151/KOMM XXV. GP

 

 

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Erich Kandler in der 16. Sitzung vom 11. Juni 2015

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 23. Sitzung am 16. Juli 2015 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Erich Kandler nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

Wien, 2015 07 16

                            Gabriel Obernosterer                                                               Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende


 

logo

 

 

 

 

Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

titelbild

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

16. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Donnerstag, 11. Juni 2015

Gesamtdauer der 16. Sitzung

9.16 Uhr – 17.01 Uhr

Lokal VI


Befragung der Auskunftsperson Mag. Erich Kandler

Vorsitzende Doris Bures: Wir gelangen nun zur Befragung der ersten Auskunftsperson des heutigen Tages. Herr Dr. Kandler, Sie haben ja auch eine Vertrauensperson mitgenommen; ich möchte Sie dennoch darüber informieren, dass während der gesamten Zeit der Befragung der Verfahrensrichter, Herr Dr. Pilgermair, und der Verfahrensanwalt-Stellvertreter, Herr Dr. Hoffmann, anwesend sein werden.

Beide tragen dafür Sorge, dass die Verfahrensordnung eingehalten wird, und üben ihre Position im Interesse des Grundrechts- und Persönlichkeitsschutzes aus. Sie können sich jederzeit an den Verfahrensanwalt-Stellvertreter wenden, sich mit ihm beraten, und ich werde, wenn es erforderlich ist, zu diesem Zwecke die Sitzung kurz unterbrechen. Sie können sich auch jederzeit an mich wenden, wenn Sie eine kurze Unterbrechung wünschen.

Die Befragung beginnt wie immer damit, dass der Verfahrensrichter noch einmal Ihre Rechte und Pflichten erläutern wird, Sie belehren wird und dann auch die Erstbefragung durchführen wird. – Herr Dr. Pilgermair, Sie haben das Wort.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Guten Morgen, Herr Dr. Kandler! Ich begrüße Sie und bitte Sie, dass Sie vorerst die Richtigkeit dieses Datenblattes prüfen. (Die Auskunftsperson bestätigt diese.)

Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie über den Ablauf der Befragung hier in diesem Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. Vor Sitzungsbeginn hat Sie der stellvertretende Verfahrensrichter Mag. Walter Hellmich gemäß § 38 der Verfahrensordnung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson eingehend persönlich belehrt. Sie haben das über diese Rechtsbelehrung aufgenommene, hier vorliegende Protokoll unterfertigt.

Ich frage Sie nun, ob Sie diese Belehrung, insbesondere auch über die Gründe für eine Verweigerung der Aussage und einen Ausschluss der Öffentlichkeit sowie die Pflicht zur Angabe der Wahrheit und die strafrechtlichen Folgen einer vorsätzlichen falschen Aussage vor dem Untersuchungsausschuss, und auch die Belehrung gemäß dem Informationsordnungsgesetz verstanden haben. (Die Auskunftsperson bejaht dies.)

Für den Fall, dass Sie zu dieser Ihnen erteilten Rechtsbelehrung noch Fragen haben, lade ich Sie ein, diese Fragen nun an mich zu richten. (Auskunftsperson Kandler: Danke, ich habe keine weiteren Fragen!)

Sie haben, Herr Dr. Kandler, als Vertrauensperson Herrn Rechtsanwalt Dr. Georg Schima beigezogen. Ich begrüße Sie, Herr Dr. Schima, und bitte Sie, dass auch Sie vorerst die Richtigkeit dieses Datenblattes prüfen. (Vertrauensperson Schima: Das ist korrekt, ja!) – Danke, dann halten wir auch das fest.

Gründe für den Ausschluss der beigezogenen Vertrauensperson gemäß § 46 Abs. 4 der Verfahrensordnung sind mir nicht bekannt. Ich ersuche die anwesenden Mitglieder des Ausschusses, mitzuteilen, ob gegen die Beiziehung von Herrn Rechtsanwalt Dr. Georg Schima als Vertrauensperson Einspruch erhoben wird. – Das ist nicht der Fall. Dann weise ich neuerlich darauf hin, dass Gründe für einen Ausschluss einer Vertrauensperson auch noch während der Befragung der Auskunftsperson vorgebracht werden können.

Ich frage nun Sie, Herr Rechtsanwalt – ich muss Ihnen diese Frage als beigezogener Vertrauensperson förmlich stellen –, ob es noch Fragen zur gleichfalls Ihnen erteilten Rechtsbelehrung gibt. (Die Vertrauensperson verneint dies.)

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich frage daher jetzt Sie, Herr Dr. Kandler, ob Sie von dem Ihnen zustehenden Recht, vorweg eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die bis zu 20 Minuten dauern kann, Gebrauch machen wollen.

Mag. Erich Kandler: Ja, das möchte ich machen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Dann lade ich Sie dazu ein. – Bitte sehr.

Mag. Erich Kandler: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Funktionäre dieses Untersuchungsausschusses! Liebe Vertreter der Medien! Zuerst muss ich noch eines ganz kurz sagen: Ich habe mehrere Studien und Prüfungen gemacht, aber bis zur Promotion habe ich es nicht geschafft, also wenn Sie sich mit Erich Kandler statt Doktor begnügen, wäre es richtiger. – Danke schön.

Vorerst danke ich Ihnen für die Ladung zu diesem Untersuchungsausschuss und die Gelegenheit, zu einem Themenbereich, der mittlerweile ja nicht nur die österreichische Politik und Wirtschaft maßgeblich beschäftigt, Auskünfte zu erteilen und zu den wesentlichen Themen Stellung zu nehmen. Um Ihnen das Verfolgen des Referats ein bisschen zu erleichtern, habe ich Kopien des Textes mitgebracht, es gilt allerdings schon das gesprochene Wort.

Ich möchte von Beginn an klarstellen, dass ich in der hier und heute primär zu besprechenden Zeitspanne bis zirka 2008 nicht im Hypo-Prüfteam von Deloitte war. Meine Funktion war, vereinfacht gesprochen, Riskmanager von Deloitte Österreich. Erst und bitte nur für das Jahr 2009, also die Verstaatlichung, und zwar konkret von September 2009 bis März 2010, war ich selbst Bank- und Abschlussprüfer der Hypo-Gruppe.

Zum Auftakt und Puris: Bedauerlicherweise ist gleich zu Beginn der Ausschusstätigkeit das leidige Thema der Hühnerfarm Puris extensiv behandelt worden. Um diese Vorgänge in den richtigen Kontext zu bringen, werde ich bei Ihren Fragen sicherlich noch Gelegenheit genug haben. Vorweg: Das Prüfteam, das für das Jahr 2006 zuständig war, hat sich Anfang 2007 in der Angelegenheit Puris an mich – auch als erfahrensten Bankprüfer im Haus – gewandt. Nach den leidvollen Erfahrungen mit einzelnen bei der Hypo damals verantwortlichen Personen habe ich mit dem Prüfteam vereinbart, vor weiteren eigenen Erhebungen den Kontakt mit den behördlichen Prüfern in der Oesterreichischen Nationalbank sowie der Finanzmarktaufsicht zu suchen, um entweder auf allfälligen Erkenntnissen, die diese Einrichtungen bereits haben, aufbauen zu können oder zumindest sicherzustellen, dass unsere Untersuchungen mit den dem Wirtschaftsprüfer zustehenden beschränkten Untersuchungsmöglichkeiten nicht schon allfällige weiter gediehene Erhebungen durch die Behörden konterkarieren.

Das ultimative Ergebnis zu Puris in Form eines mehrere Hundert Seiten starken Berichts des Bundeskriminalamtes nach über 60 Einvernahmen und etwa 20, auch ausländischen, Kontenöffnungen werden Sie, nehme ich an, auch kennen. Damit sehen Sie auch, welche Grenzen einem nicht mit dieser behördlichen und polizeilichen Gewalt ausgestatteten Wirtschaftsprüfer eigentlich gesetzt sind.

Wie gesagt, nach den bisherigen Erfahrungen mit der Bank und ihrem Management sowie den sattsam bekannten Themen war wohl Zeit und Anlass genug für diese ausgesprochen ungewöhnliche Vorgangsweise.

Besonders wichtig ist es mir, dazu festzuhalten, dass dies das erste und einzige Mal war, dass meine damaligen Partner und ich eine solche direkte Kontaktaufnahme mit Aufsichtsorganen vorgenommen haben. Es handelte sich um eine absolute Ausnahmesituation, weil Herr Kulterer ja inzwischen vom Vorstand in den Sessel des Aufsichtsratspräsidenten gewechselt hat und uns daher die Möglichkeit, innerhalb der Hypo an eine „höhere“ Instanz zu gehen, de facto verwehrt war. Im Übrigen gilt weiterhin: Wirtschaftsprüfer sind nicht Polizisten, und so soll es auch bleiben.

Wen haben Sie heute zu Gast? – Um Ihnen ein bisschen eine Orientierung zu meiner Person zu geben: Seit 1985 bin ich full-time im Wirtschaftsprüfungsgeschäft tätig, davon seit 1988 in Österreich, davor in den USA und Deutschland. In dieser Zeit habe ich alle relevanten österreichischen Großbanken in der einen oder anderen Form betreuen und alle außer Raiffeisen und ÖVAG auch prüfen dürfen. Ende 2013 bin ich bei Deloitte ausgeschieden.

Jetzt freue ich mich über viele nette kleinere Beratungsaufträge im In- und Ausland, die Tätigkeit als Gerichtssachverständiger für Wirtschaftsprüfung, Rechnungslegung, Bank- und Börsenwesen, meine Lehrtätigkeit an der Uni, die Wirtschaftsprüferausbildung – ja, auch inklusive der Bankprüfung! – und die Tätigkeit als Prüfungskommissar sowie vieles andere mehr.

Wozu kann und darf ich Ihnen Auskunft erteilen? – Ich möchte hier und heute wirklich meinen Beitrag zur Aufklärung der Hypo-Misere leisten, und Licht in die Hypo-Angelegenheit zu bringen ist mir wichtig. Daher habe ich unverzüglich nach Bekanntgabe der Ladung für den heutigen Tag nach Abstimmung mit den Verfahrensanwälten Binder und Hoffmann, meiner Vertrauensperson Schima und meinen ehemaligen Deloitte-Kollegen sowie deren Beratern die meines Erachtens erforderlichen und gebotenen Entbindungen für diese erste Phase der Ausschussarbeit in die Wege geleitet.

Dies betrifft primär die nunmehrige HETA ASSET RESOLUTION AG, also die frühere Hypo International, die nunmehrige Anadi, also die frühere Hypo Österreich, und die nunmehrige Alpe Adria Privatbank AG in Liquidation, also die frühere Hypo Liechtenstein.

Die von mir angeforderten Entbindungen waren naturgemäß sehr weitgehend und umfassten neben der Entbindung von vertraglichen Verschwiegenheitsverpflichtungen auch jene nach den einschlägigen Bestimmungen des UGB, BWG – das allerdings nur innerhalb der Hypo-Gruppe –, des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes, des Datenschutzrechts und allfälliger anderer einschlägiger gesetzlicher Bestimmungen. Die Reaktionen darauf fielen naturgemäß sehr unterschiedlich aus und stellen sich wie folgt dar:

Betreffend HETA: Vom Bankgeheimnis wurde ich innerhalb des aktuellen Konzerns, also der Abbaugruppe der HETA, entbunden. Auch von der allgemeinen Verschwiegenheitspflicht wurde ich allerdings mit der Einschränkung entbunden, dass ich keine Entbindung zu sämtlichen Informationen aus oder im Zusammenhang mit anhängigen Zivilverfahren zwischen HETA und BLB erhalten habe. Das heißt, ich muss bei jeder Ihrer Fragen überlegen, ob das im Zusammenhang mit diesen Verfahren stehen kann oder nicht. Dass die HETA und damit wir alle österreichischen Steuerzahler kein Risiko eingehen dürfen, durch Auskünfte vor dem Untersuchungsausschuss Gerichtsverfahren nachteilig zu beeinflussen, ist wohl verständlich.

Vom Bankgeheimnis bin ich im Hinblick auf Kundenbeziehungen nicht entbunden, weil das auch gar nicht möglich ist, außer der Kunde stimmt zu; innerhalb der aktuellen HETA-Gruppe, wie ich sagte, schon.

Betreffend Anadi: Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht, aber logischerweise nicht vom kundenseitigen Bankgeheimnis. Alpe Adria Privatbank: keine Entbindung durch den Liquidator, aber teilweise über die HETA enthalten.

Von der Deloitte-Österreich-Gruppe, mit der ich als geschäftsführender Gesellschafter oder landläufig Partner, aber auch im Rahmen eines Dienstverhältnisses bis Ende 2013 verbunden war, wurde mir erwartungsgemäß eine Entbindung von den dort relevanten Verschwiegenheitsverpflichtungen erteilt.

Ich muss mich – und das, bitte, ist wichtig – besonders als Wirtschaftstreuhänder natürlich an die geltende Gesetzeslage und den Umfang der Entbindungen von meiner Verschwiegenheitspflicht halten. Letztlich habe ich mich auch im Wege des Herrn Verfahrensanwalts davon überzeugt, dass keine Organe und Behörden der Republik Österreich im Zusammenhang mit der Hypo-Gruppe in irgendeiner Form Ermittlungen gegen mich führen. Dies wurde mir von den Dienststellen beziehungsweise dem Herrn Verfahrensanwalt hinsichtlich der relevanten Staatsanwaltschaften bestätigt. Naturgemäß würde ich für den Fall, dass Einrichtungen der Republik Österreich gegen mich ermitteln sollten, hier keine Aussagen unter Wahrheitspflicht machen.

Jetzt zu meiner Befassung mit der Hypo-Gruppe: Die Hypo-Gruppe war eine Kundenbeziehung, die anlässlich des Zusammenschlusses zwischen Deloitte und der früheren Auditor/Andersen-Gruppe im Jahr 2004 in das gemeinsame Unternehmen übernommen wurde. Aufgrund meiner damaligen Zuständigkeit für den Wirtschaftsprüfungsbetrieb der Deloitte-Seite beziehungsweise für den Bereich Bankprüfungen war ich schon relativ früh in die internen Konsultationen zum Thema Hypo involviert.

Auch die im Bankenbereich einmaligen Schritte und Maßnahmen, die wir im März 2006 aufgrund des letztlich durch Deloitte aufgedeckten Umstands der falschen bilanziellen Darstellung der sogenannten Swaps – eigentlich waren es Anschlusskreditverträge – durch Widerruf des Bestätigungsvermerks und entsprechende Warnbriefe gesetzt haben, wurden mit mir abgestimmt. Ich hatte keine Verantwortung für das Prüfungsmandat, aber eben das Riskmanagement.

Ich muss anmerken, dass ich zu dieser Zeit keine Leitung oder Verantwortung für Bankprüfungen bei Deloitte innehatte, da ich von 2005 bis August 2009 als Vorstandsmitglied in den Sparkassen-Prüfungsverband entsandt war, der für die Prüfung aller österreichischen Sparkassen, inklusive zum Beispiel der Bank Austria und der Erste Group, gesetzlich zuständig war. Daher durfte ich keinen derer Konkurrenten betreuen. Davon ausdrücklich ausgenommen war meine Tätigkeit im Bereich des Deloitte-internen Riskmanagements.

Meine eigentliche und unmittelbare Befassung, wie ich schon sagte, mit der Hypo International begann Ende September 2009, als ich aus dem Sparkassen-Prüfungsverband ausgeschieden bin und aufgrund der internen Rotationserfordernisse bei Deloitte auch sofort die Prüfungsleitung und Verantwortung für die Hypo-Gruppe übernahm.

Diese Phase 2009 ist allerdings, so wie ich das verstehe, nicht primärer Gegenstand dieser Befragung, weshalb ich auch wegen der eingeschränkten Entbindung nicht wirklich vorbereitet bin, zu dieser Phase detaillierte Auskünfte zu geben.

Mein Wissens- und Informationsstand:

Ich gestatte mir, die werten Abgeordneten darauf aufmerksam zu machen, dass der hier befragungsgegenständliche Sachverhalt nunmehr bereits bis zu acht Jahre zurückliegt. Die Angelegenheit mit Puris war etwas, das nach dem Jahr 2007 bei mir kaum mehr Beachtung fand. Da ich Ende 2013 bei Deloitte ausgeschieden bin, hatte ich auch keine laufende Befassung mit der Hypo-Gruppe mehr. Naturgemäß standen mir ab dem Zeitpunkt keine Unterlagen mehr zur Verfügung, und ich habe am 1. Juni informell und am 3. Juni formell von meiner Ladung für den heutigen Termin erfahren, wobei ich zu diesem Zeitpunkt noch in den USA war und mir neben zahlreichen anderen Verpflichtungen genau drei Arbeitstage geblieben sind, um mich anhand von Unterlagen auf den heutigen Termin vorzubereiten; davon musste ich allerdings das meiste für die Entbindungsdiskussion mit der HETA verwenden.

Ich bitte daher um Verständnis, wenn auch mir einzelne Sachverhalte oder Vorgänge nicht mehr vollständig erinnerlich sind oder ich Vorbehalte hinsichtlich der Exaktheit und Belastbarkeit meiner Auskünfte anbringen muss. Ich werde mich jedenfalls sehr bemühen, Ihnen im Sinne Ihres politischen Ermittlungsauftrags und damit im Interesse aller österreichischen Staatsbürger bestmöglich Rede und Antwort zu stehen.

Jetzt möchte ich noch ein paar allgemeine Anmerkungen zur Hypo machen.

Nach diesen durchaus umfänglichen Formalitäten gestatten Sie mir, sehr geehrte Damen und Herren, dass ich Ihnen als den Vertretern des Hohen Hauses meine Sicht und Perspektiven zum Themenbereich Hypo Alpe-Adria aus rechtlicher, wirtschaftlicher und auch ein wenig politischer – aber bitte sicher nicht parteipolitischer, weil das auch gar nicht vom Untersuchungsauftrag umfasst ist – Sicht darlege und Ihnen für Ihre Überlegungen die mir wesentlich erscheinenden Punkte kurz und in thesenartiger Form zusammenfasse. Die meines Erachtens erforderlichen politischen Maßnahmen, die jedoch eine weitgehende Begrenzung der politischen Allmacht und somit eine freiwillige Beschränkung des Handlungsspielraums von Ihnen und den parteipolitischen Organisationen, denen Sie nahestehen, bedeuten würde, spielen dabei eine zentrale Rolle.

Die zivil- und bankrechtliche Verantwortung der Hypo-Bank selbst und ihrer Organe von 2000 bis 2009 steht über allen politischen Verantwortungen – die Organe der Bank.[i]

Das Land Kärnten hat jedenfalls politische Eigentümerverantwortung wegen der ungedeckten Haftungen und der weit außerhalb der eigentlichen Aufgaben einer Landes-Hypothekenbank gelegenen Geschäftstätigkeit der Hypo. Das Land Kärnten und insbesondere Herr Haider haben die Entwicklung der Hypo-Gruppe ultimativ beeinflusst.

Ob die Verlustursachen bis 2009 auch einen kriminellen Hintergrund wie Selbstbereicherung oder Vorteilszuwendung – an wen immer – hatten, entzieht sich meiner finalen Einschätzung; es ist aber nicht auszuschließen. Wiedergutmachung ist jedoch kaum zu erwarten.

Der Druck auf und durch die Wiener Banken wegen Geschäftsentgangs und Margendruck durch die teilweise schwer verständlichen Kreditvergaben der Hypo in Südosteuropa und ihrem[ii] unfairen Kapitalvorteil aus den Haftungen obendrauf war erheblich. Das war Talk of the town seit spätestens 2009. (Abg. Kogler: 2004!) 2004, danke.

Der Verkaufsdruck des Landes Kärnten wegen der Anleihe und so weiter verhinderte ein gutes Verhandlungsergebnis zu den Haftungen in 2007. Bei fast allen anderen Bankprivatisierungstransaktionen wurde dem garantierenden öffentlichen Rechtsträger vom Käufer die Zusage einer Haftungsfreistellung, die naturgemäß nur im Innenverhältnis wirkt, gegeben. Ob es das Motiv des Landes Kärnten war, die jährlichen Millionen an Haftungsprovisionen für das Landesbudget weiter einstreifen zu können, müssten andere beantworten. Jedenfalls war das ein schwerer Fehler. Die BLB hätte wohl nahezu alle Bedingungen akzeptiert, wenn man bedenkt, welche konkreten Warnungen der eigenen Berater in den Wind geschlagen wurden.

Das Umfeld war bis 2007 ein ganz anderes. Alles geht und das Geld liegt in Süd- und Osteuropa nur so auf der Straße – das war die Einstellung und das gelebte Prinzip bei leider zu vielen Banken. Mit der Krise beginnend in 2008 trat die Ernüchterung ein, besonders bei der Hypo.

Denkbar ist, dass der Zwischentritt via Tilo Berlin schon der BLB zuzurechnen war. Es kann auch ein Versuch des Landes Kärnten gewesen sein, ohne Aufgabe der Mehrheit durchzukommen. Jedenfalls hat dieser Umstand aber den Haftungsübergang an die BLB zum Übernahmezeitpunkt in 2007 erschwert.

Warum die BLB in 2007 überhaupt kaufen wollte oder musste, ist zumindest fraglich. Am ehesten sind noch persönliche Motive bei den Entscheidungsträgern in München gemäß der Grundeinstellung: Wenn die Österreicher in CEE/SEE schon dabei sind, können beziehungsweise müssen wir auch!, zu vermuten. Wissen tue ich es nicht.

Die BLB musste nach 2008 wegen der EU-Beihilfebestimmungen und der Krise aus der Hypo wieder aussteigen. Ja, sie musste raus! Es war wohl nur ein einziger realistischer Käufer zu finden: die Republik Österreich – dies, da es die hohen ungedeckten Landeshaftungen gab und nach dem Ausbruch der Krise viele Verstaatlichungen erfolgt sind. Dem Vernehmen nach haben die Bayern den Ausstieg und das Andienen an den Bund schon Ende 2008 zumindest sehr konkret skizziert.

Die Strategie der BLB beim Ausstieg war klar und von dort sicher wohlüberlegt sowie vorbereitet. Das war irgendwie FC Bayern gegen …, jedenfalls nicht FC Barcelona. Deren Organe, Prüfer und Berater haben den Versuch, die Hypo Österreich anzudienen, wohl gerne mitgetragen. Die Bestellung von Herrn Pinkl und sein Vertrag im Jahr 2009 sprechen Bände. Die BLB suchte wohl Kontakte und Telefonnummern in Wien, um ihr Ziel zu erreichen. Dafür gab es eine attraktive Erfolgsprämie für Herrn Pinkl.

Die in einer zufälligen Punktlandung resultierende Portfolioanalyse oder das Asset Screening im Frühherbst 2009 wurde im Aufsichtsrat der Hypo beschlossen und war daher bei Eigentümern, Aufsicht und wohl auch in der österreichischen Politik bekannt.

Das kleine BMF-Team in 2009 war wohl überfordert und hatte kaum einschlägige Erfahrungen mit solchen Transaktionen. Es war – ausweislich des Griss-Berichts und meiner eigenen Wahrnehmungen – nicht bereit, umfassenden rechtlichen, taktischen und wirtschaftlichen Rat einzuholen.

Der Druck von EU und EZB pro Verstaatlichung, also gegen eine Insolvenz, war enorm. Das Reputationsrisiko für die Bund- und Landesfinanzierungen sowie die anderen österreichischen, in Osteuropa tätigen Banken war erheblich. Zum Thema Eigenkapitalersatz, das in meinem Warnbrief nach § 63 BWG vom November 2009 angesprochen war, darf ich mich aufgrund der fehlenden Entbindungen nicht äußern.

Wenn die Merkels, Trichets und andere bei uns intervenierten, damit wir keinen Flächenbrand am Balkan und CEE auslösten, indem wir die Hypo pleitegehen ließen, so hätte es zumindest ebenso viel Druck auf die große BLB geben müssen, die Hypo nicht pleitegehen zu lassen. Das habe ich damals auch nicht so erkannt und die Verstaatlichung – allerdings nicht um diesen Preis – unterstützt. – Dazu vielleicht ein anderes Mal mehr.

Über den Inhalt der kolportierten politischen, eigentümerseitigen und behördlichen Gespräche im Sommer 2009 fehlen mir und wohl auch Ihnen die Details. Wenn sich Fahrenschon und Pröll getroffen haben, wird der Bayer wohl eine Verhandlungslösung des Übergangs der Hypo an den Bund gesucht haben. Vielleicht ist die Botschaft nicht angekommen.

Eine Insolvenz der Hypo wäre nach einem BLB-Beitrag primär zulasten der anderen Hypos gegangen – das haben wir jetzt auch gesehen –, vor allem via Pfandbriefstelle. Von den Hypos waren drei – Oberösterreich, Steiermark, Salzburg – im Wesentlichen bei Raiffeisen und je eine eigenständige in Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg sowie die frühere Bank Burgenland übrig geblieben. Danach wäre der Schaden auf den Haftungsträger Land Kärnten und spätestens über die Einlagensicherung auf andere Banken und Sparkassen übergegangen. Das Risiko war sehr, sehr hoch, dass es hier massive Kollateralschäden gegeben hätte.

Das neue Team im Aufsichtsrat und Vorstand der Hypo ab 2010 hatte keinen ausreichenden politischen Rückhalt, weil möglicherweise Verschleiern und Hinausschieben des öffentlichen Erkennens der Dimension des Problems angesagt waren und die Bonusregelung des Managements jeden Verkauf von Töchtern oder Geschäftsfeldern unter dem Buchwert de facto verhinderte, also kein Verlust realisiert werden durfte.

Auch für die Aufsichtsbehörden und frühere Organe der Hypo war diese Entwicklung hilfreich, weil mit Zeitablauf und der auf – in der Gesamtbetrachtung unbedeutende – Strafverfahren gerichteten öffentlichen Aufmerksamkeit neue, spätere Verlustursachen ins Treffen geführt werden können. Die Aufsicht war ursprünglich gegen Haider und die sonstige Politik im Wesentlichen chancenlos. Welcher Hund beißt sein Herrl, noch dazu sein einziges? Außerdem ein allmächtiges wie die Politik?

Der Griss-Kommissionsbericht ist sensationell klar, und das wohl nur, weil ein Einfangen der an sich logischen, aber ganz ausgezeichnet aufgearbeiteten und präsentierten Ergebnisse nicht mehr möglich war.

Der Versuch, die BLB mit dem Schuldenentfall-Sondergesetz im Sommer 2014 quasi alleine zu treffen, war meines Erachtens von vornherein zum Scheitern verurteilt. Zahllose Finanzhaie haben davon schon profitiert.

Die jetzt umgesetzte Lösung des Moratoriums geht in die richtige Richtung. Wünschen wir uns, dass sie gelingt. Die verzweifelten Kämpfe vor allem deutscher Investoren sind ein gutes Zeichen dafür, dass es klappen kann.

Dieser Untersuchungsausschuss kann dazu beitragen, die politische Dimension aufzuzeigen. Er wird aber, fürchte ich, kein Ergebnis oder Konsens[iii] zu politischer Verantwortung oder gar zu zivilrechtlichen Haftungsinanspruchnahmen erzielen.

Wenn etwas überbleibt, dann ist das die bereits oben angesprochene dringend notwendige Begrenzung der politischen Allmacht und somit eine freiwillige Beschränkung des Handlungsspielraums von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, und den parteipolitischen Organisationen, denen Sie nahestehen.

Der Staat und seine politischen Repräsentanten sollen sich in Zukunft bitte aus dem allgemeinen Wirtschaftsleben und besonders bei Banken heraushalten und dies wirklich unabhängigen Profis überlassen. Ich meine, wirklich ganz loslassen, dann sind Sie nicht schuld und wir ersparen uns diese und andere Untersuchungen.

Zum Schluss dieses Statements, sehr geehrte Damen und Herren, darf ich für Ihre Aufmerksamkeit danken.

Jetzt sehe ich Ihren Fragen und der sich daraus ergebenden Diskussion gerne entgegen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, Herr Mag. Kandler, für die einleitende Stellungnahme.

Ich möchte gerne im Rahmen der Erstbefragung auf Ihre Kommunikation hinkommen, die Sie mit Ihrer Umgebung in Kärnten hatten: mit der Landesholding, mit dem Mehrheitseigentümer, auch zum Beispiel mit der Internen Revision oder dem Controlling, dem Vorstand – was immer in Kärnten von den Banken her für Sie von Bedeutung war.

Mag. Erich Kandler: Da möchte ich einmal vorweg festhalten: Ich hatte bis zu dem Zeitpunkt, als ich tatsächlich die Prüfungsleitung bei der Hypo International übernommen hatte, in Sachen Hypo mit keinen Funktionären einen besonderen Kontakt. Natürlich habe ich andere – Sparkassen gibt es ja in Kärnten auch – betreut, und natürlich war die Hypo immer wieder ein Thema, aber ich hatte mit keinen Funktionären, keinen politischen Funktionären Kontakt. Ich habe Herrn Haider einmal zufällig bei einer Veranstaltung getroffen und ebenso zufällig ein paar Tage später im Flugzeug nach Wien, aber da war die Hypo auch kein Thema.

Beobachtet habe ich das Ganze natürlich, das ist klar. Wenn man zwei Großbanken mit Osteuropa-Aktivität in dem Umfang wie Bank Austria und Erste Bank betreut, dann schaut man sich die vergleichsweise kleine Hypo natürlich auch an – aber von außen.

Von innen her hatte ich Kontakte, beginnend mit Herbst 2009, und die waren – Sie können es sich leicht vorstellen – dann recht intensiv, denn mein Antrittsgespräch – ich dachte ich fahre auf einen Kaffee zu Herrn Pinkl und zu Herrn …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Mag. Kandler, das würde ein Bericht über eine sehr spannende Phase werden, aber ich möchte jetzt (Auskunftsperson Kandler: Die erste Phase!) in der ersten Phase bleiben (Auskunftsperson Kandler: Gut!) und würde Sie daher bitten … (Auskunftsperson Kandler: Also keine Kontakte!) –Keine Kontakte.

Sie haben sich selbst als Player im Hintergrund bei Deloitte bezeichnet. Haben Sie von daher Informationen bekommen, oder hat man vonseiten des Mehrheitseigentümers indirekte Einflussnahme auf Sie auszuüben versucht?

Mag. Erich Kandler: Nein! Das kann ich ganz sicher sagen. Abgesehen davon, glauben Sie mir: Bei mir prallt das ziemlich locker ab. Aber ich hatte keinen wie auch immer gearteten Kontakt mit Management, Aufsichtsrat, Eigentümern. Also niemand hat da …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie haben einmal vom Berufsethos erzählt und zum anderen auch davon, nicht Polizist sein zu mögen. Das ist ein Spannungsverhältnis, das nicht immer ganz leicht ist, denn Sie haben ja auch Berufspflichten.

Von daher betrachtet: Haben Sie schon in der Zeit, als Sie noch Player im Hintergrund waren, Informationen aufgenommen, die Ihnen bedenklich erschienen sind, sodass Sie auch direkt und unmittelbar zum Telefon oder zum Mailverkehr oder zu einem persönlichen Gesprächstermin gegriffen haben, um etwas loszuwerden, was Ihrer Meinung nach gebrannt hat?

Mag. Erich Kandler: Ja! Ich habe ausgeführt, dass bereits ab 2004, als wir mit Auditor und Andersen zusammengegangen sind, laufende Konsultationen stattgefunden haben mit den Kollegen, die damals für die Prüfung – das kam ja von der Auditor-Andersen-Seite – zuständig waren, zu heiklen Fragen – Bankrecht ändert sich –, Eigenmittelfragen, Konsolidierungsfragen, Rechnungslegung, IFRS, nachdem ich ja die Großbanken betreut habe. Auf der anderen Seite stimmt man sich natürlich hinsichtlich dieser Fragen ab.

2006, also die Zurückziehung eines Bestätigungsvermerks bei einer Bank, natürlich hat es da umfassende Konsultationen gegeben. Und die Kollegen, die das im Detail analysiert haben, haben sich sehr wohl auch mit mir abgestimmt, wie das aussieht, wie man das macht, auch rein technisch von der Kommunikation …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Meine Frage war jetzt schon konkreter und betraf nicht nur Ihre Einflussnahmen in Bezug auf den Testat-Widerruf, sondern ob Sie selbst einmal zum Telefon gegriffen haben, ein E-Mail abgesetzt haben oder zu jemandem gesagt haben: Wir sollten uns treffen, da gibt es etwas, das zu besprechen ist!

Mag. Erich Kandler: Also intern ja, Deloitte-intern ja, natürlich, war ja meine Aufgabe. Außerhalb von Deloitte habe ich ganz sicher nicht Kontakte gesucht oder wahrgenommen, das wäre mir auch gar nicht zugestanden. Ich habe ausgeführt, zu der Zeit war ich Mitglied im Vorstand des Sparkassen-Prüfungsverbands, da redet man nicht über die Hypo nach außen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie haben, wenn ich das noch einmal zusammenfasse, jetzt gesagt, mit dem Land war nichts bis 2009, auch keine Intervention. (Auskunftsperson Kandler: Bei mir nicht!)

Wie waren denn die Kontakte nach Wien zur Aufsicht, zur FMA, zur Nationalbank, in Bezug auf Kärnten?

Mag. Erich Kandler: Ich hatte laufenden Kontakt mit der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht. Natürlich, wenn Sie für, weiß ich nicht …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich meinte jetzt konkret in Bezug auf Kärnten, Herr Mag. Kandler.

Mag. Erich Kandler: Meinten Sie Kärntner Hypo?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, ja, immer; mit Kärnten meine ich jetzt immer die Kärntner Bank.

Mag. Erich Kandler: In Zusammenhang mit Hypo Kärnten gab es außer dem einen hier interessanterweise gegenständlichen Telefonat beziehungsweise möglicherweise zwei, drei Folgetelefonaten keinen sonstigen Kontakt durch mich.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sind die zwei, drei Folgetelefonate auch auf das erste zurückzuführen?

Mag. Erich Kandler: Ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Gab es noch ein anderes Thema?

Mag. Erich Kandler: Nein, ist mir nicht erinnerlich. Das kann ich eigentlich auch ausschließen, denn ich wüsste nicht, warum ich in Sachen Kärnten oder Kärntner Hypo mit Behörden in Kontakt hätte treten sollen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie mit der Aufsicht darüber kommuniziert, was interessante Prüfgebiete in Bezug auf die Hypo wären, was man sich näher ansehen sollte? Oder haben Sie das indirekt, vielleicht über Deloitte, über Ihre Mitarbeiter betreut, die wiederum an Sie als den erfahrensten Berater, wie Sie sich bezeichnet haben, herangetreten sind und um Rat gefragt haben: Was sollen wir uns nun ansehen?, sodass Sie da vielleicht als Mastermind eine Sicht vermittelt haben?

Mag. Erich Kandler: Herr Dr. Pilgermair, ich habe nicht[iv]– das ist auch gänzlich unüblich – ... Kein Bankprüfer stimmt seine Prüfgebiete im Detail mit der Aufsicht ab. Das sind getrennte Aufgaben. Wir haben die Prüfung des Jahresabschlusses vorzunehmen, die Aufsicht hat sich um die Einhaltung der BWG-rechtlichen Normen – jetzt sehr vereinfacht gesprochen – zu kümmern.

Es kann durchaus sein, dass man in dem einen oder anderen Gespräch … Man muss auch im Auge haben: Diese Phase hat sich entwickelt. Es hat dann laufend mehr und mehr Kontakte zwischen den Prüfern gegeben. Aber anfänglich, wenn ich an die Jahre 2006 bis 2008 oder 2009 denke, haben wir sicher keine Prüfgebiete nach außen mit den Behörden abgestimmt; ich schon gar nicht.

Was die Hypo betrifft: intern – ja, natürlich haben wir uns darüber unterhalten: Was schaut ihr euch bei der Bankengruppe an? Warum macht ihr das?

Es gab zum Beispiel eine zentrale Einheit für Treasury-Prüfungen. Natürlich ist das abgestimmt worden, denn die haben letztendlich bei allen Prüfkunden von Deloitte die gleichen Prüfungshandlungen oder -gebiete gesetzt, in einem gewissen Rotationsschema.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt war das aus verschiedenen Gesichtspunkten, die Sie auch in der einleitenden Stellungnahme dargelegt haben, natürlich eine ungewöhnliche Situation. Da lag das Geld angeblich auf der Straße, aus der Sicht dieser Leute. Es war eine schwierige Konkurrenzsituation mit Wien.

Hat man dann nicht ein Interesse, sich das näher anzusehen, wenn das doch im Endeffekt enorme Auswirkungen haben kann – und ja auch hatte, nicht?

Mag. Erich Kandler: Ja, schauen Sie, es ist die Bank genauso geprüft worden, im Wesentlichen, wie alle anderen Banken. Wenn Sie sich die Wachstums…

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich meine jetzt interkommunikativ, dass man schaut: Ist hier mehr angesagt, als dass nur jeder für sich seinen Garten betreut – ich sage jetzt gar nicht Schrebergarten, sondern seinen Garten betreut, sein Beet –, und sich das ansieht? Und was in der Nachbarschaft ist, darauf kann man hoffen oder auch nicht, denn man weiß es nicht, man redet nicht miteinander.

Mag. Erich Kandler: Um das auch klarzustellen: Als Wirtschaftstreuhänder, auch innerhalb einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft, unterliegen wir auch der Verschwiegenheitsverpflichtung. Das heißt, wir können auch nur intern in dem Ausmaß, in dem es notwendig ist, um[v] zu konsultieren, Erfahrungen zu sammeln, uns untereinander austauschen.

Es sind nie konkrete Kreditfälle oder Vorgänge angeschaut worden.

Und was ich schon sagen muss: Die Makro-Aufsicht über das österreichische Finanzwesen ist nicht Gegenstand der Wirtschaftsprüfung. Das ist Angelegenheit der Behörden.

Wir haben den Jahresabschluss eines einzelnen Kreditinstituts oder einer Kreditinstitutsgruppe zu prüfen, aber bitte keine makroökonomischen …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Aber es interessiert Sie schon, was die anderen gesehen haben: was die FMA gesehen hat, was die Nationalbank gesehen hat, oder was die Interne Revision gesehen hat? (Auskunftsperson Kandler: Ja, natürlich!) Oder schaut man da nicht hin, weil man so auf sich konzentriert sein muss und so verschwiegen sein muss? Schaut man da nicht hin?

Mag. Erich Kandler: Ich habe Ihre Frage, Herr Dr. Pilgermair, so verstanden, ob wir uns mit der Behörde ausgetauscht haben beziehungsweise ob wir uns zwischen den Bankprüfungsteams bei Deloitte beziehungsweise des Prüfungsverbands ausgetauscht haben. Dazu die Antwort Nein.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, ob man anlassbezogen einen Grund hatte, zu sagen: Da macht es Sinn, dass mehr und intensiver angeschaut wird, weil offenbar das Risikomanagement – oder was immer, diese Frage muss ich Ihnen ja noch stellen – … War die Situation in Kärnten für Sie vor 2009 überhaupt je besorgniserregend?

Mag. Erich Kandler: Jetzt haben wir ein bisschen viele Baustellen auf einmal, Herr Dr. Pilgermair.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Zwei haben wir: die, ob es für Sie besorgniserregend war, und dann die erste Baustelle, die mit der zusammenhängt: Weil Sie von der Kommunikation an sich nicht so viel gezeigt haben, wollte ich nachfragen, ob – wenn Sie es für besorgniserregend angeschaut haben – vielleicht doch ein Grund dagewesen wäre, da mehr hinzuschauen und zu schauen: Können wir in einer vertieften, vielleicht zusammenhängenden Art etwas herausbringen, was der Bank und schlussendlich auch der von Ihnen angesprochenen Gesellschaft und dem Staat helfen kann?

Mag. Erich Kandler: Also jeder Bankprüfer in Österreich fordert an und erhält auch die Berichte, die die Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht über ein Kreditinstitut erstellen. Es hat dann sogar irgendwann einen Zeitpunkt gegeben, wo sie uns direkt zugestellt wurden, wenn ich das jetzt richtig in Erinnerung habe. Man hat auch ganz selbstverständlich den Revisionsplan, die Übersichten der Ergebnisse und, je nachdem, alle oder die wesentlichen Innenrevisionsberichte angefordert und durchgesehen; ganz klar. – Das zur Frage der Kooperation auf der Mikroebene. Also wenn die Nationalbank geprüft hat und es einen Prüfbericht gab, dann war es selbstverständlich so, dass wir den Prüfbericht bekommen haben.

In besonderen Fällen, wie zum Beispiel auch bei der Hypo, gab es dann sogar auch einmal eine Gesamtbesprechung mit der Nationalbank und der Bank über das Prüfungsergebnis. – Zu dieser Frage der Kooperation.

Also, ich bitte, sozusagen auch für die Damen und Herren: Das ist kein Silo-Denken, aber Sie müssen einen Bankprüfungskunden vom anderen trennen. Sie können nicht sozusagen locker hinübergehen. Sie können Systeme oder Grundsatzfragen diskutieren, aber es gibt keine Einstufung quer drüber. Wir schauen auch tunlichst, dass es sich von den Teams her so ausgeht, dass es nicht immer genau die gleichen Teams sind.

Und das zweite Kapitel war dann: Gab es Besonderheiten, die etwas rechtfertigen? – Natürlich gibt es bei jeder Bankprüfung und Konzernprüfung bestimmte Prüfungsschwerpunkte, die werden vom Team gesetzt. Die Kritik, die am Risikomanagement bei der Hypo Alpe-Adria geübt wurde, ist ja nicht neu. Da gab es Management Letter und andere Dokumente, Kritik der Behörden – vielleicht in abgeschwächter Form, da war ich nicht dabei damals, aber dem Vernehmen nach auch durch die Innenrevision – und Erfordernisse, Dinge zu ändern.

Natürlich war das bekannt, dass das ein zentraler Punkt ist, auf den man sich dort entsprechend gestürzt hat. Aber das ist bei einer anderen Bank, die riesige Treasury-Operationen hat, die einen Kundenhandel hat, die womöglich noch andere Geschäftsfelder, Investmentbanking hat, anders gelegen. Da haben Sie wieder andere Prüfungsschwerpunkte. Die Hypo hatte kein Investmentbanking.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Also keine Vernetzung, keine Interkommunikation, auch kein Reagieren des eigenen Instituts – oder doch? Das Letzte ist eine Frage, keine Zusammenfassung: Eine Reaktion des eigenen Instituts auf das, was die anderen getan haben?

Mag. Erich Kandler: Wen meinen Sie jetzt mit „eigenem Institut“? Deloitte?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie, Deloitte.

Mag. Erich Kandler: Na ja, schauen Sie, wenn man zusammensitzt und sagt, das sind die Prüfungsschwerpunkte … Ich will Sie jetzt nicht langweilen, aber da gibt es so nette Übersichten und Formulare, die sehr ordentlich durchdacht sind, wo man sozusagen Risikoabschätzungen, Risikoeinstufungen nach sogenannten Prüffeldern vornimmt. Natürlich hat man sich dann überlegt: Na ja, jetzt sind wir in einer Cluster- oder Teambesprechung zusammengesessen und dann hat einer gesagt, bei mir ist dieser und jener Schwerpunkt, und der andere kommt und sagt, bei mir auch. Dann denkt man sich, das kann eigentlich nicht sein, das ist eigentlich eine andere Bank.

Also natürlich gab es da eine gewisse Abstimmung. Es sind ja – bitte, um es sich bildlich vorzustellen –, das ist ein Stockwerk …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und was ist herausgekommen, Herr Mag. Kandler?

Mag. Erich Kandler: Herausgekommen ist natürlich, dass man sich halt formell und informell dann wohl ein bisschen abgleicht. Ich kann nicht …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Aber jetzt ohne ganz konkrete große Schritte?

Mag. Erich Kandler: Es kann auch keine Abstimmung in dem Sinn geben, denn ich dürfte auch als Leiter dieses Bereichs nicht sagen: Das Prüfteam A setzt sich mit Prüfteam B zusammen und tauscht die Details der Banken aus. (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!) Da verstoße ich …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Dann hätte ich noch eine abschließende Frage: Wie war es möglich, dass die Swapverluste bilanziell vorbeigeführt werden konnten an der Prüfung?

Mag. Erich Kandler: Das ist natürlich eine gute Frage, dazu gibt es verschiedene Vermutungen. Wie es genau geschafft wurde, weiß ich auch nicht. Ich weiß nicht, ob es irgendjemand weiß.

Vielleicht für die Damen und Herren: Die sogenannten Swapverluste waren eigentlich keine Swaps, sondern ganz nüchterne Spekulationen, die nicht aufgegangen sind. Sie heißen deswegen Swaps, weil man die Verluste[vi] über Anschlusskreditgeschäfte, die als Swaps getarnt waren, verschoben hat. Jetzt muss man dazusagen: Wenn man mit einer internationalen Großbank – und das ist jetzt nichts Untypisches für die Hypo, die hat dort logischerweise Geschäfte – einen nicht ganz unerheblichen Betrag, es waren immerhin 300 Millionen, verliert und diese Großbank offensichtlich bereit ist, anstatt diese Verluste sofort zu realisieren, sie in einen Kredit zu konvertieren und den Kredit halt komischerweise „Swap“ zu nennen, obwohl er kein Swap ist – denn „swap“ heißt „tauschen“, und tauschen heißt gleichwertig, und es war nie gleichwertig –, dann ist das sehr schwer.

Und der Geheimhaltungskreis innerhalb der Hypo Kärnten war offensichtlich sehr klein. Die Abschlussprüfer zählten nicht dazu. Es gibt Vermutungen oder Gerüchte – teilweise, glaube ich, auch irgendwo Dokumente –, dass einzelne Mitglieder des Aufsichtsrats davon gewusst haben. Ich weiß nicht einmal, ob der Gesamtvorstand informiert war.

Bis das auffällt – und es fällt auf, das muss man auch dazusagen, bei so einer Schieflage bei einem Swap –, dauert es nicht so lange. Und es waren ja letztendlich nur ein bisschen über zwölf Monate, denn die Swaps wurden, glaube ich, im Jänner 2005 effektuiert und im März 2006 erfolgte ja dann schon die Rückziehung und Entdeckung. Irgendwann kommt es heraus.

Aber warum das so lange gedauert hat und warum vor allen Dingen die ersten Verluste nicht erkannt worden waren, das lag sozusagen an den Strukturen, die die Hypo halt hatte, und einem sehr starken … Das muss man auch sagen: Es waren eben der Einfluss und die Dominanz des Herrn Dr. Kulterer in dem Haus sehr, sehr stark. Das habe ich sogar noch 2009, als ich dann dort war, bemerkt, welche Stellung er eigentlich hatte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Die Zeit der Erstbefragung ist abgelaufen. Danke schön, Herr Mag. Kandler. (Auskunftsperson Kandler: Gerne!)

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Pilgermair, für die Erstbefragung. Danke vielmals, Herr Mag. Kandler, für die einleitende Stellungnahme.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte noch einmal auf die zwischen den Fraktionen im Einvernehmen getroffene Redezeitvereinbarung aufmerksam machen und ersuche um gewissenhafte Einhaltung dieser Vereinbarung, auch aus Gründen der Fairness.

Wir steigen in die erste Runde ein, und ich erteile Herrn Abgeordnetem Podgorschek das Wort. – Bitte.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Herr Mag. Kandler, herzlichen Dank! Sie sind die erste Auskunftsperson, die uns Ihre Stellungnahme in schriftlicher Form übermittelt hat. Soweit ich jetzt habe mitlesen können, ist es eine sehr interessante Aufzählung Ihrer persönlichen oder, ich würde auch sagen, politischen Einschätzungen.

Dazu gleich einmal eine Frage: Wo waren Sie – weil Sie das ja doch chronologisch aufbereitet haben – persönlich beteiligt, dass Sie das als Tatsachen berichten können?

Mag. Erich Kandler: Also, wie ich schon ausgeführt habe, ich hatte in dem hier gegenständlichen Zeitraum – und meine Ausführungen beziehen sich ja ausschließlich substanziell auf die Jahre 2006 bis aktuell –, ich hatte von 2006, also beginnend 2005 bis inklusive 2009, meine Wahrnehmungen ausschließlich in der Rolle als Riskmanager oder, formal, Risk and Reputation Leader bei Deloitte Österreich.

Das heißt, meine Aufgabe war es, immer dann, wenn etwas heikel geworden ist, mit den jeweiligen Damen und Herren, die es betrifft, die Vorgangsweise abzustimmen, aber gleichzeitig auch – und das war innerhalb der globalen Deloitte-Gruppe eine in etwa 2003 neu eingerichtete Funktion – zu schauen, dass Systeme innerhalb des Hauses Deloitte eingeführt sind, die eben eine besonders sinnvolle Betrachtung und Analyse zulassen – Koordination des Portfolios, Vorgabe von Standards und ähnliche Dinge außerhalb der nüchternen Prüfungsstandards, auch Klientenstruktur, Zugehörigkeit und Ähnliches.

Daher habe ich natürlich einen relativ guten Überblick – ich war auch Mitglied im geschäftsführenden Ausschuss und diese Dinge –, was sich bei Deloitte tut. Und, logischerweise, eine Hypo war immer wieder ein Thema, weil sie eben ein großer Kunde war und es leider auch ein paar Anlässe gegeben hat; daher meine Beobachtung. Und ab 2009 hatte ich sechs Monate, glauben Sie mir, eine sehr intensive Beschäftigung mit der Hypo, also in Klagenfurt war ich Stammgast.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Den Zeitraum ab 2009 werden wir später erst untersuchen. Wir sind jetzt in dem Bereich 2000 bis 2008.

Das heißt, Ihre Einschätzungen sind mehr informelle Wahrnehmungen, also nicht aus konkreten persönlichen Prüfungen, die Sie vor Ort durchgeführt haben, beziehungsweise aufgrund von Akten oder Besprechungen.

Mag. Erich Kandler: Die Einschätzungen sind einmal ganz grundsätzlich meine höchstpersönlichen. Die Grundlage für diese Einschätzungen sind erstens die Dinge, die mir im Zuge meiner Rolle bei Deloitte als Riskmanager zugekommen sind, dann war ich Prüfer bei zwei Großbanken – glauben Sie mir, was sich da so tut in dem Markt und wer was macht, das war schon allgemeines Gespräch im Umfeld! –, und, wie ich Ihnen schon erläutert habe, die eigenen Ausführungen oder eigenen Wahrnehmungen dann später.

Kontakte gab es eben ganz rudimentär anlässlich dieser Swapgeschichte. Da hat es einmal eine Besprechung gegeben, wo der eine oder andere Vertreter aus Kärnten da war und ich in der Rolle als Riskmanager beigezogen war. Ich will Sie nicht langweilen, aber da gibt es bestimmte Änderungen im § 63 BWG, die ich im Detail kannte. Das habe ich halt dort ausgeführt: Wie man diese Warnbriefe schreibt und wem man sie schickt, und solche Dinge.

Das war die Grundlage, woher ich das habe. Und ganz offen gesagt, interessieren tut es mich. Also ich glaube, es interessiert sehr viele, Sie auch. Es wäre irgendwie komisch, wenn jemand, der sich in dem Umfeld bewegt, nicht irgendeine eigene Meinung und Wahrnehmung hat. Zeitungen lese ich auch sehr aufmerksam.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Logischerweise interessiert es auch uns. Aber es ist nur festzuhalten, dass wir jetzt diejenigen sind, die sich da zuerst einmal ein Bild machen sollen, und daher möchte ich mich nicht unbedingt jetzt schon von Schlüssen beeinflussen lassen; aber das nur so nebenbei.

Ich möchte jetzt einmal zum Konkreten kommen: Es ist schon dieses Telefonat, das Sie mit Herrn Mag. Ettl geführt haben, angesprochen worden. Ich darf Ihnen diesen Aktenvermerk vorlegen lassen bezüglich Ihres Telefonats mit Mag. Ettl, der hat die Nummer 12838. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Mag. Erich Kandler: Darf ich da ganz kurz eine Frage stellen? Man kann gerade die Uhrzeit nicht lesen. 18.30 Uhr, am Abend.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Das war 26.2.2007, 19.30 Uhr …

Mag. Erich Kandler: … schreibt er den Aktenvermerk. Aber die Uhrzeit oben? Ich habe natürlich in meinen Kalender geschaut, was an diesem Tag war.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): 18.30, ja, da ist das Faksimile ... (Auskunftsperson Kandler: 18.30! Okay, gut!)

Sie fahren ja doch mit ziemlich scharfen Geschützen auf, dass das Vertrauen zwischen Ihnen und der Bank ziemlich gestört ist und dass Deloitte sogar überlegt hat, das Prüfmandat zurückzulegen. Wie war da die Reaktion von Herrn Mag. Ettl?

Mag. Erich Kandler: Ich habe mit der Frage gerechnet und danke dafür. (Abgeordneter Podgorschek: Das ist ja logisch!) Logisch, ja. Ich habe es im Einleitungsstatement schon ganz kurz gesagt: Das Telefonat mit Herrn Mag. Ettl war aus meiner Erinnerung und Wahrnehmung vom Schwerpunkt her ein bisschen anders. Ich war mit dem Prüfteam zusammen, das waren teilweise auch meine Mitarbeiter – das ist natürlich ein bisschen übers Haus gegangen –, und die haben mir eben von dieser Causa – und hier jetzt in meiner Rolle als Riskmanager und halt als jemand, der vielleicht schon ein bisschen mehr Banken gesehen hat – erzählt, und ich habe gesagt, das schaut komisch aus.

Dann sitzen wir dort, vermutlich in meinem Zimmer, an diesem 26. am Vormittag – da steht auch etwas im Kalender drinnen, dass ich an dem Tag im Büro war –, und wir denken uns: Wie macht man das? – Und es gibt eine ganz klare Regel für Wirtschaftsprüfer: Wenn es Probleme gibt, Vertrauensverlust gibt, dann geht man sozusagen in der Hierarchie nach oben.

Unser Problem war, dass das Thema, das hier Gegenstand eines möglichen weiteren Vertrauensverlustes war, von ganz oben kam, weil der Herr Kulterer zu dem Zeitpunkt im Sessel des Aufsichtsratspräsidenten saß. Normalerweise, finde ich, wenn es irgendwo eine Störung gibt, dann ist die meistens auf einer unteren Ebene, dann geht man zum Vorstand; und wenn – was ja nicht einmal so häufig ist – beim Vorstand so ein Problem ist, dann geht man zum Aufsichtsrat.

Jetzt haben Sie ein Problem mit einem Aufsichtsratspräsidenten, der vorher Vorstand war. Nicht umsonst ist so etwas ja heute gar nicht mehr möglich. Ich habe mit dem Prüfteam gesprochen und habe gesagt: Was tun wir? – Und eines war klar, ich habe schon kurz darauf hingewiesen: Der Herr Kulterer hatte sicherlich eine außerordentliche Stellung, nicht nur die eines normalen Vorstandsvorsitzenden in der Bank. Er war die Bank, ganz überspitzt formuliert.

Und wenn wir jetzt anfangen, zu suchen, was denn da dahinter sein könnte, können wir ziemlich fest davon ausgehen, dass es nicht lange dauern wird. Es war dann auch so. (Abgeordneter Lugar: Was wird nicht lange dauern?) – Bis es bekannt wird, dass es untersucht wird.

Sie müssen sich vorstellen, Sie müssen ja mit Ansprechpartnern reden, die wiederum in der Bank sind, die mit anderen reden. Und so ein Vorgang, das ist ja nicht alltägliches Geschäft in der Wirtschaftsprüfung. Wir sind ja nicht die, die ständig – Verzeihung – Hendldiebe suchen, sondern wir kümmern uns normalerweise um grundlegende Fragen wie Einhaltung von Eigenmitteln, Bilanzierungsfragen, Bewertungen und nicht so sehr darum, ob da irgendwo Geld herumgeschoben wird oder nicht.

So, und – ich weiß nicht mehr, von wem der Vorschlag war, ob er von mir war oder einem meiner Kollegen – wir haben gesagt: Na passt auf, wir wissen, dass die Nationalbank, die FMA und andere ja auch ein Interesse an dieser Bank haben und dass da auch Prüfungen stattfinden oder angekündigt sind! Daraufhin war der Vorschlag oder die Idee, dass ich Herrn Ettl anrufe und ihn schlichtweg frage – er war vorher Prüfungsleiter, also es hat sozusagen bestens gepasst –, ich sage einmal so, eher vertrauensvoll zwischen Prüfern, wenn wir auch unterschiedlichen Institutionen zuzurechnen sind. Und ich habe einleitend gesagt, das ist das erste und bislang einzige Mal gewesen, dass wir so etwas gemacht haben.

Ich habe ihm gesagt, wir haben da ein Thema, da könnte etwas sein, und meine zwei Fragen, die ich damals eigentlich stellen wollte oder besprechen wollte, waren: Seid ihr schon dran? – Verzeihung wegen der saloppen Formulierung –, und: Wenn ihr dran seid, wisst ihr etwas? Oder: Wenn wir anfangen, zu suchen, stören wir eure Kreise? – Denn, wie gesagt, die Behörden haben schon andere Möglichkeiten als wir.

Herr Ettl hat auf das Telefonat meiner Erinnerung nach relativ scharf reagiert. Und ich verstehe auch, warum, denn genau zu dieser Zeit ist der § 63 über die Redepflicht[vii] des Bankprüfers materiell geändert worden. Wir saßen, Mitarbeiter von Ettl und FMA, quasi parallel in einer AFRAC-Arbeitsgruppe, um dazu Stellungnahmen zu machen, wie wir mit dem Thema umgehen. Und er fragt mich relativ scharf und direkt, wenn ich mich so richtig erinnere, gleich: Na heißt das, dass Sie mir jetzt einen Warnbrief schicken? Kriege ich einen neuen Warnbrief? Ich sage darauf: Nein, ich weiß ja noch viel zu wenig, wir sind am Suchen. Es kommt etwas, was merkwürdig aussieht.

Dort hat sich dann eine Diskussion, wenn ich das so richtig in Erinnerung habe, entsponnen, ob wir jetzt noch ein Vertrauen in das Management der Bank haben, ob wir möglicherweise zurücklegen. Und bitte nageln Sie mich nicht fest, aber so, wie ich mich kenne, habe ich sicher darauf gesagt: Also, Herr Ettl, wenn wir den noch einmal mit so einem Problem haben, dann wird es wohl Zeit, dass wir zurücklegen, oder so etwas Ähnliches. Die Zurücklegungsdiskussion muss im Raum gestanden sein, sie war auch Thema – wie lang kann man sich beim § 63 blöd spielen und warten?

So, das war das Telefonat an dem Tag mit Herrn Mag. Ettl. Den Aktenvermerk kannte ich natürlich nicht. Ich habe ihn jetzt das erste Mal in seiner volle Blüte gesehen. Ich habe die ganzen Vermerke da drauf noch nicht gelesen – Ittner, Christl, Liebscher. Ich meine, es gibt ihn halt.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Das wäre meine nächste Frage gewesen, ob diese drei Herren dann zu Ihnen auch Kontakt aufgenommen haben.

Mag. Erich Kandler: Nein, in dieser Angelegenheit ganz sicher nicht.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Wie ist es dann weitergegangen, denn letzten Endes haben Sie ja das Mandat dann nicht zurückgelegt und es ist der Herr Kulterer …

Mag. Erich Kandler: Schauen Sie, das mit der Mandatszurücklegung, da stürzen Sie sich auf eine Zeile da drinnen. Das war nicht der Grundtenor des Telefonats. Der Grundtenor des Telefonats war: Unter Prüferkollegen in einer außergewöhnlichen Situation, gibt es nicht vielleicht eine sinnvolle Informationsmöglichkeit? Wir dürfen ja der Nationalbank und der FMA etwas sagen. Sie dürfen uns natürlich nichts sagen. Ich habe auch nicht damit gerechnet, dass mir der Herr Ettl sagt: Ah, das ist super, ich schicke Ihnen jetzt den Akt, das haben wir eh schon alles. Aber ich hätte es wohl verstanden, wenn er sagt, vielleicht wartet ihr ein bisschen, dann hätten wir uns zurückgehalten. So! Hat er offensichtlich nicht und die Kollegen, wie wir jetzt wissen, auch nicht.

Es ist dann so weitergegangen, dass ich tatsächlich am nächsten Tag in Klagenfurt war, natürlich nicht in Sachen Hypo. Ich bin mir ziemlich sicher, wenn man die Vielzahl der Taxirechnungen an dem Tag anschaut, dass ich vermutlich zur Hypo gefahren bin und mit dem Prüfteam gesprochen habe. Weil die Nationalbank gesagt hat, ich hätte zwei Tage später Entwarnung gegeben: Das habe ich sicher nicht als Entwarnung gegeben, aber es kann durchaus sein – es hat verschiedene Berührungspunkte mit Herrn Ettl und seinem Umfeld gegeben, es war ja nicht nur die Bank und es gab sehr viele Themen –, dass ich durchaus einmal irgendwo gesagt habe: Na ja, ganz so heiß, wie das im ersten Moment ausgeschaut hat, ist es nicht, aber wir sind dran. So kann ich es mir vorstellen, wenn man die Chronologie weiter betrachtet.

Tatsächlich hat es dann am Ende dieser Woche – weil das ein Montag war –, am Freitag, eine interne Besprechung in größerer Runde bei Deloitte gegeben, bei der wir dieses Thema noch einmal besprochen haben, und wie wir da vorgehen. Da ist das Prüfteam gebeten worden – man kann einem unabhängigen Prüfteam in dem Sinne keine Weisungen geben, aber das Prüfteam ist dann gebeten worden –, sozusagen die Unterlagen der Bank – soweit wir halt Zugang haben, logischerweise – einmal zu erheben und einen Fragenkatalog zu erarbeiten zu der Frage, ob diese Holdinggesellschaft WBG – die wir ein paar Mal irrtümlich mit BWG abgekürzt haben, aber mit BWG hat es nichts zu tun gehabt – wirklich dem Herrn Kulterer zuzurechnen ist, denn dann kommt das Thema Organgeschäft ins Spiel, also Genehmigungspflichten, und, und, und.

Dieser Fragenkatalog wurde vom Prüfteam mit dem verantwortlichen Partner aus dieser Zeit abgestimmt – ich war auch darüber informiert – und ungefähr 14 Tage später dem Herrn Kulterer mit der Bitte um Stellungnahme übermittelt. Die Reaktion war recht heftig. Der frühere Managing Partner der Auditor/Andersen-Gruppe hatte also einige Telefonate, wie ich höre, vom Herrn Kulterer; da gibt es auch einen E-Mail-Verkehr. Also er war alles andere als amused, dass man dieses Thema hinterfragt. Es gab dann in weiterer Folge eine relativ lange schriftliche Darlegung von Herrn Kulterer in seiner Funktion als Aufsichtsratspräsident und damaliger Vorstand darüber, wie der Sachverhalt war.

Dieser Sachverhalt wurde vom Prüfteam gewürdigt, und das Endergebnis dieser Würdigung war, dass es keine stichhaltigen Gründe gibt, warum dieser Darstellung nicht zu folgen ist. Diese Darstellung hat unter anderem natürlich wieder einmal Treuhandschaften impliziert. Das wird Sie nicht überraschen. Dort ist es für uns aus. Wer den Bericht des Bundeskriminalamts gelesen hat, wird sehen, wie man das dann nach jahrelanger Arbeit der CSI aufschlüsseln und ein anderes Bild zeichnen kann. Da es noch nicht gerichtsanhängig ist, werde ich mich auch nicht dazu auslassen, welches Bild richtig oder falsch ist. Ich hoffe, das klärt das soweit, aber wenn Sie noch weitere Fragen haben …

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Na ja, ich habe da schon noch Fragen. Dieser E-Mail-Verkehr, der liegt uns nicht vor.

Mag. Erich Kandler: Kann Ihnen auch nicht aufliegen; kann Ihnen nicht vorliegen.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Gibt es die Möglichkeit, dass wir den erhalten?

Mag. Erich Kandler: Das sind Unterlagen des Abschlussprüfers Deloitte. Das tut mir schrecklich leid, da haben Sie wirklich keine Möglichkeit.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Selbstverständlich, von der HETA könnten wir sie erhalten.

Noch eine Frage, weil Sie gesagt haben, Sie haben nicht die Möglichkeit gesehen, sich an den Aufsichtsrat zu wenden, weil natürlich Kulterer selbst Vorsitzender war. Haben Sie den Eindruck gehabt, wenn Sie sich zum Beispiel an den Stellvertreter wenden, dass das ein in sich geschlossener Kreis ist, dass die dann – ich formuliere es so salopp – wie Pech und Schwefel zusammenhalten und mehr oder weniger nach außen hin abblocken? Die Personen, die wir kennen, sind ja aus unterschiedlichen Bereichen in den Aufsichtsrat entsandt, das heißt, das ist schwer vorstellbar, dass da so gemauert wird.

Mag. Erich Kandler: Eines ist vollkommen klar: Hätte sich im Zuge der fortgesetzten Befassung, die dann bis spät in den März hinein gedauert hat, ein Fortbestehen der dringenden Verdachtsmomente ergeben, wäre diese Information natürlich an den Aufsichtsrat ergangen – möglicherweise; siehe auch die Frage von Herrn Mag. Ettl als Warnbrief nach § 63 BWG. Mit den Unterlagen der Bank, den Erläuterungen, die wir erhalten haben, ist das Prüfteam aber zu dem Ergebnis gekommen, die Sache ist nicht weiterzuverfolgen. Wir können es nicht weiterverfolgen. Damit kann ich es auch nicht anzeigen. Bei der Staatsanwaltschaft oder so dürfen wir sowieso nicht – wäre auch schrecklich –, aber wie soll ich einen Brief an den Aufsichtsrat schreiben? – Die Unterlagen schauen alle gut aus, aber wir glauben es trotzdem nicht. Das geht nicht.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Haben Sie dann mit seinem Nachfolger Schmidt noch einmal über diese Angelegenheit gesprochen oder war das für Sie dann erledigt?

Mag. Erich Kandler: Die Angelegenheit … Also ich persönlich nicht. Die war damals sicher erledigt. Es ist ja auch bilanziell berücksichtigt worden. Es sind ja auch die Wertberichtigungen gebildet worden und Ähnliches. Also es war ja primär kein Bilanzthema, und wenn es kein Organgeschäft war, dann war die Sache für uns erledigt.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Gut, dann hätte ich noch eine andere Frage. Nachdem diese – ich sage jetzt auch – Swapverluste aufgekommen sind und Sie den Bestätigungsvermerk zurückgezogen haben – also nicht Sie persönlich –, wurden laut unseren Unterlagen von CONFIDA und Deloitte drei Möglichkeiten zur Wiederherstellung der Bilanz aufgezeigt. Können Sie sich daran erinnern?

Mag. Erich Kandler: Nicht in jedem Detail, aber ich weiß, dass verschiedene Varianten diskutiert wurden. Das betraf die Aufwertung der Leasinggruppe, das betraf Umwidmung bestimmter Derivatepositionen ins Umlaufvermögen und die dritte weiß ich jetzt momentan nicht mehr auswendig. – Ja, da gab es einige Varianten.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Nach unserem Wissensstand beziehungsweise nach Aussagen von Herrn Kulterer hat die FMA angeblich auf die Variante beharrt, die die meisten Eigenmittel erfordert hat. Ist das richtig? Können Sie sich daran erinnern?

Mag. Erich Kandler: Also da kommen wir jetzt wirklich sehr ins Detail der Bilanzierung von Bankkonzernen und Bankgruppen und die Auswirkung auf die Eigenmittel. Es gab eine Variante, die meine Kollegen, die damals unmittelbar im Prüfteam waren, und ein Experte für den Treasury-Bereich entwickelt haben, die möglicherweise schonender gewesen wäre als die dann letztendlich gewählte; das ist richtig. Aber am Ende des Tages ging es immer um 300 Millionen – give or take.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Es hat aber Varianten gegeben, die jetzt, sage ich einmal, geringere Auswirkungen nach sich gezogen hätten?

Mag. Erich Kandler: Die bilanzielle Auswirkung des Schadens war grundsätzlich immer die gleiche, denn in der Bilanz ist der Betrag, der nicht werthaltig ist und über die Anschlusskreditgeschäfte geschoben wurde, wertzuberichtigen. Das ist für den Jahresabschluss, Konzernabschluss erledigt. Die Darstellung gegenläufiger Maßnahmen, die Auswirkungen auf die Eigenmittel, das ist dann eine Frage … Verzeihung, wir kommen jetzt wirklich ins Detail. Wenn Sie Derivatebestände aus dem Bankbuch in das Handelsbuch umgliedern, dann haben Sie auch eine andere Gewichtung, die diesen Geschäften zugrunde zu legen ist. Damit ist der Effekt auf die Eigenmittel auch aus dem Grund ein positiver – plus der Zuschreibung. Da kommen wir wirklich … Also, das hier ist ehrlich gesagt schwierig.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Ich frage das deshalb so im Detail, weil das Thema Eigenmittel dann in Folge ja sehr vieles ausgelöst hat, und daher war das durchaus eine entscheidende Maßnahme, die da gesetzt worden ist, die die Bank oder das weitere Geschäft dann nachhaltig beeinflusst hat.

Mag. Erich Kandler: Also die kurzfristigen Eigenmittel … (Abg. Podgorschek: Es ist durchaus kompliziert, aber es hat etwas …!) Darf ich versuchen, Ihnen in einem Satz nur die Auswirkungen darzulegen: Die kurzfristig Eigenmittel schonendere Maßnahme einer Umgliederung in das Umlaufvermögen hätte langfristig weniger geholfen als die Variante Umwertung des Leasingbestandes. Das war der Trade-off. Sie können das Jahr 2005 und 2006 in einer Variante besser darstellen, aber dann haben Sie es danach. Da sind also wirklich komplexe Sachverhalte dahinter; aber Eigenmittel waren natürlich ein Thema. Eine Bank, die dermaßen rasch wächst, hat logischerweise immer ein Eigenmittelthema gehabt.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Ich frage das unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Börsenganges, weil ja durch dieses Aufkommen der sogenannten Swapverluste dieser Börsengang nicht mehr möglich war. Das muss man dann eben in diesem Zusammenhang sehen.

Mag. Erich Kandler: Der Börsengang war … Das kann ich bestätigen, es wäre vollkommen undenkbar, am internationalen Kapitalmarkt Bankanteile anzubieten, wenn unmittelbar davor der weiterhin im Unternehmen tätige frühere Vorstandsvorsitzende und jetzt Aufsichtsratspräsident dabei ist[viii] … Dieses Produkt Hypo-Aktie ist nicht verkäuflich.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Nach dem Aufkommen der Verluste? (Auskunftsperson Kandler: Das war so, ja!) Das war vollkommen klar, darum hat man ja auch Partner suchen müssen, logischerweise. Das sind aber Tatsachen, die wir dann in Folge noch zu untersuchen haben.

Eine weitere Frage: Waren Sie in den Verkauf der Consultants-Gruppe irgendwie wissentlich involviert? (Auskunftsperson Kandler: Nein!) Sie wissen aber, worum es da geht?

Mag. Erich Kandler: In den Grundzügen. Ich wurde in dem Zusammenhang … Ich habe in diesem Zeitraum eine Arbeitsgruppe des AFRAC, also des Österreichischen Rechnungslegungskomitees, zur Frage der periodengleichen Vereinnahmung von Dividenden geleitet. Das war genau zu dem Zeitpunkt; und ich wurde befragt, was ich von dieser gewählten Vorgangsweise halte und welche Voraussetzungen erfüllt sind, aber das war eine rein interne Deloitte-Konsultation zu dem Thema. In der Sache selbst weiß ich darüber gar nichts.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie kommen jetzt in die Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Danke, dann kommen wir in der nächsten Runde dran. – Danke.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Mag. Kandler! Ich möchte noch einmal ganz kurz auf den Aktenvermerk und auf das Telefonat mit Herrn Mag. Ettl zurückkommen. Sie sind offenbar derjenige gewesen, der als Risikomanager und auch Partner bei Deloitte dieses Telefonat mit Herrn Mag. Ettl geführt hat. Haben Sie bei Deloitte auch einen Aktenvermerk angelegt, weil Sie gesagt haben, er hat relativ scharf reagiert und der Aktenvermerk erscheint Ihnen auch relativ scharf? Haben Sie auch einen Aktenvermerk angelegt?

Mag. Erich Kandler: Ist mir nicht erinnerlich, und wir haben in dem Sinn auch keinen gefunden. Ich habe sicher das Prüfteam unverzüglich informiert; ob es da im offiziellen Prüfungsakt irgendetwas dazu gibt, konnte ich jetzt in der Kürze der Zeit nicht feststellen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wem ist denn das mit diesen Kick-back-Zahlungen aufgefallen? Ist das bei der Prüfung des Jahresabschlusses 2006 aufgefallen?

Mag. Erich Kandler: Ja, das waren Mitarbeiter des Prüfteams, die vor Ort die Kreditprüfung vorgenommen haben. Der Gegenstand dieser Kreditprüfung war unter anderem die Puris-Gruppe, weil dort eine relativ hohe Einzelwertberichtigung eingetreten ist. Ein typischer Fall, den man bei jeder Form von Wertberichtigung natürlich hinterfragt, ist die Verlustursache, denn es kann ja nicht sein, dass man einfach nur abschreibt. Es muss ja auch einen wirtschaftlichen Grund dafür geben. Da wurde unter anderem dem Prüfteam – sei es jetzt mündlich oder per Akt, das kann ich jetzt nicht auswendig sagen – zur Kenntnis gebracht, dass unter anderem relativ hohe Beratungsleistungen an eine Firma WBG gezahlt wurden.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben gesagt, Sie sind dann am 27., einen Tag nach diesem Telefonat mit Herrn Mag. Ettl, nach Klagenfurt gefahren. Warum sind Sie dann nach Klagenfurt gefahren und nicht der Prüfleiter des Jahresabschlusses 2006?

Mag. Erich Kandler: Meine Reise nach Klagenfurt war vollkommen unabhängig von dem Telefonat, die war in einer ganz anderen Angelegenheit. Es hat sich eben begeben, dass … Man muss sich vorstellen, das Prüfteam – Sie kennen das ja – sitzt in Klagenfurt und arbeitet und manche von den Verantwortlichen sind hier in Wien. Da war es natürlich einmal naheliegend, wenn ich der Nächste bin, der am nächsten Tag hinfährt, dass ich einmal schaue, wie das sozusagen physisch ausschaut. Das war aber jetzt sozusagen ein relativ kurzer Besuch, weil ich nur festgestellt habe, das sind eh die gleichen Sachen, die wir eh gehabt haben. Mit deren Erkenntnis bin ich dann in die Freitagsrunde nach Wien gefahren.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Der Jahresabschluss 2006 ist noch gemeinsam mit der CONFIDA geprüft worden. Wissen Sie das?

Mag. Erich Kandler: Das glaube ich, ja, bin mir aber jetzt nicht zu 100 Prozent sicher. Man muss auch dazusagen, diese gemeinsamen Prüfungen waren immer sehr schwierig zu definieren, denn manchmal hat man auf der Holding-Ebene gemeinsam geprüft, dann hat man sich Gesellschaften aufgeteilt. Das kann ich Ihnen jetzt nicht ganz sicher sagen. Ich glaube ja, aber ich bin mir nicht sicher.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Gab es im Zusammenhang mit diesem Verdacht auf Kick-back-Zahlungen Kontakt mit der CONFIDA, mit den zuständigen Wirtschaftsprüfern?

Mag. Erich Kandler: Das leitet mich fast zur Vermutung, dass es keine gemeinsame Prüfung war, denn das hätte man vermutlich mit dem anderen Prüfer besprochen und ist mir nicht bekannt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Es war eine gemeinsame Prüfung. Für das Geschäftsjahr 2006 sind eben die Bankprüfer von Deloitte und von der CONFIDA bestellt gewesen. Mich wundert, dass eine Gesellschaft hier eben einen Verdacht äußert, aber der Partner, der bei der gemeinsamen Prüfung involviert ist, gar nicht kontaktiert wird.

Mag. Erich Kandler: Ich müsste jetzt genau nachschauen, auf welcher Ebene die gemeinsame Prüfung war und auf welcher Ebene der Sachverhalt Puris zu verzeichnen war. Das kann ich jetzt – ich bitte um Verständnis – momentan nicht sagen, aber ich bin bei Ihnen, grundsätzlich würde man davon ausgehen, dass bei einer gemeinsamen Prüfung ein solcher Vorgang wahrscheinlich auch mit dem anderen Prüfer besprochen wird.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wenn Sie am 27. Februar aus einem anderen Grund in Klagenfurt waren, haben Sie wahrscheinlich auch Ihr Prüfteam vor Ort besucht. Mit wem haben Sie dann dort gesprochen? Haben Sie nur mit Ihren eigenen Prüfern von Deloitte oder haben Sie auch mit Organen der Bank gesprochen?

Mag. Erich Kandler: Ich habe ganz sicher mit keinen Organen der Bank gesprochen. Ich war damals nicht zuständig für den Vorgang; ich hätte mich sehr gehütet, dort in Kontakt zu treten.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Haben Sie selber ein Gespräch mit Herrn Kulterer geführt?

Mag. Erich Kandler: In dieser Angelegenheit, nein, überhaupt nicht.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben vorher gesagt, dass Kulterer not amused war, dass er eine schriftliche Darlegung geschickt hat, und Sie haben auch gesagt, er hat in der Darstellung Treuhandschaften impliziert. Was haben Sie damit gemeint?

Mag. Erich Kandler: Nein, Herr Kulterer hat … Also die Darstellung, die an das Prüfteam ergangen ist, beinhaltete natürlich die Feststellung, dass das nicht der Familie Kulterer zuzurechnen ist. Wenn man den Bundeskriminalamtsbericht, Seite 185 oder so etwas, aufschlägt, dann findet man erst dort Hinweise auf doch bestehende Treuhandschaften.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, das wurde aber seitens Kulterer abgestritten?

Mag. Erich Kandler: Ja. Es war eine konkrete Frage in dem Fragenkatalog – wem sind diese Anteile zuzurechnen? –, und, wenn ich mich jetzt sozusagen – ich habe es in den zwei Tagen versucht, ein bisschen durchzublättern – richtig erinnere, ist das eher langatmig erläutert worden, wieso es nicht ihm zuzurechnen ist.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Im Nachhinein ist man natürlich dann draufgekommen, dass es ja sehr wohl ihm zuzurechnen war?

Mag. Erich Kandler: Es gibt – ich muss hier wirklich sorgfältig beim Vokabular sein – einen Bericht des Bundeskriminalamts, in dem das anders drinnen steht. Was es wirklich ist, werden wir hier nicht … Also ich werde es nicht sagen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben im Prüfbericht 2009 die Redepflicht gemäß § 63 Bankwesengesetz in Anspruch genommen. Da gibt es also ein Schreiben vom 16. November 2009. Ich hätte aber gern gewusst, ob Sie sich erinnern können, ob es bereits im Prüfbericht 2004 beziehungsweise im Prüfbericht 2005 eine Inanspruchnahme der Redepflicht gegeben hat.

Mag. Erich Kandler: Für die Jahre 2004 und 2005 ist mir keine Ausübung der Redepflicht bekannt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Lassen Sie mich zum Bereich kommen, wie es zur Rücknahme des Bestätigungsvermerks gekommen ist. (Auskunftsperson Kandler: Ja!) Wir wissen mittlerweile, dass schon im Jänner 2005 Kulterer und also auch der Aufsichtsratsvorsitzende sehr wohl wussten, dass es diese – Sie haben das heute anders genannt, aber nennen wir es Swapverluste – Swapverluste gegeben hat. Im März 2006 hat dann Deloitte – und später dann auch CONFIDA – den Bestätigungsvermerk zurückgezogen. Können Sie sich an das erinnern? Sind Sie damals auch in diesem Zusammenhang kontaktiert worden?

Mag. Erich Kandler: Ja. Wenn es eine Frage im Riskmanagement gibt, also wenn man die Zurückziehung des Bestätigungsvermerks bei einer Bank öffentlichen Interesses … Selbst Bankprüfer, also ganz klar … Das wurde sehr ausführlich erörtert. Da wurden alle, die in diesen Themenbereichen Wissen und Erfahrung haben, zusammengesucht, damit wir hier auch ja keinen Fehler machen, weil uns die Konsequenzen ziemlich klar waren.

 Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben sich als erfahrener Prüfer bezeichnet. Gab es in Ihrer Laufbahn als Bankprüfer solche Vorfälle öfter, dass bei Deloitte, wo Sie ja Partner waren und sagen, Sie haben Erfahrung darin gehabt, Banken zu prüfen, ein Bestätigungsvermerk zurückgezogen worden ist?

Mag. Erich Kandler: Nein.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, das war einmalig, auch für Deloitte einmalig.

Mag. Erich Kandler: Also in dieser Dimension jedenfalls. Ich will nicht ausschließen, dass vielleicht irgendwann einmal bei Tochtergesellschaften oder kleineren Banken mehr oder weniger aus Formalitäten Zurückziehungen geschehen sind, aber die Kombination ... Wir mussten davon ausgehen, dass man uns ganz wesentliche Informationen vorenthalten hat, und das über ein Jahr lang, bei einer börsennotierten Gesellschaft[ix] einem öffentlichen Interesse in dieser Größenordnung – ein absolutes Unikat.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie sich erinnern, warum man dann speziell eben im März 2006 bei der Prüfung des Jahresabschlusses 2005 draufgekommen ist, dass hier im Jahr 2004 falsche Ansätze in der Bilanz stattgefunden haben? Hat es da ein spezielles Prüffeld gegeben, auf dem man sich die Bewertungen, die Einzelwertberichtigungen angesehen hat? Das war ja offensichtlich für den Jahresabschluss 2004 nicht der Fall war.

Mag. Erich Kandler: Frau Tamandl, die tatsächliche Entdeckung, was sozusagen der ultimative Auslösegrund war, dass das aufgefallen ist, den kann ich Ihnen nicht sagen. Ich glaube, es können sich viele von Ihnen vorstellen, dass bei der Prüfung einer so großen Bank mit solcher Vielzahl an Geschäften und Geschäftsfeldern, es meistens kommt, dass das eine das andere ergibt.

Es gab in diesem Jahr einen gezielten Schwerpunkt auf Treasury-Prüfung. Der Treasury-Prüfer schaut sich natürlich die Instrumente an, aber der erkennt ein komisches Instrument – Entschuldigung, nicht 2004, sondern 2005 –, findet ein sozusagen merkwürdiges Instrument und – so ist meine wahrscheinlichste Interpretation aus all den Gesprächen, die ich damals geführt habe – das Treasury-Team findet die nämlich ja erst im Jänner 2005 abgeschlossenen Swapverträge. Diese Anschlusskreditverträge stammen ja in Wirklichkeit erst aus 2005, über den Stichtag 2004 hat man es ja ganz anders drübergehantelt, das weiß ich bis heute nicht, wie das gelungen ist. Man spricht mit dem Prüfteam, die gehen dann woanders hin, schauen, reden mit jemandem, dann ruft eine Rechnungswesensleiterin bei einem anderen Partner an. Also was genau der Auslöser war, wie sich dieses Puzzle da sozusagen zusammengedreht hat, dass wir dann irgendwann gesagt haben, jetzt wissen wir, da fehlt etwas, ich glaube, das kann niemand mehr sozusagen punktuell wirklich nachvollziehen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie sich erinnern, war das Prüfteam für den Jahresabschluss 2005 und für den Jahresabschluss 2004 in der Gesellschaft Deloitte das gleiche Prüfteam?

Mag. Erich Kandler: Größtenteils ja.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben selbst gesagt, der Aktenvermerk von Ettl erscheint Ihnen sehr scharf, denn Sie hätten es gar nicht so scharf ausgedrückt, dass das Vertrauen zu den Organen der Bank nicht mehr so vorhanden ist und dass man sich eventuell überlegt, das Mandat zurückzulegen. Jetzt, im Jahr 2006, kommt man drauf, dass im Jahr 2004 die Bilanz falsch war, falsch aufgestellt war. Kulterer war damals dafür verantwortlich. Der Prüfer oder die Gesellschaft zieht das Testat zurück. Die zweite Gesellschaft, die CONFIDA zieht auch den Bestätigungsvermerk zurück. Gab es damals eigentlich Gespräche darüber, dass man zu diesem Unternehmen, zu den Organen und speziell zu Kulterer kein Vertrauen mehr hat und eventuell das Mandat zurückzieht?

Mag. Erich Kandler: Die Mandatsrücklegung war bei dem ersten, bei diesem einmaligen Event Anschlusskreditverträge eigentlich kein Thema. Wir sind davon ausgegangen, dass – inzwischen wissen wir, dass es nicht sehr wirkungsvoll war – seitens des Eigentümers Maßnahmen gesetzt werden. Dass die dann darin gemündet haben, dass Herr Kulterer in den Aufsichtsratsvorsitz gewechselt hat, das waren nicht genau die Maßnahmen, die wir uns vorgestellt haben. Also in der ersten Phase war die Zurückziehung sicher kein Thema. In der zweiten Phase, sage ich ganz offen, jawohl. Das, was ich Herrn Ettl gesagt habe, war meiner Meinung nach konditional. Wenn das auch wieder zu einem Warnbrief und sonstigen Punkten führt, dann muss man sich das Thema ernsthaft anschauen, ob man dann nicht aussteigt, denn irgendwann reicht es halt dann einmal.

Aber es ist auch nicht so einfach, eine Bank … das Prüfungsmandat zurückzulegen, denn stellen Sie sich vor, Sie schreiben im März einer Bank den Brief: aus dem und dem wichtigen Grund lege ich zurück!, und am 30. April muss der geprüfte Jahresabschluss veröffentlicht sein. Die Folgen, wenn er es nicht ist, sind verheerend. Außerdem sind Sie immer für ein Jahr und das Folgejahr bestellt. Also da sind schon wirklich Hürden dahinter, da müsste …

Ich sage einmal: Wäre ich am nächsten Tag in Klagenfurt gewesen und die hätten mir die Überweisung auf das Kulterer-Konto hingelegt, dann weiß ich nicht, wie die Reaktion gewesen wäre. Intern kann ich Ihnen sagen, dass ein Kollege von mir, der mit der Hypoprüfung befasst war, nach dem Event aus dem Vorjahr dann in weiterer Folge auch bei mir gebeten hat, ob man nicht das Team ändern kann, und er dort nicht mehr Prüfer ist.

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen in die Redezeit der zweiten Runde, Frau Abgeordnete; nur zur Information.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, ich werde ein bisschen überziehen.

Sie haben von Maßnahmen gesprochen, die die Bank ergriffen hat, nur eigentlich hat die Maßnahme die FMA ergriffen. Die FMA hat ja dann ein Geschäftsleiterqualifikationsverfahren gegen Kulterer eingeleitet. Da gab es ja dann auch Interventionen des Landeshauptmanns Haider in Richtung Finanzminister Grasser. Nur hat sich dann Grasser nicht durchgesetzt, denn der wollte dann ja auch die FMA-Vorstände absetzen lassen, aber das ist ja Gott sei Dank nicht geglückt. Allerdings hat dann Kulterer selbst zurückgezogen, bevor er noch abgesetzt werden konnte.

Und dann ist meines Erachtens für das Vertrauensverhältnis – wenn man von einem Vertrauensverhältnis zwischen Prüfer und Bank oder zwischen Prüfer und zu prüfender Gesellschaft spricht – wieder etwas passiert, Sie haben es selber auch schon angesprochen: dann ist Kulterer vom Vorstand direkt in den Aufsichtsrat gewechselt und sogar zum Vorsitzenden gemacht worden. Da musste dann die Satzung geändert werden, da gab es keine Cooling-off-Phase, so, wie das eigentlich üblich gewesen wäre. Wie ist das bei Ihnen als Bankprüfer für die Hypo angekommen – jetzt nicht persönlich, aber als Deloitte?

Mag. Erich Kandler: Frau Tamandl, ich glaube, das kann man nur auf der persönlichen Ebene beantworten. Ich war zu der Zeit unter anderem in der EU-Kommission in einer Corporate-Governance-Arbeitsgruppe tätig und habe das für die europäische WP-Vereinigung geleitet. Bei mir ist das sehr schlecht angekommen. Andere Leute haben es vielleicht auch wieder anders gesehen, denn Sie dürfen nicht vergessen, dass in der verständlichen Zielsetzung des Landes Kärnten, das Problem, diese Bank mit Kapital auszustatten und den Vorgriff im Wege der Anleihe rückzuführen, auf jemanden mit solchen Detailkenntnissen, die der Herr Kulterer ja hatte – es gab ja niemand anderen, der dieses Detail über die Bank wusste – … Den sozusagen komplett rauszudrängen, da gab es sicherlich auch Stimmen, die gemeint haben: Im Aufsichtsrat kann er nichts mehr anstellen – wenn ich das so salopp sage –, setzen wir ihn dort hin, er bleibt uns wenigstens erhalten!

Diese Reaktion habe ich auch – sage ich einmal – wahrgenommen. Es war nicht meine Reaktion. Aber das bitte ich, bei den Überlegungen im Auge zu haben. Also als Deloitte, als Ganzes, haben wir sicher nicht gesagt: Wenn der Herr Kulterer im Aufsichtsrat sitzt, dann muss man sofort zurücklegen oder will man mit der Bank nichts mehr zu tun haben. Das wäre, glaube ich, auch überschießend – aus dem damaligen Wissensstand, vielleicht darf ich das noch ergänzen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Natürlich haben auch Auskunftspersonen, die schon hier im Ausschuss waren, gemeint, es musste eine gewisse – das kommt eh dem nahe, was Sie jetzt gerade gesagt haben – Kontinuität in der Bank bleiben; und deshalb musste Kulterer vom Vorstand in den Aufsichtsrat wechseln und sogar quasi als Vorsitzender des Aufsichtsrats fungieren.

Ich möchte aber noch einmal auf einen bemerkenswerten Satz, den Sie vorher in diesem Zusammenhang gesagt haben, zurückkommen. Sie haben gesagt: Kulterer war die Bank. Jetzt sage ich einmal so: Offensichtlich war es seitens des Landeshauptmanns Haider und auch der Kärntner Politik – in der Verantwortung auch des Landeshauptmanns, der das ja dort verkörpert hat – notwendig, dass dieses System Kulterer – der hat ja durchaus alles ausgeführt, was man von ihm erwartet hat – bestehen bleiben muss. Hat man das gefühlt, wenn man mit der Bank zu tun hatte? Sie selbst sagen ja, Kulterer habe so gut über die Bank Bescheid gewusst. Da kommt einem schon der Verdacht, dass Landeshauptmann Haider mit aller Gewalt dieses System Kulterer aufrechterhalten wollte, um hineinregieren zu können, wann immer es notwendig war.

Mag. Erich Kandler: Zu meinem Sager, Kulterer war die Bank, möchte ich schon noch ergänzen: Das ist ein Statement, das ich mit dem heutigen Wissensstand oder den heutigen Vermutungen sage. Ob ich 2006 auch gesagt hätte, Kulterer ist die Bank …, also dieses Insiderwissen hatte ich gar nicht.

Zu dem Verhältnis Haider zu Kulterer: Ich möchte da jetzt bewusst an einen Fall oder eine Konstellation denken, die nichts mit den Namen zu tun hat. Was man sich eigentlich fragen muss, und was ich mich als Wirtschaftsprüfer und, wie gesagt, in so Themen wie Corporate Governance und Kapitalmarkt nicht ganz Unbedarfter frage, ist: Wenn ich Eigentümer bin und zu mir kommt mein Vorstand und sagt: Ich habe leider vergessen, dass ich seit einem Jahr 300 Millionen Verluste habe, dann entspricht das nicht der allgemeinen Reaktion, dass ich die Person in den Aufsichtsrat befördere. Bei mir wäre er dort nicht gelandet.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Mag. Kandler, Sie haben ja vorher auch etwas anderes gesagt, nicht nur einen sogenannten Sager, aber offenkundig durchaus im Kontext mit den entstandenen Swapverlusten. Wenn ich das richtig notiert habe, hätten Sie auch gehört, wer der Inner Circle war – Sie sprachen von einem inneren Kreis – und dass einzelne Mitglieder des Aufsichtsrats auch zu diesem inneren Kreis gehört haben könnten, die Bank- und Wirtschaftsprüfer waren es jedenfalls nicht. Sie haben das in umgekehrter Reihenfolge gesagt.

Das interessiert den Ausschuss mit Sicherheit – denn uns geht es ja um diese Verantwortlichkeiten im Aufsichtsrat –, wer hier zu diesem Inner Circle gehört haben könnte. Wie haben Sie überhaupt, wenn Sie – auch nach Ihren eigenen Darstellungen – 2005, 2006 das erste Mal mit der Hypo in Berührung gekommen sind, diesen Aufsichtsrat wahrgenommen? Vorsitzende, Stellvertreter, andere Mitglieder?

Mag. Erich Kandler: Herr Kogler, darf ich die letzte Frage zuerst beantworten: Ich hatte keine eigenen Wahrnehmungen. Ich hatte 2005 und 2006 Berührungen Deloitte-intern, aber nicht extern.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Auch über Dritte; Sie haben ja das andere Zitat über Dritte gehabt.

Mag. Erich Kandler: Dazu kann ich nur eines sagen: Es ist ein Berufskollege von mir relativ kurz davor von der Rolle des Abschlussprüfers – etwas, das heute auch nicht mehr geht – in die Rolle des Aufsichtsratsmitglieds gewechselt. Was sozusagen dort bekannt war, das können wir nicht im Einzelnen nachvollziehen. Es gibt verschiedenste Hinweise und Gerüchte, wir können es nicht abschließend darstellen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Okay, Sie haben den von mir vermuteten Hinweis ja indirekt noch einmal geliefert. Es geht ja wohl um Herrn Karl-Heinz Moser, der ja, nachdem seine Institution zu dem Zeitpunkt schon über zwölf Jahre Bankprüfer war, dann auch noch in den Aufsichtsrat wechselt. Hören wir hier eine Vermutung heraus, dass der Aufsichtsratsvorsitzende Moser zu diesem Kreis gehört haben könnte, der es auch schon gewusst hat, bevor das offiziell bekannt wurde?

Mag. Erich Kandler: Ich habe die Rolle als Auskunftsperson, und ich habe mich an die Fakten zu halten, die bekannt sind. Ich habe kein Dokument, in dem drinnen steht, das war bekannt. Das ist das, was ich Ihnen sagen kann.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Na ja, aber Sie haben sich ja freiwillig zu diesen Vermutungen hinbegeben – sonst hätte ich ja gar nicht nachgefragt –, dass hier Gerüchte oder damit im Zusammenhang stehende objektiv beobachtbare Vorgänge stattgefunden haben. Der wechselt dorthin!

Ich komme genau aus dem Grund – wir haben ja viele Aspekte – zu etwas anderem, was hier noch keine Rolle gespielt hat, aber mit Herrn Karl-Heinz Moser und der CONFIDA zusammenhängt. Ist Ihnen bekannt, dass die Staatsanwaltschaft München I ausführliche Erhebungen gegen CONFIDA wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung geführt hat?

Mag. Erich Kandler: Nein.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das ist Ihnen nicht bekannt. Darüber hinaus hat die Staatsanwaltschaft München I in einem streng vertraulichen Bericht, der uns aber hier als Klassifizierungsstufe 0 übermittelt wurde, noch ausgeführt, dass auch Deloitte hier eine Rolle spielt. Ich werde Ihnen das dann vorhalten lassen, damit – nicht da ich Sie speziell da irgendwo hineinziehen will, sondern Sie dann zu Ihren Wahrnehmungen fragen will – Sie auch sehen, dass wir hier nicht schwindeln. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da heißt es in einer zusammenfassenden fett herausgehobenen Passage auf Seite 7 dieses Berichts der Staatsanwaltschaft München: „Es besteht daher die Möglichkeit, dass sich aus diesen Sachverhalten zivilrechtliche Schadensersatzansprüche von Seiten der Bayern LB“ – das war ja die Idee, dass die Staatsanwaltschaft München das unterstützt, Anzeiger war vermutlich die Bayern LB – „gegen Confida in Österreich“ – und jetzt kommt es – „und/oder Deloitte in Österreich (…) begründen lassen.“

Auf Seite 5 werden sie da nämlich sehr konkret, die Staatsanwaltschaft München fasst das zusammen. Das ist aus einem Summary, denn die haben da 136 Seiten produziert, und wir sind hier in der Kurzfassung. Ich lese das vor, damit die Öffentlichkeit zwischenzeitig gleich mitinformiert ist. Leider dürfen wir Ihnen das ja nicht übermitteln, aber es hat es in sich:

„In nicht kostenfreier Abstimmung mit der Geschäftsleitung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte Österreich vergab KHM“ – also Karl-Heinz Moser, der steht ja da im Zentrum der Ermittlungen – „in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender“ – worauf Sie hingewiesen haben – „den Prüfungsauftrag an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte, bei der einer seiner Vertrauten bzw. Unterstützer seiner Machenschaften, der Wirtschaftsprüfer Dr. Gottfried Spitzer, den Prüfungsauftrag ausführte. Dieser“ – nämlich Spitzer – „erstellte nach vorliegenden Informationen unter dem Mantel Deloittes für die Hypo Alpe Adria betrügerische Testate über nicht existierende Gelder, Grundstücke, Häuser usw. Hierbei wurde Dr. Gottfried Spitzer von KHM“ – also Moser – „gesteuert, wiederum mit der Hilfe von Confida.“

So, das reicht, glaube ich, einmal fürs Erste. Jetzt sage ich einmal das Dokument.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie kommen in die Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das ist immer das mit den Vorhalten, die dann so lange dauern.

Die Dokumentennummer ist 49845, und ich mache darauf aufmerksam, dass das schon einmal hier im Ausschuss, ich glaube, von Kollegen Lugar ins Spiel gebracht wurde und damit gearbeitet wurde.

Haben Sie das nachlesen können, Herr Mag. Kandler?

Mag. Erich Kandler: Darf ich Sie bitten: Wenn Sie Ihr Referat beziehungsweise die Frage abschließen, würde ich mich dann gern mit dem Herrn Verfahrensanwalt und der Vertrauensperson beraten, denn darauf wird in angemessener Form zu reagieren sein.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich habe kein Referat gehalten, ich habe ja nur zitiert. Jetzt habe ich folgende Frage: Herrn Kollegen Spitzer kennen Sie?

Mag. Erich Kandler: Ja, natürlich.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Genau. Ihnen war nicht bewusst, dass die Staatsanwaltschaft München in dieser Form ermittelt?

Mag. Erich Kandler: Nein.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das war Ihnen nicht bewusst. Können Sie dem Ausschuss über die Zusammenarbeit zwischen Deloitte und CONFIDA einmal grundsätzlich Erhellendes mitteilen? Wie sind Deloitte und CONFIDA zusammengekommen?

Mag. Erich Kandler: Ganz ehrlich gesagt, der Anblick dieser Dokumente und die Schreibweise erschüttert mich. Ich möchte gerne (Abg. Kogler: Ja, wir sind das gewohnt!) um Auszeit bitten.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Mag. Kandler, wenn Sie sich mit Ihrer Vertrauensperson oder auch dem Verfahrensanwalt beraten wollen, ist das gar kein Problem. – Möchten Sie das?

Mag. Erich Kandler: Ja, bitte.

Vorsitzende Doris Bures: Dann werde ich zu diesem Zwecke die Sitzung kurz unterbrechen. Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 10.59 Uhr unterbrochen und um 11.18 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

11.18

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Bevor ich Abgeordnetem Mag. Kogler das Wort erteile, möchte Verfahrensanwalt-Stellvertreter Dr. Hoffmann noch etwas ausführen. – Bitte.

Verfahrensanwalt-Stellvertreter Dr. Klaus Hoffmann: Herr Abgeordneter Kogler, ich möchte einige Klarstellungen zu den Dokumenten von Ihnen erbitten. Ich habe mir das jetzt hier angesehen, offensichtlich sind das zwei unterschiedliche Dokumente, die allerdings unter derselben Dokumentennummer bei Ihnen eingelangt und eingescannt wurden. – So verstehe ich das.

Der erste Teil in der fetteren Schrift scheint eine Zusammenfassung zu sein, da steht immer unten Seite 4 von 8. Sie haben uns die Seite 2 von 8 und die Seite 4 von 8 vorgelegt – also auszugsweise.

Um das wirklich hier beurteilen zu können, müssten wir das Ganze ansehen können. Wir wollen auch wissen, von wann dieses Dokument stammt, denn das ist wieder wesentlich für die Beantwortung der Frage, ob die Auskunftsperson zu diesem Zeitraum überhaupt noch eigene Wahrnehmungen haben kann, in welchem Zusammenhang das alles steht.

Das in etwas zarterer Schrift Verfasste, offensichtlich Seite 135, mit der Überschrift „XV. Wirtschaftsprüfungsunternehmen DELOITTE“, scheint aus einem Dokument zu sein, das zumindest mehr als 135 oder jedenfalls 135 Seiten hat. Auch hier weiß man nicht, von wann es ist. Sie sagten, das kommt von der Staatsanwaltschaft I aus München. Ist das von der Staatsanwaltschaft München allenfalls an das Justizministerium, denn dieses hat es eingebracht, geschickt worden, mit irgendeinem Auftrag oder zur Information oder zur Weitergabe einer Untersuchung nach Österreich, zur Würdigung aus Gesichtspunkten von Österreich? Können Sie dazu etwas sagen, damit wir eine Vorstellung haben, was das sein kann?

Die Auskunftsperson, Herr Mag. Kandler, war konsterniert, als er das gelesen hat. Er hat davon nichts gehört und ist selbst auch nicht kontaktiert worden in diesem Zusammenhang.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, ich verstehe alles, was da kommt. Der Grund für unsere nicht besonders optimale Frage ist sozusagen auf die Vereinbarung, die wir getroffen haben, zurückzuführen, denn es geht ja alles auf die Redezeit – möglicherweise auch das, was ich gerade sage –; dann komme ich nämlich in zwei Stunden wieder dran. Ich kann Ihnen jetzt einmal genau …

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich will Ihnen nur sagen, dass das nicht auf Ihre Zeit geht! Sie können daher jetzt die Fragen des Verfahrensanwalts bezüglich der Information zu diesen Dokumenten beantworten. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Der Reihe nach: Erstens ist das ein Dokument, das angefordert wurde. Wir können Ihnen aber ohnehin diese ganze Zusammenfassung von vorne abgeben. Das ist von der Oberstaatsanwaltschaft Graz offensichtlich in einer Art gerichtlichem Amtshilfeverfahren angefordert worden. Ich kenne mich da nicht so gut aus. Es kommt, wie gesagt, von der Staatsanwaltschaft München I und hat das Datum – das können Sie dann aber gleich alles selbst nachprüfen – 3.5.2013, an dem dieser Bericht angefertigt wurde.

Das von Ihnen als fett geschrieben Bezeichnete – im Übrigen habe ich bis jetzt nur daraus zitiert, nämlich zwei Absätze – ist die Kurzfassung, das sagte ich. Das, was Sie vom Schriftbild her als zarteres Schriftstück bezeichnet haben, ist aber aus der Langfassung, und diese hat dann 136 Seiten. Das ist die vorletzte Seite, die Ihnen da noch vorliegt, die aber noch gar nicht zitiert wurde.

Damit sind, glaube ich, schon alle Fragen, die Sie gestellt haben, beantwortet. Ich kann Ihnen aber das ganze Schriftstück, wie es ist, gerne geben. Ich verstehe das auch, wir haben nur befürchtet, dass wir, wenn wir das alles aufreißen, dann auch noch am Abend oder am Nachmittag da sitzen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Verfahrensanwalt-Stellvertreter Dr. Klaus Hoffmann: Ich habe jetzt die Vermutung – weil Sie Oberstaatsanwaltschaft Graz sagen –, dass das ein Strafverfahren betrifft, das in Klagenfurt geführt wurde. Das könnte ich mir als Anwalt vorstellen, weil ich die Zuständigkeiten kenne. (Abg. Kogler: Natürlich! Ja!)

Und ich kann mir vorstellen, dass das zartere Schriftbild eine umfassende Darstellung ist und das fettere ein Exzerpt, das eine Person – also das ist sehr mit massiven Vorwürfen gefärbt, das ist eine Wortwahl, die sehr forsch ist, die ich in den über 45 Jahren, in denen ich Anwalt bin … Möglicherweise hat das ein Deutscher verfasst, dass halte ich für möglich. (Allgemeine Heiterkeit.) Dass es die Bayern verfasst haben (Abg. Matznetter: Die Staatsanwaltschaft München …!), würde ich nicht so glauben, aber das geht mich ja auch nichts an. Aber eine derart scharfe Zusammenfassung habe ich als Anwalt – ich war, wie gesagt, 45 Jahre als Anwalt tätig, und ich habe auch strafverteidigt – noch nicht gesehen.

Ist meine Vermutung, dass das, was Sie vor sich liegen haben, ein Exzerpt aus dem anderen ist, richtig? – (Das der Auskunftsperson vorgelegte Schriftstück bemerkend:) Inzwischen kann man es nachprüfen!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wenn die Oberstaatsanwaltschaft Graz im Spiel ist, geht es um die Staatsanwaltschaft Klagenfurt und um Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der Hypo Alpe-Adria. Die Oberstaatsanwaltschaft Graz hat das dann von der – offensichtlich in der Kenntnis, dass dort ebenfalls Ermittlungen laufen; es handelt sich um ein Ermittlungsverfahren und nicht um eine fertige Anklage – …

Ich kenne den Fortgang nicht, aber das Dokument ist da. Das ist ein Ermittlungsverfahren, das von der Staatsanwaltschaft München I geleitet wird. Ich habe darüber hinaus den Eindruck – das sage ich Ihnen zur besseren Orientierung –, dass sich die Staatsanwaltschaft München I eines Berichtswesens von Ermittlern bedient, die sozusagen den Staatsanwälten dort zugegangen sind, und möglicherweise wurde der Jargon übernommen.

Wenn man alles studiert, bekommt man den Eindruck, dass verdeckte Ermittler, die in Wahrheit in einem anderen Auftrag arbeiten, zugearbeitet haben und dass die Staatsanwaltschaft München I das verwertet hat. Insofern würde sich dadurch auch erklären, wieso da ein etwas schrofferer Ton herrscht – nicht nur, weil wir es mit Bundesdeutschen oder Bayern zu tun hätten.

Verfahrensanwalt-Stellvertreter Dr. Klaus Hoffmann: Danke für die Aufklärung! Die Auskunftsperson steht zur Verfügung.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Die Frage, die sich als Erstes gestellt hat und die ich ja schon formuliert hatte, ist, ob Sie, Herr Mag. Kandler, jetzt einmal dem Ausschuss erklären können, wie Deloitte zu den Aufträgen gekommen ist, Wirtschafts- und Bankprüfer für die Hypo Alpe-Adria zu sein? (Auskunftsperson Kandler: Gut, ich darf das …!) – CONFIDA war ja immer schon?

Mag. Erich Kandler: CONFIDA war schon sehr lange, ja.

Dazu kann ich Ihnen ein paar Punkte geben. Zum einen möchte ich noch einmal auf mein Einleitungsstatement zurückkommen. Ich habe dort kurz ausgeführt, dass diese Kundenbeziehung Hypo Alpe-Adria im Wege des Zusammenschlusses zwischen der Auditor/Andersen-Gruppe … Der globalen Andersen-Gruppe ist es damals ja nicht so gutgegangen, die musste aufgelöst werden, da haben sich die österreichischen Kollegen bei uns angeschlossen oder mit uns zusammengeschlossen, worüber wir sehr froh waren.

Auf diesem Weg ist dieser Auftrag sozusagen zu Deloitte gekommen – das übrigens gleich als Hinweis für das Wort „Mantel“: Das war genau zu dieser Zeit so, dass die österreichische Andersen-Gesellschaft in Deloitte übergeführt wurde. Da gab es einen Übergangszeitraum, den auch wir intern als „Mantel“ bezeichnet haben – das nur als Hinweis. Da ist nichts, kein Mantel des Verschweigens oder Versteckens, sondern schlichtweg: Wie bringt man im Wirtschaftsprüfungsgeschäft einen Firmennamen von der einen in die andere Richtung? Das ist nicht so einfach.

Das Zweite in diesem Zusammenhang zur Zusammenarbeit mit CONFIDA: CONFIDA war aufgrund eines Standorts in Kärnten und natürlich einer gewissen, offensichtlich persönlichen und sonstigen Nähe federführend in die Hypo eingearbeitet. CONFIDA gehört einem relativ kleinen – zwar auch internationalen – Netzwerk von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften an, aber nicht einem, das unbedingt in allen Ländern, in denen die Hypo Alpe-Adria tätig war oder die Absicht hatte, tätig zu werden, entsprechend vertreten war. Und – ob das fair ist oder nicht, will ich hier nicht werten – am internationalen Kapitalmarkt haben Bestätigungsvermerke der nicht Big Four, oder damals noch Big Five, bis Andersen ausgefallen ist – ich sage das einmal so bewusst vorsichtig –, ein anderes Gewicht. Die Emission von Kapitalmarktinstrumenten von Gesellschaften, die nicht von den Big Four geprüft werden, sind üblicherweise schwieriger und teurer und so weiter.

Das war sozusagen der Hintergrund, warum die Hypo Alpe-Adria und CONFIDA auch – ich will nicht sagen, den Kontakt zu uns gesucht haben – über eine gewisse Zusammenarbeit – wie gesagt, mit meinen Kollegen, denn ich war damals nicht bei Andersen oder Auditor – zu uns gekommen sind.

Das hat sich dann so entwickelt, dass das gesamte Prüfungsmandat offensichtlich immer größer wurde, sodass dann irgendwann im Raum gestanden ist, dass Deloitte die Abschlussprüfung mehr oder weniger allein macht. CONFIDA hat aber … Deswegen habe ich gesagt, da gab es so Übergangsphasen, und ich weiß jetzt nicht mehr auswendig, wer wann wo etwas geprüft hat. – Das zur Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit war dann aber auch beendet.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Entschuldigung, können Sie das Jahr nennen, in dem Deloitte dann alleine war? Das war ja viel später!

Mag. Erich Kandler: Das müsste … Wenn es nicht 2006 war, was ich zuerst in Verdacht hatte, dann muss es jedenfalls 2007 gewesen sein.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, genau! Aber ich habe Sie gefragt, was Sie für Wahrnehmungen diesbezüglich haben, wie der Prüfauftrag für die Gruppe entstanden ist. (Auskunftsperson Kandler: Das habe ich ja versucht, zu sagen!) – Na ja, aber da steht ja …

Mag. Erich Kandler: Insbesondere Gottfried Spitzer, der ja auch eine Zeit lang in Kroatien tätig war, hatte entsprechende Kontakte, auch nach Kärnten. So ist das halt entstanden, dass man sich dann zwischen der Hypo Alpe-Adria und CONFIDA entschlossen hat – damals noch mit Andersen –, mit Gottfried Spitzer zusammenzuarbeiten. Durch den Zusammenschluss von Andersen und Deloitte ist dieses Mandat sozusagen unter den Deloitte-Mantel gekommen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): In diesem Vermerk, den ich Ihnen habe vorlegen lassen, steht ja, dass KHM, also Karl-Heinz Moser, in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender den Prüfungsauftrag an Deloitte beziehungsweise (Auskunftsperson Kandler: Ja!) Vertrauten gegeben hat. So muss es ja dann wohl gewesen sein!

Mag. Erich Kandler: Na ja, also jetzt kommen wir … Ich wollte einmal die inhaltliche Frage – wie kam es zu dem Prüfungsauftrag für Deloitte und warum kommt da ein Vokabel „Mantel“ und Ähnliches vor? – kurz abarbeiten. Ansonsten zu den beiden Dokumenten: Herr Verfahrensanwalt Hoffmann hat es ja bereits ausgeführt.

Ich möchte noch einmal klarstellen: „Konsterniert“ ist ein sehr passendes Wort. Ich möchte ganz klar sagen: All die Vorwürfe, die da drinnen sind, sind mir vollkommen neu. Ich habe sie in dieser Form noch nicht gesehen und gehört. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass da irgendetwas dran ist, und muss Ihnen leider sagen, dass ich zu diesen Vorwürfen – weil ich sie mir einfach nicht vorstellen kann – auch keine Wahrnehmungen habe.

Ich war bis Ende 2013 bei Deloitte. Das hätte ich gehört, wenn es irgendetwas gegeben hätte. Es überrascht. Sie haben jetzt ein Datum von Anfang 2013 genannt. Dass eine deutsche Behörde … Ich will jetzt die Echtheit der Dokumente weder bestätigen noch bestreiten, denn ich kann es nicht. (Abg. Matznetter: Wir haben sie von der Justiz!) – Ja, was immer da im Kreis geschickt wird, das wissen wir nicht, das ist also wirklich schlimm. Ich kann dazu nur sagen: Das müssen sich meine Kollegen und Nachfolger bei Deloitte ansehen.

Es hat meines Wissens keine Ermittlungen oder Offenlegungen von Verfahren gegeben. Woher das kommt – sorry, da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen! Das ist jedenfalls keine angenehme Sprache, wie auch Herr Hoffmann sagt. Ich bin selbst auch Gerichtssachverständiger und war jahrelang mit Verfahren verschiedenster Art beschäftigt. Eine solche Sprache ist mir, ehrlich gesagt, noch nicht untergekommen.

Diese Vermischung da vorne, wie hat dieser Satz geheißen: „In nicht kostenfreier Abstimmung“. – Ich meine, bitte, was sind das … Da fangen wir bei diesem Satz schon einmal in den Tiefen des Strafgesetzbuches an. Da hinten werden dann zivilrechtliche Fragen – kann man Ansprüche geltend machen? – abgehandelt, und das wäre wieder nichts, was die Staatsanwaltschaft etwas angeht. Es macht auch für mich in dieser Kombination so keinen Sinn.

Wenn meine Vertrauensperson gerade dieses Konvolut durchblättert (sich an die Vertrauensperson, die im Schriftstück blättert, wendend) – besonders schlau sind wir auch noch nicht daraus geworden. Wir werden es auch nicht machen, denn ich bin nicht mehr bei Deloitte. Ich werde das nicht analysieren, und schon gar nicht vor der Medienöffentlichkeit in diesem Ausschuss.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das Dokument hat ja schon einen Absender, und das ist immerhin der Staatsanwalt Manfred Nötzel.

Den Eindruck habe ich selber auch, dass Fragmente zusammengemischt sind – das sagte ich ja. Da müssen irgendwelche Ermittlungen gelaufen sein, die dann in die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft – zumindest in diesem Text – sozusagen noch inkorporiert worden sind. Mir geht es auch nicht darum, wie das dann alles weitergegangen ist.

Das führt ja nur zu ein paar Fragen (in dem Schriftstück blätternd), nämlich zum Beispiel wie lange Sie Dr. Gottfried Spitzer kennen. Wie haben Sie das wahrgenommen, als Sie mit dem Hypo-Audit beschäftigt waren? Sie sagten ja, Gottfried Spitzer war schon länger am Balkan aktiv. Darum dreht sich hier die Vorwurfslage im Übrigen auch.

Mag. Erich Kandler: Die Frage, wie lange ich Gottfried Spitzer kenne, kann ich Ihnen jetzt, ehrlich gesagt, gar nicht so präzise beantworten. Ich habe ihn sicher schon vor dem Zusammengehen mit Auditor/Andersen bei verschiedensten Bankprüfungen und Projekten, Due-Diligence-Bewertungen gesehen. Ich kann Ihnen keine konkrete Jahreszahl sagen. Wir waren ab 2004 Partner des gleichen Unternehmens. Er war im Bankprüfungsbereich tätig und ich auch: Natürlich kennt man sich. Wir verstehen uns sehr gut. Das kann ich Ihnen dazu sagen!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber dort hatten Sie dann schon mitbekommen, dass Gottfried Spitzer am Balkan prüfungstätig aktiv war? (Auskunftsperson Kandler: Herr Mag. Kogler, die Formulierung „am Balkan tätig“ ist so …!) – In den Balkanländern!

Mag. Erich Kandler: Entschuldigen Sie, wenn jemand als verantwortlicher Geschäftsführer einer internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein paar Jahre in Kroatien tätig ist, dann möchte ich eigentlich schon darum bitten, dass man die ein bisschen unterschwellige Formulierung „am Balkan tätig“ nicht verwendet. (Abg. Kogler: Ich weiß nicht, was Sie mit „Balkan“ …!) Das ist ein sehr ordentlicher österreichischer Wirtschaftsprüfer, der Geschäftsführer bei einem anderen Unternehmen war und entsandt wurde, um in Zagreb zu arbeiten – bitte, da also „am Balkan tätig“ …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wir verwenden das hier so, um es abzukürzen, wir können auch alle Länder dort aufzählen. Wir wissen ja, wo die Hypo überall aktiv war. Ob das am Schluss immer zum Glück der österreichischen Steuerzahler war, ist eine andere Frage.

Mag. Erich Kandler: Ich darf dazu anmerken, dass es vielleicht eine Auszeichnung und auch eine besondere Qualifikation ist, wenn man die Gebräuche und Sitten dieser Länder kennt, um dann als österreichischer Wirtschaftsprüfer eine österreichische internationale Bankengruppe mit lokaler Kenntnis zu prüfen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, nur da dreht sich die Geschichte ja um! Ich kann das gerne noch zitieren, was der Betreff dieses Dokuments ist: „Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung (…), des Betruges zum Nachteil der Bayern LB“ – ich meine: dort weht der Wind her, das darf man ruhig dazusagen – dieser Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Das ist jetzt einmal nicht nichts, wir werden der Sache ohnehin noch weiter nachgehen.

Im Übrigen wird in diesem Zusammenhang – da dürfen wir jetzt auf die Jahre 2006/2007 oder 2007/2008 kommen – ja auch darauf verwiesen, dass dann nicht mehr CONFIDA, aber Deloitte die Due Diligence für die BayernLB anlässlich des anstehenden Erwerbs von Mehrheitsanteilen gemacht hat. Was können Sie dem Ausschuss dazu sagen?

Mag. Erich Kandler: Ja, da kann ich etwas Licht hineinbringen, und zwar ist es nach meinem Wissensstand – das kommt aus diesem Text sehr schlecht formuliert, aber, ich glaube, ungefähr heraus – international üblich, gerade im Bankenbereich, dass die Durchführung einer Due Diligence durch einen externen Prüfer aufgrund der Regelungen des Bankgeheimnisses sehr schwierig ist.

Was man daher sehr häufig macht, ist, dass man eine sogenannte Vendors Due Diligence durchführen lässt. Das heißt, dass der Verkäufer einen Wirtschaftsprüfer – meistens aufgrund des Bankgeheimnisses wieder seinen eigenen Wirtschaftsprüfer – damit beauftragt, einen Bericht über bestimmte Fragen, die der Käufer haben könnte und die über den Jahresabschluss hinausgehen, in natürlich entsprechend anonymisierter Form zu erstellen. Das nennt man Vendors Due Diligence, also Verkäufer-Due-Diligence-Bericht.

Ein solcher wurde – das ist richtig – Anfang 2007 von Deloitte angefertigt. Ich nehme an, dass auf diesen Bezug genommen wird. Die Abrechnungsmodalitäten: Dazu habe ich, ehrlich gesagt, keine Erinnerungen. (Abg. Kogler: Das war ja auch gar nicht die Frage!) – Das war in dem Satz da drinnen, deswegen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich darf Ihnen und der Öffentlichkeit hier vorbringen, dass offensichtlich auch diesbezüglich die Staatsanwaltschaft München I eine Ermittlungstätigkeit, die nicht zum schönsten Lichte von Deloitte ausgeht, hat.

„Ermittlungsansatz 26 …“ (Verfahrensanwalt-Stellvertreter Hoffmann: Herr Abgeordneter, können wir da auch die Nummer und die Zahl haben und so weiter, dass wir das verfolgen können?) – Das haben Sie schon! Das ist das, was Sie vorhin als zarte Schrift identifiziert haben, dort sind wir jetzt, auf Seite 135 – das ist nicht ganz so „zart“ im Inhalt:

„Ermittlungsansatz 26“: „Es gilt zu prüfen inwieweit die Inhalte der Due Diligence Prüfung der HAAG durch DELOITTE Einfluss auf die Kaufentscheidung der BLB genommen haben. Wurde bei der Prüfung die von einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen geforderte Sorgfaltspflicht wahrgenommen oder handelte es sich um eine ‚Gefälligkeitsprüfung‘ um bei der HAAG, die ja ab 2004 von DELOITTE geprüft wurde, im Geschäft zu bleiben? Ist gegebenenfalls aus einer Verletzung der Sorgfaltspflicht durch DELOITTE ein Regress“ – dann sind sie plötzlich wieder im zivilen Bereich – „für die BLB oder andere Interessenten abzuleiten?“

Zuvor wird noch der Vorhalt formuliert. Deloitte wird in dem ganzen Bericht ein eigenes Kapitel, nämlich Kapitel XV, gewidmet:

„Die Steuer- und Wirtschaftsprüfungskanzlei DELOITTE hat[x] die Jahresabschlüsse der Hypo Alpe-Adria regelmäßig testiert, so auch in den entscheidenden Jahren 2007 und 2008, in denen in der Bank Milliarden versenkt wurden. Zwischen Juni und September 2007 beglich Berlin & Co Capital drei Rechnungen der DELOITTE Auditor Treuhand GmbH“. – Dann sind wir wieder dort.

Aber der Vorhalt, den die hier offensichtlich verfolgen – und was ich Sie jetzt frage –, ist, dass Deloitte ein Gefälligkeitsgutachten gemacht haben könnte – noch dazu vor dem Hintergrund, wider besseres Wissen, weil die durch die Prüfungen (Vorsitzende Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt zur Fragestellung kommen, weil beide Redezeiten ausgeschöpft sind!) der Hypo Alpe-Adria, deshalb wider besseres Wissen, die ja schon kennen müssen –, dass absichtlich falsch sozusagen testiert wurde, entweder zum Schaden der Bayern, so wie es in diesem Dokument gemeint ist, oder – das lasse ich aber offen; wir kennen eine andere Hypothese, die hier im Ausschuss durchaus auch verfolgt wird – dass die Bayern gar nicht hineinschauen wollten, weil sie unbedingt eine Bank haben wollten. Das würde das Gutachten des Herrn Kleiner bezeugen.

Jetzt frage ich Sie aber in diesem Zusammenhang: Was können Sie dem Ausschuss bezüglich der Tätigkeit von Deloitte in Absprache mit der BayernLB sagen?

Vorsitzende Doris Bures: Alle weiteren Fragen, Herr Abgeordneter, können Sie dann in der dritten Runde nachreichen!

Mag. Erich Kandler: Zum einen möchte ich Ihre Fragen, Vorhalte und die Dokumente doch noch einmal kommentieren. Ich weise auf das Schärfste zurück, dass es bei Deloitte Gefälligkeitsgutachten gibt. Ich möchte diese Suggestionen weder hier noch woanders hören, vor allen Dingen nicht, wenn keine Grundlage dafür vorliegt oder nicht einmal versucht wird, eine Grundlage vorzubringen.

 Das ist einmal das eine. (Abg. Kogler: Wir werden das der Staatsanwaltschaft …!)

Das Zweite ist: Ich habe in meinem Einleitungsstatement darauf hinweisen müssen, dass mich die HETA bei der Entbindung von der Verschwiegenheitsverpflichtung nicht hinsichtlich Dingen entbunden hat, die im Zusammenhang mit Verfahren stehen. Eines dieser Verfahren, das in dieser Anlage 2 meines Entbindungsschreibens genannt ist, ist das Verfahren, das die Bayerische Landesbank gegen die Mitarbeiterprivatstiftung in Kärnten zwecks Anfechtung des Kaufpreises aus 2007 gestartet hat. Wir wissen alle, und auch die Bayern sagen das, glaube ich, ganz offen: Das ist ein Testverfahren für die Anfechtung des Hauptkaufvertrages.

Dementsprechend werde ich in der Sache hier, wenn überhaupt, sehr vorsichtig kommentieren und bei den von Ihnen geäußerten Spekulationen, ob die Bayern hineinschauen wollten oder nicht und ob sie sowieso gekauft hätten, über das, was ich in meinem Einleitungsstatement gesagt habe, nicht hinausgehen können.

Ich möchte aber schon festhalten, Mag. Kogler: Mir ist das schon oft untergekommen, dass man strafrechtliche Ermittlungen dazu verwendet, um zivilrechtliches Kleingeld zu gewinnen. Und so schaut das hier durchaus aus, denn dass man sich in der Bayerischen Landesbank, in dem neuen Management und den Organen dort, bemüht, Material zu sammeln, auf welchem Weg immer – und Bayern steht wohl zu Bayern –, ist, glaube ich, nachvollziehbar.

Wenn ich den ersten Teil so überfliege und diese wahrlich nicht sehr professionell formulierten strafrechtlichen Anwürfe sehe – dann dahinter so einen zivilrechtlichen Satz zu haben, das passt genau in dieses Bild hinein. Und ich glaube, wir sind gut beraten, es dabei zu belassen, denn das ist ein Thema, das sollen sie sich in Bayern ausmachen und überlegen. Nicht umsonst – und damit gar nicht überraschend – ist es auch so, dass Kollege Spitzer, zumindest nach meiner Wahrnehmung, von den Ermittlungen nichts weiß. Das macht Sinn, denn wenn ich nur Material beschaffen will, dann mache ich möglichst wenig Aufruhr rundherum. Und das scheint dort dazuzukommen.

Und als Letztes – da bitte ich um Verständnis, das muss ich sagen –: Herr Mag. Kogler, ich schätze das, dass Sie sich diese Dinge anschauen. Ich will nicht sagen, dass ich Ihnen besonders dankbar bin, dass Sie sie in diesem Forum bringen. Es wäre mir wahrscheinlich – oder meinen Kollegen bei Deloitte – ein anderes Forum lieber gewesen, zu erfahren, dass es da möglicherweise solche Dinge gibt. Aber der Gegenstand dieses Untersuchungsausschusses ist meines Wissens nicht Deloitte. Zumindest die acht Seiten, die man mir geschickt hat, behandeln die Hypo, aber nicht die Frage, was Deloitte gemacht hat. – Danke. (Abg. Kogler: Zur Geschäftsordnung!)

*****

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Wenn wir bei der Auslegung des Untersuchungsgegenstandes sind, eröffnet sich natürlich die Möglichkeit, das kurz zu beleuchten.

Vorsitzende Doris Bures: Wenn Sie es länger beleuchten wollen, dann nehme ich das für die Geschäftsordnungsdebatte und unterbreche …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Nein, ich sage ja: kurz. Es war die Auskunftsperson selber, die auf einen Inner Circle im Aufsichtsrat hingewiesen hat, der ganz offenkundig mit Karl-Heinz Moser zu tun hatte. Das ist auch der Grund … Wir haben ja viele Dokumente. Wir hätten da ja etwas ganz anderes machen können, deshalb habe ich das dann an der Stelle gebracht, weil das hier dazu passt. Und der Vorhalt, der hier verfolgt wird – den ich selber relativiert habe, und zwar zweimal, genau mit dem Hinweis, den Sie gemacht haben –, ist aber trotzdem, dass sich im Übrigen schon aus den neunziger Jahren heraus eine Verbindung mit CONFIDA ergibt … (Abg. Lugar: Zur Geschäftsordnung?!) – Ja, natürlich, weil es Untersuchungsgegenstand ist. Genau das untersuchen wir ja. Das untersuchen wir: Wer, wo – vor allem im Aufsichtswesen – etwas zusammengebracht oder versagt hat und wie die politischen Verantwortungen sind, wohl auch jener, die die Leute in den Aufsichtsrat geschickt haben.

Da geht es in erster Linie um Karl-Heinz Moser, der ja in unvereinbarer Weise ganz lange Aufsichtsratsvorsitzender und gleichzeitig Bankprüfer war. Und dann kommt dieses Dokument, das zwar mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt – ich bin bei Ihnen –, verfolgt aber eine bestimmte Spur, wo jetzt auch noch Deloitte vorkommt. Das war aber nicht der Hauptpunkt. Der Hauptpunkt ist die Rolle des Karl-Heinz Moser und seiner vielfältigen Tätigkeiten – um nicht zu sagen, Umtriebe – auf dem Balkan seit den neunziger Jahren. Gemündet hat es dann darin, dass auch Deloitte eine gewisse Rolle spielen konnte. Das war natürlich im engeren Sinn des Untersuchungsgegenstandes, weil wir ja die Wirtschaftsprüfer, die die Hypo prüfen, in erster Linie mit anschauen. Bis jetzt hatten wir hier herinnen immer den Vorhalt, dass wir genau das nicht machen.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, danke für den Zusammenhang. Der nächste Fragesteller ist Herr Abgeordneter Lugar. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Mag. Kandler, ich würde gern noch einmal auf den Aktenvermerk zurückkommen, weil Sie da einige Dinge gesagt haben, die aus meiner Sicht hinterfragenswert sind. Sie haben gesagt, vom Sachverhalt, der hier beschrieben ist, haben Sie sich genötigt gefühlt, ein Telefonat zu führen, was – wie Sie ja selbst sagen –, sehr ungewöhnlich war. Diesen Sachverhalt haben Sie mündlich beziehungsweise schriftlich zur Kenntnis bekommen; das wissen Sie nicht mehr, haben Sie vorhin gesagt. Ist das richtig?

Mag. Erich Kandler: Entschuldigen Sie, dem konnte ich jetzt momentan nicht folgen. Welchen Sachverhalt habe ich mündlich oder schriftlich …?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es gibt einen Aktenvermerk: Telefonat Dr. Kandler, Deloitte, mit Herrn Ettl; über den haben wir vorhin schon gesprochen.

Mag. Erich Kandler: Ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Diesen Sachverhalt, diese vermuteten Kick-back-Zahlungen an Aufsichtsratsvorsitzenden Kulterer, haben Sie schriftlich oder mündlich von Ihren Prüfern erfahren?

Mag. Erich Kandler: Das Prüfteam hat das im Zuge einer Besprechung präsentiert. Da waren natürlich auch einzelne Unterlagen dabei, aber es gab zu dem Zeitpunkt noch keine aufbereitete Darstellung.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, bei dieser Besprechung wurde Ihnen das mündlich berichtet und schriftlich unterlegt?

Mag. Erich Kandler: Durch Dokumente unterlegt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie haben die Dokumente gesehen, in denen diese Überweisungen von mehreren Hunderttausend Euro an die nachweislich im Einflussbereich von Herrn Kulterer beziehungsweise dessen Frau stehende Firma auch ersichtlich waren?

Mag. Erich Kandler: Nein. Das habe ich ja vorhin gesagt: Es wurden dem Prüfteam unter anderem für die Verlustursachen Hühnermarkt und was weiß ich alles auch höhere Beratungskosten genannt. Ich habe die Belege nicht gesehen. Hätte ich sie gesehen, dann hätten wir Herrn Kulterer vielleicht nicht mehr fragen müssen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie haben ja hier sehr schwerwiegende Vorwürfe erhoben. Die werden Sie wahrscheinlich geprüft haben, bevor Sie auf die Idee gekommen sind, anzurufen, nehme ich einmal stark an. Sie haben sich ja auch relativ weit aus dem Fenster gelehnt mit diesem Anruf, was Sie selbst auch bestätigt haben.

Mag. Erich Kandler: Herr Lugar! Wenn wir uns in so einer Situation komplett, hundertprozentig sicher gewesen wären, was da genau gelaufen ist und wie es gelaufen ist, dann hätte ich Herrn Ettl nicht anrufen müssen, sondern dann hätten wir einen Brief nach § 63 BWG geschrieben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie wollten ja zusätzliche Informationen von Herrn Ettl, haben Sie gesagt.

Mag. Erich Kandler: Ja, eben – weil wir es eben nicht genau wussten. Ich habe Ihnen gesagt …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was wussten Sie? – Sagen Sie, was Sie zu dem Zeitpunkt wussten, zu dem Sie angerufen haben.

Mag. Erich Kandler: Ich weiß nicht, ich habe mir gedacht, ich kann mich halbwegs klar ausdrücken. Ein Prüfteam, bestehend aus zwei, drei Leuten, kommt zu dem Prüfungspartner in Wien, der zuständig ist, und der wiederum zu mir und sagt – bildlich gesprochen –: Schau dir das an, wir verstehen das nicht! Wirst du daraus schlau? – Ich bin auch nicht schlau daraus geworden. Was überbleibt, ist sozusagen eine mögliche Situation oder ein eben halbwegs konkreter Verdacht, dass diese dort angesprochenen Beratungshonorare in das Umfeld des mittlerweile[xi] Herrn Aufsichtsratsvorsitzenden geraten sind.

Hätten wir einen Beleg gehabt, dass das so ist und dass diese Treuhandschaften, die jetzt die Bundeskriminalpolizei vermeint, festgestellt zu haben, offengelegt gewesen wären, dann hätten wir eh schon gewusst, was wir tun. Unser Problem war ja nur: Wie machen Sie in einer Bank, die von einem Herrn Kulterer dominiert wird, der den Aufsichtsratsvorsitz hat, in diesen Erhebungen oder Nachforschungen weiter? – Das geht, wir haben es auch getan. Aber es war uns auch bewusst, dass es sein kann, dass Behörden – die haben ja schon mit ausländischen Aufsichtsbehörden auch kooperiert – eventuell mehr wissen. Und das war der Hauptgrund meines Anrufs: Lieber Herr Ettl, wissen Sie etwas dazu, oder stören wir euch, wenn wir dort ermitteln? – Ich versuche nur, es noch einmal mit nahezu den gleichen Worten zu sagen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das waren nicht die gleichen, aber gut.

Mag. Erich Kandler: Und dann war ich am nächsten Tag zufällig dort, habe mir vielleicht noch ein paar Zettel mehr angesehen. Und am Freitag sind wir in Wien dazu zusammengesessen, und dann, 14 oder 10 Tage später, hat es dann eine Frageliste an Dr. Kulterer gegeben – also ein ganz normaler Vorgang. Und irgendwann Ende März hat man der Nationalbank gesagt: Ja, wir sind noch dran, aber für uns ist das nicht so eindeutig. Wir können nicht beweisen, dass es so ist. Ich kann mich an die genaue Formulierung nicht erinnern. Ich war ja nicht dabei.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, wenn ich Sie richtig verstehe, war da nichts Konkretes. Sie haben keinen Beleg, keine Überweisung gesehen. Da war nichts Konkretes. Ist das richtig?

Mag. Erich Kandler: Nichts hinreichend Konkretes, um sofort einen Warnbrief zu schreiben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben jetzt gesagt, dass Sie keinen konkreten Beleg dafür hatten, dass diese Zahlungen erfolgt sind. Oder habe ich das falsch verstanden?

Mag. Erich Kandler: Zuerst haben Sie mich gefragt, ob ich keinen konkreten Beleg habe, dass die Zahlungen an Herrn Kulterer geflossen sind.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein, an diese Firma. Wie hat sie geheißen? – WBG.

Mag. Erich Kandler: An diese Firma, Entschuldigung. WBG – ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hat es diese Zahlungen gegeben oder nicht?

Mag. Erich Kandler: Ob es diese Zahlungen gegeben hat oder nicht, kann ich Ihnen aus eigener Wahrnehmung nicht sagen. Wir hatten den Verdacht ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum sagen Sie das dann Herrn Ettl, dass sozusagen Überweisungen von mehreren Hunderttausend Euro an diese Firma stattgefunden haben? – Das haben Sie ja gesagt. Sie haben gesagt: mehrere Hunderttausend Euro. Woher können Sie das wissen, wenn Sie den Beleg oder diese Überweisung nicht gesehen haben?

Mag. Erich Kandler: Ich glaube nicht, dass ich das, ganz offen gesagt, in dieser Deutlichkeit so gesagt habe, denn wenn Sie meinen[xii] Einleitungssatz lesen, dann steht dort drinnen – und so hat das Ganze wahrscheinlich auch begonnen –: „als Kick-Back-Zahlung an AR-Vorsitzenden Kulterer gewertet werden könne“.

Hätten wir – das habe ich ja schon dreimal gesagt – zu dem Stichtag, zu diesem Zeitpunkt, konkret gewusst, dass es diese Zahlungen an WBG – und WBG ist Kulterer zurechenbar – gegeben hat, dann hätten wir anders reagiert. Ich möchte noch einmal ganz klar sagen: Es wurde …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie vermischen da jetzt zwei Sachverhalte, nicht? – Sie vermischen ganz bewusst zwei Sachverhalte. Es geht nicht darum, ob diese Zahlung stattgefunden hat, denn Herr Ettl hat ja bestätigt, dass diese Zahlung stattgefunden hat …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Abgeordneter Lugar! „Sie vermischen ganz bewusst“, sagen Sie, „zwei Sachverhalte.“ – Das ist bisher noch nicht geklärt und daher eine Unterstellung. Ich bitte, das zurückzunehmen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay, dann sage ich unbewusst, dann vermischt er es unbewusst.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sagen Sie, „Sie vermischen meiner Ansicht nach zwei Sachverhalte“, dann drückt das Ihre persönliche Ansicht aus, und die Auskunftsperson kann sich dazu äußern und das klarstellen. (Abg. Lugar: Vielen Dank!) – Danke.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie vermischen meiner Ansicht nach zwei Sachverhalte, erstens den Umstand, dass diese Zahlung geleistet wurde – das wurde von anderer Seite schon bestätigt –, und die Zurechenbarkeit der Firma, denn das würde erst die Kick-back-Zahlung auslösen, also hat die Zahlung stattgefunden; die Zahlung hat es gegeben, an diese Firma.

Mag. Erich Kandler: Herr Lugar, das Prüfteam prüft – ich könnte jetzt nicht einmal mehr auswendig sagen, ob es die HBInt oder die HBA war, die internationale oder die österreichische oder eine der Leasinggesellschaften, weiß ich jetzt momentan gar nicht mehr auswendig – in Klagenfurt diese Gesellschaft. Es geht wenn, dann um eine Zahlung einer Puris irgendwas d.d., die letztendlich ein Kunde der Bank war, an jemand anderen.

Als Wirtschaftsprüfer der Bank haben Sie keinen Nachweis über den Zahlungsvorgang aus einer ausländischen Gesellschaft in Klagenfurt. Sie haben eine Saldenliste, Sie haben bestenfalls Darstellungen des Kreditnehmers, wie das Ganze abgelaufen ist und wie es zu der vorher ausgeführten Verlustursache gekommen ist. Wenn die Begründung für die Verlustursache Zahlungen, oder nennen wir es konkreter, Aufwendungen, sind, die an diese WBG geflossen sind, dann stellt sich halt bei der weiteren Recherche dar, dass möglicherweise bei der WBG – da waren zahllose Eigentümer, Änderungen und Verschiebungen, wenn ich das so richtig in Erinnerung habe – das auch etwas mit Herrn Kulterer zu tun haben könnte.

Also: Sie werden in Klagenfurt keinen Zahlungsbeleg dazu finden, denn der liegt in … Ich weiß gar nicht mehr, wo die Firma daheim war.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, diese mehreren Hunderttausend Euro, die Sie genannt haben, sind aus der Luft gegriffen?

Mag. Erich Kandler: Die sind was?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aus der Luft gegriffen.

Mag. Erich Kandler: Nein, die sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern die sind in der – ich kann es jetzt nicht mehr sagen, ob es die Gewinn-, Bilanzen- beziehungsweise Gewinn- und Verlustrechnung dieser Gesellschaft war (Abg. Lugar: Woher wussten Sie das?) oder ob es eine Erläuterung der Gesellschaft über die Verlustursachen war.

Bitte, das Prüfteam ist dorthin gegangen und hat gesagt, da gibt es eine wesentliche Abschreibung, eine wesentliche Wertberichtigung eines Kredits, fragt, wie mich die Frau Tamandl vorhin auch gefragt hat, natürlich den Verantwortlichen bei der Bank und sagt: Warum habt ihr das denn abschreiben müssen? Was ist denn die Verlustursache?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, das ist mir alles klar. Mir geht es darum, ob diese Zahlung stattgefunden hat, ganz einfach, und wie Sie von dieser Zahlung Kenntnis erlangt haben. Das ist die Frage.

Mag. Erich Kandler: Wenn Sie mich fragen, ob ich die Zahlung gesehen habe, dann muss ich Ihnen darauf sagen: Nein, die Zahlung als Zahlungsbeleg, als Zahlungsvorgang auf zwei Bankkonten habe ich nicht gesehen, hat auch das Prüfteam nicht gesehen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und wie kommen Sie dann darauf, dass das eine Kick-back-Zahlung sein könnte, wenn es nicht einmal eine Zahlung gegeben hat? Ich meine, das ist ja unlogisch ohne Ende, nicht?

Mag. Erich Kandler: Herr Lugar, nur weil wir sie nicht gesehen haben, heißt das nicht, dass nicht gezahlt wurde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer hat sie gesehen? Wer hat Ihnen das gesagt? – Sie tun da so, als würde ich total dämliche Fragen stellen. Das ist ja nicht der Fall. Ich will einfach nur von Ihnen wissen, warum Sie ein Telefonat machen, das anscheinend sehr einmalig ist in der Geschichte, und Sie dann so tun, als wäre das total aus der Luft gegriffen.

Mag. Erich Kandler: Ich probiere es noch einmal.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, bitte, probieren Sie es noch einmal! Bemühen Sie sich ein bisschen!

Mag. Erich Kandler: Ja, das tue ich schon die ganze Zeit.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Bemühen Sie sich weiter!

Mag. Erich Kandler: Ein Prüfer einer Abschlussprüfungsgesellschaft geht in das Zimmer eines Kreditbetreuers, Work-out-, also Problemkundenbetreuers, und sagt: Ihr schreibt x Millionen bei der Gesellschaft ab. Warum? – Er dreht sich um und sagt: Na ja, wir haben Folgendes in Erfahrung gebracht: Der Hühnermarkt ist rauf- und runtergegangen, das war schlecht, da hat es einmal einen Hitzeschaden gegeben, Sie wollten das … – da gibt es irgendwelche zahllosen Begründungen drinnen. Und im Übrigen wurde von dem Kreditnehmer, warum er sozusagen nicht zahlen kann, ins Treffen geführt, dass er Beratungsleistungen gezahlt hat – der Kreditnehmer in Kroatien, Slowenien.

Diese Information geht an diesen Kundenbetreuer. Das Prüfteam, verantwortlich, sagt: Warum habt ihr das abgeschrieben? – Der Beantwortende sagt: Es hat diese Zahlungen gegeben. An wen sind die gegangen? – Aha, eine Firma WBG. Dann schlagen Sie das Firmenbuch auf, das ist relativ unkompliziert, auch damals schon, und dann stellt man fest, dass es dort Hunderte Veränderungen gegeben hat, und da kam eben auch die Frau Brigitte Kulterer vor.

So, muss ich Ihnen jetzt noch irgendwie sagen, dass man dann denkt: Na, könnte im Lichte dessen, dass man im Vorjahr auch schon etwas nicht erfahren hat, dort möglicherweise der Herr Kulterer oder die Familie Kulterer dahinterstehen? Ich glaube, das ist – ich schaue jetzt ein bisschen in die Runde –, aber ich glaube, das ist relativ einleuchtend.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, und das hat sich dann nicht erhärtet. Sie haben vorhin gesagt, dass Herr Kulterer hier nicht Eigentümer oder Miteigentümer war.

Mag. Erich Kandler: Die Tatsache, dass wir beweisen konnten, mit einem Sicherheitsgrad, der es rechtfertigt, das Ganze weiterzuverfolgen, dass hinter dieser WBG-Gesellschaft letztendlich Herr Kulterer steht, das hatten wir zu dem Zeitpunkt nicht und konnten wir mit unseren Mitteln auch nicht erlangen …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das konnten Sie nicht nachweisen?

Mag. Erich Kandler: Genau.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist ja hochinteressant. Wissen Sie, warum? – Weil Herr Ettl genau das Gegenteil gesagt hat. Herr Ettl hat in der Befragung gesagt, dass diese Beratungsleistungen sehr wohl gezahlt wurden, und er hat auch gesagt, dass diese Firma WBG … Wissen Sie, was das heißt, WBG, diese Abkürzung?

Mag. Erich Kandler: Wolfgang, Brigitte und Gerhard oder Günter oder so etwas soll das darstellen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und wie sind die Nachnamen von diesen Personen? Können Sie mir die Nachnamen sagen?

Mag. Erich Kandler: Ja, ich habe den Kriminalpolizeibericht inzwischen auch gelesen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Eben, eben. Das heißt, Kulterer steht sogar im Namen dieser Firma und war auch mitbeteiligt.

Mag. Erich Kandler: Es gibt eine WBG-Beratungsgesellschaft, an der irgendwann einmal zum damaligen Zeitpunkt, glaube ich, die Frau Kulterer 10 Prozent Anteil hatte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein, zwei Drittel, hat Herr Ettl gesagt. Zwei Drittel hatte die Frau Kulterer. Und Herr Ettl wird ja wohl nicht lügen. Und Herr Ettl hat auch gesagt …

Mag. Erich Kandler: Ich habe ja vorhin gesagt, es geht um Treuhandschaften. Im Firmenbuch, glaube ich mich zu erinnern, waren 10 Prozent.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Zwei Drittel.

Mag. Erich Kandler: Okay.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das haben Sie natürlich nicht recherchiert, denn das war ja auch nicht wichtig, nehme ich einmal stark an. Schauen Sie, Herr Ettl hat gesagt, er hat sich auf Sie verlassen. Herr Ettl hat sich auf Sie verlassen, und er sagt, wenn Deloitte das prüft und da nichts dabei herauskommt, muss er das so akzeptieren. Also warum ist da nichts dabei herausgekommen? – Das müssen Sie mir jetzt einmal erklären, wo das doch ganz eindeutig eine Kick-back-Zahlung war. Das stinkt ja zum Himmel.

Mag. Erich Kandler: Als Wirtschaftsprüfer können Sie Auskünfte vom Vorstand verlangen, und der Vorstand kann Auskunftspersonen benennen. Sie können die Unterlagen der Gesellschaft verwenden, das sind die Dokumente, über die die Gesellschaft verfügt, die hat sie vollständig vorzulegen, wenn man danach fragt, und Sie können, was schon ein bisschen umstritten ist, auch sozusagen eigene Recherchen machen. Sie können niemanden anderen fragen.

Ich kann den Notar oder wer immer diese Treuhänder, vermuteten Treuhänder laut Polizeibericht, sind, nicht dazu befragen, ob das wirklich ihre Anteile sind. Das steht mir überhaupt nicht zu, dem Team nicht zu, ist auch nicht so vorgesehen, und es gibt Strafsanktionen, wenn man einem Wirtschaftsprüfer eine falsche Auskunft gibt, die normalerweise abschrecken.

So, und daher können Sie fragen, und mehr als dass man dem Aufsichtsratsvorsitzenden einer Bank einen schriftlichen Fragenkatalog vorlegt und ihm sagt: Erläutere bitte, wieso diese Zahlungen, Aufwendungen, die da behauptet werden, an diese Gesellschaft entweder vielleicht gar nicht gegangen sind oder es sicher ist, dass ihr mit dieser Gesellschaft nichts zu tun habt!, … Das war die entscheidende Frage.

Und dann haben Sie einen Auslandssachverhalt plus Treuhänder, und da müssen sie 100 Prozent top-sicher sein, dass das eindeutig belegbar ist, bevor Sie die nächste Stufe ziehen. Das ist ganz eindeutig. Ich kann nicht auf Verdacht ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also so, wie es im Gesetz steht, wenn man sich das Gesetz anschaut, und das haben Sie wahrscheinlich des Öfteren, dann steht hier auch nichts von irgendwelchen Ideen, die man gemeinsam entwickelt, und dann Telefonaten mit der OeNB, sondern es steht hier im Gesetz, wenn Ihnen irgendwas Auffälliges, irgendwelche Sachverhalte zur Kenntnis gebracht werden, haben Sie schriftlich zu berichten. Das ist aber unterblieben in dem Fall!

Mag. Erich Kandler: Ich habe dann schriftlich zu berichten, wenn ich Sachverhalte festgestellt habe. Wir haben noch keinen Sachverhalt festgestellt, denn hätte ich einen konkreten Sachverhalt, der eine mögliche Verletzung des § 28 Organgeschäfte indiziert, dann hätten wir berichtet. Nur, wir haben den Sachverhalt so nicht erhärtet. Deswegen gab es die Schritte und Ermittlungen und Untersuchungen im Haus.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wollen Sie mir glaubhaft machen, dass Sie als sehr umsichtige und auch diplomatische Person ein Telefonat führen in einer Schärfe, die kaum zu überbieten ist, ohne sich sicher zu sein, ohne vorher mit Ihren Leuten darüber gesprochen zu haben, einfach nur, weil irgendjemand irgendetwas sagt und Sie das in keinster Weise geprüft haben oder irgendwelche Unterlagen eingesehen haben. Sie können mir doch nicht erzählen, unter den Umständen, die Sie genannt haben, dass Herr Kulterer die Bank war, Herr Kulterer eine sehr mächtige Person war, Sie auch abhängig waren natürlich als Wirtschaftsprüfer von denen, die Sie beauftragen, und dann kommen Sie mit einem schwerwiegenden Vorwurf, ohne dass Sie das geprüft haben im Vorhinein. Das können Sie mir doch nicht erzählen!

Verfahrensanwalt-Stellvertreter Dr. Klaus Hoffmann: Herr Abgeordneter! Das sind persönliche Vorwürfe, die Sie jetzt formulieren und keine Fragen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): So habe ich es eingeleitet. Das ist meine Einschätzung, meine Wahrnehmung.

Verfahrensanwalt-Stellvertreter Dr. Klaus Hoffmann: Ich habe auch hier mit zugehört, und ich habe herausgehört, dass man in den Unterlagen herausgefunden hat, dort wo die Abschreibungen und Wertberichtigungen waren, dass man diese Wertberichtigungen auch damit begründet hat, nämlich dass dieses Unternehmen Puris erhebliche Beträge zahlen musste für Beratungsleistungen. Und dann hat man gefunden, welche Gesellschaft das ist. Daher ist die Vermutung doch naheliegend, dass es diese Zahlungen gibt. Und dass es nicht unerhebliche Beträge waren, hat sich ergeben, weil der Abschreibungsbedarf oder Wertberichtigungsbedarf bei 7 Millionen € oder noch mehr gelegen ist. Und da hat sich Herr Kandler dazu entschlossen, und er hat auch gesagt, es ist ein einmaliger Vorgang gewesen, an Ettl, nämlich an die Finanzmarktaufsicht heranzutreten oder an die Oesterreichische Nationalbank heranzutreten, ob …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum fassen Sie mir das zusammen? Ich habe das ohnehin alles verstanden.

Verfahrensanwalt-Stellvertreter Dr. Klaus Hoffmann: Ich fasse das zusammen, weil ich den Versuch unternehmen will, zu erklären, dass selbstredend Zahlungen geflossen sind und dass es Vermutungen gibt und dass es daher nicht unpassend war, dass hier von 100 000 € die Rede ist, und Sie jetzt einen persönlichen Vorwurf dahin artikulieren, dass die Auskunftsperson in Verletzung von beruflichen Verpflichtungen, das ist ja etwas Massives, hier Dinge unterlassen hat, die sie hätte tun müssen. (Abg. Lugar: Ja, genau!) Und dagegen möchte ich die Auskunftsperson schützen, weil wenn das wirklich so ist, dann würde sie auch einen erheblichen vermögensrechtlichen Nachteil zum Beispiel haben, weil sie dafür verantwortlich wäre, dass sie hier nicht ordnungsgemäß den beruflichen Auftrag erfüllt hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Lugar! Ich mache Sie nur darauf aufmerksam: Sie können weiter fragen. Die Redezeit der ersten Runde ist ausgeschöpft.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich mache da weiter, weil es gerade so schön ist.

Vorsitzende Doris Bures: Ich bitte wirklich, weil wir es auch in der Verfahrensordnung klar geregelt haben, dass die Fragen konkret sein müssen, dass sie nicht unterstellend sein dürfen. – Sie sind am Wort.

Verfahrensanwalt-Stellvertreter Dr. Klaus Hoffmann: Herr Abgeordneter! Ich wollte behilflich sein. Bei mir ist der Eindruck entstanden, dass Sie nicht die inneren notwendigen Kenntnisse über Wirtschaftsprüfung und Ähnliches haben, und da wollte ich behilflich sein und darauf hinweisen, die Zahlungen sind erfolgt eben für Beratungsleistungen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): In welcher Höhe, haben Sie das auch mitgehört?

Verfahrensanwalt-Stellvertreter Dr. Klaus Hoffmann: Ich habe hier nur gelesen von …

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Sie können … Herr Dr. Hoffmann! Die Fragestellungen gehen sozusagen nicht …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na, wenn er schon so behilflich ist, vielleicht hat er das mitgehört in irgendeiner Form, weiß ich nicht.

Verfahrensanwalt-Stellvertreter Dr. Klaus Hoffmann: Ich entschuldige mich, dass ich Sie unterbrochen habe, aber es war mir ein Bedürfnis.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist ja kein Problem. Ich bin immer für Zusammenfassungen dankbar. Vielen Dank!

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind am Wort.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Da ich eben gehört habe, dass die Zahlungen ja unbestritten sind, wäre es einfacher gewesen, wenn Sie mir das einfach in dieser Deutlichkeit auch gesagt hätten. Dann können Sie mir vielleicht sagen, in welcher Höhe Sie geflossen sind, diese Zahlungen?

Mag. Erich Kandler: Das kann ich Ihnen jetzt auswendig nicht sagen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Waren es diese mehrere Hunderttausend, oder waren es weniger? Waren es mehrere Zehntausend? Waren es mehrere Millionen? Von der Größenordnung her.

Mag. Erich Kandler: Im Hunderttausenderbereich. Das ist mir so erinnerlich.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Im Hunderttausenderbereich. – Und Herr Ettl hat gesagt, da sind ganz konkrete Beratungsleistungen dahinter gestanden. Haben Sie das auch recherchiert?

Mag. Erich Kandler: Das haben wir deswegen nicht recherchiert, ich muss noch einmal zurückgehen: Ein Prüfteam einer Bank kann nicht recherchieren, was im Einzelnen hinter den Zahlungsvorgängen steht. Was uns gesagt wurde, war, dass es sich um Beratungsleistungen handelt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was ist denn eine Kick-back-Zahlung? Können Sie mir das erklären? Ich weiß es natürlich, aber vielleicht wissen es die Journalisten nicht.

Mag. Erich Kandler: Ich glaube, das wissen die Journalisten sehr gut.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie würden Sie draufkommen, dass es eine Kick-back-Zahlung ist? Anscheinend ist der Umstand, dass Geld geflossen ist, noch keine Kick-back-Zahlung. Wann wird es eine Kick-back-Zahlung?

Mag. Erich Kandler: Ich habe jetzt ehrlich gesagt gerade kein Lexikon über Kick-back-Zahlungen aufgeschlagen, aber es ist relativ einfach. Das ist dann, wenn ich einen mir grundsätzlich nicht zustehenden Vorteil über den einen oder anderen Weg wieder zurückhole.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und das könnte hier nicht der Fall gewesen sein?

Mag. Erich Kandler: Es steht im Einleitungssatz drinnen, es könnte als Kick-back-Zahlung …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Die Frage ist, wie Sie das falsifiziert haben, wie Sie draufgekommen sind, dass das nicht der Fall ist. Nur, weil Herr Kulterer gesagt hat, das stimmt alles nicht? Also wenn Sie den Beschuldigten fragen, ist es irgendwie verständlich, wenn der keine große Freude hat, sich selbst zu belasten.

Mag. Erich Kandler: Herr Lugar! Ich bitte Sie noch einmal um Verständnis. Der Wirtschaftsprüfer hat in so einer Situation nicht einen Verdacht zu falsifizieren, sondern eine Tat über quasi jeden Zweifel erhaben zu beweisen, um die Schritte nach § 63 und sonst was BWG zu setzen. Es ist vollkommen untragbar und würde unser Wirtschaftsleben komplett in ein Chaos bringen, wenn wir über jede Form eines Verdachtes – es gibt dieses Thema bei der Geldwäsche, aber das ist eine Ebene, da kommen wir so nicht hin dort –, es kann nicht angehen, dass man über jeden Verdacht einen Warnbrief an den Aufsichtsrat schreibt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber im Gesetz steht, dass Sie zumindest an die OeNB und die FMA so einen Brief schreiben sollen.

Mag. Erich Kandler: Wenn ich einen Sachverhalt festgestellt habe. – Habe ich einen Sachverhalt festgestellt? Einen Sachverhalt, der einen berichtspflichtigen Tatbestand erfüllt, eine Weiterleitung an ein Organ? – Nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Ettl hat behauptet, dass Sie schon zwei Tage später zurückgerudert sind. Warum sagen Sie, dass das 14 Tage gedauert hat?

Mag. Erich Kandler: Ich schließe nicht aus und bitte um Verständnis – ich will Ihnen jetzt nicht meinen Kalender von der Woche vortragen, der war nicht schlecht –, ich schließe nicht aus, dass ich ein oder zwei Tage später Herrn Ettl angerufen, gesehen – ich weiß nicht was – oder einem Mitarbeiter davon etwas gesagt habe: Na ja, jetzt habe ich mir das unten auch kurz angeschaut. Wer weiß sozusagen, ob das wirklich etwas ist? Aber wir sind dran. Ganz sicher habe ich zwei Tage später nicht gesagt, dass es von uns erledigt ist, denn wozu hätte es dann am Freitagnachmittag um 18 Uhr eine große Besprechung bei uns im Büro zu dem Thema gegeben, und wer hätte dann zehn Tage später eine Fragenliste an Herrn Kulterer geschickt?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Mit welchen Antworten hat Herr Kulterer das entkräftet?

Mag. Erich Kandler: Mir ist die Antwort, ehrlich gesagt – ich wollte es mir, wenn ich Zeit dazu gehabt hätte, gestern noch einmal anschauen, aber ich bin ehrlich gesagt nicht dazu gekommen, dieses lange Konvolut da im Detail in seinem kompletten Zusammenhang zu studieren. Das ist damals diskutiert worden. Da waren Kollegen von mir …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber ungefähr: Hat er gesagt, das ist nicht in meinem Einflussbereich, oder was hat er gesagt?

Mag. Erich Kandler: Ja natürlich!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ist nicht in seinem Einflussbereich.

Mag. Erich Kandler: Ja natürlich!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und das war für Sie ausreichend?

Mag. Erich Kandler: Also eine mehrseitige Darlegung des Aufsichtsratspräsidenten, die vermutlich auch durch das eine oder andere Dokument unterlegt ist, wird man dann wohl als ausreichend eingestuft haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Entschuldigen Sie! Aber „mehrseitig“, warum muss man auf mehreren Seiten klarlegen, dass man mit dieser Firma nichts zu tun hat, mit dieser WBG, glaube ich, heißt sie. Muss man das auf mehreren Seiten ausbreiten?

Mag. Erich Kandler: Vielleicht ist auch die Darstellung zur WBG nur eine Seite. Ich habe sie ehrlich gesagt nicht im Kopf. Ich …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber schauen Sie, das war ein einmaliger Vorgang in Ihrer Karriere, dass Sie so etwas gemacht haben. Und da werden Sie sich doch dafür interessieren oder zumindest in Erinnerung haben, wie das ausgegangen ist, die Sache.

Mag. Erich Kandler: Herr Lugar! Ich hatte den wirklich guten Vorsatz, mich in den letzten drei Tagen in einem Büro bei Deloitte hinzusetzen, um mir, soweit ich konnte, die Sachverhalte und Umstände anzusehen. Ich habe auch nicht gewusst, dass ich einen ganzen Tag oder mehr für Verschwiegenheiten und Sonstiges brauche. Ich habe mir die wesentlichen Punkte des chronologischen Ablaufes angeschaut aus meiner Erinnerung heraus, und es werden auch die Arbeitspapiere von Deloitte nicht hier vorgelesen und breitgetreten.

Das Prüfteam … An der endgültigen Entscheidung, dass da – unter Anführungszeichen – „nichts dran ist“ – die ist mir letztendlich mitgeteilt worden, ich war nicht der Prüfer –, war ich nicht materiell beteiligt. Es haben sich sehr viele, sehr gut informierte Personen, die die Sachverhalte kennen, mit der Sache auseinandergesetzt. Ich war der Riskmanager, und ich habe damals – und dazu stehe ich – Herrn Ettl angerufen. Ich habe nicht damit gerechnet – muss ich auch sagen –, dass Herr Ettl daraus einen Aktenvermerk an die gesamte Führungsspitze der Nationalbank macht, aber das ist seine Angelegenheit und nicht meine. Die Frage, noch einmal, an Herrn Ettl war: Können Sie sich vorstellen, dass Sie etwas wissen, was uns hilft? Stören wir Sie? – Das ist es!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also ich bin Herrn Ettl sehr dankbar, dass er diesen Aktenvermerk gemacht hat, weil es geht ja hier im Ausschuss auch um die Frage, ob sozusagen die Aufsicht funktioniert hat. Und wenn Sie einen Sachverhalt sozusagen melden und dann letztlich irgendwann wieder fallen lassen, dann ist sehr wohl interessant, warum Sie ihn fallen lassen. Es könnte auch andere Gründe haben, die nicht sachlich sind, sondern woanders liegen. Und darum geht es im Ausschuss auch, und deshalb die Frage.

Mag. Erich Kandler: Es hat – jetzt muss ich meine Brille wieder suchen – am 21. März vermutlich vor Ort, das weiß ich nicht, ein Gespräch von Prüfern von uns mit Prüfern der Oesterreichischen Nationalbank gegeben, weil an dem Tag oder am Tag davor die Nationalbank die Vor-Ort-Prüfung eröffnet hat, und am Tag der Besprechung mit Herrn Kulterer – die letzte war am 19. März zu der Frage, ich war zu dem Zeitpunkt nicht im Prüfteam dort, auch nicht im Detail involviert – ist man offensichtlich zu dem Ergebnis gekommen, dass das, was hier vorliegt und zu behandeln ist, nicht ausreichend ist oder nicht konkret genug ist, um hier entsprechende Meldungen, Anzeigen, Redepflicht-Ausübung nach § 63 BWG aufgrund festgestellter Sachverhalte zu machen. Das ist die Chronologie.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Ettl hat ausgeführt auf meine Frage, ob das normal ist, dass die Frau des Aufsichtsratsvorsitzenden eine Beratungsfirma gründet und dann die Firmen berät, also die Bank gibt Kredite an Firmen, und die Frau berät dann diese Firmen. Und er hat gemeint: Das ist ganz normal. Sehen Sie das auch so?

Mag. Erich Kandler: Das ist ein tatsächlich ganz normaler Vorgang. Also entschuldigen Sie, die Ehepartner oder Lebensgefährten von Vorständen von Banken müssen ja wohl ein eigenes Geschäft auch machen dürfen. Wenn es sich um Geschäfte der Bank mit dieser Person handelt, dann gibt es die konkreten Bestimmungen des – damals – § 28 BWG zu Organgeschäften mit den Genehmigungspflichten und, und, und.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und wenn man das Ganze über einen Dritten macht, dass man einen Kredit vergibt, den man dann abschreibt, und der fest Geld überweist für Beratungsleistungen, könnte man das umgehen?

Mag. Erich Kandler: Das ist der Verdacht, so wie ihn das Bundeskriminalamt jetzt …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und der Ihnen verborgen geblieben ist damals?

Mag. Erich Kandler: … auf mehreren Seiten darlegt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und der Ihnen damals verborgen geblieben ist. Nennen wir es, wie es ist. Es ist ja so. Er ist ihm damals verborgen geblieben, dieser …

Mag. Erich Kandler: Ja. 60 Zeugenbefragungen mit polizeilicher Gewalt und 20 Kontenöffnungen später – 8 Jahre.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine Frage haben Sie noch.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es reicht schon. Mir reicht es. Danke.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Vorsitzende! Ja, wo fange ich jetzt an? In München oder bei der Hühnerfarm Puris? Ich fange einmal an in München. Aber eigentlich geht es ja gar nicht um München, um diesen Bericht der Oberstaatsanwaltschaft München, den wir hier jetzt schon diskutiert haben. Und es geht auch nicht darum, ob jetzt die ganzen Vorwürfe an den KM alias Karl-Heinz Moser stimmen oder nicht. Und ich verstehe das auch, dass Sie dazu jetzt keine Aussagen machen können klarerweise.

Was mich viel mehr interessiert ist – und was auch Aufgabe des Untersuchungsausschusses ist –, wie die österreichischen Behörden mit diesen Informationen, die von der bayerischen Oberstaatsanwaltschaft übermittelt wurden, umgegangen sind. Und wir sind dem nachgegangen, haben dann – nachdem wir gewusst haben, dass die Oberstaatsanwaltschaft Graz, die das zuerst bekommen hat, das an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt weitergeleitet hat – ins Tagebuch reingeschaut der Staatsanwaltschaft Klagenfurt. Also das Tagebuch – zur allgemeinen Erklärung –, das sind nicht die persönlichen Erlebnisse der Staatsanwälte, sondern das ist ein Verzeichnis, wo die Eingänge und die Anordnungen, die man als Behörde so trifft, verzeichnet werden. Und da ist tatsächlich im Jahr 2013 natürlich der Eingang dieses Berichts von der Oberstaatsanwaltschaft Graz vermerkt. Anzeige eines Informanten gegen Karl-Heinz Moser steht da in Klammer, und auch die Unterschrift des Klagenfurter Staatsanwaltes steht daneben.

Und dann wird man sich natürlich interessieren, was also die Staatsanwaltschaft Klagenfurt gemacht hat, und dann möchte man weiterlesen – und man kann nicht weiterlesen, weil nichts da steht. Also die Frage Fortführung des Verfahrens, die Kollege Kogler schon in den Raum gestellt hat, kann man hier schon beantworten. Es ist nichts geschehen. Also die Staatsanwaltschaft Klagenfurt hat offensichtlich ihrem eigenen Tagebuch zufolge nichts gemacht.

Das erinnert mich natürlich schon auch an das, was wir gestern hier hatten, nämlich das Projekt Cherry oder Cherry-Picking, wie ich das eigentlich gerne nenne, wo auch, nämlich 2011, eine Sachverhaltsdarstellung der CSI Hypo damals an die Staatsanwaltschaft übermittelt worden ist, und seit vier Jahren geschieht einfach nichts. Da sollten doch Leute schon zumindest ein Verfahren haben oder vielleicht eigentlich nach vier Jahren schon hinter Gittern sitzen bei solchen Sauereien. Und, wie gesagt, ob das auch eine Sauerei ist, ob diese Vorwürfe stimmen, kann ich nicht beurteilen.

Aber was man beurteilen sollte und was Aufgabe des Untersuchungsausschusses ist: Haben die anderen Staatsgewalten in Österreich – in diesem Fall die Staatsanwaltschaft, nämlich die in Klagenfurt – ihren Job gemacht, den sie auf Grundlage ihrer gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Gewalten haben? Und aufgrund ihrer eigenen Aufzeichnungen in ihrem Tagebuch haben sie nichts gemacht. – So viel dazu.

Und da stellt sich natürlich die Frage: Was macht die Justiz in unserem Land? Was ist das eigentlich für ein Rechtsstaat in unserem Land? Warum schlafen die immer? Oder vielleicht schlafen sie auch nicht, ich weiß nicht, vielleicht bekommen sie Schlaftabletten in die Hand gedrückt, aber das ist jetzt nur meine Interpretation. Gut.

Das ist keine Frage, Herr Mag. Kandler. Sie können auch dazu nichts sagen, aber das wollte ich natürlich loswerden, weil man das immer und immer wieder sieht in Sachen Hypo: Die Informationen sind bekannt, sie werden weitergeleitet an die zuständigen Behörden – und es geschieht nichts.

Gut. Gehen wir weiter von München oder dem Tagebuch der StA Klagenfurt zur Hühnerfarm Puris. Und, Herr Mag. Kandler, da möchte ich einmal gleich vorneweg direkt fragen: Ist in dieser Angelegenheit vonseiten des Herrn Kulterer Druck auf Sie ausgeübt worden?

Mag. Erich Kandler: Also auf mich persönlich einmal ganz sicher in keinster Weise, weil ich in der Angelegenheit mit Kulterer und auch sonst niemandem bei der Bank Kontakt hatte. Mir ist auch vom Prüfteam und meinen Partnern, die die Causa dann weiter betreut haben, also die im Prüfteam zuständig waren, keine Form von Druckausübung berichtet worden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass in Anbetracht der ganzen Diskussionen, die wir da intern hatten, ich so etwas sofort erfahren hätte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ist von irgendjemandem außerhalb der Bank Druck auf Sie oder irgendjemand anderen bei Deloitte ausgeübt worden?

Mag. Erich Kandler: Also eine so ähnliche Frage hatte ich schon. Also auf mich hat niemand Druck ausgeübt; ich wäre jedenfalls auch druckresistent gewesen. Mir ist auch nicht bekannt, dass auf Kollegen von mir von Vertretern der Bank, der Politik oder sonst wem Druck ausgeübt wurde. Jedenfalls haben sie mir darüber nichts berichtet.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann frage ich mich schon, warum man diesen Unterschied in der Tonalität, den eindeutigen Unterschied aus meiner Sicht in der Tonalität beobachten kann, was Sie damals sozusagen bei Ihrem Telefonat mit der Oesterreichischen Nationalbank berichtet haben und was Sie jetzt berichtet haben. Also das fällt schon auf, dass Sie das offenbar damals als deutlich schwerwiegender empfunden haben und jetzt das eigentlich als relativ harmlos darstellen – also aus meiner Sicht zumindest. Und dem möchte ich schon auf den Grund gehen.

Könnten Sie noch einmal erläutern, weil mir das noch immer nicht klar ist: Was genau hat das Prüfteam jetzt gefunden?

Sie haben auch den Begriff Hendldiebe in den Mund genommen. Was genau hat das Prüfteam damals gefunden?

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie sind schon in der Fragezeit der zweiten Runde.

Mag. Erich Kandler: Darf ich einmal ganz kurz: Ich bitte um einen wesentlichen Punkt im Bewusstsein: Den Aktenvermerk, den hat der Mag. Ettl geschrieben aufgrund eines Telefonats, das wir zwei geführt haben. Ich habe Ihnen auf eine relativ frühe Frage schon gesagt: Ich war überrascht, dass Ettl sehr scharf auf diese von mir an sich, wenn Sie es im weitesten Sinn wollen, kollegiale Anfrage reagiert hat, denn wir haben eigentlich um Hilfe gebeten, und seine Reaktion, soweit mir das erinnerlich ist, war: Ist das eine 63er-Anzeige? – Was ich jetzt schon hundertmal erläutert habe.

Das heißt, wie der Herr Mag. Ettl das berichtet hat, wie er es wahrgenommen hat an einem Montag relativ spät am Abend, im Wissen, dass da im Hintergrund einige Verfahren auch die Hypo betreffend laufen – da tue ich mir schwer, das zu kommentieren. Ich persönlich hatte mit dem Telefonat und diesem sozusagen kleinen Informationsaustausch sicher nicht die Absicht, das Direktorium der Nationalbank aufzuschrecken, denn wenn ich eine Nachricht für den Herrn Liebscher hätte, dann hätte ich den Herrn Liebscher angerufen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Darf ich hier kurz unterbrechen, um zwischenzufragen: Wie oft im Laufe Ihrer langjährigen Tätigkeit haben Sie denn bei der Oesterreichischen Nationalbank angerufen in Sachen vermutliche Zahlungen an das Topmanagement eines Großkunden?

Mag. Erich Kandler: Das habe ich schon gesagt. Im Zusammenhang mit versteckten Zahlungen habe ich ein einziges Mal …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist der einzige Fall?

Mag. Erich Kandler: Ich schließe nicht aus, dass ich zwei Tage nachher dann dem Herrn Ettl, ich weiß nicht mehr, bei welcher Gelegenheit, gesagt habe, na ganz so schlimm schaut es vielleicht eh nicht aus. Ansonsten möchte ich sagen: Natürlich, mit der Nationalbank habe ich hunderte Male telefoniert, aber in ganz anderen Causen. Da geht es um ganz normale Dinge, die halt …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, ich meine, in so einer Angelegenheit. Das haben Sie ja schon gesagt: ein Mal.

Mag. Erich Kandler: Nein, das habe ich ja schon gesagt. Das habe ich im Einleitungsstatement ganz klar gesagt: Das war einmalig, weil uns die Hierarchien dort gefehlt haben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber dann war ja nicht nur die Reaktion vom Herrn Ettl, wie Sie sagen, scharf, sondern Ihr Anruf war scharf. Das ist ja kein Wunder, dass der Herr Ettl so reagiert hat! Da ruft der Prüfer, ein sehr erfahrener Prüfer von Deloitte, einer von den Top Four, bei der Nationalbank an und sagt: Der Verdacht steht im Raum, dass es Kick-back-Zahlungen an das Topmanagement, an den Herrn Kulterer gegeben hat. – Also das war doch eine scharfe Aktion von Ihnen.

Mag. Erich Kandler: Ja, natürlich. Aber ich habe Ihnen schon gesagt, was mein Beweggrund war und aufgrund sozusagen auch der Reaktion von Herrn Ettl kam es dann zu dieser Diskussion – so ist es mir erinnerlich –: Ist das ein Warnbrief? – Nein. – Wie schaut das Vertrauen aus? – und alle diese Absätze, die da sehr dramatisch klingen. Mir war schon bewusst, dass das eine einmalige Aktion ist oder eine jedenfalls sehr, sehr seltene Aktion, und was mich betrifft, einmalige.

Die Reaktion in der Form, dass es da diesen Aktenvermerk gibt … Ich weiß nur nicht, wie der Herr Ettl das macht, ob er für jedes Telefonat einen Aktenvermerk anlegt, glaube ich, ehrlich gesagt, nicht, aber …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Stimmt irgendetwas in diesem Aktenvermerk nicht, was die Fakten betrifft?

Mag. Erich Kandler: Was die Fakten betrifft, von den Darstellungen der Fakten her, glaube ich nicht, dass man sagen kann, dass etwas unrichtig ist. Wenn ich mir die Tonalität insgesamt ansehe, wo ich ein Problem habe, ist mit der Aussage:

„Vorher gab es jedoch eine Überweisung über mehrere Hunderttausend (…) Firma, die nachweislich im Einflussbereich von Herrn Kulterer“ stand. – Genau das war zu dem Zeitpunkt eben unser Thema, dass wir das nicht nachweislich hatten.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dazu kommen wir noch. Ich würde aber gern auf die Passage zurückkommen: Zurücklegung des Prüfmandates. Das stimmt? Das haben Sie dem Herrn Ettl gesagt: Deloitte überlegt, das Prüfmandat zurückzulegen?

Mag. Erich Kandler: Nein, das war eine Reaktion, das habe ich auch schon einleitend gesagt. Wenn, dann war das eine Reaktion auf seine Frage: Was tut ihr jetzt dann eigentlich? Und da wir gerade, wie ich schon ausgeführt habe, in dieser AFRAC-Arbeitsgruppe zum § 63 diskutiert haben: Was ist eigentlich, wenn wir den zweiten Warnbrief schreiben und es passiert immer noch nichts, und den dritten, was macht man dann eigentlich als Bankprüfer? – Und eine der möglichen Konsequenzen ist die sehr problematische Zurücklegung.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gibt es irgendeine schärfere Reaktion eines Bankprüfers, also Wirtschaftsprüfers einer Bank, als das Mandat zurückzulegen?

Mag. Erich Kandler: Gibt es nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann komme ich zurück zur Ausgangsfrage. Meine Ausgangsfrage war: Was genau hat das Prüfteam gefunden jetzt? Und Sie hatten ja den Ausdruck Hendldiebe in den Mund genommen.

Mag. Erich Kandler: Also die Kombination des Ausdrucks Hendldiebe mit den Feststellungen des Prüfteams – das haben Sie wahrscheinlich auch wahrgenommen –: Das Wort Hendldieb diente zur Illustration der Bedeutung so manchen Verfahrens, das hier geführt wird, und dass es nicht die Aufgabe des Wirtschaftsprüfers ist, den einzelnen sozusagen Hendldieb zu jagen, sondern strukturelle Dinge. Und das sind eindeutig … Wenn das zu dem Zeitpunkt damals zu verifizieren – und nicht nur zu falsifizieren, sondern zu verifizieren – gewesen wäre, dann ist das natürlich ein ernstes Thema.

Wie ich schon ein paar Mal gesagt habe – ich wiederhole mich gerne, ich kann nicht mehr sagen, als das, was ich vorher schon gesagt habe –: Das Prüfteam kam mit einigen Dokumenten und einer Vermutung, dass diese BWG – ah, nicht BWG, jetzt bring ich es auch schon durcheinander! – WBG-Gesellschaft dem Umfeld Kulterers zuzurechnen ist.

So, das war die Ausgangslage. Was hatte ich dann? Gespräch mit dem Team, Telefonat Ettl, Erkundigungen, was gibt es sozusagen noch Unmittelbares, und dann eine Besprechungsrunde intern bei Deloitte, no na nicht, und anschließend diese Frageliste plus die Antwort Kulterer und die offensichtliche Mitteilung – denn sonst hätte ich ja auch etwas anderes gehört –, und das haben wir sicher in einer Teambesprechung einmal erörtert. – Also, da kommen wir nicht weiter.

Ich kann es nur noch einmal in anderen Worten sagen, Verzeihung, das ändert am Sachverhalt nichts, den ich, glaube ich, vorher auch schon geschildert habe.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, ich meine, wir fragen so lange weiter, solange für uns sozusagen noch nicht ganz erklärlich ist ... – Frau Präsidentin, wie viele Sekunden habe ich noch Ihrer Zeitrechnung nach?

Vorsitzende Doris Bures: 1 Minute.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): 1 Minute. – Aber ich denke, der Fall Puris ist ja viel größer, das ist ja nicht das Einzige, was das Prüfteam gefunden hat, diese paar 100 000 €. Was hat man noch gefunden?

Mag. Erich Kandler: Also ein Abschlussprüfungsteam bei einer Großbank hat natürlich immer irgendwelche Prüfungsfeststellungen und Themen, die zu diskutieren sind. Typischerweise betrifft das Fragen wie zum Beispiel: Wie ist so etwas im Jahresabschluss dargestellt? Ist das richtig bilanziert? Ist das richtig bewertet? Das spielt bei Banken eine sehr große Rolle. Dazu habe ich …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): War es richtig bewertet?

Mag. Erich Kandler: Na ja, Kreditforderungen typischerweise, das ist ja das zentrale Thema bei einer Bank in der Art und Weise der Hypo Alpe-Adria. Da muss ich allerdings ganz klar dazu sagen: Ich war bis 2009 nicht im Prüfteam. Das heißt, diese ganzen, wenn Sie so wollen, routinemäßigen Themen, wie: Ist das richtig bewertet, Diskussionen mit dem Vorstand über Wertberichtigungen, darüber, wie konsolidiert wird, wer konsolidiert wird, wie ausgewiesen wird, alle diese Themen, da war ich nicht involviert, denn das ist nicht die Aufgabe des Riskmanagers. Ich hatte mit meinen Banken …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, das verwirrt mich ja ohnehin. Aber wieso ist dann das Prüfteam zu Ihnen gekommen?

Mag. Erich Kandler: Ja weil das eben so eine besondere Situation war in diesem Fall, weil man eben in einem Prüfungsvorgang … Das habe ich schon mehrfach gesagt, das ist wohl sehr außergewöhnlich, dass eine Kreditwertberichtigung damit begründet wird – unter anderem, das ist ja nicht der alleinige Grund gewesen –, dass Zahlungen, Beratungsleistungen an eine Gesellschaft geflossen sind, und wenn man weiter fragt …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Hat das Prüfteam noch weitere Informationen an Sie weitergegeben oder nur diese Kick-back-Zahlungen?

Mag. Erich Kandler: Die anderen Punkte wurden mit mir nicht besprochen, das war auch überhaupt kein Anlass dazu, weil es trifft jeder sozusagen seine Entscheidungen, und vielleicht hat es irgendwann einmal in einer Abteilungs- oder Gruppenbesprechung das Thema gegeben. Ich sage einmal: Um diese Jahre herum waren ganz entscheidende Fragen im geänderten Ausweis. Da ist, glaube ich, IFRS 7 über die Finanzinstrumentedarstellung effektiv geworden. Das war nicht so einfach, dem zu entsprechen. Da hat es dann schon fachliche Diskussion gegeben: Wie macht ihr das? – Aber das waren meine Befassungen mit der Hypo.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und was konkret hat das Prüfteam Ihnen mitgeteilt, das den Verdacht aus Sicht des Prüfteams nahegelegt hat, dass die WBG im Nahebereich des Herrn Kulterer liegt?

Mag. Erich Kandler: Also der sicherlich entscheidende Punkt war der Umstand, dass im Firmenbuch der WBG der Name Kulterer, jetzt bezogen auf seine Frau, offensichtlich auftaucht. Ich hätte in Erinnerung gehabt, dass es sich um einen 10-Prozent-Anteil handelt. Wenn Sie nachgeschaut haben und es waren zwei Drittel, dann waren es zwei Drittel. Aber das kann ich jetzt positiv nicht sagen. Ich habe ehrlich gesagt keine Zeit gehabt, diese Akten – es sind immer noch einige Seiten – im Detail jetzt wirklich auswendig zu lernen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Vorsitzende, wie viele Sekunden noch?

Vorsitzende Doris Bures: Eine halbe Minute.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und wie ist das Prüfteam dann zum Schluss gekommen, dass die Firma doch nicht im Naheverhältnis von Herrn Kulterer steht?

Mag. Erich Kandler: Also wie ich schon ausführte, es wurde diese Fragenliste entwickelt, die eineinhalb, zwei Seiten hatte, über die diversen Hintergründe. Diese Fragenliste wurde dem Herrn Kulterer übermittelt, der, wenn ich mich richtig erinnere, bereits in dieser Phase irgendwie erfahren hat, dass da diese Puris Interesse auslöst.

Es ging offensichtlich wirklich sehr schnell in der Hypo Alpe-Adria. Und dann gab es eben diese … Ich kann jetzt nicht mehr auswendig sagen, schauen wir nach, ob zuerst die Beantwortung des Fragebogens durch Kulterer war oder zuerst die Gespräche meiner Kollegen mit ihm, aber das war dann um den 5. März (aus den Unterlagen vorlesend): 5. März, Kulterer erfährt davon, teilt dies Spitzer mit, 9. März, Kollege telefoniert mit Kulterer, objektive Prüfungshandlungen werden eingefordert – war ein Treffen eines Kollegen mit mir mit dem Herrn Kulterer. Kulterer kündigt an, vollständige Dokumentation zu übergeben. 13. März, Übermittlung der Frageliste. 19. März, neuerliche Besprechung. Kulterer und Moser mit einem Kollegen von mir. Hiebei auch Fragenliste übergeben. 21. März, Aktenvermerk.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie heißt denn der Kollege?

Mag. Erich Kandler: Das war der Kollege Bernhard Vanas.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Bernhard Vanas. Können Sie das noch einmal buchstabieren, den Nachnamen des Herrn!

Mag. Erich Kandler: Vanas, V-A-N-A-S.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Okay. Und wie hat sich der Herr Kulterer da rausgeredet, also dass diese Firma nicht in seinem Nahebereich steht?

Mag. Erich Kandler: Das ist Inhalt dieses Aktenvermerks und der Feststellungen des Prüfungsteams. Ich habe das, wie gesagt, ich kann das jetzt nicht im Einzelnen hier memorieren.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber Sie haben doch zuerst gerade gesagt, Sie hatten keine Zeit mehr, in den Fragenkatalog beziehungsweise in die Antworten vom Herrn Kulterer reinzuschauen. Wenn Sie Zeit gehabt hätten, könnten Sie Auskunft darüber geben?

Mag. Erich Kandler: Also ich traue mir sehr wohl zu …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Habe ich Sie da richtig verstanden?

Mag. Erich Kandler: Natürlich! Ich traue mir schon zu … beziehungsweise ich habe am 3. Juni, das war vor dem langen Wochenende, noch in den USA von der Ladung erfahren. Also da können Sie sich nur beschränkt viel vorbereiten auf das ganze Thema hier.

Ich will nicht sagen, es ist mein allergrößtes Begehren, aber ich komme gerne wieder und habe diesen Akt gelesen. Ja?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wieso haben Sie den Akt überhaupt?

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage jetzt noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, das ist die kurze. – Wieso haben Sie den Akt überhaupt?

Mag. Erich Kandler: Ja, den Akt hat Deloitte natürlich. Nicht?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, aber Sie sind ja nicht mehr bei Deloitte.

Mag. Erich Kandler: Naja, aber entschuldigen Sie. Die Kollegen legen … Wenn ich hier Auskunft erteilen kann, habe ich eine Entbindung von Deloitte und der Bank. Na, selbstverständlich kann ich in die Akten … Das ist ja wohl … Also stellen Sie sich vor, ich hätte nicht einmal dort reinschauen können! Na, dann hätten wir ein kurzes Gespräch da gehabt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, wäre alles möglich. Aber gut, ich setze in der nächsten Runde fort. – Danke schön.

Mag. Erich Kandler: Also meine Zusage, Herr Hable: Wenn es sein muss, werde ich mir diesen Vorgang anschauen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, ich bitte darum. Ja.

Mag. Erich Kandler: Und gebt mir bitte mehr als zwei Tage Zeit, wenn es leicht geht.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Naja, ich verstehe, wir sind schon auch weit fortgeschritten. Das ist nicht so einfach. – Herr Mag. Kandler, ich möchte zu diesem ganzen Kapitel CONFIDA, Zusammenarbeit mit Deloitte, wie die Prüfungsfelder aufgeteilt sind und was die Konsequenzen sind, noch einmal zurückkommen. Vielleicht tun wir uns dann ohne Emotionen leichter, einem Teil zu folgen.

Sie haben gesagt, Sie schließen sich dem Konsterniert-Vorwurf an, was das Dokument betrifft, das vorher vorgelegt wurde von der Staatsanwaltschaft München I. Dort – nur am Rande – bei dem zart gedruckten Teil auf Seite 102 kommt übrigens die Puris wieder vor. Die wurde nämlich von einem gewissen Walter Wolf, wenn das stimmt, was hier steht, gekauft, finanziert über die Hypo, und blieb dadurch … – da war sie aber kein Hendlfleisch-, sondern Putenfleischhersteller – und kam aus diesem Kreis im Bereich der Hypo. Das heißt, und die Stellungnahme war, da steht weiter:

Niedrige Preise, die Käufe durch Kredite der Hypo-Bank finanziert. Die Hypo-Bank sei aufgrund des Pfandrechts zum Besitzer all dieser Firmen geworden. – Zitatende

Jetzt weiß ich nicht, ob das stimmt. Und weiß auch nicht, wie weit das Pfandrecht dann effektuiert wurde. Ich gehe davon aus, dass sich die Hypo bei der Kreditgewährung entsprechend abgesichert hat. Aber damit wird das Organthema, zu dem wir noch einmal kommen im Aktenvermerk, heißer als es vorher war, weil es kein fremder Kreditnehmer ist, sondern offensichtlich zu diesem Zeitpunkt bereits Teil der Assets der Bank gewesen ist.

Daher meine erste Frage, bevor wir uns diesem Teil nähern, ist: Wie war die Zusammenarbeit mit der CONFIDA, und zwar vor allem bei der Verteilung der Prüfungsfelder 2004, wo ja im Jahresabschluss die 324 Millionen Nicht-Swapgeschäfte anders dargestellt worden sind? Welcher der beiden Kanzleien hat dieser Teil oblegen, zu prüfen im Rahmen der Prüfung des Jahresabschlusses 2004?

Mag. Erich Kandler: Ich darf mit der konkreten Frage hinsichtlich der Prüffelder 2004 beginnen. Es ist mir unangenehm. Ich verfalle ungern in die Schiene: an das kann ich mich jetzt sozusagen nicht erinnern. Mir ist erinnerlich, dass zwischen 2004 und 2005 – weil die Feststellung war ja im Zuge der Jahresabschlussprüfung 2005 – die Zuteilung der Prüffelder gewechselt hat. Ich kann jetzt nicht mehr sagen, ob es von einem gemeinsamen Prüffeld zu einem alleinigen Prüffeld gewechselt hat. – Prüffeld, ja?! Das muss ich Ihnen offen … Das kann ich momentan nicht sicher sagen.

Ich weiß, dass das Treasury-Team, weil die Kollegen zu mir in meinen Bereich gehört haben, im Jahr 2005 als Deloitte-Treasury-Team dort einen Prüfungsschwerpunkt hatte. Ob die gleichen Kollegen auch im Jahr 2004 für den Bereich alleine oder mit CONFIDA gemeinsam zuständig waren, kann ich Ihnen leider momentan nicht auswendig sagen.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Darf ich Ihnen eine helfende schnelle Zusatzfrage stellen?

Mag. Erich Kandler: Ja, bitte!

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Wenn es Ihre eigenen Leute gewesen wären, Herr Magister, und Sie waren zu dem Zeitpunkt nicht Prüfungsleiter, sondern, wie Sie selber sagen, der Riskmanager, und im Jahr drauf müssen Sie einen Bestätigungsvermerk widerrufen, weil Sie übersehen haben, dass das ohne Werthaltigkeit eingestellt worden wäre. – Glauben Sie, wäre Ihnen das nicht in Erinnerung geblieben, wenn es die eigenen Leute gewesen wären?

Mag. Erich Kandler: Zu „eigenen Leuten“ muss ich sagen: Das Prüfteam, das für den Treasury-Bereich zuständig war, ist gerade in der Zeit aufgrund des Ausscheidens eines anderen Kollegen in meinen Bereich gekommen. Und ich hatte ja keine Zuständigkeit für die Prüfung der Hypo selbst.

Angenehmen ist das logischerweise nicht, ja. Aber dass ich mir das im Einzelnen merke, bitte um Verständnis, das ist ein bissl schwer. Aber ich kann mir auch dieses Thema … Ich habe mir erlaubt, dem Herrn Betreuer in der Parlamentsdirektion zu schreiben: Wenn mir jemand vorher ein paar Fragen schickt oder sozusagen Themenbereiche sagt, dann versuche ich, mich vorzubereiten. Ich habe es wirklich probiert. Ich habe natürlich keine Themenbereiche bekommen. Ich habe ungefähr gewusst – ich kann mir ja vorstellen –, was Sie fragen werden. Aber es ist halt auch das ein ziemliches Volumen abzudecken. Da bitte ich um Verständnis.

Ich möchte noch auf eines eingehen. Bitte diesen Vorhalt, den Sie hier an sich jetzt, glaube ich, nicht unbegründet machen: Wie ist das mit dem Herrn Wolf, und wie ist das mit dem Eigentum an der Puris?

Nach meiner Erinnerung war der Erwerb durch den Herrn Wolf vorgelagert und Gegenstand der Kreditfinanzierung, allerdings auf einer Holding-Ebene. Da gab es noch eine Puris Holding irgendwo dazwischen. Und ja, natürlich hat die Bank, also es gibt vieles, was man der Hypo vorwerfen kann, aber die Basisdinge des Bankgeschäfts, dass man Kredite besichert und vielleicht eine Hypothek einträgt, also die dürften wohl noch so recht und schlecht funktioniert haben. Und damit hat sie – allerdings zeitlich nachgelagert, meiner Erinnerung nach – das Eigentum an dieser Puris und ihren Assets erhalten. Was auch nicht ganz logisch wäre[xiii], weil zuerst finanziere ich, ich finanziere den Käufer, dann bin ich drinnen, ich finanziere das Geschäft, dann wird es pleite, dann ziehen die Sicherheiten, und dann gehört mir aufgrund der Verpfändung der Anteile über die Holding logischerweise auch die Gesellschaft und natürlich der Sachwert. Also da, glaube ich, gibt es einen ziemlich einfachen chronologischen Sachverhalt dazu.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich bleibe ganz kurz dabei. Auf dieser Seite 102, zart gedruckt.

Mag. Erich Kandler: Könnten Sie die eventuell vorlegen, weil beim vorigen ….

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Sie haben ihn vor sich liegen.

Mag. Erich Kandler: Ach so. 102, zart gedruckt.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Zart gedruckt, nämlich unten 102, nicht oben vom Akt sondern unten.

Mag. Erich Kandler: Wir sind schon fast dort. Wir haben ja eine lange Pause gehabt. Bitte!

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Am vorletzten Absatz unten heißt es aber, die Zusammenarbeit zwischen Wolf und Hypo soll 2004 beendet worden sein, als die letzte Immobilie von Wolf verkauft wurde. Und oben im Absatz davor steht eben die Puris und der Umstand, dass die Hypo so in den Besitz kam – im langen Absatz in der Mitte.

Wenn das stimmen würde, was hier steht, dann wäre zu diesem Zeitpunkt aber bereits schon dieses Pfandrecht durch Eigentumsübergang in Anspruch genommen worden.

Mag. Erich Kandler: Entschuldigen Sie, den Absatz muss ich lesen, das ist mir jetzt … (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Ich vermisse nämlich hier auch die Darstellung, genau in diesem Absatz fehlt mir an sich die zeitliche Angabe, wann da sozusagen … Nach dieser Unterlage würde ich das so interpretieren, dass Herr Wolf einen kreditfinanzierten Beteiligungserwerb getätigt hat. Und der Kredit – das brauche ich Ihnen nicht sagen –, der Kredit in der Holding ist nur so viel Wert wie das unten darunter, vollkommen logisch. Die Probleme der Wertberichtigungen in der Puris waren eben primär offensichtlich in den Jahren 2005 und 2006, dort muss es eine hohe Wertberichtigung gegeben haben, sonst hätte das Prüfteam sie ja nicht weiterverfolgt. Wann dann daher tatsächlich der Eigentumsübergang an der Beteiligung oder gar der Liegenschaft erfolgt ist, kann ich aus dem nicht herauslesen.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich möchte von dem Andersen[xiv] wieder auf die Frage des Aktenvermerks zurückkommen. Herr Kollege Kandler, wenn Sie sich überlegen  Zeitabstand: 2006 widerruft erstmalig und zu Recht, wahrscheinlich einmalig in Österreich, in der Reihenfolge zuerst Deloitte und dann Confida den Bestätigungsvermerk einer österreichischen Großbank als Bankprüfer.  Das hat es noch nicht gegeben. In der Folge kommt es zu einer intensiven Prüfung dieser Bank seitens der Nationalbank. Ein Jahr später, nämlich im Februar 2007, finden Sie, und das hat der Kollege Hable herausgearbeitet, es für so wichtig, was Sie da gefunden haben – nämlich mögliche Kick-back-Zahlungen, ich bleibe einmal dabei –, und ohne noch den § 63 BWG auszulösen, informieren Sie im Telefongespräch, erstmalig und einmalig – was Sie auch gesagt haben –, den Prüfer der Oesterreichischen Nationalbank.

Nachdem Sie jedes Vertrauen in einen Vorstand verloren hatten, der noch dazu an beiden Prüfern eine gefälschte Bilanz vorbeigeschummelt hat, danach der Prüfungsleiter der anderen Kanzlei zum Aufsichtsratspräsidenten gemacht wurde – das ist jener Moser, über den dieser Akt der Staatsanwaltschaft München mit der kriminellen Vereinigung vorliegt –, kommt ein Jahr später Ihr Prüfungsteam und sagt: Hey, hier sind mehrere Hunderttausend Euro einer Firma, die wahrscheinlich bereits zu dem Zeitpunkt der Hypo Alpe-Adria gehört hat, an eine Firma geflossen, an der es eine Beteiligung egal ob 10 Prozent oder mehr – der Frau Kulterer gibt. Bis zu diesem Zeitpunkt, reicht da ein solcher Anruf beim Ettl? – Oder haben Sie sich darauf verlassen, dass Ettl schon die notwendige Strafanzeige und Ermittlungen einleiten wird?

Mag. Erich Kandler: Also eines möchte ich ganz klar sagen: Mein Anruf war sicher und in keiner Weise dazu gedacht, die Nationalbank – die im Übrigen gar nicht berechtigt oder zuständig wäre – dazu zu verleiten, da Anzeigen zu machen. Das muss man einmal ganz klar sagen, denn hätten wir diesen Wissensstand zu dem Zeitpunkt gehabt, dann hätten wir selber die Anzeige geschrieben.

Herr Matznetter, ich bin vollkommen bei Ihnen, wenn man acht Jahre später das so vorträgt, wie Sie es vortragen – und dem ist nicht viel entgegenzuhalten –, würde man zu einem anderen Ergebnis kommen. Ich bitte Sie noch einmal, es war damals die Situation: In Osteuropa gibt es ein paar Probleme, aber auch Schadensfälle, aber es geht gut. Tilo Berlin ist kurz davor eingestiegen, es war klar, dass es Transaktionen mit der Bank geben wird und muss. Kulterer sitzt im Aufsichtsrat und nicht mehr im operativen Management, also wenn Sie so wollen: eine Art Nachlese auf diese Phase. (Abg. Matznetter: SE?) – Nein, SE war, glaube ich, keine[xv] im Spiel, sonst wäre es natürlich … Ein Verwaltungsrat der nichtbörsennotierten Unternehmen könnte natürlich gestaltend, also fast noch geschäftsführend sein, das ist klar. Aber wir hätten uns 2005 oder 2007 auch nicht ausgemalt, dass wir 2015 die Gelegenheit haben, das hier in diesem Forum zu diskutieren – und zu Recht zu diskutieren , das muss man auch dazu sagen.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie kommen jetzt in die Redezeit der zweiten Runde, aber das ist möglich.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Mag. Kandler, ich versuche es noch einmal zu diesem Punkt. In dem Aktenvermerk hält Mag. Ettl fest, dass Sie Dr. Schütz in der FMA informieren werden und dass Sie nach der Klagenfurt-Recherche mit Ihrem Prüfungsteam dort die weitere Vorgangsweise mit der FMA und der OeNB beraten werden. Haben Sie Dr. Schütz, beziehungsweise jemand anderen in der FMA, informiert, und haben Sie sich über die weitere Vorgangsweise mit FMA und OeNB beraten?

Mag. Erich Kandler: Also die Ankündigungen Ettls, dass man das natürlich mit der FMA … Wie schon gesagt, wenn es behördliche Schritte gibt, dann müssten sie ja eigentlich aus der FMA kommen, das war für mich klar. Ich habe in Erinnerung, dass wir damals gesagt haben, da fragen wir in der OeNB und der FMA nach.

Ich glaube, dass ich den Kollegen Schütz – Dr. Oliver Schütz – in dem Zusammenhang nicht erreicht habe. Es kann auch sein, dass er dann gesagt hat, so nach dem Motto: Das weiß ich eh schon. Ich kann es nicht sicher sagen.

Und eines war auch klar: Nach dem „Besuch“ – unter Anführungszeichen – und der Besprechung am Freitag in Wien hatten wir einen klaren Plan, der eine weitere Befassung der FMA gar nicht rechtfertigte. Ich glaube auch, dass ich und meine Kollegen in diesen Tagen erfahren haben, dass eine neuerliche Nationalbankprüfung im Monat darauf beginnt. Dann war natürlich der Bedarf, also offen gesagt, mit der FMA als Behörde die ja keine eigenen Ermittlungsschritte in solchen Dingen setzen kann, damals setzen konnte – in Kontakt zu treten, enden wollend.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, aber natürlich haben die Auskunftspersonen vor Ihnen hier gesagt: Na ja, wenn der Wirtschaftsprüfer nichts weiter tut, war für uns das auch keine Gelegenheit, das weiter zu verfolgen.

Mag. Erich Kandler: Das habe ich den Tickern beziehungsweise den mittlerweile veröffentlichten Protokollen – da habe ich doch ein bisschen durchgeschaut, wo halt der Name oder sonst was vorkommt – entnommen. Das ist sicherlich etwas, wo, glaube ich, auch hier in dieser Runde schon mehrfach darauf hingewiesen wurde: Vielleicht muss man doch einen neuen Mechanismus einer Kooperation finden. Persönlich bin ich dafür, aber es gilt halt die Schwierigkeit: Der Wirtschaftsprüfer ist an sich vom Unternehmen bestellt, und die Grenze woanders hin ist schwer zu ziehen. Auf globaler Ebene, bitte: Es ist jetzt auch erstmals für Nichtbanken diese Anzeigegrenze durch die neue Abschlussprüferrichtlinie beziehungsweise -verordnung aufgeweicht worden, also man muss auch immer aufpassen, wo fängt dann der Polizeistaat und das Vernadern an, das wirtschaftshemmend ist. Also ich glaube, dass man da eine sehr schwere Gesamtentscheidung und eine Positionierung zu treffen hat. Natürlich wäre es für solche Fälle schön gewesen.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Meine Zeit erlaubt mir nicht Enron und Andersen, die ja in Wirklichkeit dann in diesem Zusammenhang Ihr Prüfungsteam waren, samt allen Strafverfahren zu behandeln.

Ich möchte zurückkommen zu der Behandlung. Mag. Ettl schreibt auf dem Akt handschriftlich: „Tel. Ettl 28/2/07, 9h, wahrscheinlich: nächster Mo Gespr. FMA/Deloitte“.

Hat dieses Gespräch stattgefunden oder wurde das einseitig abgesagt?

Mag. Erich Kandler: Wenn ich diese Notiz hier sehe – nicht, dass ich sehr viel Handschriftliches von Herrn Ettl gesehen habe, aber ich glaube eigentlich nicht, dass das er geschrieben hat, würde mich wundern ... Und woher jemand die Information haben sollte: wahrscheinlich nächsten Montag Gespräch FMA, Deloitte am 28.2, das kann ich momentan … Ich habe schon ein, zwei Mal gesagt – ich kannte ja dieses Papier, diesen Aktenvermerk, diese Kopie nicht – ich habe ein, zwei Mal gesagt, ich halte es durchaus für möglich, dass ich ein, zwei Tage später bei Ettl angerufen habe und gesagt habe … Ob ich dann im Zuge dieses Telefonats irgendwie angekündigt hätte, dass es ein Gespräch FMA, Deloitte gibt, das wäre mir überhaupt nicht erinnerlich, weil ich es, ehrlich gesagt, auch in keiner Unterlage finde.

Ein Gespräch mit Vorstand der Hypo Alpe-Adria nächsten Dienstag, das passt in das Zeitschema, in die Zeitleiste, die hier recherchiert wurde, nicht hinein, weil am Dienstag ist noch nichts passiert. Freitag, 2. Februar[xvi], also Freitag, 2. – nein, kann ich nicht nachvollziehen, wüsste auch nicht, wer das geschrieben hat.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ausschließen möchten Sie das aber nicht?

Mag. Erich Kandler: Ausschließen kann ich es nicht.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Okay, danke. Ich möchte zurückkommen zu der Frage, die schon vorher angezogen wurde, mit der Due Diligence und dem Einstieg der Bayern. Im Nachhinein, in der ehrlichen Einschätzung – ich weiß schon, die Weisheit des Rückblicks kann man nicht im Vorblick haben –: Die Probleme, die das Asset Screening von PwC ausgelöst hat – nämlich nur ungefähr 24 Monate nach der Due Diligence, sollen es 27 Monate später sein –, bezogen sich bei allen wesentlichen Objekten, bei denen die Kreditfinanzierung besichert ist  und ob ich jetzt bei Skiper anfange, ich könnte eine Reihe aufzählen –, auf die gleichen Kreditgeschäfte. Da ist nichts wesentlich Neues passiert. 2007 war vor der Finanzkrise, 2009 war nach der Finanzkrise – keine Frage. Meine Frage ist: Würde man im Nachhinein betrachtet – Sie sind heute nicht mehr bei Deloitte das System anders aufsetzen müssen, um zu verhindern, dass man eine so positive Due Diligence macht, während dann die Erkenntnis 27 Monate später, oder 26 Monate später, so dramatisch anders ist? Wir reden hier nicht davon, dass es sich wegen der Finanzkrise um 30 Prozent abgesenkt hat.

Mag. Erich Kandler: Herr Matznetter, die Due Diligence, soweit ich darüber jetzt quasi überhaupt Bescheid weiß  ich habe, glaube ich, also nicht nur glaube, ich weiß, dass ich einmal einen Berichtsentwurf gesehen habe , das war nicht eine neuerliche Beurteilung der Kreditprüfung oder Kreditwerthaltigkeit, denn das war ja genau zum Zeitpunkt der an sich ohnedies stattfindenden Abschlussprüfung.

Diese sogenannte Vendors Due Diligence, die geht sehr stark auf Dinge hin, die man sonst im Jahresabschluss nicht sieht, wie zum Beispiel Besicherungsstrukturen, was ist durch Liegenschaften besichert, welche Haircuts – also Abschläge – werden verwendet, Beschreibungen der Systeme, genaue Darstellung der Beteiligungen und Beteiligungsstrukturen innerhalb der Gruppe. Also, um das auf den Punkt zu bringen: Es ist in dem Due-Diligence-Bericht – natürlich noch dazu, wenn er quasi zeitgleich mit der Jahresabschlussprüfung stattfindet – inhaltlich, Materielles, von den Bewertungen her, nichts anderes als auch bei der Abschlussprüfung enthalten.

Und da Sie den natürlich relevanten Vergleich mit – ich sage 30 Monate später, aber das können wir noch lange diskutieren, vom März 2007 bis September 2009 … Dann darf ich vielleicht auch zur Klarstellung und Information des Gremiums hier sagen: Eine Kreditbewertung bei Unternehmen ist am Ende des Tages nahe an einer Unternehmensbewertung dran, das heißt, das ist die Abzinsung der zukünftig zu erwartenden Zahlungsströme. Kann damit der Kredit aus Eigenem – also ein dynamisches Besicherungskonzept ist State of the Art – abgedeckt werden?

Und damit liegt die Würze  und die große Frage: was kommt her?  ganz zentral daran: Glaube ich an die Projekte? Das von Ihnen genannte zum Beispiel: ein Projekt, das in 2007 nach meiner Erinnerung noch als durchaus zukunftsträchtig und lebend dargestellt wurde und dementsprechend natürlich einen positiven Nettobarwert der Rückflüsse ergeben hat, der zur Kredittilgung – vielleicht nicht mehr ganz, aber doch ausreichend oder weitgehend – ausreichend war.

Während man sich natürlich zwei Jahre später wenn man davon ausgeht, dass aufgrund der Finanzkrise und der gesunkenen Nachfrage eine Verwertung der Liegenschaften nicht mehr in Betracht kommt – anschaut, was man mit den begonnen Häusern macht, dann wissen wir beide: Eine Baustelle ist nichts wert. Und dann kommen auch dramatisch andere Werte zustande.

Das nur als … Gestatten, wenn ich das an der Stelle so als Buchaltungs-Einmaleins für Bankprüfer und -bewerter versuche rüberzubringen.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin, wie viele Sekunden habe ich noch?

Vorsitzende Doris Bures: 3 Minuten.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Na bitte, dann können wir uns einem wichtigen zweiten Thema widmen.

Vorsitzende Doris Bures: Aber das ist die Redezeit der zweiten Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich weiß, ich weiß. Ich glaube, ich nehme niemandem was weg? Na ja, meldet sich niemand.

Ich komme zu der grundsätzlichen Problematik zurück. Ich habe einen widerrufenen Bestätigungsvermerk über den Jahresabschluss 2004, mit einem vormaligen Vorstandsvorsitzenden und einem Aufsichtsratsvorsitzenden, mit einer wie Sie selbst gesagt haben – unendlichen Not, entsprechendes Eigenkapital aufgrund des expansiven Wachstums des Institutes darzustellen, und bin in der Folge weiter Abschlussprüfer mit der Problematik, Testate vergeben zu müssen, wo ich schon einmal offen belogen und – nämlich auch trotz aller Vollständigkeitserklärungen  falsch informiert wurde.

Welche zusätzlichen Vorsorgen trifft man in so einem Fall, oder haben in dem Fall die Prüfer getroffen, damit dies nicht wieder passiert? Klammer auf: Wie kann es sein, dass Eigenkapital in Form eines Darlehens der liechtensteinischen Tochter an die angeblichen Eigenkapitalleistenden und einer entsprechenden Put-Option in Wahrheit aus Eigenem geleistet worden ist – wir werden ja sehen, wie die Verfahren am Ende des Tages ausgehen – und erneut als vorgetäuschtes Eigenkapital dargestellt wird, wie 2004 auch?

Mag. Erich Kandler: Also, ich glaube, da würde ich ganz gerne auf zwei Ebenen antworten.

Das Erste ist: Natürlich haben die Ereignisse in 2006 auch im Hause Deloitte einige zum Nachdenken gebracht. Es hat doch eine gewisse Änderung im Prüfteam gegeben, es hat auch eine Fokussierung durch Einführung eines sogenannten Special Review Partners gegeben, also da war schon einiges dran. Und ich habe schon kurz erwähnt, dass ein Kollege dann auch von sich aus gebeten hat, dass er in Zukunft nicht mehr dem Prüfteam angehört, weil ihn das einfach vom Vertrauen her sehr erschüttert hat. Das einmal zur Situation, wie man auf so etwas reagiert, und wie ich schon auf die Frage von Frau Tamandl gesagt habe: Das Zurücklegen – oder auch Hable – ist die Ultima, Ultima Ratio.

Zur Thematik, die Sie ansprechen: die Vorzugsaktien. Da kann ich schon ein bisschen was sagen, nämlich nach meiner Wahrnehmung ist der Themenbereich Vorzugsaktien ja auch strafrechtlich abgehandelt. Das ist rechtskräftig entschieden, ich hatte[xvii] auch die Ehre, dort mehrfach Kollegen zu Einvernahmen – also Zeugenaussagen und gerichtlichen Einvernahmen  als Vertrauensperson zu begleiten und war auch ein bisschen … Wenn man das so in den Jahren danach erfährt, was da für Konstruktionen aufgesetzt wurden, haben Sie vollkommen recht: Das ist nicht gut und zeigt eine sehr, sehr böse, ja kriminalistisch, aber auch kriminalistisch intelligente Vorgangsweise.

Man hat einen Kollegen bei der Ex-Andersen-Einheit gefragt: Was muss man eigentlich tun, um sozusagen Finanzierungen eigener Aktien möglicherweise darstellen zu können? Der Kollege hat einen mehrfach in den Gerichtsverfahren abgehandelten, sehr peniblen Aktenvermerk oder Brief dazu geschrieben, den er im Übrigen auch mit mir – wir waren ja gerade zum Zeitpunkt am Wege des Zusammengehens – diskutiert hat, und dort steht irgendwo drinnen: 10 Prozentanteil ist eine Grenze. Und dann hören Sie – in dem Fall war es, glaube ich, zehn Jahre später  bei einer staatsanwaltschaftlichen Einvernahme als Vertrauensperson, dass sie es auf elf aufgeteilt haben, die Anteile.

So, das haben wir damals nicht gewusst und nicht wissen können, das hat uns keiner gesagt. Und wenn dann nachgefragt wurde, wie es weitergeht in Liechtenstein, dann sind Sie bei einem Treuhänder gelandet, noch dazu einem der bekanntesten und angesehensten Treuhänder dort im Lande, der sehr eloquent und ausführlich beantwortet hat, dass er uns nichts sagen kann.

Man hat sogar den Bankprüfer, der Deloitte zugehörig war der Deloitte Liechtenstein , auch ausweislich der Zeugenaussagen von ihm, mehrfach darüber belehrt und informiert, wie streng das liechtensteinische Bankgeheimnis auszulegen ist, sodass er uns, oder meinem Kollegen als Konzernabschlussprüfer, die Informationen nicht geben konnte.

Also der Versuch, auf so eine Art und Weise offensichtlich unzulässige Eigenmittel zu generieren, ist mit der Energie und dem Talent, mit dem man dort herangegangen ist, gelungen. Das Gericht hat Strafen ausgesprochen und die Damen und Herren, die dort dabei waren, büßen sie gerade ab. Was sollen wir … Wenn das die Einstellung ist, da können wir leider nicht viel dagegen tun.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Magister, uns hilft es ja nicht weiter festzustellen, was alles nicht gegangen ist. Wir haben einen Bericht der Griss-Kommission, der von einem Multiorganversagen ausgeht. Wir haben einen zahlenden Steuerzahler, der inzwischen 5,9 Milliarden bezahlt hat. Das alleine ist unbefriedigend. Aus Ihrer Sicht: Welche Verbesserungen müsste man vornehmen, damit so ein Durch-den-Rost-fallen – jetzt haben wir es exemplarisch an diesem Fall der Puris, es gibt ja fast Tausende andere in dem Bereich Hypo-Causa …

Was müssten wir aus Ihrer Sicht verbessern, und da frage ich schon für die Zukunft, dass man Vorschläge macht: Was muss geändert werden im Zusammenspiel FMA und OeNB – dort haben wir ja inzwischen auch schon reformiert, zwischenzeitlich zwischen 2006 und 2009 – und den Bankprüfern, damit wir sicherer sind, dass die Alarmsignale nicht erst losgehen, wenn die Hütte abgebrannt ist?

Mag. Erich Kandler: Ich danke Ihnen für die Frage. Sie haben ja vielleicht auch ein bisschen mein Einleitungsstatement und diesen politischen Teil gelesen. Ich habe es bewusst nicht als Multiorganversagen bezeichnet, aber wenn Sie die einzelnen Punkte addieren, dann werden Sie auch ganz klar sehen, dass es hier aus meiner Sicht eine Latte an Problemen gegeben hat, die leider dazu geführt haben.

Ich glaube, der zentrale Punkt ist, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was Governance ist – das heißt durchaus auch mit Druckmitteln und Sanktionen, wenn das nicht funktioniert, also dieses: Na, das wird schon gehen, das machen wir halt!, also eine klare Struktur hineinbringen, wer wofür verantwortlich ist, und damit ein bisschen diesem Gedanken eines starken Mannes oder, Verzeihung, einer starken Frau und dieser Methode entgegenzutreten.

Das andere, was wir brauchen, wäre, abgesehen von gewissen Kommunikationsschienen, die es aber jetzt inzwischen auch gibt – das muss man auch dazusagen, es gibt jetzt regelmäßige Quartalsgespräche und so weiter, das war früher im normalen Wirtschaftsprüfungsbereich nicht der Fall –, natürlich auch eine gewisse Einstellung in der Öffentlichkeit, dass man eben keine Toleranz gegenüber solchen Vorgängen zeigt und wirklich die Fehlverhalten bis hin zu strafrechtlich abgehandelten Themen letztendlich dann auch sozusagen entsprechend behandelt. Und es ist halt immer noch so, diese Einstellung: Es wird halt irgendwie gehen!, tut weh. Das wollte ich bei der Gelegenheit loswerden.

Vorsitzende Doris Bures: Eine halbe Minute haben Sie noch.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Die Restsekunden für die Fraktion halte ich offen, falls noch eine Frage bleibt, als Reservezeit.

Mag. Erich Kandler: Sie sind mir nicht böse, ich habe mir schon erlaubt, das zu signalisieren, ich bitte um eine kleine Pause. Ich weiß nicht, wie viel Zeit wir dann insgesamt noch haben.

Vorsitzende Doris Bures: Wenn wir die Sitzung unterbrechen, dann unterbricht das auch die Befragungsdauer.

Mag. Erich Kandler: Frau Präsidentin! Nein, ich wollte nur auf Folgendes hinaus. Ich wollte jetzt nicht darum bitten, dass wir eine Pause machen, und dann sagen Sie mir, es sind noch 5 Minuten, denn die halte ich schon noch durch. Wenn Sie mir jetzt aber sagen, es geht noch eine Dreiviertelstunde, dann darf ich um eine Pause bitten.

Vorsitzende Doris Bures: Ich glaube, dann würde ich empfehlen, dass wir eine Pause machen. Ich kann ausschließen, dass es nur mehr 5 Minuten dauert.

Ich unterbreche die Sitzung für zirka 10 Minuten.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 13.02 Uhr unterbrochen und um 13.16 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

13.16

Vorsitzende Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Ausschuss! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir kommen zur zweiten Fragerunde. Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Rauch zu Wort.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Herr Mag. Kandler! Ich muss auf zwei Punkte eingehen, die in der vorigen Fragerunde besprochen wurden. Sie sagten, als Entscheidungsträger bei der Hypo Alpe-Adria hätten Sie im Vorstand nicht Kulterer als Aufsichtsratsvorsitzenden genommen. Jetzt war bei einer der vorigen Sitzungen hier im Hypo-Untersuchungsausschuss der Klubobmann der SPÖ, Herr Seiser, da, und seiner Aussage zufolge wurde nur deswegen Herr Kulterer Aufsichtsratsvorsitzender, weil er eigentlich die besten Kontakte zu anderen Banken und auch den Bayern hatte. Stimmen Sie dem zu? Können Sie dem etwas abgewinnen?

Mag. Erich Kandler: Also, was Herr Seiser gesagt hat, glaube ich Ihnen selbstverständlich. Ich habe ja auch schon in dem kurzen Referat vorher gesagt, das Wissen und die Kenntnis des Herrn Kulterer über die Hypo-Gruppe war natürlich das beste. Er war quasi von Tag eins, an dem die Bank von der kleinen Landes-Hypothekenbank Kärnten zum internationalen Spieler wurde, also jetzt bildlich gesprochen, von den kleinen Büros in der Domgasse, die ich noch kennengelernt habe, zu dem – sagen wir es einmal so – vielleicht etwas überdimensionierten Gebäude am Stadtrand, der Wissende.

Zur Abwägung, ob man es macht oder nicht, war meine subjektive Einschätzung: Wenn ich Eigentümer bin und mir jemand von diesem Verlust berichtet, dann glaube ich nicht, dass ich ihn als Aufsichtsrat haben möchte. Die Überlegung bei den entscheidenden Organen in Kärnten, letztendlich der Landesregierung-Holding – wie auch immer das genau strukturiert war, das habe ich jetzt so nicht im Kopf –, war halt, dass für den notwendigen Verkauf Herr Kulterer die besten Kontakte hat – diese kann ich teilen. Wie internationale Investoren darauf reagieren, wenn man ihnen als Ansprechpartner jemanden präsentiert, gegen den gerade ermittelt wird und der im Vorjahr bilanzskandalverhangen war – das hätte mich wahrscheinlich zu einer anderen Entscheidung gebracht.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sie haben weiters gesagt, dass der Einfluss – Sie haben es ja jetzt auch genannt – der Landesregierung oder des Landeshauptmanns sehr, sehr stark war. Sie als Bankenkenner sind ja mitten im Geschehen. Gibt es in Österreich bei anderen Landes-Hypothekenbanken ähnliche Vorkommnisse, dass sich Landeshauptleute, Regierungen dementsprechend auch in das Geschäft einmischen, oder ist für Sie die Kärntner Hypo ein Einzelfall?

Mag. Erich Kandler: Also, ich habe diesbezüglich keine oder kaum eigene Wahrnehmungen. Ich könnte das – das muss ich ganz ehrlich sagen – nicht kommentieren. Ich möchte nur vielleicht auf eines hinweisen: Drei beziehungsweise vier der Landes-Hypothekenbanken standen ja gar nicht mehr unter dem alleinigen oder mehrheitlichen Einfluss. In den anderen Ländern kann ich dazu keine Wahrnehmung …

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Okay. Ich komme jetzt zu einem anderen Thema, Sie haben es heute ja schon mehrmals erwähnt, und zwar geht es um diesen Warnbrief. Nach § 63 Bankwesengesetz – wir legen Ihnen den Akt mit der Nummer 29550 vor – haben Sie am 14. November 2009 ein E-Mail gesendet an Oliver Schütz, Johannes Turner, Michael Kemmer und auch an die Staatskommissärin Angelika Schlögel.

Mag. Erich Kandler: Ja, der Vorgang ist mir bekannt.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Können Sie uns die Inhalte und Beweggründe für diesen Brief, für diesen Warnbrief nennen?

Mag. Erich Kandler: Ja, sehr gerne – also soweit man gerne Warnbriefe erläutert, das muss man vielleicht auch dazusagen. Die Verpflichtung des Bankprüfers in der für 2009 geltenden Fassung, die Redepflicht auszuüben, ist eine unbedingte, wenn die Voraussetzungen des § 63 BWG erfüllt sind.

Das sind die – sage ich einmal – logischen Dinge, wie schwerer Verstoß gegen Gesetz und Satzung, drohende Nichterfüllung der Verpflichtungen, und dann noch die damals, 2007, als Reaktion auf BAWAG und Hypo eingeführten Verschärfungen, nämlich hinsichtlich des Umstandes, wenn Wertberichtigungen notwendig sind – außergewöhnlich hohe Wertberichtigungen – oder sonst Positionen nicht werthaltig erscheinen.

Das war in der gegebenen Situation natürlich bekannt, denn die Grundlage dieses Warnbriefes war das vom Aufsichtsrat der Hypo Alpe-Adria im Sommer 2009 initiierte Asset Screening, das von PwC Deutschland durchgeführt wurde. Als wir, ich glaube, am 9. November dann das quasi vorläufige – quasi finale[xviii] – Ergebnis erhalten haben, war klar, dass wir vor der unmittelbar danach stattfindenden Aufsichtsratssitzung in München – die war für Montag, den 16. November angesetzt – einen Warnbrief schreiben müssen, denn es waren aufgrund dieser Feststellungen zwei Komponenten nicht erfüllt, waren zwei Tatbestände gegeben.

Das eine ist die Frage nach der Erfüllung aller Verpflichtungen und das Zweite natürlich die Werthaltigkeit der Vermögensgegenstände, darüber ist zu berichten. Das war zu diesem Zeitpunkt, das muss man auch ganz klar sagen, natürlich nicht mehr so wahnsinnig überraschend, denn es wussten ja alle, dass dieses Asset Screening läuft. Die Ergebnisse sind ja langsam durchgesickert – zu uns relativ spät, aber sie sind durchgesickert, aber das Gesetz sieht auch vor, dass dieser formale Warnbrief jedenfalls zu schreiben ist, selbst wenn die Sachverhalte den Empfängern bereits bekannt sind.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): War Ihnen damals bekannt, dass die Bank bereits eine Selbstanzeige durchgeführt hatte? Denn laut unseren Unterlagen ist bei der FMA diese Selbstanzeige am 10. November eingelangt, und Sie haben ja den Bericht am 13. November fertiggestellt, am 14. haben Sie ihn weitergeleitet.

Mag. Erich Kandler: Das war mir bekannt und das war auch eine logische Reaktion, denn eben deswegen, das mit dem 9. hat schon etwas. An diesem 9. November gab es meines Wissens, meiner Erinnerung nach, meinen Aufzeichnungen nach eben den ersten quasi fertigen Bericht von PwC. Dann waren natürlich massive Probleme im Bereich der Eigenmittel und so weiter absehbar.

Der Vorstand hatte ja ganz offensichtlich schon etwas früher diese eine oder andere Information und hat daher den einzig richtigen Weg einer Selbstanzeige der Verletzung bankrechtlicher Bestimmungen gewählt, ja.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Ist Ihnen auch weiters bekannt, dass in der Beurteilung Ihres Warnbriefs die FMA insbesondere hervorstrich, „dass der bankpruefer in den raum stellt, den bestaetigungsvermerk“ für das Jahr 2009 „mangels positiver fortbestandsprognose zu versagen“?

Mag. Erich Kandler: Ja, das war eine ganz logische Situation oder ganz logische Folge, denn wenn es nicht zu diesen Maßnahmen des Dezember 2009 gekommen wäre, wäre der Fortbestand der Bank nicht nur nicht gesichert, sondern eigentlich sehr unwahrscheinlich gewesen, sodass wir verpflichtet waren. Ich habe das jetzt, ich müsste in dem Brief suchen, da gibt es sicher den Absatz, dass der Fortbestand eben nicht gesichert ist. Das ist eine ganz klare Konsequenz.

Eine Bank, die dermaßen viele Eigenmittel verliert, hat keine Berechtigung, als werbende Bank weitergeführt zu werden, und damit beginnt ein … also ist ihr die Konzession zu entziehen, und damit natürlich auch keine positive Fortbestandsprognose möglich.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Wenn man jetzt in diesen Bericht hineinschaut, auf der Seite 5 schreiben Sie im unteren Drittel, dass mindestens ein Kapitalzuschuss von 1 Milliarde vonnöten wäre und eher mehr (Auskunftsperson Kandler: Ja!), um eine positive Prognose auf mehrere Jahre darstellen zu können.

Ist Ihnen das in diesem Zusammenhang der FMA noch erinnerlich?

Mag. Erich Kandler: Entschuldigen Sie, jetzt habe ich ...

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Ist Ihnen das in diesem Zusammenhang mit der FMA noch erinnerlich?

Mag. Erich Kandler: Na das hat jetzt weniger mit der FMA zu tun, sondern der Brief ist mir recht gut in Erinnerung …

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Mit Ihrem Schreiben, meine ich, das Sie getätigt haben?

Mag. Erich Kandler: Dieser Warnbrief? (Abg. Walter Rauch: Ja!) Der ist mir – den habe ich tatsächlich selbst geschrieben (Abg. Walter Rauch: Okay!), also den habe ich … Ich muss nur … Bitte, Sie merken ein bisschen zögerliche Antworten …

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Das ist kein Problem, das passt schon.

Mag. Erich Kandler: Ich muss Sie an die Entbindungseinschränkung erinnern. Das heißt, wir müssen immer gleich mitdenken, ob es da einen Zusammenhang zum Verfahren gibt, aber so technische Erläuterungen kann ich selbstverständlich geben.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Jetzt ist ja natürlich auch bekannt, dass zwischen diesem Schreiben und dem Jahresabschluss 2009 die Verstaatlichung ohne Not erfolgte. Diesbezüglich haben wir einen weiteren Akt, den haben Sie schon, mit der Nummer 36757, die Seiten 167 und 168. Dabei handelt es sich um einen unbeschränkten Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers vom 30. Dezember 2009, unterschrieben von Ihnen. (Auskunftsperson Kandler: Ja!)

Da geht dann plötzlich hervor, dass man in dieser Zeit – unter Anführungszeichen – „nur mehr“ – ist relativ – eine Höhe von 600 Millionen € bis zum 30. Juni 2010 benötigen würde, um den Fortbestand der Bank zu gewährleisten.

Wie kommt diese Differenz von – sagen wir jetzt, Hausnummer – 400 Millionen oder mehr, zustande?

Mag. Erich Kandler: Das ist keine Differenz, Herr Rauch, sondern das ist eine relativ einfache Überlegung, die da dem[xix] Ganzen dahintersteht. Zwischen dem Zeitpunkt Mitte November, als dieser erste Warnbrief geschrieben wurde, und dem Verstaatlichungswochenende – und die Qualifikation dazu möchte ich sozusagen ausdrücklich ausklammern – war klar, dass …

Also zum Zeitpunkt November, als wir – oder als ich – diesen Brief, diesen Warnbrief – und den habe ich federführend geschrieben – gemacht haben, war klar, dass ein Kapitalbedarf besteht.

Dieser Kapitalbedarf, der da mit, glaube ich, mindestens 1 Milliarde € im November angeführt wurde, war ein Ergebnis einer sehr komplizierten Berechnung, welche Auswirkungen das auf die Eigenmittelsituation der Bank hat, und bestimmter Annahmen.

Es war dann leider so, dass zwischen dem Zeitpunkt, als dieser Warnbrief Mitte November geschrieben wurde, und einerseits des – ich darf das salopp so nennen –Verstaatlichungswochenendes und dann dem März oder Ende September[xx], als wir materiell die Prüfung des Geschäftsjahres 2009 abgeschlossen haben, noch einige weitere Ereignisse eingetreten sind und bekannt wurden – unter anderem ein sehr massiver Drang der Anleger und Sparer, Geld von der Hypo-Gruppe abzuheben, darüber hinaus bestimmte Feststellungen in Ländern oder Gesellschaften – nennen darf ich zum Beispiel die Hypo-Leasing Bulgarien, weil ich von der entbunden bin –, die zu zusätzlichen Wertberichtigungen geführt haben.

Das heißt, die 1 Milliarde war die Schätzung, um den Jahresabschluss 31. Dezember 2009 der Hypo-Alpe-Adria-Gruppe unter den zu dem Zeitpunkt im März gültigen Parametern und Prämissen aufstellen zu können.

Das Zweite war dann das, was nach dem Verstaatlichungswochenende und den in der Folge dann auch vertraglich umgesetzten Maßnahmen voraussichtlich noch zusätzlich notwendig ist.

Mir ist erinnerlich, dass die eine oder andere Maßnahme, die im Paket der Verstaatlichungsvereinbarungen enthalten war, nicht sofort bilanzwirksam war. Das heißt, ein Teil der Milliarde ist auch auf das nächste Jahr übergegangen, aber es ist auch etwas dazugekommen. Die Quellen können Sie natürlich – die haben kein Mascherl mehr, aber … Das wollte ich zur Klarstellung sagen, also das ist nicht die gleiche Milliarde, sondern der Zeitraum.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Okay, danke für Ihre Ausführungen.

Habe ich das jetzt richtig verstanden, dieses Verstaatlichungswochenende hat dazu geführt, dass gleichzeitig natürlich auch der Bank Schaden zugefügt wurde, weil die Anleger ihr Geld von der Bank abgezogen haben?

Mag. Erich Kandler: Ich möchte das Verstaatlichungswochenende nicht mit einer pauschalen Wertung, ob Schaden oder nicht, diskutieren. Das ist wesentlich diffiziler. Der Vorgang der …

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Aber Sie haben es ja vorhin gesagt.

Mag. Erich Kandler: Nein, ich habe nicht gesagt, dass der Bank an diesem Wochenende ein Schaden zugefügt wurde, sondern was ich gesagt habe, ist, dass im Zeitraum zwischen 13. November (Abg. Walter Rauch: 13. November, ja!) und dem Verstaatlichungswochenende ein sehr starker Mittelabfluss zu verzeichnen war.

Da waren tägliche enorme Liquiditätsanstrengungen aufzubringen, die immer näher zu diesem Termin hin auch immer stärker wurden, wobei – entschuldigen Sie diese sozusagen bankrechtliche Information, um nicht Belehrung zu sagen – zwischen der Frage der Liquidität, die natürlich ganz entscheidend ist, dass also eine Bank über ausreichende Liquidität verfügt … Das ist aber von der Seite der Eigenmittel natürlich – also ich weiß jetzt nicht, wie Sie mit Buchhaltung vertraut sind – …

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sie sind der Experte.

Mag. Erich Kandler: Ja, deswegen wollte ich das kurz sagen: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Nur weil Kunden 2 Milliarden abheben, heißt das noch nicht, dass die Eigenmittel um 2 Milliarden weniger sind. (Abg. Walter Rauch: Ganz klar!) Die Eigenmittel reduzieren sich durch Verluste oder andere Umstände.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Haben auch die Bayern ihr Geld abgezogen?

Mag. Erich Kandler: Ja. Oder nicht ihr, sondern die Bayern haben Geld abgezogen, aber Details dazu, glaube ich, müsste ich also im Zusammenhang mit Verfahren ansehen.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sie haben in Ihrem Bestätigungsvermerk geschrieben, darin wird insbesondere bestätigt, dass die „Angaben im Konzernlagebericht nicht eine falsche Vorstellung von der Lage des Konzerns erwecken“. (Auskunftsperson Kandler: Ja!)

Würden Sie das heute auch noch so sehen?

Mag. Erich Kandler: Ja. Das … Die Lage des Konzerns zum 31. Dezember 2009 war in diesem Konzernabschluss sehr zutreffend beschrieben: Riesige Verluste, komplette Neustrukturierung des Geschäfts, Änderung wesentlicher Parameter, komplette Änderung oder voraussichtliche Änderung des Managements – das nennt man die Berichterstattung über eine Krisengesellschaft.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Obernosterer; in dieser Runde stehen Ihnen noch 2 Minuten zur Verfügung.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Mag. Kandler, ich darf auf Ihr Einleitungsstatement zurückkommen, wir setzen uns ja in diesem Ausschuss hauptsächlich mit der politischen Verantwortung auseinander. Es hat meines Erachtens zwei Haupttodsünden in diesem Kärntner Bereich gegeben. Die erste ist dieser Beschluss, 2004 einstimmig im Kärntner Landtag beschlossen, bei dem es um die unbeschränkten Haftungen und die Rechtsnachfolger gegangen ist – da nehmen Sie Bezug darauf –, der es der Bank erst ermöglicht hat, weit außerhalb der eigenen Aufgaben einer Landes-Hypothekenbank tätig zu werden. Also die Hypo International ist ja Rechtsnachfolger gewesen, dass dann die Bayern auch noch gekommen sind, brauche ich jetzt nicht zu erklären.

Dann sagen Sie weiter noch dazu: „Das Land Kärnten und insbesondere Herr Haider haben die Entwicklung der Hypo-Gruppe ultimativ beeinflusst.“ – Können Sie mir das vielleicht noch einmal ein bisschen genauer erklären, wie Sie das meinen?

Mag. Erich Kandler: Also das eine ist einmal dieser Kärntner Landtagsbeschluss aus 2004, ich glaube, da bin ich nicht der Einzige, der den sehr kritisch sieht. Ich glaube, auch Personen, die damals mitgestimmt haben – um auf die Formulierung Ihres Kollegen von vorhin zurückzukommen –, würden heute vielleicht anders abstimmen.

Aus bankwirtschaftlicher Sicht ist ein solcher Beschluss eines Landtages sehr gefährlich und eigentlich im Ergebnis nicht zu begrüßen, denn: Was passiert? – Mit diesem Deckungsbeschluss und der unbeschränkten, uneingeschränkten Übernahme für die Verbindlichkeiten der Bank gewährt man, zumindest war das damals so, einen Bonitätsgrad für die Finanzierungen, den die Bank eigentlich nicht hat. Das heißt, die Mittelaufnahme der Hypo Alpe-Adria war am Kapitalmarkt bei privaten Anlegern günstiger, als es eine Bank in der vergleichbaren Situation hätte. Das ist durch die sogenannte Haftungsprovision nur teilweise – zu einem relativ geringen Teil – ausgeglichen worden.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Promillebereich, ja?

Mag. Erich Kandler: Ja. Na ja, also bitte, in Prozent zur Haftungsprovision – ich sage jetzt eine Hausnummer: Wenn Sie 2, 3 Prozent Haftungsentgelt unterstellen müssten, auf – sagen wir einmal – 15 Milliarden zu diesem Zeitpunkt, dann sind das 300, 400 Millionen – und gezahlt worden sind 50, 60 oder so irgendetwas.

Dieser Vorteil, den die Bank hatte, das habe ich auch ausgeführt, hat natürlich bei den Wiener Banken, die so etwas nicht hatten – oder nicht einmal ansatzweise in dem Umfang hatten –, einen Wettbewerbsnachteil ausgelöst, und die mussten sich anders refinanzieren.

Wozu das geführt hat, ist natürlich, dass es der Hypo Alpe-Adria möglich war, sehr expansiv in Geschäfte einzusteigen, die vielleicht andere zu höheren Kosten nicht refinanzieren wollten oder nur zu höheren Kosten refinanziert hätten. Diese Akkumulation eines so rapiden Wachstums aufgrund der quasi die-Refinanzierung-ist-kein-Thema-Situation – ich kriege meine Refinanzierung, denn ich habe ja eine Haftung des Landes Kärnten hinter mir – ist aus bankwirtschaftlicher Sicht nicht gescheit.

Sie können das auch auf ein sehr einfaches Beispiel zurückführen: Wenn Sie jemanden fördern und entwickeln wollen, dann sollten Sie schauen, dass seine Skills, also sein Vermögen, seine Aktiva gestärkt werden, aber nicht unbedingt dadurch, dass Sie ihm halt alles zuschieben, um das zu erleichtern.

So gesehen ist dieser Beschluss aus bankwirtschaftlicher Sicht schwer zu verurteilen und führt eben genau zu der Reaktion, die wir hier gesehen haben: ein expansives Wachstum in Märkten, die aufnahmehungrig waren. Wir müssen uns die Zeit immer vor Augen halten: 2004 bis 2007, Südosteuropa – da konnten Sie finanzieren ohne Ende. Jeder Bucht ihre Marina – so war das Schlagwort. – Das zu der Frage der Haftungsprovision.

Der zweite Punkt … (Abg. Obernosterer: Politischer Einfluss!) – Der politische Einfluss, das ist für mich relativ evident. Ich glaube, das war auch damals nicht so ein Riesengeheimnis: Es war die Landesbank. Der frühere Landeshauptmann hat sich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit bei Projekten der Hypo mit Herrn Kulterer und anderen gezeigt. Das war in den Medien ja ein Punkt, ich glaube, das haben alle von uns miterlebt.

Auf die Frage, wie das bei anderen Banken war: Also in dieser Form und in dieser Deutlichkeit habe ich keine Wahrnehmung, dass das in einem anderen Bundesland so gewesen sei, dass der Landeshauptmann quasi täglich mit den Leistungen durch seine Bank in der Zeitung war. Das ist die Kombination daraus, die unglücklich ist, denn es ist, glaube ich, unstrittig, und ich will dem verstorbenen Herrn Haider nicht nahetreten, aber seine Kenntnis und Erfahrung für die Steuerung und Führung einer Bank waren wahrscheinlich begrenzt.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Danke. – Dann kommen wir zum zweiten Punkt, den Verkauf an die Bayern. Sie haben gesagt: „Bei fast allen anderen Bankprivatisierungstransaktionen wurde dem garantierenden öffentlichen Rechtsträger vom Käufer die Zusage einer Haftungsfreistellung (…) gegeben.“ Und weiter:

„Jedenfalls war das ein schwerer Fehler. Die BLB hätte wohl nahezu alle Bedingungen akzeptiert, wenn man bedenkt, welche konkreten Warnungen der eigenen Berater in den Wind geschlagen wurden.“ – Das ist auch Kritik eines Rechnungshofberichts, Sie sind also mit dem nicht allein, aber könnten Sie das vielleicht auch noch einmal ein bisschen ausführen?

Mag. Erich Kandler: In zahlreichen Transaktionen, in denen es zum Beispiel um Anteile an Landes-Hypothekenbanken geht, aber auch um Anteile an Sparkassen, bei denen es ja durchaus Gemeinde- oder sogenannte Gewährträgerhaftungen gibt und gegeben hat, war es absolut üblich, dass der meistens etwas größere Käufer, der auch über eine zumindest ordentliche finanzielle Potenz verfügt, dem früher garantierenden öffentlichen Rechtsträger – Gemeinde, Land – gesagt hat: Wir werden für die Verpflichtungen dieses soeben erworbenen Instituts – sei es jetzt Landes-Hypothekenbank oder Sparkasse – primär einstehen und dafür sorgen, so lange wir halt können, dass du nicht in Anspruch genommen wirst.

Es ist klar, dass eine gesetzliche Gewährträgerhaftung durch keinen Vertrag ausgeschlossen werden kann. Ich habe im Besonderen das mit der Bayerischen Landesbank angesprochen, weil es in Deutschland zu dieser Zeit und in den Zeiten davor durchaus üblich war, dass deutsche Großbanken quasi Pauschalgarantien für ihre Tochterunternehmen im Ausland abgegeben haben.

Ich selbst habe noch in einem Bank-Austria-Geschäftsbericht den Hinweis gefunden, wie die HVB, als sie die Bank Austria erworben hat, quasi für alle Verpflichtungen der Bank Austria eingestanden ist.

Ich beurteile es als schweren Fehler, dass man eine solche Regelung nicht gehabt hat, sonst hätten wir nämlich die ganze Diskussion über die Landeshaftung ganz woanders begonnen, nämlich mit einer ausdrücklichen Haftung der Bayerischen Landesbank.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Wären das aus Ihrer Sicht die zwei Haupttodsünden bis zum Jahr 2007 – unter all den Verfehlungen, die in der Bank intern passiert sind?

Mag. Erich Kandler: Ich muss noch einmal sagen, auch mein Statement … Mein Statement beginnt ganz oben mit der Aussage: Die Verantwortung der Organe der Bank sind das Primäre. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Das ist nur ein Zweizeiler, aber das ist aus meiner Sicht so.

Das heißt, die Fehler, die die Bank oder die Organe der Bank möglicherweise – oder inzwischen ja teilweise gerichtsanhängig oder gerichtlich abgehandelt – gemacht hat, sind ein ganz, ganz entscheidender Teil. Aber von den Dingen, die man meiner Einschätzung nach von außen her, also von der Eigentümerseite, sinnvollerweise hätte anders machen können, waren das sicherlich die beiden schwersten Fehler.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Letzte Frage, kurz: Swapverluste, wissen wir, Wandelschuldanleihe auch. Damit ich mich kurz halte: 2004, Swapverluste, 2005 wurde die Wandelschuldanleihe noch aufgenommen, weil man gedacht hat, man geht an die Börse. Diese wäre zwei Jahre später, 2008, zurückzuzahlen. In Protokollen ist nachlesbar, wer damals den Wissensstand gehabt hat. Sie haben aber in der Einleitung gesagt, Sie gehen eigentlich davon aus – aber dazu gibt es wahrscheinlich keine Aufzeichnungen –, dass der Kreis größer war und dass auch Leute, zumindest politische Vertreter, davon gewusst haben, als diese Wandelschuldanleihe am 7. Juni 2005 noch beschlossen wurde. Sehe ich das richtig?

Mag. Erich Kandler: Entschuldigung, da kann ich Ihnen jetzt … Vielleicht nicht auf Anrechnung der Fragezeit …

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Glauben Sie, dass politische Vertreter (Auskunftsperson Kandler: Was hat das mit den Swaps zu tun?), die politischen Verantwortlichen, Haider, wer auch immer, oder Finanzreferent, im Jahre 2005, als in der Regierung und im Landtag die Wandelschuldanleihe beschlossen wurde, schon Bescheid gewusst haben (Auskunftsperson Kandler: Über die Swapverluste?) über die Swapverluste?

Mag. Erich Kandler: Ob die Regierung darüber Bescheid gewusst hat, könnte ich nur spekulieren …

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Landeshauptmann?

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich kann Sie dann für die dritte Runde vormerken; eine kurze Frage war das jetzt nicht. – Bitte, Herr Mag. Kandler.

Mag. Erich Kandler: Also um es klipp und klar zu sagen: An dieser Spekulation kann ich mich nicht beteiligen, weil ich dazu überhaupt keine Grundlage habe. Ich kann nicht sagen, ob das in der Landesregierung bei der Beschlussfassung über diese Anleihe, die ja von der Kärntner Landesholding begeben wurde, bekannt war.

Ich kann überhaupt nichts dazu sagen; keine Wahrnehmung.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Kandler, danke vielmals!

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Lugar, in der zweiten Runde haben Sie jetzt noch eine halbe Minute. Wollen Sie die in Anspruch nehmen? In der dritten haben Sie dann wieder 3 Minuten, aber jetzt eine halbe Minute.

Die 3 Stunden Soll-Redezeit sind knapp überschritten, und nach 4 Stunden werde ich die Befragung wie immer beenden. Es sind jetzt aber schon über 3 Stunden vergangen, und Sie haben jetzt eine halbe Minute.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Mich würde der Fall Birnbacher und die Rolle von Deloitte, im Speziellen jene von Herrn Dr. Spitzer interessieren. Was wissen Sie darüber?

Mag. Erich Kandler: Zum Themenbereich Birnbacher muss ich vorweg festhalten, dass ich von der Kärntner Landesholding keine Entbindung habe. Das heißt, dass ich, wenn Sie dieses Birnbacher-Honorar und seine Rabatte und Ähnliches ansprechen, zu diesem Themenbereich nur das wiedergeben kann, was ich bereits in öffentlichen Zeugenaussagen vor dem Gericht in Klagenfurt gesagt habe.

Daher: Wenn Sie mich konkret nach der Rolle des Kollegen Spitzer in diesem Zusammenhang fragen, dann kann ich Ihnen, weil ich auch daran nicht ganz unbeteiligt war, Folgendes mitgeben:

Kollege Spitzer wurde augenscheinlich gebeten, eine Honorarhöhe des Herrn Birnbacher, die zur Diskussion stand, zu plausibilisieren. Dieser Auftrag wurde Kollegen Spitzer beziehungsweise natürlich der Firma Deloitte von der Kärntner Landesholding – ich kann jetzt die Namen nicht mehr sagen – erteilt. Im Zuge dieser Auftragserteilung hat Kollege Spitzer gesagt, was er beziehungsweise das Deloitte-Team, das sogenannte Corporate-Finance-Team, in diesem Zusammenhang machen kann.

Die Prüfungshandlungen – oder Analysehandlungen, muss man da eigentlich richtigerweise sagen – des Teams bestanden darin, dass man über eine internationale Recherche und Datenbankabfrage – dazu haben wir im Deloitte-Netzwerk bestimmte Vereinbarungen – recherchiert hat, bei welchen annähernd vergleichbaren Transaktionen der verkaufs- oder, wie man sagt, sell-seitige[xxi] Berater in etwa in welcher Höhe, ausgedrückt in Prozent oder Promille des Transaktionsvolumens, entlohnt wurde.

Nun muss man wissen, dass es auf der Welt natürlich einige Banktransaktionen in dieser Größenordnung gibt. Situationen, in denen das sell-seitige[xxii] Honorar erstens überhaupt bezahlt wurde und zweitens auch noch veröffentlicht ist, so dass man es nachvollziehen kann, sind sehr, sehr wenige. Auch der Leistungsumfang ist sehr, sehr schwer abzugrenzen.

Der Kollege hat diese Datenbankabfrage initiiert und als Antwort eine Gruppe – ich kann jetzt nicht mehr sagen, wie viele es waren, es dürften jedenfalls zwischen einer Handvoll und zwei gewesen sein – annähernd vergleichbarer Transaktionen gefunden. Zu diesen hat er Recherchen angestellt und ist dann zu dem Ergebnis gekommen, dass das ursprüngliche Honorar – wenn ich mich jetzt richtig erinnere – etwa am oberen Ende oder knapp über dieser anzunehmenden Bandbreite lag und das sogenannte reduzierte – oder da gab es, glaube ich, dieses Stichwort Patriotenrabatt – Honorar eigentlich ganz gut passt.

Dabei muss ich gleich dazusagen: Das gilt nur für den Fall, dass die im Leistungskatalog oder in dieser Beschreibung angeführten Leistungen durch Herrn Birnbacher auch tatsächlich erbracht wurden. Das war ja dann das Thema in den Gerichtsverfahren, nämlich dass Herr Birnbacher, so wie ich das verstanden habe, gestanden hat, dass er einen Teil dieser Leistungen nicht erbracht hat.

Was ich im Gerichtssaal auch noch gesagt habe, ist, dass mir Herr Birnbacher aus anderen Transaktionen persönlich bekannt war und ist und ich daher auch gegenüber Kollegen Spitzer keine besonderen Bedenken hatte, diesen Auftrag anzunehmen.

Wir hatten ein paar Überlegungen: Dürfen wir das berufsrechtlich, das Honorar eines anderen Wirtschaftstreuhänders beurteilen? Das ist nicht ganz einfach. Ich bin aber davon ausgegangen, dass er auch schon bei durchaus respektablen, wenn auch nicht so großen Transaktionen intensiv mitgewirkt hat und vor allen Dingen auch über die nötigen Kontakte verfügt, ein solches Team zusammenzustellen. Das darf und kann ich Ihnen zu diesem Vorgang sagen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie wissen aber auch, dass Herr Birnbacher keine Käufersuche durchgeführt hat und dass Herr Spitzer das auch gewusst hat und deshalb das Honorar bei Weitem nicht gerechtfertigt gewesen wäre.

Mag. Erich Kandler: Herr Lugar! Es tut mir wahnsinnig leid, aber bei dieser Art der Fragestellung ist es sehr schwer zu beantworten, weil ich wieder davon ausgehen muss, dass Sie sofort wieder sagen, ich habe vorher etwas anderes gesagt.

Kollege Spitzer hat das ausdrücklich nicht gewusst, das hat er wiederholt dargelegt. Auch ich habe in etwa gewusst, um welchen Leistungsumfang es geht. Und glauben Sie mir, kein vernünftiger Wirtschaftsprüfer-Partner nimmt einen solchen honorarmäßig vollkommen lächerlich kleinen Auftrag an, wenn er auch nur den leisesten Verdacht oder den Hinweis hätte, dass da irgendetwas nicht zusammenpasst. Sorry, aber das ist ins Reich der Phantasien einzuordnen. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie haben noch Zeit für eine ganz kurze Frage, aber wirklich eine kurze Frage, oder Sie machen in der nächsten Runde weiter. (Abg. Lugar: … in der nächsten Runde …!)

Nächster Fragesteller – mit einer halben Minute – ist Herr Abgeordneter Krainer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie ist das bei nicht lächerlich geringen, sondern hohen Honoraren?

Mag. Erich Kandler: Da gilt natürlich ein noch größerer Sorgfaltsmaßstab; Entschuldigung, Sie haben es vorher schon geflüstert ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich habe das nur sehr interessant gefunden.

Er hat gesagt – nicht als Frage, sondern zur Erklärung –, für so einen lächerlich geringen Betrag tut sich das quasi keiner an. Und meine Frage war: Und wie ist das bei einem guten, gescheiten Betrag. Und da war dann, glaube ich, seine Antwort: Da gilt eine noch höhere Sorgfaltspflicht. (Zwischenruf des Abg. Lugar. – Abg. Matznetter: Für den Kollegen Lugar gibt es dann ein Extra-Privatissimum! – Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Vorsitzende Doris Bures: Am Wort ist Herr Abgeordneter Krainer, noch 10 Sekunden. In der Fragerunde 3 haben alle Fraktionen 3 Minuten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich glaube, ich mache das dann gleich in der Runde 3.

Vorsitzende Doris Bures: Das habe ich mir gedacht. Damit kommen wir zur dritten Fragerunde. Ich gehe in der Rednerreihenfolge vor. – Herr Abgeordneter Podgorschek, bitte.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Herr Mag. Kandler! Zu einigen Ihrer Aussagen hätte ich noch ein paar Fragen. Sie haben berechtigterweise die Haftungsproblematik angesprochen und dieses Geschäftsmodell der Hypo: dass die Hypo durch diese Haftungen die Bilanzsumme hat explodieren lassen können.

Nun hat ja Deloitte laufend die Vermerke erteilt. Ich kann mich nicht erinnern, dass in irgendeiner Weise dieses Geschäftsmodell beziehungsweise die Haftungen angesprochen oder kritisiert worden wären. – Warum ist das nicht der Fall gewesen?

Mag. Erich Kandler: Also auch hier eine zweistufige Antwort – ich wollte vorhin den Monolog nicht zu lange machen; Danke, jetzt habe ich die Gelegenheit, das anzuhängen. Der erste Punkt ist: Haben wir das Geschäftsmodell als Ganzes kritisiert? – Dazu ist festzuhalten, dass der Abschlussprüfer nicht grundsätzlich dazu berufen ist, das Geschäftsmodell eines Unternehmens zu beurteilen. Was wir zu beurteilen haben, ist die richtige Darstellung im Jahresabschluss und natürlich die Fortbestandsprognose.

Der Umstand, dass dieses extreme Wachstum in der Hypo-Gruppe eingetreten ist und dass in einem nicht unerheblichen Umfang die Systeme, insbesondere die Systeme bei der Kreditvergabe und des Risikomanagements, nicht entsprechend qualifiziert mitgeführt werden konnten, war Gegenstand des einen oder anderen sogenannten Management Letters, der Anmerkungen in den bankaufsichtlichen Prüfungsberichten und Feststellungen der behördlichen Prüfer. Aber die hinkten immer nach, denn wenn Sie bei einer 6-Milliarden-Bank, die in fünf Ländern vertreten ist, bei einer Prüfung ein Problem feststellen, die Bank aber, bis der Bericht fertig ist und die Maßnahmen gesetzt worden sind, 10 Milliarden hat und in acht Ländern vertreten ist, dann ist es eben ein bisschen schwierig,

Dieses Nachhinken war vorgegeben. Das heißt, auf der Prüferebene – ich bin jetzt ganz bewusst allgemein bei dem Begriff Prüfer; ich konnte gestern dem Ticker nicht folgen und weiß daher nicht, was Herr Kerstnig als Innenrevisor dazu sagen konnte oder wollte – ist das durchaus adressiert und behandelt worden.

Das andere, das Sie ansprechen, ist aber sozusagen die nächste Ebene[xxiii]: Was passiert mit Haftungen, und wer weiß von Haftungen? Da verfolge ich die Diskussion der letzten eineinhalb Jahre mit einem lachenden und natürlich als Steuerzahler mit einem weinenden Auge. Ich darf Sie zum Beispiel daran erinnern – erinnern ist falsch, ich informiere Sie darüber –, dass es zum Beispiel im Sparkassengesetz einen sehr eindeutigen Paragrafen gibt. Der verlangt einen sogenannten haftungsrechtlichen Prüfungsbericht – und den gibt es nicht nur in Österreich, das muss man auch gleich dazusagen.

Das heißt, überall dort, wo ein öffentlicher Gewährträger noch eine Resthaftung, denn die laufen ja alle aus, für Schulden einer Sparkasse zum Beispiel hat – das gibt es auch bei anderen Rechtsformen; also in Österreich nicht, aber international gibt es das öfter –, ist an den Haftenden jährlich ein Bericht zu schreiben, in dem einerseits die Haftungen dargestellt werden und dann natürlich auch die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme beziehungsweise der Nichtinanspruchnahme zu beurteilen ist.

Was ich kritisiere: Wenn wir schon beim Beschluss des Landtages aus dem Jahr 2004 sind – ich habe mir heute oder vor Kurzem, als das virulent war, die Eingaben und Kritikpunkte der Finanzmarktaufsicht und anderer Stellen vor der Beschlussfassung angesehen –, so wäre es ein Einfaches gewesen, genau diesen Paragrafen des Sparkassengesetzes abzuschreiben und jährlich einen haftungsrechtlichen Prüfbericht durch den Bankprüfer, Abschlussprüfer an den Kärntner Landtag zu schicken, in dem er dann so schön für jeden hineinschreibt: Das ist die Inanspruchnahme, das ist die erwartete Inanspruchnahme, und das sind die daraus absehbaren Risken – denn die Steuerung der Bank lag letztendlich auch bei dem Exekutivorgan des Haftenden.

Das wäre eine sehr einfache Lösung gewesen. Ich glaube, dass es in anderen Bundesländern solche oder ähnliche Bestimmungen gibt. Warum es sie in Kärnten nicht gibt, fragen Sie bitte andere.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Ich darf jetzt Folgendes sagen: Sie sind hier nicht in der Eigenschaft als Steuerzahler, sondern als ehemaliger Prüfer. Diese Kritik kommt jetzt leider reichlich zu spät.

Hat es aus Ihrer Sicht nur diesen Beschluss in Kärnten gegeben, oder hat es in anderen Bundesländern einen ähnlich lautenden Beschluss gegeben?

Mag. Erich Kandler: Es hat in anderen Bundesländern genau um diese Zeit ähnlich gelagerte Beschlüsse gegeben, sogar gleichlautende. Mir waren diese Verhandlungen oder Gespräche auf der Beamtenebene mit der EU-Kommission – von dort stammt das ja, weil diese Gewährträgerhaftungen eben ein unlauterer Wettbewerbsvorteil sind – natürlich bekannt, das ist ganz klar. Ich habe sie auch sehr detailliert verfolgt.

Der grundlegende Unterschied ist halt, dass der Umfang der Inanspruchnahme – oder, in 2004 kann man schon fast sagen, der beabsichtigte Umfang des Anstiegs der Inanspruchnahme – in Kärnten wohl an der absoluten Spitze war und bei den anderen Bundesländern keine derartigen Anstiege zu verzeichnen waren.

Jedes Bundesland hat – ich meine, da muss man jetzt wieder sagen: opportunistisch richtig, einer Landesregierung – diese Rahmenbeschlüsse gefasst, um wenigstens bis zum Ende der möglichen Haftungsperiode, also 2017, zu kommen. Da gab es diese dreistufige Regelung: Bis 2004 geht alles, bis 2007 nur mehr befristet, bis 2017[xxiv], und danach laufen alle aus.

Also so gesehen, ja, allerdings war die Situation in Kärnten besonders, weil es eben zu dieser Expansion gekommen ist. Es ist ja nicht die einzige Hypothekenbank, die mit Auslandsgeschäften etwas an Geld verloren hat, nur ist die Dimension eine ganz andere.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Da gebe ich Ihnen vollkommen recht, darum sitzen wir ja leider hier. Aber diesen Prüfbericht hat damals leider kein Land vorgesehen oder beschlossen.

Ihre Kritik kann ich durchaus nachvollziehen, aber sie hat auch ein bisschen eine politische Schlagseite. Wenn Sie nämlich sagen, Sie haben bei anderen Landes-Hypothekenbanken keine Wahrnehmung darüber, dass das politisch ausgenutzt worden wäre, dann möchte ich doch auf Folgendes hinweisen:

Ich komme aus Oberösterreich und sehe heute noch, wie mein Landeshauptmann gemeinsam mit dem Herrn Scharinger, der Miteigentümer der Hypo Oberösterreich ist, über das Genussscheinmodell das Musiktheater finanziert hat und dabei auch in den Zeitungen und im Fernsehen aufgeschienen ist. Da sollte man in Österreich die Kirche im Dorf lassen.

Und wenn ich mir das Verhalten des Landeshauptmanns Pröll anschaue – das hier im Ausschuss schon diskutiert worden ist –, der Herrn Pribil coram publico zur Schnecke gemacht hat, weil er es gewagt hat, die Hypo Niederösterreich, zumindest die Vorstände, aufs Korn zu nehmen, dann muss ich ganz ehrlich sagen, das ist gelebte österreichische Realität. Da erwarte ich mir auch von den Prüfern Objektivität. – Nur so viel zu Ihren Aussagen, danke.

 Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Kollege Podgorschek! Es ist schon ein Unterschied, ob jemand einmal die Contenance verliert und jemanden beschimpft – oder ob jemand sogar die Vorstände der FMA abberufen will, wie das der Landeshauptmann Haider damals eigentlich machen wollte! (Zwischenruf des Abg. Podgorschek.) Das heißt, das ist schon ein gravierender Unterschied. Die politische Einflussnahme in der Hypo Alpe-Adria-Bank ist, glaube ich, in den letzten Monaten, seit der Untersuchungsausschuss geht, durchaus bewiesen.

Ich möchte aber, nachdem Sie das selber auch angesprochen haben, Herr Mag. Kandler, zur Zusammenarbeit mit der Internen Revision in der Hypo Alpe-Adria kommen. Wie war Ihrer Meinung nach die Zusammenarbeit mit der Internen Revision? Jetzt einmal generell – natürlich auch dann, als Sie für die Prüfung verantwortlich waren, aber jetzt einmal generell –: Wie hat die Zusammenarbeit da funktioniert?

Mag. Erich Kandler: Meine Wahrnehmung, soweit sie an mich herangetragen wurde, ist, dass die grundsätzliche Einstellung zur Kooperation mit der Innenrevision auch im Bereich der Hypo Alpe-Adria durchaus positiv war. Ich glaube, die Einschätzung war: Die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Internen Revision der Hypo Alpe-Adria waren nicht die allerbesten. Es waren auch meine nicht die allerbesten. Der Herr, den Sie gestern als Auskunftsperson hatten, hat meines Wissens relativ bald nach meiner Prüfungszeit, im Jahr 2010, die Bank verlassen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Gab es da einen wechselseitigen Austausch von Berichten? – Ich gehe einmal davon aus, dass Ihnen die Berichte der Internen Revision vorgelegen sind. Hatte auch er oder hatte auch die Interne Revision alle Prüfberichte? Wissen Sie das? Alle Jahresabschlussberichte, et cetera?

Mag. Erich Kandler: Ja. Wie ich, glaube ich, einleitend oder nach einer sehr frühen Frage schon gesagt habe: Der Abschlussprüfer fordert routinemäßig an und bekommt auch die Prüfungsplanung, die Übersicht über die Prüfberichte und zumindest die, jetzt sage ich einmal, wesentlichen Prüfberichte der Innenrevision. Ich bitte um Verständnis: So manche Reisekostenabrechnungskontrolle oder Ähnliches ist nicht unbedingt etwas, was den Wirtschaftsprüfer primär zu interessieren hat.

So gesehen ist der Informationsfluss von der Innenrevision zum Abschlussprüfer ein sehr extensiver. Ich gestatte mir auch den Hinweis auf den § 42 BWG, wo es eine ausdrückliche Verpflichtung des Bankprüfers gibt, die Qualität und Angemessenheit der Internen Revision einzuschätzen und diesbezüglich auch eine Frage in der Anlage zum Prüfungsbericht zu beantworten.

Der Informationsfluss in die andere Richtung ist anders geartet. Jawohl, die Innenrevision bekommt typischerweise die Prüfberichte des Abschlussprüfers, und zwar nicht nur die Prüfberichte, sondern auch allfällige Management Letter und vor allen Dingen auch die Prüfberichte von Tochter- und Konzerngesellschaften, wiederum samt Management Letter, Kommentaren, Schlussbesprechungsfolien und ähnlichen Dingen.

Nicht zu stehen der Internen Revision – weil sie auch dem geprüften Unternehmen als Ganzem nicht zur Verfügung stehen – die Arbeitspapiere des Abschlussprüfers. Das heißt, die eigentlichen Arbeitsunterlagen, in denen unsere Prüfungshandlungen dokumentiert sind, gehören dem Abschlussprüfer; sie sind nicht dem Unternehmen und demzufolge auch nicht der Innenrevision zugänglich.

Es ist daher die Information und der Informationsfluss etwas asymmetrisch und schief. Dort, wo es eine sehr gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit gibt, gleicht man das durch entsprechende Gespräche aus. Wie das bei der Hypo Alpe-Adria war, kann ich nicht sagen, denn zu meiner Zeit, von September 2009 bis März 2010, war relativ wenig Zeit, sich im Detail mit der Innenrevision auseinanderzusetzen, wie Sie sich leicht vorstellen können.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Und vorher? – Es gab ja beim Jahresabschluss 2006 einen Management Letter, da sind die Schwachstellen im Kreditprozess sehr anschaulich dargestellt. Haben Sie eine Wahrnehmung darüber, ob es dann Maßnahmen gab, hier Verbesserungen vorzunehmen? Beziehungsweise ob dann auch immer wieder geprüft worden ist, ob es hier Verbesserungen gab?

Mag. Erich Kandler: Ja, dazu habe ich durchaus Wahrnehmungen. Zum einen möchte ich auch sagen, die Kollegen vom Prüfteam 2006 – da war teilweise auch ein Wechsel im Team – haben das wirklich mit großer Energie und Gründlichkeit betrieben und vor allen Dingen dann auch diese an sich sehr wertvollen Berichte zusammengestellt.

Gerade dieser Management Letter 2006 war ein bisschen der Blueprint für die weiteren wesentlichen Analysen und Schritte, die zu setzen waren. Er ist auch von der Nationalbank teilweise kommentiert übernommen worden und ist durch die Nationalbankprüfungen erweitert worden. Selbst 2009 war bei der Abarbeitung der einzelnen Punkte noch erkennbar, was aus dem Management Letter 2006 war – Systemänderungen dauern ja ein paar Jahre –: Was ist jetzt gerade umgesetzt worden? Was kommt noch?

Das war also damals schon ein relativ zentrales Dokument. Man muss auch sagen, das war natürlich ein Dokument, das dann auch im Zusammenhang mit dem Einstieg der Bayern – das war ja zu dem Zeitpunkt; jetzt muss ich aufpassen, denn im Zusammenhang mit den Bayern bin ich nicht entbunden, aber auf den zeitlichen Zusammenhang, glaube ich, darf man wohl hinweisen – eine Rolle gespielt hat.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): War das ein Ergebnis daraus, dass man bei der Prüfung des Jahresabschlusses 2006 auf die Falschbewertung dieser sogenannten Swapverluste draufgekommen ist? War es dann eine Auswirkung, dass es so einen umfassenden Management Letter gegeben hat, wo alle diese Schwachstellen im Kreditprozess aufgenommen worden sind? War das genau deshalb, weil man da draufgekommen ist und da doch ein bisschen tiefer steigen wollte, das Ergebnis daraus?

Mag. Erich Kandler: Na ja, indirekt, ja. Es sind nur zwei unterschiedliche Jahre. Die Swapverluste sind ja im Jahr 2006 anlässlich der Prüfung 2005 aufgefallen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ach ja, stimmt, Entschuldigung! Ja, Sie haben recht.

Mag. Erich Kandler: Entschuldigen Sie, ich fange nicht gern sozusagen mit einer Korrektur an. Aber Sie haben inhaltlich an sich einen Punkt angesprochen, den ich vorhin genannt habe. Ich habe ausgeführt, dass diese Swapverluste ja auch sonst Folgen hatten. Es gab ein neues Prüfteam, die gehen das neu an. Es gibt einen neuen Gesellschafter: Berlin ist ja genau in der Zeit eingestiegen, Berlin hatte dort auch Funktionen.

Daher: Ja, das hatte schon miteinander zu tun. Natürlich ist da die Wachstumsphase – ich habe jetzt die Grafik nicht so bildlich vor Augen, ich glaube, die meisten von Ihnen haben sie besser im Kopf –, das waren natürlich die Jahre mit dem stärksten Anstieg im Kreditbereich und damit der größten Expansion durch weitere Gesellschaften und Einheiten. Na, ganz logisch, dass man sich auf das draufstürzt! Das wäre gar nicht anders gegangen, ja.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wissen Sie noch ganz genau, ab welchem Zeitpunkt Deloitte das Mandat zurückgelegt hat?

Mag. Erich Kandler: Deloitte hat das Mandat in dem Sinn nicht zurückgelegt, sondern im Zuge des Einstiegs der Bayerischen Landesbank hat man – was absolut üblich ist, auch im internationalen Kontext – den Konzernabschlussprüfer der Bayerischen Landesbank, nämlich PwC, sozusagen sukzessive in die Prüfung der Hypo Alpe-Adria einbezogen. Und es war bereits beschlossen, dass PwC einzelne Konzerngesellschaften für das Jahr 2009 prüft und zumindest bis zum Abfassen und den Folgen dieses Asset-Screening-Berichts auch als gemeinsamer Abschlussprüfer – das war technisch nicht sehr sauber gemacht – damals mit uns tätig ist. Das heißt, es war klar, dass Deloitte ab 2010 nicht mehr der Prüfer der Hypo Alpe-Adria war.

Für mich war das – wenn ich das noch ergänzen darf – sozusagen besonders blöd: Ich scheide da aus dem Prüfungsverband aus, muss die Hypo übernehmen, habe aber schon gewusst, dass es von vornherein nur ein Jahr ist – und dann war es noch ein solches Jahr, es hat sich also ausgezahlt für mich!

Vorsitzende Doris Bures: Eine halbe Minute noch, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, ich habe ohnehin nur noch eine Frage. – Jetzt kommt ein neuer Prüfer; Deloitte hatte ja, glaube ich, insgesamt zehn Jahre geprüft, allein oder gemeinsam. (Auskunftsperson Kandler: Nein!) – Bitte?

Mag. Erich Kandler: Es waren insgesamt nur fünf oder sechs Jahre.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Okay, also einige Jahre. Fünf Jahre entweder allein oder mit der CONFIDA; dann kam PwC ab dem Jahr 2010, ab dem Wirtschaftsjahr, der Jahresabschlussprüfung 2010. Wie hat sich dann diese Übergabe abgespielt? Gab es da Besprechungen? Gab es da Informationen seitens Deloitte an PwC? Waren Sie involviert in das Ganze? Hat man da gewisse Schwachstellen gesehen, beispielsweise aufgrund des Management Letters oder auch aufgrund der Ausübung der Redepflicht für den Jahresabschluss 2009? Hat man sich da besonders abgesprochen?

Mag. Erich Kandler: Das ist jetzt, genau genommen, eine sehr lange Geschichte. Ich gebe Ihnen eine ganz, ganz kurze Antwort, und wenn Sie mehr wissen wollen, dann bitte ich um ein Signal; wobei da dann, glaube ich, irgendwann die Glocke kommt.

PwC hat am Ende des Tages die Hypo Alpe-Adria nicht geprüft, denn PwC war eben nicht ganz sauber bestellt für 2009 und ist dann aufgrund ... (Abg. Tamandl: Für 2010, oder?) – Für 2009.

Noch einmal: PwC war der Prüfer der Bayerischen Landesbank, das war sozusagen von der Seite her. Aufgrund des Umstandes, dass PwC diesen Asset-Screening-Bericht erstellt hat, hat es gewisse Bedenken über die Unabhängigkeit von PwC gegeben. Dann ist die Bayerische Landesbank, also quasi deren Sponsor, für den sie eigentlich ja auch die Konzernabschlussprüfung gemacht haben, ausgeschieden, sodass PwC dann den Auftrag 2009, noch im Februar, glaube ich, zurückgelegt hat oder festgestellt wurde, dass sie nie wirksam bestellt waren. Daran kann ich mich jetzt nicht mehr ganz genau erinnern.

In weiterer Folge hat der Aufsichtsrat der Hypo International, also der neue Aufsichtsrat im Jahr 2010, dann einen anderen Prüfer gewählt, weil man eben auch ganz bewusst die Situation zur Bayerischen Landesbank – des Beraters der Bayerischen Landesbank oder des Prüfers und ein bisschen auch Beraters der Bayerischen Landesbank – trennen wollte.

Das heißt, es gab alle Vorbereitungshandlungen einer Übergabe an PwC. Das ist an sich die schönste Übergabe, die man sich als hereinkommender Prüfer wünschen kann, nämlich eine gemeinsame Prüfung für ein Jahr, denn dann sitzt man mit dem alten Team sozusagen zusammen und bekommt alles geliefert. Es hat dann aber nichts gebracht, weil die ohnehin nicht geprüft haben.

Wir haben dann an die Kollegen von Ernst & Young, die es letztendlich übernommen haben, die Übergabe gemacht. Da hat es zahlreiche Besprechungen gegeben, weil wir ja dann nicht mehr Prüfer waren und sie das allein waren. Das war relativ intensiv, hat aber natürlich stattgefunden. Es gibt auch eigene gesetzliche und berufsrechtliche Bestimmungen dazu. – Das war jetzt relativ kurz. (Abg. Tamandl: Danke!)

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): 2010 waren es dann Ernst & Young (Auskunftsperson Kandler: Ja!), die geprüft haben.

Ich möchte zum Thema Immobilienverwertung übergehen. Im Asset Screening von PwC war das durchaus auch als mangelhaft bewertet. (Auskunftsperson Kandler: Entschuldigen Sie, ich kann Sie sehr schlecht hören! Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn Sie ein bisschen näher zum Mikrofon gehen? Ich kann Sie kaum verstehen! Dort vorn liegt eine Tasche quer, deswegen zieht es Ihnen das Mikrofon weg!) – Das Mikrofon ist eingeschaltet, Sie müssten auch hören! (Auskunftsperson Kandler: Okay, geht schon, gut!) Das dürfte kein Problem sein.

Die Immobilienverwertung wurde als mangelhaft bewertet. Wie war diesbezüglich Ihre Wahrnehmung?

Mag. Erich Kandler: Die Immobilienverwertung (Abg. Lichtenecker: Verwertung, ja!) wurde wann mangelhaft beurteilt? Worauf beziehen Sie sich da?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Im Asset Screening 2009 von PwC.

Mag. Erich Kandler: Ach so, ja. Das ist eine Feststellung, die, glaube ich, nicht so wahnsinnig überraschend und neu war zu dem Zeitpunkt, denn eines war klar, nämlich die Probleme, die sich aufgrund der Finanzkrise abgezeichnet haben.

Zahlreiche Projekte in einer Region, die im Boom war – ich muss auf meine vorherige Anmerkung zurückkommen: jeder Bucht ihre Marina –, in Kroatien, wurden ja der Reihe nach einfach storniert oder als unmöglich dargestellt. Naturgemäß hatte eine Bank, die in einer Wachstums- und Boomphase war – also Kreditvergabe, Projektbeurteilungen und, und, und –, keine Infrastruktur in einer Größenordnung, die der Finanzkrise standhalten konnte, dass also ein Jahr später – ich sage jetzt Hausnummern – statt hundert neuen plötzlich zweihundert Projekte zu verwerten sind.

Diese Kritik kann ich also vollkommen nachvollziehen. Sie war auch logisch: Wie schalten Sie den Hebel von Vollgas plötzlich auf den dritten Rückwärtsgang? – Das war ein Thema und wurde zu Recht angesprochen. Es hat ja, wie man gesehen hat, dann sehr lange gedauert, bis hier planmäßige Verwertungen auch wirklich Platz greifen konnten.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich darf auf die Prüfung des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses vom Dezember 2005 zurückkommen, den CONFIDA und Deloitte gemeinsam verfasst haben. Da hat es zum Thema Interne Revision eine Empfehlung nach § 39 Abs. 2 BWG gegeben, wo im Konkreten ausgeführt worden ist, dass empfohlen wird, dass es einmal jährlich eine Prüfung jener Prozesse gibt, die die wesentlichen Risiken der Bank betreffen. Das war die Empfehlung von 2005.

Über die Jahre hinweg wurde dann ja Deloitte alleiniger Prüfer. Sie haben Prüfungen begleitet, 2009 waren Sie dann sozusagen der Hauptzuständige. Ist in den Folgejahren tatsächlich in dieser Form geschehen, was in diesem Prüfbericht festgehalten wurde?

Mag. Erich Kandler: Das Erfordernis – jetzt muss ich mich zum Mikrofon nach vorn beugen –, dass die Innenrevision einmal im Jahr die Kontrollsysteme prüft – gemäß § 39 Abs. 2, dem konnte ich momentan nicht folgen, weil nämlich die Anforderung im § 42 drinsteht –, dass das zu erfüllen ist, ist klar. Das war ein massiver Kritikpunkt im Jahr 2005. Es ist meiner Erinnerung nach auch ein recht massiver Kritikpunkt in der nachfolgenden Nationalbankprüfung gewesen.

Das hat zu einer Verstärkung beziehungsweise zu einem teilweisen Outsourcen der Innenrevision geführt, soweit ich mich jetzt ad hoc daran erinnern kann, sodass dieser Umstand – Management Letter hat es 2008 keinen gegeben, weil zur Zeit der Bayern das alles in den Prüfbericht verpackt werden musste – zwar, glaube ich, noch angeführt ist, aber nicht mehr in dieser Deutlichkeit und Schärfe. Da waren dann doch schon einige der Instrumentarien langsam da.

Dass es ein halbes Jahr später aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den Hauptmärkten zu einer solchen Verschärfung gekommen ist, war bitter. Ich glaube nicht, dass ich in meinem bankaufsichtlichen Prüfungsbericht für das Jahr 2009 konkret zu diesem Teilgebiet – § 39 Abs. 2 – Kritikpunkte angemerkt habe. Das ist mir nicht erinnerlich, also wird es wohl erledigt gewesen sein.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Magister, im Management Letter von 2005 wurde auch noch eine Empfehlung festgehalten. Da ist es nämlich darum gegangen, dass die Zugangsmöglichkeiten zu den EDV-Systemen bei den Einzelinstituten für die Prüfer massiv verbessert werden sollten. Ist das in den Folgejahren tatsächlich in dieser Form ermöglicht worden beziehungsweise dieser Zugang verbessert worden?

Mag. Erich Kandler: Die unmittelbare Wahrnehmung habe ich für das Jahr 2009. Die Zugangsmöglichkeit in die Systeme der Bank in Klagenfurt hat sich deutlich verbessert. Wir konnten dann auch in die Kredit-Subsysteme einsteigen.

Soweit ich weiß ist dieser Kritikpunkt, glaube ich, aus einzelnen Landesmeldungen. Also der Management Letter setzt sich ja immer aus den Meldungen der Prüfer der einzelnen Länder zusammen, das wird dann sozusagen zentralisiert für die Gesamtmeldung.

Wenn ich mich jetzt kurz an meine Zusammenfassung 2009, die natürlich von den Ereignissen gekennzeichnet war, erinnere: Ich glaube, den Punkt mit der EDV haben wir zu dem Zeitpunkt abgehakt gehabt. Da gab es dann andere Punkte; da war, glaube ich, irgendeine Netzwerkfrage noch offen. Aber die reine Zugangsmöglichkeit für die Prüfer war zu dem Zeitpunkt erledigt.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Mit Ihrer sehr umfangreichen Erfahrung als Wirtschaftsprüfer: Was hat es im Konkreten geheißen, wenn die Zugangsmöglichkeiten zu den EDV-Systemen derart eingeschränkt waren? Hat man es dann in der Printversion gehabt? Oder wie kann man sich das bei der Prüfung direkt vorstellen?

Mag. Erich Kandler: Auch schon Anfang der 2000er-Jahre waren natürlich das Bankgeschäft und die Dokumentation von Kreditakten in Wirklichkeit zu einem hohen Maß elektronisch. Es ist heute noch viel mehr elektronisch. Gerade in den Auslandsniederlassungen der Hypo-Gruppe war das natürlich noch etwas langsam.

Worauf die Kollegen hier abstellen, war der Umstand, dass wir zwar in die zentralen Buchhaltungssysteme Einblick nehmen konnten, aber die Vernetzung zu den eigentlichen Kundenelementen – das heißt dort, wo die Kreditvertragsdetails, die Kreditvertragskonditionen, die Zinsberechnungen und Ähnliches laufen – anfänglich nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich war. Das ist natürlich ein wesentlicher Teil in der Arbeitserleichterung, denn wenn Sie einen Akt auswählen, quasi aus dem Hauptbuch, dann in die Papierablage gehen und erst anfangen, den zu suchen, ist das natürlich extrem mühsam. Oder wie sich die Veränderungen aktuell darstellen – das ist eine sehr technische Frage, die für die Prüfungseffizienz Bedeutung hat.

Das hat auch damit zu tun, dass es immer geheißen hat: Wie ist es mit dem Honorar und was können wir tun, dass es besser wird? Da kommen dann typischerweise solche Antworten: Na, dann macht es uns leichter, dass wir nicht vier Wochen warten müssen, bis das aus einem Archiv geholt wird, sondern anschauen können. Das sind so die Hintergründe für solche Feststellungen.

Zu dem Zeitpunkt kann ich eines sagen, wenn das unterschwellig bei Ihnen dahinter ist: Hat man schon damals versucht, den Prüfern keinen Zugang zu geben oder nur selektiv? – Nein, das war nicht das Thema.

Da war, sozusagen, die Geschäfte waren da, und es waren eh alle happy. Der Zugang zu den Akten war da nicht das Thema.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Gut, ich möchte auf einen Punkt eingehen, der noch einmal direkt mit der Revision zusammenhängt, und zwar wird da im Management Letter festgehalten, dass bei der Durchsicht der Revisionsberichte der Eindruck gewonnen wurde, dass die Darstellungen in der Zusammenfassung zu Beginn des Berichts häufig weniger kritisch ausgefallen sind als die detaillierten Feststellungen im hinteren Teil des Berichts.

Das ist als Feststellung so drinnen. Was ist da Ihre Einschätzung als Prüfer, was man mit so einer Vorgangsweise erreichen will?

Mag. Erich Kandler: Also, ganz ehrlich gesagt: Aus der Sicht des Prüfers ist es von der Feststellung her relativ klar. Das lässt – ich kann mich jetzt an die Formulierung … Ich habe sie auch nicht geschrieben, aber wenn Sie mir die als sozusagen neutraler Sachverständiger oder Experte vorlesen, dann habe ich eine relativ klare Meinung dazu, so quasi: Es wird ordentlich geprüft, es wird also gefunden, und an den Adressaten, sprich Vorstand, schreiben wir es dann schön sanft oben hinein.

Das entspricht natürlich nicht den Grundsätzen einer ordentlichen Berichterstattung für die Innenrevision und hat sicherlich zu den, sagen wir es einmal, gemischten Gefühlen über die Innenrevision der Hypo Alpe-Adria beigetragen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Warum, glauben Sie, dass so etwas in dieser sanften Form tatsächlich verfasst wurde?

Mag. Erich Kandler: Da kann ich nur spekulieren. Ich war nicht dabei, ich habe es nicht geschrieben. Vielleicht darf ich es so beantworten: Wäre ich in der Situation als Vorstandsmitglied und ich sehe eine Sammelleiste, wo draufsteht: Na, da könnte man über dieses oder jenes nachdenken, und zwei Seiten weiter sind harte Facts, in denen drinnen steht, was alles falsch ist, dann könnte ich mir vorstellen, dass ich mit dem Innenrevisor mal ein Gespräch führe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Mir geht es um die Causa Birnbacher, und zwar gibt es ein Gutachten von Ihrer Seite beziehungsweise von Deloitte, von Herrn Spitzer. Sie hatten da massive Bedenken, haben Sie gesagt, was dieses Gutachten betrifft. Das steht zumindest in Ihrem Vernehmungsprotokoll, und zwar mit der Nummer 8096.

Mag. Erich Kandler: Darf ich kurz hineinschauen? Ich glaube, ich weiß, was Sie meinen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es geht um Ihre Bedenken bezüglich Berufskollegen und so weiter. Sie haben da massive Bedenken geäußert in Ihrer Vernehmung.

Mag. Erich Kandler: Entschuldigung, helfen Sie mir geschwind! Welche Seite sind Sie jetzt?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Seite 258. Unten, oder oben steht es auch: 258 von 359.

„Ähnlich wie mein Kollege Schober, habe ich Bedenken geäußert, das Honorar eines Berufskollegen zu beurteilen.“ (Auskunftsperson Kandler: Ja.) – Ja, genau. Und Sie haben gesagt, dass das Honorar sehr lächerlich gering war, das Sie als Treuhänder bekommen haben. Warum haben Sie es dann überhaupt gemacht?

Mag. Erich Kandler: Herr Lugar, was ich gesagt habe, sind zwei Dinge: Ich habe vorher ausgeführt, dass wir das reduzierte Honorar des Herrn Birnbacher, oder der Kollege Spitzer, dann innerhalb der Bandbreite als angemessen oder vertretbar eingestuft hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das haben auch Sie gemacht. Sie haben das unterschrieben. Ist richtig, oder?

Mag. Erich Kandler: Ich glaube, dass ich … Es hat zwei Versionen gegeben, weil man dann noch eine Zusatzfrage gestellt hat. Eine der beiden Versionen habe ich unterschrieben mit dem Kollegen Spitzer, die andere der Kollege Schober. Ich glaube, ich war bei der ersten und er bei der zweiten. Das kann ich jetzt auswendig … steht wahrscheinlich eh da drinnen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, ich habe es eh gelesen. Sie waren es.

Mag. Erich Kandler: Okay. So, was ich gesagt habe, ist daher Folgendes – nicht nur, was ich gesagt habe, sondern so war es auch –: Der Kollege Schober und ich … Vielleicht muss ich auch noch dazusagen, dass ich, ich glaube, zehn Jahre Berufsrecht für Wirtschaftstreuhänder unterrichtet habe. Demzufolge habe ich auch eine leise Vorstellung, was die berufsrechtlichen Regeln sind.

Und es geziemt sich nicht oder geziemte sich damals nicht für Wirtschaftstreuhänder, über das Honorar eines anderen Wirtschaftstreuhänders Urteile abzugeben, außer man ist dazu vom Gericht beauftragt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber meine Frage ist ja, warum Sie das gemacht haben.

Mag. Erich Kandler: Sie haben mir vorgehalten, warum war ich skeptisch zu dem Auftrag, und Sie bringen das schon wieder mit zwei Honorarhöhen in Zusammenhang. Ich versuche das gerade – ich glaube auch um die Zeit – in halbwegs klaren Sätzen zu formulieren. (Abg. Lugar: Halb drei, nicht so schlimm!) Ich habe mit dem Kollegen Schober, der sozusagen zu dem Zeitpunkt mein Gegenüber in gewisser Weise über die … Nein, da war er schon alleine Prüfungsbereichsverantwortlicher, aber ich war im Sparkassenprüfungsverband, so war es. Und die haben mich sozusagen in der Riskmanagerrolle plus ein bisschen Hintergrund über das Berufsrecht gefragt, und sie haben gesagt: Können wir das eigentlich machen?

Ich hatte Bedenken, weil genau zu dieser Zeit eine Änderung der sogenannten Ausübungsrichtlinie des Wirtschaftstreuhänderberufsstandes schlagend wurde. Schober und ich, wir haben beide gesagt: Gottfried, das ist haglich. Bitte überprüfen, ob wir das machen dürfen!

Wenn ich mich richtig erinnere, hat dann der Kollege Schober beim Kammerjuristen, dem Vorsitzenden des Ausschusses unserer Wirtschaftstreuhänderkammer angerufen und gesagt: Dürfen wir das oder dürfen wir das nicht?

Und er hat dann gesagt: Ja, nach der Novelle, wenn das sozusagen bla bla bla ein paar Nebenbedingungen sind, könnt ihr auch das Honorar eines anderen Wirtschaftstreuhänders beurteilen, insbesondere dann, wenn ihr nicht in einer Wettbewerbssituation seid und wenn es sich nicht sozusagen noch dazu um im Kern wirtschaftstreuhänderische Leistungen handelt, weil Verkaufen von Unternehmen ist jetzt Wirtschaftstreuhändern durchaus gestattet, aber es ist keine Kerntätigkeit.

Das waren die Bedenken, die wir hatten, Michel Schober und ich, sonst nichts. Was ich vorher gesagt habe, ist: Wir, als Deloitte, Kollege Spitzer, haben ein sehr niedriges Honorar für diese Beurteilung bekommen. Das Honorar des Herrn Birnbacher war, wie wir wissen, …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das habe ich gemeint, ja. (Auskunftsperson Kandler: Ach so!) Dass Sie einen Auftrag angenommen haben, der für Sie eigentlich nur Nachteile hatte (Auskunftsperson Kandler: Nein!), weil er eben schlecht bezahlt und mit gewissen Risiken verbunden war.

Mag. Erich Kandler: Er war nicht in dem Sinn schlecht bezahlt. Es war nur ein relativ kleiner Auftrag. Und wenn Sie sich überlegen, Sie sagen einem Kunden wie der Kärntner Landesholding, der ja letztendlich irgendwo im weitesten Sinne auch Hypo ist: Ja, wir machen das, und wir machen das um ein paar Tausend Euro – ich weiß gar nicht mehr, was da letztendlich das Honorar war, das steht sicher da wo drinnen –, dann gehen Sie auch das Risiko ein, dass Sie die Information nicht beschaffen können, dass sie fünf Läufe brauchen, dass Sie ein nächstes Datencenter anfragen müssen und dann womöglich kein Ergebnis haben.

Das nennt man Auftragsrisiken, wenn ich einen Auftrag annehme, wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich auch … Ich weiß zwar, wie es geht, aber ich weiß nicht sicher, ob ich dem Kunden die Antwort geben kann, die er eigentlich will. Das waren, neben der berufsrechtlichen Frage, die Bedenken, die wir hatten.

Gottfried Spitzer hat dann gesagt: Na, dann machen wir die Anfrage, das kostet nicht zu viel. Und siehe da, die haben flott gearbeitet. Ich glaube, das hat nur einen Tag gedauert oder eineinhalb, und wir hatten eine aus meiner Sicht auch sehr brauchbare Analyse über das Honorar für den von uns unterstellten, weil uns so mitgeteilten, Leistungskatalog. Verständlich?[xxv]

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja. (Auskunftsperson Kandler: Danke!) Sie haben hier auf Seite 259 ausgesagt: „Es wurde an mich ein revidierter Text herangetragen, wobei es einen Textentwurf von Dr. Spitzer gab, der von der Kärntner Landesholding offensichtlich bearbeitet und umformuliert wurde und dann bei uns neuerlich abgeändert wurde. Ich habe dann am 12. März glaublich zurückgeschrieben ,das geht (noch)‘.“Können Sie mir das erklären, warum da herumgepfuscht und herumgeändert wird und Sie sagen dann: Ja, ja, okay, das geht noch? So nach dem Motto: Das wäre eine kleine Gefälligkeit. Es ist ja um Ihr Gutachten gegangen, nicht um das der Holding.

Mag. Erich Kandler: Herr Lugar, Sie haben das wirklich sehr gründlich gelesen. Danke, dass Sie mich daran erinnern: Das geht noch – kann ich in dem Zusammenhang relativ leicht beantworten. Da ging es um die Frage: Was beschreiben wir einerseits über den Leistungsumfang und auch über den Umstand, dass wir diese Beurteilung vornehmen?, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.

Es wäre jetzt natürlich schön, wenn da dahinter dieses Gutachten beziehungsweise das E-Mail der Kärntner Landesholding gelegen wäre, was da tatsächlich geändert wurde.

Das bezieht sich nicht … das sage ich ganz ausdrücklich, denn das bin ich, glaube ich, irgendwann gefragt worden, vielleicht war das dann nicht bei der Staatsanwaltschaft, sondern im Gerichtssaal, ob sich das „noch“ auf die Höhe des Honorars bezieht, sondern das bezieht sich auf die Formulierung des Gutachtens.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Mir ist es klar, worauf sich das bezieht. (Auskunftsperson Kandler: Warum fragen Sie dann?) Sie haben am 6. März ein Schreiben verfasst, wo Sie eine Bandbreite von 0,3 bis 1,9 Prozent als angemessen für Verkaufsverhandlungen beschreiben. Das heißt, Sie sind am 6. März davon ausgegangen, dass der Herr Birnbacher in irgendwelche Verkaufsverhandlungen involviert war. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) Auf der Seite 258.

Mag. Erich Kandler: Entschuldigen Sie, das war die Grundannahme hinter der ganzen Anfrage.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau, um das geht es mir. Das möchte ich nur von Ihnen bestätigt haben. (Auskunftsperson Kandler: Ach so, ja!) – Sie bestätigen also hier, dass Sie am 6. März davon ausgegangen sind, dass Herr Birnbacher in Verkaufsverhandlungen involviert war und deshalb diese 0,3 bis 1,9 Prozent angemessen sind.

Mag. Erich Kandler: Herr Lugar, ob ich am 6. März … Ich habe keinen Kalender da, sind Sie mir nicht böse!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das steht hier. Sie haben dieses Schreiben am 6. März verfasst. Das haben Sie ausgesagt.

Mag. Erich Kandler: Moment, Moment. Dann wird es wohl so gewesen sein, denn wenn ich bei einer Staatsanwaltschaft etwas aussage und vorbereitet bin, dann werde ich das gewusst haben. Ihre Frage ist etwas anderes: Habe ich am 6. März gewusst, dass das der Kollege Birnbacher ist? Das kann ich Ihnen heute weder bestätigen noch verneinen, weil ich schlichtweg nicht weiß, zu welchem Zeitpunkt mir klar war oder mir die Information zugegangen ist, dass es sich um den Herrn Birnbacher handelt. (Abg. Krainer: Das waren Auftragshandlungen! Sie haben vorher gesagt, das machen Sie schon, weil den Birnbacher kennen Sie!)

Ich habe Ihnen gesagt, dass wir die Auftragsannahme diskutiert haben hinsichtlich der Beurteilung des Honorars eines anderen Wirtschaftstreuhänders. Ob zu dem Zeitpunkt mir bewusst war … (Abg. Krainer: Vor einer Stunde, oder vor zwei Stunden …!)

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Entschuldigen Sie, jetzt bin ich beim Befragen.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Lugar! Sie sind am Wort und Sie haben noch eine halbe Minute.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Der redet immer dazwischen, das geht ja nicht. Sagen Sie ihm einmal, er soll sich einmal zurückhalten!

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Sie können die Frage an die Auskunftsperson formulieren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie wollen mir also weismachen, dass Sie nicht gewusst haben, dass es um Herrn Birnbacher geht und Herr Spitzer ausgesagt hat, dass er einen Tag vorher, bevor Sie dieses Gutachten unterschrieben haben, in Kenntnis gesetzt wurde, dass Herr Birnbacher nicht in die Käufersuche involviert war. Das war am 5.3.. Das heißt, einen Tag, bevor Sie sozusagen diesen Persilschein ausgestellt haben, hat Herr Spitzer schon gewusst, dass Herr Birnbacher nicht in die Käufersuche involviert war, und er hat auch gesagt, dass er genau weiß, worum es da wirklich geht. Und da hat er Sie nicht informiert einen Tag vorher?

Mag. Erich Kandler: Ich lehne es … Bitte, Herr Verfahrensanwalt, oder …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das steht alles hier. Das sind alles Ihre Aussagen und die Aussagen von Herrn Spitzer.

Mag. Erich Kandler: Ich glaube, ich kann relativ schnell lesen. Aber ich kann Ihnen in der Geschwindigkeit nicht folgen. Das muss ich leider sagen, das ist auch nicht so ganz einfach zu lesen hier.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das sind Ihre Aussagen.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit haben Sie jetzt ausgeschöpft.

Mag. Erich Kandler: Darf ich das kurz lesen und dann versuchen, das zu beantworten?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das bringt eh nichts, wenn ich nicht darauf reagieren kann. Machen wir das in der nächste Runde. (Abg. Krainer: Es gibt keine nächste Runde! Zumindest heute nicht! In 4 Minuten ist aus. – Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen. – Abg. Hable: Wie viel Zeit ist noch?)

Mag. Erich Kandler: Jetzt ist ja Lesezeit, oder? (Abg. Hable: Das hat jetzt keinen Sinn! – Weitere Zwischenrufe.) Lasst mich in Ruhe lesen, dann geht es schneller! (Abg. Matznetter: Er hat es extra aufgehoben!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Es gilt die Vierstundenvereinbarung. (Zwischenruf des Abg. Hable.) Wenn es um die Beantwortung einer Frage geht, schon.

Herr Mag. Kandler! Wollen Sie die Frage nach dem Lesen dieser Unterlage noch beantworten? (Abg. Lugar: Er will beantworten, ja!)

Mag. Erich Kandler: Frau Präsidentin! Bitte, das ist eine Frage, die die Vorsitzführung zu entscheiden hat. Ich kann das gerne lesen und diese Frage beantworten, wenn Sie das wollen.

Vorsitzende Doris Bures: Gut. Das war ja meine Frage, ob Sie das jetzt lesen und die Frage beantworten.

Mag. Erich Kandler: Mein Verständnis war, dass diese Lesezeit nicht auf die vier Stunden geht.

Vorsitzende Doris Bures: Oh ja, schon.

Mag. Erich Kandler: Ui, ui, Entschuldigung. (Rufe: Das ist zu Ihrem Schutz, die Regelung! Aber Sie dürfen wieder einmal kommen! … gleich Termin ausmachen!)

Herr Lugar, auf die Frage kann ich relativ einfach antworten, ich kann den von Ihnen hier dargestellten zeitlichen Ablauf aus dem Dokument so nicht nachvollziehen. Mir ist klar erinnerlich, dass es die … (Abg. Lugar: Auf Seite 240 steht das …!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Sie sind jetzt nicht am Wort. (Ruf: Er kommt eh noch einmal!)

Mag. Erich Kandler: Ich habe nur gesagt, ich kann es nicht nachvollziehen.

Vorsitzende Doris Bures: Dann gibt es einen klaren Mechanismus, wenn man da ... (Abg. Lugar: Seite 258 und Seite 240!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben eine klare Verfahrensordnung. Wir haben die Regelung, dass spätestens nach vier Stunden die Befragung als beendet zu erklären ist und eigentlich auch die Regelung, dass die Befragungsdauer drei Stunden nicht überschreiten soll. Ich weiß, dass es immer dann, wenn sich die Befragungsdauer nach der Verfahrensordnung dem Ende zuneigt, viele Nachfragen an die Auskunftsperson gibt. Das ist nicht möglich, aber es besteht natürlich die Möglichkeit, Auskunftspersonen ein weiteres Mal zu laden.

In diesem Sinne erkläre ich nach § 37 Abs. 4 der Verfahrensordnung die Befragung für beendet. Ich danke Herrn Mag. Erich Kandler und auch Dr. Schima für ihr Erscheinen. Bevor wir die nächste Auskunftsperson befragen, unterbreche ich jetzt die Sitzung.


 

Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA der Auskunftsperson

 

Anmerkung:  Aus technischen Gründen stimmen die angegebenen Seitenzahlen nicht mit dem Protokoll überein.



[i] Seite 6:

Die zivil- und bankrechtliche Verantwortung der Hypo-Bank selbst und ihrer Organe von 2000 bis 2009 steht über allen politischen Verantwortungen – die Organe der Bank!

Kommentar: Ausrufezeichen – das war besonders betont

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[ii] Seite 6

Der Druck auf und durch die Wiener Banken wegen Geschäftsentgangs und Margendruck durch die teilweise schwer verständlichen Kreditvergaben der Hypo in Südosteuropa und ihremn unfairen Kapitalvorteil aus den Haftungen obendrauf war erheblich. Das war Talk of the town seit spätestens 2009. (Abg. Kogler: 2004!) – 2004, danke.

Kommentar: bezog sich eindeutig auf die HBInt und nicht die Wiener Banken

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[iii] Seite 8:

Dieser Untersuchungsausschuss kann dazu beitragen, die politische  Dimension aufzuzeigen. Er wird aber, fürchte ich, kein Ergebnis oder keinen Konsens zu politischer Verantwortung oder gar zu zivilrechtlichen Haftungsinanspruchnahmen erzielen.

Kommentar: klingt nach doppelter Verneinung, war auch nicht in der Vorlage

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[iv] Seite 10:

Mag. Erich Kandler: Herr Dr. Pilgermair, ich habe nicht – das ist auch gänzlich unüblich – ... Kein Bankprüfer stimmt seine Prüfgebiete im Detail mit der Aufsicht ab.

Kommentar: eine zustimmende Formulierung habe ich sicher nicht gewählt

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[v] Seite 11:

Das heißt, wir können auch nur intern in dem Ausmaß, in dem es notwendig ist, um zu konsultieren, Erfahrungen zu sammeln, uns untereinander austauschen.

Kommentar: nur so gibt sie Aussage Sinn

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[vi] Seite 13:

Vielleicht für die Damen und Herren: Die sogenannten Swapverluste waren eigentlich keine Swaps, sondern ganz nüchterne Spekulationen, die nicht aufgegangen sind. Sie heißen deswegen Swaps, weil man sie die Verluste über Anschlusskreditgeschäfte, die als Swaps getarnt waren, verschoben hat.

Kommentar: dem Sinn nach kann es nur so gelautet haben

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[vii] Seite 16:

Herr Ettl hat auf das Telefonat meiner Erinnerung nach relativ scharf reagiert. Und ich verstehe auch, warum, denn genau zu dieser Zeit ist der § 63 über die Meldepflicht Redepflicht des Bankprüfers materiell geändert worden. Wir saßen, Mitarbeiter von Ettl und FMA, quasi parallel in einer AFRAC-Arbeitsgruppe, um dazu Stellungnahmen zu machen, wie wir mit dem Thema umgehen.

Kommentar: das habe ich immer sehr sorgfältig auseinander gehalten. Meldepflicht der Bank, Redepflicht des Bankprüfers, Anzeigepflicht der Behörden

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[viii] Seite 19:

Mag. Erich Kandler: Der Börsengang war … Das kann ich bestätigen, es wäre vollkommen undenkbar, am internationalen Kapitalmarkt Bankanteile anzubieten, wenn unmittelbar davor der weiterhin im Unternehmen tätige frühere Vorstandsvorsitzende und jetzt Aufsichtsratspräsident dabei ist… Dieses Produkt Hypo-Aktie ist nicht verkäuflich.

Kommentar: sonst unvollständig …

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[ix] Seite 22:

Wir mussten davon ausgehen, dass man uns ganz wesentliche Informationen vorenthalten hat, und das über ein Jahr lang, bei einer börsennotierten Gesellsch… ahaft einem öffentlichen Interesse in dieser Größenordnung – ein absolutes Unikat.

Kommentar: dürfte ein Übertragungsfehler sein

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[x] Seite 33:

„Die Steuer- und Wirtschafts-prüfungskanzlei DELOITTE hataht die Jahresabschlüsse der Hypo Alpe-Adria regelmäßig testiert, so auch in den entscheidenden Jahren 2007 und 2008, in denen in der Bank Milliarden versenkt wurden.

Kommentar: Bindestrich in Wirtschafts-prüfungskanzlei und Tippfehler in aht

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[xi] Seite 36:

Was überbleibt, ist sozusagen eine mögliche Situation oder ein eben halbwegs konkreter Verdacht, dass diese dort angesprochenen Beratungshonorare in das Umfeld des mittlerweile Herrn Aufsichtsratsvorsitzenden geraten sind.

Kommentar: eine Präzisierung wie diese habe ich sicher verwendet. Zum vermeintlichen Zahlungstermin war Dr. K. noch nicht AR Präsident, sondern noch Vorstand

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[xii] Seite 37:

Mag. Erich Kandler: Ich glaube nicht, dass ich das, ganz offen gesagt, in dieser Deutlichkeit so gesagt habe, denn wenn Sie smeinen Einleitungssatz lesen, dann steht dort drinnen – und so hat das Ganze wahrscheinlich auch begonnen –: „als Kick-Back-Zahlung an AR- Vorsitzenden Kulterer gewertet werden könne“.

Kommentar: das war ein Zitat aus dem AV des Herrn Ettl, nicht mein Text

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[xiii] Seite 52:

 Was auch nicht ganz logisch [oder nicht unlogisch] wäre, weil zuerst finanziere ich, ich finanziere den Käufer, dann bin ich drinnen, ich finanziere das Geschäft, dann wird es pleite, dann ziehen die Sicherheiten, und dann gehört mir aufgrund der Verpfändung der Anteile über die Holding logischerweise auch die Gesellschaft und natürlich der Sachwert. Kommentar: sonst gäbe das im Kontext keinen Sinn

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[xiv] Seite 53: Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich möchte von dem [Andersen  gibt in dem Kontext keinen Sinn!] wieder auf die Frage des Aktenvermerks zurückkommen.

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[xv] Seite 53:

Kulterer sitzt im Aufsichtsrat und nicht mehr im operativen Management, also wenn Sie so wollen: eine Art Nachlese auf diese Phase. (Abg. Matznetter: EssaySE [gemeint war die Rechtsform der Societas Europaeis ?) – Nein, Essay SE war, glaube ich, keines [Folgekorrektur] im Spiel, sonst wäre es natürlich …

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[xvi] Seite 55: Ein Gespräch mit Vorstand der Hypo Alpe-Adria nächsten Dienstag, das passt in das Zeitschema, in die Zeitleiste, die hier recherchiert wurde, nicht hinein, weil am Dienstag ist noch nichts passiert. Freitag, 2. Februar [gemeint war März], also Freitag, 2. – nein, kann ich nicht nachvollziehen, wüsste auch nicht, wer das geschrieben hat.

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[xvii] Seite 56:

Das ist rechtskräftig entschieden, ich habe hatte [Fallfehler] auch die Ehre, dort mehrfach Kollegen zu Einvernahmen – also Zeugenaussagen und gerichtlichen Einvernahmen als Vertrauensperson zu begleiten und war auch ein bisschen

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[xviii] Seite 59:

  Als  wir,  ich  glaube,        am 9. November dann das quasi vorläufige – quasi [wurde in der Sitzung nach meiner Erinnerung richtig gestellt] finale – Ergebnis erhalten haben, war klar, dass wir vor der unmittelbar danach stattfindenden  Aufsichtsratssitzung in München – die war für Montag, den 16. November angesetzt – einen Warnbrief schreiben müssen, denn  es

Kommentar: Macht viel mehr Sinn

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[xix] Seite 61: Mag. Erich Kandler: Das ist keine Differenz, Herr Rauch, sondern das ist eine relativ einfache Überlegung, die da imdem Ganzen dahintersteht.

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[xx] Seite 61:

Es war dann leider so, dass zwischen dem Zeitpunkt, als dieser Warnbrief Mitte November geschrieben wurde, und einerseits des – ich darf das salopp so nennen – Verstaatlichungswochenendes und dann dem März oder Ende September [sic: gemeint war natürlich Februar – bitte überprüfen!] , als wir materiell die Prüfung des Geschäftsjahres 2009 abgeschlossen haben, noch einige weitere Ereignisse eingetreten sind und bekannt wurden – unter anderem ein sehr massiver Drang der Anleger und Sparer, Geld von der Hypo-Gruppe abzuheben, darüber hinaus bestimmte Feststellungen in Ländern oder Gesellschaften nennen darf ich zum Beispiel die Hypo- Leasing Bulgarien, weil ich von der entbunden bin –, die zu zusätzlichen Wertberichtigungen geführt haben.

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.

 

[xxi] [Seite 66:

Die Prüfungshandlungen – oder Analysehandlungen, muss man da eigentlich richtigerweise sagen – des Teams bestanden darin, dass man über eine internationale Recherche und Datenbankabfrage – dazu haben wir im Deloitte-Netzwerk bestimmte Vereinbarungen – recherchiert hat, bei welchen annähernd vergleichbaren Transaktionen der verkaufs- oder, wie man sagt, salesseitige sell-seitige Berater in etwa in welcher Höhe, ausgedrückt in Prozent oder Promille des Transaktionsvolumens, entlohnt wurde.

Kommentar: Terminus tecnicus

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[xxii] Seite 66:

Nun muss man wissen, dass es auf der Welt natürlich einige Banktransaktionen in dieser Größenordnung gibt. Situationen, in denen das sell-seitige salesseitige Honorar erstens überhaupt bezahlt wurde und zweitens auch noch veröffentlicht ist, so dass man es nachvollziehen kann, sind sehr, sehr wenige. Auch der Leistungsumfang ist sehr, sehr schwer abzugrenzen.

Kommentar: Terminus tecnicus

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[xxiii] Seite 68:

Das andere, das Sie ansprechen, ist aber sozusagen die nächste Metaebene Ebene: Was passiert mit Haftungen, und wer weiß von Haftungen?

Kommentar: gibt keinen Sinn

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

 

[xxiv] Seite 69:

Da gab es diese dreistufige Regelung: Bis 2004 geht alles, bis 2007 nur mehr befristet, bis 2007 [sic 2017 – gibt ja sonst keinen Sinn], und danach laufen alle aus.

Anmerkung: Diese Einwendung wurde angenommen.

 

[xxv] Seite 77:

Ich glaube, das hat nur einen Tag gedauert oder eineinhalb, und wir hatten eine aus meiner Sicht auch sehr brauchbare Analyse über das Honorar für den von uns unterstellten, weil uns so mitgeteilten, Leistungskatalog. [in Kursiv: Kandler wendet sich an die Vertrauensperson bzw. Verfahrensanwalt Verständlich?]

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.