verbindliche Volksabstimmung einführen wollen, dann müssen Sie, wie Sie sehr richtig gesagt haben, inhaltliche Grenzen setzen, also Themenverbote erlassen.

Solche Themenverbote zu formulieren, ist ungeheuer schwierig. Sie haben die Minderheiten genannt. Jede Abstimmung im Parlament, die nicht einstimmig erfolgt, produziert eine Minderheit. Der Minderheitenbegriff ist gerade auf der politisch-rechtlichen Ebene ein äußerst unbestimmter, und das gilt auch für alle anderen Dinge. Ich erinnere nur an die Debatte, ob die Abstimmung über die Kurzparkzonen eine verbotene Abstimmung über Abgaben ist oder nicht. Darüber kann man nur streiten. Wer entscheidet letztlich darüber? – In unserem System kann das in letzter Instanz nur der Verfassungsgerichtshof sein. Sie delegieren damit die Entscheidung über die Zulässigkeit eines Volksbegehrens und einer Volksabstimmung an ein Gericht. Das ist eine Tendenz, die wir in den letzten Jahren sehr breit hatten.

Ich habe mit einer gewissen Verwunderung als ehemaliges Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofes die Begeisterung verfolgt, mit der man die Gesetzesprüfungskompetenz des Verfassungsgerichtshofes durch die Gesetzesbeschwerde ausgeweitet hat. Es war ein Konflikt zwischen Richtern  zwischen dem Verfassungsgerichtshof und dem Obersten Gerichtshof –, der dieses Modell auf ein vernünftiges Maß eingeschränkt hat.

Das Parlament, so war mein Eindruck, war dazu bereit und hat gesagt: Ja, die Gerichte sollen alles, was wir beschließen, möglichst jederzeit überprüfen können. – Ich halte das gerade auch als Verfassungsjurist für eine problematische Entwicklung. Wir sind mit diesen Methoden auf dem Weg zum Richterstaat, wenn wir nicht ohnehin schon längst dort sind, und wir werten das Parlament ab.

Wenn Sie in diesem Modell bei einer unverbindlichen Volksbefragung bleiben, bleibt die letzte Verantwortung beim Parlament. Das heißt, es ist das Parlament und nicht der Verfassungsgerichtshof, der zunächst einmal über die Zulässigkeit eines solchen Antrags, eines solchen Begehrens auf seine Vereinbarkeit mit Menschenrechten und mit dem EU-Recht – das ist ja in Wirklichkeit das noch weitaus kompliziertere Problem – entscheidet. Es ist das Parlament, das die Verantwortung trägt, sicher unter einer nachprüfenden Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes, aber die Entscheidung selber bleibt beim Parlament. Das spricht meines Erachtens dafür.

Irgendwann einmal in diesen Beratungen ist der Ausdruck gefallen, es sei eine Verhöhnung, wenn man das Volk abstimmen lasse und die Abstimmung sei nicht verbindlich. Darf ich einmal fragen, ob alle wussten, dass jene Abstimmung, die die ganze Welt in jüngster Zeit fasziniert beobachtet hat – die Abstimmung über die Unabhängigkeit Schottlands –, eine, in unserer Terminologie, Volksbefragung war, eine konsultative Abstimmung, keine verbindliche Abstimmung? Jedermann hat gewusst, wenn sie positiv für die Loslösung Schottlands ausgeht, wird man das aufgrund des Drucks machen müssen, der da ist. Also der Druck einer solchen Befragung ist groß, aber er lässt eben die letzte Entscheidung beim Parlament. Und ich glaube, dass dies doch auch eine Stärkung des Parlaments ist und nicht eine Abwertung.

Ich würde nur meinen, dass dieses Modell in zweifacher Hinsicht eine deutliche Verbesserung braucht. Die eine Verbesserung ist: Die konsultative Abstimmung soll nicht automatisch erfolgen, sofern sich das Parlament nicht nur auf die Korrektur von Beistrichfehlern et cetera beschränkt. So steht es in dem Initiativantrag, auf den sich ja schon einmal eine Verfassungsmehrheit geeinigt hat. Ich glaube, dass man durchaus einen Dialog mit den Initiatoren über einen solchen Vorschlag führen soll, indem man die Bedenken, die man von parlamentarischer Seite hat, die Bedenken, die man von verfassungsrechtlicher Seite hat und von wo auch immer, mit den Initiatoren ausdiskutiert und versucht, zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen.

Das setzt natürlich einen offenen Dialog in diesem Haus voraus, der nicht von vornherein schon in eine bestimmte Richtung gesteuert ist. Dass so etwas möglich ist, habe ich am Beispiel des Gentechnik-Volksbegehrens gezeigt, wo die damalige Ministerin, Barbara Prammer, durchaus mit den Initiatoren einen Kompromiss gefunden hat, der die vielen rechtlichen – vor allem europarechtlichen – Bedenken gegen die ursprüngliche Initiative berücksichtigt hat und letztlich auch von den Initiatoren mehr oder minder, vielleicht mit Bauchweh, aber dann doch, akzeptiert werden konnte.

Sie kommen gerade an diesen europarechtlichen Bedenken nicht vorbei. Was hilft eine Abstimmung, die verbindlich ist, aber gegen irgendeine Verordnung oder Richtlinie der EU verstößt? Soll man dann aus der EU austreten, weil man vielleicht von der Glühbirnen-Verordnung nicht gerade begeistert ist?

Im Übrigen würden die Gerichte das dann ohnehin nicht annehmen, und das halte ich für viel frustrierender. Das Volk stimmt ab und die Gerichte – und das kann jedes Bezirksgericht, jedes Verwaltungsgericht! – sagen dann: Das ist ja europarechtswidrig, das wenden wir nicht an.

Das birgt meiner Meinung nach mehr Frustrationspotenzial als eine Volksbefragung, die, wenn sie Gewicht hat, auch in der Entscheidung jedenfalls berücksichtigt wird. Das ist also diese eine Änderung, für die ich dringend plädieren würde, hier Möglichkeiten zu schaffen, im Gespräch zwischen Initiatoren und Parlamentariern zu einer akzeptablen und auch rechtlich haltbaren Lösung zu kommen.

Die zweite Änderung: Ich würde durchaus für eine Senkung des sehr hohen Quorums, das in diesem Initiativantrag war, 650 000 Stimmen, plädieren. Da kann man ja dann wieder großzügiger sein! Eben weil man eben keine verbindliche Volksabstimmung macht, kann man in diesem Punkt dann durchaus großzügiger sein. Und ich glaube, 650 000 Unterschriften – wie viele Volksbegehren haben die bisher überhaupt erreicht? Das würde bedeuten, dass wahrscheinlich nur alle paar Jahrzehnte so etwas stattfindet. Das wäre sicher kein Fortschritt. Aber gerade weil man auf eine letztlich verbindliche Abstimmung verzichtet, kann man auch in diesem Punkt großzügig sein.

Herr Abgeordneter Gerstl, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie von Experten gehört hätten, dieses Modell wäre eine Gesamtänderung der Bundesverfassung? – Also ich kenne keinen Einzigen, der das je behauptet hat. Eine Gesamtänderung der Bundesverfassung wäre die verbindliche Abstimmung (Abg. Gerstl nickt zustimmend), die hat der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich als mit den Grundprinzipien der Demokratie für unvereinbar erklärt. Man kann die Hürde dieses Urteils mit einer Volksabstimmung nehmen, aber ich meine, dass man auch die sachlichen Bedenken, die in diesem Urteil des Verfassungsgerichtshofes drinnen sind, durchaus berücksichtigen sollte. Daher also mein Plädoyer, nach wie vor, für dieses ursprüngliche Modell mit der Notwendigkeit von Verbesserungen. – Danke.

*****

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Da es mein zweiter Redebeitrag ist, versuche ich, mich noch kürzer zu halten. Danke für die Aufklärung, was die Gesamtänderung betrifft, denn das habe ich auch nicht gehört. Wenn Sie, Kollege Gerstl, da noch Aufzeichnungen haben, welcher Experte das gesagt hätte, dann wäre ich dankbar, wenn Sie mir das zukommen lassen, denn ich habe das auch nicht so in Erinnerung.

Ich danke auch Professor Öhlinger, dass Sie jetzt in der Frage, was machbar ist, was nicht machbar ist, sehr konkret geworden sind, denn meine Sorge – wenn ich jetzt ÖVP und SPÖ zugehört habe – ist, dass wir uns in dieser Sitzung in so appellativen Allgemeinplätzen bewegen, und das möchte ich überhaupt nicht.

Natürlich sind jetzt ein paar Überschriften genannt worden, aber noch nicht beantwortet haben Sie die Frage, die ich gestellt habe, nämlich: Was sind Ihre Argumente, falls Sie vorhaben, von diesem Kompromiss – und gar nicht vom Idealziel – abzuweichen? Ich weiß nicht, ob ich heute noch eine Antwort bekomme, ich hoffe es.

Selbst wenn Sie jetzt in den Raum stellen, dass es auf Gemeinde- und Länderebene so etwas geben soll, dann haben wir noch immer keine Lösung für die direkte Demokratie auf Bundesebene. Was das Bild des Entgegenkommens und Verhandelns betrifft: Wir sind immer verhandlungsbereit, solange wir das Gefühl haben, die Verhandlungen sind ernst gemeint und machen Sinn. Wenn wir das Gefühl haben, es wird auf Zeit gespielt, dann verwende ich meine Zeit lieber anders, als zu verhandeln, wenn dann dabei nichts herauskommen soll.

Um zu Ihrem Angebot, von einem Kompromiss noch einmal einen Kompromiss zu erwarten, ein Bild zu bringen: Angenommen, wir haben eine Semmel zur Verfügung, und wir können uns nicht einigen, wer von uns beiden die Semmel bekommt. Wir einigen uns darauf, sie irgendwo in der Mitte zu teilen – oder zwei Drittel/ein Drittel, je nachdem, wer mehr Hunger hat –, und dann sagen wir: Na, teilen wir sie noch einmal!, und dann bleibt einem von uns beiden ein Brösel über und dem anderen die Semmel minus einem Brösel, und beide haben aber Hunger, dann ist das ein Kompromiss, der wohl nicht sinnvoll ist und auf den sich keiner von uns beiden einlassen wird. In diese Richtung sollte man auch diese Frage beurteilen.  Das Ziel war also, über die Entwicklung von Demokratie, aber auch von direkter Demokratie zu sprechen. Es gibt zahlreiche Aussagen aus der Vergangenheit, sowohl vom Kollegen Cap als auch von Vertretern der ÖVP – keinem, der hier jetzt anwesend ist; Spindelegger ist ja irgendwie nicht mehr Ihr Vizekanzler, aber er hat das zum Beispiel sogar einmal zur Koalitionsbedingung erklärt.

Jetzt wissen wir, wie mit Koalitionsbedingungen umgegangen wird und dass dann die Dynamik von Verhandlungen etwas anderes ergeben kann; ich bin da ja ohnehin nicht so streng. Aber ich habe hier drei Seiten mit Äußerungen und Zitaten – und da ist jetzt nur das Wichtigste zusammengestampft – von ÖVP-VertreterInnen, Sebastian Kurz, Michael Spindelegger und anderen, die sich pro dreistufige Volksgesetzgebung mit Volksabstimmung am Ende geäußert haben. Kollege El Habbassi, der bei der Jungen ÖVP ist, weiß, dass das sogar im Programm der Jungen ÖVP seit Jahren drinsteht.

Ich habe Äußerungen von Ihnen, Herr Kollege Cap, zum Beispiel vom 8. April 2012 im „Kurier“: „In der Bevölkerung besteht der Wunsch, stärker in Entscheidungsprozesse eingebunden zu sein, nicht nur wenn es Wahlen gibt, sondern auch dazwischen.“ – Ich glaube, daran hat sich nichts geändert.

Oder 10. Mai 2012, eine OTS, Sie noch als Klubobmann: „Wir wollen hier zügig zu Ergebnissen kommen, um den berechtigten Forderungen in der Bevölkerung nach mehr direkter Mitbestimmung Rechnung zu tragen.“ – 2012, das war genau vor drei Jahren plus 23 Tagen – mein Verständnis von „zügig“ ist anders! Aber ich zeige ja doch immer wieder Geduld.

3. Juni 2013, eine APA-Meldung: „SPÖ-Klubchef Josef Cap hat nun offenbar Gefallen an einer Aufwertung der Volksbegehren gefunden. Bei seinem Auftakt-Referat im Rahmen der SP-Klubklausur in Wien meinte der Fraktionsvorsitzende Montag Vormittag, dass mehr direkte Demokratie zum Beispiel bei der Millionärssteuer eine nicht unerhebliche Rolle spielen könnte.“ – Ich bin voll bei Ihnen! Ich habe ganz viele Inhalte, da würde ich sofort raten, Initiativen auf den Weg zu bringen: Homo-Ehe – zweites Stichwort – und vieles mehr.

20. Juni 2013, auch Sie, Herr Kollege Cap, im „Kurier“: „Wir haben das Thema monatelang diskutiert und wollen das jetzt im Parlament beschließen.“ – Mein Verständnis von „jetzt“ ist auch ein anderes als zwei Jahre.

Was ich also sagen will, ist: Ja, wir sind verhandlungsbereit, natürlich, und zwar über den Sommer. Ja, wir wollen im Bereich der direkten Demokratie etwas erreichen, und das betrifft die Gemeinden und die Länder, aber auch die Ebene des Bundes. Es wird nicht ausreichen, dass wir sagen, wir probieren, dort ein bisschen etwas nachzujustieren und da ein bisschen etwas nachzujustieren, und dann haben wir die große Demokratiereform. Das haben Sie mit dem ÖVP-SPÖ-Antrag zum sogenannten Demokratiepaket ja damals schon probiert und haben damit von uns allen eine Abfuhr bekommen.

Ja, das Ergebnis dieser Enquete-Kommission kann nicht sein, dass wir Empfehlungen aussprechen. Da ist die Enquete-Kommission „Würde am Ende des Lebens“ leider ein schlechtes Beispiel. Da sind Empfehlungen ausgesprochen worden, und jetzt, da wir Monate danach versuchen, einen gemeinsamen Antrag zustande zu bringen, kommt er nicht zustande, oder wir hören, wir sind ja gar nicht zuständig.

Das hätte man den ExpertInnen aber auch schon bei der Enquete sagen können, die uns Empfehlungen aus dem Jahr 2001, von der letzten Enquete, vorgelegt und gesagt haben, das ist immer noch nicht entschieden. Dann hätte man auch in entsprechende Gespräche gehen können mit denjenigen, die zuständig sind, zum Beispiel den Bundesländern in manchen Bereichen. Das werden wir hier bei dieser Enquete-Kommission sicher nicht zulassen, ohnehin auch bei der „Würde am Ende des Lebens“-Enquete-Kommission nicht, aber jetzt reden wir darüber.

Empfehlungen sind mir also eindeutig zu wenig für den Bericht im September. Ich erwarte, dass wir sehr ernsthaft verhandeln, dass wir sehr ernsthaft zu Maßnahmen kommen, die einerseits die direkte Demokratie betreffen, aber auch andererseits die von Ihnen ebenfalls schon angesprochenen Verbesserungen in Begutachtung, Öffnung des Ausschusses und was es da alles gibt. Da sind wir voll dabei. Aber man wird sicher nicht sagen können, wir erledigen hier etwas, und auf der anderen Seite nicht.

Noch eine Anmerkung, Herr Kollege Gerstl, weil Sie vorhin gesagt haben, die BürgerInnen sollen gemeinsam zu einer Stellungnahme kommen: Ich bin der Meinung, das ist nicht zwingend notwendig. Man muss sie hier nicht in eine Fraktion zwingen. Frau Mag. Ruhsmann hat ja schon klar gesagt – „Bürgerin Ruhsmann“ klingt so komisch, nicht? –, in vielen Punkten waren sie sich, obwohl sie sehr unterschiedlich sind, auch in ihren Redebeiträgen sehr einig. Aber vielleicht gibt es auch Punkte, wo sie sich nicht so einig sind. Ich weiß, dass ihr Steckenpferd das E-Voting ist; ich weiß nicht, wie die anderen dazu stehen.

Insofern würde ich nicht erwarten, dass man hier eine gemeinsame Stellungnahme machen muss. Wenn sie zustande kommt: umso besser, dann hat sie eine Kraft. Aber wenn sie in manchen Punkten nicht zustande kommt, dann muss das nicht sein. Das erwarten wir innerhalb des Grünen Klubs nicht von allen Abgeordneten, die ein freies Mandat haben, und das erwarte ich auch nicht von den BürgerInnen.

*****

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ/Wien): Zuerst einmal: Ich habe hier eine Menge über Demokratieprozesse dazugelernt – um das einmal zu sagen – und habe auch festgestellt, dass die Bürgerinnen und Bürger, die hier vertreten waren, sehr gut vorbereitet waren und dass es sehr viele interessante Vorschläge gegeben hat.

Einer dieser Vorschläge – meine Kollegin hat das bereits ausgeführt – betrifft auch den Bundesrat. Wir diskutieren ja eine – unter Anführungszeichen – „Reform“ des Bundesrats, der verfassungsrechtlich eine klare Definition hat, immer wieder, weil es immer wieder Zurufe gibt, ob man diesen Bundesrat nicht abschafft. Oder: Welche Funktion hat er denn? – Und vieles andere mehr.

Ich denke, der Bundesrat hat sich zumindest mit der Arbeit, die er als Europakammer leistet, also mit dem EU-Ausschuss, durchaus seinen Platz in der österreichischen Demokratie erworben. Wenn man Vorschläge liest, die gerade in diesem Grünbuch aufgeschrieben sind, dann gibt es da schon eine Reihe von interessanten Vorschlägen, die durchaus verwirklichbar sind. Dieser Zukunftsausschuss ist etwas – und Gottfried Kneifel, mein Kollege von der ÖVP-Fraktion, nickt dazu –, über das wir uns unterhalten müssen, was wir hier tun können. Vor allen Dingen ist zu fragen – und das ist mir ganz wichtig –: Wie kann man Bürgerinnen und Bürger dabei miteinbeziehen?

Da spielt natürlich auch eines mit: Wir praktizieren das ja auch, zum Beispiel mit Vorhabensberichten der EU-Kommission, die wir im Bundesrat diskutieren, bereden und besprechen. Warum denn nicht die Vorhabensberichte mit Bürgerinnen und Bürgern besprechen? – Und zwar in einem vorparlamentarischen Prozess, der natürlich einige Dinge erfordert, wie zum Beispiel mehr Information. Da muss natürlich auch die Parlamentsdirektion mitwirken, dass diese Information stärker dargestellt wird. Ich denke, da gibt es eine Reihe von Vorschlägen, wo das mit verwirklicht werden kann.

Vielleicht noch einen Punkt: Was ich hier auch gehört habe, ist, dass sich die Bundesländer darüber beklagt haben, dass sie zum Beispiel bei der Einführung von direkter Demokratie an Verfassungsgrenzen gestoßen sind. Ich meine, dass man auch darüber konkret reden muss, um den Bundesländern und anderen Gebietskörperschaften – wie den Gemeinden – auch ihre Abstimmungsmöglichkeit zu geben, weil direkte Demokratie vor Ort sicherlich eine der interessantesten Formen der Mitbestimmung ist und Bürger und Bürgerinnen das natürlich auch wollen.

Selbstverständlich ist das über den Sommer eine Grundlage von Verhandlungen, und auch die andere Frage, die Sie angesprochen haben, ist ein Thema. Das steht ja auch hier im Raum.

*****

Universitätsdozent Dr. Paul Luif: Ich danke sehr dafür, dass ich hier an diesen Sitzungen teilnehmen durfte. Bei einer habe ich gefehlt, aber bei den anderen Sitzungen war ich dabei. Ich habe es sehr spannend gefunden, als Politikwissenschafter einmal wirklich sozusagen in die Politik direkt hineinzuriechen.

Ich möchte hier nicht sehr lang und breit reden, sondern ganz kurz. Ich stimme in den meisten Fragen mit Professor Öhlinger überein, was die Möglichkeiten der Stärkung der direkten Demokratie in Österreich betrifft. Ich möchte hier nur einige Anmerkungen zu ein paar Stellungnahmen machen, nämlich zur Unterscheidung zwischen den verschiedenen Ebenen, sodass man auf Gemeindeebene ruhig Volksabstimmungen, Volksreferenden machen kann, aber nicht auf den höheren Ebenen. Ich möchte davor warnen.

Es wird dann immer das Beispiel genannt, dass auch in Deutschland nur die Bundesländer Volksabstimmungen können. Man muss dazu sagen, dass in Deutschland die Kompetenz der Länder viel weiter geht als die Kompetenz der Länder in Österreich, dass also über viel wichtigere Dinge auch auf Landesebene in Deutschland per Referendum entschieden werden kann. Ein bisschen Bauchweh habe ich, wenn man dieses dreistufige Entscheidungsmodell mit einer unverbindlichen Volksbefragung abschließt. Das Bauchweh habe ich deswegen, weil es in Österreich ja die lange Tradition der Volksbegehren gibt und die Volksbegehren früher sehr intensiv unterstützt wurden. Als man dann realisiert hat, dass das alles unverbindlich ist, dass die Parteien und die Parlamente hier nicht wirklich eingebunden werden, ist die Beteiligung an unverbindlichen Volksbegehren, die keine politischen Parteien binden, drastisch zurückgegangen, sodass das heute kein wirkliches Instrument der direkten Demokratie mehr ist.

Entscheidend für die Verbesserung der Demokratie in Österreich ist natürlich das Problem der Medien. Ich finde es dramatisch, dass über unsere Enquete-Kommission, als die Medien das Thema waren, in den Medien nicht berichtet wurde. Hier zeigt sich also, es gibt in Österreich ein Problem mit der Medienberichterstattung über den demokratischen Prozess. Ich glaube, wenn verbindliche Volksabstimmungen auf dem Tapet stehen, dann müssen die Medien darüber diskutieren. Es hat sich ja auch bei der Volksbefragung bezüglich Wehrpflicht schon gezeigt, dass in den Medien darüber wirklich intensiv diskutiert wurde.

Mein Fazit ist also: Ja, eine dreistufige Entwicklung der direkten Demokratie in Österreich ist sinnvoll. Sie ist auch sinnvoll, weil dann in den Medien und damit in der Bevölkerung wahrscheinlich mehr über wichtige Fragen diskutiert wird. Mein Bauchweh ist, dass eine unverbindliche Volksbefragung am Ende dieses Prozesses möglicherweise dieses Instrument dann wieder schwächt. Deswegen, und letztendlich auch, um die Volksabstimmungen in den Bundesländern abzusichern, wäre am sinnvollsten eine Änderung der Verfassung mit einer hinzugenommenen Volksabstimmung, was natürlich das Interessante wäre: Man lässt das Volk darüber abstimmen, ob es eine Ausweitung der direkten Demokratie geben sollte.

Noch zwei letzte Bemerkungen. Erstens: Zum Beispiel im Burgenland gibt es die Möglichkeit einer zwingenden Volksabstimmung über Beschlüsse des Gemeinderates. – Professor Öhlinger hat mich aufgeklärt, dass Beschlüsse des Gemeinderates keine Gesetze sind, hier also die Aussagen des Verfassungsgerichtshofes nicht tragend sind, dass die Ausweitung der direkten Demokratie bei Gesetzen nicht möglich wäre.

Das Zweite, was ich noch sagen möchte, betrifft den Bundesrat. Auch damit, diesen zu einem Think Tank auszubauen, habe ich meine Probleme. Wenn in Österreich der Föderalismus ernst genommen wird, dann brauchen wir einen Bundesrat. Ein Think Tank ist wichtig, aber nicht der Bundesrat als Think Tank. – Danke sehr.

*****

Assistenzprofessor Dr. Klaus Poier: Herr Präsident! Ich würde gerne bei Professor Luif anschließen, wenn wir hier eine Position aus der Sicht eines Wissenschafters anbringen. Auch für mich war es wieder eine neue Lehre, und ich finde es eine interessante Lehre. Für jemanden, der über Demokratie forscht, ist es einfach interessant, hier dabei sein zu können und auch zu sehen, wie kompliziert und schwierig die Prozesse sind. Aber natürlich sind auch die Inhalte sehr breite Positionen, und einen Konsens zu finden, ist eben nicht so einfach.

Ich würde aus der Sicht eines Wissenschafters und auch in der langjährigen Sicht sehr davor warnen, dass man die Enquete-Kommission schlechtredet, nämlich vor allem dann schlechtredet, wenn sie nicht jetzt sofort zu einem ganz konkreten Ergebnis kommt. Ich sehe das nämlich im Vergleich zum Österreich-Konvent, bei dem einige hier im Saal auch Mitglied waren. Ich habe damals, vor mehr als zehn Jahren, auch das Vergnügen gehabt, dabei zu sein.

Wenn man so in die Bücher schaut und die Meinung der Menschen oder die öffentliche Meinung hört, dann gilt der Österreich-Konvent als gescheitert. Wenn man aber schaut, was in den letzten zehn Jahren passiert ist, was alles als Früchte des Österreich-Konvents anzusehen ist, ob das die Verwaltungsgerichte sind, die Verfassungsbereinigungen, die Neuregelung der Weisungen, das Haushaltsrecht, Briefwahl, Wahlalter 16 – es gibt eine Fülle von Verfassungsreformen, die auf die Arbeit im Konvent zurückgehen!

Wenn man sich Verfassungsreformen international ansieht, dann sieht man, dass diese immer lange Zeit brauchen. Auch die neue Schweizer Verfassung hat Jahrzehnte gedauert. Das ist nicht per se etwas Schlechtes, sondern etwas ganz Natürliches. Wenn man die Spielregeln ändert, ist klar, dass man darüber länger debattiert.

Im Vergleich zum Österreich-Konvent muss ich sagen, dass die Anfangsstimmung in dieser Enquete-Kommission weniger euphorisch als damals war. Beim Österreich-Konvent gab es schon eine gewisse Aufbruchsstimmung. Es war natürlich auch hier viel enger: Damals Österreich-Konvent, neue Verfassung, das Jahrhundertwerk, da war schon ein Aufbruch zu spüren – hier gab es ein enges Thema.

Erschwerend war sicher auch die Inszenierung. Wir haben auch im Österreich-Konvent das Plenum gehabt, dort ist nie ein wirklicher Austausch passiert. Wir haben aber kleine Ausschüsse gehabt; das war hier nicht möglich oder wurde nicht gemacht. Wenn man zu zehnt um einen Tisch sitzt, kann man anders diskutieren als hier in dieser Gruppe, selbst wenn wir um einen Tisch oder um so ein Karree herum sitzen.

Das Zweite war: Es hat hier schon sehr vorgefestigte Meinungen gegeben. Wenn man in alle Fraktionen, aber auch bei den Experten oder bei den Bürgerinnen und Bürgern schaut: Die Meinungen haben sich wenig geändert. Von der ersten Sitzung bis jetzt waren es relativ klar gefestigte Meinungen, daher hat nicht wirklich – auf allen Seiten, würde ich jetzt einmal sagen – ein Austausch oder eine gewisse Kompromissbereitschaft bestanden.

Auffallend war – das wurde schon gesagt – das geringe Interesse der Medien, aber natürlich auch der Bürgerinnen und Bürger außerhalb. Dass es so wenige Stellungnahmen gegeben hat, ist schon auffallend. Daher ist da keine Stimmung entstanden.

Vor allem finde ich es gut, dass es diese Enquete-Kommission gegeben hat. Es ist wie im Konvent auch hier der Fall, dass sehr viele Meinungen präsentiert wurden. Man kann das nachlesen, es wurde über vieles diskutiert. Vielleicht hätte man über gewisse technische Details noch intensiver – dafür hätten wir vielleicht auch Ausschüsse gebraucht – diskutieren können wie im Konvent, dass man hier ein Reservoir für die nächsten Jahre hat. Aber trotz allem gibt es eine sehr, sehr gute Grundlage für die nächsten Jahre, was auch immer bei der letzten Sitzung noch herauskommen wird.

Ich finde, auch das Experiment mit den Bürgerinnen und Bürgern war ein interessantes. Das war vielleicht sozusagen das besondere Novum. Das war ein Experiment, und auf beiden Seiten hat jetzt man gesehen, es hat länger gedauert, bis irgendwie ein Auftauen passiert ist. Vielleicht ist man auch noch immer nicht dort, wo man sein will. Aber wenn man jetzt schon sagt: Die Bürgerbeteiligung funktioniert nicht, lassen wir das!, dann wäre ja vieles, worüber wir inhaltlich diskutiert haben, nicht mehr weiterzudiskutieren. Wir wollen ja die Bürgerbeteiligung lernen, und das war hier sicher ein erster Versuch, der weitergehen muss.

Ganz kurz, ich habe es schon gesagt: Die Meinungen waren sehr differenziert. Wenn es so klar wäre, dass jetzt ein objektiver Wissenschafter oder Rapporteur herkommen müsste und sagen würde, das waren die gemeinsamen Meinungen, so wäre das wenig. Es war bei der ersten Sitzung sehr differenziert, es gab auch sehr viele kritische Stimmen zum Demokratiepaket 2013.

Zweite Sitzung: Länder – auch ein differenzierter Befund. Es gibt dort viele Regelungen, es gibt wenig Praxis. Die Bürger nehmen es viel weniger wahr, als wir denken. Schon ein Punkt, der immer gekommen ist, war dieser: Die Länder wollen einen größeren Freiraum. Es zeigt sich auch, dass viele Abstimmungen, etwa auf Gemeindeebene, im rechtsfreien Raum stattfinden, was ja eigentlich niemand will. Hier sollte man also etwas tun.

Der internationale Vergleich war sehr differenziert, gerade auch, was Deutschland betrifft. Die einen sagen: Gute Erfahrungen, das können wir als Vorbild nehmen. Die anderen sagen: Auf Bundesebene kommt das in Deutschland nie. Schauen wir, wie es ist! Es gibt also auch hier keinen einheitlichen Befund.

Was die Schweiz betrifft, war für mich auch interessant, wie der frühere Redakteur der „NZZ“ in Österreich gesagt hat: In der Schweiz funktioniert es gut, aber die Österreicher sind eigentlich nicht so weit, dass sie das machen sollten. – Das hat mich ein bisschen verstört, ich habe es ohnehin zum Ausdruck gebracht. Es war aber schon auch eine interessante Bemerkung. Die Zivilgesellschaft, die auch hier aufgetreten ist, ist ebenfalls differenziert. Wir haben in Österreich eine sehr organisierte Zivilgesellschaft, zum Teil gesetzlich eingerichtet – wobei man daran zweifeln kann, ob das eine Zivilgesellschaft im eigentlichen Sinne ist –, und wir haben eine weniger ausgeprägte freie Zivilgesellschaft als in anderen Ländern. Die Kultur des Etatismus ist noch immer vorherrschend.

Die Medien wollten eher über sich und Medienpolitik als über direkte Demokratie sprechen. Das ist auch interessant, hat uns aber nicht weitergeholfen.

Einigkeit besteht vielleicht darüber, dass man beim parlamentarischen Prozess etwas verbessern muss. Legistischer Dienst: Unterstützung ausbauen, mehr Transparenz, mehr deliberative Beteiligungsformen. Wenn es ins Konkrete geht, wird es dann wahrscheinlich schwieriger.

Im Grundtenor war man sich also einig, aber im Konkreten ist das vielleicht schwierig. Ich sehe es im Moment vielleicht als die spektakulärste Geschichte: Dieser Automatismus – Sie haben noch nicht den großen Konsens. Wie gesagt, auf lange Sicht würde ich das jetzt nicht als so dramatisch sehen, wenn man den Österreich-Konvent sieht. Sozusagen: Kommt Zeit, kommt Rat – das wäre jetzt mein wissenschaftlicher Zugang.

Ich denke aber, dass man, was viele andere Dinge betrifft, die vielleicht weniger spektakulär klingen, die aber in der täglichen Praxis des politischen Diskurses vielleicht sogar wichtiger sein können, durchaus einiges zusammenbringen könnte, wenn man will. Den Diskurs mit der Bevölkerung, mit den Bürgerinnen und Bürgern, muss man fortsetzen. Ich denke, das ist ein guter Startschuss gewesen – bei allen Schwierigkeiten –, aber wenn man jetzt aufgibt, dann wäre das sicher das falsche Signal.

*****

Michelle Missbauer: Sehr geehrter Herr Präsident! Zuerst möchte ich mich als Bürgerin dafür bedanken, dass ich in dieser Enquete-Kommission mitmachen durfte. Ich hoffe, dass diese Enquete-Kommission bestehen bleibt, dass wir Bürger weiter ein Mitspracherecht im Parlament haben, und fordere Sie auf: Drehen Sie doch die Staffel zwei! Jetzt haben wir die Staffel eins gedreht – machen wir doch eine zweite Staffel daraus!

Ich denke, wir Bürger sind sicher in der Lage, unsere Ideen weiterhin einzubringen, und ich stelle Ihnen meine Dienstleistung gerne weiterhin zur Verfügung. Ich würde sehr gerne weiter mit Ihnen im Parlament zusammenarbeiten. Ich hätte überhaupt kein Problem damit, einmal im Monat zu Ihnen zu kommen und über prickelnde Themen, über sensible Themen, über alle möglichen Themen zu debattieren und diskutieren.

In der Schule, in dem Abendgymnasium, das ich besuche, kommen auch die Schüler auf mich zu, weil mein Wissen relativ gut ist. In Biologie zum Beispiel bin ich Klassenbeste. In Deutsch habe ich auch dank Ihnen einen Einser geschrieben, denn ich habe in meiner letzten Schularbeit meine Tätigkeit, auch die Nationalratspräsidenten und die Politiker in eine Kommentarausarbeitung miteinbezogen. Das finde ich sehr gut, weil unser Lehrer, Herr Wittek, auch darauf besteht, dass wir politische Themen im Abendgymnasium bearbeiten, was auch zur Matura kommt. Ich bin übrigens der letzte Semesterjahrgang, der noch nicht zur Zentralmatura antreten muss; das dürfen dann die nachkommenden Schüler machen.

Aber ich möchte auch kurz ein paar wesentliche Punkte ansprechen. Ich habe im Internet und in den ganzen Medien verfolgt, dass Irland die gleichgeschlechtliche Ehe, die „gay marriage“, mittels einer Volksabstimmung geöffnet hat. Da appelliere ich jetzt an Sie, dass wir dieses Vorhaben auch in Österreich durchführen.

Ich bekomme immer Informationen von Dr. Helmut Graupner – das ist auch der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Sexualforschung –, von den „LAMBDA-Nachrichten“. Er hat auch einmal mit Herrn Mitterlehner gesprochen, und leider Gottes weigert sich die ÖVP immer noch, die lesbischen und schwulen Leute komplett gleichzustellen. Ich würde sagen, man sollte die Partnerschaften und die Ehe für alle öffnen, ungeachtet der sexuellen Orientierung. Wollen zwei Frauen miteinander die Ehe eingehen, zwei Männer, Mann und Frau, es soll für jeden offenstehen. Für jeden, Gleichstellung und Gleichberechtigung für alle, das wäre mein Ziel. Vielleicht schaffen wir es heuer noch, in diesem Bereich, bei diesem Thema eine Volksabstimmung in Österreich durchzuführen, über das Thema Eheöffnung für homosexuelle Paare.

Ein weiteres, zweites wichtiges Thema sind immer noch meine Tierschutzanliegen. Ich zum Beispiel würde es bevorzugen, wenn Sie einmal Organisationen ins Parlament einladen, vielleicht auch internationale Organisationen wie Animal Equality, und mit diesen Organisationen auch Gespräche führen. Ich war unlängst bei der „Yes! We Care!“-Veranstaltung im 1. Bezirk und muss sagen, da sind mir die Tränen gekommen, wenn man sieht, was in Rumänien mit den Hunden passiert. (Zwischenrufe.) – Das ist mir schon klar, aber gerade in einer Demokratie kann man die Leute auch in Themenbereiche einbeziehen, die wichtig sind, so wie eben die gleichgeschlechtliche Ehe, so wie Geldangelegenheiten und viele Themenbereiche mehr.

Herr Gerstl hat gesagt, wir Bürger sollen einen Bericht, eine Stellungnahme abgeben. Jetzt würde ich Sie einmal höflich fragen wollen: Wo können wir diesen Bericht abgeben? Ihnen in die Hand geben oder per E-Mail senden? – Das wäre noch meine Frage, die ich an Sie stellen möchte, wie ich den Bericht verfassen und wo ich ihn hinterlegen kann.

Ich denke, es gibt viele Themen, wo die Bürger miteinbezogen werden können und sollen. Wenn wir das in der Demokratie einmal schaffen, dann haben wir auch sehr viel erreicht. Mir ist klar, dass die Meinungen unter den Menschen immer auseinandergehen werden: Der eine sagt zu dem Ja, der andere sagt zu dem Nein. Ich würde Sie eben ersuchen oder auffordern, dass das Thema Bürgernähe im Parlament bestehen bleibt. – Danke.

*****

Dr. Susanne Fürst: Ich wurde auch als Expertin in diese Kommission berufen, möchte aber vor allen Dingen als Bürgerin sprechen, um die anwesenden Politiker von der Dringlichkeit der Umsetzung einer Reform zu überzeugen.

Herr Präsident, Sie haben davon gesprochen, dass man mittels mehr direkter Demokratie auch das Interesse der Menschen an der Politik stärken soll. Das ist sicher ein wichtiger Aspekt, wobei ich glaube, dass dieses Interesse bereits vorhanden ist, und zwar sehr stark. Es gibt ja auch Umfragen dazu, dass hier der Bedarf und der Wunsch gegeben sind.

Ich sehe aber vor allem auch ganz aktuell im Wahlergebnis vom vergangenen Sonntag einen mehr oder weniger direkten Ruf nach mehr direkter Demokratie. Die Menschen haben sich am Sonntag in großem Ausmaß von der Politik abgewendet, natürlich immer verkörpert von den jeweils Regierenden. Warum tun sie das? – Sie sind frustriert, sie fühlen sich nicht vertreten. Sie glauben, dass die Politiker ihre Interessen nicht oder nicht in ausreichendem Maße vertreten und sich nicht um ihre wahren Sorgen und Anliegen kümmern. Dann wandert man ab, sei es zu anderen Parteien oder sei es, dass man die Anliegen auf die Straße trägt oder eben jede Beteiligung am politischen Prozess verweigert.

Unsere essenziellen Interessen sind nämlich nicht zum Beispiel der Song Contest. Ja, der mag stattfinden, aber wenn auch die mediale Berichterstattung irgendwie nahelegt, dass wir uns jetzt wochenlang mit nichts anderem beschäftigt haben: So ist es nicht! Das mag in den Medien so veröffentlicht werden, aber wir befassen uns mit ganz anderen Dingen und sorgen uns über ganz andere Sachen.

Wir sorgen uns über die Wirtschaft. Wir erwarten uns Konzepte von den Politikern: Wie kann die Wirtschaft belebt werden, um zunehmende Arbeitslosigkeit zu verhindern? Wie kann die Sicherheit in unserer Heimat beibehalten oder vielleicht auch wieder verbessert werden? Was ist mit der Zuwanderungs-/Asylproblematik? Gibt es hier bald einmal ein Konzept? Wie kann man Struktur hineinbringen? – Die Rat- und Hilflosigkeit der Politiker ist hier etwas beängstigend.

Wie kann verhindert werden, dass dieses großartige Projekt der EU eigentlich von den Menschen zunehmend als Belastung empfunden wird, weil wir Haftungen übernehmen müssen für Schulden, die wir nicht gemacht haben, oder uns hier Souveränität weggenommen wird, so wie das zumindest niemals ausgemacht war? – Natürlich verändern sich Dinge, es gibt Prozesse, aber demokratisch legitimiert war das nicht.

Viele Menschen beschäftigen auch Themen wie der Tierschutz oder die Gleichstellung in der Ehe. – Über alles soll diskutiert werden, aber es dürfen die wichtigen Themen nicht ausgespart werden, denn das funktioniert nicht. Wenn in den Medien nur über den Song Contest berichtet wird, lassen wir Bürger uns nicht von sogenannten Brot und Spielen ablenken, das hat im alten Rom – zumindest auf Dauer – nicht funktioniert, bei uns funktioniert es auch nicht. Vielleicht ist während einer Fußball-WM die eine Hälfte der Menschheit abgelenkt, aber das dann auch nur für zwei Wochen. Dieses Nichtansprechen von Problemen, dieses Leugnen, die Schönwetterparolen der Politiker, wo sie nicht angebracht sind, das macht ängstlich, unsicher, wütend, denn wer soll unsere Interessen vertreten, wenn nicht die Politiker, die dafür gewählt und bezahlt werden. Die Interessen bleiben dann sozusagen brach liegen.

Somit ist also dieser vergangene Wahlsonntag für mich wirklich ein Ruf nach direkter Demokratie. Ich denke, mehr direkte Demokratie ist ein Mittel, um diese zunehmend auseinanderklaffende Schere zwischen Politikern und Medien einerseits und den Bürgern andererseits sich wieder annähern zu lassen und damit auch die Abwendung der Bürger zu verhindern. Daher stellt sich nur die Frage, ob sich das Parlament wirklich zu einem mutigen Schritt entschließen kann und dem Artikel 1 B-VG wieder mehr Leben einhauchen möchte: Das Recht soll ja vom Volk ausgehen, es sollte daher eine echte Reform stattfinden.

Ich komme nun zur juristischen Umsetzung: Betreffend Bindung an den mehrheitlichen Volkswillen beziehungsweise eine echte Bindung in Form von Volksabstimmungen müsste man dann das ganze Paket einer Volksabstimmung unterziehen, sonst ist es eine Gesamtänderung. Mit einer Volksbefragung kann man gut leben. Das Ergebnis einer Volksbefragung ist quasi bindend, wenn auch ein erheblicher Druck der Medien dahinter steht. Es sollten dann aber niedrige Hürden geschaffen werden und möglichst wenig oder keine inhaltlichen Tabus geben, wie das auch in der Schweiz der Fall ist. Denn wenn wieder die Themen ausgespart werden, die uns alle beschäftigen, dann macht es keinen Sinn.

Es gibt die nachträgliche Kontrolle, ob das Ergebnis einer Volksabstimmung, wenn EU-rechtswidrig, auch verfassungswidrig ist. Ja, ein EU-rechtswidriges Gesetz ist beiseite zu lassen, genauso wie ein vom Parlament beschlossenes Gesetz. Bezüglich der Verfassungswidrigkeit eines Ergebnisses gibt es immer die nachträgliche Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof. Ich sehe hier keinen großen Unterschied. Aber man soll jedenfalls nicht den Frust der Bürger noch erhöhen, indem man sagt: Okay, stimmt über das Parkpickerl und so weiter ab, aber über die wirklich wichtigen Themen nicht.

Ich möchte noch kurz auf den Redebeitrag des Abgeordneten Cap eingehen, der vom Ausspielen direkter Demokratie gegen parlamentarische Gesetzgebung gesprochen hat. – Das soll es natürlich nicht sein, denn es soll eine punktuelle Ergänzung sein. Wenn es etwa Themen gibt, die Sie vielleicht übersehen oder nicht gemerkt haben, dass diese den Menschen so wichtig sind und in einem erfolgreichen Volksbegehren eben ausreichend unterstützt werden, soll es dann eine Volksbefragung oder vielleicht – wenn man ganz mutig ist – eine Volksabstimmung geben. Und dann sind Sie eben daran gebunden und müssen es auch umsetzen.

Zur Ebene Gemeinde, Land, Bund: Klar, es macht auf allen Ebenen einen Sinn. Aber der Bund soll nicht ausgespart werden, denn hier geht es ja um die wichtigen Themen. Wenn ihr irgendwo eine Fußgängerzone macht, die uns nicht passt, dann können wir damit schon leben. Aber dass die Arbeitslosigkeit immer höher wird oder das allgemeine Wohlstandsniveau sinkt, das verzeihen wir euch nicht. – Danke.

*****

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP/Oberösterreich): Es hat eher der Zufall dabei Regie geführt, dass das heurige Gedenkjahr „70 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges“ – der größten Katastrophe dieses Kontinents – mit dieser Enquete-Kommission zur Stärkung der Demokratie in Österreich zusammenfällt.

Sie werden sich denken: Was hat das miteinander zu tun? Ich glaube schon, dass das sehr viel miteinander zu tun hat. Diese Katastrophe ist deshalb zustande gekommen, weil die Demokratie in den dreißiger Jahren zu schwach geworden ist, da die Demokratie und die Demokraten versagt haben. Deshalb glaube ich, dass wir uns immer anstrengen müssen, die Demokratie zu stärken.

Die Demokratie und das demokratische System und auch der Parlamentarismus sind kein Erfolgszug, der von selbst von Erfolgsstation zu Erfolgsstation fährt. Er braucht immer wieder neue Impulse, er braucht immer wieder Anregungen, Ideen, Anpassung an die völlig verschiedenen gesellschaftlichen, sehr rasanten Veränderungen in der Welt, und natürlich auch in Österreich. Deshalb ist es wichtig, dass wir immer wieder am Armaturenbrett kleinere oder größere Adjustierungen vornehmen, um mehr Menschen und mehr Bürgerinnen und Bürger in den demokratischen Prozess einzubinden.

Was mir als Parlamentarier am meisten Sorge bereitet, ist, dass sich immer mehr Menschen aus dem demokratischen Prozess ausklinken, dass immer mehr zwar die Segnungen und die Beschlüsse, die aus dem demokratischen System erfolgen, zur Kenntnis nehmen – beste Bildung, beste Gesundheit und so weiter –, aber der Input in dieses System immer geringer wird.

Deshalb glaube ich, dass wir größere oder kleinere Anpassungen vornehmen müssen. Ich halte es für richtig, dass wir bereits im Vorfeld der Gesetzeswerdung – wenn ich jetzt die Gesetzeswerdung als Trichter nehme – nicht unten, wo es eng wird, sondern bereits oben die Bürgermeinungen einholen – oben, wo der Konflikt noch nicht so stark ist – und sie bei diesem Gesetzwerdungsprozess mitnehmen.

Demokratie ist mehr als das Abnicken von Gesetzen, sie ist das Sich-mit-diesen-Dingen-im-Vorfeld-Beschäftigen. Daher sollten wir mehr Einstiege in den Gesetzwerdungsprozess ermöglichen. Das Wort „Deliberation“ ist gefallen. Ich kann dem etwas abgewinnen, wenn wir Bürgerinnen und Bürger frühzeitig in den Gesetzesprozess einbinden. Ich glaube, wir sollten als Gesetzgeber auch etwas zulassen, als Bundesgesetzgeber auch zulassen, dass Länder mehr Freiräume haben. Ich bin nicht der Typ, der sagt, aus dieser Demokratie-Enquete-Kommission entweder alles oder nichts, sondern, wenn Konsens über eine bestimmte Materie herrscht, das ermöglichen und den Ländern auch die Chance geben – das ist schon genannt worden –, diesen Prozess weiterzuführen.

Ich danke für die Aufklärung durch Herrn Professor Öhlinger zum Thema Konflikt, Legislative, Gerichtsbarkeit. Ich glaube, da müssen wir achtgeben, dass bei den Bürgern nicht ein weiteres Frustrationspotenzial entsteht, das von uns generiert wird. Da ist höchste Aufmerksamkeit geboten.

Mein Kollege Todt von der SPÖ hat bereits die Rolle des Bundesrats angesprochen. Ich halte es nicht für schlecht, wenn dort mehr nachgedacht wird – Think Tank – und nicht post festum ein Einspruch erfolgt. Der Bundesrat soll im Vorfeld mitwirken, sich im Vorfeld einbringen – das aber mit den bestehenden Strukturen, denn Sie werden keine Bundesratsänderungsnovelle von mir verlangen, das will ich auch nicht. Es gilt, mit den bestehenden Möglichkeiten, Chancen und Werkzeugen mehr Bürger in den Gesetzeswerdungsprozess einzubinden. Das ist eine herausfordernde Aufgabe, die wir über diese Demokratie-Enquete-Kommission hinaus mitnehmen sollten.

*****

Abgeordneter Asdin El Habbassi, BA (ÖVP): Heute geht es ja um das Thema „Politische Schlussfolgerungen“. Ich glaube, dass der Prozess dieser Enquete-Kommission durchaus ein positiver ist. Ich persönlich habe es geschätzt, dass wir so viele Inputs von Experten bekommen haben und dass man vielleicht auch die eine oder andere Stellungnahme noch einmal kritisch hinterfragen kann.

Es war auch mutig, mit der Twitter-Wall – die leider heute nicht da ist – in der Kommunikation neue Wege zu gehen. Das ist etwas Positives, weil es durch die Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern einen zusätzlichen Kommunikationsweg ermöglicht, vor allem dieses Sich-der-ungefilterten-Meinung-von-Teilnehmern-Stellen, die nicht in diesen manchmal leider eingefahrenen Prozess unserer parlamentarischen Demokratie eingebunden sind und uns Rückmeldungen geben. Ich glaube, viele Dinge sind ja dann auch sofort umgesetzt worden. Die Tatsache, dass wir hier auf gleicher Ebene diskutieren, ist ja auch den Beiträgen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geschuldet.

Wenn wir uns jetzt auf die inhaltliche Ebene begeben, gibt es einen ganz klaren Vorschlag und – es ist ja kein Geheimnis – ganz klare Positionierungen. Ich war eigentlich auch traurig, dass der JVP-Vorschlag mit dem Dreistufenmodell nicht im Kompromisspapier war. Nun muss ich aber sagen, dass mich die Worte von Professor Öhlinger und seine fundierte Kritik auch zu der Meinung gebracht haben, dass dieser Kompromiss an sich kein schlechter ist und dass diese Bedenken durchaus Sinn machen. Deshalb ist dieser Kompromiss, so wie wir ihn ursprünglich gehabt haben, auch einer, den ich nach wie vor für gut befinde.

Es ist aber auch wichtig zu sagen, dass wir bei unserer Diskussion hier sehr wenig über die Vorschläge gesprochen haben. Es sind sehr viele Inputs gekommen, die tatsächlich dem ursprünglichen Ziel entsprechen, und zwar die Demokratie zu verbessern, sie bürgernäher zu machen. Es sind sehr viele Vorschläge gekommen, bei denen es meiner Meinung nach Sinn machen würden, sie umzusetzen, anstatt sie jetzt irgendwo auf die lange Bank zu schieben.

Ich persönlich bin der Meinung, wir sollten Politik auf Fakten, auf Expertenmeinung und vor allem auf Ergebnisorientierung aufbauen. Heute sind schon einige Male diese Schlagwörter „Deliberation“ und „rechtzeitige Einbindung von Bürgern in den Gesetzwerdungsprozess“ gefallen – schon vorher und nicht erst dann, wenn es um das Abstimmen geht, so, wie wir ganz normale Institutionen wie die Kammern oder Fachverbände und so weiter einbinden. Es gilt, den Bürger einzubinden und es für ihn zu vereinfachen, Stellungnahmen abzugeben, sich in den Gesetzwerdungsprozess einzuklinken und dann auch tragend mitzuwirken.

Mit hat dieses Experiment aus Finnland begeistert. Ich würde mich freuen, wenn wir es in Österreich auch schaffen, dass wir ein Role Model für tatsächlich gelebte Demokratie des Einbindens von Bürgern sind.

Sie haben die Frage gestellt, ob es eine klare Position der Abgeordneten hier im Raum gibt. Ganz offen gesprochen habe ich den Eindruck, dass tatsächlich im Moment die ursprüngliche Einigung nicht mehr von allen mitgetragen wird. Ich finde es schade, dass mein Eindruck der ist, dass unser Koalitionspartner eine andere Meinung verfolgt. Sie können mich korrigieren, wenn das falsch ist, aber ich nehme es so wahr.

Da ich der Meinung bin, wir sollten aus dieser Enquete-Kommission, weil ich sie für erfolgreich erachte, auch einen Output generieren, der dann tatsächlich auch Verständnis für das spiegelt, was hier gemacht worden ist, und in Wirklichkeit auch der Grundidee entspricht, Politik den Bürgern näherzubringen, würde ich es schön finden, wenn wir als österreichisches Parlament da vorangehen, indem wir neue Wege gehen, um den Parlamentarismus zu stärken. Dazu gibt es viele Vorschläge. Ich möchte die Vorschläge von Schülern wieder in Erinnerung rufen, zum Beispiel Schülerparlamente zu verankern. Es gab zum Beispiel den Vorschlag, es einzelnen Gruppen zu erleichtern, sich in ihrem Betätigungsfeld selbst einzubringen und auch Beschlüsse und Entscheidungen mitzutragen.

Genauso könnten wir es hier im Parlament machen. Wir haben gesehen, auch in diesem Prozess gibt es Dinge, die man noch verbessern kann und bei denen es Sinn macht, nicht totes Recht zu schaffen. Vielleicht sollten wir daher nicht weiter auf einem nicht mehr vorhandenen Kompromiss aufbauen, sondern neue Wege gehen, um tatsächlich etwas umzusetzen, was der Lebenswelt der Bürgerinnen und Bürger entspricht und dort auch einen Widerhall findet.

Wie Frau Fürst gesagt hat, tendieren wir oft dazu, irgendwelche Themen aufs Tapet zu bringen, über die die Leute vielleicht gar nicht abstimmen wollen. Wir sollten dorthin gehen, wo die Interessen des Bürgers sind. Deshalb hätte ich es gut gefunden, wenn man sie in diesen mehrstufigen Prozess einbindet. Aber es gibt auch andere Wege, das zu tun, und da würde ich mich freuen, wenn wir uns in diese Richtung bewegen und das Ziel ins Auge fassen, dann auch tatsächlich etwas zu machen, an dem jeder in Österreich erkennt, dass wir hier neue Wege gehen und vielleicht im internationalen Vergleich für andere Länder ein Beispiel für gelebte Demokratie und Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern sind. – Danke schön.

*****

Claudine Nierth: Noch einmal vorweg, keiner der Experten hat die Volksbefragung nicht hinterfragt, kritisiert oder davor gewarnt. Es ist auch Professor Decker deutlich aufgefallen, dass keiner der Experten an einer bloßen Befragung wirklich irgendetwas gut finden konnte.

Jede Reise fängt natürlich mit einem ersten Schritt an. Ich habe gesehen, dass hier vor sieben Monaten ein großer Dampfer ins Wasser gelassen wurde. Es lag oder liegt ein ganz konkreter Antrag vor, der ins Wasser gelassen wurde und die Arbeit begann.

Jetzt habe ich so ein bisschen den Verdacht: Das Ansprechen oder Anbieten von Kompromissgesprächen ist durchaus interessant und spannend, die Frage ist nur, mit welcher Richtung, um den Dampfer so auszustatten, dass wir damit irgendwann über den Deich kommen, oder um uns in Kompromissen auf den Beibooten zu verteilen und den Dampfer sinken zu lassen. Das kann man gerne machen, man kommt nur mit den Beibooten auf gar keinen Fall über den Deich. Über den Deich – das klingt schön Norddeutsch – heißt aber vor allem der wirkliche Brückenschlag von Bürgern zum Parlament, die Stärkung der direkten Demokratie an dieser Stelle hier wirklich ernst zu nehmen.

Was ich hier in den letzten Monaten gelernt habe, ist doch das, was ich das letzte Mal auch als Beispiel gebracht habe: Wir reden tatsächlich über zukünftig weniger als 1 Prozent der Abstimmung, die einmal vom Volk gemacht werden könnte. Weiterhin bleiben mehr als 99 Prozent der Entscheidung im Parlament. Das macht bei uns Bürgern gerne gefühlte 100 Prozent Machtkontrolle aus, aber dieses eine Prozent, das Ihnen im Parlament genommen wird, macht bei Ihnen 100 Prozent gefühlte Entmachtung aus.

Und das ist immer wieder das Problem, wo es dann auch um Verbindlichkeit und Unverbindlichkeit geht. Man muss sich wirklich deutlich machen: Jede Entscheidung ist auch wieder revidierbar. Sie können auch eine Abstimmung am nächsten Tag wieder mit einem Gesetz kippen. Man denkt immer, das wäre so das Alltagsgeschäft, aber das wird vielleicht in der Geschichte einmal, maximal zweimal passieren. Und nur, weil das möglich sein könnte, jetzt alles andere zu blockieren, wäre eine große Gefahr.

Was ich immer wieder in allen Diskussionen feststelle, ist das zugrundeliegende Menschenbild. Das eine Menschenbild misstraut seinem Gegenüber und geht dann gerne über zur Kontrolle, zum größtmöglichen Machtausbau, um über den anderen zu regieren, das andere Menschenbild geht von einem Vertrauen in sein Gegenüber aus, sucht die Kooperation und sucht ein Regieren im Miteinander. Zukünftig, glaube ich, stellen wir fest, dass es in Richtung Kooperation und Miteinander gehen muss.

Warum ich diesen Prozess hier in Österreich so wahnsinnig wichtig finde, lieber Herr Freund Cap, ist nicht, dass ich hier angereist wäre, um immer zu erfahren, dass wir in Deutschland noch lange nicht so weit sind. – Völlig richtig. Unserer SPD ist es nicht gelungen, in ihrer Regierung einen Enquete-Kommission zur direkten Demokratie durchzusetzen. Aber umso wichtiger ist es für unseren Prozess in Deutschland zu erleben, wie „ernsthaft“ hier die Frage gestellt wird.

Nichtsdestotrotz hat unsere SPD seit 2013 einen Gesetzentwurf – den ich Ihnen gerne mit meiner Stellungnahme auch zuschicke – auf den Tisch gelegt und auch mit Parteitagsbeschluss verabschiedet, in dem drinnen steht, dass eine Volksinitiative mit 100 000 Unterschriften gemacht werden kann, und zwar zu allen bundesrelevanten Themen, mit einer Ausnahme, dem Haushaltsgesetz. Nach einer erfolgreichen Volksinitiative kann ein Innenministerium ein Verfassungsgericht berufen und diese Volksinitiative infrage stellen, sollte sie denn verfassungswidrig sein oder höherrangiges Recht beschneiden.

Ein Volksbegehren ist zustande gekommen, wenn bei einfachen Gesetzen in sechs Monaten eine Million Unterschriften zustande gekommen sind, bei Verfassungsänderung zwei Millionen Unterschriften in sechs Monaten. Dann kommt es zu einer Volksabstimmung, die nach Vorstellung der SPD verbindlich sein soll, wenn 25 Prozent der Wahlberechtigten zugestimmt haben, bei Verfassungsänderung ein Drittel der Wahlberechtigten zugestimmt hat. Ganz wichtig ist der SPD, immer wieder Verbindungsglieder – nach der Volksinitiative, vor dem Volksbegehren, nach dem Volksbegehren, vor dem Volksentscheid – miteinzubinden, indem sich Parlament und Initiative an einem Tisch zusammensetzen, Kompromisse erarbeiten und in der Sache die Idee so weit schärfen, dass der Gesetzentwurf nachher auch wirklich reif ist und das Parlament auch einen guten Alternativvorschlag mit zur Abstimmung stellen kann. Das ist sehr richtungsweisend. Mit diesem Gesetzentwurf ist die Diskussion bei uns in Deutschland sehr weit gediehen.

Für mich stellt sich die Frage: Wer ist denn hier im Raum, der tatsächlich ernsthaftes Interesse hat, an dieser Frage der Stärkung der direkten Demokratie weiterzuarbeiten? (Bundesrat Kneifel und Abg. Gerstl: Sonst würden wir nicht hier sitzen!) – Nein, wer ist wirklich ernsthaft daran interessiert, an diesen Fragen, die in den letzten sechs Monaten noch einmal neu aufgemacht wurden, weiterzuarbeiten? – (Abg. Musiol und einige der Bürgerinnen und Bürger heben ihre Hände.) – Eine Hand, zwei, drei, vier, fünf. Gut, da sitzen auch noch einige.

Was natürlich sinnführend oder zielführend sein könnte, wäre, über den Sommer oder auch darüber hinaus eine interfraktionelle Arbeitsgruppe zu bilden, die sich ernsthaft in einer kleineren Runde x-beliebig Mal trifft und tatsächlich über die Kompromisse ins Gespräch geht, und zwar in Hinsicht auf Profilierung des Dampfers, um irgendwann wirklich das andere Land über dem Deich zu erreichen. Das wäre eine Empfehlung, die ich gerne in den Raum gebe und wo ich durchaus auch sehen würde, dass die Ernsthaftigkeit der Enquete-Kommission gewinnt. – Herzlichen Dank.

*****

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Herr Professor Öhlinger hat einen sehr interessanten Redebeitrag gemacht, zu dem ich Stellung nehmen möchte, weil ich mich auch ein bisschen angesprochen gefühlt habe.

Es hat mir gut gefallen, dass Sie diese Kritik geübt haben, dass wir immer mehr an Gerichtshöfe delegieren und von Gerichtshöfen eigentlich auch immer mehr in die Politik eingegriffen wird, auch in die Gesellschaftspolitik. Wir kritisieren das ja auch durchaus. Ich habe da jetzt keine hundertprozentige Lösung, aber ich bin der festen Ansicht, dass wir hier etwas ändern müssen.

Sie haben auch die Gesetzesbeschwerde angesprochen, die wir initiiert haben. Allerdings habe ich das anders verstanden: Es war nie geplant, dass wir eine Urteilbeschwerde machen, dass also der Verfassungsgerichtshof vielleicht auch Urteile noch einmal nachprüfen sollte, sondern es ist nur darum gegangen, eine rechtliche Schutzlücke zu füllen, damit auch die Parteien die Möglichkeit haben, dass, wenn ein verfassungswidriges Gesetz angewendet wird, das geprüft wird. Ich glaube daher, das war vom Ansatz her richtig, ohne dass wir damit wieder etwas an einen Gerichtshof delegiert haben. Aber, wie gesagt, ich unterstütze, dass das eine falsche Tendenz ist, die wir als Parlament eigentlich ja nicht befürworten sollen.

Sie haben dann natürlich die Problematik der Themeneinschränkung angesprochen – das Parlament soll das vorweg prüfen können. Ich bin allerdings der Ansicht, dass, wenn wir jetzt von direkter Demokratie sprechen, die Bevölkerung dasselbe können muss wie das Parlament selbst. Wenn wir aber jetzt davon ausgehen, dass das Parlament der Zensor ist, und wir schon beschließen, was die Bevölkerung nicht mehr darf, dann kommen wir wieder auf dasselbe hinaus, dass nämlich die Mehrheit im Parlament letztendlich beschließt, was möglich ist und was nicht.

Das ist ja dann keine juristische, sondern eine politische Frage – und dann sind wir wieder dort, dass ein Mehrheitsbescheid eine Initiative abdrehen kann. Genau das soll aber nicht der Fall sein. Denn sonst brauche ich ja keine direkte Demokratie mehr, denn das haben wir ja jetzt auch: Wir können ja jetzt auch Volksabstimmungen machen, sofern das Parlament das beschließt – es passiert halt nur nicht.

Daher würde ich bei dieser Themeneinschränkung und mit der Möglichkeit, Volksinitiativen – oder wie immer wir sie nennen – abzudrehen, sehr aufpassen.

Auch bei den europarechtlichen Fragen: Sie haben natürlich recht, das Parlament kann ja mittlerweile auch nur in einem beschränkten Ausmaß Entscheidungen treffen, weil so viel vorgegeben ist. Trotzdem dürfen wir abstimmen. Dann kann es sein, dass im Nachhinein festgestellt wird, dass das europarechtswidrig ist. Die Deutschen versuchen auch, eine Maut einzuführen, machen es halt einmal und dann ist es europarechtswidrig.

Nach Ihrem System wäre es jetzt vielleicht so, dass das Parlament dann schon vorher sagen kann, so eine Volksinitiative darf es gar nicht geben, weil sie nicht zulässig ist. (Professor Öhlinger schüttelt verneinend den Kopf.) – Gut, vielleicht habe ich Sie da falsch verstanden. Aber für mich ist es wichtig, dass es möglich sein müsste, auch eine Volksinitiative einzubringen, die vielleicht dann nicht in den europarechtlichen Rahmen passt. Dann wird sie halt aufgehoben, aber es ist trotzdem wichtig, dass es das gibt. Denn das Parlament darf das auch, daher muss es auch die Möglichkeit geben, wenn das Volk es will, über grundsätzliche Fragen wie die Mitgliedschaft in der Europäischen Union abzustimmen. Auch wenn der ESM eingeführt wird, sollte die Bevölkerung die Möglichkeit haben, darüber abzustimmen, oder wenn es um grundlegende Änderungen geht, die unsere Souveränität betreffen, wie die EU-Verfassung. Das ist zumindest meine Überzeugung. Daher sollten wir sehr aufpassen, dass wir, wenn wir diese Themen zu sehr eingrenzen, dann nicht in Wirklichkeit von hinten wieder all das aushöhlen, was wir vorher erreicht haben.

Das wollte ich nur anmerken, vielleicht habe ich Sie auch falsch verstanden. Aber es ist mir wichtig, dass wir immer wieder auf den Punkt zurückkommen: Was darf die Bevölkerung und wo schränken wir sie ein?

*****

Universitätsprofessor Dr. Theo Öhlinger: Ich bin gegen jede Themenbeschränkung und meine, das kann man dann, wenn das Ergebnis der Abstimmung nicht bindend ist. Dann hat das Parlament immer noch die Möglichkeit zu sagen: Okay, 500 000 Bürger hätten das gerne, aber wir können das nicht machen, ohne hier eine Menschenrechtsverletzung oder was auch immer zu begehen.

Wenn Sie dann eine verbindliche Abstimmung haben, dann, meine ich, müssen Sie Themenbeschränkungen machen. Denn dann bleibt dieses Gesetz so, auch wenn es die MRK, auch wenn es Europarecht, auch wenn es die Bundesverfassung verletzt. Aber Sie delegieren dann diese Entscheidung – weil Sie ja vorher schon den Mechanismus brauchen, ob so etwas dann überhaupt zulässig sein soll – quasi an den Verfassungsgerichtshof. Sonst bleibt sie beim Parlament, das Parlament muss sich bemühen, mit den Proponenten eine akzeptable Lösung auch unter dem Gesichtspunkt von Menschenrechten, von EU-Recht und so weiter zu finden. Sind die Initiatoren – jetzt ein bisschen pauschal gesagt – stur, dann kommt die Abstimmung, aber das Parlament kann dann immer noch sagen: Ja, aber wir machen das trotzdem nicht.

Insofern ist es das Parlament, das über die „Zulässigkeit“ entscheidet. Das war mein Gedanke.

*****

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Ich möchte das ein bisschen aus der Perspektive von jemandem beleuchten, der schon einige Verhandlungsprozesse hier im Haus erlebt hat und somit ein bisschen genauer auf Zwischentöne achtet.

Wenn der Kollege Cap wie heute am Beginn mehrfach „darüber soll man nachdenken“ sagt, dann löst das bei mir ein gewisses Unbehagen aus. Und zwar nicht, weil man darüber nachdenken soll, denn das ist ja grundsätzlich immer ein positiver Prozess – ob im Bundesrat oder anderswo –, sondern weil ich diesen Satz aus langen Verhandlungen relativ gut kenne, wo wir jahrelang um die Untersuchungsausschuss-Reform gerungen haben und de facto gar nichts weitergegangen ist. Solange der Satz „darüber soll man nachdenken“ kommt, heißt das, da kommt jetzt einmal nichts.

Man könnte den Satz auch so übersetzen – und das kam auch ein bisschen vom Kollegen Gerstl –, dass man sagt, wir haben jetzt einen Rahmen, der möglicherweise umsetzbar ist. Es gibt offenbar auch schon Verabschiedungen von Kompromissen. Denn, wenn man von Kompromissen redet, den hätte es ja schon einmal gegeben. Das war ja auch ein Kompromiss, der da ist. Und jetzt ist sozusagen die Frage: Was ist der Kompromiss vom Kompromiss? Und bleibt er dann auch so über, dass er einen gewissen Wert hat?

Man muss es nur aufteilen, weil es ja verschiedene Elemente gibt. Das eine ist die Frage der direkten Demokratie. Dort höre ich dann offenbar heraus, dass es mittlerweile eine gewisse Annäherung bei den Regierungsparteien gibt, dass es auf Bundesebene im Moment wenige Möglichkeiten gibt – auf Landes- und Gemeindeebene vielleicht. – Das muss ich mir anschauen, was das konkret hergibt und ob das wirklich eine Verbesserung ist und deutlich weiter geht.

Der zweite Punkt ist all das, was mit einer Stärkung der Einbindung zu tun hat – abseits der direkten Demokratie –, was das Parlament betrifft, welche Formen von Begutachtungsverfahren, von Mitbeteiligung es gibt, von dieser sogenannten deliberativen Demokratie – wobei das Wort „deliberativ“ schon ein Beteiligungshindernis an sich ist, da es draußen nämlich überhaupt niemand versteht. Aber wenn man von Beteiligung redet, ist es vielleicht einfacher. In der Form gibt es möglicherweise mehr Kompromisse, aber auch dort hat der Josef Cap immer gesagt, „darüber soll man nachdenken“. Wenn wir daher jetzt beginnen, darüber nachzudenken, ob wir bei der Begutachtung etwas machen, werden wir relativ lange nachdenken und mit Sicherheit am Ende der Enquete-Kommission nichts bekommen. Deshalb glaube ich, dass wir strukturelle Entscheidungen treffen müssen, wenn wirklich mehr herauskommen soll als nur ein unverbindlicher Bericht – das ist schon angesprochen worden –, den es ja bei fast jeder Enquete-Kommission geben muss. Wenn man sich da jetzt in die klassischen Überlegungen der Parteien hineindenkt, wird es sich niemand leisten können, zu sagen, er wolle gar nichts. Das geht ja auch nicht. Das Minimum, das kommen wird, ist, dass man schön Lyrik verfasst, wie das die ehemalige Ministerin Gehrer bei den Regierungsverhandlungen immer genannt hat. – Die Lyrik hat uns nur relativ wenig weitergeholfen.

Von Lyrik wird man also nicht leben können. Was kann man tun? Man kann – und das ist jetzt aber der Punkt, bei dem es schon ernst wird – zur Kenntnis nehmen, was geht und was nicht geht. Das muss einmal auf den Tisch kommen. Das wird man aber nicht damit verbrämen können, indem man nur sagt, man soll darüber nachdenken, sondern dann muss man klar sagen, wo man mitkann und wo nicht. Dann kann man das bewerten und anschauen, was jetzt geht oder nicht geht.

Und wenn man es ernst nimmt – und das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt –, dann kann es nicht so sein, dass man knapp vor dem September beginnt, einen Bericht zu verhandeln, in dem möglichst viele gemeinsame Dinge drinnen stehen, sondern dass man zumindest das erreicht, was wir bei der Untersuchungsausschuss-Reform gehabt haben, nämlich eine politische Punktation, und mit Verabschiedung dieses Berichts auch gleichzeitig in die Umsetzung, spätestens dann in Gesetzesänderungen eintritt.

All das, was von Beteiligung im Parlament angesprochen wurde, wird nicht ganz leicht mit der jetzigen Geschäftsordnung funktionieren können. Das wäre die Grundvoraussetzung. Ich halte es für relativ unrealistisch zu sagen, wir haben im September ein fertiges Gesetz. Das wird sich schlecht ausgehen. Aber wir hatten ja schon das Prozedere zu sagen, es gibt eine politische Einigung und dann gibt es eine Umsetzungsphase.

Deshalb – im Übrigen werden wir das auch bei der nächsten Präsidiale anregen – wird es dringend notwendig sein, auch die Parlamentsdirektion ähnlich einzubinden, wie es damals sowohl bei der Formulierung dieses Kompromisses – dabei hat es ja auch eine Beteiligung von Juristen der Parlamentsdirektion gegeben – als auch ganz intensiv beim Untersuchungsausschuss der Fall war. Denn wenn man sich auf Dinge einigt, die insbesondere auch den parlamentarischen Ablauf betreffen, dann werden wir auch die Expertise der Parlamentsdirektion brauchen. Das werden wir aber jetzt klarstellen müssen, denn wenn wir im September anfangen zu sagen, wir beginnen darüber nachzudenken, wird nichts passieren.

Ich versuche es daher, so zu formulieren: Man muss dann realpolitisch zur Kenntnis nehmen, was geht und was nicht geht. Es soll dann auch ein faires Spiel sein und es muss klar sein, wer hier sagt, das sind die Grenzen, die wir nicht überschreiten. Dann werden aber wir seitens der Grünen mit Sicherheit darauf drängen, dass, wenn es Verbesserungen geben soll, diese rasch und am Ende des Prozesses kommen und keine einfache Willenserklärung sein sollen, dass man möglicherweise in der Zukunft über irgendetwas nachdenken kann. Das wird uns mit Sicherheit zu wenig sein.

Wenn man einen positiven Abschluss haben will, dann werden wir die Konkretisierung spätestens im September einleiten müssen. Und da bin ich mir jetzt nicht ganz sicher, ob diese Zeichen ausreichen. Aber solange sie da sind, werden wir es auf jeden Fall probieren, konkrete Ergebnisse zu bekommen.

*****

Heinz Emhofer: Zuerst möchte ich meine Freude und Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, bei dieser Enquete-Kommission mitarbeiten zu dürfen.

Ein kurzer Rückblick über sechs Monate Enquete-Kommission: Ich habe in dieser Zeit meine negative Meinung über die Politik zum Positiven gewendet, weil ich sehr viel gelernt habe. Ich habe in dieser Zeit versucht, meine persönliche Meinung und die Meinung vieler Mitbürger zum Ausdruck zu bringen. Die meisten davon waren negativ. Wenn ich jetzt jemanden beleidigt haben sollte, bitte ich ihn um Entschuldigung. Heute möchte ich mich daher mit einer positiven Meinung melden und einen Wunsch zum Ausdruck bringen:

Wir haben viele Experten-, Parlamentarier- und Bürgermeinungen gehört. Die Politik hat nun die schwierige Aufgabe, diese Meinungen umzusetzen, danach wird sich der Wille zur Änderung der direkten Demokratie zeigen. An die Parlamentarier möchte ich den Wunsch heranbringen, Ehrlichkeit, Offenheit, Transparenz und andere Meinungen zur Kenntnis zu nehmen, zusammenzuarbeiten und nicht zu verhindern.

Priorität hat für mich die Information der Bevölkerung, eine Zugangserleichterung zur direkten Demokratie und öfter das Volk über seine Meinung zu befragen. Genaue Details möchte ich schriftlich vorbringen.

Herr Präsident, ich möchte mich – weil es wahrscheinlich meine letzte Rede ist – bei Ihnen und allen Politikern hier im Haus für die Aufnahme bedanken, besonders bei der Parlamentsdirektion für die Betreuung und Fürsorge, dass wir genug Informationen bekommen. – Ein herzliches Dankeschön.

Der Enquete-Kommission wünsche ich für den Herbst sehr guten Erfolg und ich hoffe, das bis zum Herbst eine positive Erledigung erfolgt. – Danke. (Beifall.)

*****

Harald Petz: Für mich ist beängstigend, dass im Raum steht, dass es möglicherweise am Ende dieser Enquete-Kommission gar kein Ergebnis gibt; vielleicht nicht einmal die im Vorfeld ausverhandelte Minimallösung, die für mich persönlich viel zu wenig tief greift.

Für mich bedeutet Stärkung der direkten Demokratie mehr und jederzeit mitbestimmen zu dürfen. Aber dafür müssen wir auf möglichst einfache Weise mitbestimmen können. Es müssen Instrumentarien wie zum Beispiel – Sie kennen mich schon – E-Voting geschaffen und vor allem verständliche Information geliefert werden. Jeder der Vorredner beendet blumig seine Redebeiträge mit einem Ja zu mehr direkter Demokratie, bringt aber gleichzeitig viele Beispiele, warum es sehr schwierig sei.

Springen wir ins kalte Wasser, gute Ideen gibt es genug! Geben Sie uns mehr Mitsprache, wir werden sie nützen! – Danke. (Beifall.)

*****

Marlen Ondrejka: Zuerst möchte ich mich für die Teilnahme an dieser Enquete-Kommission bedanken. Bei der Pressekonferenz am Nationalfeiertag habe ich mich mit dem Herrn Nationalratspräsidenten Kopf unterhalten, welcher zu mir sagte, er wäre sehr gespannt auf diese Enquete-Kommission. – Ja, es wurden Verbesserungsvorschläge eingebracht. Jetzt bin ich gespannt, was Sie daraus mitnehmen, was umgesetzt wird aus dieser Enquete-Kommission zur Stärkung der Demokratie.

Es wurden auch schon die Themen Arbeitslosigkeit und Asyl angesprochen. Man sollte auch hier das Volk mehr befragen. Politikverdrossenheit wurde heute wieder angesprochen, ich verweise auf die Wahlen im Burgenland und in der Steiermark. – Ich bedanke mich recht herzlich.

*****

Obfrau-Stellvertreter Präsident Ing. Norbert Hofer bedankt sich bei den Bürgerinnen und Bürgern, die bei der Enquete-Kommission mitgewirkt haben und verspricht diesen, dass sich alle dafür einsetzen werden, dass die Mühe, die diese sich gemacht haben, auch zu einem Ergebnis führen werde.

Sodann bringt er untenstehenden Antrag zur Abstimmung. Einstimmige Annahme.

Antrag

„Die Enquete Kommission möge beschließen:

Die an der Enquete-Kommission teilnehmenden Bürger/innen werden gemäß § 40 Abs. 1 GOG eingeladen, ihre inhaltlichen und prozeduralen Schlussfolgerungen zur Enquete-Kommission Stärkung der Demokratie bis zum 9. September 2015 zu verschriftlichen, damit sie in den Bericht der Enquete-Kommission Eingang finden können. Es kann sich dabei um eine gemeinsame schriftliche Äußerung aller Bürger/innen handeln oder eine Äußerung jedes einzelnen Bürgers beziehungsweise jeder einzelnen Bürgerin oder ein Mischforum.“

*****

Der Obfrau-Stellvertreter ersucht die Bürgerinnen und Bürger, ihre Stellungnahmen bis Ende August, aber jedenfalls bis zum 9. September, an die E-Mail-Adresse info.demokratie@parlament.gv.at zu senden und erteilt sodann Frau Abgeordneter Mag. Musiol das Wort.

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Ich möchte noch einmal auf das, was Kollege Brosz hier schon angesprochen hat, eingehen und das ein bisschen konkreter machen. Die Frage ist nämlich. Wir gehen jetzt auseinander – und was dann? Ich hätte schon gerne von allen Fraktionen eine kurze Einschätzung, ob das Prozedere, so wie es Kollege Brosz skizziert hat, denkbar ist, sprich, zu schauen, was die Punkte sind, wo etwas geht, wo nichts geht. Und über jene Punkte, über die man sinnvollerweise verhandeln kann, verhandelt man.

In einem nächsten Schritt, spätestens am 16. September, soll die politische Einigung in Form einer Punktation – wie wir das am Beispiel des U-Ausschusses auch hatten – vorliegen, um dann in die Umsetzung gehen zu können. Ich möchte weder für uns noch für die BürgerInnen oder die ZuhörerInnen, dass wir auseinandergehen, obwohl ein paar Dinge im Raum stehen und niemand weiß, wie es weitergeht. Man soll kurz eine Runde aller Fraktionen machen, was das Bild ist, wie es bis zum 16. September weitergehen soll.

*****

Obfrau-Stellvertreter Präsident Ing. Norbert Hofer: Es gibt den Vorschlag vonseiten der SPÖ, dass sich die Fraktionsvorsitzenden sehr rasch nach diesem Termin zusammensetzen und die weitere Vorgangsweise fixieren. Wenn das in Ordnung ist, dann könnte man so vorgehen.

Harald Petz: Mein zweiter Redebeitrag ist mehr eine Laudatio als eine parlamentarische Rede. Mühevoll habe ich mich hingesetzt, das Folgende zusammengeschrieben und will es Ihnen nicht vorenthalten:

Nun ist es vollbracht. Die letzte öffentliche Sitzung, ein wenig Wehmut schwingt schon mit, habe angefangen, mich an all das hier zu gewöhnen, mich an Sie, meine Damen und Herren, zu gewöhnen. Ich habe meinen Standpunkt bezüglich Stärkung der direkten Demokratie in Österreich bereits mehrmals und mit Nachdruck dargelegt, tue das öffentlich leider das letzte Mal, aber gerne nochmals.

Ich stehe für moderne Wahlverfahren wie E-Voting in allen Bereichen und Mitsprachrecht auch während der Legislaturperiode – wie es Herr Dr. Cap, wie wir gehört haben, auch schon einmal, 2012, glaube ich, war es, gefordert hat.

Weiters bin ich für zwingende Abstimmungen bei Entscheidungen, die hohe Budgetbelastungen mit sich bringen. Die Mindesthöhe dafür ist noch zu bestimmen.

Mitsprachrecht bei der Vergabe von Ministerposten wäre ebenso wünschenswert, wenn auch noch nicht genannt.

Die Idee des Crowdsourcing, wie hier in einer der letzten Sitzungen vorgestellt, gehört unbedingt weiterverfolgt und nach Möglichkeit umgesetzt.

Ein paar Worte noch zu meinen persönlichen Erfahrungen während meiner Tätigkeit im Parlament. Ich habe Sie, meine Damen und Herren, sehr schätzen gelernt, Sie sind allesamt Politikprofis und jeder Einzelne den Posten wert, den er bekleidet. Es ist eine Freude, Ihnen bei der Arbeit zuzusehen, wie Sie ohne Vorbereitung ans Pult treten und ebenso sinnvolle wie aussagekräftige Reden halten – meistens zumindest.

Es gibt, wie gerne von der Presse suggeriert, keinerlei Anfeindungen zwischen den Fraktionen, zumindest konnte ich keine bemerken. Es herrscht fast ein freundschaftliches Verhältnis, jedenfalls aber Wertschätzung zwischen den Abgeordneten. Sie sind höflich im Umgang und humorvoll in der Sache, aber stets konzentriert und ernsthaft. Für mich ist unverständlich, wie der Beruf des Politikers in der Wertschätzung der Bevölkerung, von uns, ganz hinten liegt, noch hinter Versicherungsverkäufern und Autoverkäufern. Verkaufen Sie sich besser, meine Damen und Herren, Sie haben es verdient! Steckt auch ein bisschen Geld in die Werbung, ihr arbeitet lang am Abend, keine Zeit für Familie und so weiter.

Ich will, wenngleich ich Sie alle für Ihren Einsatz sehr schätze, die Abgeordnete der Grünen, Frau Mag. Musiol, hervorheben, die mir dieses Thema betreffend besonders engagiert scheint – danke schön, kämpfen Sie weiter!

Mein Dank und große Hochachtung gilt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parlamentsdirektion, im Speziellen Frau Mag. Trabitsch, die sich rührend mit Rat und Tat auch um kleinste Probleme und Anliegen gekümmert haben.

In eigener Sache will ich an dieser Stelle die Verantwortlichen darum bitten, auch bei den weiteren, nicht öffentlichen Verhandlungen bis zur Gesetzesvorlage und Beschluss dabei sein zu dürfen, wenn irgendwie möglich, um den gesamten Verlauf und den Erfolg unserer Bemühungen miterleben zu können. Ergänzend dazu habe ich gestern die Information erhalten, dass für September sowieso eine weitere Sitzung der Enquete-Kommission geplant ist, ich freue mich darauf.

Zur Rede des von mir sehr geschätzten Abgeordneten Dr. Cap – betreffend die alten Zeiten, ein Telefon pro Fraktion und so weiter – in der letzten Sitzung: Ich hätte gern, wenn ich in wenigen Jahren meinen Enkeln davon erzähle, dass ich mich hier im Hohen Haus für E-Voting und mehr Mitentscheidung auch während der Legislaturperiode eingesetzt habe, dass meine Enkeln schmunzeln – wie auch wir bei Ihrer Geschichte wohlwollend geschmunzelt haben, Herr Dr. Cap – und zu mir sagen: So alt bist du schon, Opa, wir dachten, das gibt es schon immer.

Mit diesem frommen Wunsch will ich mich in großer Dankbarkeit für diese einmalige Chance, hier mitarbeiten und Sie kennenlernen zu dürfen, alle, und der Hoffnung, ja, der Bitte, dass Sie sich weiterhin für die Stärkung der direkten Demokratie einsetzen werden, von Ihnen verabschieden. – Danke schön. (Beifall.)

*****

Obfrau-Stellvertreter Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Petz, vielen Dank für diese lobenden Worte, die uns sehr freuen, weil auch Politiker hie und da gestreichelt werden müssen. Das tut uns sehr gut. Und weil Sie Großvater sagen: Meine Tochter hat mich kürzlich gefragt, ob es in meiner Jugend schon Autos gegeben hat. – Da fühlt man sich dann wirklich alt.

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Danke für die Erwähnung. Ich möchte gerne die SPÖ fragen, was in ihrer Welt „relativ rasch“ bedeutet. Kann man das irgendwie eingrenzen?

*****

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Der Vorschlag war, die Fraktionsführersitzung nach dieser Sitzung abzuhalten. (Abg. Musiol: Gleich?!) – Ja, gleich, denn rasch ist bei mir rasch und denken geht schnell. (Heiterkeit.) Da hat nur Kollege Brosz ein bisschen ein Problem, aber wir werden uns schon noch zusammenleben.

*****

Obfrau-Stellvertreter Präsident Ing. Norbert Hofer kommt zur Abstimmung der stimmberechtigten Mitglieder der Enquete-Kommission über den Vorschlag, die von der heutigen Sitzung angefertigte Auszugsweise Darstellung gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung mittels Kommuniqué zu veröffentlichen. – Einstimmige Annahme.

*****

Der Obfrau-Stellvertreter gibt noch bekannt, dass die nächste Sitzung der Enquete-Kommission betreffend „Stärkung der Demokratie in Österreich“ zur Beschlussfassung des Berichts für Mittwoch, den 16. September 2015, 10 Uhr, in Aussicht genommen sei und erklärt die Sitzung für geschlossen.

Schluss der Sitzung: 12.17 Uhr