139/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Helmut Ettl in der 11. Sitzung vom 27. Mai 2015

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 23. Sitzung am 16. Juli 2015 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Helmut Ettl nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

Wien, 2015 07 16

                            Gabriel Obernosterer                                                               Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende


 

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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

 

11. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Mittwoch, 27. Mai 2015

Gesamtdauer der 11. Sitzung

10.13 Uhr – 21.01 Uhr

Lokal VI


 

Befragung der Auskunftsperson Mag. Helmut Ettl

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir nun zur Befragung, und ich übergebe das Wort an Dr. Pilgermair. Ich ersuche Sie, die Auskunftsperson über ihre Rechte und Pflichten zu belehren sowie auch die Erstbefragung durchzuführen. Herr Dr. Pilgermair, bitte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Grüß Gott, Herr Mag. Ettl! Ich begrüße Sie auch und bitte Sie vorerst, dass Sie in diesem Datenblatt die Richtigkeit der Personenangaben überprüfen und darf Sie, Herr Professor Dr. Janko, auch gleich bitten, das zu tun. (Auskunftsperson Ettl und Vertrauensperson Janko bejahen dies.) – Beide Herren bestätigen die Richtigkeit dieser Angaben.

Sie wurden, Herr Mag. Ettl, bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie über den Ablauf der heutigen Befragung in Kenntnis gesetzt. Vor Sitzungsbeginn hat Sie der stellvertretende Verfahrensrichter Mag. Hellmich gemäß § 38 der Verfahrensordnung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson eingehend persönlich belehrt. Sie haben das über diese Rechtsbelehrung aufgenommene hier vorliegende Protokoll unterfertigt, so wie auch der Herr Verfahrensanwalt.

Ich frage Sie nun, ob Sie diese Belehrung, insbesondere auch über die Gründe für eine Verweigerung der Aussage und einen Ausschluss der Öffentlichkeit sowie die Pflicht zur Angabe der Wahrheit und die strafrechtlichen Folgen einer vorsätzlich falschen Aussage, und auch die Belehrung gemäß dem Informationsordnungsgesetz verstanden haben? (Die Auskunftsperson bejaht dies.)

Für den Fall, dass Sie zu der Ihnen erteilten Rechtsbelehrung noch Fragen haben, lade ich Sie ein, diese Fragen nun an mich zu richten. – Ich halte fest, dass das nicht der Fall ist.

Sie haben als Vertrauensperson Herrn Univ.-Prof. Dr. Andreas Janko beigezogen.

Ich begrüße Sie auch freundlich, Herr Prof. Dr. Janko! Sie haben bereits die Richtigkeit der von Ihnen eingetragenen persönlichen Daten geprüft, die Daten treffen also zu.

Gründe für den Ausschluss des Herrn Prof. Dr. Janko als Vertrauensperson gemäß § 46 Abs. 4 Verfahrensordnung sind mir nicht bekannt.

Ich ersuche die anwesenden Mitglieder des Ausschusses, mitzuteilen, ob gegen die Beiziehung von Herrn Prof. Dr. Janko als Vertrauensperson Einspruch erhoben wird? – Dies ist nicht der Fall.

Dann weise ich noch darauf hin, dass Gründe für einen Ausschluss der Vertrauensperson auch noch während der Befragung vorgebracht werden können.

Herr Mag. Ettl, Sie haben das Recht, vorweg eine einleitende Stellungnahme, die bis zu 20 Minuten dauern kann, abzugeben. Ich lade Sie dazu ein und frage, ob Sie davon Gebrauch machen wollen? (Die Auskunftsperson bejaht dies.)

Mag. Helmut Ettl: Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Ich bin seit 15 Jahren in verschiedenen Funktionen in der österreichischen Aufsicht tätig. 2001 wurde ich zuerst stellvertretender, später Abteilungsleiter der Abteilung Bankenanalyse und -revision der Oesterreichischen Nationalbank und war damit zuständig für die laufende Analyse der wirtschaftlichen Situation von damals in etwa 900 Banken und deren Prüfung vor Ort.

Ich stieß zu einer Zeit zur Aufsicht, die ich aus heutiger Perspektive als eine Aufbauzeit bezeichnen möchte, denn in den Jahren vor dieser Zeit befand sich die Aufsicht in Österreich in einer – sagen wir – etwas vorindustriellen Phase. Einige wenige Beamte im Finanzministerium – etwa 30 – hatten in den neunziger Jahren die Aufgabe, über 1 000 Banken zu beaufsichtigen.

Zwischen 2002 und 2007 wurde an einer neuen Aufsicht gebaut: eine integrierte Finanzmarktaufsicht unter starker Einbindung der Oesterreichischen Nationalbank. Das war eine Zeit, wo sehr viele neue junge und engagierte Mitarbeiter zur Aufsicht stießen und wo wir in Österreich auch von ausländischen Aufsichtsbehörden, die weiter fortgeschritten waren, lernen wollten.

Das damalige Umfeld zeichnete sich allerdings durch eine Regulierungs- und Aufsichtsskepsis aus. Die Finanzindustrie war in einer Euphorie – everything goes, es geht nur nach oben –, und das Motto war Deregulierung und international eher Aufsichtsabbau.

Die dritte Phase der Aufsichtsentwicklung in Österreich setzte nach BAWAG, Hypo Alpe-Adria und vor allem nach dem damaligen Banken-Untersuchungsausschuss ein. Ich würde diese Phase als die Lessons-Learned-Phase bezeichnen. Sie hat eine Stärkung der Aufsicht durch klare Abgrenzungen der Zuständigkeiten – gerade zwischen Finanzmarktaufsicht und Oesterreichischer Nationalbank – gebracht. Seit damals ist es ganz klar: Die Oesterreichische Nationalbank ist für das wirtschaftliche Fact Finding in der Aufsicht, in der Bankenaufsicht zuständig und die Finanzmarktaufsicht für das aufsichtliche Verfahren.

Die Kompetenzen der FMA wurden in diesen Jahren massiv erweitert: Fit & Proper-Verfahren für Aufsichtsräte, die Verhängung der Möglichkeit von Kapitalaufschlägen bis hin zu neuen Strafkompetenzen. – Ich darf erinnern: Mittlerweile hat die FMA auch die Kompetenz, bis zu 5 Millionen € an Geldstrafen bei Einzelpersonen und bis zu 10 Prozent des Umsatzes bei juristischen Personen zu verhängen.

Die Schwächen des Aufsichtssystems in der Aufbauphase wurden damit beseitigt. Die Aufsicht ist heute ressourcenmäßig adäquat ausgestattet. Wir haben alleine in der Bankenaufsicht 237 Mitarbeiter – das ist doppelt so viel wie im Jahr 2006. Heute kann die Aufsicht hautnah agieren. Die Zahl der Vor-Ort-Prüfungen hat sich mehr als vervierfacht. Die großen, riskanten, grenzüberschreitenden Unternehmen werden jährlich geprüft. Jedes beaufsichtigte Unternehmen in Österreich hat alle drei bis vier Jahre mit einer Prüfung zu rechnen.

Mit der Schaffung des einheitlichen europäischen Aufsichtssystems bei der EZB im November 2014 sind wir in eine vierte Phase der Bankenaufsichtsentwicklung eingetreten.

Heute können wir eine umfassende Beaufsichtigung von grenzüberschreitenden Kreditinstituten sicherstellen. Das Bankensanierungs- und Abwicklungsgesetz ermöglicht der FMA, bei Fehlentwicklungen frühzeitig einzugreifen und den Marktaustritt zu ermöglichen, ohne dass sofort der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird.[i] Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben seit den neunziger Jahren einen weiten Weg in der Aufsichtsentwicklung zurückgelegt.

Aber lassen Sie mich nun näher auf die Hypo Alpe-Adria eingehen und insbesondere drei Punkte hervorheben. Ich möchte das unterscheiden: Zeitraum bis 2006 – rasches Wachstum der Hypo Alpe-Adria, hohe Gewinne und schwache Systeme, was enges aufsichtliches Monitoring geheißen hat. Dann ist 2006 eingetreten: Swapverlust, Eigenkapitalproblem und Vertrauensverlust. Und 2007/2008 hat die Aufsicht eine klare Aufsichtsstrategie verfolgt. Diese hat geheißen: mehr Kapital, bessere Systeme und starker strategischer Partner.

Zu Beginn der Aufbauzeit der Bankenaufsicht in Österreich 2001/2002 hatte die Expansion der österreichischen Banken in Zentral- und Osteuropa bereits voll eingesetzt. Dies wurde zu dieser Zeit auch als einmalige Möglichkeit wahrgenommen, die Märkte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zu entwickeln und hohe Gewinne zu lukrieren. Die Hypo Alpe-Adria in Kärnten war jene Bank, die sich nach dem Ende des Bürgerkriegs in Ex-Jugoslawien – insbesondere in diesen Ländern – einen Namen gemacht hat.

Wie sahen wir diese Arbeit oder diese Tätigkeit aus der Aufseher-Perspektive? – Nun, grundsätzlich positiv: Die Geschäftsideen machten Sinn. Die Entwicklungen der Ökonomien in unseren Nachbarländern machten Sinn. Die Geschäfte waren profitabel und die Wachstumsraten hoch – zu Beginn natürlich ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau.

Unsere Analysen und Prüfungen ergaben natürlich auch, was in rasch wachsenden Industrien einfach immer wieder feststellbar ist, nämlich dass die Entwicklung von Systemen, vor allem des Risikomanagements, hinterherhinkte und die Eigenmittelausstattung nicht brüllend war.

Die Hypo Alpe-Adria wurde daher in dieser Zeit, so ähnlich wie andere Banken, die diese Expansion Richtung Osten auch durchgeführt haben und die mit einem ähnlichen Geschäftsmodell unterwegs waren, im dreistufigen Ampelsystem der Aufsicht auf Gelb gesetzt. Das hieß, wir haben diese Bank verstärkt gemonitort. Wir haben die Bank aufgefordert, die Systementwicklung zu beschleunigen und Verbesserungen im Risikomanagement vorzunehmen.

Die Zäsur trat im Frühjahr 2006 mit der Aufdeckung der Swapverluste ein. Die Sichtweise auf die Bank hatte sich damit dramatisch verändert[ii]. Durch die Verluste wurde nicht nur die Eigenkapitalbasis der Bank dramatisch geschmälert – nur zur Dimensionierung: die 300 Millionen €, die 2006 aufgedeckt wurden, wurden ja 2004 verloren, und für das Jahr 2004 hat das die Halbierung des Kernkapitals bedeutet, man hat mit 2004 nur mehr 300 Millionen € Kernkapital gehabt, nachdem 300 Millionen € Verluste aufgetreten sind.

Aber genauso schwer wie die ökonomische Aushöhlung der Bank durch diese Verluste war der Vertrauensverlust. Der Vorstand der Bank hatte die Aufsicht belogen und die Bilanz gefälscht. Die Aufsicht agierte unmittelbar und mit voller Schärfe: Absetzung des Vorstands, Anzeige bei der Staatsanwaltschaft, intensive Durchleuchtung der Bank und erste international akkordierte Prüfung der gesamten grenzüberschreitenden Gruppe.

In den beiden Folgejahren verfolgte die Aufsicht in Österreich eine klare Strategie. Erstens: Die Systeme müssen raschestens verbessert werden. Nach den Prüfungen 2006 und 2007 musste die Bank umfassende Planungen vorlegen, wie sie die Systeme zu verbessern gedenkt. Damals durchgeführte Follow-up-Prüfungen ergaben auch Fortschritte.

Zweitens: Die Kapitalausstattung hatte verstärkt zu werden. Insgesamt – das müssen wir uns, glaube ich, auch hier in Erinnerung rufen – wurden auf Drängen der Aufsicht von den Eigentümern der Bank in den Jahren 2007 und 2008 Kapitalerhöhungen von 1,6 Milliarden € durchgeführt. Nur eine Vergleichszahl: 2006 hatte die Bank ein Kernkapital von 1,2 Milliarden €, das heißt, in diesen beiden Jahren wurde das Kernkapital mehr als verdoppelt.

Das dritte Strategieelement war: 2007 wurde mit der BayernLB ein aus damaliger Sicht potenter, kapitalstarker neuer Haupteigentümer, der die Hypo grundsätzlich auf neue Beine stellen sollte und sich auch dazu verpflichtet hatte, gefunden. Es war eine insgesamt sinnvolle und auch schlüssige Strategie.

Leider hat die Bayerische Landesbank das nicht gehalten und die Erwartungen nicht erfüllt. Sie war eine der ersten Banken in Deutschland, die 2008 bereits mit öffentlichen Mitteln gestützt werden musste, und in der Folge hat sie ja 2009 eine sehr unrühmliche Rolle in Österreich gespielt. Diese Geschichte muss ich hier bei Ihnen nicht weiter ausbreiten.

Zusammenfassend möchte ich betonen: Die Aufsicht, die Sie in der Sitzung heute und in dieser Phase untersuchen, hat entsprechend der damaligen Möglichkeiten und Grenzen gehandelt und mutige Schritte gesetzt. Ich sage „mutige Schritte gesetzt“, weil diese Aufsicht in dieser Zeit von außen keine Unterstützung oder kaum Unterstützung hatte. Aber: „Die Stimme der Vernunft ist leise“. Das hat ja schon Sigmund Freud angemerkt.

Es sind wichtige Lehren aus den Vorgängen von damals und der kurz danach einsetzenden Finanzkrise gezogen worden. Die Aufsicht von heute ist hinsichtlich Ausstattung, Kompetenz und Schlagkräftigkeit eine ganz andere. Gerade mit den neuesten Kompetenzen der Abwicklung wurde die lange von der Aufsicht geforderte Möglichkeit des geordneten Marktaustrittes geschaffen, ohne dass sofort nach Geld des Steuerzahlers gerufen wird.

So viel einmal zu meinem einleitenden Statement. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, Herr Mag. Ettl, für die einleitende Stellungnahme.

Ich möchte in der Erstbefragung einen Fokus auf das von Ihnen auch schon erwähnte Risikokapital, das Risikomanagement und die Vorsorge, die dafür getroffen wurde, lenken. Wenn Sie uns vielleicht sagen, welche Beträge an Risikopotenzial, an Risikovorsorgepotenzial Ihre gegenüber der Nationalbank beauftragten Prüfungen ergeben haben?

Mag. Helmut Ettl: Die Prüfungen der Nationalbank zu dieser Zeit waren in erster Linie Prüfungen der Systeme. Das waren keine …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich möchte jetzt auf die Frage, die ich als Fokusfrage auch so gestellt habe, fokussieren: Sagen Sie uns vielleicht einmal nur die Beträge. Was ist da bei diesen Vor-Ort-Prüfungen herausgekommen?

Mag. Helmut Ettl: So kann man diese Frage nicht beantworten, weil so nicht geprüft worden ist. Es sind nicht so sehr Einzelkredite geprüft worden, denn es wurden damals Systemprüfungen vorgenommen. So war der Auftrag an die Oesterreichische Nationalbank auch formuliert. (Verfahrensrichter Pilgermair: Andere Aufträge hat die FMA nicht gegeben?) – Darf ich noch eines ergänzen? Es wurden dann natürlich Einzelkreditfälle angeschaut und geprüft, ob diese Einzelkreditfälle nach den Regeln, die sich die Bank selber gegeben hat, auch gestioniert werden. Wenn das nicht der Fall war, dann wurde das aufgezeigt. Es wurden auch Stichproben gezogen und geschaut: Wird insgesamt ausreichend, im System, Risikovorsorge getroffen?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das war ja die Frage: Wie viel machten diese Stichproben addiert aus? Was war das Volumen, das erkenntlich war, in der Addition?

Mag. Helmut Ettl: Also so eine Zahl ist nie ermittelt worden. (Verfahrensrichter Pilgermair: In etwa geschätzt?) – Nein, so eine Zahl ist nicht ermittelt worden. (Verfahrensrichter Pilgermair: Millionen? Zig Millionen?) – Ich kann nur wiederholen: Diese Zahl wurde nicht ermittelt, weil das nicht Auftrag der Prüfung war.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Dann stelle ich fest, dass vonseiten der FMA kein solcher Prüfauftrag gegeben wurde. (Auskunftsperson Ettl: Es wurde zu dieser Zeit …!) – Herr Mag. Ettl, die Frage ist einfach und klar zu beantworten.

Mag. Helmut Ettl: Ja, ich habe auch einfach geantwortet, dass so ein Auftrag niemals bis zum Jahr 2007 von der FMA gegeben wurde, außer einmal … (Verfahrensrichter Pilgermair: Und nach 2007?) – Entschuldigung! Außer einmal, das war im Bereich der Prüfung der Swapverluste. Da hat natürlich der Prüfauftrag ganz eindeutig gelautet: Wie hoch ist die Schadenssumme? Diese Schadenssumme wurde damals auch klar ermittelt. Sie hat also in etwa 300 Millionen € betragen. Das war auch jene Zahl, die dann …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das ist ein Aliud! Das war auch nicht meine Frage. Aber das war ein konkretes Zahlenergebnis, ja.

Ist es dann richtig, dass die Feststellung von PricewaterhouseCoopers, wie hoch dieses Risikovorsorgepotenzial ist, die erste ihrer Art gewesen ist? War dieses Asset Screening von PricewaterhouseCoopers 2009 das erste derartige Unterfangen?

Mag. Helmut Ettl: Das war das erste derartige Unterfangen in ganz Österreich und wahrscheinlich in ganz Europa zu diesem Zeitpunkt. Ich darf auch noch eines sagen: Es wurden auch weiterhin solche Prüfungen nicht durchgeführt. Es wurde das erste Mal wieder voriges Jahr bei der Gründung der einheitlichen europäischen Aufsicht bei der EZB durchgeführt, wo eine ähnliche Art von Prüfung durchgeführt wurde.

Ich möchte nur eines sagen: Das hat natürlich auch enorme Kostenauswirkungen. Die Prüfung, die voriges Jahr bei den größten Banken durchgeführt wurde, hat der FMA in etwa das Jahresbudget der FMA gekostet[iii] – nur von der Dimensionierung her.

So ist die Aufsicht nirgendwo … (Verfahrensrichter Pilgermair: Im Vergleich zum Gesamtdesaster der Hypo wahrscheinlich doch nur ein Tropfen!) – So ist die laufende Aufsicht in keinem Land angelegt, dass sie Gesamtprüfungen durchführt. Das ist eine Unmöglichkeit, weil diese Art der Prüfung in einer Prüfungshierarchie in der Regel eindeutig dem Wirtschaftsprüfer, der diese Bank regelmäßig prüft, zugeordnet ist.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Mag. Ettl, Sie haben in der Finanzausschusssitzung vom 8.10.2009 hier in diesem Haus Angaben gemacht – das darf ich Ihnen vielleicht zur Erinnerung zeigen (der Auskunftsperson ein Schriftstück übergebend), aber sie werden es mit Sicherheit präsent haben.

Ein „Silberstreif am Horizont der Finanzmärkte“, heißt es. Sie führen da unter anderem aus: „Im zweiten Quartal 2009 habe sich die Entwicklung bei den Banken stabilisiert und die Ertragslage verbessert.“ Das Betriebsergebnis ist gestiegen, das Nettoergebnis hat zugenommen und die Eigenmittelausstattung betrage derzeit 12 Prozent. „Das ‚wohldosierte‘ Bankenpaket des Staates habe es den Banken erlaubt, ihre Liquidität zu stärken, so Ettl“, heißt es in dieser Parlamentskorrespondenz Nr. 838 vom 8.10.2009.

Das ist im Oktober 2009, wo Sie diese Situation so positiv und als „Silberstreif am Horizont“ sehen und auch die Liquidität – natürlich pauschal, aber doch haben Sie die Eigenmittelausstattung mit derzeit 12 Prozent beziffert.

Im Herbst 2009 war allerdings einiges schon sehr dramatisch und das steht in einer gewissen Diskrepanz zu dem, wie Sie das gegenüber dem seinerzeitigen Finanzausschuss aufzeigen. Und zwar hat bereits die Staatskommissärin am 7.9.2009 – das ist also circa ein Monat vorher gewesen – von den während des Sommers 2009 eingetretenen Erhöhungen des Wertberichtigungsbedarfs informiert. Dieser Wertberichtigungsbedarf hat immerhin 762 Millionen € betragen.

Die Frage ist, warum die FMA nicht sofort tätig geworden ist und darauf gedrängt hat, dass eine ausreichende Kapitalausstattung vorgenommen worden ist? Das ist die eine Frage.

Das Zweite, das sich dann zeigt, ist, dass die Bayern begonnen haben, Druck zu machen, dass Österreich etwas tun soll, und zwar viel tun soll. Daraufhin hat die Finanzprokurator im Auftrag des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Finanzen am 2. und 4. Dezember 2009 zwei Ersuchschreiben an die Nationalbank geschickt – das ist das Dokument 24157, das ist alles das gleiche Dokument.

Das sind zwei Schreiben vom 2. und 4. Dezember 2009, aus denen klar hervorgeht, dass dem Finanzprokurator, der hier die Finanzinteressen der Republik vertreten hat, offenbar sehr deutlich geworden ist, in welcher finanziellen Malaise sich die Hypo und damit auch der Bund befindet. Da sind sehr deutliche Ansuchen an die Nationalbank gerichtet worden, wo man konkret wissen wollte, wie hoch das gesamte Abschreibungserfordernis ist, wie hoch der Abschreibungsbedarf ist, wie hoch die Kapitalmaßnahme sein müsste, um den Fortbestand der Bank zu sichern, wie hoch das Mindesterfordernis sein sollte et cetera.

Es ist eine ganze Reihe, eine ganze Latte von Auskunftsforderungen, die da der Finanzprokurator an die Nationalbank gestellt hat. Dabei wird auch Bezug genommen auf dieses PwC-Asset-Screening, von dem Sie sagen, dass es erstmals Risikokredite umfänglich beurteilt und bewertet hat.

Wenn ich das jetzt so sehe und dem gegenüberstelle, was Sie in der Parlamentskorrespondenz hier über die seinerzeitige Finanzausschusssitzung gesagt haben, dann ergibt das doch einen sehr eklatanten Widerspruch, eine Diskrepanz. Ich ersuche Sie, uns diese zu erklären.

Mag. Helmut Ettl: Sie legen mir jetzt Schreiben an die Oesterreichische Nationalbank vor. Ich darf erinnern, ich bin seit Februar 2008 kein Mitarbeiter der Oesterreichischen Nationalbank mehr gewesen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich lege sie Ihnen deshalb vor und gebe sie Ihnen deswegen, weil der Bund, das Finanzministerium und das Bundeskanzleramt in diesem Schreiben ein großes Informationsbedürfnis über den wahren Zustand der Hypobank ausgedrückt haben. Es geht unter die Haut, wenn man das liest. Man kann es ja nachlesen. Es sind sehr eindrucksvolle Schreiben.

Da frage ich mich: Weshalb sind diese Informationen nicht vorher vorgelegen? Weshalb hat man diese Informationen seitens der Finanzmarktaufsicht nicht beschafft? Die Finanzmarktaufsicht hätte das Gleiche tun können, was das BKA und das BMF via/qua Finanzprokurator getan haben, nämlich den Auftrag erteilen, das hier zu prüfen, das hier anzuschauen. Das wäre durchaus möglich gewesen!

Mag. Helmut Ettl: Herr Verfahrensrichter! Es tut mir leid, aber die FMA hat das beauftragt. Sie hat hier einen Auftrag an die Oesterreichische Nationalbank gegeben – zum einen.

Zum Zweiten: Es tut mir leid, ich habe gedacht, ich wäre hier geladen, um über die Jahre vor der Verstaatlichung Auskunft zu erteilen, wurde auch vom stellvertretenden Verfahrensrichter gerade darüber aufgeklärt, dass das der Verfahrensgegenstand ist. Zu diesem Thema bin ich jetzt nicht zur Gänze vorbereitet. Ich gehe davon aus, dass ich zu diesem Thema noch einmal hierher geladen werde, und dann wäre ich wahrscheinlich in der Lage, tiefgründiger und weit besser vorbereitet zu diesem Thema Auskunft zu erteilen.

Aber eines muss ich schon sagen: Die FMA hat hier eine klare Prüfung beauftragt, um genau das festzustellen. Es ist parallel zur PwC-Prüfung eine Prüfung der Oesterreichischen Nationalbank gelaufen, um festzustellen, wie hoch da der Kapitalbedarf ist. Und wir haben einen Kapitalbedarf ermittelt. Dieser Kapitalbedarf war ja schlussendlich die Grundlage, weil wir gesagt haben: Wenn hier dieses Kapital nicht zugeschossen wird, ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Welches Ergebnis war das und wann ist dieses Ergebnis vorgelegen?

Mag. Helmut Ettl: … dann müssen wir weitergehende Schritte …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Mag. Ettl! Wenn Sie uns bitte sagen, in welcher Höhe dieser Bedarf war und wann er bekannt gegeben wurde.

Mag. Helmut Ettl: Wie gesagt, die Höhe war im Bereich von 1,5 bis 2 Milliarden €. Da ich jetzt die Unterlagen nicht dabei habe, ersuche ich um Verständnis. Aber wir haben hier klare Höhen ermittelt und haben gesagt: Wenn hier nicht der entsprechende Kapitaleinschuss erfolgt, dann müssen wir die Bank schließen. Das war ja im Wesentlichen genau eines dieser Probleme des Spätherbstes 2009.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War im Spätherbst 2009 die Situation der Hypo problembeladen?

Mag. Helmut Ettl: Es war eine fließende Situation. Das Screening hat zur Jahresmitte begonnen, und es war nicht so, dass in der ersten Woche des Screenings große Probleme aufgetaucht wären, sondern die Höhe an Problemen, die sich durch dieses Asset Screening ergeben haben, wurde immer höher. Daher kann ich heute nicht genau sagen, in welcher Woche das war. Ich bitte wirklich um Verständnis angesichts der Tatsache, dass ich als Auskunftsperson eigentlich nicht zu diesem Thema geladen wurde. Ich bin sehr gerne bereit, noch einmal hierherzukommen, um ausführlich darüber zu sprechen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie haben das Ergebnis beantwortet, dass keine solche Überprüfungen stattgefunden haben. Ich kann es auch irgendwo nachvollziehen, weil die PwC-Asset-Screening-Geschichte überaus aufwendig war. Wir haben gehört, heute hat Mag. Ittner von 50 Mitarbeitern von PwC gesprochen, die, ich glaube mich zu erinnern, drei Monate daran beteiligt waren – das ist natürlich ein außerordentlicher Aufwand –, und damit konnten 28 Prozent angeschaut und evaluiert werden.

Nun frage ich aber: Wurde ein derartiges Screening von der FMA zuvor nie für notwendig erachtet? Und wenn ja, weshalb unterblieb es?

Mag. Helmut Ettl: Ich habe schon in meinem Einleitungsstatement gesagt, dass bis 2006 diese Bank eine ähnliche Entwicklung gehabt hat wie auch verschiedene andere Banken in Österreich, die auch international, gerade in Osteuropa, tätig geworden sind. Nicht alles, was dort glänzte, war Gold. Wir haben auch in verschiedensten anderen Banken Systemprobleme festgestellt. Nicht alles ist in der Osteuropa-Strategie zu diesem Zeitpunkt aufgegangen.

Wo expandiert wird, wo man Pionierarbeitet leistet, dort wird auch Risiko eingegangen. Unsere Aufgabe zu diesem Zeitpunkt war es, zu schauen, dass die Systeme dann auch nachgezogen werden.

In der Hypo-Alpe-Adria-Sache hat sich dann allerdings eines gezeigt: Dass mit 2006 und den Swapverlusten erstens schon damals die ökonomische Basis ausgehöhlt war. Wir haben ab diesem Zeitpunkt auf massive Kapitalzuführung gedrängt. Ich habe schon im Eingangsstatement gesagt, wir haben hier über 1,6 Milliarden € zusätzliches Kapital vom Eigentümer. Und das war nicht …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Mag. Ettl! Wir schätzen es sehr wert, dass das alles getan wurde, aber das war nicht die Frage! Ich habe das schon aus der einleitenden Stellungnahme von Ihnen so verstanden und Sie haben das jetzt wiederholt. Das war nicht die Frage!

Die Frage war, ob Sie ein solches Screening – in einem kleineren Maß, aber doch ein solches Screening – wie es 2009 dann von PwC durchgeführt wurde, vor Herbst 2009 selbst einmal für angezeigt, für erforderlich erachtet haben oder nicht. Und wenn nein, warum nicht? – Das war die Frage, die ich zu beantworten bitte.

Mag. Helmut Ettl: Es wurde so eine Prüfung nicht angeordnet, weil so eine Prüfung dann angeordnet wird, wenn man den Verdacht hat, dass wirklich schon alles aus dem Ruder läuft.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Aber jetzt sind Sie belogen worden und es ist gefälscht worden.

Aber ich bin von der Frau Vorsitzenden darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Befragungszeit für die erste Fragerunde abgelaufen ist. Ich bedanke mich und gebe das Wort zurück.

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Da der Verfahrensrichter die Regeln sehr großzügig ausgelegt hat, insbesondere was die Abschnitte betrifft – wir waren ja jetzt hauptsächlich im zweiten Abschnitt –, würde ich anregen, erstens, dass wir das natürlich jetzt auch machen. Zweitens würde ich anregen, dass man auch die Auskunftspersonen in Zukunft darüber informiert, dass alle oder zumindest übergreifend die Abschnitte befragt werden können, damit sich die Auskunftspersonen entsprechend darauf vorbereiten können.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Jetzt haben wir uns einen Arbeitsplan gegeben und ich bin der Meinung, dass wir uns an diesen Arbeitsplan halten sollten. Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Da bin ich mit Herrn Kollegen Krainer eines Sinnes. Wir haben jetzt die Reihenfolge genau festgelegt und daran sollten wir uns auch halten.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Auch ich denke, wir haben uns verständigt auf diese Dreiteilung und sollten im ersten Abschnitt bei der Befragung heute bleiben. Es steht uns ja frei, die Auskunftspersonen noch einmal zu laden. Das haben wir ja schon des Öfteren besprochen. Ich bin durchaus der Meinung, dass wir beim ersten Abschnitt heute bei unseren Befragungen bleiben sollten.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, alles richtig und gleichzeitig nicht zielführend. Das soll ruhig die Öffentlichkeit auch hören. Wenn nämlich das jetzt so bleibt, was die gesamte Ausschussplanung oder eigentlich nicht kollektive Planung betrifft, dann ist jetzt absehbar, dass für die Phasen 2 und 3 viel, viel weniger Zeit übrig bleibt als in einer gedachten Dreiteilung, die Sie nämlich antragsmäßig eingebracht haben.

Deshalb habe ich jedes Verständnis dafür, dass man zumindest zu zwei zusammenhängenden Phasen befragt. Allerdings sollten die Auskunftspersonen darauf aufmerksam gemacht werden.

Denn wenn es uns nicht gelingt, oder wenn es verhindert wird, dass hier ausreichend viele Arbeits- und Befragungstage dazukommen, wird nämlich von anderer Seite her dieser Arbeitsplan völlig ausgehöhlt. Daher finde ich diese Einwürfe zwar vom Ursprünglichen her zutreffend; wenn aber das Ursprüngliche perforiert wird durch diejenigen, die das jetzt anmahnen, dann finde ich das scheinheilig.

Vorsitzende Doris Bures: Ich unterbreche die Sitzung und ersuche die Fraktionsführer, kurz zu mir zu kommen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 16.32 Uhr unterbrochen und um 16.42 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

16.42

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Ich bedanke mich bei den Fraktionsführern für die kurze Aussprache.

Ich möchte bekannt geben, dass vereinbart wurde, an dem gemeinsam beschlossenen Arbeitsplan, der sich in drei Phasen gliedert, weiterhin festzuhalten, wobei sich – wie man in der Vergangenheit gesehen hat – teilweise bei inhaltlichen Überschneidungen die Grenzziehung natürlich schwierig gestaltet. In einem engen inhaltlichen Zusammenhang kann es auch Überschneidungen geben.

Jedenfalls halte ich auch fest, dass für die Befragung des Herrn Mag. Ettl zu beachten ist, dass er sich vor allem für diese erste Phase intensiv vorbereitet hat und er diese heutige Ladung als Auskunftsperson auf diesen Schwerpunkt ausgerichtet hat. Ich halte fest, dass das vom Ausschuss zur Kenntnis genommen wird. Es sieht ja auch die Verfahrensordnung vor, dass in den nächsten Phasen weitere Ladungen und Aussprachen möglich sind. An diesem Arbeitsplan, der so vereinbart wurde, wird festgehalten.

Somit gehen wir in die erste Fragerunde ein.

Herr Abgeordneter Darmann, ich erteile Ihnen das Wort. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Von der Selbstbeschäftigung des Ausschusses wieder zu den Inhalten: Herr Mag. Ettl! Sie waren von 2003 bis 2008 Leiter der Abteilungen Bankenanalyse und -revision in der OeNB.

Mag. Helmut Ettl: Ja, bis Februar 2008.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Sie haben vorhin gesagt – bitte korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege –, Sie waren aufgabentechnisch mit der systemischen Prüfung beschäftigt, ob die Regeln eingehalten wurden, die sich die Banken selbst gegeben haben.

Mag. Helmut Ettl: Naja, es ist ein mehrstufiges System natürlich.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich bitte Sie, ins Detail zu gehen.

Mag. Helmut Ettl: Vielleicht darf ich erklären, wie hier Aufsicht insgesamt funktioniert.

Was die Systeme einer Bank betrifft, vor allem das Risikomanagementsystem, sind die Normen bis 2006 ja sehr, sehr dünn gewesen, was hier eigentlich verlangt wird. Im Wesentlichen hat das auf § 39 Abs. 2 BWG[iv] beruht, der hier besagt:

„Kreditinstitute haben jene Verwaltungs-, Rechnungs- und Kontrollverfahren einzurichten, die für die Erfassung und Beurteilung der bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken des Kreditinstitutes, die weitestmögliche Erfassung und Beurteilung der sich aus neuartigen Geschäften möglicherweise ergebenden Risiken sowie von Risikogleichläufen erforderlich sind. Die Zweckmäßigkeit dieser Verfahren und deren Anwendung …“

Das ist im Wesentlichen genau das, was über Risikomanagement im österreichischen BWG bis 2006 zu finden war, nur damit Sie auch sehen, auf welcher Basis die Aufsicht operiert hat.

Was war dann die Herangehensweise der Aufsicht? – Die Aufsicht hat dann geschaut, wie die Systeme in der Bank aussehen, die sich die Bank selber gegeben hat. Sind die in irgendeiner Weise geeignet, dem nachzukommen, in dieser Allgemeinheit natürlich? Und wenn es hier zu systematischen Abweichungen gekommen ist, dann wurde das als Problem gesehen, weil man praktisch die eigenen Verfahren nicht ernst genommen hat, oder man hat die Verfahren, die in der Bank festgelegt wurden, schon als problematisch gesehen, dass sie nicht adäquat das Risiko abbilden.

Allerdings vor 2006 war der Interpretationsspielraum also von …  also unendlich, weil es kaum weitere Grundlagen gegeben hat, außer diesen einen Satz für das gesamte Risikomanagement der Bank. Daher, wie gesagt: Man hat sich angeschaut, welches Risikomanagement hat sich die Bank selbst gegeben, hat beurteilt, ob das adäquat ist und hat geschaut, ob das dann auch eingehalten wird, wenn es adäquat ist. Das ist im Wesentlichen die Risikoprüfung gewesen, die wir damals durchgeführt haben.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Mit welchen Instrumenten haben Sie genau diese eben sehr umfangreich beschriebene Risikoprüfung beziehungsweise die Systemprüfung für das Risikomanagement durchgeführt?

Mag. Helmut Ettl: Wie ist so eine Prüfung damals gestaltet worden? – Man hat einen Prüfauftrag von der Finanzmarktaufsicht bekommen, hat ein Aufforderungsschreiben an die Bank geschickt, damit die Unterlagen vorbereitet werden, alle Unterlagen das Risikomanagement betreffend, und hat dann das Risikomanagement studiert. Und in der Folge hat man dann aus den … Zum Beispiel wenn man das Kreditrisikomanagement geprüft hat, hat man hier verschiedene Stichproben gezogen, und hat sich dann Einzelkreditfälle angeschaut und hat geschaut, wie die gestioniert werden und ob das im Einklang ist mit der Risikopolitik und der Risikomanagementlinie, die hier von der Bank eingeführt wurde. Das ist im Wesentlichen die Prüfung damals gewesen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Das heißt aber, dass Sie auch auf Protokolle zurückgegriffen haben, um das zu überprüfen?

Mag. Helmut Ettl: Man hat auf alles zurückgegriffen, was man gebraucht hat. Man hat sich natürlich die Vorstandsprotokolle angeschaut. Man hat sich die Aufsichtsratsprotokolle angeschaut, ob hier etwas Auffälliges ist, und natürlich – ganz wichtig –, man hat mit der Internen Revision kommuniziert und hat sich auch angeschaut, ob die Interne Revision im Haus funktioniert, weil das natürlich heute immer noch insgesamt ganz wichtig in der Aufsicht ist, dass ja die Finanzmarktaufsicht oder die Bankenaufsicht in der Finanzmarktaufsicht so die oberste Aufsichtslinie ist[v].

Wir haben hier vor allem auch zu schauen, dass innerhalb der Bank die Aufsichtssysteme funktionieren. Das heißt, dass sich das Management an die eigenen gegebenen Regeln hält, dass das von der Internen Revision kontrolliert wird, dass der Aufsichtsrat seiner Funktion nachkommt und dass der Wirtschaftsprüfer entsprechend den Vorgaben, die er im Sinne der Bankprüfung vorzunehmen hat, das auch abarbeitet und sich das regelmäßig anschaut.

So ist im Wesentlichen die Systematik der Aufsicht gegeben.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Danke, das war an sich sehr gut, kurz und bündig zusammengefasst. Es ist somit klar, was alles kontrolliert wurde oder hätte werden sollen.

Sind Ihnen auch Kreditausschussprotokolle bei dieser Prüfung oder Überprüfung vorgelegt worden oder haben sie vorgelegt werden müssen?

Mag. Helmut Ettl: Man hat sich natürlich auch Kreditausschussprotokolle angeschaut, ja. Und man hat natürlich auch geschaut, ob hier im Sinne der Risikopolitik der Bank entsprechend vorgegangen wird. Allerdings was man nicht macht in der Aufsicht, ist, dass man in die Richtung geht, dass man Einzelkreditfälle … also dass man im Wesentlichen das bessere Management spielt. Das ist nicht Aufsicht, und die Aufsicht wird nicht über 700 000 Großkredite in Österreich ein eigenes Urteil abgeben. Das ist auch unmöglich, weil das Risikonehmen ist eine Grundaufgabe einer Bank. Und die Begrenzung des Risikos muss in der adäquaten Risikopolitik sein. Die Balance des Ganzen, das auszutarieren und zu schauen, ob das richtig austariert ist, das ist eine der Aufgaben der Bankenaufsicht.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Das ist aber eine interessante Aussage. Herr Mag. Ittner hat eine ähnliche, wenn nicht wortgleiche Aussage getätigt: Sie sind nicht das bessere Management. Das ist interessant wegen der Wortdeckung.

Aber jetzt eine Frage: Wenn Sie keine Einzelkreditprüfung vornehmen bei der Überprüfung der bankinternen Kontrollsysteme, warum lassen Sie sich dann Kreditausschussprotokolle vorlegen? Dort steht ja im Normalfall eine Diskussion über Großkredite drinnen. Oder: Was wird dort angeschaut, wenn so ein Protokoll vorgelegt wird?

Mag. Helmut Ettl: Bei den Großkrediten gibt es eine Regel, zum Beispiel, dass, wenn mehr als 10 Prozent des Eigenkapitals hier betroffen sind, dann muss sich der Aufsichtsrat zwingend mit diesen Großkrediten beschäftigen und hier auch Genehmigungen durchführen. Das ist zum Beispiel eine Sache, wo man sich anschaut, ob das auch wirklich im Aufsichtsrat gewesen ist. Sind hier die entsprechenden Genehmigungen auch durchgeführt worden? Wie ist denn die Diskussion dort gelaufen? Ist das einfach ein formales Durchwinken oder beschäftigt sich der Kreditausschuss des Aufsichtsrates auch materiell mit der Kreditpolitik und auch dem Einzelkreditengagement? – Weil der muss sich schon damit befassen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ist es für diese Bewertung oder Analyse wichtig, beispielsweise bei Großkreditfällen, die wirtschaftliche Einheit beziehungsweise die Gruppe verbundener Kunden zu kennen?

Mag. Helmut Ettl: Das ist zum Beispiel eine der ganz wichtigen Sachen, dass die Gruppe der verbundenen Kunden in der Bank festgestellt werden muss, weil diese Regel, dass 10 Prozent des Eigenkapitals in einem Kreditengagement nicht überschritten werden dürfen, kann nur dann festgestellt werden, wenn also die Einzelkreditengagements zusammengeführt werden und geschaut wird, dass die Gruppe, die eine Einheit bildet, auch richtig in der Bank dargestellt wird.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Danke schön für diese klare Aussage.

Ich darf Ihnen ein Kreditausschussprotokoll der 112. Kreditausschusssitzung vom 24. Jänner 2006 vorlegen. Für die werten Kollegen: Das Dokument haben wir bereits mehrfach vorgelegt, das ist der Akt mit der Nummer 24438, Lieferant OeNB. Ich darf Sie bitten, Herr Magister, unten rechts die Seitennummerierung anzuschauen und auf Seite 14 von 22 zu gehen.

Es geht hier um das Projekt AB Maris, ein Projekt, das zuvor bereits mehrere Kredite bekommen hatte. Von 2001 bis 2006 ist niemandem jemals aufgefallen, dass es keine Informationen zur wirtschaftlichen Einheit bei diesem Projekt gibt, obwohl es hier um – sagen wir einmal – Unsummen von Geld geht. Das heißt, eine Gruppe von verbundenen Kunden wurde dort nicht benannt. Oder sehen Sie auf der Seite 14 irgendwo diese Rubrik? (Die Auskunftsperson sieht sich das Schriftstück an.)

Mag. Helmut Ettl: Seite 14, was sehe ich da?

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Fällt Ihnen irgendwo die Unterteilung oder die Rubrik „wirtschaftliche Einheit“ auf oder können Sie irgendwo „Gruppe verbundener Kunden“ lesen, wo das beschrieben wäre, diese an sich sehr wichtige Information für einen Großkredit?

Mag. Helmut Ettl: Wenn es nicht vorhanden ist, dann wird es mir wahrscheinlich nicht auffallen. Ich habe mir jetzt aber nicht das ganze Dokument durchgelesen. Ich werde Ihnen jetzt glauben, dass es nicht da drinnen ist.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Wenn, dann ist es nur auf dieser einen Seite, die Sie vor sich haben, 14 von 22.

Dann darf ich Sie höflich ersuchen, bitte auf Seite 15 von 22 zu blättern und sich den dritten Absatz von oben durchzulesen.

Da steht: „Kulterer und Striedinger berichten, dass ihnen die Eigentümer bekannt sind, die Namen aber nicht genannt werden können. Die Eigenmittel des Kunden (für sämtliche Widmungen und Bewilligungen) sind in den Bilanzen des Unternehmens nicht ersichtlich.“

Im Folgeabsatz sehen Sie keine weiteren Fragen dazu.

Ist das eine übliche Vorgehensweise, dass Vorstände zur Fragestellung der wirtschaftlichen Einheit und zu den Eigentümern hinter den Kreditwerbern sagen, die sind uns bekannt, aber die gehen euch nichts an?

Mag. Helmut Ettl: Nein.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Hätte das beispielsweise der Finanzmarktaufsicht auffallen müssen?

Mag. Helmut Ettl: Im Wesentlichen: Es gibt unzählige Unterlagen. Wenn es der Finanzmarktaufsicht aufgefallen wäre, wäre das natürlich eine hinterfragenswerte Formulierung auf jeden Fall gewesen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Hätte es der OeNB auffallen müssen?

Mag. Helmut Ettl: Müssen? – Ich sage jetzt einmal: Wir reden hier von ich weiß nicht wie vielen Tausenden Unterlagen und Akten und so weiter.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Entschuldigen Sie die Formulierung: Hätte es der OeNB auffallen sollen?

Mag. Helmut Ettl: In der FMA und in der OeNB wird nicht jede Ausschussunterlage im Einzelnen nachgeprüft und so weiter. Das ist auch wiederum nicht machbar. Es sitzen hier nicht Hunderte von Leuten, die die Protokolle von – ich weiß nicht – 800 Banken in Österreich, da jedes einzelne Protokoll nachlesen. Wenn hier ein Schwerpunkt gemacht wird, eine Prüfung vor Ort stattfindet, dann werden solche Unterlagen natürlich durchgeschaut, aber es ist niemals gesagt, dass so etwas zum Beispiel auch nicht auffällt. Ich glaube: Wie viele Kunden hat die Hypo Alpe-Adria? – Die hat ja Tausende Kunden gehabt. Sorry, aber … Es wäre gut gewesen, wenn es aufgefallen wäre. Oder ist es aufgefallen? – Ich weiß es nicht.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Anscheinend der OeNB nicht, der FMA ist es auch nicht aufgefallen. Die FMA hat das damit gerechtfertigt, dass sie zu wenig personelle Ressourcen hat, damit ihr ein 22-seitiges Protokoll einer Kreditausschusssitzung einer Bank, die sehr intensiv – wie mehrfach auch dargestellt wurde, auch von Ihnen – beobachtet wurde, sagen wir es einmal so, auffällt. Es ist niemandem aufgefallen, dass es hier offensichtlich ein Geheiminis gibt, was in der Form äußerst – ich betone – äußerst hinterfragenswert ist, selbst wenn man nicht Bankenaufseher ist. Da werden Sie mir hoffentlich zustimmen, dass dieses Detail schon äußerst hinterfragenswert ist, wenn man es gelesen hätte.

Mag. Helmut Ettl: Normalerweise müsste bei so einer Sitzung das Staatskommissariat dabei sitzen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Das ist eine spannende Aussage, weil genau bei dieser Sitzung war weder die Staatskommissärin noch ihre Vertretung anwesend. Die Staatskommissäre haben danach gesagt, sie lesen sich das natürlich durch, sie schicken das dann weiter. Das heißt: Obwohl vor Ort präsent, ist es nicht aufgefallen, obwohl es vor Ort durchgelesen wurde, ist es nicht aufgefallen. In der Finanzmarktaufsicht ist es nicht aufgefallen, und in der OeNB ist es nicht aufgefallen, und alle haben zu viel zu tun, um alles durchzulesen, und deswegen ist ja an sich die Gefahr gegeben – vielleicht können Sie diese Frage beantworten –, dass es so ein Überlesen aufgrund fehlender Ressourcen ja nicht nur in diesem Fall und in anderen Fällen in der Hypo gegeben hat, sondern damals auch schon in anderen Kreditinstituten in Österreich. Ist das möglich?

Mag. Helmut Ettl: Ich war damals noch nicht in der FMA, ich war in der OeNB, aber in beiden Institutionen waren damals sicherlich nicht genug Leute beschäftigt, um jedes Protokoll einer Aufsichtsratssitzung, eines Ausschusses oder sonst irgendetwas nachzulesen. Ich halte das auch nicht für die effiziente Aufsicht, denn das ist ungefähr die Art Aufsicht: Ich stelle hinter jeden Vorgang einen Polizisten.

Nein, ich glaube, in der Aufsicht, da ist ganz wichtig – um das in die Fußballsprache zu übersetzen –: Wir spielen hier nicht Manndeckung, wir spielen hier Raumdeckung. Das heißt, wichtig ist, dass die Systeme funktionieren. Da können wir nicht auf jeden Einzelfall eingehen, und das wird keine Aufsicht dieser Welt können. Es wird auch in der neuen europäischen Aufsicht nicht auf jeden einzelnen Kreditfall abgestellt; und es wird hier nicht in jede Bank gleich irgendein Aufsichtsteam hineingesetzt. Das ist nicht die Aufsicht, die heute gelebt wird, und ich halte sie auch nicht für die effiziente Aufsicht, sondern das ist jene Aufsicht, die also vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Jede weitere Frage geht auf die Redezeit der nächsten Runde.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Frau Präsident! Ich danke für die Information. Ich werde das Zeitkontingent noch etwas ausschöpfen.

Herr Magister! Haben Sie sich im Vorfeld der heutigen Befragung mit dem Herrn Mag. Ittner getroffen?

Mag. Helmut Ettl: Ich treffe den Herrn Mag. Ittner jede Woche ungefähr mindestens zweimal.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): In Vorbereitung der heutigen Auskunft hier vor dem Ausschuss?

Mag. Helmut Ettl: Wir haben natürlich Unterlagen ausgetauscht, weil ich ja als ehemaliger Mitarbeiter der Oesterreichischen Nationalbank geladen bin. Das heißt, ich habe also beim Mag. Ittner angefragt, ob ich Unterlagen bekommen kann, die von Relevanz sind, die ja in der FMA nicht aufliegen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich frage deshalb, weil auch die „Manndeckung“ wieder genau die Wortwahl war, die der Herr Mag. Ittner getroffen und heute mehrfach zelebriert hat. Er hat es in Bezug darauf verwendet, dass das ressourcentechnisch nicht möglich ist – was auch zur Kenntnis zu nehmen ist. Mein Interesse rührt aber daher, weil wieder die gleiche Wortwahl gegeben war.

Mag. Helmut Ettl: Darf ich etwas sagen? – Es gibt hier einfach eine enge Zusammenarbeit zwischen Finanzmarktaufsicht und Oesterreichischer Nationalbank. Im letzten Banken-Untersuchungsausschuss ist kritisiert worden, dass man nicht abgestimmt ist. Heute haben wir ein gemeinsames Bild einer effizienten Aufsicht, und das wird auch so gelebt, und daher haben wir auch eine gemeinsame Sprache.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Gibt es ein Strategiepapier der OeNB, wie man sich hier vor dem Untersuchungsausschuss entsprechend verhalten soll?

Mag. Helmut Ettl: Ich kenne kein Strategiepapier der OeNB, wie man sich im Untersuchungsausschuss verhält. Ich bin auch jetzt nicht als aktiver OeNB-Mitarbeiter hier, sondern ich bin ein ehemaliger Mitarbeiter der Oesterreichischen Nationalbank, der heute in der Finanzmarktaufsicht ist.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, das ist ein Grund, aber keine Ursache, um ein solches Strategiepapier nicht stattfinden zu lassen.

Mag. Helmut Ettl: Ich kenne es aber auch nicht.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Es hat aber regelmäßig die gleichen Vertrauenspersonen gegeben – auch für ehemalige Mitarbeiter –, entsprechend gestellt durch die zuständigen Behörden.

Mag. Helmut Ettl: Ich habe das nicht bekommen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, es ist zur Kenntnis genommen und erfreut uns unfassbar.

Herr Magister! Sie haben vorhin einleitend auch festgehalten, es hat nach dem oder insbesondere durch den Banken-Untersuchungsausschuss 2006/2007 eine, wie Sie es formuliert haben, Lessons-Learned-Phase gegeben. Es hat dann 2008 über Nacht eine für Sie zufriedenstellende Reform gegeben, die die Instrumente und die Bankenaufsicht betrifft. Hoffentlich habe ich das halbwegs korrekt zusammengefasst? (Auskunftsperson Ettl: Ja!) Ja.

Herr Dr. Hysek hat zuletzt hier auf meine konkrete Frage, ab wann er tatsächlich mit den Instrumenten zufrieden war, die ihm als Bankenaufseher in die Hand gegeben wurden, zu Protokoll gegeben, das sei er seit dem Jahr 2014.

Mag. Helmut Ettl: Ja, da ist die Lessons-Learned-Phase abgeschlossen worden.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Gut. Das heißt, Sie haben aber vorweg schon mit 2008 eine gewisse Zufriedenheit gehabt, aber er hat auf Nachfrage betont (Auskunftsperson Ettl: Nein, nein, nein!), dass 2014 das Jahr war, in dem wirklich alle Instrumente zur Verfügung gestanden sind, um hier korrekt arbeiten zu können.

Mag. Helmut Ettl: Nein, also da haben Sie mich ein bisschen missverstanden. Ich habe gesagt: ausgehend vom Banken-Untersuchungsausschuss und auch schon unter Einbeziehung der Erfahrungen der Finanzkrise. Das ist natürlich ein laufender Prozess, der bis zum 1. Jänner 2015 gelaufen ist. Es wurden hier massive Verstärkungen für die Finanzmarktaufsicht – sowohl was die Regulierung als auch die Ausstattung anbelangt – erreicht.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich habe in dieser Runde eine letzte Frage. Sie haben vorhin auch gesagt, dass bei den Geschäften in Osteuropa bei allen internationalen Bankinstituten, die sich dort entsprechend präsent gezeigt haben, nicht alles aufgegangen ist. Ist das so richtig?

Mag. Helmut Ettl: Das ist so richtig.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Wie hat sich die FMA ab dem Jahr 2008 gegenüber dem Expansionskurs der BayernLB in einer offensichtlich bekannten Krisenzeit verhalten und geäußert? Wir wissen beispielsweise, dass es in diesem Jahr eine Erweiterung der Bankgeschäfte in Richtung Ukraine gegeben hat.

Mag. Helmut Ettl: Also ab Halbjahr 2008 ist die weitere Risikoübernahme auch – ich sage jetzt einmal – auf Instruktion des Eigentümers eingestellt worden. Es hat hier eine klare Instruktion des Eigentümers gegeben, dass nicht mehr Risiko auf die Bücher genommen werden darf.

Und wissen Sie warum?! – Weil wir als Finanzmarktaufsicht zur Mitte 2008 hier ein Eigenkapitaladäquanzverfahren eingeleitet haben – gerade aufgrund der Verluste, die zur Mitte des Jahres 2008 verzeichnet wurden.

Ich kann mich noch ganz genau erinnern, was da gelaufen ist. Die haben eine Pressekonferenz gemacht, also über die Presse verlautbart, dass sie den Halbjahresverlust machen. Ich war relativ frisch in der Finanzmarktaufsicht – seit Februar – und habe also eine Pressemeldung bekommen, dass hier ein Verlust aufgetreten ist. Das hat dazu geführt, dass ich unmittelbar zum Telefonhörer gegriffen, den Herrn Berlin angerufen und ihm klar gesagt habe, dass ich niemals mehr einen Verlust aus der Zeitung erfahren möchte – das ist eine unglaubliche Vorgangsweise –, und außerdem, dass ich gerade angewiesen habe, die adäquate Eigenkapitalausstattung dieser Bank festzustellen. In der Folge wurde hier ein Verfahren, das am Ende des Tages auch mit einer massiven Kapitalerhöhung geendet hat, eingeleitet. (Abg. Darmann: Danke fürs Erste!)

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Herr Mag. Ettl! Ich möchte gerne auf die – und ich setze voraus, dass das Ihnen entsprechend bekannt ist – Investitionen, die seitens der Bank in Tourismusprojekte getätigt wurden, und auch die Bankprojekte, die in Bosnien-Herzegowina durchgeführt wurden, zu sprechen kommen und möchte Sie fragen, ob Sie Ihrer Wahrnehmung oder Ihrer Erinnerung nach Ungereimtheiten bei diesen Geschäften präsent haben.

Mag. Helmut Ettl: Jetzt so aus dem Gedächtnis … (Abg. Jank: Okay! Okay!) Aber Sie werden sicherlich irgendetwas Näheres haben, an dem ich mich dann genau orientieren kann.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ja, ich würde Ihnen gerne dazu eine Unterlage vorlegen. Es ist das Dokument 10895, Seite 3.

Hier schreibt ein Herr Dr. Newald an den Herrn Dr. Koch, damals Vorsitzender des Aufsichtsrates:

„Gestern konnte ich mit dem Partner von Karl-Heinz wahrscheinlich die Causa entspannen.“

Die Überschrift im Betreff lautet:

„Entwarnung Attacken gegen die Organe der Hypo Alpe Adria-Bank in Kärnten“

Das ist Seite 3. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Ist Ihnen das Schreiben bekannt?

Mag. Helmut Ettl: Ganz ehrlich?! – Das ist ein Vorgang, der zu dem Zeitpunkt in der FMA gewesen ist, als ich nicht Mitarbeiter der FMA war. Also mir ist dieses Dokument jetzt aus eigener Wahrnehmung nicht bekannt – ganz ehrlich gesagt.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Aus eigener Wahrnehmung nicht. – Okay! Ich würde Sie aber trotzdem gerne fragen. Es heißt dann nämlich weiter:

„Er“ – nämlich der Karl-Heinz – „wird nämlich kurzfristig die von Dritter Seite aufgeworfenen Verdächtigungen so recherchieren, dass weder ein Vorstandsvergehen und daher kein Aufsichtsratvergehen entstanden sein kann …“

Wie würden Sie denn das aus Ihrer Erfahrung und aus Ihrer damaligen beruflichen Tätigkeit deuten, wenn Sie das gekannt hätten?

Mag. Helmut Ettl: Darf ich das jetzt noch einmal lesen?

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Bitte, ja. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Es gibt dazu auch die Seite 4 – ich meine, dass Sie die jetzt auch schon gelesen haben. (Auskunftsperson Ettl: Ja, ja!) Es ist nicht ganz klar, von wem dieser Vermerk gemacht wurde, aber jedenfalls ist es ein Akt der FMA. Hier heißt es:

„Dafür wurden einige Leute mit viel Geld bestochen und die Gelder sind teilweise an Stiedinger“ – Striedinger – „und Kulterer auf Konten in Kroatien zurückgeflossen.“

Mag. Helmut Ettl: Ich sehe hier nur, dass dieser Vorfall dann an den Herrn Schantl weitergegangen ist, der sich das in der Vor-Ort-Prüfung angeschaut hat. Er war ja der Teilnehmer der Finanzmarktaufsicht an der Vor-Ort-Prüfung 2006, er dürfte sich das dann vor Ort angeschaut haben. So entnehme ich das jetzt der weiteren Vorgangsweise, um hier zu schauen, ob man da weiterkommt. Damit wurde natürlich in der Prüfung auch der Kontakt aufgenommen – vermutungsmäßig – mit den Behörden von Bosnien-Herzegowina, weil die ja in dieser Prüfung damals miteinbezogen waren.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Lässt die Formulierung dieses Schreibens die Möglichkeit zu, dass der Aufsichtsrat versucht hat, auf die Wirtschaftsprüfer einzuwirken? (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Mag. Helmut Ettl: Es wird hier vermutet, dass Dr. Newald, an den Dr. Karl-Heinz Moser, den Wirtschaftsprüfer der Bank, herangetreten ist, dass die Sache irgendwie erledigt wird. Wobei ich jetzt nicht weiß, wo diese Story dazu herkommt. Ich meine, es ist vom Dokument her sehr schwierig nachzuvollziehen, was jetzt eigentlich was ist, was vom Herrn Newald ist, was die Story dazu ist und wie es dann eigentlich weitergeht. Das ist ein sehr interessanter Akt. Ist das das Ganze? Da muss es noch … Ist das der ganze Akt?

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Das, was Sie jetzt in Händen haben, ist der ganze Akt.

Mag. Helmut Ettl: Also, wie gesagt, ich kenne den Vorfall nicht, war allerdings auch zu diesem Zeitpunkt nicht Mitarbeiter der Finanzmarktaufsicht.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ich möchte Ihnen ein weiteres Dokument vorlegen, Nummer 12838. Da geht es um einen Aktenvermerk (Auskunftsperson Ettl: Den kenne ich!) – okay, den kennen Sie –, der von Ihnen verfasst wurde. Können Sie uns vorweg sagen, was Kick-back-Zahlungen sind?

Mag. Helmut Ettl: Kick-back-Zahlungen sind Zahlungen, die geleistet werden, wenn man mit jemandem ein Geschäft macht und da Zahlungen laufen, die also – ich sage einmal – jemanden begünstigen und nicht unbedingt das Grundgeschäft betreffen. Es gibt allerdings legale Kick-backs und illegale Kick-backs. Das muss man auch dazu sagen. Im Wertpapierhandel gibt es Kick-backs, die erlaubt sind. Und es gibt illegale Kick-backs in Geschäften.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Okay. Also im gegenständlichen Fall haben Sie vermerkt:

„Im heutigen, um 18.30 Uhr stattgefundenen Telefonat teilte mir Dr. Kandler mit, dass die Wirtschaftsprüfer der Hypo-Alpe-Adria einen Vorgang in Kroatien entdeckt haben, der als Kick-back-Zahlung an AR-Vorsitzenden Kulterer gewertet werden könne.“

Es heißt dann weiter:

„Er“ – Herr Dr. Kandler, nehme ich an – „werde morgen auch Herrn Dr. Schütz in der FMA informieren. Morgen fährt Dr. Kandler nach Klagenfurt und wird mit den dortigen Prüfern die genaue Sachlage erörtern. In weiterer Folge möchte er über die weitere Vorgangsweise mit FMA und OeNB beraten.“

Wie ist denn das dann weitergegangen? Welche Art von Beratungen sind denn dann geführt worden?

Mag. Helmut Ettl: Also, ich habe einmal diesen Aktenvermerk hier angelegt, habe auch gleichzeitig an meinen Kollegen in der FMA Dr. Schütz avisiert, dass hier ein Anruf von Dr. Kandler kommen wird. Wir sind also dann so vorgegangen, und ich habe mit Schütz auch so gesprochen, dass wir uns das weiter anschauen werden. Wir haben das in der Folge an die Prüfer weitergegeben, die hier die Hypo Alpe-Adria geprüft haben …

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Wissen Sie noch, wer das war?

Mag. Helmut Ettl: Der Prüfungsleiter war der Dr. Pipelka, und, ich glaube, dann war in dieser Prüfung auch noch der Mag. Hopfer führend tätig. Das war diese international akkordierte Prüfung, bei der hier auch mit den ausländischen Aufsichtsbehörden engstens zusammengearbeitet wurde. Wir haben dann auch in einem Aktenvermerk, glaube ich, festgehalten, dass diese Prüfung einen Monat später oder so wieder aufgenommen werden und dass das im Bereich der Prüfung auch noch genauer angeschaut werden soll.

Zwischenzeitlich hat es verschiedene Kontaktaufnahmen mit Deloitte gegeben. Zum einen war ja dieser Puris-Fall bereits ein Fall, den die OeNB-Prüfer bei der Einzelkreditprüfung in der Stichprobe gehabt und hier gemeint haben, dass hier nicht genug wertberichtigt worden wäre. Das war einmal ein Gegenstand der Gespräche mit Deloitte. Deloitte hat dann gemeint, sie schließen sich hier der Meinung der OeNB an und werden das machen. Dann hat es noch ein Gespräch mit Deloitte gegeben, bei dem Deloitte festgestellt hat, dass aus ihrer Sicht die Vorwürfe nicht aufrecht zu halten sind, da sie sich das noch einmal genauer angeschaut haben. Die Prüfer haben auch vor Ort keine weiteren Hinweise bekommen, dass da irgendetwas dahinter ist, und daher haben wir, da also zuvor[vi] auch Deloitte gemeint hat, der Vorwurf ist nicht aufrecht zu halten, die Sache als eine jener Sachen gesehen, die immer wieder an die Aufsicht herangetragen werden.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Das heißt, eine weitere Verfolgung – auch zu einem späteren Zeitpunkt – hat es Ihrem Wissen nach nicht gegeben?

Mag. Helmut Ettl: Das wurde dann nicht mehr weiter verfolgt, weil de facto kein belastendes Indiz herausgekommen ist. Was war da? – Es wurde mir mündlich von Dr. Kandler mitgeteilt, dass sie da auf etwas gestoßen sind, bei dem möglicherweise Kick-backs laufen könnten. Das ist ja auch im Aktenvermerk – relativ – als „nicht abgeschlossen“ vermerkt.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Naja, so relativ hätte ich das nicht gelesen, weil hier im zweiten Absatz, letzte Zeile geschrieben wird:

„die nachweislich im Einflussbereich (…) stehe.“

Also ich vermute, es wird irgendeinen Nachweis gegeben haben.

Mag. Helmut Ettl: Es hat einen … Ja, im Wesentlichen hat sich dann herausgestellt, dass, glaube ich, hier eine Firma, eine Beratungsfirma Puris beraten hat, und an dieser Firma war die Frau Kulterer beteiligt.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Aber man hat dann bei Puris …

Mag. Helmut Ettl: Bei Puris direkt war Kulterer nicht beteiligt. Das hat sich auch relativ rasch herausgestellt. Das Engagement war ja im Kreditverhältnis zwischen der Hypo Alpe-Adria und Puris.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Es gibt an anderer Stelle, die ich im Moment jetzt nicht sagen kann, wo, aber es gibt auch die Aussage von Frau Kulterer, dass sie eigentlich deshalb hier aktiv gewesen wäre, weil man so quasi jemanden gebraucht hat, der eben kein Organ der Bank war.

Mag. Helmut Ettl: Das sind natürlich Erkenntnisse, die ich … Medienberichten zufolge ja erst im Zuge von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und vielleicht auch vorausgehenden Rosenkriegen in Trennungszeremonien aufgekommen sind. Ich glaube, schlussendlich wurden die weitergehenden Unterlagen in einem, glaube ich, Maurerkübel bei einer Hausdurchsuchung des Bruders des Herrn Striedinger gefunden, soweit ich da informiert bin über diese Sache, und das war, glaube ich, im Jahr 2011/12/13, ich weiß es nicht mehr ganz genau. Aber auf jeden Fall, diese Zugänge hatten wir natürlich damals nicht.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ich hätte noch gerne etwas Grundsätzliches angesprochen, weil Sie vorhin von Systemprüfungen gesprochen haben. Kann man sagen, dass das Herzstück einer Bank die Risikotragfähigkeitsprüfung ist, die eine Bank durchführt?

Mag. Helmut Ettl: Das ist mittlerweile – und ich sage jetzt immer auch: mittlerweile – das Herzstück. Wann ist der Begriff der Risikotragfähigkeitsprüfung, der eigenen, aufgekommen? – Das ist ja eigentlich erst entwickelt worden und ins österreichische Gesetz erst 2006 implementiert worden. Vorher hat es solche Geschichten rein gesetzlich und aufsichtlich nicht gegeben. Es hat ein paar fortgeschrittene Banken gegeben, die so etwas schon vorher gemacht haben, wenige. Aber insgesamt: Eine Tragfähigkeitsrechnung im heutigen Sinne ist erst eingeführt worden.

Und das ist natürlich auch die Schwierigkeit, vor der wir ja stehen, wenn wir hier einen so langen Zeitraum beobachten, nämlich von den neunziger Jahren angefangen bis jetzt. Da hat es ja Revolutionen gegeben im Bereich der Aufsicht und auch im Bereich von Mindeststandards von Risikomanagements. Wie gesagt, ich habe vorher vorgelesen, was vor 2006 das aufsichtliche Erfordernis war und alles andere war freie Interpretation von Behörden unter dem Risiko, dass man das irgendwo – wenn man das durchsetzt – bei einem Gericht auch durchbekommt.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Und wird heute im Prüfungsgeschehen so quasi dann genau dorthin auch geprüft, oder prüft man auch heute wieder nur sehr punktuell?

Mag. Helmut Ettl: Auch heute schaut man sich bei einer Prüfung das System an, wobei hier die Systeme weit ausgefeilter sind und auch die Normen, die hier Systeme mindestens erfüllen müssen, weit klarer auch schon in der Regulierung definiert sind. Also bis zu dem, dass Kreditrisikosysteme und Ratingsysteme, die eingesetzt werden, zum Beispiel von der Aufsicht ex ante vorher genehmigt werden müssen, indem man die genau durchschaut und schaut, wie die zum Einsatz kommen, dass die auch wirklich funktionieren. Und das sind die Voraussetzungen auch für die Gesamtrisikorechnung, die auch von der Aufsicht angeschaut wird.

Insgesamt: Die Gesamtrisikorechnung, die die Bank aufstellt, ist dann die Grundlage für die Überlegungen der Aufsicht: Ist die Bank ausreichend kapitalisiert oder sieht man hier irgendwelche Risiken, die nicht ausreichend adressiert sind? – Und dann gibt es jetzt in einem ganz normalen Prozess einen Kapitalaufschlag.

Das ist im Bereich der Hypo eine lange Diskussion gewesen. Das war diese JRAD-Entscheidung, die damals öffentlich geführt wurde, wo die FMA im Jahr 2012/2013 einen Kapitalaufschlag von 1,4, 1,5 Milliarden € verlangt hat, weil die Risikosysteme und die Risiken nicht entsprechend adressiert waren.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sehr geehrter Herr Mag. Ettl, Sie waren der Prüfungsleiter im Jahr 2004. Welche Wahrnehmung haben Sie zu diesem Zeitpunkt von der Hypo gehabt?

Mag. Helmut Ettl: Die Zeit 2004 in der Hypo – da war die Hypo für uns so etwas wie eine normale, expansive Bank, daher eine gelbe Bank.

Wir haben in der Prüfung verschiedenste Schwächen gefunden. Das waren zum Beispiel: dass es Schwächen bei der Messung der Beteiligungsrisiken gegeben hat, dass es Transfers von Problemobligos gegeben hat von den Töchtern an die Mutter, wobei das ja auch regulatorische Hintergründe gehabt hat, warum das gemacht wurde – weil hier Kroatien noch nicht auf einen wirklichen Basel-Standard umgestellt hat. Das sind so technische Details gewesen. Dann war die Konzernrevision unterbesetzt, das Gesamtrisiko-Bankmanagement nur in Ansätzen vorhanden, das Limitwesen verbesserungsbedürftig, und dann haben wir auch noch festgestellt, dass andere nationale Aufsichten im Konzern Probleme festgestellt haben. Das waren die Findings damals.

Wenn Sie mich fragen: Wie sind diese Findings insgesamt einzustufen?, sage ich, ja, hier hat es viel Arbeit gegeben. Es war aber jetzt nicht die große Überraschung, dass wir diese Findings hier finden, weil diese Findings haben wir auch bei vergleichbaren Banken zu dieser Zeit immer wieder gefunden.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Magister, ein Teil der Prüfung war auch die Consultants-Gruppe. Welche Unterlagen sind Ihnen da für die Prüfung zur Verfügung gestanden?

Mag. Helmut Ettl: Ich gehe einmal davon aus, alle die wir angefordert haben. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Aber auf was wollen Sie ganz genau hinaus?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Heißt das: Auch die Aufsichtsratsprotokolle sind in dieser Form zur Verfügung gestanden?

Mag. Helmut Ettl: Von den Consultants-Gruppen? – Die Consultants waren zum Teil konsolidiert und zum Teil waren sie nicht konsolidiert. Wenn sie konsolidiert waren – na ja, wenn sie im Ausland waren, dann hat es damals größere Probleme gegeben, sie zu beschaffen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Es sind da in etwa 92 verschiedene Beteiligungen und 21 Immobilienprojekte reingepackt gewesen. Hat man in dieser Form eine Strategie dieser Consultants-Gruppe erkennen können?

Mag. Helmut Ettl: Na ja, die Consultants-Gruppe wurde uns, glaube ich, damals erklärt, dass hier eine bessere Steuerung von verschiedenen Engagements möglich ist, wenn man das in die Consultants-Gruppe hineingibt.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Das war sozusagen die Strategie, die hier festgehalten wurde.

Sind Ihnen in diesem Kontext auch bei den Aufsichtsratsprotokollen die Projekte Skiper, Aluflexpack oder General Partners untergekommen?

Mag. Helmut Ettl: General Partners sagt mir jetzt sehr viel, weil ich glaube, da hat es auch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegeben zu General Partners. Allerdings: Das war wirklich, glaube ich, zu Beginn meiner Zeit in der Aufsicht. Da hat es sehr viele illustre Geschichten rund um diese General Partners gegeben, und, wie gesagt, da war auch die Staatsanwaltschaft tätig.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber Skiper, Aluflexpack ist kein Thema?

Mag. Helmut Ettl: Skiper und Aluflex – Aluflex, das war eine Firma, die, glaube ich, schon damals auf der Sanierungsliste gestanden ist, wo der Eigentumsanteil der Hypo Alpe-Adria immer größer geworden ist aufgrund der Krise, die in dieser Firma stattgefunden hat. Das ist ein langfristiges Problemengagement der Hypo gewesen, erst nach der Verstaatlichung, glaube ich, wurde die Aluflex verkauft.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Mag. Schantl hat hier im Ausschuss zu Protokoll gegeben, ich zitiere:  „ … da ist mir schon ein bisschen schlecht geworden, welche Projekte oder welche Kredite hier vergeben werden, … .“

Die Frage: Ist Ihnen bei dieser Prüfung auch schlecht geworden, wenn Sie auf gewisse Sachen gestoßen sind?

Mag. Helmut Ettl: Ich glaube, da verwechseln Sie jetzt etwas, weil der Herr Schantl war mit mir nie in einer Prüfung.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich zitiere jetzt sozusagen seinen Fall im Vergleich zu Ihnen.

Mag. Helmut Ettl: Der Herr Schantl war, glaube ich, in der Prüfung (Abg. Lichtenecker: 2006!) 2006/2007, da war ich nicht. (Abg. Lichtenecker: Ja, ja, das ist völlig klar!) Da war ich auf ganz anderen Baustellen der Republik gerade tätig.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ja, aber hat es Baustellen gegeben, wo Ihnen schlecht geworden ist, wenn es um die Hypo gegangen ist?

Mag. Helmut Ettl: 2006 hat es natürlich einige Baustellen gegeben, wo uns schlecht geworden ist: Das waren die ganzen Vorfälle um den Swapverlust. Das war die Geschichte von 2006, wo uns klar geworden ist: In dieser Bank kann man auch systematisch angelogen werden, hier werden Bilanzen gefälscht und hier werden auch die Organe, wenn sie nicht die richtigen Leute sind, nicht entsprechend informiert, da werden vorher vielleicht sogar Leute gewechselt. Also das war natürlich ab 2006 unser Bild, das wir von der Bank gehabt haben. Und in der Folge wurden ja auch Organe von der Finanzmarktaufsicht entfernt, sprich Kulterer und Striedinger mussten damals gehen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Mag. Ettl, wenn Sie den Begriff „faule Kredite“ vorfinden, welchen Handlungsbedarf sehen Sie da?

Mag. Helmut Ettl: Jede Bank hat faule Kredite. Faule Kredite – das sind übersetzt die Non Performing Loans, die NPL, da gibt es … Ja, jede Bank hat so etwas. Das sind Kredite, wo also die Kreditnehmer im Moment nicht zahlen können, und daher müssen sie in eine Sanierungsabteilung übergeben werden und dort betrieben werden. Und da muss geschaut werden: Ist da was zu holen, ist da nichts zu holen? Es muss eine Strategie aufgestellt werden, wie man den Schaden für die Bank minimiert. Das ist bei faulen Krediten.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich darf Ihnen zwei Dokumente übermitteln mit der Nummer 12803, das zweite mit der Nummer 12827. Es handelt sich hierbei um eine Notiz seitens der FMA von einer vorbereitenden Besprechung zur Prüfung im Herbst 2006. Die Teilnehmer waren Ettl, Hopfer, Pipelka seitens der OeNB, seitens der FMA Saukel, Schantl, Orisich und Siegl. Und das Besondere an den beiden Dokumenten ist, dass sie de facto dieselbe Besprechung abbilden, von derselben Stelle übermittelt worden sind, von der OeNB, sich aber durchaus in zwei Sätzen unterscheiden, die ich zur leichteren Arbeit, Herr Mag. Ettl, für Sie auch angestrichen habe. (Der Auskunftsperson werden zwei Schriftstücke vorgelegt.)

Und zwar geht es darum: unter einem Punkt um die Prüfung und um die Beteiligungen an Skiper und Adriatic in Kroatien. Bei dem einen Dokument heißt es, der „Verdacht, faule Kredite in Beteiligungen zu verstecken durch Konsolidierung, Generierung von EM”, bei dem anderen Dokument heißt es, „Verdacht lt. Pressemitteilungen, allenfalls Not leidende Engagements mit diesen Beteiligungen zu verbinden (durch Konsolidierung könnten diese zudem zur Generierung von EM führen)”.

Ansonsten sind diese beiden Dokumente deckungsgleich. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie denn das möglich ist, dass ein Protokoll im selben Punkt durchaus verschieden lautend ist. Das eine spricht ganz klar Klartext und spricht von „Verdacht, faule Kredite in Beteiligungen zu verstecken“, bei dem anderen wird das sozusagen vernebelt und verhangen. Und jetzt ist natürlich die Frage, ob Sie eine Erklärung haben, wie solche Unterschiede bei solchen Protokollen zustande kommen können.

Mag. Helmut Ettl: Ich kann mir nur vorstellen, dass hier eine Abstimmung des Protokolls war, dieses Besprechungsprotokolls, und im Zuge der Protokollierung oder der Protokollerstellung hier Veränderungen vorgenommen wurden und die Vorversion irgendwo in dem Akt hängengeblieben ist. Anders kann ich mir das nicht vorstellen. Ich gehe davon aus, dass das Endprotokoll wahrscheinlich jenes sein wird, das an die OeNB übermittelt wurde. Und ich gehe davon aus, das ist jenes, wo der Herr Pipelka das Ganze an den Herrn Mang geschickt hat.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Wenn Sie die Begrifflichkeit „Verdacht, faule Kredite in Beteiligungen zu verstecken“, würde das …

Mag. Helmut Ettl: Das ist, glaube ich, die Endformulierung gewesen. (Abg. Lichtenecker: Bitte?!) Ich schätze, dass das die Endformulierung gewesen ist.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sie gehen davon aus, dass das die Endformulierung war?

Mag. Helmut Ettl: Ja, wenn ich mir das jetzt so anschaue. Ich kenne das nicht, dass es da zwei Protokolle gibt. (Abg. Lichtenecker: Bitte?!) Ich sehe das das erste Mal, dass es hier zwei Protokolle gibt. Aber ich gehe davon aus, dass das, was zirkuliert wurde, die Endfassung ist.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Okay. Aber wenn Sie hören, „Verdacht, faule Kredite in Beteiligungen zu verstecken“, würde das nicht ein Verstoß gegen § 39 BWG sein?

Mag. Helmut Ettl: Ja, natürlich. Aber die gesamte Prüfung, die hier ja vorbesprochen wurde, hat ja auf Verdachtsmomenten gefußt, dass hier im Konzern Risiken an der Aufsicht vorbei versteckt werden. Das ist ja eine Prüfung gewesen, die von zwei Überlegungen gespeist war.

Nummer eins: Wir haben gewusst von den Swapverlusten, dass das Management durchaus bereit ist, Risiken nicht offenzulegen und zu verstecken und sogar die Bilanz zu fälschen. Das haben wir gewusst. Daher haben wir gesagt: Okay, schauen wir uns … Wir haben dann … Das Marktrisiko und der Handelsbereich wurde von der OeNB sehr schnell, sehr gründlich geprüft, die gesamte Swapgeschichte wurde aufgearbeitet.

Der zweite Verdacht, der dann im Raum stehengeblieben ist, und wo wir gesagt haben, da müssen wir weitermachen, ist: Ist das Ganze auch im Bereich der Beteiligungen und im Bereich der Kredite der Fall, dass hier systematisch Risiken im Konzern verschoben werden und in Destinationen hineingeschoben werden, wo man vielleicht dann gar nicht so richtig hineinschaut?

Und das war dann der Auslöser auch für die international akkordierte Prüfung, weil da haben wir gewusst: Um das ganz genau feststellen zu können, brauchen wir alle Aufsichtsinstitutionen in allen Ländern, wo die Hypo tätig ist, weil nur dann ist es möglich, wirklich diese Flüsse ganz genau nachzuvollziehen. Und da wurden systematisch die Geldflüsse von einem Land in das andere angeschaut, wurde geschaut: Hat es da Transfers gegeben, Verschiebungen gegeben? Und natürlich auch: Hat es hier Eigenkapitalbildungen gegeben, die eigentlich kein Eigenkapital dann dargestellt haben, weil sie eigentlich aus der eigenen Gruppe finanziert wurden und daher keine Risikotragfähigkeit gehabt haben. Das war die Überlegung bei dieser Prüfung. Daher: Das wundert mich jetzt nicht, dass das da oben steht, weil das ist eine Zielformulierung der Prüfung gewesen.

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, alle weiteren Fragen gehen auf die Redezeit der nächsten Runde.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Die Verwunderung ist ja nicht, dass das so oben steht, sondern dass es zwei Versionen gibt, die eine, die durchaus mit einem geschönten Text sozusagen unterwegs ist in dieser Form. Und das ist einfach von Interesse auch, warum es da unterschiedliche Versionen gibt. – Passt. Das nächste für die zweite Runde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich muss noch einmal auf den Aktenvermerk zurückkommen. Wir haben das schon x-fach besprochen, aber Sie sind ja der Urheber dieses Aktenvermerks. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Und zwar geht es da um diesen Dr. Kandler von Deloitte, der diesen Aktenvermerk, den Sie ja vor sich haben – beziehungsweise mit dem Sie telefoniert haben, und Sie haben diesen Aktenvermerk dann gemacht. Sie haben vorher schon darüber gesprochen. Meine Frage ist jetzt: Es sind hier handschriftliche Anmerkungen gemacht: Ist das Ihre Handschrift? Haben Sie das gemacht?

Mag. Helmut Ettl: Nein, das ist nicht meine Handschrift.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wessen Handschrift könnte das sein?

Mag. Helmut Ettl: Ich gehe davon aus … Vom Ausschlussprinzip her: Es ist nicht die Handschrift des Herrn Gouverneurs. Es ist auch nicht die Handschrift des damaligen Hauptabteilungsdirektors Ittner. Es ist nicht meine, es ist keine Pipelka-Schrift. Das heißt, es kann nur Christl sein, der damals Vorstand oder Direktor der Nationalbank war.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie hat er das Dokument bekommen? (Auskunftsperson Ettl: Bitte?) – Wie hat er das Dokument bekommen? Haben Sie ihm das übermittelt oder wie?

Mag. Helmut Ettl: Am Dienstweg, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es sind hier konkrete Angaben drauf, also dass es Gespräche geben wird und so weiter. Haben diese Gespräche stattgefunden?

Mag. Helmut Ettl: Ob es dieses Gespräch FMA – Deloitte gegeben hat, ob Deloitte wirklich die FMA angerufen hat, das weiß ich jetzt nicht. Ich habe die FMA angerufen. Das weiß ich.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie ist es dann weitergegangen nach Ihrem Telefonat mit der FMA?

Mag. Helmut Ettl: Ich war damals in der Ö…

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, Sie haben die FMA angerufen, haben Sie gesagt.

Mag. Helmut Ettl: Ich habe damals Schütz gesagt: Wir schauen uns das näher an, wir schauen, ob da was dran ist! Und dann wurde weiter … Dann wurden also Kontakte mit Deloitte aufgenommen. Und zweitens: Es wurde hier auch diese ganze Sache in die Prüfung, in die Wiederaufnahme der Prüfung 2007 eingespeist, als klarer Auftrag, sich das näher anzuschauen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar(STRONACH): Ich habe Herrn Ittner schon gefragt, wie das falsifiziert wurde. Können Sie mir erklären, wie ausgeschlossen wurde, dass das so passiert ist, wie es hier steht?

Mag. Helmut Ettl: Wie, was hier ausge…?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Schauen Sie, wenn Sie sagen, es war nichts dahinter, dann müssen Sie es ja falsifiziert haben. Das heißt, Sie müssen in irgendeiner Form nachgewiesen haben, dass das alles ein Blödsinn ist, was hier steht, denn das sind ja wirklich brutale Anschuldigungen. Also Frau Kulterer war ja meines Wissens – außer Frau von Herrn Kulterer – in keiner nennenswerten Tätigkeit tätig, und wenn die dann eine Beratungsfirma gründet und mehrere Hunderttausend Euro für eine Beratung im Nirgendwo kassiert, muss einen das ja stutzig machen.

Mag. Helmut Ettl: Also, ganz ehrlich, ich habe die Frau Kulterer nicht gekannt. Aber Deloitte – und das ist nicht irgendwer; Deloitte ist ein Wirtschaftsprüfer, der auch für die Aufsicht arbeitet – hat sich das umfassend angeschaut. Deloitte ist der Bankprüfer, der auch bestellt ist, das heißt, Deloitte arbeitet hier im Auftrag der Finanzmarktaufsicht und der Bankenaufsicht. Und die haben gesagt: Sorry, das Ganze erhärtet sich nicht! Da ist vielleicht die Optik insgesamt nicht die beste, aber es ist nichts dran! Und wenn hier Deloitte sagt, da ist nichts dran, dann bleibt davon nicht viel über, denn es war Deloitte, die gesagt haben: Da ist was, da könnte was sein! Sie haben nicht gesagt: Da ist was!, sondern sie haben gesagt: Wir weisen darauf hin, da könnte was sein! Habt euch ihr da auch schon … Habt Ihr da auch Informationen darüber?

Die haben ja gewusst, dass wir uns Puris angeschaut haben, weil ja wir gesagt haben: Bei Puris muss mehr wertberichtigt werden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Entschuldigen Sie, aber Sie haben Ihren Aktenvermerk gelesen: Das steht hier nicht. Es ist nicht so, dass Dr. Kandler von Deloitte hier sagt, es könnte irgendetwas sein, sondern er sagt, dass da mehrere Hunderttausend Euro überwiesen wurden – das heißt, er muss diesen Beleg in irgendeiner Form gesehen haben, denn sonst würde er ja nicht wissen, dass es mehrere Hunderttausend Euro waren (Auskunftsperson Ettl: Ja!) –, und er schreibt – und das lässt ja sozusagen noch tiefer blicken –, dass es kein Vertrauen mehr zwischen Bank und Wirtschaftsprüfer gebe und Deloitte – nicht er selbst, Deloitte! – überlege, das Prüfmandat zurückzulegen.

Das heißt, da wurde sozusagen vonseiten Dr. Kandler mit seiner Firma, mit Deloitte, gesprochen, und die überlegen, das Mandat zurückzulegen. Also das ist ja schwerwiegend. Es ist ja nicht so, dass da mal irgendjemandem irgendetwas einfällt, sondern das ist ja ein Vorwurf … Das ist ja brutal im wahrsten Sinne des Wortes.

Mag. Helmut Ettl: Ja. Aber wenn hier in der weiteren Folge die gleichen Leute sagen: Es tut uns leid, wir sind da jetzt nicht fündig geworden, wir können nicht erhärten, was wir gesagt haben; das war eine erste Überlegung, ein erster Verdachtsmoment, aber als wir das genauer angeschaut haben, hat sich das anders dargestellt, das ist erklärbar, und dafür gibt es Leistungen, die zwischen der Firma der Frau Kulterer und der Puris-Firma gelaufen sind, da gibt es auch Leistungen hinter diesen Zahlungen!, dann ist das nichts so sehr Ungewöhnliches.

Es ist eine Optikfrage, ob man so etwas macht, dass man hier … Aber ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Ich habe solche Sachen schon oft erlebt. Das ist kein Einzelfall.

Und über die Ethik in der Finanzindustrie, da gibt es auch eine Entwicklung, die noch nicht zu Ende ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben also oft erlebt, dass ein Vorstandsvorsitzender einer Bank seine Frau eine Firma gründen lässt, die dann eine Firma berät, die von der eigenen Bank einen uneinbringlichen Kredit bekommt, und bevor dieser Kredit uneinbringlich ist, dann Hunderttausende Euro auf das Bankkonto seiner Frau laufen – das haben Sie oft erlebt?

Mag. Helmut Ettl: Ja, das habe ich schon öfter erlebt, dass hier …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha, und das war für Sie kein großes Problem?

Mag. Helmut Ettl: Man muss unterscheiden, ob hier Leistungen nachgewiesen werden können – ja oder nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Dann sagen Sie einmal die Leistung! Was war die Leistung?

Mag. Helmut Ettl: Schauen Sie: Das wurde von Deloitte festgestellt. (Abg. Lugar: Ja!) Deloitte hat die ursprünglichen Überlegungen zurückgenommen und gesagt: Das ist nicht verifizierbar! (Abg. Lugar: Das heißt, könnte das …) Und im Wesentlichen … Und in Österreich gilt schon noch immer eines, im Zweifel: die Unschuldsvermutung und nicht die Schuldvermutung.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es gibt auch die Schuldvermutung, aber das ist eine andere Geschichte.

Mag. Helmut Ettl: Ja, das ist vielleicht der Unterschied zwischen einer Aufsichtsbehörde … Wir müssen unsere Sachen, wenn wir etwas weitermachen, beweisen. (Abg. Lugar: Ja, aber …!) Wir können nicht irgendwie unsere Tätigkeit auf Vermutungen aufbauen. Das ist einfach leider unser Rahmen (Abg. Lugar: Herr Mag. Ettl, ja, ich verstehe schon!), und das ist gut so, denn wir müssen rechtsstaatlich handeln.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Mag. Ettl, jetzt erklären Sie mir einmal etwas: Das war eine Bank. Dieser Herr Kulterer hat für eine Bank gearbeitet, die 2004 betrogen hat mit Vorzugsaktien, 2006 betrogen hat mit Vorzugsaktien, 2006 Swapverluste sozusagen vorbeigeschummelt hat, Bilanzen gefälscht hat – und ein Jahr darauf kommt ein ähnlich schwerwiegender Vorwurf, und Sie sagen, das ist alles nicht beweisbar, das haben Sie alles schon erlebt und ist alles nicht so tragisch!

In dem Fall mussten Sie ja stutzig werden, und jetzt erklären Sie mir bitte mal: Deloitte hat Ihnen gesagt: Wir haben es uns noch einmal überlegt, das war doch nicht so! Wie haben sie das schlüssig erklärt? Warum hat ein Dr. Kandler, der für Deloitte gearbeitet hat und sicher ein sehr honoriger Mann ist, eine schwerwiegende Behauptung in den Raum gestellt – er wollte sogar das Mandat zurücklegen – und ist dann plötzlich draufgekommen, er hat sich geirrt?

War das vielleicht so wie bei Galileo Galilei, der nach dem Besichtigen der Folterkeller sich noch einmal überlegt hat, ob die Erde nicht doch stillsteht? Könnte das vielleicht so gewesen sein?

Mag. Helmut Ettl: Müssen Sie den Herrn Kandler hier einladen, sich die Finger des Herrn Kandler anschauen, ob er durch den Folterkeller gegangen ist! – Nein, aber jetzt ernsthaft: Wenn ein seriöser Wirtschaftsprüfer sagt, es hat sich nicht verdichtet, diese Behauptung lässt sich nicht aufrechterhalten, dann muss das auch eine Behörde zur Kenntnis nehmen. (Abg. Lugar: Haben Sie nachgefragt, warum? Warum?) Und ganz ehrlich gesagt: Es ist ja nicht so, dass wir nicht interessiert waren an diesem Fall (Abg. Lugar: Bitte sagen Sie mir, warum!), sonst hätte ich nämlich den Aktenvermerk nicht angelegt, und dann hätten wir auch nicht das Ganze noch einmal vermerkt, dass wir das in eine Prüfung hineingeben.

Wir waren sehr interessiert an dieser Sache, nur hat es sich halt leider nicht verdichten lassen, waren keine … Was hätten wir machen sollen? Eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft (Abg. Lugar: Genau!), die formuliert ist – Entschuldigung, Herr Abgeordneter –, die formuliert ist: Wir haben einen Anruf erhalten, wir haben das niemals schriftlich bekommen; der Gleiche, der uns angerufen hat, hat uns dann gesagt, er hat sich das noch mal angeschaut, und da ist eigentlich nichts dran, und wie wir dann in der Bank auch noch genauer geprüft haben, haben wir auch nichts gefunden, aber wir zeigen das jetzt an! – Ich meine, ganz ehrlich gesagt, das sind nicht die Anzeigen, die eine Oesterreichische Nationalbank oder eine Finanzmarktaufsicht weitergibt. Wenn Anzeigen von uns kommen, dann sind das Anzeigen, mit denen die Staatsanwaltschaft etwas anfangen kann.

Und das Zweite ist: Herr Kulterer und Herr Striedinger wurden einige Monate vorher von uns angezeigt, wegen Bilanzfälschung und so weiter. Also es war nicht unbedingt so, dass kein Interesse da war, aber wenn sich Sachen nicht verdichten lassen, dann müssen wir, auch im Sinne der Verfahrensökonomie …

Wir haben ja ganz andere Sachen auch untersucht. Wir haben nämlich Vorzugsaktien- und Eigenkapitalproblematiken untersucht, wo Eigenkapital geschaffen wurde durch Kredite, die über Liechtenstein verschleiert wurden. Das war eigentlich auch ein Untersuchungsgegenstand. Da waren wir konkreter, da waren wir näher dran als da. Und da muss man irgendwann einmal sagen: Man kann nicht allen Verdachtsmomenten, die mündlich irgendwo einmal geäußert werden, gleichzeitig nachgehen. Wir müssen mit unseren beschränkten Kapazitäten jene Sachen angehen, wo wir glauben, dass wir am Ende des Tages erfolgreich und fündig werden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Ettl, Sie haben sich ein bisschen widersprochen, weil Sie vorher gesagt haben, da sind konkrete Beratungsleistungen dahintergestanden – also hat man Sie anscheinend darüber informiert, wie das Ganze zustande gekommen ist.

Mag. Helmut Ettl: Deloitte hat sich das angeschaut und hat das unseren Prüfern auch mitgeteilt – ja, klar.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was haben die mitgeteilt? Sagen Sie uns das! (Auskunftsperson Ettl: Was?) – Sagen Sie uns, was die Ihnen mitgeteilt haben!

Mag. Helmut Ettl: Dass hier Beratungsleistungen stattgefunden haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): In welcher Art und Weise? War das glaubwürdig für Sie?

Mag. Helmut Ettl: Es war glaubwürdig, dass Deloitte sich das angeschaut hat und dass es (Abg. Lugar: Dass die Frau Kulterer im Wert von Hunderttausenden Euro beraten hat!?) … Geschäfte dahinter gegeben hat.

Ich würde Sie einladen, die entsprechenden Prüfer von Deloitte als Auskunftspersonen zu laden. Ich glaube, die haben auch die entsprechenden Dokumentationen dazu.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Mag. Ettl, es geht jetzt nicht um Deloitte, jetzt geht es in erster Linie um Sie und darum, ob das, was Ihnen Deloitte anscheinend aufgetischt hat, für Sie glaubhaft sein musste. Darum geht es! (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Mag. Helmut Ettl: Was hier ein Wirtschaftsprüfer, der auch Bankprüfer – und im Wesentlichen in unserem Auftrag – ist … Oft werden Prüfer von Deloitte, von PwC und sonst was von uns beauftragt, bestimmte Erhebungen durchzuführen. Ich meine, wenn die uns sagen, das ist so, dann sagt uns das jemand, der einem ganz spezifischen Berufskodex unterliegt, einem Ethikcode unterliegt, und der auch uns gegenüber eine klare Verpflichtung hat.

Wissen Sie, was passiert, wenn uns ein Wirtschaftsprüfer falsch informiert? – Dann ist er auf jeden Fall für die Finanzindustrie als Wirtschaftsprüfer gesperrt!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wir halten also fest, dass Frau Kulterer an diese Firma Puris Beratungsleistungen im Gegenwert von mehreren Hunderttausend Euro abgerechnet hat und dass das laut Ihren Angaben und Ihren Informationen …

Mag. Helmut Ettl: Sorry, das habe ich nicht gesagt, dass sie über mehrere Hunderttausend Euro etwas abgerechnet hat. (Abg. Lugar: Das steht ja hier!) Hier gibt es eine Vermutung, und hier wurde weiter vorgegangen von Herrn Kandler. Der hat telefonisch eine Vermutung mitge… Die haben sie sich genauer angeschaut. Um wie viel es da gegangen ist, weiß ich jetzt nicht. (Abg. Lugar: Das hat man Ihnen nicht gesagt, wo dann die Prüfung …?) Das haben die damals sicherlich den Prüfern gesagt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Ihnen hat man es nicht gesagt? (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Da ist ja der Verdacht, und Sie sagen, der hat sich nicht erhärtet …

Mag. Helmut Ettl: Herr Abgeordneter! Die Dame war beteiligt an dieser Firma; ob die jetzt … Das weiß ich jetzt nicht. Ich meine, wenn Sie an einer Firma beteiligt sind, machen Sie den ganzen Job? (Abg. Lugar: Bitte?) – Machen Sie den Job? Heißt das also, dass Sie dann automatisch operativ tätig sind? (Abg. Lugar: Ich kenne die Beteiligungsverhältnisse nicht, aber Sie haben sich ja umfassend informieren lassen!) Es gibt auch andere Teilhaber, die … Sie war nicht die Einzige.

Vorsitzende Doris Bures: Weitere Fragen, Herr Abgeordneter, gehen auf die Redezeit der nächsten Runde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Vielen Dank, aber ich muss da weitermachen. – Wer war denn da noch dabei? Das ist ja hochinteressant! Wer war denn an dieser Beratungsfirma noch beteiligt?

Mag. Helmut Ettl: Sie war an dieser Firma mit zwei Dritteln beteiligt, ein Drittel hat wer anderer gehalten. (Abg. Lugar: Wer?) Ich weiß nicht, wer das war.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): War das nicht Teil der Prüfung, als man das überprüft hat? (Auskunftsperson Ettl: Ich weiß es jetzt nicht …!) Wäre interessant – vielleicht war es Herr Kulterer?

Mag. Helmut Ettl: Bitte fragen Sie die, die das damals geprüft haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Ettl, ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber mir geht es nur darum, was Sie gewusst haben – nicht darum, was die anderen wissen.

Mag. Helmut Ettl: Ich habe die Information von verlässlichen Leuten erhalten, die mir gesagt haben: Sorry, da ist nichts dran! Und wenn da etwas dran gewesen wäre, und wenn da nur irgendetwas hängengeblieben wäre, was wert gewesen wäre, dass man es weiterverfolgt, dann hätte ich den Auftrag gegeben, dort weiterzumachen. Aber ich schicke nicht unsere Mitarbeiter dreimal um die Welt, um nichts zu finden, sondern wir gehen den Sachen nach, wo man konkret etwas aufdecken kann.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Weil es so gut dazu passt, muss ich noch ein bisschen Zeit in Anspruch nehmen. Es hat betreffend Herrn Pröll im Casino Baden einen Eklat gegeben, wo er den Herrn Pribil und Sie stark beschimpft hat und wo er gesagt hat, dass der Herr Pribil ohne ÖVP nichts wäre und den Job, den er bei der Nationalbank hat, auch nur durch die ÖVP und anscheinend durch Erwin Pröll hat und dass auch Sie – er hat auch Sie dort vor Zeugen erwähnt – nie wieder einen Job in diesem Land kriegen werden, wenn Sie so weitermachen und sich nicht an das halten, was er will. (Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Könnte das auch in diese Kategorie fallen, dass die FMA und die OeNB doch nicht so unabhängig sind, wie viele glauben?

Mag. Helmut Ettl: Das fällt in die Kategorie, dass sich Vorstände der Finanzmarktaufsicht und auch Vorstände der Oesterreichischen Nationalbank nicht durch solche Zurufe beeinflussen lassen – das ist das Erste. Das Zweite ist: Es gibt keinen besonderen Aufschrei, wenn in Österreich ganz öffentlich solche Äußerungen getätigt werden. (Abg. Lugar: Wie erklären Sie sich das, dass der Herr Erwin Pröll so etwas macht?) Das entspricht ungefähr dem, dass man als Aufsicht in Österreich eigentlich, sage ich einmal, sehr, sehr auf die eigenen Füße gestellt ist, sehr selbständig handeln muss und die Unterstützung von außen, sage ich einmal, nicht besonders ausgeprägt ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie weisen natürlich die Vorwürfe zurück, dass Sie diesen Job von Gnaden Erwin Prölls haben?

Mag. Helmut Ettl: Ganz ehrlich gesagt: Dass ich diesen Job von Gnaden Erwin Prölls habe, das hat auch, glaube ich, Erwin Pröll gar nicht behauptet.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Doch; das kommt zumindest so heraus aus diesen Ausführungen.

Mag. Helmut Ettl: Er hat nur gesagt, er wird dafür sorgen, dass ich in Österreich keinen Job mehr bekomme. (Abg. Lugar: Aha, also nur!) Ich bin im Moment nicht auf der Suche nach einem neuen Job und von daher … (Abg. Lugar: Also Ihre Zukunft ist gesichert …?)

Aber, wie gesagt, wir bekommen tagtäglich irgendwelche Zurufe von Prominenten, weniger Prominenten, Kritik, und so weiter. Das hält uns als Finanzmarktaufsicht, als Aufsicht, nicht ab, unseren Job zu machen und unabhängig davon, ob wir jemandem auf die Zehen treten, ob der links, rechts, groß, klein, reich oder arm ist, in Österreich die Regeln am Finanzmarkt durchzusetzen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Ettl, kehren wir wieder zurück zu Ihrem Aktenvermerk: Können Sie uns sagen, wieso Sie überhaupt einen Aktenvermerk erstellt haben?

Mag. Helmut Ettl: Weil Herr Kandler mich damals angerufen hat, durchaus Vorwürfe telefonisch weitergegeben hat, wo ich mir gedacht habe, das ist wert, dass ich auch schriftlich festhalte, dass das passiert ist. Das ist der Grund, warum ich einen Aktenvermerk … – und gleichzeitig, damit ich bei mir hausintern die zuständigen Vorgesetzten effizient informieren kann und nicht alle persönlich telefonisch anrufen muss.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dokumentieren Sie jedes Telefonat?

Mag. Helmut Ettl: Keine Sorge, nein, ich dokumentiere nicht jedes Telefonat. (Abg. Hable: Warum genau das von Herrn Kandler?) Ich dokumentiere, wenn ich einmal den unmittelbaren Eindruck habe: Uh, das ist aber …, da ist was dran … Nicht, da ist was dran, aber das ist heftig, was hier … und da könnte etwas entstehen!

Ich habe das dann aber auch so formuliert, dass ja der Herr Kandler sagt, er wird weiterforschen und so weiter. Das steht auch in diesem Aktenvermerk drinnen. (Abg. Hable: Dazu kommen wir noch, das ist nicht meine Frage! – Abg. Krainer: Ausreden lassen!) Es ist ja nicht so, dass da drinnen steht, dass das alles bewiesen ist, sondern hier steht drinnen: Herr Kandler hat eine Vermutung geäußert.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dazu kommen wir noch, Herr Mag. Ettl, wir haben eine beschränkte Fragezeit, bitte so kurz wie möglich antworten! (Abg. Krainer: Die Antwortzeit ist nicht ausschlaggebend!) – Herr Kollege Krainer, Sie sind auch nicht am Wort!

Ich halte fest: Sie haben diesen Anruf – mit Ihren Worten – als heftig und brisant empfunden und deswegen haben Sie einen Aktenvermerk gemacht. Wie viele Anrufe solcher Art haben Sie denn in Ihrer Laufbahn bekommen?

Mag. Helmut Ettl: Es ist nicht der einzige. Ich habe nicht mitgezählt, aber wir bekommen auf verschiedensten Wegen immer wieder Hinweise, dass irgendwo etwas nicht stimmt. Wir haben das mittlerweile auch systematisiert, also wenn Sie irgendwelche Beobachtungen haben, können Sie sich anonym oder offiziell über unsere Whistleblower-Homepage an die FMA wenden und alle Missstände, die Sie meinen, gefunden zu haben, bei uns eingeben.

Wir machen dann Folgendes: Wir schauen uns an: Können wir mit dem etwas anfangen? Ist hier etwas dran, dass wir da etwas weitermachen, ja oder nein?

Wir haben also im Moment ungefähr, glaube ich, an die hundert solcher Hinweise im Jahr, ungefähr 30, 40 Prozent scheiden wir dann aus. So richtig …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie viele Hinweise davon betreffen Kick-back-Zahlungen an das Topmanagement?

Mag. Helmut Ettl: Haben wir auch schon bekommen. (Abg. Hable: Und wie …?) Ich kann Ihnen sagen, die wenigsten dieser Hinweise lassen sich dann auch erhärten.

Daher gibt es bei uns auch eine gewisse Distanz und Gelassenheit, wenn man einmal so eine Erstinformation bekommt. Das ist ungefähr so ähnlich, glaube ich, wie bei allen Strafverfolgungsbehörden in Österreich, dass sie ähnlich sagen: Okay, ich nehme das einmal zur Kenntnis und dann schaue ich mir an, was die Facts sind.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie viele Anrufe haben Sie denn von Wirtschaftsprüfern, die Kick-back-Zahlungen ans Topmanagement in den Raum stellen, bekommen?

Mag. Helmut Ettl: Schauen Sie, ich bin jetzt 15 Jahre in der Aufsicht tätig, ich weiß es nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber es ist ein brisanter Fall. Sie würden sich daran erinnern, oder?

Mag. Helmut Ettl: Es hat sich zu dem Zeitpunkt, nämlich am 26.2.2007, für mich als brisanter Fall dargestellt. Daher habe ich ihn auch festgehalten, und daher haben wir uns auch entschlossen, dass wir das nicht in die Rundablage geben, sondern dass wir dem weiter nachgehen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie haben gesagt, Sie haben dann mit der FMA telefoniert. (Auskunftsperson Ettl: Ja!) Mit wem konkret?

Mag. Helmut Ettl: Mit dem Dr. Schütz.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dr. Schütz. – Haben Sie dazu einen Aktenvermerk angelegt?

Mag. Helmut Ettl: Nein, also wenn ich die FMA informiere, lege ich keinen Aktenvermerk mehr an. Ich habe hier zu der Grundgeschichte einen Aktenvermerk angelegt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Was war der Gegenstand dieses Gespräches?

Mag. Helmut Ettl: Dass ich den Dr. Schütz, wie immer in solchen Fällen, wenn ich irgendwelche Informationen habe – das war damals mein Gegenüber in der FMA –, am Laufenden gehalten habe: Da ist etwas erfolgt! Der wird dich wahrscheinlich in den nächsten Tagen auch anrufen, hat er mir gesagt! Das war einfach ein Vor-Aviso.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Naja, Aviso ist ein bisschen zweideutig. Wie viel haben Sie ihm von den Vorwürfen gesagt? – Den gesamten Inhalt?

Mag. Helmut Ettl: Wie gesagt, ich habe das nicht aufgeschrieben. Ich bin nämlich nicht einer, der jedes Telefonat aufzeichnet.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber Sie haben die FMA informiert. Sie haben gesagt, Sie haben verschiedene Gespräche mit Deloitte geführt.

Mag. Helmut Ettl: Ich habe kein sonstiges Gespräch mit Deloitte geführt, das habe ich auch nicht gesagt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Doch, Sie haben gesagt: Es hat verschiedene Gespräche mit Deloitte gegeben.

Mag. Helmut Ettl: Es hat verschiedene Gespräche mit Deloitte gegeben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich bin davon ausgegangen, dass Sie das waren.

Mag. Helmut Ettl: Das möchte ich korrekt wiedergeben: Nicht ich habe die geführt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wenn nicht Sie, wer war es dann?

Mag. Helmut Ettl: Dr. Pipelka und Mag. Hopfer. Das war der Prüfungsleiter, und der andere war der Senior Examiner in diesem Prüfungsteam.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und was ist Ihnen da rückgemeldet worden?

Mag. Helmut Ettl: Es wurde mir rückgemeldet, dass sich hier keine Indizien finden lassen, die eine weitere Verfolgung sinnvoll erscheinen lassen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist Ihnen glaubhaft, glaubwürdig erschienen?

Mag. Helmut Ettl: Das ist mir glaubwürdig mitgeteilt worden. Wenn es mir nicht glaubwürdig mitgeteilt worden wäre, hätte ich den Auftrag gegeben, hier weiter zu ermitteln.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann schauen wir uns die Glaubwürdigkeit an. Beziehungsweise welche der beiden Aussagen der Wirtschaftsprüfer haben Sie denn als glaubwürdig empfunden: die erste über die Kick-back-Zahlungen oder die zweite über: Na, es war doch nicht so!?

Mag. Helmut Ettl: Im Wesentlichen immer die zweite, weil die erste nämlich eine Vermutung war und die zweite erfolgt ist, nachdem Deloitte sich die Sache noch genauer angeschaut hat und das gesamte Deloitte-Prüfteam auch mit der Sache befasst war.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie haben zuerst erläutert – das war sehr interessant –, was mit Wirtschaftsprüfern passiert, die falsche Vorwürfe in den Raum stellen. Was passiert da noch einmal?

Mag. Helmut Ettl: Nicht nur falsche Vorwürfe in den Raum stellen, sondern wenn sie die FMA falsch informieren. Dann kann es sein, dass im Wesentlichen für einige Jahre der Beruf des Wirtschaftsprüfers in Form des Bankprüfers bei Banken nicht mehr ausgeübt werden darf. Das steht so seit, glaube ich, 2007 oder 2008 im BWG.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut, das ist sehr interessant, weil das die Glaubwürdigkeit der ersten Aussage betrifft.

Sie haben gesagt, wenn jemand als Wirtschaftsprüfer bei der OeNB oder FMA anruft und strafrechtlich relevante Vorwürfe in den Raum stellt, und die sind falsch, dann ist der wirtschaftlich weg.

Mag. Helmut Ettl: Das stimmt nicht. Ich weiß nicht, wie Sie auf diese Aussage kommen. Herr Abgeordneter! Ich weise zurück, dass ich das jemals gesagt hätte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist das, was Sie gerade gesagt haben. Dann wiederholen Sie bitte, was Sie gesagt haben.

Mag. Helmut Ettl: Ich habe gesagt, wenn uns ein Wirtschaftsprüfer irgendwelche Sachen vorenthält, falsch informiert und so weiter, bewusst falsch informiert, ja, dann kann es dazu kommen, dass er einige Jahre seinen Beruf im Bereich der Banken nicht mehr ausüben kann.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, das ist genau das, was ich gesagt habe. Der ist auf Jahre hin weg – meine Worte.

Mag. Helmut Ettl: Nein, das ist nicht das, was Sie gesagt haben. Legen Sie mir bitte nicht irgendetwas Falsches in den Mund, weil ich das einfach zurückweisen muss!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Überlassen wir es der Öffentlichkeit, zu entscheiden, ob es dasselbe ist oder nicht.

Das heißt, glauben Sie, dass es sich ein Wirtschaftsprüfer leicht macht, wenn er bei der Oesterreichischen Nationalbank wegen eines Großkunden anruft und sagt: Liebe Leute! Wir haben den Verdacht, dass es Kick-back-Zahlungen eines Topmanagements gibt, und wir haben das Vertrauen in den Kunden verloren!?

Mag. Helmut Ettl: Ich verstehe die Frage nicht. Was ist jetzt Ihre Vermutung?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das war keine Vermutung, sondern eine Frage.

Mag. Helmut Ettl: Nein, das war keine Frage. Was fragen Sie, bitte? Wiederholen Sie bitte die Frage! Ich habe sie nicht verstanden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Hat es sich der Herr Dr. Kandler leicht gemacht unter dem Gesichtspunkt, den Sie gerade erläutert haben, dass er bei der Nationalbank wegen eines Großkunden anruft und Kick-back-Zahlungen in den Raum stellt?

Mag. Helmut Ettl: Entschuldigung! Das ist eine Frage, die von mir nicht zu beantworten ist, ob der Herr Kandler es sich leicht macht oder nicht. Also Entschuldigung – nicht beantwortbar.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut, wollen Sie nicht beantworten. (Auskunftsperson Ettl: Es ist eine Frage, die nicht beantwortbar ist!) Dann ist es Ihnen aber glaubwürdig erschienen, dass derselbe Wirtschaftsprüfer, der, sage ich jetzt einmal, genau aus den Gründen, dass er nämlich sein eigenes Geschäft, sein eigenes Unternehmen gefährdet, wenn er hier etwas Falsches erzählt, dann ein paar Tage später daherkommt und sagt: Naja, war doch nichts!? Das ist Ihnen glaubwürdig erschienen, die zweite Aussage?

Mag. Helmut Ettl: Ja, das ist glaubwürdig. Wenn jemand, der reputierlich ist und auch eine entsprechende Fachkompetenz hat, und wo man als Aufsicht nicht annehmen kann, dass er etwas nicht entsprechend an Prüfungshandlungen durchgeführt hat, das sagt, dann ist das für die Aufsicht auf jeden Fall eine Aussage, die man zur Kenntnis nehmen sollte. Wenn wir jetzt dazu kommen, dass wir jede Aussage eines Wirtschaftsprüfers in Österreich noch einmal nachprüfen, dann stellen wir das System insgesamt in Frage.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist ja nicht irgendeine Aussage.

Aber Sie haben vorhin auch schon gesagt, dass die OeNB in dieser Causa geprüft hätte. Welche Prüfungshandlungen haben Sie denn vorgenommen?

Mag. Helmut Ettl: Die OeNB – … Die Sache wurde an das Prüfteam, an das Prüfteam vor Ort übergeben, um hier nähere Informationen einzuholen und auch Prüfungshandlungen vorzunehmen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Was haben die gemacht?

Mag. Helmut Ettl: Ich war nicht dabei und weiß daher nicht, was die jetzt ganz genau gemacht haben. Ich war dort auch nicht der Prüfungsleiter, sondern ich habe hier einen Bericht zur Kenntnis genommen, dass sich der Sachverhalt nicht erhärten lässt und keine belastbaren Indizien feststellbar sind.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, aber was haben Sie dann damit gemeint, als Sie gesagt haben, dass die OeNB geprüft hat?

Mag. Helmut Ettl: Ich habe Ihnen schon gesagt – und das ist auch schriftlich festgehalten (die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen) –, dass im Zuge der Wiederaufnahme der Prüfung der Hypo Alpe-Adria dieses Engagement mitgeprüft werden soll.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, das ist der Prüfauftrag. Aber welche konkrete Prüfhandlungen sind dann gesetzt worden? Sie waren ja der Abteilungsleiter damals.

Mag. Helmut Ettl: Ich war aber nicht operativ an dieser Prüfung beteiligt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und als Abteilungsleiter wissen Sie nicht darüber Bescheid, was Ihre Prüfer vor Ort prüfen?

Mag. Helmut Ettl: Ich erhalte Berichte und ich weiß, dass unsere Prüfer ihre Tätigkeit ernst nehmen und ihre Handlungen sorgfältig setzen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie haben vorhin die Konstruktion rund um Puris dargestellt, auszugsweise. Könnten Sie das noch einmal wiederholen? Wie waren da die Beteiligungsverhältnisse?

Mag. Helmut Ettl: Nicht von Puris – Puris ist ein ganz normaler Kreditfall. Bei Puris wurden dann Dienstleistungen von einer anderen Firma durchgeführt, wo die Frau Kulterer zu zwei Dritteln beteiligt war und jemand anderer noch zu einem Drittel.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also ich würde nur für das Protokoll festhalten: Puris ist kein normaler Kreditfall, sondern 44 Millionen € in eine de facto bankrotte Hühnerfarm, hatten wir schon, aber ist hier nicht Thema.

Woher wissen Sie das? Das würde mich interessieren.

Mag. Helmut Ettl: Entschuldigen Sie, das ist wieder etwas, wo mir das Wort im Mund umgedreht wird.

Natürlich ist Puris ein Kreditverhältnis. Aber ich wollte nur darauf hinweisen, dass hier an Puris selber nicht so, wie Sie es zuerst angedeutet haben, die Frau Kulterer beteiligt ist, sondern die Frau Kulterer in einer anderen Firma beteiligt war, die eine Geschäftsbeziehung zu dieser Puris unterhalten hat.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Woher wissen Sie das?

Mag. Helmut Ettl: Das ist ja alles aktenkundig, bitte nachzulesen. (Zwischenruf des Abg. Lugar.)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Kollege Lugar, Sie sind nicht zuständig für die Beantwortung der Fragen. Können wir uns darauf einigen, dass die Auskunftsperson zuständig ist für die Beantwortung der Fragen?

Und ich bitte, diesen Teil jetzt von meiner Zeit wieder abzuziehen, denn das ist zur Geschäftsordnung. (Heiterkeit.)

Vorsitzende Doris Bures: Ich würde Sie bitten, jetzt in der Befragung fortzufahren, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich freue mich ja über dieses Engagement von den Kollegen, aber ich halte fest, Auskunft erteilen noch immer die Auskunftspersonen.

So, bitte jetzt wieder auf die Stoppuhr draufdrücken.

Also meinem Verständnis nach wissen Sie da mehr, als in dem Aktenvermerk drinsteht.

Kennen Sie die IEK, die Immobilienentwicklungs Aktiengesellschaft?

Mag. Helmut Ettl: Nein, kenne ich nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nicht?

Frau Präsidentin, wieviel Zeit habe ich noch?

Vorsitzende Doris Bures: Eine halbe Minute in dieser Runde, oder Sie können die Zeit in die nächste Runde mitnehmen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich nehme das in die zweite Runde mit. Danke.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Mag. Ettl, ist jemals gegen Sie ein Abberufungsverfahren nach § 7 Abs. 3 FMABG eingeleitet worden?

Mag. Helmut Ettl: Mir nicht bekannt. Also ich glaube nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist Ihnen bekannt, dass es Ihren Vorgängern schon so ergangen ist?

Mag. Helmut Ettl: Ich habe es in der Zeitung gelesen, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber Sie haben damals keine Wahrnehmung darüber gehabt?

Mag. Helmut Ettl: Ich habe damals keine Wahrnehmung gehabt, nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist während Ihrer Amtszeit in der FMA jemals ein Verfahren nach 16 (4) FMABG, das ist ein konkreter Prüfauftrag des Finanzministers, ergangen?

Mag. Helmut Ettl: Ich glaube, es hat in der Geschichte der FMA nur ein einziges Mal so einen Prüfauftrag gegeben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Während Ihrer Amtszeit?

Mag. Helmut Ettl: Nein, während meiner Amtszeit hat es so etwas nicht gegeben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. Eine Frage, weil wir uns natürlich hier auch immer mit politischer Einflussnahme, politischer Verantwortung und so weiter beschäftigen: Ist Ihnen bekannt, dass, bevor es die FMA gegeben hat, Minister sich mitunter in Prüfungsinhalte und Prüfungsaufträge eingemischt haben?

Mag. Helmut Ettl: Es hat sowas einmal gegeben, und das war genau dieser Prüfungsauftrag, der in der Sache BAWAG, glaube ich, an die FMA im Jahr 2006 ergangen ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also das war der 16 (4), da ist BAWAG und Hypo.

Mag. Helmut Ettl: BAWAG und Hypo.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war, glaube ich, ein Auftrag für beide Banken. Das weiß ich jetzt nicht genau.

Mag. Helmut Ettl: Da war so etwas, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Waren Sie irgendwie involviert in diese sogenannte Fragebogenaffäre, wo der Grasser an FMA und OeNB – ich glaube, Sie waren damals noch in der OeNB – mit politischen Zielen Fragen gestellt hat an die Aufsicht?

Mag. Helmut Ettl: Herr Abgeordneter, ich war nicht involviert in diese Affäre, weil in der OeNB wurde dieser Fragebogen damals nicht entsprechend ausgefüllt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber Sie hatten damals Kenntnis davon?

Mag. Helmut Ettl: Ich hatte Kenntnis von diesem Fragebogen. Und wir haben damals diesen Fragebogen ausgefüllt unter dem Motto: Wer ist Organ der BAWAG? Wer ist Eigentümer der BAWAG, und was ist die Bilanzsumme der BAWAG? Und die anderen Felder haben wir nicht befüllt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. – Jetzt haben wir hier im Ausschuss gelernt, dass jedenfalls vonseiten des damaligen Finanzministers Grasser es immer wieder Einflussnahme auf die Aufsicht gegeben hat. Haben Sie das nachher, also bei seinen Nachfolgern, wo Sie dann, glaube ich, in der FMA waren, Molterer, Pröll, Fekter, Spindelegger, jemals in dieser Form oder auch in einer anderen Form erlebt?

Mag. Helmut Ettl: Einflussnahme in dieser Form, nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und in anderer Form?

Mag. Helmut Ettl: Man hat öfter gelesen, in der Zeitung allerdings meistens, ob ein Finanzminister mit der FMA zufrieden ist oder weniger zufrieden ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist noch keine politische Einflussnahme.

Mag. Helmut Ettl: Das ist aber keine Einflussnahme, sondern Kommentierung. Aber eine direkte Einflussnahme auf die FMA hat es in meiner Zeit nicht gegeben und würde auch konsequent zurückgewiesen.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Mag. Ettl! Wir haben schon gehört, Sie waren Prüfleiter bei der Prüfung 2004 nach der Spaltung in HB Int und HBA. Und bei Ihrer Prüfung finden die Landeshaftungen Erwähnung. In allen Prüfungen danach finden diese Landeshaftungen keine Erwähnung mehr. Sie haben auch einen Hinweis gegeben auf die bis 2007 laufende Übergangsfrist. Wieso haben Sie die Landeshaftungen erwähnt?

Mag. Helmut Ettl: Naja, in dieser Zeit wurde ja die Umstrukturierung der Hypo Alpe-Adria vollzogen, und es hat das sogenannte Landesholding-Gesetz, glaube ich, damals gegeben. Hier hat die Aufsicht auch eine klare Stellungnahme abgegeben, wo auch massive Bedenken gegen die Struktur und die Übernahme dieser Haftungen im offiziellen Begutachtungsverfahren ausgedrückt wurden. Damit war das natürlich auch eine Diskussion, die zu diesem Zeitpunkt gelaufen ist. Bedauerlicherweise haben diese Stellungnahme, diese Äußerung und diese Warnung hier damals keinen Widerhall gefunden.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Sie haben Bedenken gehabt, offensichtlich auch die Auskunftsperson am Vormittag, die heute bei uns war, hat Auskunft gegeben, dass aus der Sicht dieser Auskunftsperson, nämlich Mag. Ittner, Landeshaftungen grundlegend relevant waren, weil sich zwischen 2002 und 2008 eben die Hypo Alpe-Adria auf ein viereinhalbfaches Volumen vergrößert hatte.

Ich möchte wissen: Stimmen Sie dieser Feststellung zu, dass offensichtlich Landeshaftungen das Geschäftsmodell der Hypo Alpe-Adria entscheidend beeinflusst haben, Grundstein der Geschäftsmodelle waren?

Mag. Helmut Ettl: Die Landeshaftungen waren mit Sicherheit ein Grundstein für die Möglichkeit, so schnell zu expandieren.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Also daraus entnehme ich, Sie meinen, das Wachstum der Bank, wie es war, wäre nie möglich gewesen ohne Landeshaftungen.

Mag. Helmut Ettl: Ohne Landeshaftung wäre das nicht darstellbar gewesen, weil der Großteil der Liquidität wurde ja über den Kapitalmarkt hergestellt, und da hat man sich am Kapitalmarkt auf die Landeshaftungen verlassen.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Mich würde noch Ihr genereller Eindruck von dieser Bank interessieren. Hatten Sie persönlich jemals das Gefühl oder den Eindruck, dass die Politik, insbesondere in Kärnten, möglicherweise diese Bank über Gebühr als Finanzierungsquelle erachtet für, ich nenne es, exorbitant kostspielige Projekte, Stichwort Seebühne, Styrian Spirit?

Mag. Helmut Ettl: Dass die Hypo natürlich so eine Funktion erfüllt hat, das war offensichtlich, wobei man auch hier wieder sagen muss, die Hypo in Kärnten ist nicht die einzige Hypo, die für die Landespolitik natürlich eine gewisse Funktion erfüllt. Dass das natürlich in Kärnten weit, weit stärker zelebriert wurde und alles ganz andere Dimensionen bekommen hat, das ist ja in aller Öffentlichkeit klar gewesen.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Ich komme zum Jahr 2006. In diesem Jahr hat der Rechnungshof die FMA und die OeNB geprüft und dabei mehrere Kritikpunkte aufgezeigt. Unter anderem hat er auch den chronischen Personalmangel unter den Prüfern angesprochen. Sie haben in Ihrem Eingangsstatement bereits erwähnt, wie viele Banken zu überprüfen waren und dass das mit dem Pool an vorhandenen Prüfern offensichtlich sehr schwierig war.

Ich habe Ihrer Schilderung zu Beginn auch entnommen, dass Sie persönlich mit der Prüfsituation, mit den Möglichkeiten, die damals gegeben waren, nicht zufrieden waren. – Habe ich das richtig vernommen?

Mag. Helmut Ettl: Es war offensichtlich, dass wir zu wenig Personal in der Aufsicht haben und dass gerade für die österreichische Bankenstruktur und die dynamische Entwicklung, die damals stattgefunden hat, diese Struktur nicht ausreicht.

Also die Prüffrequenz war damals natürlich weit zu niedrig. Die großen Banken sind ja alle sehr dynamisch gewachsen, nicht nur die Hypo Alpe-Adria. Wir haben in Österreich in kurzer Zeit eine Bankenlandschaft entwickelt, die ein x-Faches der Bilanzsumme des österreichischen Bruttoinlandsproduktes gehabt hat, und da war einfach – auch im internationalen Vergleich – die Aufstellung der Aufsicht sehr bescheiden. Aber es hat auch sehr wenig Unterstützung gegeben, dass man hier etwas macht; denn – ich sage einmal – vor dem[vii] Banken-Untersuchungsausschuss wurden die Kosten die Aufsicht betreffend sehr hochgespielt und die Kosten im Fall von Bankenkrisen nicht so sehr gesehen.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Sie haben die Zeit um 2008 als Zeit der Lessons Learned bezeichnet und gemeint, 2014 wurden dann die Aufgaben so quasi wirklich erfüllt, sodass man die richtigen Mechanismen zur Aufsicht zur Verfügung hat; beispielsweise einen möglichen geordneten Marktaustritt.

Mich würde jetzt interessieren: Haben Sie 2014 auch als Jahr oder als Zeitpunkt empfunden, zu dem beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen FMA und OeNB – die Sie ja schon positiv hervorgehoben haben – wirklich gut funktioniert hat, oder sehen Sie da noch Luft nach oben?

Mag. Helmut Ettl: Also die Zusammenarbeit zwischen FMA und OeNB betreffend kann ich sagen: Wir haben da seit 2008 eine Gemeinsamkeit entwickelt. Ich sage, man kann immer noch etwas verbessern, aber wir haben, glaube ich, in allen wichtigen Fragen einen gemeinsamen Standpunkt, eine gemeinsame Strategie und jeder weiß, was er in dem System zu tun hat und welche Aufgabe er hat. Da sind auch kritische Diskussionen möglich; die sind notwendig, weil man nur durch einen Diskurs weiterkommt. Aber wir haben einfach ein gemeinsames Bild. Es ist ungefähr so wie in einer schon länger andauernden Ehe. Man kennt sich gut, man nimmt aufeinander Rücksicht und man kooperiert einfach, und es ist im Wesentlichen eigentlich sehr harmonisch.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Dann komme ich vom Jahr 2014 – der schon länger dauernden Ehe – wieder zurück in die möglicherweise erst Kennenlernphase, nämlich 2004, zu dem Zeitpunkt Ihrer Prüfungsleitung.

Sie haben zahlreiche Mängel aufgezeigt, Sie haben es vorhin auch schon erwähnt: keine Abteilung Beteiligungsmanagement, die Geschäftstätigkeit außerhalb Österreichs war sehr, sehr expansiv, die Konzernrevision war nicht wirklich stark aufgestellt – also wirklich greifbare offensichtliche Mängel.

Mich würde jetzt interessieren: Aus welchem Grund gab es zu den von Ihnen festgestellten Mängeln keine Follow-up-Prüfung? Die hat es ja anlassbezogen nur einmal gegeben, nämlich als 2008 die Mängel aus der Swapprüfung noch einmal angeschaut wurden. Aber warum damals nicht ?

Mag. Helmut Ettl: Es war ja für 2007 eine Follow-up-Prüfung in der Schlussbesprechung vorgesehen, nur haben sich dann die Ereignisse einfach überschlagen, ganz ehrlich gesagt. Mir ist das auch erst jetzt in der Vorbereitung bewusst geworden, dass natürlich dadurch, dass 2006 die Swapverluste eingetreten sind und dann die große, international akkordierte Prüfung durchgeführt wurde, nicht mehr systematisch die 2004er-Prüfung, das Follow-up, stattgefunden hat.

Ich muss auch dazusagen, dass sich wenige Zeit später verschiedenste Fragestellungen einfach ganz anders gestellt haben, weil dann die BayernLB gekommen ist. Und die BayernLB hat bereits im Jahr 2007 angekündigt, die Bank vollkommen umzukrempeln. Es hat auch eine Besprechung zwischen dem Vorstand der FMA und den damaligen Chefs der BayernLB gegeben, bei der sie gesagt haben, sie kennen die ganzen Prüfberichte, sie kennen auch die Prüfung von 2007. Das sei ihnen alles bekannt, sie würden sehr viel in Risikomanagement, in IT-Infrastruktur und so weiter investieren, das werde umgekrempelt.

Diese Zusagen hat es damals gegeben, und sicherlich hat das auch dazu beigetragen, dass wir gesagt haben: Ja, da ist jetzt jemand Neuer da, der die Verantwortung übernimmt, der in diese Bank investiert und sie neu aufstellt.

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Ich bedanke mich vorerst.

Vorsitzende Doris Bures: Wir kommen somit zur zweiten Fragerunde, welche von Herrn Abgeordnetem Rauch eröffnet wird. – Bitte.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Herr Magister Ettl, das Prüfsystem der Banken in Österreich insgesamt, das Sie vorhin angesprochen haben – Sie haben es als „Raumdeckung“ bezeichnet; keine Personendeckung, wenn man in der Fußballersprache bleiben möchte –, war durchlässig. Jetzt wissen wir, dass in so einem – um in der Fußballersprache zu bleiben – raumdeckenden Prüfsystem, wenn man geschickte Pässe, Winkelzüge spielt, wie auch immer, Fehler, aber nicht nur Fehler, sondern auch kriminelle Energie, würde eine solche dahinterstecken, nur schwer zu kontrollieren sind. – Ist das richtig?

Mag. Helmut Ettl: Die Voraussetzung, dass Raumdeckung wirklich funktioniert, ist natürlich, dass das Zusammenspiel zwischen Bank, Banksystemen, Bankrevision, Bankaufsichtsrat und Bankeigentümer im Sinne eines Checks and Balances funktioniert.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Okay. Sie haben die begrenzten Ressourcen angesprochen. – Wie hoch ist Ihr Jahresbudget?

Mag. Helmut Ettl: Das Jahresbudget der FMA ist im Moment bei 40, 45 Millionen €. Das kann man jetzt nicht ganz genau sagen, weil im Moment Prüfungskosten dabei sind, die man rausrechnen muss. Aber das ist ungefähr die Dimension.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Wie hoch war es damals, also vor einigen Jahren?

Mag. Helmut Ettl: Sicherlich die Hälfte. (Abg. Walter Rauch: Sicher?) Höchstens die Hälfte. (Abg. Walter Rauch: Höchstens die Hälfte?) Höchstens die Hälfte. Ich weiß es nicht auswendig.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Was würden Sie aufgrund dessen – was Sie vorhin angesprochen haben –, dass die Banken exponentiell gewachsen sind, in Österreich das Mehrfache des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaften, an Aufsichtspersonen, an Budget insgesamt brauchen?

Mag. Helmut Ettl: Wir sind ja heute im neuen System des europäisch einheitlichen Aufsichtsmechanismus aufgestellt. Da wird gerade ein[viii] Prozess durchgeführt, dass auf allen Ebenen die Ressourcen neu kalibriert werden. Das System speist sich ja vor allem auch aus den Mitarbeitern der nationalen Aufsichtsbehörden; das heißt, unsere Leute sind operativ in der Aufsicht drin. Jetzt haben wir gerade eine Diskussion darüber: Ist das ausreichend oder brauchen wir mehr? Daher wird jetzt ein neuer europäischer Standard entwickelt.

Meine Einschätzung ist, dass wir in Europa nicht am schlechtesten, aber auch nicht luxuriös ausgestattet sind und dass gerade von der neuen europäischen Aufsichtsstruktur sehr viel verlangt wird, sodass jetzt auch mehr Ressourcen verlangt werden. Die Erwartung ist daher, dass die Kosten eher steigen werden. (Abg. Walter Rauch: Steigen werden müssen!) – Ja.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Wie geht es einem als Vorstandsdirektor, wenn man von einem nicht so unmächtigen Landeshauptmann in Österreich eine Aussage geliefert bekommt, so in der Art: Du wirst keinen Fuß mehr auf den Boden bekommen!, in der Funktion, in der Sie sind?

Mag. Helmut Ettl: Wie gesagt, ich glaube, die Voraussetzung dafür, diese Funktion auszufüllen und auszuführen, ist, dass man mit so etwas umgehen kann und dass man sich da nicht beeindrucken lässt.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Das ist schon klar, aber das ist eine professionelle Aussage. Aber persönlich, menschlich – wenn man als Vorstandsdirektor diesbezüglich als Aufsichtsorgan, als Vorsitzender auch Verantwortung hat – zieht man schon seine Rückschlüsse in Bezug auf seinen Auftrag zu prüfen oder auf Prüfsysteme, oder nicht?

Mag. Helmut Ettl: Ja, Herr Abgeordneter, aber wir sind in der tagtäglichen Arbeit nicht nur mit Politik konfrontiert, sondern mit sehr, sehr reichen Institutionen, mit mächtigen, einflussreichen Personen und wir haben tagtäglich mit sehr, sehr viel Gegenwind zu kämpfen.

Ich kann mich erinnern, als ich in die FMA gekommen bin und mit meinem damaligen Vorstandskollegen Pribil die Situation nach dem Untersuchungsausschuss rekapituliert habe, haben wir folgende Strategie entwickelt. Wir haben gesagt: Geprügelt werden wir ohnedies, aber wir wollen geprügelt werden, weil wir gut sind.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Um auf das Ampelsystem zurückzukommen, in Bezug auf die Hypo Alpe-Adria: Sie haben sie als gelb bezeichnet. Wie kann ich mir das vorstellen – wenn man die Ampellehre kennt –, in welcher Position oder in welcher Situation haben sich diese Bank oder auch andere befunden? Was ist rot? Was ist gelb? Was ist grün?

Mag. Helmut Ettl: Rot ist sie dann, wenn wirklich schwerwiegendere aufsichtliche Maßnahmen erfolgen müssen. Das heißt, dass die Bank schon in Richtung Bestandsgefährdung geht. Ich rede jetzt wiederum von der Zeit von 2002 bis 2006/07. Wir haben heute ganz andere Systeme im Einsatz, das muss man auch dazusagen.

Damals bedeutete rot: Gefahr der Bestandsgefährdung, dass man sehr nahe dran oder schon bestandsgefährdet war. Bei gelb hat es einfach Beobachtungs- und Monitoringbedarf gegeben, weil nicht alles in Ordnung war und man drauf schauen musste. Und genau das war ja bei der Hypo Alpe-Adria der Fall: schnell wachsend, die Systeme aber wachsen und entwickeln sich nicht dementsprechend schnell mit. Aber wie gesagt, wir haben den Fall damals auch in anderen Banken gehabt. Das ist bei schnell wachsenden Märkten oft der Fall.

Das hängt natürlich mit der Osteuropa-Expansion zusammen, weil man gemeint hat, man muss in kürzester Zeit eine sehr, sehr starke Position im Bankenmarkt einnehmen, sonst sind die anderen da. Man vergibt sich damit sehr viele Gewinnmöglichkeiten. Damals wurde sehr, sehr schnell agiert. Einige haben Akquisitionen gemacht[ix].

Als wir uns das dann ein bisschen genauer angeschaut haben, haben wir auch gesehen: Die Systeme müssen nachgezogen werden, so etwas passiert nicht von einem Tag auf den anderen. Man muss auch sagen – und jetzt werden mir einige sagen, diesen Vergleich kennen sie auch schon, aber wir haben hier in den letzten Jahren einfach eine gemeinsame Sprache entwickelt –: Eine Bank ist wie ein Tanker, so schnell kann man das Ruder nicht herumreißen. Man muss da mittelfristig und langfristig Maßnahmen einleiten. Und bei den gelben Banken war das einfach so: Schauen wir, dass wir diese Tanker rechtzeitig in die richtige Richtung lenken, damit sie am Eisberg vorbeifahren und nicht nicht mehr stehen bleiben können. Das war die Idee dahinter.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Rauch! Da vereinbart wurde, dass in der zweiten Runde keine Zeitüberschreitungen mehr möglich sind, haben Sie jetzt noch 30 Sekunden Zeit, eine Frage zu stellen. Ansonsten muss ich Sie auf die dritte Runde verweisen. – Bitte.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Ich möchte noch dieses not distressed ansprechen. Systemrelevant war bei der Hypo Alpe-Adria die Feststellung, dass dieses ominöse not distressed durch die OeNB prognostiziert oder dargestellt wurde. – Können Sie noch einmal in kurzen Worten sagen, wie das zustande gekommen ist?

Mag. Helmut Ettl: Ich war zu diesem Zeitpunkt, als das zustande gekommen ist, nicht mehr in der OeNB. Und vor allem war diese damalige Fragestellung – die vom Finanzministerium an die OeNB herangetragen wurde – keine aufsichtsrechtliche Fragestellung. Das heißt, die FMA war in diesen Vorgang nicht involviert. Die OeNB hat den Maßstab des Europäischen Wettbewerbsrechts und auch den Maßstab des Finanzmarktstabilitätsgesetzes und nicht den Maßstab des österreichischen Bankwesengesetzes zur Anwendung bringen müssen, und diese Maßstäbe sind völlig unterschiedlich.

Was ist die Aufgabe der FMA in diesem Zusammenhang, was war sie? – Es war ja so: Als die Frage, wer diese Gutachten in Österreich macht, ins Gesetz geschrieben wurde[x], hat der damalige Vizekanzler und Finanzminister die Idee gehabt, dass das die FMA machen soll. Wir haben als FMA damals – im frühen Gesetzwerdungsprozess – eingewendet: Das bringt uns als Aufsicht in einen Konflikt, der für uns nicht auflösbar ist. Wir können so etwas nicht übernehmen.

Warum auch? – Wir haben in dem gesamten Prozess folgende Rolle gespielt: Wir haben ein Kapitaladäquanzverfahren geführt und haben von der Bank, ich glaube, 1,6 Milliarden € mehr Eigenkapital gefordert; und das in kürzester Zeit. Wir haben der Bank und den Eigentümern gesagt: Das ist aufzubringen, und wenn ihr es nicht aufbringt, dann schreiben wir es vor! Wir haben damals im Oktober 2008 tatsächlich eine Gesetzesänderung bekommen, die solche Maßnahmen ein bisschen erleichtert hätte[xi].

Die Frage, wie der Eigentümer das Geld aufbringt, ist nicht die Fragestellung einer Bankenaufsicht. Und da kommen wir natürlich in diese Konfliktstellung zwischen Bankenaufsicht und staatlicher Beihilfe. Wir sind da – ich sage einmal – auf einer anderen Ebene tätig gewesen.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Eine ganz kurze Frage geht sich noch aus?

Vorsitzende Doris Bures: Ja, eine kurze!

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Ich muss noch einmal darauf zurückkommen, was Sie vorhin angesprochen haben. Sie haben mit sehr, sehr mächtigen, einflussreichen Personen, und, und, und zu tun, mit Interventionen. – Haben Ihre Vorgänger diesen Druck nicht ausgehalten?

Mag. Helmut Ettl: Ich gehe davon aus, dass auch meine Vorgänger diesen Druck ausgehalten haben.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Mag. Ettl, ich würde gerne ganz an den Anfang unseres Untersuchungsausschusses zurückgehen, zur Arbeit der Staatskommissärinnen. Wir haben damals wahrgenommen, dass in der betreffenden Zeit gewisse Defizite vorhanden waren. Wir haben die Staatskommissärinnen durchaus als teilweise sehr engagiert, aber doch mit gewissen fehlenden Kompetenzen kennengelernt.

Wie war Ihr Kontakt mit den Kommissärinnen? Wie hat diese Zusammenarbeit ausgesehen?

Mag. Helmut Ettl: In der Zeit, als ich in der OeNB war, haben wir mit Staatskommissären relativ wenig zu tun gehabt. Die Staatskommissäre waren und sind heute immer noch ein Organ der Finanzmarktaufsicht, bestellt vom Finanzminister, die Personen sind keine Mitarbeiter der FMA, sondern in erster Linie Mitarbeiter des Finanzministeriums. Daher habe ich in der Zeit von 2001 bis 2008 mit Staatskommissären nichts zu tun gehabt.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Sind Sie in der Lage, aus der heutigen Sicht, sozusagen rückblickend, gewisse Einschätzungen vorzunehmen?

Meine konkrete Frage ist: Wann hat dort oder hätte dort eine Staatskommissärin in den Aufsichtsratssitzungen einschreiten müssen? Es hat ja durchaus eine Reihe von Verfehlungen gegeben, die man an und für sich hätte aufdecken können.

Mag. Helmut Ettl: Man muss jetzt die Aufgabe der Staatskommissäre noch einmal klar definieren: Die Staatskommissäre sind dazu da, bei einer Sitzung anwesend zu sein, die Sitzung zu beobachten und dann zu intervenieren, wenn die Gefahr besteht, dass da ein Beschluss gefasst wird, der eindeutig gegen das Gesetz verstößt. Das muss dann sofort an die FMA gemeldet werden, und der Beschluss ist damit für zwei bis drei Wochen, wenn ich mich nicht irre, sistiert. Wenn die FMA nicht handelt, dann gilt der Beschluss, also dann heißt das, dass es … Das ist es im Wesentlichen.

Das Zweite ist, dass die Staatskommissäre ihre Wahrnehmungen an die Aufsicht weitergeben und damit über ihre Wahrnehmungen im Aufsichtsrat an die FMA berichten. Das heißt, sie sind da in der gesamten Aufsichtsstruktur ein Teil, aber mit Sicherheit von der Bedeutung her nicht das Kernstück der Aufsicht in Österreich. Ich meine, es ist ein Teil, und die Aufsicht ist historisch in diese Richtung gewachsen, wir haben das in Österreich. Wir bekommen damit als Aufsicht auch sehr – ich sage einmal – persönliche Berichte aus den Aufsichtsratssitzungen.

Ob man als Staatskommissär in der jeweiligen Sitzung wirklich erkennen kann, ob in der Bank etwas schiefgeht? – Ich glaube, man darf auch nicht zu viel von den Personen verlangen. Da sitzen ja auch andere, die meistens Interesse daran haben, dass da nichts schiefgeht. Ich glaube, in 99 Prozent der Fälle sind die Aufsichtsräte da, um zu schauen, dass es gut läuft, dass da nichts passiert.

Das Zweite, das ich noch sagen möchte, ist: Wir müssen natürlich auch in Zukunft die Struktur der Staatskommissäre im Sinne der europäischen Aufsicht weiter diskutieren. Wahrscheinlich wird es da in den nächsten Monaten auch zu einem Dialog im SSM kommen, weil die Staatskommissäre in dieser Form nur in Österreich tätig sind.

Wir arbeiten jetzt an einer gemeinsamen europäischen Aufsichtsstruktur und diskutieren in einem, glaube ich, sehr produktiven Dialog alle Besonderheiten mit der EZB, sodass man dann im gesamten SSM sagt: Okay, die Best Practices aus jedem Land werden genommen. Aber insgesamt schauen wir, dass wir uns angleichen.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Die Damen haben da durchaus den Eindruck erweckt, dass diese Kommunikation immer nur in eine Richtung gegangen ist. Hat sich das mittlerweile verbessert, wenn Sie sagen, die Bankenaufsicht hat sich schon signifikant weiterentwickelt?

Mag. Helmut Ettl: Ich glaube, dass die Staatskommissäre zum Aktivorgan im Aufsichtsrat werden, so ist diese Funktion vom Gesetz her nicht angelegt. Wesentlich ist, dass die Staatskommissäre an die Aufsicht berichten, schauen, ob es irgendwelche Besonderheiten in den Sitzungen gibt, und einschreiten, wenn es den Verdacht gibt, dass es da wirklich irgendwelche Gesetzesübertretungen gibt.

Was wir schon gemacht haben, ist, dass wir die Schulung der Staatskommissäre in den letzten Jahren verstärkt haben und dass wir das Berichtswesen mit den Staatskommissären, sage ich, auf eine sinnvollere Basis gestellt haben, denn die Aufsicht …

Wir haben da überprüft, welche Information die Aufsicht aus den Aufsichtsratssitzungen braucht, damit man nämlich nicht wieder so viele Informationen und Unterlagen bekommt, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Das ist das Thema, und ich glaube, wir haben jetzt eine relativ gangbare Lösung gefunden.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Ich würde gerne mit Ihnen ins Jahr 2006 springen, mit einem Aktenvorhalt mit der Dokumentnummer 10863, Seite 74. Das ist eine Analyse der FMA des Prüfberichts der OeNB aus dem Jahr 2006, von Frau Mag. Orisich verfasst.

Da ist auf Seite 74 zu lesen, dass „den Anforderungen des § 39 Abs. 2 BWG“ nicht genügt wird, oder zu § 39 Abs. 1 BWG, dass die „adäquate Berichterstattung über das Marktrisiko (…) nicht eingerichtet“ ist.

Da sind also durchaus in der Analyse dieses OeNB-Berichtes Gesetzesübertretungen festgehalten.

Wie wurde mit diesen Hinweisen, die ja dann sozusagen schon in zweiter Instanz überarbeitet wurden, umgegangen?

Mag. Helmut Ettl: Nicht zuletzt auch auf Grundlage dieses Berichtes ist ja das Geschäftsleiterqualifikationsverfahren gegen Kulterer und Striedinger geführt worden. Das war ja mit ein Grund, dass da gesagt wurde, das Systemversagen ist derart, dass da die verantwortlichen Geschäftsleiter nicht mehr weiter tragbar sind – das ist das eine.

Das Zweite ist: Es wurde der Bank aufgetragen, da sehr rasch im Bereich des Marktrisikos die entsprechenden Risikosysteme einzurichten. Es wurde, soweit ich mich jetzt erinnere, 2008, glaube ich, oder Ende 2007, Anfang 2008 eine Follow-up-Prüfung durchgeführt. Die hat ergeben, dass die Vorgaben, die der Bank damals gegeben worden waren, im Großen umgesetzt wurden. Das war eigentlich ein sehr positiver Prüfbericht, den wir da in der OeNB erstellt haben – beziehungsweise war ich damals gerade im Wechsel von der OeNB in die FMA, also den wir in der FMA erhalten haben, so ist es besser gesagt.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Aber im Bereich der Arbeit der Staatskommissärinnen kann man schon ein Defizit feststellen. Da wurde eigentlich nicht darauf hingewiesen, wenn man das genau nimmt. (Die Auskunftsperson blättert in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Helmut Ettl: Die Staatskommissäre … Also im Wesentlichen ist die Sache, wie weit der Aufsichtsrat für diese Detailumsetzungsgeschichten zuständig ist, und die Staatskommissäre sitzen im Aufsichtsrat.

Ich glaube, dass die grundsätzlichen Themen der Überprüfung damals im Aufsichtsrat ja auch diskutiert wurden. Also da hat es ja eine Kommunikation gegeben, aber wie die genau gelaufen ist, muss ich sagen, entzieht sich jetzt meiner unmittelbaren Kenntnis. (Abg. Strasser: Okay!) Ich bin, wie gesagt, erst 2008 in die FMA gekommen und habe daher vorher keine unmittelbaren persönlichen Wahrnehmungen, wie das ganz genau gelaufen ist.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Aber so auf den ersten Blick schuldhaftes Verhalten würden Sie nicht feststellen, oder doch?

Mag. Helmut Ettl: Wie, was? Wer hat schuldhaftes Verhalten?

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Schuldhaftes Verhalten der Staatskommissärinnen.

Mag. Helmut Ettl: Bei den Swapverlusten kann man, meine ich, den Staatskommissären überhaupt keine Schuld geben, denn da war ja eine systematische Nichtinformation der Organe gegeben. Die Swapverluste wurden ja in der Bank de facto über eineinhalb Jahre verheimlicht.

Es wurde zuerst nicht einmal der gesamte Vorstand davon informiert. Dann hat man, glaube ich, den Aufsichtsrat nie vollständig informiert, nämlich den Gesamtaufsichtsrat. Man hat ab einem bestimmten Zeitpunkt nur das Aufsichtsratspräsidium einbezogen.

Das heißt also, der Staatskommissär, die Staatskommissärin konnten da überhaupt keine Informationen haben, bevor die Swapverluste aufgeflogen sind, die Prüfung stattgefunden hat und so weiter.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Sie sprechen jetzt ein Thema an, das wäre mein nächstes Thema, das einen Laien ziemlich fassungslos macht: dass man es schafft, 2004 330 Millionen €, die Hälfte vom Eigenkapital – wie wir heute Vormittag gehört haben –, sozusagen an den Wirtschaftsprüfern vorbei, an der Bankenaufsicht vorbei zu verschleiern, dass man 2006 erst draufkommt. Es gab ja 2004 eine Prüfung, wo Sie maßgeblich involviert waren. Können Sie sich an diese Prüfung noch erinnern?

Mag. Helmut Ettl: Ich kann mich an diese Prüfung erinnern. Ich meine, es war nicht der Hauptprüfungsschwerpunkt, aber es wurden auch Teile des Treasury geprüft. Allerdings, dass man hier die Bewertungen … Was wir nicht vorgenommen haben, ist, dass wir damals die Einzelbewertungen der Swaps überprüft haben. Und in diesem Bereich – leider, kann man sagen – ist wahrscheinlich die Verheimlichung von solchen Verlusten durch die technische Komplexität dieser Swapstrukturen und der Handelsaktivitäten, der Treasury-Aktivitäten am einfachsten. Es hat ja auch der Wirtschaftsprüfer 2004 das nicht entdeckt. Das hat ja dann der Wirtschaftsprüfer erst 2006 entdeckt, indem er bei einer Stichprobe zufällig draufgekommen ist, dass da was nicht stimmen kann, und dann in der Folge, glaube ich, den zweiten Wirtschaftsprüfer informiert hat, der dann das Testat zurückgezogen hat. So ist ja die Sache aufgeflogen.

Es hat auch einige Wochen gedauert, wo wir dann schon gewusst haben, genau da sind die Verluste zu lokalisieren, dass wir sie wirklich herausgefunden haben in der darauffolgenden Prüfung. Also das war nicht trivial. Von den 300 Millionen, die da gefehlt haben, sind die Tausender nicht beim Fenster vorbeigeflogen, sondern das sind Bewertungsfragestellungen, die hier in den Einzelpositionen ganz genau nachvollzogen werden mussten, von Position zu Position, wo, glaube ich, einige tausend Einzelpositionen betroffen waren, dass man da die richtigen herausfindet.

Aber es ist natürlich ärgerlich, wenn man weiß, man ist in der Bank und zum gleichen Zeitpunkt wird hier so etwas vertuscht. Das prägt natürlich schon sehr nachhaltig. Und das ist das, dass man als Aufseher natürlich nie irgendwie was ausschließen kann, auch wenn hier freundliche Gesichter überall sind und so weiter, man muss hier eine kritische Distanz halten.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Sie haben das 2010 einmal so zusammengefasst: Wenn Vorstände, Aufsichtsräte und Wirtschaftsprüfer zusammenspielen, wird es für uns nicht einfach – in kurzen Worten.

Aber vielleicht noch ganz im Detail, wie diese Arbeit 2004 sozusagen über die Bühne gegangen ist. Da gab es eine Schlussbesprechung. Da habe ich auch einen Aktenvorhalt, das Dokument 10742, Seite 2 und folgende. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vielleicht ganz grundsätzlich: Was können wir uns unter einer Schlussbesprechung vorstellen?

Mag. Helmut Ettl: Eine Schlussbesprechung, eine aufsichtliche Schlussbesprechung … Man muss ja unterscheiden, es gibt zwei Schlussbesprechungen. Es gibt eine Schlussbesprechung der Prüfung an sich, die vom Prüfteam vor Ort mit dem Management stattfindet, wo es um den Prüfbericht geht, wo man noch Stellungnahmen des Managements entgegennimmt und viele Teile des Prüfberichtes diskutiert. Und das ist ja die aufsichtliche Schlussbesprechung in der FMA, wo die einzelnen Problempunkte dann systematisch abgehandelt werden.

Die Frage ist natürlich immer: Gibt es ganz konkrete Gesetzesverletzungen, die man hier auch festmachen kann, dann muss ein Verfahren geführt werden, oder sind es hier Probleme, die auftreten, die zu beseitigen sind, aber die per se im Einzelfall noch keine Gesetzesverletzung darstellen?

Hier wurde eine Prüfung vollendet, wo Mängel aufgetreten sind, die kein Verfahren erfordert haben, aber wo in der Schlussbesprechung sehr detailliert – insgesamt, glaube ich, hat ja das Schlussbesprechungsprotokoll 200 Seiten oder so – Frage- für Fragestellung, die in der Prüfung aufgetaucht sind, abgehandelt werden und wo von der Bank gesagt wird: Okay, da haben wir bereits Pläne, die legen wir jetzt vor, das präsentieren wir. Ist das in Ordnung für euch, dass wir hier so vorgehen, ja oder nein? Oder: Da widersprechen wir.

In dieser Schlussbesprechung hat die Bank sehr umfassend dargestellt, was sie zu tun gedenkt. Daher wurde der Bank in dieser Schlussbesprechung aufgetragen, das so umzusetzen. Und es wurde eine Follow-up-Prüfung für – glaube ich – 2007 ins Auge gefasst, weil es natürlich eine gewisse Zeit braucht, um diese Fragen auch umzusetzen. Diese Follow-up-Prüfung – habe ich schon vorher angesprochen – hat aufgrund der Ereignisse 2006/2007 in dieser Form nicht stattgefunden, sie wurde ersetzt durch die international akkordierte Prüfung, wo nach Risikotransfers und -verstecken gesucht wurde.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Wenn man sich das Protokoll so anschaut: Es wurden relativ wenige Fragen gestellt, und man hat den Eindruck, man hat die Bank zu diesem Zeitpunkt wirklich als sehr entspannt noch eingeschätzt. Stimmen Sie mit dem überein?

Mag. Helmut Ettl: Das gesamte Protokoll – ich habe es mit – ist so dick.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Also dass 2004 die Situation der Bank noch relativ locker genommen wurde?

Mag. Helmut Ettl: Nein, nein, es wurde nicht locker genommen. Es ist dann schon nachgegangen worden. Die Bank hat auch umfassendste Präsentationen in der Schlussbesprechung mitgehabt und Pläne, wie denn hier diese einzelnen Punkte abzuarbeiten sind. Das hat sicherlich, ich glaube, 200 Seiten, was hier abgehandelt wurde.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Okay. Vielleicht noch ein Detail: Dr. Koch hat zu dem Zeitpunkt den Aufsichtsrat verlassen und wurde durch Dr. Moser ersetzt. Das war schon ein bisschen ein Vorbote, so wie dann 2006 Kulterer gegangen worden ist und dann im Aufsichtsrat wieder eingesetzt worden ist. Ist Ihnen dieser Sachverhalt bewusst gewesen, dass Dr. Moser Teil der Wirtschaftsprüfung war? Hat man das 2004 schon wahrgenommen, dass da so eine gewisse Stimmung ist: Wir in Kärnten wissen schon, wie es geht, und wir machen das so, wie wir glauben!?

Mag. Helmut Ettl: War da nicht noch ein Zwischenschritt? Ist Moser wirklich gleich nach Koch gekommen? Da war, glaube ich, vorher noch wer anderer Aufsichtsratsvorsitzender. Ich glaube, zuerst ist Moser in den Aufsichtsrat gekommen und erst nachher Aufsichtsratsvorsitzender geworden.

Ich kann mich an diese Fragestellung erinnern, weil das war eine lang anhaltende Rechtsdiskussion: Ist das möglich, ist hier die Trennung zwischen der … Welche Wirtschaftsprüfungskanzlei war das? CONFIDA war das, oder? (Abg. Strasser: Ja, CONFIDA!) Ist die Trennung zwischen dem Kärntner Teil und dem restlichen Teil der Wirtschaftsprüfungskanzlei so dicht, dass es hier zu keinen Interessenkonflikten kommt, und so weiter? Das war, glaube ich, schon eine rechtliche … Da hat es verschiedene rechtliche Würdigungen gegeben, ohne da persönlich genau dabei gewesen zu sein. Aber da hat es eine Diskussion darüber gegeben, das weiß ich. (Abg. Darmann: Bussfeld war dazwischen!) – Bussfeld war dazwischen, ja.

Das weiß ich, weil das war auffällig. Heute würde so etwas nie mehr akzeptiert, aber wir leben heute in einer ganz anderen Zeit als damals, da waren ja nicht einmal die Eingriffsmöglichkeiten in dieser Form so. Wir haben ja damals als Aufsicht gar nichts mitzureden gehabt, wer Aufsichtsratsvorsitzender wird, wer in den Aufsichtsrat hineinkommt. Die Fit- und Properness von Aufsichtsratsvorsitzenden wurde ja erst aufgrund des Vorkommnisses Kulterer in Österreich eingeführt – und das auch mit einer Übergangszeit. Erst indem der damalige Eigentümer gesagt hat, der Herr Kulterer ist so verdienstvoll, den brauchen wir weiterhin, nachdem er von der FMA als Vorstand abgesetzt wurde, wurde er zum Aufsichtsratsvorsitzenden vom Eigentümer damals bestellt. Um das in Zukunft zu verhindern, hat es damals eine Gesetzesänderung gegeben, wo das erste Mal dann auch eine Eingriffsmöglichkeit der FMA im Bereich des Aufsichtsratsvorsitzenden geschaffen wurde. Aber vorher hat es das nicht gegeben. Ungustiös war das auf jeden Fall.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Vielleicht ein Detail noch, einen Aktenvorhalt, das Dokument 10894, Seite 11, und zwar eine E-Mail in Bezug auf die Swapverluste, wo Mostetschnig an Dolleschall schreibt: „Wir weisen darauf hin, dass wir die Rechtsauffassung vertreten, dass auch die ursprüngliche Bilanzierung richtig war (...)“ – sozusagen im Rückblick.

Was haben die gemeint grundsätzlich, und was sagen Sie persönlich zu dieser Aussage, zu dieser Analyse?

Mag. Helmut Ettl: Ich glaube, es ist damals darum gegangen: Müssen Verluste periodengerecht eingebucht werden – ja oder nein? Es hat damals Gutachten gegeben, die das verneint haben. Die Aufsicht hat einen ganz anderen Standpunkt vertreten, hat hier auch eine Anzeige wegen Bilanzfälschung gemacht, und schlussendlich ist ja das auch über die Strafgerichte klargestellt worden, die Bilanzierung war falsch, und es wurde eine strafrechtliche Verurteilung am Ende des Tages hier durchgeführt.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine abschließende Frage geht sich von der Zeit her noch aus.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Eine abschließende Frage: Sie haben ja auch schon dieses ganze politische Konzert rund um die Hypo oder vielleicht auch rund um andere Banken thematisiert, und ich darf da Landeshauptmann Haider zitieren, an die OeNB gerichtet: Sie sind ein Rädelsführer. Und: Die OeNB wurde von der obersten Autorität im Kreditbereich zum obersten Gesetzesbrecher, die eine Intrige der Wiener Bankenmafia indiziert.

Gab es das bei anderen Banken auch, oder ist das bei der Hypo irgendwie ein Alleinstellungsmerkmal gewesen, dass solche starken politischen Signale aus den Ländern gekommen sind? (Abg. Darmann: Kann man bitte sagen, aus welchem Dokument die Zitate sind?) – Das ist ein „Presse“-Artikel aus dem Jahr 2010, der ist allgemein bekannt: 14.4.2010, Seite 1.

Mag. Helmut Ettl: Wie gesagt, in dieser Massivheit hat es natürlich, was ich mich erinnern kann, sonst niemals eine Auseinandersetzung mit einem Landeshauptmann gegeben. Dieser Landeshauptmann hat ja damals auch eine Strafanzeige gegen den Vorstand der FMA initiiert, glaube ich, hat eine Anzeige beim Finanzminister durchgeführt. Es war ja alles in der Öffentlichkeit, und es hat ja öffentliche Aussagen dazu gegeben. An so eine Vehemenz kann ich mich sonst nicht erinnern. Es hat auch andere Kritikpunkte von politischen Funktionären gegenüber der FMA gegeben im Zusammenhang mit Banken und ihrer Eigentümerschaft, aber in dieser Intensität hat es das sonst nicht gegeben.

Frau Präsidentin, dürfte ich um eine ganz kurze Pause bitten?

Vorsitzende Doris Bures: Selbstverständlich. Ich unterbreche die Sitzung bis 19.15 Uhr. Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 19.03 Uhr unterbrochen und um 19.15 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

19.15

Vorsitzende Doris Bures nimmt die unterbrochene Sitzung wieder auf und erteilt als nächster Fragestellerin Frau Abgeordneter Dr. Lichtenecker das Wort.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Mag. Ettl, ich komme noch einmal zurück zum Besprechungsprotokoll zur Vorbereitung der Prüfung im Herbst 2006, an der Sie teilgenommen haben. Was war da bei dieser Vorbesprechung Ihre Rolle?

Mag. Helmut Ettl: Was war das für ein Protokoll?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich habe es Ihnen vorhin vorlegen lassen (Auskunftsperson Ettl: Okay!): die Besprechung in der OeNB zur Vorbereitung der Hypo Alpe-Adria-Bank International (Auskunftsperson Ettl – in den ihr vorgelegten Schriftstücken blätternd –: Ah ja!), und so weiter.

Mag. Helmut Ettl: Im Wesentlichen ist es hier um die Strategie der Prüfung gegangen. Wir waren hier auf völligem Neuland. Wir haben hier abgeglichen erstens einmal die Erwartungshaltung der OeNB und der FMA und haben dann gemeinsam diskutiert ...

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Das heißt, Sie waren als Abteilungsleiter in dieser Funktion.

Mag. Helmut Ettl: Ich war als Abteilungsleiter ... Wir haben dann abgeglichen: Wie viel Ressourcen braucht man da? Was ist die Ausrichtung? Und so weiter. Wir haben versucht, diese Prüfung, die wir schon im Kopf gehabt haben, zu operationalisieren.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Hat da auch das Know-how, das Sie aus der Prüfung 2004 mitgenommen haben, eine Rolle gespielt?

Mag. Helmut Ettl: Wenig, denn wir haben[xii] hier in erster Linie diese neuen Überlegungen: Gibt es hier wirkliche Risikotransfers, die an der Aufsicht und an Kontrollstrukturen vorbeilaufen? … Das wollten wir eigentlich in dieser Prüfung stark aufdecken! Das war der materielle Hintergrund, aufgehängt über die offene Fragestellung: Wie sind diese Vorzugsaktien, die später als die sogenannte „Vorzugsaktien-1-Aktion“ in die traurige Geschichte eingegangen sind, strukturiert? Können wir feststellen, dass das Ganze durch die Bank selber finanziert ist? Finden wir irgendwie diese Put-Optionen, die damals auch in Diskussion waren? Gibt es darüber hinaus noch solche Transaktionen? Werden Risiken irgendwo ins Ausland verschoben, wo man schwerer hineinschauen kann? – Das war das Thema.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Es sind ja bei den Prüfungen immer wieder auch die Töchter im Ausland Thema gewesen. Wie war die Zusammenarbeit mit den ausländischen Aufsichtsbehörden?

Mag. Helmut Ettl: Die Zusammenarbeit war eigentlich erstaunlich gut und offen, denn wir haben damals ja noch bei Weitem nicht jene Zusammenarbeitsstruktur in Europa gehabt, die wir heute haben. Heute ist es eine ziemliche Selbstverständlichkeit, dass man Informationen austauscht.

Damals war mit den meisten Aufsichtsbehörden der Informationsaustausch sehr gut. Wir haben mit einem Teilnehmer, der im Prinzip, von der Aufsicht her, sehr kooperativ war, aber der ist auf rechtliche Probleme gestoßen … Das war die Aufsichtsbehörde in Liechtenstein.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Skiper war heute schon Thema. Ab welchem Zeitpunkt haben Sie von Skiper gehört, gewusst?

Mag. Helmut Ettl: Ich glaube, Skiper war ein Großkreditengagement in der Bank, soweit ich mich erinnern kann, und von daher haben wir das ... Mir war Skiper sehr früh ein Begriff und dass Skiper ein Thema ist, so wie Aluflex ein Thema war.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Können Sie das zeitlich einordnen?

Mag. Helmut Ettl: Nein. Wann ich das genau gewusst habe, weiß ich nicht mehr. Da bringe ich einfach ... Ich habe so viel gehört, ich weiß nicht mehr, wann ich was zu welchem Zeitpunkt wirklich gewusst habe. Heute weiß ich einfach weit mehr.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): 2002, 2004, 2006?

Mag. Helmut Ettl: Ich schätze, ab 2005. 2006 war Skiper ein Kreditengagement, das ein Thema war.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Mag. Ettl, Mag. Ittner und Sie haben heute unisono gesagt, ab 2006 war sozusagen offensichtlich, dass es da gröbere Probleme gibt. Jetzt gibt es diese Risikoworkshops OeNB, FMA. Haben Sie an solchen Risikoworkshops teilgenommen?

Mag. Helmut Ettl: Als ich in der OeNB war, habe ich diese Risikoworkshops initiiert. Damals war allerdings die FMA, glaube ich, noch nicht vertreten. Das haben wir erst dann nachher ausgebaut. Als ich in die FMA gekommen bin, habe ich gewusst, es gibt so etwas und das sollten wir gemeinsam machen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich zitiere jetzt aus den Risikoworkshop-Protokollen, zum Beispiel aus 2004, wo es Thema war, dass der Eigenmittelquotient unter 8 Prozent war.

Oder aus dem Protokoll 2005: unter der Überschrift dieser Dokumentation „Darstellung der auffälligsten Banken“ ist auch die HBInt geführt worden, genauso beim folgenden Risikoworkshop.

Und permanent ist dann auch wieder von „Problembank“ die Rede. Insofern hat es mich jetzt verwundert, dass man sozusagen sagt, 2006 war man sich erst bewusst, dass das ein Problem ist.

Mag. Helmut Ettl: Ich habe schon zuvor gesagt, seit 2003 war die Hypo in der gelben Kategorie, und daher ist sie uns aufgefallen und ist im engeren Monitoring gewesen. Das ist, glaube ich, konsistent mit dem, dass sie auch immer wieder behandelt wurde.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Es war ja auch immer die Rede von der meistgeprüften Bank bei den Herren, die wir vor Ihnen schon hier geladen haben. Dennoch haben diese Dinge passieren können, wie sie passiert sind. Worauf, glauben Sie, ist das zurückzuführen?

Mag. Helmut Ettl: Dass natürlich verschiedene Sachen über einen längeren Zeitraum unter der Decke gehalten wurden, zum Beispiel ein Verlust über 300 Millionen über fast zwei Jahre, und dass natürlich andere Sachen auch unter der Decke gehalten wurden und dass anscheinend in dieser Bank schon Parallelstrukturen über einen längeren Zeitraum gelaufen sind.

Heute wird das alles auch strafrechtlich aufgearbeitet. In keinem anderen Fall sind so viele Gerichtsverhandlungen anhängig und sind mittlerweile so viele Verurteilungen ausgesprochen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich darf Ihnen das Dokument 10574 vorlegen lassen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Es ist ein Auszug des Protokolls des fünften Risikoworkshops zur Stabilität des österreichischen Bankensystems im Juli 2006, also kurz nach Aufkommen der Swapgeschichte. Ich zitiere für das Protokoll das Resümee, das hier festgehalten ist:

„(…) Hypo Alpe-Adria werden angesichts eines prall gefüllten Rucksacks mit zusätzlichen Problemen und Risiken (hohes Hedge Fonds Exposure, überdurchschnittlich positive Beurteilung der Kundenbonität, fragwürdige Wertberichtigungspraxis, niedrige Eigenmittel, maximale Ausnutzung des Hybridkapitals usw.) wohl kaum wie der Phönix aus der Asche des aktuellen Krisenherds steigen.“

Das ist eine ganze Latte von Problemen, die hier aufgeführt sind.

Sie haben vorhin davon gesprochen, es ist lange unter der Decke gehalten worden.

Über welchen Zeitraum sammelt sich ein solch doch beträchtlicher Berg von Problemen überhaupt an?

Mag. Helmut Ettl: Über längere Zeit. So etwas ist nicht von heute auf morgen. Nur: 2006 haben wir dann eine klare Sicht auch der Dinge in dieser Bank bekommen. Wir haben dann immer noch nicht geahnt, was in der Finanzkrise dann passiert, denn die Finanzkrise hat dann natürlich dazu geführt, dass die Schwächen besonders offengelegt wurden.

Alle schwachen Banken stehen ja ganz gut da in Zeiten, wo hohes Wachstum erzielt wird und wo hohe Gewinne erzielt werden. Erst dann, wenn auf einmal die Sache umschlägt, unterscheidet man, dann trennt sich die Spreu vom Weizen. Das ist in der Hypo passiert.

Aber 2006 haben wir ja gewusst, die Bank ist teilweise stark unterkapitalisiert. Im Juni 2006 hat es wiederum Kapitalunterschreitungen gegeben. Diese Kapitalunterschreitungen wurden ja, glaube ich, von der FMA in der Folge auch pönalisiert. Also da haben wir wirklich durchaus eine kritische Situation in der Bank gehabt. Da ist es ja darum gegangen: Kann die Bank das Mindesteigenmittelerfordernis darstellen: Ja oder nein?

Wir sind dann kurzfristig im Halbjahr, im Sommer 2006, draufgekommen, dass die vorgegebenen Einzahlungen von neuem Kapital zum Beispiel noch gar nicht vorgenommen wurden, sondern nur angekündigt waren, aber bei uns so dargestellt wurden, als ob sie schon vorgenommen worden wären.

Da haben wir uns, glaube ich, jeden Einzahlungsbeleg von der Bank zeigen lassen unter dem Motto: Wir glauben euch im Moment sehr wenig!

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ein Teil der Mängel wurde ja vorher festgestellt und in Prüfberichten aufgelistet. Wurde dann Ihrer Meinung nach zu wenig darauf geachtet, dass die entsprechenden Maßnahmen konsequent gesetzt und umgesetzt wurden?

Mag. Helmut Ettl: Nein, die Mängel, die vor 2006 festgestellt wurden, wurden auch beseitigt. Da wurden ja Maßnahmen getroffen. Aber dass die Probleme bei dieser Bank im Gegensatz zu den Peers, die so ähnlich gelagert waren, aber noch tiefer waren, weil hier gerade schon problematische Risikotransfers in der Gruppe stattgefunden haben, was wir damals nicht gewusst haben, das haben wir damit auch nicht adressieren können.

Wie gesagt, unsere Hoffnung ab 2006 war, diese Bank muss auf vollkommen neue Füße gestellt werden, und das kann nur ein neuer strategischer Eigentümer. Und das war in unseren Augen 2007 die Bayerische Landesbank. Das war die Strategie!

Die Bayerische Landesbank hat zu diesem Zeitpunkt zugesagt, sie stellen diese Bank auf neue Beine. Die Bayerische Landesbank hat von uns auch völlige Einsicht bekommen, was wir über die Bank gewusst haben, die haben[xiii] auch die Prüfberichte. Sie haben gesagt, sie haben alle Prüfberichte, sie wissen, was da auf sie zukommt. Sie werden mit neuen Systemen, sie werden mit neuen Mitarbeitern diese Bank auf vollkommen neue Füße stellen und sie garantieren auch dafür, dass die Bank entsprechend kapitalisiert wird.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Der Bericht 2004 hat noch einen separaten Auftrag zum Thema Geldwäsche bekommen und ist in der Endversion dann sehr knapp, sage ich einmal, ausgefallen.

Worin liegt das begründet – wenn es zwar wichtig war, aber dann letztendlich drei Seiten werden?

Mag. Helmut Ettl: Ich weiß nicht, welches Dokument Sie da jetzt meinen. Ist da ein Dokument dahinter? (Abg. Lichtenecker: Der Prüfbericht 2004!)

Ich muss hier dazu sagen: Das war sicherlich schwerpunktmäßig keine Geldwäscheprüfung. Das war eine Zeit, wo de facto jeder Prüfauftrag, der an die OeNB gegangen ist, auch den Zusatz gehabt hat: Schaut euch auch die Geldwäschesysteme an!

Das war kein Schwerpunkt.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Glauben Sie, dass das Thema Geldwäsche ausreichend bei den Prüfungen, die in der Hypo gemacht worden sind, Berücksichtigung gefunden hat?

Mag. Helmut Ettl: Auch hier muss man sagen, dass das Thema Geldwäsche ein Entwicklungsthema in Österreich war. Die Geldwäschestandards, von denen wir heute reden, waren damals auf jeden Fall in der Bevölkerung nicht besonders verankert und in der Politik gar nicht. Da haben wir nicht über die Beseitigung von Bankgeheimnissen gesprochen, sondern da haben wir über ganz andere Sachen gesprochen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): War das Ihrer Meinung nach ein Österreich-Spezifikum oder ein Europa-Thema?

Mag. Helmut Ettl: Es ist auch kein besonderes Geheimnis, dass Österreich über einige Zeit – und ich glaube, da hat es dann Ende der neunziger Jahre eine Wende gegeben – mit der Fragestellung: Wo kommt das Geld her?, sehr locker umgegangen ist. Wir haben lange Zeit die anonymen Sparbücher in Österreich und ähnliche österreichische Kulturgüter verteidigt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Ich würde gerne das Dokument 11272 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Können Sie mir erklären, warum die FMA uns dieses Dokument geschickt hat? (Abg. Tamandl: Welche Seite ist das?) – Es gibt keine Seite. (Abg. Tamandl: Sagen Sie uns wenigstens, was es genau ist!)

Wie Sie ja selber sehen, hat das einmal sicherlich nichts mit der Hypo zu tun. Daher also die Frage: Warum haben Sie uns dieses Dokument – und vor allem auch ungeschwärzt – geschickt? (Die Auskunftsperson blättert in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Helmut Ettl: Also ich gehe davon aus, dass dieses Dokument an den Ausschuss geliefert wurde, weil da irgendetwas mit Hypo drinnen steht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Ich habe es vom Anfang bis zum Ende durchgelesen. Es steht überhaupt nichts von Hypo drinnen. Das ist eindeutig, dass das nichts mit der Hypo zu tun hat.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Professor Binder, darf ich Sie auch bitten? Haben Sie auch dieses Dokument? (Verfahrensanwalt Binder: Wir können zusammen schauen! Es ist sehr dick!)

Es muss auch die Zeit gegeben werden, um sich ein so umfangreiches Dokument anzusehen. (Die Auskunftsperson und der Verfahrensanwalt lesen das vorgelegte Schriftstück.)

Mag. Helmut Ettl: Also ich kann das jetzt nicht beurteilen. Es ist ein Dokument von jenen, ich glaube, 125 000 Seiten, die wir dem Ausschuss übermittelt haben, und es wird irgendwo einen Hypo-Zusammenhang geben, denn sonst wäre das nicht geliefert worden. Und wir haben prinzipiell alle Unterlagen, die im Untersuchungsgegenstand gegeben sind, ungeschwärzt an den Ausschuss übermittelt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Wir haben es von vorne bis hinten durchgearbeitet – zu zweit, über eine sehr lange Zeit –: Da gibt es überhaupt keinen Zusammenhang. Es stehen ganz heikle Daten drinnen – ich will sie jetzt nicht zitieren, um mich nicht strafbar zu machen –, von finanziellen Gebarungen bis hin zu allen möglichen Eigentümerstrukturen, die sicherlich nicht öffentlich zugänglich sein sollten. Also mein Verdacht ist, dass dieses Dokument dazwischengerutscht ist. Kann das sein?

Mag. Helmut Ettl: Ich kann dazu jetzt keine Aussage treffen, weil Sie mir jetzt ein Dokument vorhalten aus 130 000 oder 125 000 Seiten, wo ich auch den Aktenspiegel und so weiter dazu nicht habe. Daher kann ich es jetzt nicht zuordnen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Mir geht es darum, dass dieses Dokument ja klassifiziert wurde. Und daran sieht man, nach welcher Fleischhauermethode klassifiziert wurde, wenn sich das niemand angeschaut hat. Denn da müsste jemand zumindest schwärzen, wenn nicht überhaupt weglassen – zumindest nach der Praxis, die Sie bisher gelebt haben.

Mag. Helmut Ettl: Herr Abgeordneter, wir gehen ja einmal davon aus: Wir haben alle Dokumente hier einmal in eine Grundvertraulichkeitsstufe eingeordnet.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Das heißt, Sie haben einfach einmal alles klassifiziert – was ja ungesetzlich ist, denn Sie müssten ja theoretisch alles begründen. Jede Klassifizierung muss ja begründet werden. Und wenn Sie es nicht einmal gelesen haben, werden Sie es schwer begründen können, nicht wahr?

Mag. Helmut Ettl: Es ist sehr sorgfältig vorgegangen worden (Abg. Lugar: Eben nicht!), das kann ich einmal garantieren. Und wir haben hier eine Vorgangsweise gewählt, dass wir an den Ausschuss liefern können, dass wir ungeschwärzt dem Ausschuss liefern können und der Ausschuss auch seine Arbeit aufnehmen kann. Wenn nämlich jedes einzelne Dokument zu bewerten gewesen wäre, dann wäre der Ausschuss wahrscheinlich erst im nächsten Jahr von unserer Seite belieferbar gewesen. Das wäre einfach eine technische Unmöglichkeit gewesen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Also das heißt, wenn ich Sie richtig verstehe, dass Sie nicht jedes Dokument einzeln bewertet haben, sondern das einfach in Bausch und Bogen geschwärzt haben? Oder wie kann ich mir das vorstellen?

Mag. Helmut Ettl: Nein, bei uns wird nichts in Bausch und Bogen gemacht, sondern hier wird ausgefiltert, ausgewählt und so weiter, nach bestem Wissen und Gewissen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Aber wie können Ihnen diese 56 Seiten einfach so durchrutschen, wenn Sie anscheinend alles durchlesen?

Mag. Helmut Ettl: Erstens einmal weiß ich nicht, ob es durchgerutscht ist. Ich kann das in diesem Fall im Moment nicht beurteilen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Soll ich vorlesen aus dem Dokument? Wollen Sie das wirklich?

Mag. Helmut Ettl: Wenn Sie jetzt sagen, dass dieses Dokument eigentlich nicht zum Ausschuss gehört, und daraus vorlesen, dann kann ich nur darauf aufmerksam machen, dass Sie sich damit – meiner Meinung nach – einer ungesetzlichen Vorgangsweise bedienen. Ich meine, ganz ehrlich gesagt, das wäre genau eine Form der nicht sorgfältigen Vorgangsweise, die ich von einem Abgeordneten dieses Hauses nicht erwarten würde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist auch der Grund, warum ich dieses Dokument weder benannt habe noch gesagt habe, was da drinsteht. Aber es geht mir um die Vorgehensweise von Ihrer Seite, dass Sie da anscheinend Dokumente schicken, ohne genau hinzuschauen. Das ist aus meiner Sicht eine gewisse Missachtung dieses Ausschusses.

Vorsitzende Doris Bures: Entschuldigung: Ich würde jetzt trotzdem gern Dr. Pilgermair bitten, dazu Stellung zu nehmen, weil wir eigentlich mittlerweile in der 11. Sitzung des Untersuchungsausschusses sind und ich eingangs jedes Mal darauf hinweise – und auch Dr. Pilgermair darum bitte –, unter welchen Voraussetzungen welche Dokumente hier verwendet werden können. Auch wenn ich natürlich verstehe, worauf Sie hinauswollen, ist es aber trotzdem so, dass das auch in der Verantwortung des Ausschusses liegt. Deshalb würde ich jetzt Dr. Pilgermair bitten, sich kurz dazu zu äußern. – Bitte, Herr Dr. Pilgermair.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Noch ist kein Dokument verwendet worden, weil es nicht bezeichnet wurde und auch nicht dargestellt wurde. Es ist jetzt, denke ich, diese Frage hinreichend gestellt worden, und es hat sich die Auskunftsperson auch dazu geäußert. An sich sehe ich keinen Bedarf mehr, noch länger darüber zu diskutieren. Ich würde auch nicht empfehlen, das Dokument darzustellen, wenn es wirklich so ist, wie Sie sagen.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals. – Und es gibt ja die Möglichkeit, im Anschluss auch noch eine vertrauliche Sitzung abzuhalten.

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Frau Vorsitzende! Eines muss man natürlich jetzt schon bedenken, was Kollege Lugar gesagt hat: Das Dokument ist mit der Stufe 1 klassifiziert, und wir haben zu Beginn unserer heutigen Sitzung ja für alles, was mit der Stufe 1 klassifiziert ist – von der Nationalbank, von der FMA, vom BMF und vom BMJ –, quasi die Erlaubnis erhalten, es hier zu verwenden – natürlich unter Einschränkungen, und wir werden es auch nicht zitieren, und ich bin überzeugt davon, dass Kollege Lugar das auch nicht tun wird. Aber das, was er sagt, sollte uns natürlich schon zu denken geben, denn im Grunde wäre man natürlich schon befugt, daraus zu zitieren – außer man würde beispielsweise das Bankgeheimnis verletzen oder sonst irgendetwas.

Aber ich glaube, man sollte schon vorsichtig sein, was diese Stufe-1-Klassifizierungen und die Verwendung solcher Dokumente betrifft und auch was die von den vorlegenden Stellen vorgenommenen Klassifizierungen generell betrifft.

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, meine Anmerkung war der Hinweis darauf, dass ich zu Beginn der Sitzung die Verwendung von Dokumenten der Klassifizierungsstufe 1 der FMA, der OeNB, des BMF und des BMJ auch in der medienöffentlichen Verhandlung des Ausschusses in jener eingeschränkten Art und Weise zugesagt habe, wie es nicht den Ausführungen des Verfahrensrichters widersprochen hat, was die vier Punkte betrifft – nämlich Verletzung des Bankgeheimnisses, Verletzung von im EU-Recht statuierten Geheimhaltungspflichten, besondere geheimhaltungsschutzwürdige Interessen aus aufsichtsrechtlichen Erwägungen und Interessen von Aufsichtsbehörden aus Drittstaaten –, was eingangs auch zu einer Diskussion geführt hat. Deshalb habe ich den Verfahrensrichter auch gebeten, noch einmal darauf hinzuweisen.

Das gilt auch für Unterlagen der Klassifizierungsstufe 1: die medienöffentliche Behandlung mit Einschränkung, wenn gewährleistet ist, dass diese vier Punkte nicht verletzt werden. Bei jeder Sitzung haben wir eingangs darauf hingewiesen, und ich habe bei jeder Sitzung Dr. Pilgermair gebeten, noch einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen. Wir werden das auch in den nächsten Sitzungen so handhaben, weil das die rechtliche Grundlage, wie wir sie auch in der Verfahrensordnung festgelegt haben, darstellt.

Zur Geschäftsordnung hat sich weiters Herr Abgeordneter Krainer zu Wort gemeldet. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich wollte nur darauf hinweisen, dass auch bereits in der Vergangenheit in Untersuchungsausschüssen Ministerien Unterlagen geliefert haben, die nicht in einem Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand gestanden sind – wie mutmaßlich in diesem Fall, aber in der Vergangenheit gab es das jedenfalls –, und der Ausschuss hat dann diese Unterlagen einfach wieder zurückgeschickt. Das heißt, wenn das der Fall ist – und bei, ich weiß jetzt nicht, zweieinhalbtausend Akten, glaube ich, der FMA halte ich es für denkmöglich, dass vielleicht zehn davon nicht unmittelbar etwas mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun haben – und wenn man so etwas findet, dann kann man das, glaube ich, einfach in einer Geschäftsordnungssitzung darlegen, und dann schauen sich das alle Fraktionen an und dann schickt man das zurück.

Ich habe, um ehrlich zu sein, mehr Probleme damit, wenn uns Unterlagen nicht geschickt werden, die vom Untersuchungsgegenstand betroffen sind, als wenn uns Unterlagen geschickt werden, die nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasst sind.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist schon klar. Natürlich habe ich auch ein Problem, wenn uns etwas nicht geschickt wird.

Aber der Umstand, dass uns etwas geschickt wird, was wir gar nicht angefordert haben beziehungsweise was nichts mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun hat, zeigt ja, dass da eine gewisse Willkür herrscht. Und darum ist es mir ja gegangen. Es geht ja nicht darum, dass möglicherweise ein Fehler passiert, sondern es geht darum, herauszufinden, ob die liefernden Stellen auch genug Ernsthaftigkeit an den Tag legen – oder ob sie das möglicherweise nicht so ernst nehmen und einfach entweder mit dem großen Pinsel schwärzen oder eben irgendwelche Akten schicken, die gar nichts damit zu tun haben. Darum ist es mir gegangen.

*****

Vorsitzende Doris Bures erteilt, da es keine weiteren Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung gibt, Abgeordnetem Lugar noch für eine Dreiviertelminute zur Befragung das Wort.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Ettl! Sie haben gesagt, Sie wurden oft geprügelt und Sie haben viel Gegenwind erlebt. Was ist da konkret in Ihrer Vita vorgefallen?

Mag. Helmut Ettl: Bitte? – Ich habe jetzt die Frage nicht mitbekommen. Entschuldigung!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben in Ihrer Einleitung gesagt, dass Sie oft geprügelt wurden für Entscheidungen, die Sie getroffen haben, und dass Sie viel Gegenwind geerntet haben. Können Sie das präzisieren?

Mag. Helmut Ettl: Na ja, ich kann das präzisieren, dass wir, dass die FMA in den letzten Jahren ganz, ganz kritisch …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie persönlich, bitte, nicht die FMA. Sie persönlich!

Mag. Helmut Ettl: Auch ich persönlich – ja, also, ganz einfach: Ich wurde nicht persönlich geprügelt, sondern ich wurde in meiner Funktion als Vorstand der Finanzmarktaufsicht und für die Tätigkeit der Finanzmarktaufsicht geprügelt.

Also ich persönlich als Helmut Ettl wurde vielleicht, ja … – nein, wurde nie öffentlich geprügelt sonst.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wann hatten Sie solche Erlebnisse? Können Sie das präzisieren?

Mag. Helmut Ettl: Na ja, wenn man die Medien durchgeht, dann gibt es immer wieder verschiedenste Wellen, zum einen dass die FMA etwas unterlassen hätte oder dass die FMA überschießt und hier völlig unangemessen vorgeht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie persönlich habe ich angesprochen, nicht die FMA. Sie persönlich!

Mag. Helmut Ettl: Das habe ich ja schon gesagt. Also da steht oft, meistens: „FMA-Vorstand“ – weil in Österreich alles ja sehr stark personalisiert wird. Aber ich ad personam, Helmut Ettl als Person und als Individuum selber, ohne den Bezug zur FMA, wurde eigentlich noch nie geprügelt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha, interessant – weil Sie gesagt haben, Sie haben schon viele mutige Schritte gesetzt, für die Sie geprügelt wurden. Also ist das nicht richtig? – Das haben Sie gesagt in Ihrer Einleitung! Ich zitiere nur den Herrn Ettl. Da kann ich nichts machen, das ist halt so.

Also nehmen Sie das zurück? Sie wurden nie geprügelt?

Mag. Helmut Ettl: Ich nehme nichts zurück. Ich glaube, ich habe es allgemein verständlich formuliert. (Verfahrensanwalt Binder: Herr Abgeordneter, es ist wirklich klar, wie das zu verstehen ist!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich muss Sie auch auf die dritte Runde verweisen. Ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht. (Abg. Lugar: Der Verfahrensanwalt hat was gesagt?)

Bitte wiederholen Sie das, Herr Verfahrensanwalt, damit es der Herr Abgeordnete auch versteht.

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Herr Abgeordneter, es war wirklich klar, wie er es gemeint hat. Also diese Spitzfindigkeit, dass er sich persönlich gemeint hätte – das war in der ersten Aussage ja nicht differenziert.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals. – Herr Abgeordneter Lugar, ich nehme Sie gleich für die dritte Runde auf die Rednerliste.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Ettl! Ich möchte noch eine Frage zur Causa Puris stellen, um das abzuschließen.

Sie haben da von Beteiligungsverhältnissen berichtet, von einer Firma, an der die Frau Kulterer beteiligt war. Wie, haben Sie gesagt, war da das Beteiligungsverhältnis?

Mag. Helmut Ettl: 75 zu 25.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Okay. Woher wissen Sie das eigentlich? Das hat mich zuerst verwundert, und ich habe dann gefragt. Und da hat dann der Kollege Lugar für Sie geantwortet – aber Sie haben es dann bestätigt –, das würde im Aktenvermerk stehen. Aber da steht es nicht.

Mag. Helmut Ettl: Ich habe mich einfach kundig gemacht. Da dieses Thema angesprochen wurde, habe ich mich informiert und habe mich vorbereitet. Wo ist das jetzt …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Jetzt kundig gemacht für den Untersuchungsausschuss?

Mag. Helmut Ettl: Ja. (Abg. Hable: Okay!) Also, ganz ehrlich gesagt, dieses phänomenale Gedächtnis, über zehn Jahre eine Firma, die relativ klein ist, im Gedächtnis zu behalten, mit allen … – nein, das habe ich auch nicht. Ich habe mich vorbereitet für diesen Untersuchungsausschuss.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Lobenswert! Wissen Sie dann auch den Namen der Firma noch, an die diese Gelder geflossen sind?

Mag. Helmut Ettl: Ja (die Auskunftsperson blättert in Unterlagen) – Moment, ich habe ihn mir irgendwo aufgeschrieben –: WBG.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Genau, die WBG Business Service GmbH. Und wissen Sie auch, wofür dieses „WBG“ steht?

Mag. Helmut Ettl: Nein. Aber Sie werden es mir jetzt gleich sagen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, ich glaube, das sollte man wissen, wenn man sich mit dem Fall Puris beschäftigt – weil es ja auch eine gewisse humorvolle Note hat –:

Die Ermittlungsbehörden sagen uns, dass bei „WBG“ das „W“ für Wolfgang – nämlich Kulterer – steht, das „B“ für Brigitte Kulterer und das „G“ für den Günter Striedinger. – Also so weit zur Kreativleistung dieser Herren.

Das hat Deloitte, der Herr Kandler, durchschaut. Deswegen hat er Sie angerufen. Aber wie wir wissen, ist dann sieben Jahre lang nichts passiert.

Themenwechsel. – Sie waren ja auch vor Ihrer Tätigkeit als FMA-Vorstand lange Zeit in der Nationalbank, unter anderem Prüfungsleiter bei der Prüfung 2004. Würden Sie sich sozusagen als guten Kenner der Hypo Alpe-Adria bezeichnen, zum damaligen Zeitpunkt beziehungsweise als Sie dann Ihren Posten als FMA-Vorstand angetreten haben?

Mag. Helmut Ettl: Ich würde mich nicht als Spezialist für die Hypo Alpe-Adria bezeichnen. Da haben wir im Haus bessere Spezialisten. Ich würde mich als Kenner des österreichischen Finanzsystems und des Bankensystems bezeichnen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber welches Bild hatten Sie aufgrund Ihrer Prüferfahrung in der Nationalbank, als Sie dann 2008 FMA-Vorstand geworden sind?

Mag. Helmut Ettl: 2008 – das war im Februar 2008, als ich FMA-Vorstand geworden bin – hatte ich ein Bild, dass wir es geschafft haben, dadurch, dass die Hypo Alpe-Adria Kapital zugeführt bekommt, dass dort ein neues Risikomanagement aufgesetzt wurde, so wie es die Bayerische Landesbank versprochen hat, und die Bayerische Landesbank als strategischer Partner da ist, der sich verpflichtet hat, für diese Bank auch geradezustehen und diese Bank weiterzuentwickeln, dass wir hier einen ganz wichtigen Schritt nach vorne gekommen sind, dass die Bank jetzt in die richtige Richtung fährt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dieses neue Risikomanagement, wurde das angekündigt oder umgesetzt?

Mag. Helmut Ettl: Dieses neue Risikomanagement wurde von der Bayerischen Landesbank, die ja in der zweiten Jahreshälfte 2007 hier immer mehr eingestiegen ist, natürlich angekündigt – denn die Umsetzung eines Systems, eines Risikomanagementsystems dauert, wenn man hier ein sehr enges Projekt aufsetzt, bei der Komplexität so einer Gruppe mit Sicherheit zwei Jahre.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Was hatten Sie denn dann für Wahrnehmungen zum Risikomanagement der Hypo Alpe-Adria nach der Prüfung 2004?

Mag. Helmut Ettl: Nach der Prüfung 2004? – So, wie wir das auch im Prüfbericht festgehalten haben zum damaligen Zeitpunkt: Dass es hier Mängel gegeben hat, allerdings diese Mängel nicht außergewöhnlich sind.

Man muss auch hier wieder einmal dazusagen, auch wenn das natürlich immer als kompliziert angesehen wird, dass die Risikomanagementsysteme und die Anforderungen an Risikomanagementsysteme vonseiten der Aufsicht sich über die Zeit entwickelt haben. Und die Anforderungen von 2004 und auch die gesetzlichen Voraussetzungen, die regulatorischen Voraussetzungen waren ganz andere – ich habe sie vorhin vorgelesen, diese vier Sätze im Bankwesengesetz –, das war etwas ganz anderes als das Risikomanagement-, das Kreditrisikomanagementsystem, das zumindest nach der Basel-II-Einführung 2006 gefordert wurde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das überrascht mich jetzt, dass Sie den Bericht 2004 als „nicht außergewöhnlich“ bezeichnen. Ich lese hier von Risikopolitik und Risikostrategien, die nicht den Standards entsprechen oder nur ansatzweise vorhanden sind. Der Kreditrisikobereich insgesamt ist, na ja, hier steht: verbesserungsbedürftig. In Wahrheit hat man sich nur am Volumen orientiert und nicht an der Bonität, das heißt, das Risiko vollkommen außer Acht gelassen. Es gibt keine Risikoberichte der Beteiligungen, es gibt keine Risikotragfähigkeitsmessung. – Ist das „nicht außergewöhnlich“?

Mag. Helmut Ettl: Schauen Sie, der Begriff der Risikotragfähigkeitsmessung ist ungefähr ein Jahr vorher aufgekommen – nur um Sie zu informieren, wie hier die Entwicklung gelaufen ist.

Wir sind hier in einer Fließperiode, und 2004 haben wir mit Sicherheit nicht jene Standards auch verlangen können – und keine Bank in Österreich hat diese Standards gehabt! –, die wir heute verlangen oder die wir auch dann schon 2009 verlangt haben, Herr Abgeordneter. So ist das halt einfach!

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Trotz Ihres Zeitguthabens aus der ersten Runde haben Sie jetzt noch Zeit für eine Frage. Ich wollte Sie nur darauf aufmerksam machen. – Sie haben das Wort.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Eine Frage oder eine kurze Frage? Wieviel Zeit habe ich noch? (Vorsitzende Bures: 27 Sekunden!) – Dann mache ich in der nächsten Runde weiter. – Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Aber in dieser Runde kann weder die Zeit überschritten noch mitgenommen werden. Wie Sie wollen, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann verliere ich jetzt 27 Sekunden, aber ich gehe trotzdem in die nächste Runde. – Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Gut. – Ich wollte Sie nur darauf aufmerksam machen, damit wir dann nicht wieder eine Diskussion haben. Als nächster Fragesteller ist Herr Abgeordneter Krainer zu Wort gemeldet. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich würde Ihnen gerne Folgendes vorlegen: „Interner Aktenvermerk betreffend Hypo Alpe Adria Konzern“, der hat die Nummer 12838, und zwar die komplette Version, und ich würde die Auskunftsperson ersuchen, die Seiten 6 folgende anzuschauen, ich würde sagen, bis inklusive 14, nein, ich glaube 13 reicht. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da geht es um die Wiederaufnahme der Prüfung. Das beginnt, wenn ich das richtig sehe, mit einem E-Mail, das Sie an einige schicken, unter anderem an Pipelka, und zwar am 22. März um 1:42 Uhr. Ich frage Sie jetzt nicht nach Schlafstörungen, aber mir kommt das alles ehrlich gesagt sehr, sehr schnell vor, denn noch am selben Tag gibt es dann den vierseitigen Bericht von Pipelka über ... Also Sie schicken eine APA-Meldung weiter, wo es um Zagorec und um die Verbindungen zur Hypo geht, und am selben Tag legt dann der Herr Pipelka einen Aktenvermerk über Informationen aus der Bank, die er sich angeschaut hat, wo die Bank Ihnen sagt, was sie wirklich für Geschäfte hat mit Herrn Pipelka.

Und nun haben wir heute etwas erfahren – und das geht auch aus dem hervor, was dann auf Seite 12 steht –: 

„Im Zuge einer Besprechung am 23.3.2007 wurde im Hinblick auf die aktuelle Medienberichterstattung betreffend die Geschäftsverbindung mit Vladimir Zagorec bei der Hypo Alpe Adria Gruppe beschlossen, die Prüfungshandlungen (...) wieder aufzunehmen.“

Das ist quasi am nächsten Tag. Ist das der normale Ablauf für OeNB-Folgeprüfungen (Auskunftsperson Ettl: Na ja, ...!) beziehungsweise – Entschuldigung! – Wiederaufnahmen?

Mag. Helmut Ettl: Ich schaue jetzt gerade: Das ist eine APA-Meldung über, glaube ich, ...

Das ist, glaube ich, das erste Mal, dass aufgetaucht ist, dass der Herr Zagorec diese engen Verbindungen zur Hypo Alpe-Adria hat, und nachdem Zagorec halt ein Waffenhändler und sonst eine schillernde Figur war, hat mich das einmal sehr unmittelbar interessiert: Ist das eine Zeitungsente oder gibt es da wirklich diese Zusammenhänge?

Das hat mich sehr unmittelbar interessiert, und wenn ich solche Sachen um 1:42 Uhr in der Früh weitergeschickt habe, haben die Mitarbeiter gewusst, dass ich es relativ früh haben möchte und haben dann sehr rasch die Abklärung vorgenommen, dass hier umfassende Geschäftsbeziehungen zu Zagorec vorliegen.

Und nach dem, was sonst über Zagorec bekannt war, haben wir damals gesagt: Ja, jetzt müssen wir aber schauen! Ich meine, wir können jetzt nicht ... Wir haben eine offene Prüfung, die haben wir noch nicht ganz abgeschlossen. Was machen wir jetzt? – Und dann haben wir gesagt: Da müssen wir schauen, da müssen wir noch einmal hinein – das war es! –, nachdem klar geworden ist: Diese Verbindungen, die in den Zeitungen angedeutet waren, die sind tatsächlich da.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und bei dieser Prüfungsaufnahme haben Sie dann vier Prüfungshandlungen beschrieben, das ist ebenfalls auf Seite 12 dieses Aktes. Da kommt dann der Mag. Hopfer vor.

Mag. Helmut Ettl: Ja, da hat es eine Besprechung in der OeNB gegeben: Wie gehen wir da jetzt weiter vor? – Das ist ja nicht eine ganz gewöhnliche Sache, dass man eine Prüfung eigentlich schon abgeschlossen hat und eine Prüfung noch einmal aufnimmt. Daher haben wir uns da auch zusammengesetzt – und ich glaube also ...; wer war denn noch dabei? – und haben durchdiskutiert, wie denn diese Prüfung gestaltet werden kann. Es war damals klar, dass auch die FMA sich an dieser Prüfung mit eigenen Prüfern noch einmal beteiligen möchte, und wir haben versucht, einen Prüfungsschwerpunkt oder die Prüfungsschwerpunkte zu definieren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Jetzt möchte ich etwas anderes vorhalten. Das ist kein Dokument aus dem Untersuchungsausschuss. – Ich habe jetzt nicht Kopien für alle, denn das hat irgendwer anderer einmal vorgelegt. Ach so, es gibt doch Kopien für alle.

Das Dokument betrifft das „XXVI. Legal Expert Meeting vom 18.4.2007“. Da geht es konkret um die Seite 194, die Nummerierung ist rechts unten. Da ist in der Mitte bei „Kapitalaufbringung“ der letzte Bullet Point: „Laufende Prüfung der OeNB (seit Herbst 2006)“.

Mag. Helmut Ettl: Darf ich fragen, was das für eine Unterlage ist? Ich kenne sie jetzt nicht. (Abg. Lugar: Wir teilen unsere Unterlagen das nächste Mal nicht mehr aus! Das habt ihr ja von uns, oder?)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja! Und? – Ich verwende immer alle Unterlagen, die da sind. Da gibt es ja kein Copyright!

Vielleicht kann der Kollege Lugar genau sagen, woher er das hat? (Abg. Lugar: Nein!) – Das will er jetzt nicht, okay. (Ein Mitarbeiter beugt sich zu Abg. Lugar.) Ah, jetzt wird es ihm gerade geflüstert; vielleicht kann er es doch sagen. – Nein.

Das ist eine Unterlage, da geht es um ein Protokoll, wo sich die Hypo-Gruppe und die BayernLB quasi zusammensetzen – da sieht man ja die Teilnehmer – und Fragen der Übernahme der Bank durchbesprechen, davon gehe ich aus, und verschiedene offene Fragen, die es bei der Übernahme gibt. Und unter dem Punkt „Kapitalaufbringung“ gibt es einen Bullet Point zu „Laufende Prüfung der OeNB (seit Herbst 2006)“:

„Wegen Bankenausschuss im Nationalrat bewusste Hinauszögerung des Berichts durch OeNB (aus dem Ausschuss gelangen Informationen schnell an Öffentlichkeit) durch Fortsetzung der Prüfung betreffend Geldwäsche/Zagorec“.

Zweiter Punkt: „Derzeit auch noch kein Entwurf des Berichts vorhanden“.

Dritter Punkt: „Schlussbesprechung war unproblematisch“.

Was ich spannend finde, ist, dass es, schon bevor es einen Bericht gibt, eine Schlussbesprechung gäbe. Aber ich wollte Ihnen einmal die Zeit geben, das anzuschauen.

Mag. Helmut Ettl: Also was ich ausschließen kann, das ist, dass es irgendeine bewusste Verzögerung einer Lieferung irgendeines Berichtes gegeben hat. Und ich glaube, dass diese Prüfung wieder aufgenommen werden musste, ist, glaube ich, auch von der Prüfungsbrisanz her relativ klar. Und am Ende des Tages ist ja der Bericht an den Untersuchungsausschuss geliefert worden in seiner Rohfassung. Aber es hat sicherlich in keiner Weise eine Verzögerung der OeNB gegeben oder dass die Wiederaufnahme der Prüfung in irgendeinem Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss, dem Banken-Untersuchungsausschuss, gestanden wäre, damit irgendein Prüfbericht ...

Woran ich mich erinnern kann, ist, dass es damals irgendwelche Zurufe gegeben hat vonseiten der Bank: Wenn dieser Bericht an die Öffentlichkeit geht, dann wird die OeNB in Grund und Boden geklagt, wenn sie diesen Bericht weitergibt. – Wir haben ihn weitergegeben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Jetzt hat die Auskunftsperson vor Ihnen, der damalige Hauptabteilungsleiter und jetzige Herr Vizegouverneur der OeNB Ittner, gesagt, die Prüfung wurde auch deswegen wieder aufgenommen, weil gerade der Banken-Untersuchungsausschuss gelaufen ist und man Aktivität zeigen wollte.

Mag. Helmut Ettl: Man wollte Aktivität zeigen? – Also ich kann mich erinnern, dass es klar war, dass, nachdem diese Zagorec-Geschichten und so weiter aufgetaucht sind, wir gesagt haben, wir können doch jetzt nicht eine Prüfung einfach abschließen, wenn solche Sachen neu auf den Tisch kommen! Es wird keiner verstehen, wenn man sich das nicht anschaut. So ungefähr: Man schließt bürokratisch, weil jetzt gerade die Prüfung am Ende war, die Prüfung jetzt ab und macht nichts mehr dazu. – Das war die Überlegung. Das war meine Wahrnehmung dazu.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Na, nur weil hier der Vorwurf steht, die OeNB hätte das absichtlich gemacht, damit eben, solange dieser ... Man muss dazu sagen, das ist vom 18. April und der Ausschuss ist ja bis in den Juli gelaufen, aber dass jedenfalls am 18. April hier die ... Ich nehme einmal an, dass das eine Information der Hypo ist und nicht der Bayern, denn die werden das nicht so genau verfolgt haben, wobei der Herr Faltlhauser damals, glaube ich, auch im Ausschuss war. Der war persönlich hier, aber verfolgt wird er das nicht so genau haben. Der Vorwurf hier ist jedenfalls, die OeNB hat die Prüfung quasi wieder aufgenommen, um die Berichtslegung zu verzögern.

Mag. Helmut Ettl: Also ich habe dazu keine Wahrnehmung, dass es so etwas gegeben hat. Und ich kann auch ausschließen, dass irgendwelche Prüfer der OeNB hier solche Motive ... dass in dieser Sphäre solche Motive den Ausschlag gegeben hätten. Also ich habe in der OeNB eine Atmosphäre erlebt, dass wir jederzeit von Außeninterventionen abgeschirmt waren und wir auch in turbulentesten Zeiten unsere Arbeit verrichten konnten und dass solche Sachen nie an uns herangetragen wurden.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Eine kurze Frage.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. – Was heißt abgeschirmt?

Mag. Helmut Ettl: Abgeschirmt heißt, dass wir in keiner Form irgendeinem Druck ausgesetzt waren, der von außen transportiert wurde. Das heißt, wenn es irgendwelche Einflüsse von außen gegeben hätte, wurde das nicht an die Prüfer in der OeNB weitergegeben. Wir haben in den turbulentesten Zeiten unsere Prüfungen durchführen können und haben das Gefühl gehabt, dieses Haus steht hinter uns. Und ganz ehrlich gesagt, wir waren damals auch sehr stolz, in diesem Haus zu arbeiten, weil wir gewusst haben, wir sind da in einer besonders exponierten Lage, und unser Haus, unsere Nationalbank steht hinter den Prüfern, die in den Banken prüfen und die oft[xiv] sehr unangenehme Ergebnisse für Banken ans Tageslicht fördern.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wer hat abgeschirmt?

Mag. Helmut Ettl: Wie das genau ... Also es wurde niemals zugelassen, dass irgendwer da hineinintervenieren könnte, und es wurden auch keine Interventionen von oben nach unten irgendwo weitergegeben. So etwas hat es nicht gegeben!

Was in der Sphäre des Direktoriums an Diskussionen ... Aber die haben dafür gesorgt, dass bei uns in der OeNB damals geprüft werden konnte, ungestört geprüft werden konnte und die Wahrheit ans Licht befördert wird.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich würde ja gerne weiterfragen, aber die Vorsitzende ist heute so streng zu mir.

Vorsitzende Doris Bures: Die Vorsitzende versucht, auch Sie darauf aufmerksam zu machen, die von Ihnen beschlossene und vereinbarte Redezeit einzuhalten.

Daher mache ich Sie jetzt auch darauf aufmerksam, dass Sie in der Verfahrensordnung vereinbart haben, dass die Befragungsdauer der Auskunftsperson drei Stunden nicht überschreiten soll. Die sind mittlerweile, wie bei der vorangegangenen Auskunftsperson, bereits überschritten. Ich mache noch einmal darauf aufmerksam, dass ich spätestens nach vier Stunden die Befragung für beendet erklären werde. Ich sage das auch deshalb, weil wir jetzt mit der dritten Fragerunde beginnen, und ich habe auch schon von allen Fraktionen Wortmeldungen eingetragen.

Herr Abgeordneter Podgorschek, Sie sind der Erste in der dritten Runde: 3 Minuten.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Herr Mag. Ettl! Wir haben in unserem Aktenbestand eine Kurzanalyse Ihres seinerzeitigen Kollegen Dr. Schütz, und ich darf Ihnen diese Analyse mit der Aktennummer 13546 zukommen lassen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Diese Analyse stammt bereits aus dem Jahre 2001, und interessant ist sie deshalb, weil wir natürlich laufend mit diesen Landeshaftungen konfrontiert werden, und da steht unter anderem drinnen – ich darf kurz zitieren –: 

„Im Hinblick auf die Haftungsfrage durch die Bundesländer ist anzuführen, dass es sich ausschließlich um Ausfallshaftungen gem.“ – also gemäß – „§ 1356 ABGB handelt, und nur

im Falle der Zahlungsunfähigkeit (...) und

nach Verwertung sämtlicher Aktiva der jeweiligen Hypothekenbanken

schlagend werden. Wie im Falle der Bank Burgenland zu sehen war, sind die Länder bemüht schon vor Ziehung der Haftung die Probleme anderweitig zu lösen.“

Jetzt haben wir im Verteiler dieser Kurzanalyse unter anderem auch Ihre Person, und meine Frage lautet: Kennen Sie diese oder können Sie sich an diese Kurzanalyse erinnern?

Mag. Helmut Ettl: Nein, ich kann mich nicht erinnern, dass es die 2001 gegeben hat. Es ist eine sehr kurze Analyse.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Es ist schon sehr lange her. War das damals die Rechtsmeinung der OeNB?

Mag. Helmut Ettl: Ich glaube, die Analyse war sehr kurz. Eine schwierige, komplexe Frage wurde hier auf drei, vier Seiten beantwortet, und soweit ich mich erinnern kann ist der Herr Schütz auch kein Jurist. Also von da her, glaube ich, war das eine ganz geschwinde Arbeit, die in der Folge sicherlich nicht die juristische Hausmeinung der OeNB geworden ist.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Ja, aber nachdem Sie im Verteiler waren, wäre zu erwarten gewesen, dass Sie dem dann widersprechen. – Beziehungsweise: Es war ja nicht nur Ihre Person drauf, sondern auch der Herr Mag. Ittner, den wir heute befragt haben, und die Frau Dr. Tumpel-Gugerell, und es ist in unserem Aktenstand keinerlei Widerspruch zu erkennen beziehungsweise keine Aktennotiz, in der dieser Kurzanalyse widersprochen wird. Also kann ich dann davon ausgehen, dass zumindest zu dem damaligen Zeitpunkt das so zur Kenntnis genommen wurde.

Mag. Helmut Ettl: Sie können davon nicht ausgehen, weil ich jetzt nicht den gesamten Aktenbestand von damals kenne, ob da nicht noch irgendetwas anderes ist, und vor allem ist die Frage: Warum ist der geschrieben worden? Was war da? Was ist das Motiv? – Ich habe das nämlich nicht gelesen. Ich glaube Ihnen, dass das so drinnen steht.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sie haben sie ja vor sich liegen, diese Analyse. Und Sie stehen am Verteiler (Auskunftsperson Ettl: Ja, ja, 2001!), also müssten Sie sie dann auch gelesen haben.

Mag. Helmut Ettl: Ja, ja! Vor 15 Jahren habe ich das sicherlich gelesen.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Ich mache es Ihnen nicht zum Vorwurf, dass Sie sich nicht erinnern können. Nur interessiert mich: Wann hat sich die Rechtsmeinung der OeNB geändert? War das dann im Zuge der Verstaatlichung? Oder war das schon weit früher? Es gibt – zumindest im Aktenbestand – nichts, wo das erkennbar ist.

Mag. Helmut Ettl: Erstens, die juristischen Auslegungen, wenn sie tiefer gegangen sind, waren in der Arbeitsaufteilung zwischen FMA und OeNB immer auf der FMA-Seite. Die OeNB war immer der wirtschaftliche Fact-Finder und niemals der Ausleger der Gesetze, das war immer auf der FMA-Seite.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Aber Sie waren ja damals bei der OeNB, und das war ein OeNB-internes Papier.

Mag. Helmut Ettl: Aber warum das in der OeNB geschrieben wurde zum damaligen Zeitpunkt, was das für eine Rolle gespielt hat – ich kann das heute nicht mehr sagen. Auf jeden Fall, seit ich mich mit dem Thema aktiv auseinandersetze, haben wir eigentlich eine andere Meinung dazu gehabt.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Seit wann setzen Sie sich damit aktiv auseinander?

Mag. Helmut Ettl: Aktiv haben wir uns sicherlich ab dem Jahr 2006/2007 damit auseinandergesetzt, weil wir uns da natürlich schon das erste Mal Worst-Case-Szenarien überlegt haben.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sie haben heute so salopp gesagt: Bei der Hypo Alpe-Adria hat das Land Kärnten besonders diese Hypo in Anspruch genommen. Können Sie das mit konkreten Zahlen belegen? Oder ist das nur Ihre subjektive Wahrnehmung aufgrund der Medienberichte, die damals stattgefunden haben?

Mag. Helmut Ettl: Es hat viele Engagements gegeben, die öffentlich Hypo und Land gemeinsam verkauft haben. Ich habe auch gesagt, das ist an und für sich ja noch nichts Ungewöhnliches, aber in Kärnten ist das besonders intensiv praktiziert worden.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Aufgrund konkreter Zahlen oder aufgrund der medialen Berichte?

Mag. Helmut Ettl: Ich habe jetzt keine konkreten Zahlen.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Weil die Bilanzsumme ja bei der Hypo Alpe-Adria wesentlich höher war als bei anderen Landes-Hypos: Ich muss wieder auf mein eigenes Bundesland zurückkommen, denn wenn ich mir das anschaue, was Oberösterreich teilweise über die Hypo finanziert, weiß ich nicht, ob das nicht wesentlich mehr ist, als seinerzeit das Land Kärnten im Verhältnis zur Bilanzsumme finanziert hat. Ich denke nur an das Musiktheater, das über die Genussscheine finanziert wird.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, nachher haben Sie noch eine kurze Abschlussfrage.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Ich warte nur noch auf die Antwort.

Mag. Helmut Ettl: Ich kann das jetzt nicht nachrechnen, da fehlt mir jetzt die Datenbasis.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Also Sie haben da keine konkreten Vergleiche. Kurze Nachfrage: Wissen Sie, sind diese Kredite, die das Land Kärnten aufgenommen hat, alle zurückgezahlt worden oder hat da die Hypo Alpe-Adria einen Forderungsverzicht machen müssen?

Mag. Helmut Ettl: Also die Kredite, die das Land Kärnten direkt aufgenommen hat, …

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Für diese Projekte. Die Hypo hat ja nichts hergeschenkt. Nicht mehr, als alle anderen Landes-Hypos so an Sponsoring machen. Aber jetzt für die konkreten Projekte.

Mag. Helmut Ettl: Das Land Kärnten ist bis jetzt nicht ausgefallen, und daher hat das Land Kärnten alle Verbindlichkeiten bedient. Sonst wäre ja ein Konkurs des Landes oder ein Bankrott des Landes Kärnten – wie das mit dem Konkurs ist, ist eine andere Frage –, aber ein Bankrott des Landes Kärnten eingetreten.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Danke, das wollte ich hören.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Mag. Ettl, ich halte Ihnen eine Notiz von Herrn Mag. Laszlo vor. Das ist für alle anderen das Dokument 12718, Lieferant ist die Nationalbank; das ist vom 4. Juli 2006, und es sind die Seiten 276 bis 280 in der Nummerierung der Vorlage. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Ist Ihnen dieses Dokument noch erinnerlich?

Mag. Helmut Ettl: An dieses Dokument kann ich mich erinnern, ja.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): In diesem Dokument beschreibt Herr Mag. Laszlo Punkte im Vorgehen der FMA, die sich in Bezug auf die Swapverluste als äußerst unvorteilhaft erwiesen haben.

Er sagt hier beispielsweise über die Situation der Finanzmarktaufsicht, diese sieht sich massiven Widerständen der betroffenen Banken und ihrer Eigentümer gegenüber, als äußerst unvorteilhaft im Vorgehen der FMA haben sich erwiesen beispielsweise die sehr früh auf Basis noch dünner Faktenlage gewählte Devise der FMA, null Toleranz zu gewähren, die medial transportierte Ankündigung, drei von vier Geschäftsleiter entheben zu wollen, und das Vorgehen beziehungsweise Verzögern der FMA im Rahmen der von der HBInt begehrten Akteneinsicht.

Wie sehen Sie das? Haben Sie damals diese Punkte übernommen?

Mag. Helmut Ettl: Auch wenn hier wiederum dieser Aktenvermerk weitergeschickt wurde bis zum Gouverneur, das war nicht die offizielle Hausmeinung dadurch, dass es weitergeschickt wurde. Das war eine Meinung der Prüfer in Kärnten, die hier eine spezifische Wahrnehmung der damaligen Situation gehabt haben, aber natürlich nicht den Gesamtüberblick gehabt haben, was eigentlich insgesamt so im Gesamtbild läuft, weil natürlich das Geschäftsleiterqualifikationsverfahren und der erste Schritt[xv] auf der Bilanzierungsfragestellung aufgesetzt hat und weniger an der Kreditrisikomanagementfragestellung und hier ja sehr schnell eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen der Bilanzierungsfragestellung auch erfolgt ist.

Daher ist es so zu werten, dass es natürlich Fragen gegeben hat und das darauf hindeutet, dass wir damals natürlich auch internen Kommunikationsbedarf gehabt haben. Wir haben dann sicherlich in der weiteren Folge mit den Prüfern darüber gesprochen und sie informiert, wie sich denn insgesamt die Sachlage darstellt. Aber vorher haben die eben einmal ihren Unmut aufgrund ihrer unmittelbaren Erfahrung, die sie in Klagenfurt vor Ort gemacht haben, kundgetan.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, Sie haben die Prüfer dann insofern beruhigt, als Sie ihnen gesagt haben: Wir streben ein Geschäftsleiterenthebungsverfahren an, es wird Anzeige erstattet wegen Bilanzfälschung. Oder wie haben Sie die Prüfer dann beruhigt?

Mag. Helmut Ettl: Im Wesentlichen indem wir die Gesamtsituation in der Gesamtsichtweise – es sind ja verschiedenste Untersuchungen gleichzeitig gelaufen – dann zusammengeführt haben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Gehen wir in diesem Dokument …

Mag. Helmut Ettl: Aber es zeigt so, dass das, was die Aufsicht damals gemacht hat – vor der gesamten öffentlichen Diskussion – ein ziemlich mutiger Schritt war, und auch was die damaligen FMA-Vorstände hier durchgezogen haben. Das war nicht so eine klare Geschichte wie zehn Jahre nachher, wo man sagt: Ist eh klar, was damals passiert ist. Da ist ein Gutachten dagegen gelaufen, da sind alle möglichen Gerüchte gelaufen, und so weiter. Ich muss noch heute sagen: Hut ab vor den damaligen Vorständen, die das durchgezogen haben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Dann lassen Sie mich eine andere Frage noch formulieren. Ich wollte Sie zwar jetzt noch einmal weiter im Verlauf des Dokumentes befragen, aber weil Sie das jetzt gerade noch mit dem Gutachten angesprochen haben: Sie haben vorher auch gesagt, dass es dann auch – wenn ich Sie richtig verstanden habe – ein Gutachten gegeben hat, dass die Swapverluste, also die Nichtaufdeckung der Verluste in der Bilanz 2004, dass das durchaus auch richtig gewesen ist.

Wie erklären Sie sich aber dann, dass die Wirtschaftsprüfer ihr Testat zurückgezogen haben?

Mag. Helmut Ettl: Das war eine Fragestellung, und wie es oft in solchen Fällen ist, ist es so, dass die, die hier einen Standpunkt verteidigen, versuchen, sich mit Gutachten abzusichern. Es hat Gutachter gegeben, die das niedergeschrieben und gemeint haben, das geht alles.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wer waren damals die Gutachter?

Mag. Helmut Ettl: Das weiß ich jetzt nicht mehr. (Abg. Tamandl: Können Sie sich da noch erinnern?) – Das weiß ich nicht. Aber das müsste an und für sich auch im Aktenbestand sein, den wir übergeben haben. Aber ich weiß es jetzt nicht, wer die Gutachter waren.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Hat es in Ihrer gesamten Zeit – Sie haben heute von 900 Banken gesprochen, die Sie geprüft haben – als Prüfer und Abteilungsleiter und in Ihrer gesamten Aufsichtszeit es jemals gegeben, dass ein Wirtschaftsprüfer sein Testat zurückgezogen hat?

Mag. Helmut Ettl: Ich überlege gerade – nein.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das hat es nie gegeben, das war einmalig?

Mag. Helmut Ettl: Das war eine einmalige Situation.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Haben Sie das Gefühl, dass das damals absichtlich gemacht worden ist, dass man diese Verluste nicht aufgedeckt hat?

Mag. Helmut Ettl: Das ist, glaube ich, heute auch durch die forensischen Berichte und so weiter relativ nachvollziehbar, wie diese Prozesse gelaufen sind. Es hat ja am Ende des Tages vor Gericht in Klagenfurt von Herrn Kulterer ein Geständnis gegeben.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Mag. Ettl, Sie haben vorher bei der Befragung durch Frau Dr. Lichtenecker gesagt, Skiper sei Ihnen vermutlich aus 2004, allenfalls 2005, 2006 ein Begriff. Ja, aber was verbinden Sie mit dem Begriff, mit dem Wissen von damals zunächst, denn nur das macht Sinn? Was haben Sie sich darunter vorgestellt? In welchen Besprechungen ist das aufgetaucht?

Mag. Helmut Ettl: Im Detail kann ich mich nicht mehr erinnern, aber das sind Begriffe, die immer wieder in Besprechungen aufgetaucht sind. Soweit weiß ich es, und das sind auch Engagements, die immer wieder gecheckt wurden, denn da waren Probleme drin. Da hat es Themen gegeben – ob es im Wertberichtigungsbedarf war oder in der Feststellung, wer sind die Ultimate Owner und so weiter. Da hat es Themen gegeben.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Waren die Themen auch dieser Art, dass dort besondere Konstruktionen stattgefunden haben?

Mag. Helmut Ettl: Ich habe mir so viele Einzelengagements über die Jahre angeschaut, aber ich kann mich hier nicht genau erinnern.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aus der Notiz dieser Besprechungen, wo diese variierenden Protokolle vorliegen – aber auf das will ich gar nicht hinaus –, geht ja hervor – und das war eine Vorbesprechung zur Prüfvorbereitung 2006/07, das war ja dann schon eine umfassende Prüfung aufgrund der Erfahrungen –, dass man sich da an sehr prominenter Stelle, relativ weit vorne aus diesem Protokoll ersichtlich, über diese Dinge unterhält, und zwar aufgrund von Medienberichten, die ja gar nicht einmal zu knapp waren.

Haben Sie – das bezieht sich speziell auf das Jahr 2006 – eine Erinnerung beziehungsweise eine Wahrnehmung dazu, welche dieser Projekte hier mit Besonderheiten aufgefallen sind? Sie sagen hunderte, tausende Projekte – ja, hunderte und tausende Projekte haben Sie aber nicht in der Zeitung gelesen und besprochen, oder ist das doch so? Wie müssen wir uns das jetzt vorstellen?

Mag. Helmut Ettl: Es hat hier Projekte gegeben, die in der Zeitung waren – ich weiß nicht, der Herr Abgeordnete Pilz hat uns auch Projekte zukommen lassen, die wir auch in diese Prüfung eingespeist haben.

Wir haben natürlich ab 2006 eine gewisse Grundskepsis gehabt: Wissen wir alles über diese Bank? – Und da haben wir versucht, unser Wissen zu verbessern, indem wir gesagt haben: Wichtig ist, dass wir uns hier die grenzüberschreitenden Beziehungen näher anschauen. Schauen wir, ob wir etwas finden.

Da waren die kroatischen Aufseher dabei, da waren die liechtensteinischen Aufseher, die bosnischen Aufseher und so weiter dabei. Leider ist es nicht so einfach gewesen, wie wir es uns damals vorgestellt haben, dass man diese Bewegungen so schnell herausbekommt.

Und leider sind ja in verschiedenen Kreditfällen am Ende des Tages jahrelange forensische Ermittlungen notwendig gewesen mit staatsanwaltschaftlichen Methoden, wie Hausdurchsuchung und Ähnliches, um hier weiterzukommen. Verschiedene Fälle sind bis heute nicht genau aufgedeckt, denn unintelligent waren die Personen, die hier tätig waren, ja nicht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Jetzt gehen wir davon aus, dass die OeNB im Auftrag der FMA hier eher sozusagen die systemische Frage anschaut, in dem Fall Kreditrisiko, Wertberichtigungsbedarf et cetera. Aber es hat spezielle Fälle gegeben, wo ja das Strickmuster, sozusagen auch die betrügerische Handlungsanleitung, nachgerade zu schön in den Zeitungen gestanden hat. Ich erinnere mich deshalb gut, weil ich selber die Medien damals informiert habe.

Dieses Protokoll, das Ihnen Frau Dr. Lichtenecker, ich will nicht einmal sagen vorgehalten, aber übergeben hat, bezieht sich ja genau darauf. Jetzt frage ich mich schon, oder auch eben der Dr. Pilz, der Kollege Holub, der ja selber – Sie waren ja damals noch in der Notenbank – ständig in der FMA angerufen und diese Konstruktionen geschildert hat, …

Bei Skiper war es ja so, dass … – So kompliziert war das dann auch wieder nicht. Es war nur kompliziert, weil ein Haufen Beteiligungsgesellschaften in der direkten Linie nach Klagenfurt ressortiert haben und die ihre eigenen maroden Kreditengagements über die Beteiligungsseite aufgekauft haben, und das noch einmal selber finanziert haben; also sozusagen den Unfug quadriert haben.

Wenn das aber schon im „Kurier“, in der „Presse“ und ich weiß nicht wo noch überall steht, was ist dann so schwer für die Aufsicht, bei einer Stichprobenziehung – die man ja bei so einer Gelegenheit vielleicht dann auch noch macht – sich genau diese Projekte vorzunehmen? – Skiper, Adriatic Luxury, die ja der erwähnte Dr. Pilz extra schriftlich eingegeben hat, da waren Sie noch nicht dort, aber der spätere Kollege Pribil sozusagen, der ja auch geantwortet hat.

Unser Eindruck ist, dass hier relativ detailliertes Wissen verfügbar war, das muss ja nicht …

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist ausgeschöpft, wenn Sie noch eine Frage haben, dann würde ich Sie bitten, diese kurz zu formulieren. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wenn schon überall diese Handlungsmuster skizziert werden, auch wenn dies ein bisschen komplexer sein mag – ganz so schwierig schien mir sozusagen diese Betrugskonstruktion dann nun auch wieder nicht zu sein; und ich sage bewusst Betrug.

Damals waren Sie ja noch als OeNB-Mitarbeiter dabei, was haben Sie für Wahrnehmungen, dass die beauftragende FMA, mit der haben Sie ja das …

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, bitte eine kurze Frage formulieren!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Was für einen Auftrag hat die FMA gegeben, wie die Notenbank das anzugehen hat, dass man hinter diese Dinge kommt, denn das waren ja keine Alltäglichkeiten?

Mag. Helmut Ettl: Wie gesagt, die verschiedenen Fälle wurden damals diesem Prüfteam gegeben, und es wurde damals versucht, mehr rauszufinden. Dass wir nicht mehr herausgefunden haben, wundert mich heute nicht mehr, denn, wie gesagt, wenn ich mir anschaue, wie schwierig es nachher war, als man praktisch im Besitz der Bank war, wo man intern voll den Zugriff auf alle Unterlagen gehabt hat, in der Forensik genau die Nachweise zu führen, seitdem weiß ich: Bei diesen Arten von kriminellen Machenschaften reichen die Instrumente einer Bankenaufsicht einfach nicht.

Ich glaube, das ist auch der grundsätzliche Irrtum. Da ist Bankenaufsicht ein unwirksames Instrument, wenn solche Strukturen vom Zentrum aus, nämlich auch von den entscheidenden Managern, in der Bank konstruiert werden und dann immer noch so ein paar Offshore-Destinationen mitspielen.

Das ist nicht Bankenaufsicht, das ist eben kriminelle Untersuchung. Das wissen wir heute auch. Das kann man mit bankenaufsichtlichen Methoden nicht herausbekommen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich möchte noch einmal auf den Vorhalt zurückkommen, dass die OeNB-Prüfung hinausgezögert wurde, um der Bank zu nützen. Ganz besonders interessant ist ja der Zusammenhang, dass die Verlängerung dieses Prüfauftrags um die Geldwäsche aufgrund eines Zeitungsartikels aus dem Blatt „Globus“ erfolgt ist.

Wenn man weiß, dass „Globus“ zur „Europapress Holding“ gehört und die „Europapress Holding“ ein großer Kreditnehmer bei der Hypo ist und man davon ausgehen kann, dass ein gewisser Einfluss da ist, ist die Optik doch etwas eigenartig. Es könnte ja sein, dass man hier ganz bewusst so eine relativ harmlose Geldwäschegeschichte inszeniert hat, um einen Vorwand zu liefern, dass die OeNB das ohne Gesichtsverlust in die Länge ziehen kann.

Das wäre ja denkbar, nicht?

Mag. Helmut Ettl: Herr Abgeordneter, ich habe jetzt nicht ganz folgen können. Wie funktioniert das? Ich verstehe es nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Die Zeitung „Globus“ ...

Mag. Helmut Ettl: Ja? – Ich kenne die Zeitung „Globus“ jetzt einmal nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau, die kennen Sie nicht. Aber Sie kennen wahrscheinlich den Kreditnehmer, und zwar „Europapress Holding“. Das ist ein großer Kreditnehmer der Hypo-Bank gewesen, und dem gehört der „Globus“. Der „Globus“ hat diesen Artikel gemacht. Auf Basis dieses Artikels sind Sie dann tätig geworden. Wegen Geldwäsche!

Mag. Helmut Ettl: Aha! Ist es eine kroatische Zeitung?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau.

Mag. Helmut Ettl: Ah, okay.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): So, jetzt haben Sie es verstanden. Sehr gut.

Mag. Helmut Ettl: Ah, ich weiß schon: Da habe ich nämlich in der Vorbereitung etwas gefunden. Da habe ich genau diesen Zeitungsartikel von „Globus“ an Frau Orisich weitergeschickt, weil sie nämlich Kroatisch gekonnt hat. Ich habe das nicht lesen können.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie sind nicht tätig geworden, als Sie von Kulterer und seinen Machenschaften gemeinsam mit seiner Frau gehört haben. Aber wenn in irgendeiner kroatischen Zeitung, die Sie gar nicht lesen können, etwas steht, werden Sie natürlich tätig. Das ist ja ganz selbstverständlich, nehme ich einmal an, oder?

Mag. Helmut Ettl: Ja, vor allem, wenn die Daten oder die Grundstory, die in dieser Zeitung abgebildet ist, sich mit den Engagements, die wir in der Hypo innerhalb von wenigen Stunden herausbekommen haben, decken. Dann wird man tätig, weil wir dann schon Indizien haben, dass da mehr dran sein kann.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es könnte aber auch sein, dass es politisch so gewollt war von den Eigentümern, die ja einen großen Einfluss ausgeübt haben, wie Sie selbst bestätigt haben. Sie haben ja gesagt, es hat immer wieder Einfluss von politischer Seite gegeben. Sie wurden da immer abgeschirmt, haben Sie gesagt.

Nur: Sie sind doch alle politisch besetzt! Bei der FMA, bei der OeNB, das sind alles politische Positionen. Sie werden ja von den Politikern besetzt. Also wie können Sie da auf Dauer dem Widerstand standhalten? – Das müssen Sie mir einmal vorhüpfen!

Mag. Helmut Ettl: In die Oesterreichische Nationalbank bin ich eingetreten als Referent, habe hier einige Jahre lang gearbeitet und bin hier ... Aber ich bin nicht von irgendeiner politischen Partei in irgendeiner Form eingesetzt worden, dass ich dort Abteilungsleiter werde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das mag sein. Aber die Vorstände, also jene, die ganz oben sitzen, werden politisch besetzt. Da werden Sie ja nichts dagegen haben, nicht?

Mag. Helmut Ettl: Ich kann jetzt natürlich nicht ausschließen, dass hier eine Überverschwörung eingetreten ist. Aber das ist schon ein sehr komplizierter Tatbestand, den Sie beschreiben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber, Herr Ettl, da geht es nicht um Verschwörung, sondern es ist der normale Hausverstand, den ich hier bemühen will. Wenn jemand von der Politik eingesetzt wird (Heiterkeit bei der SPÖ) und dann nicht das tut, was die Politik will: Ist dann nicht die Gefahr groß, dass er seinen Job verliert, so wie Herr Pröll das auch im Casino Baden so lautstark artikuliert hat? Kann das nicht passieren?

Mag. Helmut Ettl: Es kann immer passieren, dass mein Vertrag, wenn er abläuft, nicht weiterverlängert wird. (Abg. Lugar: Na eben!) Allerdings: In der Fünfjahresperiode, in der ich bestellt bin, bin ich, mit verfassungsmäßiger Mehrheit beschlossen, unabsetzbar, außer wenn ich die goldenen Löffel stehle. Es ist also nicht so einfach, einen FMA-Vorstand einfach abzusetzen – da muss schon etwas gefunden werden –, um nämlich die Unabhängigkeit zu gewährleisten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Grasser hat ja vorexerziert, wie es geht, auch zwischendrin einmal etwas zu tun, nicht?

Mag. Helmut Ettl: Er hat aber auch niemanden am Ende des Tages abgesetzt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das mag sein. Aber letztlich ist, wenn Sie sich alle fünf Jahre der Wiederwahl stellen müssen, ein gewisses Wohlverhalten ja doch sehr karrierefördernd, nehme ich einmal an.

Mag. Helmut Ettl: Na ja, die Alternative wäre die lebenslängliche Bestellung als FMA-Vorstand.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber jetzt einmal ohne Spaß: Ist es nicht sehr karrierefördernd, wenn man sich doch ab und zu einmal wohlverhält? Ich meine, es wäre ja menschlich, nicht? Wäre das nicht denkbar?

Mag. Helmut Ettl: Schauen Sie ... (Abg. Krainer: Man kann natürlich die Partei wechseln! Zweimal, nicht? – Abg. Lugar: Dann rede ich einmal mit dem Häupl! Der kennt sich gut aus mit solchen Sachen! – Weitere Zwischenrufe.)

Herr Abgeordneter, ja, vielleicht gibt es solche Personen. Ich zähle mich nicht dazu. Und ich glaube, wenn Sie meine Geschichte anschauen, dann gibt es hier keinen Punkt, wo Sie da einhaken können, denn ich habe ... (Abg. Lugar: Nein, ich will auch nicht Sie persönlich ...)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine Frage noch, von der Zeit her.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich habe auch nicht vorgehabt, Sie persönlich hier irgendwie in ein unrechtes Licht zu rücken. Entscheidend ist, dass gewisse Vorgänge bei der FMA und bei der OeNB aus meiner Sicht fragwürdig sind, und die Frage ist, ob das politisch in irgendeiner Form beeinflusst war oder ist. Um das geht es. Das können Sie absolut ausschließen? In jeder Hinsicht?

Mag. Helmut Ettl: Ich habe keine Wahrnehmung irgendwelcher Art, und vor allem kenne ich ja die handelnden Personen alle miteinander sehr gut. Ich halte alle, die hier in dem System arbeiten, für äußerst integer. Es haben alle einen sehr hohen ethischen Standard. Wir sind uns alle sicher – gegenseitig –, dass hier nach höchsten Maßstäben gearbeitet und die Unabhängigkeit in jedem Fall verteidigt wird. Wenn hier Versuche unternommen werden, dann passiert meistens oder eigentlich fast immer eine klare Abweisung jedes Versuchs!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich möchte fortsetzen bei dem Prüfbericht 2004, den wir besprochen hatten, nämlich den zahlreichen Mängeln im Risikomanagement. Waren das für Sie Verletzungen des Bankwesengesetzes?

Mag. Helmut Ettl: Nein, es waren keine Verletzungen des Bankwesengesetzes. Ich glaube, das ist auch dokumentiert.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nicht so genau. Ich nehme einmal an, als langjährigem FMA-Vorstand ist Ihnen der § 39 des Bankwesengesetzes bekannt.

Mag. Helmut Ettl: Ich habe ihn vorhin vorgelesen, ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, ob zur Gänze, das weiß ich nicht. Können Sie uns den Teil erläutern, der die Risiken betrifft? (Auskunftsperson Mag. Ettl: Ich frage jetzt nur ...!) – Der ganze § 39 ist ja sehr lang, aber interessant.

Mag. Helmut Ettl: Ich weiß jetzt natürlich nicht genau, über welche Zeit Sie reden. Ich habe gesagt, ich habe einen Paragraphen vorgelesen, der zu diesem Zeitpunkt, als die Prüfung 2004 gelaufen ist, gegolten hat. Ich habe auch gesagt, dass das der damalige Standard war, dass vier bis fünf Sätze über die Begrenzung des bankbetrieblichen Risikos im Bankwesengesetz angeführt waren.

Dass seit 2006 hier ganz andere Maßstäbe angelegt werden, habe ich auch gesagt, und das in den letzten Jahren. Das Bankwesengesetz oder der KODEX Banken- und Börserecht 2006, wissen Sie, wie viel da heute gilt? (Abg. Hable: Ich kenne diese Argumente!)

Wir haben heute drei Bände von dem! So hat sich die Regulierung entwickelt. Daher ist meine Frage: Welche Version?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich habe die Version vom 1. Jänner 2003.

Mag. Helmut Ettl: Sie haben die Version von 2003, okay.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Da steht genau dasselbe drin wie heute. Nämlich, dass die Geschäftsleiter sich über die Risiken zu informieren und diese angemessen zu begrenzen haben; § 39 Bankwesengesetz 2003.

Jetzt frage ich Sie noch einmal angesichts der Ergebnisse, die Sie als Prüfleiter in der Prüfung 2004 mit Ihrem Team aufgezeigt haben: Risikostrategien, Risikopolitik nicht standardgemäß beziehungsweise nicht vorhanden; volumensorientiert keine bonitätsgetriebene Strategie, das heißt, auf die Bonität hat man nicht geschaut; keine Risikoberichte.

Sie haben damals übrigens auch schon über die Grenze geschaut, nämlich nach Kroatien: Was hört man dort? – Mangelhaftes Kreditrisikomanagement.

Sie haben nach Serbien geschaut: Was hört man dort? – Mangelhaftes Kreditrisikomanagement.

Sie haben nach Italien geschaut: Was hört man dort? – Schwächen im Kreditprozess.

Noch einmal: Wirklich keine Verletzung des Bankwesengesetzes 2004?

Mag. Helmut Ettl: Woraus leiten Sie die Verletzung des Bankwesengesetzes 2004 ab?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Keine Risikobegrenzung.

Mag. Helmut Ettl: Keine Risikobegrenzung? – Also das ist falsch. Das ist eindeutig falsch! Es hat hier Systeme zur Risikobegrenzung gegeben.

Was Sie hier behaupten, ist im Wesentlichen aufgrund der damaligen Regulierung (Abg. Hable: Herr Mag. Ettl, ich behaupte gar nichts! Ich zitiere aus ...!) nicht nachvollziehbar. Es tut mir leid, Sie haben ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich zitiere aus dem Prüfbericht 2004, wo Sie Prüfleiter waren.

Mag. Helmut Ettl: Bitte? (Abg. Krainer: Ich verstehe nichts ...!)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich behaupte gar nichts. Ich zitiere aus dem Prüfbericht 2004.

Mag. Helmut Ettl: Ja, aber Sie behaupten, dass hier eine 39er-Verletzung, Abs. 2 stattgefunden hätte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich habe Sie gefragt!

Mag. Helmut Ettl: Ich habe gesagt: Nein! Und ich habe das jetzt schon zum zweiten Mal gesagt: Das hat nicht stattgefunden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Okay, dann gehen wir weiter ins Jahr 2006. Prüfung 2006: Da ist dasselbe angeschaut worden, und da wird der Prüfbericht ein bisschen konkreter. Auch hier ist von mangelhaftem Risikomanagement die Rede. Und:

keine den BWG-Anforderungen entsprechenden Verfahren zur Risikobegrenzung eingerichtet. – Zitatende.

Ich behaupte nicht, ich zitiere. Hier sagt also der Prüfbericht das, was offensichtlich ist und wovon ich meine, dass es 2004 genauso offensichtlich war wie 2006, nämlich: Verletzung des Bankwesengesetzes.

Was mich jetzt interessiert, ist: Sie sind also mit diesem Wissen von der OeNB 2008 in die FMA gekommen. Also: eine Bank höchst problematisch, de facto nicht vorhandenes Risikomanagement. Sie können gerne anderer Meinung sein, aber ich zitiere halt aus den Berichten. Dann frage ich mich: Was machen Sie dann – jetzt, als neuer FMA-Vorstand? Welche Handlungen setzen Sie in Kenntnis dieser Lage?

Mag. Helmut Ettl: Herr Abgeordneter, dazwischen ist ja einiges gelaufen 2006. Ich glaube, es ist Ihnen nicht entgangen, dass mittlerweile dort der Vorstand abgesetzt wurde, weil hier § 39 zur Anwendung gekommen ist. Also ich weiß nicht, was, wozu wir uns da jetzt weiter unterhalten. Mir wurde …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Der Vorstand ist nicht abgesetzt worden wegen § 39, es hat ein Geschäftsleiterqualifikationsverfahren gegeben, weil es ein Strafverfahren gegeben hat. (Auskunftsperson Ettl: Na, Entschuldigung, wo ist da …?)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine kurze Frage noch!

Mag. Helmut Ettl: Nein, es hat ein Geschäftsleiterqualifikationsverfahren gegeben, weil die Geschäftsleiter unzuverlässig waren und weil sie auch nicht die entsprechenden Systeme der Risikobegrenzung eingerichtet gehabt haben. So ist das Verfahren damals auch geführt worden, Herr Abgeordneter, es tut mir leid.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das stimmt nicht, das war wegen des Strafverfahrens.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Welche Instrumente hatten Sie zur Verfügung als Finanzmarktaufsicht?

Mag. Helmut Ettl: Wegen dem Strafverfahren – das muss ich jetzt einfach richtig stellen! –: Wegen dem Strafverfahren alleine hätte es keine Absetzung gegeben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, natürlich, dieses Verfahren ist ja eingeleitet worden. (Auskunftsperson Ettl: Entschuldigung, der Schuldspruch im Strafverfahren …!) Soll ich es Ihnen vorlesen aus dem BWG?

Mag. Helmut Ettl: Der Schuldspruch im Strafverfahren ist erst 2008 in erster Instanz erfolgt und wurde bei Kulterer sofort … Der hat ja, glaube ich, die Strafe angenommen. Bei Striedinger wurde eine Woche oder drei Tage vor der Notverstaatlichung das Strafmaß am Oberlandesgericht Graz heruntergesetzt, dann war das gültig. Aber die Absetzung ist schon längst vor dem Strafverfahren gelaufen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Es hat keine Absetzung gegeben, sie sind zurückgetreten!

Mag. Helmut Ettl: Ich darf Ihnen auch noch mitteilen, das Strafverfahren selber, nämlich das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, wurde ja erst Ende 2007 überhaupt eröffnet.

Das war nicht die Voraussetzung für die Absetzung der Vorstände, sondern weil hier eine falsche Bilanzierung vorgenommen wurde und weil hier …

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Meine Frage war eine andere, nämlich von vorhin schon: Welche Instrumente hatten Sie als Finanzmarktaufsicht bei Verletzung eines Bankwesengesetzes unter anderem wegen nicht vorhandenem Risikomanagement zur Verfügung?

Mag. Helmut Ettl: Im Großen und Ganzen den § 70 Absatz 4, wo das Verfahren steht, wie man Geschäftsleiter …, wie man praktisch stufenweise vorgeht. Wenn hier verschiedene Sachen nicht passieren, dann können die Geschäftsleiter entfernt werden, und am Ende des Tages kann die Konzession entzogen werden. So läuft die … In der Zwischenzeit kann man noch Zwangsstrafen verhängen. (Abg. Hable: Wunderbar, ich muss jetzt leider in der nächsten Runde …!)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nachdem die drei Stunden vorbei sind und der Herr Vorstand Ettl ohnehin noch einmal kommt, haben wir heute keine Fragen mehr.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Mag. Ettl, ich möchte noch einmal auf das Dokument zurückkommen, das ich Ihnen vorher vorgelegt habe. Das war, nur zur Erinnerung, das Dokument 12718, wo der Herr Mag. Laszlo an Sie, aber natürlich auch an den Herrn Mag. Ittner und an den Herrn Dr. Liebscher am 4. Juli 2006 eine Notiz verfasst hat. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) Ein bisschen weiter unten steht die Situation der Nationalbank (Auskunftsperson Ettl: Ja, ich hab es, ich hab schon so viele Notizen!), wo er schreibt:

„Situation der OeNB: Aufgrund dieser Umstände geriet die inhaltliche Arbeit der OeNB-Prüfer zuerst (d.h noch während der Prüfung) zum Nebenschauplatz (…).“

Was hat der Herr Mag. Laszlo Ihrer Meinung nach damit gemeint?

Mag. Helmut Ettl: Ich weiß es jetzt nicht. Aber er war ja, glaube ich, schon im Ausschuss.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, schon, aber ich frage ja Sie. Die Notiz ist ja auch an Sie gerichtet.

Mag. Helmut Ettl: Das weiß ich nicht mehr, was da jetzt ganz genau ... Ich habe das jetzt allgemein: Ich kann mich an diese Sache erinnern, jetzt nicht in jeder Ausformung, wie das damals alles gelaufen ist. Da waren Prüfer aufgrund ihrer Wahrnehmung in ihrem Umfeld verunsichert, was da eigentlich insgesamt läuft und haben das einmal zusammengeschrieben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie ausschließen, dass sich diese Umstände negativ auf die Prüfung der Nationalbank ausgewirkt haben?

Mag. Helmut Ettl: Das kann ich ausschließen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie ausschließen, dass aufgrund dieser Umstände wichtige Aspekte im Rahmen der Bankenprüfung übersehen worden sind?

Mag. Helmut Ettl: Nein, also ich glaube, diese Prüfung hat ja ergeben, dass im Bereich des Marktrisikos alle wesentlichen damals schon herrschenden Standards nicht eingeführt wurden, dass der Produkteinführungsprozess nicht funktioniert, dass die Limitsysteme nicht entsprechend eingerichtet waren und so weiter, das war ein wirklich vernichtender Bericht.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben mir vorher so ein bisschen vorsichtig geantwortet, als ich Sie gefragt habe, ob Ihnen dieses Schreiben, diese Notiz erinnerlich ist.

Wurde der Inhalt dieser Notiz jemals besprochen?

Mag. Helmut Ettl: Ich habe mit Laszlo sicher darüber gesprochen, ja.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Und mit den anderen beiden Herren, mit Ittner und Liebscher?

Mag. Helmut Ettl: Das weiß ich nicht mehr, aber mit Laszlo habe ich sicher gesprochen, denn Laszlo war Gruppenleiter in meiner Abteilung, und wenn man solche Probleme hat, dann spricht man sich aus.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Haben Sie sich nach Erhalt dieses Schreibens auch versichert, dass die Arbeit der OeNB-Prüfer reibungslos und ohne Schwierigkeiten vor sich gegangen ist? (Auskunftsperson Ettl: Ja!) Ohne Behinderungen und …

Mag. Helmut Ettl: Nein, es hat keine Behinderungen gegeben. Es hat ja nur, glaube ich, ganz zu Beginn die Behinderung gegeben, dass die Bank ja den Wirtschaftsprüfer damals nicht mehr in die Bank gelassen hat. Da hat es dann von der FMA eine bescheidmäßige Beauftragung gegeben an die Bank, die Wirtschaftsprüfer hinein zu lassen. Seitdem hat diese ganze Prüfstruktur relativ gut funktioniert.

Ich habe jetzt auch nichts gehört, dass es da irgendwelche Probleme bei der Unterlagenlieferung oder bei der Einvernahme von Mitarbeitern der Bank gegeben hätte.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Er hat ja hier im Ausschuss ausgesagt, dass die Zusammenarbeit mit der Finanzmarktaufsicht ausgezeichnet war. Aus dieser Notiz geht das ja nicht wirklich hervor. – Können Sie sich das erklären?

Mag. Helmut Ettl: Er hat sicherlich gemeint, dass mit den Mitarbeitern der Finanzmarktaufsicht die Zusammenarbeit auf seiner Ebene ausgezeichnet läuft. Das ist genau das, was ich auch bestätigen kann: Auf meiner Ebene ist die Zusammenarbeit ausgezeichnet gelaufen.

Er referenziert ja hier auf, sage ich einmal, oberste Führungsebenen, wo er natürlich nicht voll informiert war, was eigentlich ganz genau auf allen Ebenen so läuft.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, Sie sind der Meinung, dass das in diesen zusammengesetzten Prüfteams – wo also jeweils ein Vertreter der Finanzmarktaufsicht dabei war – eine gute Zusammenarbeit war und dass hier niemand benachteiligt war.

Mag. Helmut Ettl: Ich glaube, … Ich habe eigentlich nichts gehört, dass es da zu besonderen Friktionen oder sonst etwas gekommen wäre. Die Zusammenarbeit damals zwischen OeNB und FMA war eher …, oder Sand ins Getriebe ist immer wieder gekommen durch sehr unglückliche Formulierungen der Kompetenzabgrenzung.

Zum Beispiel war im Bereich der Prüfung die Kompetenzabgrenzung, soweit ich mich erinnern kann, vor 2008: Die FMA führt die Vor-Ort-Prüfungen durch, sofern es sich um Kredit- und Marktrisikoprüfungen handelt, hat die FMA verbindlich die OeNB zu beauftragen.

Das ist keine gute Formulierung für tagtägliche Arbeit, und da hat es immer wieder Diskussionen gegeben: Wie weit dürfen die prüfen, und wie weit müssen wir prüfen?

Das wurde wirklich beseitigt, es wurden klare Kompetenzen geschaffen, und damit hat, glaube ich, die Aufsicht insgesamt profitiert, als das im Jahr 2008 oder Ende 2007 geändert wurde.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Der Herr Mag. Schantl hat ja beinahe schon von Machtkämpfen innerhalb dieser beiden Institutionen gesprochen. – Wie würden Sie das einschätzen?

Mag. Helmut Ettl: Also Machtkämpfe … Auf den Ebenen der Zusammenarbeit und auf der operativen Ebene sind hier, glaube ich, keine Machtkämpfe durchgeführt und ausgefochten worden.

Es gibt natürlich Leute, die haben sich besser untereinander verstanden, und ich kann Ihnen sagen, das kann auch in der eigenen Abteilung sein. Das hängt … Das ist nicht so institutionell, sondern da geht es auch um Persönlichkeiten.

 

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich wollte auch noch einmal auf den Mag. Schantl zurückkommen, aber in einem anderen Zusammenhang.

Wenn jetzt die Vorhalte in der Öffentlichkeit bezüglich dieser von uns aufgezählten und eh schon … – sozusagen dieser Sündenprojekte – noch einmal nachlesbar sind, wie solche Betrugskonstruktionen ausgesehen haben könnten: Ist es da nicht nahliegend, dass man etwa von der FMA – Sie waren ja damals noch Notenbank – Hinweise bekommt, wie es etwa in diesen Kreditausschüssen so zugeht?

Haben Sie einmal in Prüfvorbereitungshandlungen – Sie waren immerhin Abteilungsleiter! – Kreditausschussprotokolle angefordert, um sich einmal stichprobenartig einen Überblick zu verschaffen, wie denn das so ausgeschaut haben könnte?

Mag. Helmut Ettl: Bei Prüfungen des Kreditrisikos werden eigentlich immer Kreditausschussprotokolle mit angefordert.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Genau, das ist dort, wo Schantl gesagt hat, da ist ihm schlecht geworden.

Jetzt muss man das nicht von jedem verlangen, dass ihm schlecht wird, das hilft ja auch in der Sache wenig. Aber ich sage Ihnen einen Eindruck von mir, damit wir da auch noch – nach längerer Zeit – eine Bewertung im Protokoll haben: Man hat in diesen Kreditausschusssitzungen, zu einer Zeit, wo Sie, tut mir leid, wenn ich das so festhalten muss, schon BAREV-Chef waren, gesehen, dass im Minutentakt – im Minutentakt! – zig Millionen-Tranchen irgendwelchen windigen Projekten samt windigen Betreibern hinübergeschoben wurden.

Jetzt mag schon sein, dass man da forensisch irgendwie vorgehen sollte, aber wenn das ohnehin eintreibbar ist, ist mir völlig schleierhaft, wieso hier nicht stärker und intensiver zur Sache gegangen wurde! Wenn die Kreditrisikosysteme derart versagen, wie es ja teilweise sogar angeklungen ist in Ihren Berichten, warum ist man dann nicht hergegangen und hat der Internen Revision in dem Ganzen eine stärkere Rolle abverlangt oder verlangt, dass vielleicht die Kreditrisikobetrachter in den Kreditausschusssitzungen dabei sind? Wissen Sie, wer da noch dabei gesessen ist? – Die Projektbetreiber, die die Hand aufgehalten haben, aber irgendeiner, der vielleicht geschaut hätte, dass es da mit rechten Dingen zugeht, war dort nicht anzutreffen.

Wir haben ja die Akten jetzt von Ihrer jetzigen Behörde bekommen – dankenswerterweise, denn bis auf kleine Ausnahmen ist ja das meines Erachtens sehr korrekt passiert.

Meine Frage ist aber jetzt, ob die Notenbank damals von der FMA mit entsprechenden Informationen versorgt wurde, weil die hatte ja unmittelbar Zugang zu den Kreditausschüssen über die Staatskommissärinnen. Und da sind wir am Schluss wieder beim Punkt: Wir haben vier Institutionen – Ministerium, FMA, Notenbank, Staatskommissäre –, und wie haben die zusammengewirkt? Wozu sitzen die dort? Ja, zwischendurch schreiben sie in luziden Momenten kritische Berichte. Meine Frage ist, ob die jemals bei Ihnen angekommen sind und verwertet worden sind, denn dann hätte meines Erachtens eine Kreditsystemkontrolle anders ausgeschaut, als Sie sie betrieben haben.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Mag. Ettl, Sie haben jetzt 2 Minuten Zeit, diese Frage zu beantworten, dann beende ich die Befragung, weil dann die Befragungsdauer von höchstens vier Stunden erreicht und ausgeschöpft ist.

Sie haben jetzt noch das Wort.

Mag. Helmut Ettl: Dann muss ich mich knapp halten! Nein, ich bin sehr dankbar für diese Frage, denn Sie sprechen hier ein Erkenntnis des letzten Banken-Untersuchungsausschusses an, wo wir, glaube ich, das wirklich auch sehr sinnvoll adressiert haben.

Ein Problem damals war sicherlich der mangelnde Austausch von Unterlagen, weil das auch nicht so vorgesehen war. Heute haben wir – FMA, OeNB – eine gemeinsame Datenbank, ein gemeinsames Dokumentenmanagementsystem. Da haben alle beiden Institutionen auf alle Informationen Zugriff.

Das ist im BWG 2007/2008 verankert worden, und das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Paragraph und ein ganz wichtiger Fortschritt gewesen, damit so etwas nicht mehr ist, dass die OeNB keinen Zugriff auf diese Unterlagen hat und die FMA keinen Zugriff auf die anderen Unterlagen hat.

Heute gibt es – und darum verstehen wir uns auch heute so gut, dass wir auch schon das gleiche Vokabular verwenden für verschiedene Sachen und eine gemeinsame Strategie haben – hier diese gemeinsame Datenbank, die, ganz wichtig, aus dem letzten Banken-Untersuchungsausschuss hervorgegangen ist.

Vorsitzende Doris Bures erklärt die Befragung für beendet und dankt der Auskunftsperson Mag. Helmut Ettl für die Beantwortung der Fragen. Danach dankt sie auch den Vertreterinnen und Vertretern der Medien, wünscht ihnen einen schönen Abend und unterbricht die Sitzung.

 


 

Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA der Auskunftsperson

 

Anmerkung:  Aus technischen Gründen stimmen die angegebenen Seitenzahlen nicht mit dem Protokoll überein.

 



[i] Seite 3

Heute können wir eine umfassende Beaufsichtigung von grenzüberschreitenden Kreditinstituten sicherstellen. Das Bankensanierungs- und Abwicklungsgesetz ermöglicht der FMA, bei Fehlentwicklungen frühzeitig einzugreifen und den Marktaustritt zu ermöglichen, ohne dass sofort der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird. (Absatz einfügen)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben seit den neunziger Jahren einen weiten Weg in der Aufsichtsentwicklung zurückgelegt.

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[ii] Seite 4

Die Zäsur trat im Frühjahr 2006 mit der Aufdeckung der Swapverluste ein. Die Sichtweise auf die Bank hatte sich damit dramatisch verändert. Durch die Verluste wurde nicht nur die Eigenkapitalbasis der Bank dramatisch geschmälert – nur zur Dimensionierung: die 300 Millionen €, die 2006 aufgedeckt wurden, wurden ja 2004 verloren, und für das Jahr 2004 hat das die Halbierung des Kernkapitals bedeutet, man hat mit 2004 nur mehr 300 Millionen € Kernkapital gehabt, nachdem 300 Millionen € Verluste aufgetreten sind.

Zu ersetzen durch: veränderte sich damit dramatisch

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[iii] Seite 6

Ich möchte nur eines sagen: Das hat natürlich auch enorme Kostenauswirkungen. Die Prüfung, die voriges Jahr bei den größten Banken durchgeführt wurde, hat der FMA in etwa das Jahresbudget der FMA gekostet – nur von der Dimensionierung her.

Zu ersetzen durch: hat in etwa ein Jahresbudget der FMA ausgemacht

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[iv] Seite 10

Was die Systeme einer Bank betrifft, vor allem das Risikomanagementsystem, sind die Normen bis 2006 ja sehr, sehr dünn gewesen, was hier eigentlich verlangt wird. Im Wesentlichen hat das auf § 39 Abs. 2 beruht, der hier besagt:

Zu ersetzen durch: § 39 Abs. 2 BWG

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[v] Seite 11

Mag. Helmut Ettl: Man hat auf alles zurückgegriffen, was man gebraucht hat. Man hat sich natürlich die Vorstandsprotokolle angeschaut. Man hat sich die Aufsichtsratsprotokolle angeschaut, ob hier etwas Auffälliges ist, und natürlich – ganz wichtig –, man hat mit der Internen Revision kommuniziert und hat sich auch angeschaut, ob die Interne Revision im Haus funktioniert, weil das natürlich heute immer noch insgesamt ganz wichtig in der Aufsicht ist, dass ja die Finanzmarktaufsicht oder die Bankenaufsicht in der Finanzmarktaufsicht so die oberste Aufsichtslinie ist.

Zu ersetzen durch: da die FMA ja am Ende der Aufsichtslinie steht

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[vi] Seite 17

Die Prüfer haben auch vor Ort keine weiteren Hinweise bekommen, dass da irgendetwas dahinter ist, und daher haben wir, da also vorhin auch Deloitte gemeint hat, der Vorwurf ist nicht aufrecht zu halten, die Sache als eine jener Sachen gesehen, die immer wieder an die Aufsicht herangetragen werden.

Zu ersetzen durch: zuvor

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[vii] Seite 34

Also die Prüffrequenz war damals natürlich weit zu niedrig. Die großen Banken sind ja alle sehr dynamisch gewachsen, nicht nur die Hypo Alpe-Adria. Wir haben in Österreich in kurzer Zeit eine Bankenlandschaft entwickelt, die ein x-Faches der Bilanzsumme des österreichischen Bruttoinlandsproduktes gehabt hat, und da war einfach – auch im internationalen Vergleich – die Aufstellung der Aufsicht sehr bescheiden. Aber es hat auch sehr wenig Unterstützung gegeben, dass man hier etwas macht; denn – ich sage einmal – vorm Banken-Untersuchungsausschuss wurden die Kosten die Aufsicht betreffend sehr hochgespielt und die Kosten im Fall von Bankenkrisen nicht so sehr gesehen.

Zu ersetzen durch: vor dem

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[viii] Seite 36

Mag. Helmut Ettl: Wir sind ja heute im neuen System des europäisch einheitlichen Aufsichtsmechanismus aufgestellt. Da wird gerade einen Prozess durchgeführt, dass auf allen Ebenen die Ressourcen neu kalibriert werden. Das System speist sich ja vor allem auch aus den Mitarbeitern der nationalen Aufsichtsbehörden; das heißt, unsere Leute sind operativ in der Aufsicht drin. Jetzt haben wir gerade eine Diskussion darüber: Ist das ausreichend oder brauchen wir mehr? – Daher wird jetzt ein neuer europäischer Standard entwickelt.

Zu ersetzen durch: ein

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[ix] Seite 37

Das hängt natürlich mit der Osteuropa-Expansion zusammen, weil man gemeint hat, man muss in kürzester Zeit eine sehr, sehr starke Position im Bankenmarkt einnehmen, sonst sind die anderen da. Man vergibt sich damit sehr viele Gewinnmöglichkeiten. Damals wurde sehr, sehr schnell agiert. Einige haben Akquisitionen gemacht.

Zu ersetzen durch: durchgeführt

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[x] Seite 37

Was ist die Aufgabe der FMA in diesem Zusammenhang, was war sie? – Es war ja so: Als die Frage, wer diese Gutachten in Österreich macht, ins Gesetz geschrieben war, hat der damalige Vizekanzler und Finanzminister die Idee gehabt, dass das die FMA machen soll. Wir haben als FMA damals – im frühen Gesetzwerdungsprozess – eingewendet: Das bringt uns als Aufsicht in einen Konflikt, der für uns nicht auflösbar ist. Wir können so etwas nicht übernehmen.

Zu ersetzen durch: wurde

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[xi] Seite 37

Warum auch? – Wir haben in dem gesamten Prozess folgende Rolle gespielt: Wir haben ein Kapitaladäquanzverfahren geführt und haben von der Bank, ich glaube, 1,6 Milliarden € mehr Eigenkapital gefordert; und das in kürzester Zeit. Wir haben der Bank und den Eigentümern gesagt: Das ist aufzubringen, und wenn ihr es nicht aufbringt, dann schreiben wir es vor! Wir haben damals im Oktober 2008 tatsächlich eine Gesetzesänderung bekommen, die solche Maßnahmen ein bisschen erleichtert hätte.

Zu ersetzen durch: die es ermöglicht hat, zusätzliches Kapital vorzuschreiben

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[xii] Seite 43

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Hat da auch das Know-how, das Sie aus der Prüfung 2004 mitgenommen haben, eine Rolle gespielt?

Mag. Helmut Ettl: Wenig, denn wir haben hier in erster Linie diese neuen Überlegungen: Gibt es hier wirkliche Risikotransfers, die an der Aufsicht und an Kontrollstrukturen vorbeilaufen? … Das wollten wir eigentlich in dieser Prüfung stark aufdecken!

Zu ersetzen durch: hatten

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[xiii] Seite 46

Die Bayerische Landesbank hat zu diesem Zeitpunkt zugesagt, sie stellen diese Bank auf neue Beine. Die Bayerische Landesbank hat von uns auch völlige Einsicht bekommen, was wir über die Bank gewusst haben, die haben auch die Prüfberichte. Sie haben gesagt, sie haben alle Prüfberichte, sie wissen, was da auf sie zukommt. Sie werden mit neuen Systemen, sie werden mit neuen Mitarbeitern diese Bank auf vollkommen neue Füße stellen und sie garantieren auch dafür, dass die Bank entsprechend kapitalisiert wird.

Zu ersetzen durch: hatten

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[xiv] Seite 55

Mag. Helmut Ettl: Abgeschirmt heißt, dass wir in keiner Form irgendeinem Druck ausgesetzt waren, der von außen transportiert wurde. Das heißt, wenn es irgendwelche Einflüsse von außen gegeben hätte, wurde das nicht an die Prüfer in der OeNB weitergegeben. Wir haben in den turbulentesten Zeiten unsere Prüfungen durchführen können und haben das Gefühl gehabt, dieses Haus steht hinter uns. Und ganz ehrlich gesagt, wir waren damals auch sehr stolz, in diesem Haus zu arbeiten, weil wir gewusst haben, wir sind da in einer besonders exponierten Lage, und unser Haus, unsere Nationalbank steht hinter den Prüfern, die in den Banken prüfen und die öfter und oft sehr unangenehme Ergebnisse für Banken ans Tageslicht fördern.

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[xv] Seite 58

Mag. Helmut Ettl: Auch wenn hier wiederum dieser Aktenvermerk weitergeschickt wurde bis zum Gouverneur, das war nicht die offizielle Hausmeinung dadurch, dass es weitergeschickt wurde. Das war eine Meinung der Prüfer in Kärnten, die hier eine spezifische Wahrnehmung der damaligen Situation gehabt haben, aber natürlich nicht den Gesamtüberblick gehabt haben, was eigentlich insgesamt so im Gesamtbild läuft, weil natürlich das Geschäftsleiterqualifikationsverfahren und der erste Schritt auf der Bilanzierungsfragestellung aufgesetzt hat und weniger an der Kreditrisikomanagementfragestellung und hier ja sehr schnell eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen der Bilanzierungsfragestellung auch erfolgt ist.

Zu ersetzen durch: vor allem

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.