165/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

der Enquete-Kommission zum Thema „Stärkung der Demokratie in Österreich“

Die Enquete-Kommission zum Thema „Stärkung der Demokratie in Österreich“ hat in der konstituierenden Sitzung am 18. Dezember 2014 auf Vorschlag der Obfrau Doris Bures gemäß § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates einstimmig beschlossen, die auszugsweisen Darstellungen der öffentlichen Anhörungen als Kommuniqué zu veröffentlichen.

 

Am 16. September 2015 fand die achte öffentliche Anhörung statt, deren auszugsweise Darstellung angeschlossen ist.

 

Wien, 2015 09 16

                           Mag. Wolfgang Gerstl                                                         Ing. Norbert Hofer

                                     Schriftführer                                                                    Obfraustellvertreter


 

 

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Enquete-Kommission

 

„Stärkung der Demokratie in Österreich“

 

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Auszugsweise Darstellung

(verfasst vom Stenographenbüro)

 

8. Sitzung

Mittwoch, 16. September 2015

10.04 Uhr – 12.35 Uhr

BR-Saal


 

Statements der Fraktionsvorsitzenden

 

Abg. Dr. Peter Wittmann (SPÖ)

 

Abg. Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP)

 

Abg. Mag. Harald Stefan (FPÖ)

 

Abg. Mag. Daniela Musiol (Grüne)

 

Abg. Dr. Nikolaus Scherak (NEOS)

 

Diskussion

 


 

Beginn der Sitzung: 10.04 Uhr

Obfraustellvertreter Präsident Ing. Norbert Hofer eröffnet die 8. Sitzung der Enquete-Kom­mission betreffend „Stärkung der Demokratie in Österreich“, die sich mit der Beschlussfassung des Berichts beschäftigt, und begrüßt die Anwesenden sowie alle sonst an diesem Thema Interessierten.

In den vergangenen Monaten hätten intensive Diskussionen stattgefunden, ins­besondere durch die Einbindung der acht ausgelosten Bürgerinnen und Bürger sowie im Zuge der öffentlichen Anhörung zahlreicher Expertinnen und Experten.

In Vorbereitung der Sitzung hätten die Klubs vereinbart, in dieser Sitzung pro Klub je zwei Landespolitikerinnen und Landespolitiker beziehungsweise Bundesrätinnen und Bundesräte beizuziehen, deren Namen auf der im Saal aufliegenden Liste zu finden sei. – Gegen die Beiziehung der genannten Personen wird kein Einwand erhoben.

Einer Vereinbarung der Fraktionen zufolge werde diese Sitzung öffentlich abgehalten. Diese werde über den Live-Stream des Parlaments im Internet übertragen. Mit dem Hashtag #EKDemokratie sei es möglich, auf Twitter an der Debatte teilzunehmen. Auf der Leinwand hinter dem Präsidium als auch im Internetportal des Parlaments www.parlament.gv.at würden die aktuellen Tweets zur laufenden Sitzung einge­blendet.

Nach technischen Mitteilungen leitet der Obfraustellvertreter zu den Statements der Fraktionsvorsitzenden über.

Statements der Fraktionsvorsitzenden

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Zunächst einmal ein herzliches Dankeschön an die Bürger, die sich zur Verfügung gestellt haben, diesen doch sehr langwierigen und sehr umfangreichen Prozess zu begleiten beziehungsweise an diesem Prozess mitzu­wirken.

Es war für uns auch sehr aufschlussreich, welche Inputs hier gekommen sind. Und für mich persönlich darf ich vielleicht Folgendes zusammenfassen: Es ist auf alle Fälle jener Input für mich sehr wichtig gewesen, dass man möglichst frühzeitig in Vorhaben, die ganz konkrete Gesetzestexte betreffen, eingebunden werden soll. Also es geht nicht allein um die Frage des Volksbegehrens und der Volksmitwirkung, sondern auch um die Frage: Wo setze ich an, um den Bürger bei einem Gesetzwerdungsprozess abzuholen?

Es sind viele konkrete Gesetze angesprochen worden, die halt jeden auf seiner Ebene interessieren, wovon er betroffen ist beziehungsweise wo er seine Interessenlagen hat. Wir haben versucht, in unserer Conclusio besonderen Wert darauf zu legen.

Das heißt also, ich glaube, dass wir im Gesetzwerdungsprozess ein Vorverfahren einführen sollten – mittels elektronischer Möglichkeiten ist das machbar –, das die Interessierten abholt. Dazu haben wir von den Experten verschiedene Varianten gehört, zum Beispiel dieses finnische Crowdsourcing-Modell, wo man einen Problemaufriss gibt und die Interessierten damit schon einbindet, bevor man noch einen Gesetzestext hat, verbunden mit einer zusätzlichen verstärkten Einbindung der Bürger in den Begutachtungsprozess.

Das ist eine für mich sehr, sehr weit reichende Erkenntnis, dass es wichtig ist, den Bürger viel früher bei konkreten Vorhaben abzuholen. Und das ist einer der Schwer­punkte, die wir auch umsetzen werden. Die anderen Themenkomplexe werden natürlich auch behandelt werden. Wir werden auch die Instrumentarien der direkten Demokratie aufwerten und hier eine verstärkte Einbindung der Bürger vorsehen. Beispielsweise wollen wir, dass ein ausreichend unterstütztes Volksbegehren in einer eigenen Sitzung behandelt wird, um die Aufwertung eines Plebiszits, in welcher Form auch immer, zu gewährleisten. Darauf komme ich aber dann später zu sprechen.

Ich fange gleich mit dem an, was bei dieser ganzen Sache konkret herauskommen soll. Wir werden auf alle Fälle die Verfassung dahin gehend abändern, dass die Möglichkeit besteht, in den Landesverfassungen all diese Modelle, die auf Landes- und Gemeindeebene vorgestellt wurden, umzusetzen, dass den Ländern die Möglichkeit gegeben wird, in ihren Landesverfassungen eine Beteiligung an direkter Demokratie vorzusehen, wie immer sie das dann gestalten wollen. Es geht uns darum, dass hier eine möglichst große Flexibilität herrscht und wir auch Best Practices bekommen, um zu sehen, was denkbar wäre, auch auf Bundesebene zu übernehmen.

Das heißt, es soll verfassungsrechtlich die Möglichkeit geschaffen werden, direkt­demokratische Instrumentarien auf Landes- und Gemeindeebene zu verankern, es soll jedem Land die eigene Gestaltungsmöglichkeit so weitreichend und so flexibel wie möglich eröffnet werden. Das ist eines der konkreten Ergebnisse, die wir aus dieser Enquete gezogen haben.

Das Zweite, und das war für mich eine der bedeutendsten Erkenntnisse aus diesem ganzen Prozess, ist die Teilhabe am politischen Prozess, das heißt eine verstärkte Transparenz hinsichtlich des Zugangs zu Informationen. Da wird eine der Voraussetzungen die Aufhebung der Amtsverschwiegenheit sein, um die Information auch aus dem Internet direkt zu bekommen. Das ist eine konkrete Maßnahme, die wir daraus ableiten. Und wir sind der Meinung, dass es auch zweckdienlich wäre, wenn die Regierung im Zuge von Transparenz und öffentlicher Kommunikation über ihre Vorhaben in einem Jahr oder in einem halben Jahr jeweils berichten würde, was konkret an Gesetzestexten, an Gesetzesvorhaben in den jeweiligen Ressorts vorhanden ist, um über die gesamte Vorhabenspalette der Bundesregierung rechtzeitig informiert zu werden.

Bei Entscheidungen im Zusammenhang mit Instrumentarien der direkten Demokratie – auch das ist verstärkt in der Enquete zur Sprache gekommen – wird die Meinungsbildung dadurch verstärkt werden, dass wir wie in der Schweiz ein Abstimmungsbüchlein verpflichtend auflegen werden, um die Möglichkeit zu geben, die Bürger objektiv zu informieren – nicht in eine Richtung, nicht tendenziell, sondern es geht lediglich darum, Informationen an die Bürger weiterzugeben. Und es soll, wie ich schon zuerst erwähnt habe, die möglichst frühe Einbeziehung der Bürger über Crowdsourcing und dann in weiterer Folge, wenn aus dem Crowdsourcing ein Gesetzestext entstanden ist, eine weitgehende Einbindung der Bürger in Begutachtungsverfahren geben.

Das sind die konkreten Vorschläge, die wir aus dieser Enquete aufnehmen werden, und das wird auch von uns in diese Richtung weiter betrieben und im Verfassungsausschuss in Form von entsprechenden Vorschlägen eingebracht werden.

Natürlich geht es auch um eine Aufwertung der direktdemokratischen Instrumente. Wenn ein Volksbegehren von 100 000 Wahlberechtigten unterstützt wird, muss es dann in einer eigenen Volksbegehren-Sitzung behandelt werden, in der auch jene Proponenten, die dieses Volksbegehren eingeleitet und sich sozusagen die Mühe gemacht haben, am direkten Entscheidungsfindungsprozess teilzunehmen, ein Rederecht eingeräumt bekommen, um ihre Argumentation, warum sie dieses Volksbegehren eingeleitet haben, auch direkt im Parlament vortragen zu können.

Weiters soll ein Bevollmächtigter jener Proponenten, die das Volksbegehren eingeleitet haben, auch in den internen Beratungen in den Ausschüssen die Möglichkeit haben, deren Argumente darzulegen, um auch da einen verstärkten Meinungsfluss zu haben.

Wir werden auch versuchen, für Volksabstimmungen und Volksbefragungen ein zentrales Wählerregister einzuführen, um auch die elektronische Unterstützung zu ermöglichen, um auch hier eine Vereinfachung des Zuganges zu bekommen.

Wir wollen auch die Stärkung des Parlaments versuchen: Die Abgeordneten, die Ausschussvorsitzende sind, sollen jeweils vierteljährlich öffentlich über die Vorhaben, die dieser Ausschuss hat, berichten. Und wir wollen auch den Punkt politische Bildung in den Schulen umsetzen, damit ihnen nahegebracht wird, wie man Volksbegehren einleitet, und all diese Dinge und es somit für die jungen Menschen leichter ist, an solchen Volksbegehren teilzunehmen.

Sie sehen, dass es zu konkreten Ergebnissen aus dieser Enquete kommen wird. Viele dieser Punkte, die in der Aussendung vom 2. September enthalten sind, sind auch von diesem Vorhaben umfasst. Ich glaube, das wird in Zukunft dazu beitragen, eine größere Akzeptanz für Gesetzesvorhaben zu erreichen. (Beifall.)

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gab sieben öffentliche Anhörungen, wir haben zahlreiche renommierte Expertinnen und Experten gehört, aus dem In- und aus dem Ausland, aus den Bundesländern, Verfassungsexperten, Verwaltungsexperten. Wir haben zum ersten Mal die Möglichkeit gehabt, acht Bürgerinnen und Bürger direkt einzuladen, die hier mitgewirkt haben. Der Ansatz, glaube ich, war ein ausgesprochen guter. Das Ergebnis wird aber jeder für sich unterschiedlich interpretieren.

Eines, glaube ich, ist besonders aufgefallen, was ich bei den Bürgerinnen und Bürgern so wahrgenommen habe, nämlich dass sie sich die parlamentarische Arbeit wahrscheinlich anders vorgestellt haben, als sie sie hier wirklich erlebt haben, und vor allem, dass sie gemerkt haben, dass die konkrete Arbeit nicht immer in der öffentlichen Sitzung geschieht, sondern dass die Ergebnisse dann danach mit Experten konkret erarbeitet werden müssen. Daran sieht man, dass die direkte Demokratie oder die Demokratie als solche immer einfacher dargestellt wird, als sie dann tatsächlich um­gesetzt werden kann.

Um ein Gesetz die direkte Demokratie betreffend durchzubringen, braucht man eine Verfassungsmehrheit. Das heißt, zwei Drittel der Abgeordneten müssen sich auf jedes Wort einigen. So etwas ist nicht in einer Rede möglich, aber draußen denkt man, das muss doch leicht möglich sein. Wenn man dann aber zusammensitzt, steht man hier wirklich vor einer Herausforderung. Und da sehe ich, dass wir im Bereich der direkten Demokratie teilweise an der Grenze unserer parlamentarischen Möglichkeiten angekommen sind. Es ist uns nicht gelungen, für eine Volksgesetzgebung, für jedes einzelne Wort eine Zweidrittelmehrheit zu erzielen. Und weil uns das nicht gelungen ist, können wir die Volksgesetzgebung noch nicht einführen.

Aber wir haben auf der anderen Seite, glaube ich, viele Punkte gefunden, wo wir die Bürgerinnen und Bürger im Vorfeld abholen können, das heißt also, nicht am Ende des Entscheidungsprozesses die Einbindung des Bürgers vorzusehen, sondern zu Beginn des Entscheidungsprozesses. Und das ist wirklich eine Qualitätssteigerung, die wir erreichen können, wenn es uns nun gelingt – und das ist das Vorhaben von den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP –, in der Bundesverfassung die Möglichkeit zu ver­ankern, dass dort, wo die Entscheidungen die Menschen am stärksten treffen, nämlich vor Ort, in den Gemeinden und in den Ländern, mehr direkte Demokratie stattfinden kann, mehr Volksabstimmungen, mehr Volksbegehren eingeleitet und umgesetzt werden können. Das war auch ein Wunsch der Länder. Hier sind wir in unserem föderalen System, glaube ich, so gut aufgestellt, dass wir ein gutes Zusammenwirken haben. Und ich sehe das auch aus diesem Minderheitsbericht, der nun abgegeben worden ist, der uns gestern über die Homepage einer Oppositionspartei bekannt gemacht wurde, dass das auch vonseiten der Oppositionspartei grundsätzlich unterstützt wird, eine solche verfassungsrechtliche Ermächtigung für die Gemeinden und die Länder zu beschließen. Damit können wir das, was wir vorgehabt haben, nämlich die Bürger stärker am Prozess zu beteiligen, auch wirklich umsetzen. Und ich denke, dass das wirklich ein Fortschritt ist.

Wir haben von diesen internationalen Modellen, die wir gehört haben, das Modell des Crowdsourcing aus Finnland aufgenommen, das dafür sorgt, dass wir wirklich schon im vorparlamentarischen Prozess, im Begutachtungsverfahren die Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger bei bestimmten Straßenprojekten, bei bestimmten Gesetzes­vorhaben miteinbeziehen und nicht zuerst die Experten den Gesetzentwurf entwerfen lassen und erst danach die Bevölkerung abstimmen lassen. Das heißt, wir wollen die Erfahrung der Bevölkerung schon hineinnehmen, bevor es im Parlament überhaupt abgestimmt wird.

Ich glaube, dass wir dadurch auch viel mehr Transparenz hineinbekommen werden, viel mehr Mitwirkung gegeben ist und wir es schaffen können, in Zukunft noch unmittelbarer für die Bevölkerung über unsere Gesetze zu entscheiden. Ich denke, dass das wirklich große Möglichkeiten sind, um die Teilhabe und die Partizipation zu stärken.

Das wird ein erster Schritt sein, der hier gemacht werden kann. Mein Kollege hat schon gesagt, dass wir das für einen der nächsten Verfassungsausschüsse vorbereiten wollen, dass wir auch diese elektronische Mitbestimmungs- und Abstimmungs­möglichkeit bei Volksbegehren, bei Bürgerinitiativen stärken wollen. Ich denke, da gibt es ganz viele Punkte, wo wir die Menschen noch viel mehr miteinbeziehen können.

Die Stärkung des Parlaments wurde auch erwähnt. Das haben wir aber anders als die Oppositionsparteien vorgesehen, nämlich dass es darauf ankommt, dass die Bürger mitreden können. Also wir wollen die Abgeordneten unmittelbarer machen. Wir wollen das Persönlichkeitswahlrecht stärken. Wir wollen, dass die Abgeordneten hinausgehen und die Menschen draußen informieren, unabhängig von ihrer Partei, als Ausschussvorsitzende, als Vorsitzendestellvertreter, dass der Kontakt zwischen der Bevölkerung und den Abgeordneten viel besser wird. In diesem Sinne soll die Stärkung des Parlaments erfolgen. Es geht uns nicht um die Stärkung von parlamentarischen Rechten, die die Opposition in ihrem Minderheitsbericht stark ausgewiesen hat, denn das ist jetzt nicht die Diskussion, es geht jetzt nicht darum, Oppositionsparteien zu stärken, sondern es geht darum, die Bürgerinnen und Bürger zu Wort kommen zu lassen und ihnen alle Möglichkeiten zu geben, hier mitzubestimmen.

Meine Damen und Herren! Ich kann Sie alle nur einladen, hier weiter mit dabei zu sein. Ich bedanke mich nochmals bei den Bürgerinnen und Bürgern für ihr Engagement, für ihr Mittun, für ihr Mitdabeisein. Und jetzt geht es in den parlamentarischen Prozess der weiteren Umsetzung.

Danke für diese Enquete-Kommission und ein Danke an die zahlreichen Expertinnen und Experten, die hier mitgearbeitet haben. (Beifall.)

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Jetzt rückblickend nach dieser Enquete-Kommission würde ich einmal fünf Punkte herausgreifen, die ich als positive Aspekte oder auch in gewisser Weise dankend anerkenne.

Das eine ist die Initiative, diese Enquete-Kommission an sich zu machen, und auch die Arbeit aller Mitarbeiter hier im Parlament, in unseren Klubs und so weiter, die damit zusätzlich belastet waren.

Es sind zweitens die interessanten Vorträge. Es war ja wirklich toll, was wir hier an Meinungen von Experten, an internationalen Erfahrungen hören konnten, die, glaube ich, die meisten von uns oder wahrscheinlich alle so nicht hatten. Allein das war also sehr interessant.

Weiters die Neuerungen, die bei der Umsetzung gemacht wurden, nämlich dass die Bürger einmal unmittelbar die Möglichkeit hatten, am parlamentarischen Prozess ein bisschen mitzuwirken, die Twitter-Wand. Also zumindest neue Ansätze.

Ein interessanter Aspekt war, wie die Medien mit einer derartigen Enquete-Kommission umgehen, nämlich im Wesentlichen darüber nicht zu berichten, selbst wenn sie hier anwesend sind und Stellung nehmen. Das war auch ein sehr interessanter Aspekt und wichtig vielleicht für alle Anwesenden zu sehen.

Vielleicht das Wichtigste war, endlich Klarheit darüber zu haben, wie die Regierungsparteien wirklich direkte Demokratie sehen. Man muss ja dankbar sein, endlich einmal zu wissen, woran man ist, denn wir werden jetzt seit etwa zwei Jahren hingehalten, wenn es darum geht, wie die Weiterentwicklung der direkten Demokratie ausschauen soll. Das muss man schon auch an diesem Punkt noch einmal kurz beleuchten, wie das alles abgelaufen ist. Daher muss man jetzt dankbar sein, endlich zu wissen, dass die Regierungsparteien tatsächlich keine unmittelbare Mitwirkung der Bevölkerung an der Gesetzwerdung haben wollen.

Vielleicht ganz kurz nur zur Historie, weil es doch wichtig ist: Vor mehr als zwei Jahren – oder eigentlich schon vor drei, vier Jahren – wurden die ersten Anträge und konkrete Konzepte zur direkten Demokratie von der Opposition eingebracht. Dann gab es eine Arbeitsgruppe dazu, damals noch unter der leider so früh verstorbenen Präsidentin Barbara Prammer. Aufgrund dieser Arbeitsgruppe gab es dann plötzlich ein Gesetzespapier der Regierungsparteien, das wirklich sehr geringe Ansätze – um das sehr freundlich zu sagen – direkter Demokratie gezeigt hat. Also da war nur eine bessere Beerdigung der Volksbegehren vorgesehen und eine Bürgeranfrage im Parlament, die ohnehin sehr schnell als wirklich lächerlich zurückgezogen wurde.

Dann hat die Opposition reagiert und gesagt, gut, dann greifen wir jetzt wenigstens das auf, was da ist, was wir gehört haben, was möglicherweise für die Regierungsparteien gerade noch akzeptabel sein könnte, und wir haben gemeint, am Ende eines erfolgreichen Volksbegehrens soll es zumindest eine verbindliche Volksbefragung geben. Also ohnehin schon ein eigentlich sehr halblustiger Ansatz, aber wir haben gehofft, dass wir damit den ersten Schritt setzen. – Das wurde auch abgelehnt.

Dann gab es eine weitere Gesetzesinitiative, wo die Grünen gemeinsam mit den Regierungsparteien etwas Ähnliches nur mit einigen Einschränkungen eingebracht haben.

Und dann gab es eine Begutachtung. Eine Begutachtung gibt es offenbar immer dann, wenn man es will. Und wenn man es nicht will, wie beim Durchgriffsrecht etwa, über das wir heute noch im Verfassungsausschuss diskutieren werden, dann gibt es keine Begutachtung. Das ist halt auch ein Mittel, etwas zu bremsen. Es gab also eine Begutachtung, und aufgrund dieser Begutachtung hat man dann festgestellt: Es gibt so große Schwierigkeiten, man muss das jetzt auf die lange Bank schieben.

Dann ist die Wahl dazwischengekommen, und letztlich wurde dann diese Enquete-Kommission eingesetzt. Und jetzt wissen wir – und dafür bin ich, wie gesagt, dankbar –, es soll tatsächlich nicht einmal eine verbindliche Bürgerbefragung am Ende eines erfolgreichen Volksbegehrens geben. Das heißt, es soll keine Möglichkeit der Be­völkerung geben, in die Gesetzwerdung einzugreifen, nicht einmal mit diesem schwachen Argument.

Und das ist schon auch wichtig. Es ist wichtig für uns als Oppositionsparteien, das einmal zur Kenntnis zu nehmen, denn man hat uns ja immer so ein bisschen die Karotte vor die Nase gehalten. Im Rahmen des Wahlkampfs haben alle Parteien noch davon gesprochen, dass sie das grundsätzlich wollen, es gehe nur darum, das konkret auszuformulieren, man sei halt noch nicht so weit, und so weiter. Aber jetzt wissen wir wenigstens, woran wir sind. Für mich ein klarer Rückschritt, muss ich sagen, aber man muss das einmal so zur Kenntnis nehmen, und es werden sich ja vielleicht auch einmal die Mehrheitsverhältnisse in diesem Land ändern, und dann können sich auch in diesem Bereich Dinge weiterbewegen.

Natürlich gibt es immer eine subjektive Wahrnehmung, das ist klar, jeder hört bei den Vorträgen etwas anderes, für jeden bleibt etwas anderes hängen. Ich habe noch sehr genau im Ohr, wie hier wirklich damals von allen Experten, die bei dieser Sitzung dabei waren, unisono gesagt wurde: Wenn am Ende eines erfolgreichen Volksbegehrens eine unverbindliche Volksbefragung steht, dann ist das ein ganz schlechtes Zeichen, dann ist es eigentlich etwas, wodurch die Bevölkerung nachher noch mehr frustriert ist. Das hat mich damals schon auch insofern beeindruckt, als es ja auch unser Oppositionsvorschlag war, der immer nur als Kompromiss gedacht war, aber immerhin. Interessant, dass die Experten das abgelehnt haben. Also wenn, dann ganz und nicht halb, sonst schreckt man die Bevölkerung erst recht wieder davon ab.

Es gibt einen Minderheitenbericht. Für diese Initiative bin ich den Grünen sehr dankbar und den Mitarbeitern des grünen Klubs, die das letztendlich dann so ausgearbeitet haben. Das muss man an dieser Stelle auch sagen. Inhaltlich tragen wir das natürlich hundertprozentig mit. Das ist das, was wir gemeinsam wollen, und ich hoffe, dass das auch für die Regierungsparteien ein bisschen ein Anhalt ist, zu sehen, wie es weitergehen könnte.

Direkte Demokratie steht nach wie vor auf der Tagesordnung. Ganz kurz zum Schluss noch einmal, worum es uns bei direkter Demokratie geht.Das eine ist: Es muss die Möglichkeit geben, dass die Bevölkerung von sich aus etwas initiiert, ein Gesetz initiiert. Wir sagen immer, das, was das Parlament darf, muss auch die Bevölkerung dürfen. Das ist unser Ansatz.

Und der zweite wesentliche Punkt, wenn es um direkte Demokratie geht, ist ein Veto-Volksbegehren. Das heißt also, dass man, wenn es bereits einen Gesetzesbeschluss im Parlament gibt, auch wiederum die Möglichkeit hat, zuerst einmal mit einer bestimmten Anzahl von Unterstützern zu verlangen, dass über dieses bereits be­schlossene Gesetz abgestimmt wird.

Wir sind überzeugt, dass das die repräsentative Demokratie, also das Parlament, gut ergänzen würde, auch verbessern würde, weil die Qualität der Gesetzesvorschläge dadurch besser werden würde, weil man weiß, es gibt noch eine Nachprüfung. Ich bin mir sicher, einiges, was wir alleine in der letzten Legislaturperiode beschlossen haben, wäre nicht beschlossen worden, wenn die Gefahr bestünde, dass danach die Be­völkerung das vielleicht noch einmal umdreht.

Das war unser Vorschlag und das bleibt unser Vorschlag, und wir werden weiter daran arbeiten.

Wie gesagt, ich bedanke mich für die Klarheit, die wir jetzt haben, aber es ist für uns in Wirklichkeit der Auftrag, weiter daran zu arbeiten. (Beifall.)

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Eigent­lich wollte ich meine Rede anders beginnen, aber ein Tweet auf der Twitterwall hat irgendwie meine Aufmerksamkeit von Beginn an gefesselt und auch erinnert an eine Situation vor einem Jahr. Hier steht: „Begräbnis der Holzsarg-Klasse. #demokratie“.

Ich kann mich erinnern, als die Regierungskoalitionsvereinbarung veröffentlicht wurde, wurde ich von einer Journalistin angerufen und zum Thema direkte Demokratie gefragt: Sie haben ja vor ein paar Monaten mit SPÖ und ÖVP einen Kompromiss verhandelt, nämlich die Volksbefragung. Davon steht jetzt nichts mehr drinnen, sondern was zu dem Thema drinnen steht, ist die Enquete-Kommission. Was sagen Sie dazu? – Und mein erster Gedanke war – wahrscheinlich nicht zuletzt deshalb, weil ich in meinem Zivilberuf mit Trauer beschäftigt war –: Das klingt nach einem Staatsbegräbnis erster Klasse. Und ich habe auch gesagt, wir werden gerne mitmachen, aber nur solange wir das Gefühl haben, dass dabei etwas herauskommt.

Der Vergleich – auch wenn so etwas sozusagen im privaten und im persönlichen Leben natürlich eine größere Katastrophe ist als jetzt das Ergebnis dieser Enquete-Kommission – liegt aber trotzdem nahe: Das, was ÖVP und SPÖ seit Jahren machen, nicht nur mit uns, die wir uns hier im Parlament für direkte Demokratie einsetzen, sondern auch mit allen Trägern oder Unterstützern von Initiativen, die hier seit Jahren intensiv ihre Freizeit einsetzen und im Ehrenamt für direkte Demokratie und die Weiterentwicklung der Demokratie arbeiten, ist, ihnen nicht die Möglichkeit zu geben zu trauern. Und zwar hat man dann nicht die Möglichkeit zu trauern, wenn man nicht weiß: Lebt etwas jetzt oder ist es tot? – Sie wissen das alle vielleicht aus anderen Lebensbereichen. Und genauso ist es in diesem Bereich.

Und es ist immer noch so. Das zeigt sich, wenn man sich den Bericht von ÖVP und SPÖ anschaut – abgesehen davon, dass in dieser Begriffs-Cloud „Opposition“ der drittgrößte Begriff ist. Ich weiß nicht, ob Sie diese Clouds kennen. Normalerweise lässt man die über Texte drüberfahren und dann schaut man: Welches Wort ist wie oft vorgekommen? Und je öfter das Wort vorkommt, umso größer ist der Begriff. „Demokratie“ ist ganz groß, „Meinungsfreiheit“ ist der zweitgrößte, „Opposition“ der drittgrößte Begriff. Also wenn sich die Regierungsfraktionen mit dem Thema direkte Demokratie und Demokratie beschäftigen, dann ist „Opposition“ sehr groß, „Regierung“ hingegen kommt überhaupt nicht vor. – Auch eine interessante Zugangsweise.

Aber unabhängig davon muss man, wenn man diesen Bericht liest, der im Juli ja eigentlich schon veröffentlicht wurde, sagen: Ich weiß jetzt nicht, ob die Demokratie lebt oder tot ist oder in den letzten Zügen liegt.

Natürlich – ich möchte jetzt gar nicht ungerecht sein –, es sind darin einige Dinge aufgegriffen worden, die in der Enquete-Kommission von ExpertInnen eingebracht wurden, wie beispielsweise die Crowdsourcing-Geschichte. Aber die wirkliche Antwort auf die Frage: Wollen wir eine Weiterentwicklung der direkten Demokratie oder nicht?, kann man nur zwischen den Zeilen herauslesen. Wir haben es jetzt einmal eindeutig diskutiert und zwischen den Zeilen herausgelesen beziehungsweise lesen es heraus: Nein, Sie von ÖVP und SPÖ wollen es nicht. (Abg. Gerstl: Das Gegenteil ist …!) Oder, anders gesagt – wenn ich es jetzt einmal optimistischer sehen will –, Ihnen ist noch immer nicht klar, in welche Richtung Sie wollen. (Abg. Gerstl: Geh!)

An einem Beispiel wird dies deutlich: Sie haben im Juli eine Pressekonferenz abgehalten, bei der Sie gesagt haben: Auf Bundesebene sehen wir die Zweidrittelmehrheit für eine Volksgesetzgebung nicht, aber wir wollen den Ländern die Möglichkeit geben, dass sie es auf Landesebene umsetzen. – Wir haben uns gedacht, okay, das ist ein Schritt, wenngleich uns das natürlich viel zu wenig ist, denn wir wollen das auch auf Bundesebene. Und wir haben dann in einem Gespräch mit Ihnen – Sie können sich vielleicht daran erinnern – darauf hingewiesen und Sie gefragt, ob Ihnen denn bewusst ist, dass, wenn Sie die dreistufige Volksgesetzgebung, an deren Ende eine Volksabstimmung steht, einbringen, das dann aufgrund unserer Bundes­verfassung dazu führt, dass wir eine Volksabstimmung über diese Regelung abhalten müssen, und dass wir nicht ganz verstehen, warum man dann nicht das Volk auch gleich darüber entscheiden lässt, ob es das auch auf Bundesebene haben will. Sie haben gesagt: Das war uns so nicht klar!, oder: Das müssen wir prüfen, wir werden das prüfen!

In Ihrem Bericht, der neun Seiten umfasst – im Vergleich zu 41 Seiten Minderheits­bericht der Opposition –, schreiben Sie dann nichts mehr von allen Möglichkeiten, sondern Sie sprechen vom Veto-Referendum und von der Möglichkeit, innerhalb der Landesverfassungsgesetze etwas einzuführen. Also die Volksabstimmung ginge danach nicht.

Jetzt stellen Sie, Herr Kollege Wittmann, sich hier ans Rednerpult – zwei Tage später, nachdem wir diesen Bericht erhalten haben – und machen es wieder ganz auf und sagen, alles ist möglich. Ich will ja das Bessere glauben, denn das hilft sozusagen der Demokratie, aber ganz gefestigt ist es nicht. In der positiven Umformulierung könnte man sagen: Auch Sie sind kompromissbereit. – Ich hoffe darauf.

Zum Minderheitsbericht. – Kollege Stefan hat es schon gesagt, und ich möchte mich anschließen: FPÖ und Grüne sind in ganz vielen Punkten unterschiedlicher Ansicht. Gerade in Tagen wie diesen, in einer Zeit von humanitären Katastrophen sehen wir immer wieder, wie unterschiedlich wir an diese Fragestellungen herangehen. Das kann man nicht vom Tisch wischen, das ist ganz klar, das ist ganz offenkundig – man braucht sich auch nur Wahlplakate und Äußerungen einzelner Personen und AkteurInnen auf allen Seiten anzuschauen. Aber was wir trotzdem geschafft haben – und zwar nicht erst jetzt, sondern schon vor zwei Jahren –, ist, uns an einen Tisch zu setzen, gemeinsam mit Kollegen Scherak von den NEOS und mit dem Team Stronach, und zu sagen: Okay, wo ist denn unsere Beweglichkeit? Wir haben auch unterschiedliche Sichtweisen. Wir wollen bestimmte Themen, nämlich die Grund- und Menschenrechte, ausschließen, die FPÖ will das nicht. Aber – und das steht in unserem Bericht drinnen – wir sind verhandlungsbereit. Das sind Sie nicht! Das ist die SPÖ nicht, und das ist auch die ÖVP nicht.

Und wenn Sie sagen, Sie haben zu keinem Punkt eine Zweidrittelmehrheit bekommen, dann muss auch dazugesagt werden: Sie haben es auch nicht versucht. Es hat kein einziges Gespräch gegeben zur Frage: Sind Sie bei diesem Punkt dabei oder nicht dabei? Und ich bin sehr gespannt, wie dieser Prozess weitergehen wird, denn wir sind zu vielen Zustimmungen bereit, aber natürlich nur, wenn das Gesamtpaket stimmt. Und ich bin gespannt, ob da von Ihrer Seite sozusagen Angebote kommen.

Aber nun zum Minderheitsbericht. Ich möchte zunächst die Gelegenheit nutzen, um zwei Personen ganz besonders hervorzuheben: Dr. Marlies Meyer und Mag. Tina Rametsteiner, die die Autorinnen dieses Berichts sind. (Beifall.) Ich habe die Ehre, ihn unterschreiben zu dürfen, gemeinsam mit den anderen Kolleginnen und Kollegen, aber die beiden haben ihn geschrieben. Und – ich weiß nicht genau, aber oft ist es ja auch so, dass das Feedback schon einiges aussagt – ich habe in den letzten Stunden, und seit dieser Bericht veröffentlicht wurde, von vielen Seiten – und nicht nur von Befürwortern, sondern durchaus auch von kritischen Menschen, was die direkte Demokratie betrifft – gehört: Hervorragender Bericht! – Haben Sie das zu Ihrem 9-Seiten-Papier auch erhalten?

Die entscheidende Frage wird also sein: Wie ernst nehmen Sie die Enquete-Kommission? Wie ernst nehmen Sie auch das – und das ist mein letztes Statement –, was die BürgerInnen uns hier schon in den letzten Sitzungen rückgemeldet haben und, ich nehme einmal an, auch heute rückmelden, einerseits inhaltlich, aber auch hinsichtlich der Frage, wie es ist, hier als BürgerIn hereinzukommen und sich an Politik zu beteiligen: Ist das eine hohe Hürde oder ist das eine niedrige Hürde? – Wie ernst nehmen Sie diese Aussagen, und wie sehr sind Sie auch bereit, dann darauf zu reagieren? – Danke schön. (Beifall.)

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ziel dieser Enquete-Kommission war ja, dass man darüber diskutiert, wie man einerseits direktdemokratische Instrumente ausbauen kann und andererseits die Demokratie an sich als Ganzes stärken kann. Das heißt, es geht auch um das Parlament an sich und nicht nur um direktdemokratische Instrumente.

Wir haben hier viele Forderungen gehört, einerseits von den Bürgerinnen und Bürgern – wofür ich mich auch ganz herzlich bedanken will –, andererseits von sehr, sehr vielen Experten – die teilweise auch unterschiedlicher Meinung waren, deren Ausführungen aber, glaube ich, alle in eine klare Richtung gingen – und sehr viele Vorschläge auch der Opposition. Ich glaube, es sind zwei wesentliche Punkte dabei. Der eine ist die Frage der Mitbestimmung an sich, also: Wie kann ich konkret partizipieren und dann auch konkret mitbestimmen? Da gibt es die Möglichkeit des Crowdsourcing, von der wir heute schon gehört haben, es gibt die Möglichkeit der Beteiligung, wie zum Beispiel an so einer Enquete-Kommission, und es gibt die Möglichkeit der direkten Mitbestimmung im Rahmen von Volksbefragung, Volks­abstimmung oder auch Volksbegehren.

Und die zweite Sache, die für mich ganz wichtig ist und die wir sehr oft diskutiert haben, ist die Grundvoraussetzung für diese Mitbestimmung. Und diese Grund­voraussetzung ist Transparenz, sind umfassende Informationen, weil Mitbestimmung nur dann funktionieren kann, wenn ich die Infos habe, worum es hier eigentlich geht, wenn ich die entsprechenden Möglichkeiten habe, mich zu informieren, und dann auch die Möglichkeit habe, diese Mitbestimmung so wahrzunehmen, wie es mir möglich sein soll, nämlich dass ich alles weiß und daraus dann eine Entscheidung ableiten kann.

Jetzt sind wir hier also Monate zusammengesessen, und jetzt gibt es einerseits einen Mehrheitsbericht und andererseits einen Minderheitsbericht. Und das optimale Ergebnis von so einem Mehrheitsbericht wären meiner Meinung nach klare Maßnahmen, was einerseits die Informationen und die Transparenz, also diese Grund­voraussetzung für die Mitbestimmung, und andererseits die Mitbestimmung an sich betrifft. Und wenn man den Mehrheitsbericht liest, dann sieht man zu keinem der beiden Punkte in irgendeiner Art und Weise ein optimales Ergebnis.

Sie schlagen meiner Meinung nach weder in Bezug auf die Mitbestimmung an sich große, neue Maßnahmen vor – ein paar Kleinigkeiten werden angeführt –, noch bringen Sie, was die Information und die Transparenz betrifft, wirklich neue Vorschläge. Im Mehrheitsbericht wird der Punkt angeführt, dass die Amts­verschwiegenheit abgeschafft wird. Ich habe heute noch einmal nachgesehen: Das steht im Regierungsprogramm auch. Wir haben in diesem Zusammenhang jetzt schon länger verhandelt. Also wenn das die Conclusio der Enquete-Kommission sein soll, dann weiß ich nicht, warum Sie es vorher im Regierungsprogramm auch schon gewusst haben. Dafür hätten wir die Enquete-Kommission also nicht gebraucht.

Es steht auch drinnen, dass wir ein objektives Abstimmungsbüchlein brauchen. Auch dafür hätten wir, glaube ich, die Enquete-Kommission nicht gebraucht, denn das ist etwas, was ganz logisch ist, was die Schweizer schon seit Jahren vorleben.

Es steht drinnen, dass das Parlament gestärkt, die Arbeitsbedingungen der Abge­ordneten verbessert werden sollen. – Also zumindest alle, die als Abgeordnete hier im Parlament tätig sind, wissen, dass es auch da eine Verbesserung braucht. Dafür hätten wir auch nicht unbedingt die Enquete-Kommission gebraucht.

Es steht drinnen, dass wir ein Schulfach „Politische Bildung“ haben wollen. – Auch das steht im Regierungsprogramm; ich habe gerade vorher noch einmal nachgeschaut. Auch dafür hätten wir also die Enquete-Kommission nicht gebraucht.

Das heißt, Sie haben viele Dinge hineingeschrieben, die ohnedies schon im Regierungsprogramm stehen, aber trotzdem noch nicht umgesetzt worden sind (Ruf: Abgeschrieben!) – ja, unter Umständen abgeschrieben – und für die wir die Enquete-Kommission nicht gebraucht hätten.

Das Einzige, was wirklich ganz neu ist – und das muss man auch ganz ehrlich sagen ‑, ist die Idee des Crowdsourcing. Das ist wirklich etwas, was aus dieser Enquete herausgekommen ist, wo Vorschläge aus Finnland gekommen sind, dass man das umsetzen muss.

Und dann haben Sie in Bezug auf die Frage der Transparenz auf die meiner Meinung nach wesentlichste Sache, die für mich ganz klar gewesen wäre, auch vergessen. Das ist nämlich, dass man endlich allen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gibt, zu wissen, was in Ausschüssen im Parlament geschieht. Ich halte das für etwas ganz Wesentliches. Das kommt in dem Bericht auch nicht vor.

Und weil Kollege Gerstl vorher gemeint hat, die Opposition habe sehr viele Dinge, die die Stärkung des Parlaments an sich betreffen, in den Minderheitsbericht hinein­geschrieben: Ja, aber da geht es auch ganz stark um die Bevölkerung an sich! Denn: Wenn wir die Ausschüsse öffnen, so ist das ja etwas, was der Bevölkerung zugutekommt. Wenn wir elektronische Abstimmungsmöglichkeiten im Parlament haben, dann kommt auch das der Bevölkerung, den Bürgerinnen und Bürgern zugute, weil sie dann wissen, wie ein Abgeordneter abgestimmt hat. All diese Dinge, die das Parlament stärken sollen, sind also auch für Bürgerinnen und Bürger ganz, ganz wichtig.

Auch bei der zweiten Ebene, was die Enquete-Kommission betrifft, der Verbesserung der direkten Mitbestimmung an sich, stellt man fest, dass Sie die Zeichen der Zeit nicht erkennen, nicht merken, wie sich teilweise international etwas weiterbewegt, und vor allem nicht wissen, was die Bevölkerung in Österreich offensichtlich will. Man braucht nur den Abschlussbericht der Bürgerinnen und Bürger, die dabei waren, zu lesen, in dem klar steht: Ja, man will nach einem erfolgreichen Volksbegehren die Volksbefragung! Wir haben auch immer wieder gehört, dass man sich eine Volksabstimmung vorstellen kann – Kollege Stefan hat es angesprochen –, aber nichtsdestotrotz ist zumindest diese Kompromissformel ganz klar zum Ausdruck gebracht worden. Es ist ein klares Ja zur direkten Demokratie, es ist ein klares Ja zur Mitbestimmung aus der Bevölkerung gekommen, von den Bürgerinnen und Bürgern, die hier sind.

Wenn wir jetzt hier am Ende stehen, dann muss man sich fragen: Wozu haben wir diese Enquete-Kommission dann eigentlich gemacht? – Wir sind ausgegangen von einem Kompromissvorschlag, der vorgesehen hat, dass man nach einem erfolgreichen Volksbegehren eine Volksbefragung durchführen soll. Aber am Schluss steht im Mehrheitsbericht dahin gehend nichts drinnen. Es handelt sich aus meiner Sicht um ein klares Scheitern dieser Enquete-Kommission – das muss man auch ganz klar sagen –, weil das, wovon ausgegangen wurde, am Schluss nicht einmal drinnen steht.

Wenn man eine Enquete-Kommission mit einem Kompromissvorschlag startet, von dem man ausgeht, versucht, über diesen zu diskutieren, und am Ende dieses Prozesses, obwohl vier Oppositionsparteien klar sagen, dass sie das wollen, obwohl die Bürgerinnen und Bürger klar sagen, dass sie das wollen, dahinter zurücktritt, dann ist das schon einigermaßen absurd.

Und, Herr Kollege Gerstl, weil Sie gesagt haben, es gibt in diesem Parlament keine Zweidrittelmehrheit: Ich weiß schon, dass es mit Ihrem Koalitionspartner da schwierig ist, zu einem Ergebnis zu kommen, aber nichtsdestotrotz glaube ich schon, dass es diese Zweidrittelmehrheit geben würde. Mir ist bewusst, dass im Regierungsprogramm steht, dass man sich nicht gegenseitig überstimmt, aber dann wäre es vielleicht auch wieder eine Option für die Stärkung des Parlaments, hier koalitionsfreie Räume zu schaffen. Denn ich bin überzeugt davon, dass wir die Zweidrittelmehrheit, auch wenn die Oppositionsparteien in einigen Dingen unterschiedliche Ansichten haben, grund­sätzlich sogar ziemlich klar zustande bringen würden.

Es kommt jetzt diese Ermächtigung der Bundesländer – wie sie dann genau kommt, werden wir sehen. Fakt ist ja auch, dass über all diese Dinge im Wesentlichen dann noch im Verfassungsausschuss diskutiert werden muss. Und da ist die Frage, ob Oppositionsparteien vielleicht sagen werden, naja, das geht nicht so weit, wie wir es gerne hätten – denn die Aussage ist ja von allen ganz klar –, und ob es da dann überhaupt zu einer entsprechenden Zustimmung kommen wird.

Was ich nicht ganz verstehe, ist, dass man nur auf der Ebene der Bundesländer und auf der Ebene der Gemeinden jetzt diese direktdemokratischen Möglichkeiten schaffen will. Das zeigt für mich schon eine gewisse Haltung den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber, dass man quasi sagt: Naja, da dürft ihr mitbestimmen, aber bei anderen Dingen nicht. Es stimmt schon, dass das näher am Bürger ist, aber viele Dinge, wo Bürgerinnen und Bürger mitbestimmen wollen, sind eben gerade Angelegenheiten, die die Bundesgesetzgebung regelt. Und dass man hier immer diesen Unterschied macht und sagt: Da schon, aber ansonsten nicht!, das zeigt doch ein gewisses mangelndes Vertrauen in die Mündigkeit der Bürgerinnen und Bürger.

Es kommen unter Umständen ein paar kleine Veränderungen – das wissen wir nicht. Fakt ist: Wenn man eine Enquete-Kommission abhält, die sich der Stärkung der direkten Demokratie widmet, und Bürgerinnen und Bürger beteiligt, um das zu machen, und man eine klare Stellungnahme aus dieser Richtung bekommt und sich dann im Ergebnis nichts an der direkten Demokratie ändert, dann ist das doch einigermaßen zynisch. (Beifall.)

Obfraustellvertreter Präsident Ing. Norbert Hofer dankt den Rednern für ihre Ausführungen und leitet zur Diskussion über.

Diskussion

Obfraustellvertreter Präsident Ing. Norbert Hofer weist darauf hin, dass die Redezeit etwa 5 Minuten betragen soll, und erteilt als Erstem Herrn Universitätsdozenten Dr. Luif das Wort.

Universitätsdozent Dr. Paul Luif: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst einmal dafür bedanken, dass ich als Theoretiker der Politik hier wirklich einmal an einem parlamentarischen Prozess teilnehmen konnte. Ich habe also ein bisschen die Praxis parlamentarischer Demokratie kennengelernt, und bei den Vorrednern von der Opposition sind ja schon die verschiedensten Probleme aufgezeigt worden.

Beeindruckt war ich von den Teilnehmern, den ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern, die sehr interessante Beiträge gebracht haben. Der Beitrag von Frau Ruhsmann in der „Tiroler Tageszeitung“ trifft wirklich den Punkt. Danke sehr! (Beifall.)

Meinen ersten Redebeitrag habe ich begonnen mit: „Keine Angst vor dem Souverän!“ Offensichtlich haben doch zumindest die beiden – unter Anführungszeichen – „Großparteien“ Angst vor dem Souverän, denn es wird zwar davon gesprochen, dass hier versucht wird, die Demokratie zu stärken, aber wirkliche Taten sind den Reden nicht gefolgt. Es wird zwar gesprochen von verstärktem Einbinden des Bürgers schon am Beginn eines Gesetzwerdungsprozesses, aber wir wissen ja – es wurde ja heute schon ganz kurz erwähnt –, dass solche Dinge dann meist in camera caritatis beschlossen werden und dann eben im Parlament entschieden wird.

Die erfolgreichen Volksbegehren, bei denen jetzt das Rederecht und so weiter kommen soll, sind ja auch nicht wirklich sehr effizient. Wir wissen, leider sind Volksbegehren immer weniger relevant geworden im politischen Prozess, und die Mitbestimmung in diesem Bereich ist sehr gering. Wir wissen, dass die Schweizer das einführen wollten, aber dann gleich wieder davon abgekommen sind, weil unverbindliche Entscheidungen ja letztendlich beim Volk nicht sehr ankommen.

Die Landesebene soll jetzt insofern gestärkt werden, als es dort jetzt direktdemokratische Möglichkeiten geben soll. Zum Teil gibt es das ja schon, aber wegen des Verfassungsgerichts gibt es hier Probleme. Auf der Landesebene wird ja sehr wenig Kompetenz ausgeübt. Zum Teil gibt es in den Gemeinden schon diese Mitbestimmungsmöglichkeiten – ich habe bei meiner ersten Wortmeldung das Burgenland erwähnt, wo es zum Beispiel diese Möglichkeiten eines Veto-Referendums gegen Beschlüsse des Gemeinderates gibt.

Lustig finde ich, ehrlich gesagt, dass man die Schweiz ganz ignoriert. Nur das Abstimmungsbüchlein, das hat man also jetzt aus der Schweiz entdeckt. Ich bitte alle, vor allem diejenigen, die etwas wissenschaftlich orientiert sind, dieses „Handbuch der Abstimmungsforschung“ aus der Schweiz in die Hand zu nehmen und sich anzuschauen, wie die Möglichkeiten der Schweizer direkten Demokratie sind. Wir können sehr viel lernen. Auch wenn Herr Charles Ritterband, ein Schweizer „NZZ“-Journalist, sagt, die Österreicher seien noch nicht reif für direkte Demokratie: Ich glaube, wir sind reif dafür.

Das Problem ist ein Henne-Ei-Problem. Die einen sagen, ja, die Österreicher sind nicht informiert über diese Dinge, und auf der anderen Seite sagt man, dann geht es nicht. Aber wir haben zum Beispiel bei der Volksbefragung über die Wehrpflicht gesehen, dass es eine Riesendiskussion in allen Medien über diese Frage gab.

Das heißt also, es müsste wirklich jetzt einmal diese Möglichkeit einer Bottom-up-Demokratie geben – und nicht einer Top-down-Demokratie der direkten Demokratie, wie es hier vorgeschlagen wird oder wie es schon existiert in Österreich, wo letztendlich immer der Nationalrat bestimmt, worüber abgestimmt wird oder nicht und was dann Gesetz wird oder nicht. Das müsste also geändert werden, und ich glaube, damit wird dann die Demokratie in Österreich wirklich verlebendigt werden. – Danke sehr. (Beifall.)

Präsident des Bundesrates Gottfried Kneifel: Herr Präsident! Meine sehr ge­schätzten Damen und Herren! Ich darf zuerst einmal meiner Genugtuung darüber Ausdruck verleihen, dass diese Enquete-Kommission im Gedenkjahr 70 Jahre nach Ende des Weltkrieges zustande gekommen ist. Wahrscheinlich ein Zufall der Geschichte, aber ich sehe darin trotzdem einen großen Symbolwert, denn ein Gedenkjahr hat ja nur dann einen Sinn, wenn wir uns erinnern, warum es zu dieser Katastrophe vor 70 Jahren gekommen ist. Es ist deshalb dazu gekommen, weil damals, in den dreißiger Jahren, die Demokraten und die Demokratie versagt haben. Die Demokratie war zu schwach, um gegen den Nationalsozialismus Widerstand zu leisten.

Und ich glaube, die Demokratie, das System der Demokratie ist kein automatischer Erfolgszug, der immer von selber weiterläuft und sich immer weiterentwickelt, sondern es ist unser Auftrag, immer Impulse zu geben, immer Möglichkeiten zu schaffen: der Teilnahme, der Beteiligung, des Mitmachens, des Einflussnehmens, des Mitgestaltens. Da soll uns wirklich jede Kreativität zugutekommen, und wir sollen immer wieder nach neuen Möglichkeiten suchen.

Wer geglaubt hat, dass mit dieser Enquete-Kommission zur Stärkung der Demokratie in Österreich jetzt alles, was auf der Welt möglich ist, durchgesetzt wird, der ist, meine ich, von einer Fehlhaltung ausgegangen. Aber es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Als Präsident der Länderkammer weise ich natürlich in erster Linie auf die Möglichkeit hin, die Landesverfassungen dahin gehend zu adaptieren, dass direktdemokratische Instrumente auf Landes- und Gemeindeebene jetzt möglich werden. Ich glaube, wir sollen das möglichst rasch umsetzen und zeigen, dass das ein sinnvoller Weg ist.

Ich halte auch die Möglichkeit der Vorhabensberichte – dass die Bundesregierung schon im Vorhinein sagt, diese und jene Gesetzesvorhaben stehen zur Behandlung an – für sinnvoll, denn nur dann kann der Bürger mitbestimmen. Dann kann er sich auf die Themen einstellen, sich vielleicht informieren, diese bewerten und seinen Beitrag dazu leisten.

Das Crowdsourcing ist eine sehr gute Einrichtung, auch das Begutachtungsverfahren. Und es ist ja nicht so, dass der Gesetzwerdungsprozess immer mit einem Ministerialentwurf beginnt. Der Gesetzwerdungsprozess beginnt, sobald eine Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern bestimmte Vorstellungen hat. Und ich finde, wenn man die Gesetzwerdung mit einem großen Trichter vergleicht und unten beim schmalen Ende des Trichters sich dann der Ministerialentwurf beziehungsweise Begut­achtungsentwurf befindet, dann soll man oben, beim oberen Ende anfangen mit möglichst vielen Stellungnahmen der Bürgerinnen und Bürger und diesen Gesetz­werdungsprozess von Anfang an und vom frühestmöglichen Zeitpunkt an entsprechend begleiten. Ich halte das für einen Fortschritt und für eine Verbesserung der Gesetzgebung.

Voraussetzung dafür ist natürlich eine verbesserte Information – selbstverständlich. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Schritt. Politische Bildung wurde schon genannt. Wenn wir diese Möglichkeiten, dieses Crowdsourcing, diese Bürgerbegutachtung, dieses sich Einbringen vom frühestmöglichen Zeitpunkt an schaffen, dann ist natürlich auch eine offene Informationspolitik für die Bürgerinnen und Bürger ein Muss. Deshalb, glaube ich, ist das Ergebnis dieser parlamentarischen Enquete-Kommission zur Stärkung der Demokratie ein Erfolg, und ich wünsche mir, dass dem weitere folgen. (Beifall.)

Mag. Barbara Ruhsmann: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf die „Gemein­same Stellungnahme der Bürger-VertreterInnen Heinz Emhofer, Michelle Missbauer, Marlen Ondrejka, Felix Ofner, Harald Petz und Barbara Ruhsmann“ verlesen. Wir haben uns trotz aller Unterschiedlichkeiten sehr wohl auch auf einen Kompromiss einigen können.

„Wir BürgerInnen plädieren dafür, das im Jahr 2013 ausgearbeitete und verhandelte Demokratiepaket umzusetzen, wonach erfolgreiche Volksbegehren künftig einer Volksbefragung unterzogen werden sollen. Als erfolgreich ist ein Volksbegehren dann einzustufen, wenn mehr als 7 Prozent der Wahlberechtigten die Initiative unterstützen.

Generell soll die parlamentarische Behandlung von Volksbegehren aufgewertet werden und, wie im Demokratiepaket ursprünglich vorgesehen, eine eigene Nationalratssitzung einberufen werden, wenn ein Volksbegehren mehr als 100 000 Unterschriften erhält.

Weiters soll vor jeder zukünftigen Volksabstimmung oder Volksbefragung für die Bevölkerung – nach Schweizer Vorbild – eine Broschüre mit allen wesentlichen Sach­argumenten bereitgestellt werden.

Als sehr wesentlich erachten wir eine stärkere Verknüpfung von Instrumenten der direkten Demokratie mit digitalen Medien. So sollte eine eigene Internet-Plattform des Parlaments eingerichtet werden, wo die Bevölkerung umfassend über aktuelle Volksbegehren informiert wird. Volksbegehren sollten künftig auch elektronisch unterstützt werden können.“ – Ende des Zitats unserer gemeinsamen Erklärung.

Wir wissen, dass die Regierungsparteien zu anderen Ergebnissen gekommen sind, und bedauern das matte Resultat dieser Enquete-Kommission zur Stärkung der Demokratie. Ich meine, die im Juli von SPÖ und ÖVP präsentierten Empfehlungen sind besser als nichts, und ich hoffe auch, dass sie allesamt verwirklicht werden. Ich frage mich nur: Warum sind Sie die Sache nicht gemeinsam angegangen? Warum dieses Vorpreschen im Juli? Warum die Nichteinbindung der Opposition? Es ist dieser fragwürdige Stil, der vergrämt und den Eindruck hinterlässt, dass Sie in den so inhaltsdichten Sitzungen dieser Enquete schon etwas für sich gelernt haben – aber nicht mit uns.

Wir BürgerInnen sind wieder einmal außen vor gelassen worden. Wie viel ist da die auf dem Papier proklamierte Wertschätzung für Bürger, die sich einmischen, wert?

Wir Bürgerinnen und Bürger waren in dieser Enquete-Kommission trotz der Bemühungen um uns eigentlich Fremdkörper – in unserer Emotionalität, Direktheit, persönlichen Argumentation und auch in der Sachlichkeit. Sie haben uns sozusagen in ein Wechselbad der Gefühle gestürzt. Was ist aus der Freude und dem Engagement des Beginns geworden? – Kurz und deutlich: Viel Enttäuschung rundum.

Vielleicht waren wir ja Opfer einer verqueren Übertragung. Warum sollte es uns besser ergehen als so manchem von Ihnen, der hier ebenfalls voller Idealismus die parlamentarische Bühne betreten und enttäuscht über die mangelnden Gestaltungsmöglichkeiten irgendwann resigniert hat? Sie haben uns auch in ein Setting sozusagen gepresst, das das Ihre ist, und haben kein neues Setting gewagt. Ich finde, das könnte Sie, das sollte uns alle schon nachdenklich machen.

Noch eine persönliche Geschichte zum Schluss: Vor Kurzem habe ich beim Europäischen Forum Alpbach an einem Arbeitskreis teilgenommen. Ziel war es, den Zusammenhang zwischen Raumordnung, Finanzausgleich und Wohnbauförderung herauszuarbeiten. Wie nicht anders zu erwarten, wurde von allen TeilnehmerInnen an allen Ecken und Enden großer Reform- und Veränderungsbedarf wahrgenommen. Am Ende wurden wir gefragt, was nun jede und jeder von uns persönlich zu tun vorhat, damit die räumliche und soziale Treffsicherheit der nationalen Geldströme verbessert wird. Ich notierte spontan und trug es auch vor: In die Politik gehen!, und erntete große Erheiterung bei denen, die fernab dieser Sphäre sind, sowie Anflüge von Mitleid und angestrengte bis grimmige Zurückhaltung bei denen, die ihre persönlichen Erfahrungen in diesem Feld bereits gemacht haben, à la: Die wird schon noch draufkommen! – Ich finde, auch diese Reaktionen könnten Sie, könnten uns alle nachdenklich machen.

Das „Demokratie-Experiment“, wie ein Journalist diese Enquete genannt hat, ist nun abgeschlossen. Tatsächlich wird sich aber hoffentlich jede und jeder von uns zeit seines Lebens darin befinden und bewegen.

Gestatten Sie mir am Ende die gleiche Frage zu stellen wie bei dem vorher angesprochenen Alpbacher Arbeitskreis: Was werden Sie, jede und jeder von Ihnen, ganz persönlich in nächster Zukunft tun, um die Demokratie in Österreich zu stärken? Ich würde mich über nicht politprofessionelle Antworten freuen. – Danke. (Beifall.)

Michelle Missbauer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde als Bürgerin gerne weiterhin in der Enquete-Kommission mitmachen, beteiligt sein. Ich finde es schade, dass heute ein Abschlussbericht gelegt wird, ich würde mich freuen, wenn das ein Eröffnungsbericht wäre.

Wie Sie alle wissen, studiere ich im Moment am Abendgymnasium in der Brünner Straße, weil ich an der Universität Wien Zoologie studieren möchte und davor Biologie, und meine Englischlehrerin hat mir gestern eine sehr interessante Frage gestellt, die ich gerne an Sie weitergeben möchte, und zwar: Verdienen im Parlament Frauen und Männer das Gleiche für ihre Arbeit, sind sie komplett gleichgestellt? – Nur ein Beispiel zum Thema Gleichstellung.

Ich habe mir ein paar Themen zusammengeschrieben, wo die Bürger immer und immer wieder ihre Meinung kundtun können.

Die Frau Musiol hat es schon kurz erwähnt, wir haben derzeit einen Flüchtlingsstrom in Österreich, und ich würde da sogar die Bürger mit einbeziehen, mitzubestimmen, wie man auf dieses Problem besser eingehen kann, denn immerhin leben in Österreich fast acht Millionen Menschen.

Ich habe auch bei dem Volksbegehren mitgemacht, wo es um den EU-Austritt Öster­reichs ging. Das war ja ein österreichweites Volksbegehren, wo immerhin 200 000 Unterschriften gesammelt wurden. Viel publik gemacht wurde dieses Volksbegehren natürlich nicht. Klar, EU-Austritt Österreichs ist ein sensibles Thema!

Es gibt noch so viele, wirklich so viele weitere Themen, wo man die Leute einfach mit einbeziehen sollte; ich habe es schon bei den letzten Sitzungen angesprochen. Zum Beispiel das Thema „Ehe gleich“: Lassen Sie doch das Volk bestimmen, ob gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürfen oder nicht! Herr Graupner hat diese Initiative in der Säulenhalle gestartet, und ich bin der Meinung, dass das Volk der beste Ansprechpartner für dieses Thema ist.

Ich würde mich freuen, wenn Leute auch bei Anliegen unterstützt würden, die zum Beispiel mit Geld etwas zu tun haben, wenn die Leute auch da ihre Stellungnahme einbringen könnten. Zum Beispiel: ein Fixgehalt für die Leute, dass man sich sein Leben leisten kann, die Miete leisten kann, dass man studieren kann, ohne dass man nebenbei arbeiten muss. Ich zum Beispiel bin von 13.30 Uhr bis 21.30 Uhr im Gymnasium. Eine Vollzeittätigkeit nebenbei hätte für mich wahrscheinlich einen Burnout innerhalb kürzester Zeit zur Folge. Ich könnte es, ehrlich gesagt, nicht.

Das österreichische Parlament sollte endlich einmal erkennen, dass die Leute wirklich in der Lage sind, ihr Interesse an der Politik zu bekunden. Sie haben es und sie bekunden es auch. Die Wien-Wahlen stehen bevor, da bekommt jeder eine Wahlinformation in das Postkastl, und ich würde mich sehr freuen, wenn das nicht die letzte Information wäre, wo die Leute in der österreichischen Politik mitbestimmen können. Das Wahlrecht soll nicht das Einzige sein, wo die Bürger den Weg zum Wahllokal in Anspruch nehmen können, sondern es soll viel mehr sein: Die Volksabstimmung soll ganz oben eine Stimme der Demokratie sein! Demokratie heißt ja Volksherrschaft: Das Volk soll bestimmen!

Jetzt möchte ich auch noch ein paar persönliche Worte sagen.

Zuerst einmal möchte ich einem Schaffner ein Lob aussprechen, der einer Frau, die in Tirol lebt und die in der ganzen Flüchtlingssituation in Salzburg gefangen war, geholfen hat und der dabei wirklich eine tolle Arbeit geleistet hat, dass der Zug trotz der Grenzsperre in Deutschland nach Tirol weiterfahren konnte. Dafür, dass er das so gut gemeistert hat, muss ich ihm ein Lob aussprechen.

Dann möchte ich noch schildern von einem Gespräch in der Abteilung Veterinärdienste bei der MA 60, wo man ziemlich überrascht und auch begeistert darüber war, dass ich im Parlament in der Bürger-Enquete-Kommission tätig bin, und man wollte dort ein paar Informationen über meine Arbeit hier haben.

Auch die Tierschutzvereine, wie zum Beispiel „Vier Pfoten“ und VGT, sind nicht abgeneigt, im Parlament einmal mit Ihnen allen zu reden, zu debattieren über Fragen wie: Was kann man da tun? Was kann man da machen? Ich muss dazusagen: Österreich ist, was den Tierschutz anbelangt, ein Vorreiterland, keine Frage, im Gegensatz zu anderen Ländern sind wir da sehr vorbildlich unterwegs, aber es geht in der Demokratie immer wieder um Situationen, die man verbessern kann, und diese Möglichkeiten sollten wir auch ausschöpfen.

Zum Schluss möchte ich noch ein ganz persönliches Statement abgeben: Ich möchte ein Lob an das Hanusch-Krankenhaus aussprechen, wo ich morgen aufgenommen werde, denn ich werde am Freitag operiert, mir steht eine Laparoskopie-Untersuchung bevor. – Danke. (Beifall.)

Harald Petz: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin geschockt, meine Damen und Herren – ich bin geschockt, mit welcher Gleichgültigkeit ein bereits ausverhandeltes Demokratiepaket ohne stichhaltige Begründung abgelehnt wurde, einfach so! Dieselben Leute, die an dem Paket mitverhandelt haben, Vorschläge dazu eingebracht haben, stimmen jetzt dagegen. Da stellt sich schon die Frage: Sind Ihre eigenen Ideen nichts mehr wert, oder ist der Zeitpunkt ungünstig? Ist es schlecht, wenn zu Wahlzeiten auch andere Parteien für ihre Mitarbeit verdienterweise den Erfolg für sich verbuchen könnten? – Und das geschieht jetzt nach jahrelangen zähen Verhandlungen, damit diese Enquete überhaupt zustande kommen konnte, nach aufwendig inszenierten Sitzungen mit hochrangigen Experten, in denen von allen Seiten Zustimmung signalisiert und kein Zweifel an der Umsetzung des Paketes gelassen wurde!

Die Empfehlungen des Abgeordneten Dr. Wittmann und des Abgeordneten Mag. Gerstl sind sehr lobenswert, aber eben leider nur Empfehlungen. Allerdings: Die Zeit, die Sie vergeudet haben, um mühevoll Argumente zusammenzuzimmern, die gegen das Paket sprechen, hätten Sie auch verwenden können, um die wesentlich zahlreicheren Punkte anzuführen, die dafür sprechen.

Auch ich hatte weitreichende Vorschläge und Forderungen unter dem Motto „Verlange viel, damit du wenig bekommst!“, aber ich, nein, Österreich hat gar nichts bekommen. Es ist den Wählern demokratiepolitisch großer Schaden entstanden, alle Bemühungen sind wieder um Jahre zurückgeworfen worden. Es wurde ein Riesenaufwand betrieben und es wurden Steuergelder verbraucht für eine Inszenierung, deren Ausgang, wie ich zu behaupten wage, den Gegnern bereits vor Beginn dieser Enquete-Kommission klar war.

Der Gastronom Heinz Pollischansky mit seiner Raucher-Partei und auch Strache bewerben in ihren Slogans für die Wien-Wahl unter anderem die Stärkung der direkten Demokratie – und Sie, meine Damen und Herren, die Sie gegen das Demokratiepaket gestimmt haben, haben die Chance, mit mehr Mitsprache und damit mit mehr Glaubwürdigkeit in der Politik bei den Wählern zu punkten, leichtfertig vergeben. Aber was beklage ich mich bei Ihnen, Sie haben wahrscheinlich nicht die Berechtigung, frei und ohne Parteizwang abzustimmen.

Was mich besonders erstaunt, um nicht zu sagen ärgert, ist, dass nicht jene Parteien dagegen gestimmt haben, denen diktatorische Führungsstrukturen und das Fehlen jeglichen Demokratieverständnisses unterstellt wird, sondern gerade jene Parteien, die sich zu jedem sich bietenden Anlass ihr Demokratiebewusstsein auf die Fahnen heften.

Ich habe in der letzten Arbeitssitzung die Teilnehmer/Teilnehmerinnen aus den politischen Lagern in dieser Enquete für ihre Mitarbeit beim Zustandekommen des Demokratiepaketes fast in einer Laudatio hochgelobt – und nun dieses bittere Ende! Ich persönlich hoffe, dass die Blockierer parteiintern ein Umdenken bewirken können, sonst ist auch bei künftigen Ausschüssen zur Demokratiereform das Ende absehbar.

Trotz des unerfreulichen Abschlusses will ich die Erfahrungen aus dieser politischen Tätigkeit nicht missen, und ich würde, wenn auch ein wenig abgeklärter, gerne wieder mitarbeiten. Diese Enquete war für mich wie ein warmer Sommertag, der leider mit einem kalten Regenguss geendet hat. – Danke schön. (Beifall.)

Claudine Nierth (Bundesvorstandssprecherin von Mehr Demokratie Deutsch­land): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Mitglieder! Als Parteilose und als Vertreterin der größten NGO für direkte Demokratie war es mir eine Freude, die sieben Sitzungen dieser Enquete-Kommission besuchen zu dürfen. Doch kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass es sich hier auch um eine Alibi-Veranstaltung handelt, denn ich frage mich heute: Wofür haben Sie so viele Experten einfliegen lassen, haben Sie so viel Zeit und Aufmerksamkeit geopfert?

Es heißt: Die Zeit ist noch nicht reif! – Die Frage ist: Woran messen Sie die Reife? Wollen wir darauf warten, dass sich auch die letzten Bürger noch von der Politik abwenden, zurückziehen in die Lethargie des Privaten? Wollen wir wirklich noch darauf warten, bis die Bevölkerung auf die Barrikaden steigt?

Wir haben in Deutschland das Problem der „Pegida“ gerade deshalb, weil wir keine direktdemokratischen Instrumente haben, weil sich der Gemeinwohlwille nicht filtern kann in einer Rechtsgrundlage, die verfassungsgemäß ist. Deswegen brodelt es bei uns in Deutschland an allen Ecken und Enden.

Für mich stellt sich eher die Frage – auch für uns Bürger und auch für die NGOs –: Wie steht es denn mit dem Reifeprozess in den Parlamenten? Was ist das für eine parlamentarische Arbeit, wenn sie eine Alibi-Veranstaltung, eine Alibi-Enquete einsetzen muss? Was sagt das über unsere Demokratie aus? Was ist das für eine Reifeprozess, wo am Ende doch die Angst vor den Gefahren der Demokratie größer ist als das Vertrauen in die Chancen der Demokratie?

Das sind Fragen, die mich jetzt bewegen. Und alle Gegenargumente, die ich in diesen letzten sieben Monaten hier gehört habe, waren übrigens alles Argumente, die auch vor der Einführung des Frauenwahlrechts, ja vor der Einführung überhaupt der Demokratie vorgebracht wurden. Wir reiben uns jetzt an denselben Argumenten.

Die Zivilgesellschaft ist eindeutig dafür: 80 Prozent der Bürger sind eindeutig für direkte Mitbestimmungsmöglichkeiten in Österreich. Aber ich sehe nicht – auch die acht BürgerInnen hier –, dass der Bericht der Regierungsfraktionen das tatsächlich re­präsen­tativ widerspiegelt.

Ich gratuliere der Opposition zu ihrem hervorragenden Bericht. Und ich appelliere an die Oppositionsparteien, aber auch an alle anderen: Nutzen Sie jeden Wahlkampf, um ihre Position deutlich zu machen, und verlieren Sie vor allem Ihre Position nicht in dem Moment, in dem Sie in der Regierung sind! Vergessen Sie Ihre Überzeugung nicht! Nutzen Sie auch die Sperrminorität bei Verfassungsänderungen! Bringen Sie Ihre Überzeugung auch einmal an dieser Stelle ins Spiel!

Ich würde mir wünschen, dass die Menschen – und es gibt hier welche im Saal –, die wirklich ernsthaft an den Fragen der direkten Demokratie interessiert sind, sich wöchentlich an einem Tisch zusammensetzen und an diesen Ideen weiterarbeiten.

Hören Sie nicht auf, die Demokratie weiterzuentwickeln, bevor die Demokratie anfängt, uns und Sie weiterzuentwickeln. – Danke. (Beifall.)

Heinz Emhofer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor nicht ganz einem Jahr war ich das erste Mal in diesem Hohen Haus. Heute werde ich wahrscheinlich das letzte Mal hier sein. Ich bin als stolzer Österreicher und Demokrat hier hergekommen und möchte jetzt als Bürger einen kurzen Rückblick auf die Sitzungen dieser Enquete-Kommission machen. Ich habe sehr viel erfahren, sehr viel gelernt, habe Höhen und Tiefen erlebt.

Ich werde jetzt von einigen Personen Aussagen vorlesen, die sie in der ersten Sitzung gemacht haben.

Abgeordneter Mag. Schieder hat gesagt: „Ich möchte Sie besonders herzlich begrüßen und mich einerseits dafür bedanken, dass Sie sich dazu bereit erklärt haben, aber andererseits auch die Hoffnung ausdrücken, dass Sie uns in diesem Prozess so bereichern, dass am Schluss Ergebnisse herauskommen, die zu einer Verlebendigung, einer Verbesserung unserer Demokratie und demokratischen Institutionen führen.“

Abgeordneter Mag. Gerstl hat gesagt: „Wichtig ist, ein gemeinsames Ergebnis zu erzielen, und zwar mit den Bürgerinnen und Bürgern, die uns sozusagen zugelost wurden. Darüber würde ich mich sehr freuen, und ich lade Sie alle dazu ein, hier für meine Demokratie zu kämpfen.“

Abgeordneter Dr. Josef Cap hat gesagt: Als einer der drei, die diesen Antrag hier eingebracht haben (…) möchte ich mich dazu insofern auch zu Wort melden, als ich sehr froh darüber bin, dass wir da jetzt in einem größeren Auditorium sind. Ich bin sehr, sehr glücklich darüber, dass eine BürgerInnen-Beteiligung und ‑Mitdiskussion stattfindet, was mit Sicherheit auch den Sichtkreis für uns alle her erweitert und – was ich immer mit Betroffenheit feststelle – vielleicht auch hilft, diese Distanz oder diese Kluft abzubauen, die auch mein Vorredner angesprochen hat …“

Abgeordneter Kopf: „(…) Wir brauchen eine neue Kultur des politischen Miteinanders im Sinne einer mitgestaltenden Teilhabe auf allen Ebenen. – Ich möchte das unterstreichen. Ich denke, das sollte eigentlich das Ziel einer Ergänzung der parlamentarischen repräsentativen Demokratie durch direktdemokratische Elemente sein, keine Konkurrenzierung, also kein Entweder-oder, sondern eine wertvolle Ergänzung im Sinne dieser mitgestaltenden Teilhabe, im Sinne auch von Mitverantwortung und Mitwirkung. Aber, wie gesagt, nicht gegeneinander, sondern miteinander.“

Abgeordnete Mag. Daniela Musil: „Barbara Prammer war eine wichtige Vorreiterin auch innerhalb der Sozialdemokratie, und ich denke, wir würden ihr eine große Freude bereiten, wenn wir diese Enquete-Kommission zu einem Ergebnis führen und nicht zu einer Schubladisierung erster Klasse, wie wir das von anderen Enqueten her vielleicht kennen.“

Abgeordneter Ertlschweiger sagte Folgendes: „Wenn ich kurz Abraham Lincoln zitieren darf, er hat gesagt: Demokratie, das ist die Regierung des Volkes durch das Volk für das Volk.

Ich wünsche mir am Schluss dieser Enquete-Kommission einen Konsens im Sinne der Demokratie und der Menschen in unserem Land – und nicht, dass wieder tradierte Parteiinteressen siegen und Klientelpolitik betrieben wird.“

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak sagte: „Ich glaube, erstens einmal ist die Politikverdrossenheit gar nicht so groß, wie man glaubt. Es haben sich mehr als tausend Leute darum beworben hier mitzumachen. Ich glaube, verdrossen werden sie erst dann, wenn wir Anliegen, die wir bekommen, wenn Bürgerinnen und Bürger ihre Anliegen äußern, ignorieren; dann kommt die Verdrossenheit.

Das heißt, man muss, wenn man diese Anliegen ernst nimmt, die Bürgerinnen und Bürger einbinden, um dadurch am Schluss die entsprechende Akzeptanz für Gesetze zu schaffen.“

Mag. Barbara Ruhsmann: „Es ist ein merkwürdiges Gefühl, hier als ‚Nur-Bürgerin‘ zu stehen, zufällig gelost, qualifiziert nur durch Interesse, Alter und Geschlecht. Als ‚Demokratieexperiment‘ bezeichnete am Wochenende ein Journalist diese neuartige Zusammensetzung einer Enquete-Kommission; demnach wären wir zufällig Gelosten wohl so etwas wie ‚Versuchsbürger‘. Ich habe einerseits ein wenig Angst, in diesem Experiment schnell unter die Räder des professionellen Politiksystems zu geraten; …“

Meinen Satz noch, und zwar habe ich damals gesagt: „Heute, nach 59 Jahren, bin ich noch immer stolzer Österreicher und Demokrat, und ich bin stolz darauf, hier im österreichischen Parlament an einer Enquete-Kommission mitarbeiten zu dürfen.“

Ich kann nicht alle anderen Stellungnahmen auch noch vorlesen; ich werde im zweiten Teil meiner Ausführungen die Stellungsnahmen aus der letzten Sitzung betrachten.

Und zum Abschluss: Bitte bedenken Sie das, was Sie damals in der ersten Sitzung gesagt haben! – Danke. (Beifall.).

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Herr Präsident! Werte Zu­hörer und Zuhörinnen und Teilnehmer dieser Enquete-Kommission. Ich habe mir lange überlegt, ob ich mich überhaupt zu Wort melden soll, denn der Ausgang beziehungs­weise das Ende dieser Enquete trifft mich schon sehr tief – gerade als jemanden, der in Bürgerinitiativen mitgearbeitet hat, dessen politische Heimat und dessen politischer Beginn als Grüne das auch war und der natürlich immer mit der Frage beschäftigt war: Wie kann man sich als Bürger einbringen, und zwar so einbringen, dass das verbindlich wird, dass man damit auch tatsächlich etwas bewirkt?

Trotzdem tu ich das jetzt hiermit, weil nicht nur Negatives stehenbleiben soll, denn ich glaube, dass es auch Positives gibt, wenn es auch sehr seltsame und absurde Entwicklungen gibt, wenn man zum Beispiel die Delegierung dieser ganzen Frage an die Länderebene bedenkt, und das in einer Zeit, in der das Durchgriffsrecht verhandelt wird, also in der die ohnehin beschränkten Kompetenzen der Länder auch noch im Rahmen des Durchgriffsrechts weiter beschränkt werden. Und dorthin delegiert man jetzt die direkte Demokratie beziehungsweise die Möglichkeiten der direkten Demokratie. Oder zum Beispiel die Meldung von Herrn Wittmann: Die Bildung an den Schulen muss gestärkt werden, damit es leichter wird, an Volksbegehren teilzu­nehmen. – Volksbegehren, die nichts bewirken werden. Also warum soll man es dann leichter machen, daran teilzunehmen?

Natürlich gibt es eine grundsätzliche Unterstützung auch von der Opposition für vieles, was in dem Endbericht der Regierungsparteien drinnen steht. Denn natürlich freut man sich, wenn der Lahme wenigstens wieder ein bisschen ein Gefühl in den Beinen hat. Aber bei dieser Qualität des Prozesses, die abgelaufen ist, und bei dieser Qualität der Inputs hätte die lahme direkte Demokratie zu laufen beginnen können als Endprodukt dieses Prozesses. – Also so gesehen ist das viel zu wenig.

Aber auf der anderen Seite fand gestern das Forum „Digitaler Wandel und Politik“ statt, das in eine weitere Enquete münden sollte. Und wenn man sich anschaut, mit welcher Qualität die Zivilgesellschaft sich in diese Dinge einbringt und was hier läuft oder was im Rahmen der Zivilgesellschaft jetzt läuft und gelaufen ist in der Flüchtlingsbetreuung, auch in Zusammenarbeit der Zivilgesellschaft mit Institutionen und so weiter, dann bin ich mir sicher, dass diese Veranstaltung zwar eine Placebo-Veranstaltung mit sehr unbefriedigendem Ausgang war, aber dass sich in der Gesellschaft etwas tut, was nicht mehr aufzuhalten ist.

Die Frage ist nur, ob die Kluft zwischen offizieller Politik und Gesellschaft nur umso größer wird, je länger sich die Macht diesen Bewegungen verschließt. Aber stattfinden tut es, und stattfinden wird es auch weiterhin!

Ich hoffe, dass die Bürger das auch mitnehmen: Dieses Engagement war nicht umsonst! Ich denke, der Minderheitsbericht ist zumindest eine tolle Auflistung und Grundlage über den Status quo, dokumentiert die Qualität der Diskussionen und dessen, was hier abgelaufen ist, und ist als solcher auch etwas, das auf alle Fälle bleibt.

Aber die Entwicklung, die sich in der Zivilgesellschaft tut, stimmt mich wieder optimistisch. Und ich glaube, die wird auch weiter stattfinden, sei es ohne die Re­gierungs­parteien oder mit den Regierungsparteien. – Danke! (Beifall.)

Univ.-Prof. Dr. Theo Öhlinger (Universität Wien): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihre Wortmeldungen, die Wortmeldungen der Bürgervertreter haben mich jedenfalls einmal sehr betroffen gemacht. Wenn das repräsentativ ist für jene Bevölkerung, die Sie hier vertreten haben, dann wird diese Enquete die Demokratieskepsis, die Politikverdrossenheit in Österreich in keiner Weise beheben, sondern weiterhin verstärken. Ich hoffe, dass Sie nicht für alle Österreicher gesprochen haben, aber ich kann nicht verschweigen, dass ich das fürchte.

Natürlich ist all das, was wir in der ersten Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Wittmann gehört haben, gut und sollte gemacht werden. Vieles ist ja nicht gerade neu. Es muss nur gemacht werden! Gemessen am Ausgangspunkt jenes Demokratiepaketes in seiner zweiten Fassung bleibt es aber, das kann man nicht leugnen, doch sehr dürftig.

Ich frage mich, warum man nicht zum Beispiel jenen Vorschlag, den der Herr Abgeordnete Cap zusammen mit dem Herrn Stürzenbecher vor zwei Jahren veröffentlicht hat, über qualifizierte Volksbegehren wenigstens eine parlamentarische Enquete durchzuführen, umsetzen und warum man nicht wenigstens das machen möchte. Das würde immerhin schon etwas bringen.

Zu den Vorschlägen: Dass man Demokratie von unten aufbauen muss, vor allem direkte Demokratie von unten aufbauen muss, ist eine Lehre, die uns die Schweiz in den letzten 100 Jahren deutlich vorexerziert hat.

Es ändert nichts daran, dass die Landesgesetzgebung in Österreich so bescheidene Kompetenzen hat, dass schon bisher die Instrumente der direkten Demokratie, die es in den Landesverfassungen ohnehin in einem größeren Umfang gibt als auf Bundesebene, praktisch kaum zur Anwendung gekommen sind. Herr Bußjäger hat uns das in einer der ersten Sitzungen hier ja berichtet.

Worüber soll man abstimmen im Baurecht? – Das sind die technischen Vorschriften. Im Grundverkehrsrecht? – Das ist zu 90 Prozent von EU-Recht determiniert, das ist eine tote Materie. Im Krankenanstaltenrecht? – Das ist eine Ausführungsgesetzgebung zur Bundesgesetzgebung. Im Fischereirecht, Tanzschulrecht und so weiter?

Sie finden kaum ein Thema auf Landesebene, das die Bevölkerung wirklich bewegt. Ganz anders ist es auf Gemeindeebene. Da lässt sich sicherlich viel machen.

Sie brauchen selbst zu diesem bescheidenen Ausbau, den eine Erweiterung der direkten Demokratie auf Landesebene darstellt, eine Volksabstimmung auf Bundes­ebene. Eine solche Volksabstimmung wird sicher positiv ausgehen. Aber sie hat ihre Tücken!

Ich frage mich, wer zu einer solchen Volksabstimmung hingeht, wenn ihm klar wird: Ich darf in Zukunft eine Initiative über das Tanzschulrecht einbringen. – Jetzt habe ich es bewusst zugespitzt gesagt, Sie können jede Materie des Landes hier einsetzen.

Die Beteiligung an einer solchen Abstimmung ist ein Problem. Wenn es weniger als 20, 30 Prozent sind, dann kommt das einer Blamage gleich. Und selbst das Ergebnis hat seine Tücken. Ich könnte mir vorstellen, dass viele gerade auch unter den Bürgern – nicht positiv dafür stimmen, weil ihnen die Überlegung: Na, besser als gar nichts ist es immer noch, einfach zu wenig ist. Sie wollen vielleicht damit demonstrieren: mit einer Ablehnung, das ist zu wenig. – Also diese Volksabstimmung wird gar nicht so einfach sein.

Zum Crowdsourcing noch: Das ist sicher ein hoch interessantes Modell. Nur, es ist ein hoch komplexes Modell, das eine intensive Vorbereitung braucht. Ich darf das hier nicht mehr näher ausführen. Ich würde nur eine Anregung geben: Machen Sie doch den Ausbau der partizipativen Demokratie zum Anlass für ein solches Crowdsourcing! Das wäre wahrscheinlich ein Thema, das schon etwas vorbereitet ist und das sicherlich die Interessen der Bürger weckt. – Danke, Herr Vorsitzender! (Beifall.)

Dr. Susanne Fürst (Rechtsanwältin): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Einleitung zu meinem Referat in der ersten Sitzung der Enquete-Kommission im Dezember vergangenen Jahres habe ich die „Neue Zürcher Zeitung“ zitiert. Da gab es einen Artikel, der hieß: „Es muss etwas geschehen!“ 

Man hat sich darin über die österreichischen Bemühungen um den Ausbau der direkten Demokratie lustig gemacht. Es wurde dort ausgeführt, dass eben nach dieser Feststellung „Es muss jetzt wirklich etwas geschehen“ unendliche Diskussionen und Bekenntnisse folgen würden und es letztendlich in einem Resümee heißen würde: Man kann eh nichts machen, weil das Ganze ist doch zu kompliziert; lassen wir es. – Das war die Prophezeiung der „Neuen Zürcher Zeitung“.

Leider ist es nun wirklich so gekommen; sehr schade!

In der Pressekonferenz der beiden Verfassungssprecher von SPÖ und ÖVP im Juli dieses Jahres zogen diese ihr Resümee über eben diese Enquete-Kommission zur Stärkung der direkten Demokratie in Österreich. Sie präsentierten ihre Schlussfolgerungen, Empfehlungen, die hier schon zur Sprache gekommen sind, und es ist auch schon versucht worden, sie als Erfolg zu verkaufen. Ich möchte sie jetzt aber nicht im Einzelnen erwähnen, weil sie meiner Ansicht nach nicht erwähnenswert sind. Es sind völlig unverbindliche Informations-, Anregungsrechte, also jedenfalls für mich völlig uninteressant, und ich halte es für sehr gewagt, dies wirklich als einen großen Schritt in Richtung Ausbau der direkten Demokratie zu verkaufen.

Der Ausbau der direkten Demokratie wird auf Länder- und Gemeindeebene verlegt. Das ist, wie Professor Öhlinger gesagt hat, gerade auf Länderebene völlig uninteressant. Auf Gemeindeebene mag es das eine oder andere Anliegen geben, das die Bürger bewegt, aber grundsätzlich heißt das, die Bevölkerung soll sich mit dem Parkpickerl befassen, mit 3 Meter mehr Fußgängerzone – ja oder nein?, oder damit, ob irgendein Bezirksmuseum eröffnet wird oder nicht, aber auf Bundesebene, dort, wo es wirklich um etwas geht, wo es um die wichtigen Materien geht, bleibt man im Parlament dann doch lieber unter sich.

In der Pressekonferenz wurde auch noch ausgeführt, es würde zu viele Bedenken und auch verfassungsrechtliche Probleme geben, auch im Hinblick auf den von ÖVP, SPÖ und Grünen als Ausgangsbasis präsentierten Initiativantrag betreffend eine automatische Volksbefragung, die einem erfolgreichen Volksbegehren folgen sollte. Das war ohnehin schon ein kleiner Wurf, denn Volksbefragung heißt ja so viel wie unverbindlich. Genau deshalb wurde das auch von allen geladenen Verfassungs­experten als verfassungsrechtlich möglich und einwandfrei beurteilt: weil eben der Schlusspunkt keine Volksabstimmung, deren Ergebnis für das Parlament zwingend wäre, sondern eine unverbindliche Volksbefragung ist. Das ist keine Bau­gesetz­änderung, also wäre es möglich, das verfassungsrechtlich zu beschließen.

Trotzdem ist von verfassungsrechtlichen Bedenken die Rede, trotzdem erteilten SPÖ und ÖVP ihrem eigenen Vorhaben eine Absage! Damit hat man wohl nicht gerechnet, dass von allen Juristen hier eine Freigabe erteilt wird. Ja, es heißt, so viele Juristen – so viele Meinungen! Deshalb hat man das vielleicht nicht erwartet, aber das Problem ist, dieser Initiativantrag wäre verfassungsgesetzlich möglich. Vielleicht kann man daraus schließen, dass man die Durchführung dieses Vorhabens von vornherein nicht vorhatte. Ich weiß es nicht. Vielleicht verwendet man diese Enquete-Kommission jetzt auch als Feigenblatt, um sagen zu können, es sind so viele Bedenken geäußert worden, dass man dem ganzen Vorhaben eine Absage erteilen muss. Ich weiß es nicht.

Die Angst vor dem Volk muss auf jeden Fall riesengroß sein. Man ist sich offensichtlich selbst nicht sicher, wie die Arbeit der Abgeordneten vom Volk beurteilt werden würde. Daher entscheidet man sich lieber dafür, nicht nachzufragen, einfach zu beschließen. Bei einer Volksbefragung würde es um wichtige Themen gehen, sie würde natürlich einen gewissen Wirbel auslösen, es wäre in der Presse darüber zu lesen. Es ist schon leichter, ein sehr erfolgreiches Volksbegehren einfach totzuschweigen oder auch als eine Willensäußerung abzuhandeln – oft wird es ja auch verleumdet –, die lediglich deshalb zustande kommt, weil die Bevölkerung von Massenmedien so stark beeinflusst ist, weil deren Wille einfach manipuliert wird.

Auf diesen Vorgang möchte ich – trotz des roten Lichts hier am Rednerpult – noch ganz kurz eingehen. Natürlich ist unbestritten, dass die Printmedien, dass auch gewisse Interessengruppen Einfluss nehmen bei Volksbegehren oder anderen Initiativen – es muss ja zunächst eine kleine Gruppe anfangen, ein Thema aufgreifen und ein Volksbegehren auf Schiene bringen –, natürlich haben die Medien starken Einfluss auf die Meinungsbildung und einen hohen Mobilisierungsgrad, aber ich gebe zu bedenken: Ist es wirklich so, dass die Medien dem Volk die Themen aufdrängen und es dann manipulieren? Oder ist es nicht vielmehr so, dass sich manche Medien – auch ein Massenblatt oder eine Boulevardzeitung – der Themen annehmen, die die Bevölkerung bewegen? Die Medien fragen eben nach – die Politik vielleicht nicht. (Obfraustellvertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) So geschehen erst kürzlich, als ein Boulevardblatt, das uns allen bekannt ist, sofort auf eine Million Unterschriften gegen dieses EU-US-Freihandelsabkommen verweisen konnte – nicht, wie ich meine, weil es die Bevölkerung manipuliert hat, sondern weil die Bevölkerung darauf wartet, dass sie gefragt wird. Es ist also schon sehr überheblich, zu sagen, die Bevölkerung dürfe man nicht fragen, sie werde nur beeinflusst, sie wisse das nicht, nur die Abgeordneten seien völlig frei von jedem Einfluss, nur die könnten das beurteilen. Ich meine, dass das nicht so ist.

SPÖ und ÖVP sind in der Frage des Ausbaus der direkten Demokratie zu einem Konsens gekommen. Ich meine, das ist kein Konsens zwischen den Regierungs­parteien und der Bevölkerung, darauf ist vergessen worden. Macht abgeben tut weh, und der Ausbau der direkten Demokratie ist mit einem gewissen Machtverlust verbunden. Allerdings ist es meiner Ansicht nach ein legitimes Anliegen, aus meiner Sicht sogar ein Recht der Bevölkerung, mehr Einfluss zu haben. (Obfraustellvertreter Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Die Frage ist, welcher Machtverlust mehr weh tut. – Derjenige, den man erleidet, wenn man das Volk in wichtigen Dingen entscheiden lässt, oder derjenige, den die Regierungsparteien vielleicht erleiden, wenn der eine oder andere Wähler einmal eine andere Partei wählt, eine, die die Anliegen der direkten Demokratie ernster nimmt? – Danke. (Beifall.)

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Die Enttäuschung vieler Beteiligter über die Ergebnisse, vor allem was die direkte Demokratie betrifft, ist schwer von der Hand zu weisen. Wenn nichts herauskommt, dann kann man auch schwer etwas anderes äußern als Enttäuschung. Die Differenzierungsmöglichkeit ist relativ gering. Die Frage, was in den Ländern und Gemeinden passiert, war ja nicht der Kernpunkt dieser Enquete-Kommission.

Nichtsdestotrotz möchte ich mich jetzt mit ein paar Dingen beschäftigen, die schon Ansätze bieten und die man weiterführen sollte; auch aus der Erfahrung unter anderem aus dem Österreich-Konvent, der auch Ergebnisse gebracht hätte, bezüglich deren Umsetzung – obwohl es Berichte gegeben hat – aber nichts passiert ist. Ich möchte mich also auf jene Dinge konzentrieren, die im Bericht stehen, an denen man weiterarbeiten sollte, weshalb – das kann ich auch gleich ankündigen – wir Sie (in Richtung Regierungsparteien), hoffentlich gemeinsam als Opposition, in die Ziehung nehmen werden; zumindest diese Dinge betreffend, die jetzt schriftlich vorliegen.

Ich möchte ein paar positive Dinge erwähnen, die in dem Bericht enthalten sind, auch wenn sie strukturell nicht immer richtig untergebracht worden sind.

So ist zum Beispiel ein aus meiner Sicht sehr wesentlicher Punkt, dass Begutachtungsverfahren anders aufbereitet werden sollen. Nicht 100 Begutachtungen, jeder kann selbst lesen, keine Zusammenfassung, nein, es wird explizit erwähnt, dass es den Versuch geben soll, die Ergebnisse zusammenzufassen. Wenn das umgesetzt wird, würde ich das für sehr positiv halten. Es gibt nur ein kleines Problem: Es steht im Bericht unter dem Punkt „Stärkung direktdemokratischer Instrumente“, und dort verstehe ich das nicht wirklich, denn dort wird es in der Regel keine Begutachtungsverfahren geben. Das bezieht sich ja auf die normalen Gesetzes­vorhaben, müsste also eigentlich unter einem anderen Punkt angeführt werden. Aber wenn es so gemeint ist, ist das mit Sicherheit positiv für die Bevölkerung – vor allem auch für die Bevölkerung –, aber auch für die Abgeordneten, zumal es in vielen Bereichen zum Teil überhaupt nicht möglich ist, Änderungen, die gemacht worden sind, vernünftig nachzuvollziehen.

Ein weiterer Punkt: Crowdsourcing. Leider ist immer so ein kleines Aber dabei. Herrn Kollegen Gerstl würde ich das jetzt ganz gerne persönlich sagen, er ist nur wahrscheinlich gerade direktdemokratisch unterwegs: Es ist die Frage, wie es ausgestaltet ist. Bezüglich Crowdsourcing wird nicht erwähnt, wer das machen soll, es gibt keinen Hinweis darauf. Es soll kommen, aber es gibt keinen Hinweis darauf, ob das Parlament irgendetwas damit zu tun hat. Ich weiß es nicht, wenn ich den Bericht lese. Betrifft es nur die Regierung, bestimmt ausschließlich die Regierung, welche Themen davon umfasst werden? Das ist so unverbindlich formuliert, dass man noch schauen muss, was man daraus macht; eine der Aufgaben, die wir haben werden. Wenn es einen Bericht mit Mehrheit gibt, dann werden wir schauen, wie wir das umsetzen können.

Ein Erfolg oder eine Stärkung wäre sicher auch der Zugriff seitens der Abgeordneten auf den Budgetdienst, auf den Rechts- und Legislativdienst, einfach um die parlamentarische Arbeit stärken zu können. Auch eine Stärkung wären beispielsweise eigene Budgets für Ausschüsse etwa für Begutachtungsverfahren. In diesem Zusammenhang stelle ich mir nur immer wieder die Frage, ob das ein Mehrheitsrecht ist. Die Regierung darf beschließen, in welchen von der Opposition geforderten Fällen etwas gemacht werden darf und in welchen nicht? – Das steht auch nicht drin, ist nicht ausgeführt.

Wenn man die Geschäftsordnung genau kennt, wird man bei manchen Dingen schon hellhörig, könnte so manches schon als Provokation empfunden werden. Den meisten ist wahrscheinlich gar nicht bekannt, wann im Parlament Ausschüsse öffentlich sind. Ich habe gemeinsam mit unserem Klubdirektor versucht, zu reflektieren, was öffentlich ist. Vielleicht kann es jemand beantworten: Welche Ausschüsse, die live gestreamt werden sollen, sind eigentlich öffentlich? – Ich wäre auf Anregungen seitens der Regierungsparteien durchaus gespannt, weil mir dazu nämlich auch nichts einfällt.

Es gibt keinen einzigen Ausschuss, der öffentlich ist. Es gibt Ausschüsse, die medienöffentlich sind, dort darf man aber nicht live streamen. Aus dem Unter­suchungsausschuss darf man nicht live streamen. Es gibt zurzeit einen einzigen Bereich, wo die Öffentlichkeit bei Ausschusssitzungen zugelassen ist. (Ruf: Bei Berichten!) – Richtig, bei der Enderledigung von Berichten. Das heißt, die Berichte, die so uninteressant sind, dass man sagt, die müssen nicht ins Plenum, werden im Ausschuss enderledigt. Das ist der einzige Bereich im österreichischen Parlament, wo die Öffentlichkeit zugelassen ist, und das darf man dann auch live streamen. Der Bericht der Regulierungskommission 27 über das Jahr 2000-irgendwas, neun Jahre zurück oder so, Berichte, die fünf Jahre alt sind, die kommen live ins Internet. Wenn das so gemeint ist, ist das eigentlich eine Provokation. (Zwischenruf des Abg. Wittmann.) – Was denn? Also ist wirklich gemeint, dass es sich auf die Berichte bezieht, die enderledigt werden? Das ist das Einzige? Das ist nicht nur Provokation, sondern auch ernsthaft gemeint?

Es gibt keine einzige öffentliche Ausschusssitzung im Haus. Da hat der Kollege Gerstl noch stolz gemeint: Minderheitenrechte werden nicht ausgeweitet, darum geht es nicht. Man darf über das, was jetzt im Haus stattfindet, nach außen berichten.

Das stelle ich mir super vor! Ich bin nämlich der Obmann des Sportausschusses. Der zeichnet sich dadurch aus, dass man ungefähr ein halbes Jahr kämpft, damit es einen Ausschusstermin gibt; es gibt normal zwei im Jahr.

Dann darf ich als Ausschussobmann ja nur objektiv berichten, also nicht über die Dinge, die mir wichtig sind, sondern was dort stattfindet. Auf der Tagesordnung des Sportausschusses steht meistens die Wiederaufnahme von vertagten Anträgen. Das heißt, ich dürfte jedes Vierteljahr in der Bevölkerung, in Bezirkshauptstädten, berichten, dass es erstens entweder keine Sitzung gegeben hat oder dass die Anträge, die wir das letzte Mal vertagt haben, beim nächsten Mal wieder vertagt worden sind.

Wenn man Demokratie besonders negativ darstellen will, dann schicken Sie mich herum. Das kann man schon anbieten. Ich erzähle einfach sachgemäß, was war, und alle werden sich an den Kopf greifen.

Also, ich finde schon: Wenn man ernsthaft über Ausschüsse redet, wenn man ernsthaft will, dass man das in die Bevölkerung bringt, dann muss man auch die Rechte ausweiten, dann muss man das österreichische Parlament zu einem Arbeitsparlament machen. Das heißt jetzt nicht, dass die Menschen hier herinnen nichts arbeiten, aber Gesetze entstehen in Österreich in der Regel nicht im Parlament, sondern sie werden von der Regierung vorgegeben. Wir haben keinen Prozess im Haus, wo – wie zum Beispiel in Finnland – Ausschüsse auch eigene Themen bearbeiten können und damit weitergehen können. Das fehlt alles.

Ausschusssekretariat klingt super! Der Sportausschuss bekommt ein Ausschuss­sekretariat. Wir tagen zweimal im Jahr für drei Stunden, machen drei vertagte Anträge, und es gibt Personal dafür, das das verwaltet. Ich meine, ich weiß ja nicht, wie die Vorstellungen sind. Wenn man das Parlament ernst nimmt, dann muss man die Rechte auch ausweiten und muss schauen, dass man vernünftig arbeiten kann, und dann kann man auch zu der Bevölkerung rausgehen und das vertreten. (Beifall.)

Mag. Erwin Mayer (mehr demokratie! die parteiunabhängige initiative für eine stärkung direkter demokratie): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gut, dass ich hier heute sprechen kann. Ich hoffe, ich werde nicht aus dem Protokoll gestrichen, ich bin ja kein Bürger und kein ständiges Ausschussmitglied, aber ich bin trotzdem am Rednerpult.

Worum geht es mir? Ich möchte natürlich auch ein Resümee geben, wie ich diese Enquete empfunden habe. Ich möchte das in drei Bewertungen aufteilen.

Das Erste sind die Regierungsparteien. Da ist schon viel gesagt worden und da ist mir einfach wieder vor Augen geführt worden, dass hier nicht repräsentativ entschieden wurde. Warum sage ich das? Das ist schon eine gewagte Aussage. Aber wir haben nun einmal eine empirische Umfrage von Prof. Haller, der nach dem Ausbau der direkten Demokratie, verbindliche Volksabstimmungen, das Schweizer Modell gefragt hat, und da kommen überall 75 bis 80 Prozent Befürwortung heraus.

Wenn man weiß, dass die Regierungsparteien noch immer knapp 60 Prozent der Wähler haben: Ja wie soll sich denn das ausgehen? Das ist ja einfachste Mathematik, dass man weiß, dass auch ÖVP- und SPÖ-Wähler mehrheitlich mehr direkte Demokratie mit zwingenden und verbindlichen Volksabstimmungen haben wollen. Sonst geht sich das nicht aus.

Das trifft übrigens auch auf die Sozialpartner zu. Die Arbeiterkammer rühmt sich, 3 Millionen Mitglieder zu haben, der Gewerkschaftsbund hat mehrere hunderttausend Mitglieder. Und dann sprechen hier Sozialpartner und geben Stellungnahmen ab, in denen sie sagen: Wir sind gegen den Ausbau der direkten Demokratie. Das ist in Wirklichkeit eine Position des Vorstandes des ÖGB, aber nicht der Gewerk­schaftsmitglieder, nicht der einfachen Menschen, nicht der Arbeiter. Diese Umfragen gehen sich sonst nicht aus.

Jetzt haben wir vorgeschlagen, schauen wir doch wirklich einmal repräsentativ nach, wie die einzelnen Wähler der einzelnen Parteien zur direkten Demokratie eingestellt sind, und haben eine Umfrage gedraftet. Das wurde wiederum in der Präsidiale von den Regierungsparteien abgelehnt. Das heißt, man will hier nicht schwarz auf weiß, man will hier nicht empirisch überprüft haben, wie die eigenen Wähler zur direkten Demokratie stehen. Man muss ganz klar sagen: Ja, das sagen Sie hier im Nationalrat als Abgeordnete, aber Ihre Wähler sagen das nicht.

Der zweite Punkt ist die Zivilgesellschaft. Das ist etwas, was mich positiv gestimmt hat. Ich komme selbst aus dem Bereich, war lange bei Greenpeace und weiß, was man hier zu tun hat. Man bekommt ein relativ geringes Gehalt und hat quasi immer einen 24-Stunden-Tag, sieben Tage die Woche, und man ist mit dem Umweltschutz, dem eigentlichen Anliegen, wofür man angestellt ist, voll beschäftigt.

Die Zivilgesellschaft aber dazu zu motivieren, sich mit den Spielregeln der direkten Demokratie oder allgemein des Parlamentarismus und der Demokratie auseinander­zusetzen, ist schwierig. Aber das ist gelungen. Das heißt, wir haben hier sehr viele zivilgesellschaftliche Positionierungen gehabt, wobei man gesagt hat: Mehr direkte Demokratie, Senkung der Hürden – damit es eben auch für NGOs mit geringeren Budgets zugänglich ist und es nicht nur große Medien, finanzstarke Organisationen oder wieder die Sozialpartner sein können, die erfolgreiche Volksbegehren durchführen können. Diese Positionierung der Zivilgesellschaft und der NGOs haben wir gehabt, und das stimmt mich optimistisch.

Das Dritte ist die Opposition. Zuerst noch einmal ein ausdrückliches Lob an diesen Bericht. Ich habe ihn jetzt die letzten zwei Tage gelesen und ich habe noch nie so einen guten Bericht aus dem Parlament gelesen, der sehr präzise, sehr gut zusammenfasst. Niemand wüsste, was hier in den letzten sieben Monaten geschehen ist, wenn es diesen Bericht nicht gäbe. Der ist exzellent geschrieben.

Wir kommen natürlich auch zu einem Aber. Ich halte jetzt hier keine Laudatio auf die Opposition, denn ich bin jetzt schon fast 30 Jahre im Geschäft der direkten Demokratie und habe schon viele Regierungen und Oppositionsparteien kommen und gehen gesehen. Man muss sagen, dass es eine Tendenz aller Oppositionsparteien der Welt gibt, für direkte Demokratie einzutreten, und dass es eine Tendenz aller Re­gierungsparteien dieser Welt gibt, gegen direkte Demokratie aufzutreten. Das geht auch mit den Wechseln mit! Das heißt, gewählt werden – dagegen sein, in der Opposition sein – dafür sein. Das wechselt. Ich kann mich an Gusenbauer erinnern, als er in vier Jahren Opposition für direkte Demokratie war. Es hat auch schon in Österreich viele Wechsel gegeben.

Deswegen habe ich auch drei Forderungen an die Oppositionsparteien, denn es wird an ihnen gemeinsam mit der Zivilgesellschaft liegen, das durchzusetzen. Erstens: Man muss es in den Wahlwettbewerben – ich vermeide den Begriff Wahlkampf – zum zentralen Thema machen. Jetzt weiß ich auch aus der Wahlmotivforschung, dass es nicht das zentrale Anliegen der Wähler ist, deswegen eine Partei zu wählen, es kommt irgendwann an fünfter, siebenter, neunter Stelle. Eine Partei wird aus anderen Gründen gewählt, aber es muss in den Wahlkämpfen Eingang finden, damit der Wähler weiß, wie sich die Parteien auf Bundes- und Landesebene positionieren.

Zweitens: Die Verfassungssperrminorität wurde schon angesprochen. Es haben in den letzten Jahren tendenziell immer die Parteien für direkte Demokratie Wahlen gewonnen und Parteien gegen direkte Demokratie verloren. Es gibt zwar statistische Ausreißer, aber in der Tendenz war das über viele Jahre so. Das hat dazu geführt, dass es hier für jene Parteien, die direkte Demokratie blockieren, nur mehr eine knappe einfache Mehrheit, also eine Gesetzesmehrheit, aber auf Bundesebene keine Verfassungsmehrheit mehr gibt.

Jetzt sagen mir Oppositionsparteien, das darf man aber nicht mit anderen Fragen junktimieren, man kann jetzt nicht eine Bildungsfrage oder irgendeine Frage der Energiepolitik mit direkter Demokratie junktimieren. Ich sage, wenn etwas wirklich wichtig ist – und das ist direkte Demokratie –, dann braucht es genau diese Junktimierung und ein Zugeständnis für Zweidrittelmehrheiten nur mehr dann, wenn bei der direkten Demokratie etwas weitergeht.

Drittens: Wenn Oppositionsparteien auf Bundes- oder Landesebene in Regierungs­verantwortung kommen, dann müssen sie ihre Position zur direkten Demokratie mitnehmen. Das muss in Regierungspapieren und Koalitionspapieren Eingang finden. Hier bin ich nicht ganz optimistisch, denn weder im Burgenland noch in Wien, wenn ehemalige Oppositionsparteien dabei sind, ist in Fragen der direkten Demokratie etwas Wesentliches geschehen. Ich muss sagen, am positivsten ist in den letzten Monaten noch Oberösterreich aufgefallen, wo es aufgrund der Oppositionsparteien eine merkbare Verbesserung der direkten Demokratie gegeben hat. Aber sonst haben wir dieses Phänomen in Deutschland genauso wie in Österreich, nämlich dass nur Oppositionsparteien dafür eintreten und es am Tag nach der Regierungsangelobung wieder vergessen. Das muss beendet werden. Dann bin ich optimistisch, dass wir das tatsächlich einmal weiterbringen werden. – Danke. (Beifall.)

Dr. Klaus Poier (Institut für Österreichisches, Europäisches und Vergleichendes Öffentliches Recht, Politikwissenschaft und Verfassungslehre): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Sitzung erinnert mich sehr an den 28. Jänner 2005, da war die letzte Sitzung des Österreich-Konvents, genau in diesem Raum. Man kann wahrscheinlich die Wortprotokolle vergleichen, und wenn man sie übereinanderlegt, dann wird man viele Ähnlichkeiten finden. Es war damals auch die große Diskussion: Ist das jetzt ein Erfolg gewesen oder vor allem – von vielen gesagt – ein Misserfolg, ein Scheitern, eine sinnlose Pflichtübung, eine Inszenierung. Das sind Worte, die auch heute gefallen sind.

Ich möchte jetzt möglicherweise einen untauglichen Versuch der Aufmunterung starten. Ich wende mich ganz besonders an die Expertinnen und Experten und an die Bürgerinnen und Bürger.

Vier Argumente haben wir in einen größeren Rahmen gestellt. Unsere Verfassung stammt aus dem Jahr 1920, in fünf Jahren werden wir ein 100-Jahr-Jubiläum feiern. Die Verfassung ist halt die Spielregel der Demokratie, da geht man nicht leichtfertig damit um. Auch ich – und Sie wissen es, ich habe es in vielen Wortmeldungen hier auch dargelegt – hätte mir inhaltlich ein größeres Ergebnis gewünscht. Aber ich verstehe auch, dass es Gegenargumente gibt, die auch im Begutachtungsverfahren von durchaus namhafter Stelle gebracht wurden. Das waren nicht irgendwelche Leute, das waren schon Repräsentanten des Staates, die hier ihr Wort in die Waagschale gelegt haben.

Ich verstehe auch, dass es gewisse Traditionen gibt, hier skeptisch zu sein. Die österreichische Sozialdemokratie steht aufgrund gewisser Argumente der direkten Demokratie 150 Jahre skeptisch gegenüber, und ich verstehe auch, dass man das, wenn es um die Spielregeln der Demokratie geht, nicht einfach über Bord wirft, sondern dass man darüber ernsthaft diskutiert. Gut, es sind 100 Jahre, und es ist keine Revolution. Es wird auch heute wieder keine Revolution stattfinden, aber es ist eine evolutive Entwicklung, und in den 100 Jahren ist durchaus einiges passiert.

Das zweite Argument ist jetzt vor allem an uns gerichtet, die nicht gewählte Abgeordnete sind. Wir sind hier in einer Enquete-Kommission, und wenn man in die Geschäftsordnung schaut, dann sieht man, dass es gar nicht darum geht, dass etwas entschieden wird, sondern wir bereiten Entscheidungen vor. Enquete heißt Untersuchung, es wird untersucht, wir sind im Parlament, parler heißt reden, das wurde auch gemacht. Und wir sind auch nicht gewählt. Wir Expertinnen und Experten, Bürgerinnen und Bürger haben eigentlich gar nicht die Legitimation, dass wir etwas entscheiden. Dafür gibt es ja in der Demokratie gewählte Abgeordnete, und die haben dann zu entscheiden, was sie mit den Ergebnissen machen.

Trotzdem glaube ich, dass wir uns auch gar nicht verstecken sollen. Es war eine ehrenvolle Aufgabe, dass wir hier mitwirken durften. Ich persönlich nehme sehr viel mit. Für einen Wissenschaftler und Demokratieforscher ist es natürlich auch sehr auf­schlussreich, zu sehen, wie hier etwas geschieht, was diskutiert wird. Ich nehme viel mit.

Als Wissenschaftler lieben wir Bücher. Professor Öhlinger und ich haben uns bemüht –sehr engagiert, wie ich meine –, für die Enquete-Kommission ein 400 Seiten starkes Buch in drei Monaten herauszustampfen. Es werden auch noch viele Aufsätze und Bücher darüber geschrieben, es ist alles nachzulesen, das heißt, es gibt etwas. Die Ideen sind gedacht, es wurde diskutiert und es liegt vor.

Ich möchte jetzt noch einmal auf den Österreich-Konvent zurückkommen und muss dem Abgeordneten Brosz ein bisschen widersprechen. Es war damals im Jänner 2005 auch diese Stimmung, wir haben über alles diskutiert, es gibt kein Ergebnis. Es hat keinen Konsens über das Wahlalter von 16 Jahren gegeben, keinen Konsens über die Briefwahl, keinen Konsens über die Landesverwaltungsgerichte, keinen Konsens über die Neuerung der Weisungsfreistellung, keinen Konsens über ein neues Haus­haltsrecht – all das gibt es mittlerweile. Es gibt auch noch viele andere Punkte, die in den zehn Jahren seit dem Ende des Österreich-Konvents umgesetzt wurden. Ich würde das auch für uns mitnehmen. Seien wir ein bisschen geduldig, es ist heute vielleicht unbefriedigend, aber seien wir geduldig, es wird weitergehen!

Wenn man die Punkte hernimmt, in denen es Konsens gibt, dann ist das nicht nichts. Manche von uns – auch ich – hätten sich mehr gewünscht, aber es ist nicht nichts. Es ist jetzt zumindest eine Weiterentwicklung der direkten Demokratie angedacht. Hoffen wir, dass das, worüber es jetzt Konsens gibt, auch tatsächlich umgesetzt wird. Der größere Freiraum für Länder und Gemeinden ist auch angesichts der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ein großes Anliegen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn das möglich würde.

Der letzte Punkt ist die Aufwertung des Volksbegehrens, den halte ich auch für wichtig, einerseits, was die Behandlung im Parlament betrifft, und anderseits auch, was etwa die elektronische Unterstützung des Volksbegehrens betrifft. Das Volksbegehren ist auf Bundesebene das wichtigste Instrument der direkten Demokratie, was die Inanspruchnahme betrifft. Wir haben 38 Fälle, das heißt ungefähr einmal pro Jahr, seit dem ersten Volksbegehren. Daher ist es ein wichtiges Instrument. Und wenn das aufgewertet wird, dann ist es ein wesentlicher Schritt. Man kann sich noch viel andere wesentliche Schritte vorstellen, aber seien wir nicht nur frustriert, dass es nicht mehr ist, sondern seien wir auch mit dem zufrieden, was einmal konzediert ist und darüber, dass viel gedacht wurde, viel geschrieben wurde, viel festgehalten wird, das sicher ein Reservoir für die nächsten 10 Jahre, 20 Jahre, 30 Jahre sein kann, damit dann noch weitere Schritte folgen. Danke schön. (Beifall.)

Heinz Emhofer: Ich möchte jetzt den zweiten Teil meiner kurzen Rede halten. Ich zitiere nur ganz kurz aus der 7. Sitzung am 2. Juni. Da hat Bundesrat Gottfried Kneifel Folgendes gesagt:

„Ich danke für die Aufklärung durch Herrn Professor Öhlinger zum Thema Konflikt, Legislative, Gerichtsbarkeit. Ich glaube, da müssen wir achtgeben, dass bei den Bürgern nicht ein weiteres Frustrationspotenzial entsteht, das von uns generiert wird. Da ist höchste Aufmerksamkeit geboten.“

Mein Kollege Harald Petz sagte damals:

„Für mich ist beängstigend, dass im Raum steht, dass es möglicherweise am Ende dieser Enquete-Kommission gar kein Ergebnis gibt; vielleicht nicht einmal die im Vorfeld ausverhandelte Minimallösung, die für mich persönlich viel zu wenig tief greift.“

Und Sie, Herr Präsident, haben dann einen Antrag vorgelesen, den ich ebenfalls vorlesen möchte:

„Die Enquete Kommission möge beschließen:

Die an der Enquete-Kommission teilnehmenden Bürger/innen werden gemäß § 40 Abs. 1 GOG eingeladen, ihre inhaltlichen und prozeduralen Schlussfolgerungen zur Enquete-Kommission Stärkung der Demokratie bis zum 9. September 2015 zu verschriftlichen, damit sie in den Bericht der Enquete-Kommission Eingang finden können. Es kann sich dabei um eine gemeinsame schriftliche Äußerung aller Bürger/innen handeln oder eine Äußerung jedes einzelnen Bürgers“.

Darüber wurde abgestimmt, und es wurde einstimmig angenommen.

Ich habe früher einmal bei einer Sitzung der Enquete gesagt, ich habe vor dem Versagen dieser Enquete Angst, springt über euren Schatten und macht Nägel mit Köpfen. Also nicht Nägel mit Köpfen, sondern einen Nagel mit einem Kopf. Und dann ist der 7. Juli gekommen, das war ein Tsunami in Österreich. Das ganze Jahr haben die Medien über diese Enquete-Kommission nicht so viel berichtet wie nach dieser Pressekonferenz. Der Pressespiegel des Parlaments, den ich bekommen habe, hat 39 Seiten umfasst. Aber im Pressespiegel waren leider Gottes nur negative Mitteilungen. Ich habe am Anfang dieser Enquete einen Wunsch gehabt, man sollte ein Gesetz für Österreich machen, anscheinend kommen jetzt neun Gesetze für die Bundesländer heraus, also neun Nägel. Das heißt, in jedem Bundesland haben wir andere Demokraten.

Als Demokrat muss man diese Entscheidung zur Kenntnis nehmen. Aber wie es zu dieser Entscheidung gekommen ist! Diese Entscheidung zwei Monate bevor das Schlusswort heute gesprochen wird, zu fällen, finde ich nicht demokratisch. – Danke. (Beifall.)

Dr. Kurt Stürzenbecher (Abgeordneter zum Wiener Landtag, SPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte verstärken, was Herr Professor Klaus Poier zum Österreich-Konvent gesagt hat. Dort hat man auch zuerst gedacht, man wird am gesamten österreichischen Verfassungsgefüge keinen Stein auf dem anderen lassen, die gesamte Republik neu gestalten, alles wird hundertprozentig neu, und es kommt eine neue Republik heraus. Im Endeffekt ist das dann nicht geschehen, da waren manche enttäuscht und haben gesagt, der Österreich-Konvent ist gescheitert.

Seitdem hat man aus dem Bergwerk an Ideen, Programmen und Zielsetzungen, die in diesem Österreich-Konvent erarbeitet worden sind, sehr, sehr viel zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger in Österreich verwirklicht. Professor Poier hat einiges genannt, vor allem die Landesverwaltungsgerichte seien hier erwähnt, aber auch sehr vieles in der Demokratiepolitik.

Ähnlich sollten wir auch diese Enquete-Kommission sehen. Meiner Ansicht nach sollte man nicht in eine solche Enquete-Kommission hineingehen und sagen, entweder kommt genau das heraus, was ich will, oder sie ist gescheitert. Ich glaube, man muss auch damit leben, dass es andere Meinungen in der Demokratie gibt und dass letztlich im Wesentlichen dann eben Mehrheitsentscheidungen fallen. Das heißt nicht, dass jene Ideen, die in der Minderheit geblieben sind, auf Dauer nicht kommen, sondern manches setzt sich später durch, manches früher und manches ist vielleicht auch falsch. Nur weil man in der Minderheit geblieben ist, heißt es nicht automatisch, dass man recht hat.

Ich meine also, dass hier wirklich sehr, sehr viel gekommen ist. Dr. Wittmann hat es ja ausgeführt: Stärkung direktdemokratischer Elemente, Teilhabe am politischen Prozess, Aufwertung direktdemokratischer Instrumente, Stärkung des Parlaments, politische Bildung und Medien. Aus diesen sechs Punkten kann man zur Weiterentwicklung der Demokratie sehr, sehr viel herausschöpfen.

Dass man jetzt wirklich die Einführung der direkten Demokratie, die quasi das Parlament als letztentscheidendes Organ aushebelt, zum Um und Auf der Demokratieweiterentwicklung macht und alles andere für undemokratisch erklärt, ist meiner Ansicht nach nicht logisch.

Warum haben alle wirklich traditionsreichen und hoch entwickelten Demokratien der Welt – mit Ausnahme der Schweiz; das ist ein Modell seit 1301, das anders ist – das nicht? Warum haben die Vereinigten Staaten auf gesamtstaatlicher Ebene nicht die direkte Demokratie? Wobei in den Vereinigten Staaten wirkliche Gefahren für die Demokratie vorhanden sind, seit 2010 die Obergrenze für Spenden abgeschafft wurde und dadurch wirklich die Gefahr besteht, dass dort eine Finanzoligarchie die Demokratie beherrschen könnte.

Warum gibt es das in der Bundesrepublik Deutschland nicht, in Frankreich nicht, in Großbritannien nicht, in den hoch entwickelten skandinavischen Ländern nicht, in den Benelux-Ländern nicht, in Spanien nicht, in Italien nicht, in Griechenland nicht? Ich könnte jetzt noch sehr, sehr viele Demokratien aufzählen.

Die Staaten, in denen es das gibt, sind Ungarn und Rumänien, also einige post­kommunistische Länder, mit – seither – wenig praktischem Erfolg, muss man auch sagen. Ich glaube nicht, dass Ungarn jetzt als Musterdemokratie dasteht, nur weil man dort eine direkte Demokratie, wie sie von manchen hier gewünscht wird, eingeführt hat.

Also ich glaube, diese Fokussierung auf diese eine Forderung ist nicht gerechtfertigt, und ich finde, wir alle sollten uns im Sinne der Enquete-Kommission und der vielen Ideen, die hier vorgebracht worden sind, auch nachher noch anschauen, wie wir die Demokratie weiterentwickeln. Da gibt es ja wirklich genug Möglichkeiten, die aufgezählt worden sind.

Und wäre die Einführung dieser Form der direkten Demokratie tatsächlich das absolute Um und Auf, dann müsste ich mich schon fragen, warum bei dem Volksbegehren, das sich darauf bezogen hat, nur 68 000 unterschrieben haben. Das war, glaube ich, das Zweitschlechteste – das ist jetzt kein Indiz, es kann schon sein, dass viele Leute über diese 68 000 hinaus das haben wollen.

Ich plädiere dafür, diese Schwarz-Weiß-Malerei, die eben nicht demokratisch ist, zu vermeiden. Meiner Ansicht nach ist Demokratie etwas sehr Komplexes, oft Widersprüchliches, aber es ist nie eine Schwarz-Weiß-Malerei. Und ich meine, durch diese Form der direkten Demokratie, die das Parlament letztlich aushebelt, würde eher das Schwarz-Weiß-Denken gestärkt.

Ich finde, dass die Fortschritte, die herausgekommen sind, würdig sind weiterentwickelt zu werden, auch das, was Herr Cap und ich geschrieben haben betreffend die Enquete-Kommission – das ist leider jetzt noch nicht gekommen, könnte aber noch irgendwann kommen –, nämlich dass erfolgreiche Volksbegehren – da hat Professor Öhlinger recht – automatisch eine Enquete-Kommission bewirken.

Also ich glaube, wir alle können insgesamt mit der Arbeit zufrieden sein. Wir werden weiter für mehr Demokratie arbeiten. – Danke schön. (Beifall.)

Michelle Missbauer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In meiner zweiten Rede möchte ich ein paar neutrale Worte und ein paar rückblickende Worte bringen.

Als ich mich über Facebook für die Enquete-Kommission beworben habe, habe ich mich natürlich sehr gefreut, dass ich ausgelost, ausgewählt wurde. Da haben Sie eigentlich schon den ersten Schritt in die richtige Richtung gesetzt, nämlich dass Sie Bürger ins Parlament geholt haben.

Ich würde Sie ersuchen, dass Sie das, diese Idee, einfach beibehalten. Sie können natürlich acht andere Bürger auswählen, um andere Meinungen einzuholen, vielleicht als kleinen Anreiz, wenngleich ich mich natürlich sehr freuen würde, wenn ich weiter mitmachen könnte.

Ich habe auf der Parlamentshomepage einige Petitionen und Bürgerinitiativen ent­deckt, bei denen die Leute ihre Meinungen, ihre Themen, ihre Statements einbringen wollen. Da gibt es immer die Möglichkeit der elektronischen Unterschrift, wo man sich mit Namen und so weiter eintragen kann. Herr Graupner hat jetzt auch etwas gestartet, das sich auf der Parlamentshomepage zum Unterschreiben befindet.

Ich habe mich total gefreut. Es gibt natürlich auch einige positive Aspekte. Ich habe gelernt, vor vielen Leuten zu reden. Das war ja für mich auch neu, vor 80, 90, vielleicht sogar 100 Abgeordneten im Nationalratssaal zu reden. Ich erinnere mich, das erste Mal bin ich eher schüchtern hier gestanden.

Es gibt also auch viele positive Aspekte in einer Bürger-Enquete-Kommission. Die Leute trauen sich einmal mit Ihnen, Politikern, zu debattieren, zu reden. Für mich als Nichtpolitikerin war es eine ganz neue Erfahrung, einmal im Parlament live und in Farbe mitzureden. Und das ist eigentlich eine tolle Erfahrung.

Österreich ist auch wirklich ein vorbildliches Land. Ihr habt mit der Enquete-Kommission gestartet. Und ich denke, wenn die Bürger-Enquete-Kommission weiter bestehen bleibt, dann werden andere Länder garantiert mitziehen, auch Länder, die, wie schon erwähnt wurde, hoch entwickelt sind, wie die skandinavischen Länder. Es könnte sein, dass dann dort auch die Bürger „in die Politik gehen“ wollen, angehört werden wollen und so weiter.

Ich habe mich ein bisschen umgehört, es war schon vor meiner Geburt, denn ich bin 1981 geboren, damals gab es eine riesengroße Volksabstimmung, als Bruno Kreisky noch im Amt war, nämlich betreffend Zwentendorf. Und die nächste Volksabstimmung, an die ich mich erinnere, war, glaube ich, im Jahr 1994 betreffend den EU-Beitritt Österreichs – und seither gab es nach meinem Wissen keine weitere Volksabstimmung in Österreich. Und ich denke, das sollen nicht die letzten Volksabstimmungen gewesen sein.

Ich würde mich sehr freuen, würde ich einmal zu einer Volksabstimmung eingeladen werden und dürfte dort meine Meinung ausdrücken.

Ich habe ein paar Meinungen eingeholt. Viele Leute wünschen sich sogar wieder einen Politiker wie Bruno Kreisky. Er soll auch viele gute Taten, eine gute Politik gemacht haben. Er war Sozialdemokrat, wie Sie natürlich wissen, und ich habe ein bisschen geschaut, geforscht: „100 Jahre Bruno Kreisky“ heißt es jetzt.

Ich denke, wir sind sicher auf einem guten Weg, vor allem in Österreich, die Demokratie auszubauen und mit den Leuten, mit den NGOs bei mehr Demokratie mehr zusammenzuarbeiten und die Volksabstimmungen wirklich an die vorderste Front zu stellen – und nicht an die unterste Stelle –, denn die Leute sind sicherlich gerne bereit, sich in die Politik einzubringen, ihre Meinung bei allen möglichen Themen, die es gibt, einzubringen, nicht nur zu Zwentendorf und zum EU-Beitritt.

Auch bei einem Thema, das sensibel ist, ist die Bevölkerung, denke ich, sicher bereit, ihre Meinung kundzutun, und ich bin sicher auch nicht die einzige Bürgerin, die gerne im Parlament mit Ihnen redet, sich austauscht, debattiert, Meinungen vertritt und so weiter.

Ich persönlich würde es also sehr empfehlen, für die Bürger-Enquete-Kommission keinen Abschlussbericht zu machen, sondern eher einen Eröffnungsbericht, dass sie weitergeführt wird und dass immer wieder Bürger miteinbezogen werden und Bürger auch ein Mitspracherecht im österreichischen Parlament haben. – Danke. (Beifall.)

Bundesrat Mag. Gerald Zelina (STRONACH, Niederösterreich): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Volk als Souverän. Das Volk soll entscheiden. – Ich habe bereits zu Beginn dieser Enquete-Kommission in meiner Rede über die Legitimation des Volkes gesprochen, selbst Entscheidungen treffen zu können. Letzten Endes soll der entscheiden, der sich auskennt, der Experte ist.

Wenn Sie selbst ein gröberes gesundheitliches Problem haben, lassen Sie auch den Facharzt oder das Ärzteteam darüber entscheiden, ob eine Operation stattfinden soll, und machen keine Volksabstimmung in Ihrer Gemeinde.

Deswegen sehe ich es als richtig an, dass die Bürger insbesondere auf der Gemeindeebene, dort, wo sich das Volk auskennt, wo sich die Bürger auskennen, mit­sprechen können sollen.

Wir befinden uns, was die direkte Demokratie betrifft, in einer Entwicklung, in einem Prozess. Wir sind nicht am Ende, es geht weiter. Und ich würde mir insbesondere drei Dinge wünschen:

Volksbegehren sollten verpflichtend im Parlament behandelt werden. Die Bürger brauchen eine Motivation. Momentan ist es so, dass die Volksbegehren in einer Schublade verschwinden. So sollte es nicht sein, sie sollten behandelt werden müssen. Zweitens brauchen wir eine Möglichkeit, damit die Bürger auch verbindliche Volksbefragungen initiieren können. Und drittens sollten auch bestehende Gesetze vom Volk wieder zu Fall gebracht werden können.

Wenn Sie mich fragen, was wir auf Bundesebene tun könnten, um mehr direkte Demokratie hereinzubringen, dann haben wir vom Team Stronach einen Vorschlag: Wir wollen im Parlament, im Nationalrat echte Bürgervertreter, also parteilose Bürgervertreter, so wie Sie hier anwesend sind. Ein Drittel sollten echte parteilose Bürgervertreter im Parlament sein, parteiunabhängig, wie auch Sie es sind. Und die Regierung müsste dann jedes Mal den Bürgern dieses Gesetz verkaufen, und diese müssten zustimmen. Schaffen Sie das nicht, hat die Opposition die Möglichkeit, aber immer müssten die Bürger ins Boot geholt werden.

Das wäre ein Vorschlag zu mehr direkter Demokratie auch auf Bundesebene. – Vielen Dank. (Beifall.)

Dr. Jennifer Kickert (Abgeordnete zum Wiener Landtag, Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach den vielen, vielen Wort­meldungen vor allem der Bürgerinnen und Bürger und der stark ausgeprägten Enttäuschung habe ich mich bemüßigt gefühlt, dem ein bisschen Optimismus entgegenzusetzen. Das war meine Motivation bei der Abgabe dieser Red­nerInnenkarte, und zwar bevor mein Kollege Stürzenbecher gesprochen hat. (Heiter­keit.)

Ich wollte das, was tatsächlich in diesem Mehrheitsbericht an Möglichkeiten dargestellt ist, positiv herausheben. Ich wollte tatsächlich sagen: Diese verfassungsrechtliche Ermächtigung bietet vielleicht eine Chance, dass auf Länderebene etwas getan wird. Und mit „auf Länderebene“ beziehe ich mich tatsächlich ganz konkret auf das Land, das ich vertrete, nämlich auf Wien, gemeinsam mit meinem Kollegen Landtags­abgeordneten Kurt Stürzenbecher.

Aber wenn er sämtliche Ideen und Modelle, die hier angesprochen und behandelt wurden – mit denen man sowohl die repräsentative als auch die partizipative, als auch die direkte Demokratie stärken kann, ergänzen und schauen kann, wie diese unterschiedlichen Methoden einander verstärken –, nur unter der Befürchtung subsummiert, dass die parlamentarische Demokratie ausgehebelt werden sollte, dann brauche ich wirklich viel, viel Kraft, um meinen Optimismus aufrechtzuerhalten und um Ihnen zu versprechen: Ich möchte vieles von dem, was in dieser Enquete angesprochen wurde, tatsächlich gemeinsam mit der stärksten Partei in Wien, den Sozialdemokraten, umsetzen und lade hier meinen Kollegen Stürzenbecher ein, gemeinsam mit mir vieles, was bei dieser Enquete-Kommission an Ideen aufgeworfen wurde, in allfälligen Koalitionsverhandlungen aufs Papier zu bringen und dann umzusetzen. – Das war der Optimismus, den ich brauche, um nicht ganz resignativ aus dieser Sitzung herauszugehen.

Das Zweite, was ich schon sagen möchte und wo ich heftigst an die Regierungs­parteien plädiere, es umzusetzen, ist: Sie erwähnen nicht nur in Ihrer Koalitionsvereinbarung, sondern auch in Ihrem Mehrheitsbericht die Abschaffung der Amtsverschwiegenheit beziehungsweise ein Grundrecht auf Zugang zur Information. – Bitte, setzen Sie das um – lieber heute als morgen! An dieser einen Zusage in Ihrem Bericht werde ich Ihre Ernsthaftigkeit messen. An diesem einzigen Vorhaben kann ich messen, ob das, was Sie auf diesen neun Seiten geschrieben haben, irgendeinen Wert hat oder nicht. Setzen Sie das um! – Danke. (Beifall.)

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ich kann natürlich auch die Enttäuschung verstehen, wenn man mit mehr Erwartungshaltung hier hereingegangen ist, möchte aber schon zu einigen Punkten Stellung nehmen:

Das Erste ist: Warum haben wir das am 7. Juli gemacht? – Weil ich es für einen Akt der Fairness halte, dass man, wenn man die Entscheidung innerhalb einer Partei getroffen hat – es ist ja nicht so, dass das zwei oder drei Leute treffen, sondern das Gremium an sich, und innerhalb dieses Gremiums muss es eine Mehrheit oder keine Mehrheit geben –, das rechtzeitig auch im Vorfeld kundtut, damit sich die anderen darauf einstellen können. Das finde ich eher fair, als wenn wir es erst jetzt hier sagen würden und damit alle vor den Kopf stoßen dürften. Das lasse ich also nicht so stehen, denn ich halte es für einen Akt der Fairness, dass man, sobald man eine Entscheidung intern getroffen hat, diese auch kundtut und den anderen die Möglichkeiten gibt, rechtzeitig darauf zu reagieren.

Die zweite Geschichte ist: Ich war auch Teil des Konvents und bin nach wie vor im Verfassungsausschuss und Ausschussvorsitzender. Natürlich werden laufend Ideen, die dort geboren werden, umgesetzt. Das wurde auch schon in vielen Wortmeldungen gesagt. Es wäre undenkbar gewesen, ohne die Arbeit des Konvents die Landes­verwaltungsgerichte umzusetzen, weil da wirklich die Stellungnahmen jeder Partei aufgearbeitet wurden. Und dann ist es sogar gelungen, eine Fünf-Parteien-Einigung zusammenzubringen, weil man gewusst hat, wofür jede Partei steht.

Dieses Finden und Zusammentragen von Argumenten ist ein Teil dieser Enquete-Kommission und ist weiterzuentwickeln. Von den vier Punkten, die Sie ausgesendet haben, werden drei Punkte umgesetzt, einer nicht.

Jetzt eine persönliche Stellungnahme zu dem Antrag, von dem immer wieder gesagt wird, dass er umgesetzt werden soll: Da geht es darum, dass, wenn ein Volksbegehren eine bestimmte Anzahl von Stimmen erreicht, dann verpflichtend eine Volksbefragung gemacht werden muss. – Jetzt stellen Sie sich vor, wir machen Volksbegehren, die Leute engagieren sich, haben Hoffnung, es gibt eine Volksbefragung – wieder Hoffnung, Hoffnung, Hoffnung –, und trotzdem wird es nicht umgesetzt, weil kein Zwang dazu da ist. Das würde doch bedeuten, demokratiepolitisch mehr Frustration hervorzurufen, als wenn man gleich von vornherein in einem bestimmten Stadium des Volksbegehrens Nein dazu sagen würde.

Man tut immer so, als hätten wir keine direktdemokratischen Instrumente. Wir haben im Verhältnis zu vielen westlichen Demokratien ein recht umfangreiches Instrumentarium. Wir haben auch eine verpflichtende Volksabstimmung – aber nur für die Grundbausteine der Verfassung! Jetzt kann man darüber diskutieren, ob das zu erweitern wäre, und wenn, inwieweit.

Wer schützt die Minderheiten vor den Mehrheiten? Wenn es zu verpflichtenden Volksabstimmungen kommt und gegen Minderheiten entschieden wird, wer schützt dann die Minderheit? In Ihrem Bericht erwähnen Sie Kalifornien als Superziel. Kalifornien ist aufgrund seiner direkten Demokratie konkursreif, weil die Gelder nicht zur Verfügung gestellt wurden für das, was dann zu bezahlen war, weil eben auch darüber abgestimmt wurde, ob bezahlt werden soll oder nicht. – Das ist alles in diese Erwägungen einbezogen. Es ist also nicht so, dass wir uns diese Sache sehr leicht gemacht haben.

Und wenn ich einen Ausnahmenkatalog formuliere, wie weit fasse ich ihn dann? Was ist mit Verfassungsbestimmungen? Was ist mit Steuerhoheit? – Das sind alles Fragen, die ich hier zu beantworten habe. – Und was ist wirklich, wenn man in einer aufgeheizten Stimmung, wie sie jetzt ist, beginnt, emotional darüber nachzudenken, gegen die Minderheiten vorzugehen? Was ist dann? Haben wir dann sozusagen den sozialen Frieden für eine noch nicht klar definierte Form der direkten Demokratie aufs Spiel gesetzt? Das heißt nicht, dass die Diskussion nicht weitergeht. Wir werden uns genau anschauen, was die Länder auf ihren Ebenen einführen, was die Gemeinden auf ihren Ebenen einführen, und werden dann sehr wohl über die Best Practices nachdenken müssen. Diese Diskussion ist ja nicht beendet. Aber wir haben die Argumentation bekommen, um darauf reagieren zu können und zu entscheiden, wie man das weiterentwickelt.

Man kann nicht sagen, dass wir nicht weiterentwicklungswillig sind, wenn man von vier Punkten drei umsetzt und bei einem Bedenken hat. Auch in der Demokratie muss es möglich sein, dass hier Leute sitzen, die die radikalere Form der direkten Demokratie wählen – sonst hätten Sie sich für das Thema ja nicht interessiert –, die Mehrheit das offensichtlich aber nicht alles will. Denn wenn ich ein Volksbegehren mit nur 68 000 Unterschriften habe, das zweitschlechteste aller Volksbegehren, dann kann es nicht das Kernthema sein, das die Bevölkerung will. Das heißt aber nicht, dass wir es nicht weiterentwickeln und auch weiterhin am Ball bleiben müssen.

Ich kann das nicht so einfach stehen lassen. Aber nun möchte ich diese Empfehlungen, die von mir bei meiner der ersten Wortmeldung auch erklärt wurden, als Antrag einbringen. Die Begründung dazu habe ich bei der ersten Wortmeldung schon geliefert. – Danke. (Beifall.)

Obfraustellvertreter Präsident Ing. Norbert Hofer gibt bekannt, dass der Antrag geschäftsordnungskonform eingebracht worden ist.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Empfehlungen der Enquete-Kommission „Stärkung der Demokratie in Österreich“

Die Parlamentarische Enquete-Kommission „Stärkung der Demokratie in Österreich“ beschließt, entsprechend dem Auftrag des Hauptausschusses vom 23. September 2014, folgende Empfehlungen:

1. STÄRKUNG DIREKTDEMOKRATISCHER INSTRUMENTE AUF LANDES- UND GEMEINDEEBENE

Die direktdemokratischen Instrumente eignen sich insbesonders für kleine Einheiten, wie dies verstärkt bei der Landes- und Gemeindeebene der Fall ist. Im Laufe der acht Sitzungen wurde an die Mitglieder der Enquete-Kommission vielfach der Wunsch herangetragen, dass die Bevölkerung primär dort ein Mitentscheidungsrecht haben möchte, wo politische Entscheidungen unmittelbar ins alltägliche Leben eingreifen. Daher soll es den Bundesländern ermöglicht werden, die Landesverfassungen dahingehend zu adaptieren, dass direktdemokratische Instrumente auf Landes- und Ge­meinde­ebene über jene der bundesverfassungsrechtlichen Möglichkeiten hinaus­gehen, beispielsweise beim Negativ-Votum, wie dies im Rahmen der öffentlichen Sitzungen vorgeschlagen wurde.[1][2][i]Zusätzliche Möglichkeiten finden sich im Schweizer-Modell wie auch bei diversen Vergleichen mit deutschen Bundesländern.

Eine verstärkte Verlagerung auf Landes- und Gemeindeebene hätte insofern einen Vorteil, da folgende Themen Landessache sind: Gemeinderecht, Baurecht, Grund­verkehrsrecht, Sozialhilfe, Heil- und Pflegeanstalten etc. Da diese Themen das alltägliche Leben der Menschen betrifft, stellt eine verstärkte direktdemokratische Partizipation auf Landes- und Gemeindeebene eine Attraktivierung für die Bevölkerung dar.[3]

Auch auf der Gemeindeebene besteht die Möglichkeit mittels direktdemokratischer Instrumente die Bevölkerung vermehrt in politische Entscheidungsfindungsprozesse miteinzubeziehen.

2. TEILHABE AM POLITISCHEN PROZESS:

Voraussetzung zur Teilhabe ist Information:

Da der Ruf nach verstärkter Transparenz seitens der Bevölkerung immer größer wird, plädiert die Enquete-Kommission für die Abschaffung der Amtsverschwiegenheit und Schaffung eines Grundrechts auf Zugang zu Informationen.

Um sowohl Nationalrat und Bundesrat als auch die Öffentlichkeit bereits frühzeitig in die politischen Vorhaben der Mitglieder der Bundesregierung einzubeziehen, sollen die Mitglieder der Bundesregierung im Parlament jedes Jahr eine Erklärung z.B. über die politischen Ziele, Eckpunkte geplanter bedeutender Gesetzesvorhaben und Schwer­punkte in der Vollziehung abgeben, die anschließend sowohl im Parlament als auch in der Öffentlichkeit diskutiert werden können. Dies soll ein weiteres Signal in Richtung verstärkter Transparenz der politischen Arbeit der Bundesregierung sein.

Um eine objektive Meinungsfindung zu gewährleisten, soll bei Volksbegehren und Volksbefragungen verpflichtend ein Abstimmungsbüchlein von der Bundesregierung (vgl. Schweiz) herausgegeben werden.[4][5] Dieses Abstimmungsbüchlein ist nicht parteipolitisch motiviert und soll objektiv über die Fragestellung informieren, sodass sich sowohl Pro- als auch Contra-Argumente darin wiederfinden.

Teilhabe am politischen Prozess:

Um betroffene BürgerInnen in die Diskussion über bedeutende Gesetzesvorhaben frühzeitig einzubinden und um von der Erfahrung und dem Know-How betroffener BürgerInnen zu profitieren, soll nach finnischem Vorbild eine elektronische Crowdsourcing-Plattform eingerichtet werden.[6] Über diese Plattform können Bür­gerInnen sowohl ihre Ideen und Vorstellungen als auch Erfahrungen mit bisherigen Regelungen einbringen, noch bevor ein Gesetzentwurf erarbeitet wird. Dazu werden grundlegende Informationen (Problemaufriss, Lösungsskizzierungen,…) über das geplante Vorhaben zur Verfügung gestellt. Über diese Plattform soll eine Diskussion im Sinne des Austauschs begründeter Argumente angeregt werden. Der Input soll durch Fachleute evaluiert und dem Parlament weitergeleitet werden. Da der Wunsch nach Mitsprache immer lauter wird, erachtet es die Enquete-Kommission als außerordentlich wichtig, dass insbesondere im vorparlamentarischen Bereich die Bevölkerung ein erweitertes Recht auf aktive, direktdemokratische Partizipation hat.

Beispiel Finnland: „Crowdsourcing“ in politischen Entscheidungs- und Gesetzgebungs­prozessen zielt darauf ab, Bürger in einer öffentlichen Diskussion zu einem Gesetzvorschlag oder einem öffentlichen Gut einzubinden und ihre Vorschläge mit dem institutionalisierten Entscheidungsprozess zu verbinden.

Beispiel Kroatien: Die Frage ist nicht „warum“, sondern „wie“ führe ich öffentliche Befragungen durch. Staatliche Schulen bieten reguläre Weiterbildungsprogramme um öffentliche Befragungen effektiv durchführen zu können. Staatsbedienstete nehmen selbstverständlich an solchen Workshops teil. Zudem gibt es detaillierte Analysen zu den Aktionen aller Staatsbediensteten in jeder Phase des Prozesses der öffentlichen Konsultation. Elektronischer Zugang ist für alle öffentlichen Befragungen eine Voraussetzung, um auf einfachem Weg Kommentare zu Gesetzesvorhaben abgeben zu können. So kann mehr Transparenz geschaffen werden.

Um Transparenz gewährleisten zu können, soll die Homepage des Österreichischen Parlaments bürgerInnenfreundlicher gestaltet werden, sodass nicht nur die Be­völkerung, sondern auch VertreterInnen der Medien auf Originaldokumente des National- und Bundesrates zugreifen können, um diverse parlamentarische Abläufe genauer verfolgen zu können.[7]

Einbindung der BürgerInnen in das Begutachtungsverfahren: Einrichtung einer Online-Plattform, an der sich alle offiziellen Stellen und alle BürgerInnen am Begut­achtungsverfahren beteiligen können. Dabei soll es nicht nur möglich sein, zu jeder einzelnen Bestimmung selbst Anmerkungen zu machen, sondern auch bereits vorhandene Anmerkungen zu unterstützen. Dadurch wird eine Priorisierung der Anmerkungen bzw. Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren möglich.

3. AUFWERTUNG DIREKTDEMOKRATISCHER INSTRUMENTE

Um Anliegen, welche direkt aus der Bevölkerung kommen (Volksbegehren) mehr Gewicht im politischen Prozess zu verleihen, soll die parlamentarische Behandlung von Volksbegehren aufgewertet werden. In Zukunft soll jedes Volksbegehren, welches von mindestens 100.000 wahlberechtigen ÖsterreicherInnen unterstützt wird, in mindestens zwei so genannten „Volksbegehren-Sitzungen“ behandelt und thematisiert werden. In diesen „Volksbegehren-Sitzungen“ werden ausschließlich Volksbegehren behandelt, wobei den Bevollmächtigten der jeweiligen Volksbegehren ein Rederecht im Plenum des Nationalrates eingeräumt wird. Zusätzlich dazu soll es den Bevollmächtigten ermöglicht werden, im jeweiligen Ausschussverfahren das Wort zu ergreifen.

Darüber hinaus sollen bei bedeutenden Gesetzesvorhaben die maßgeblichen Ergebnisse eines Begutachtungsverfahren gesamthaft dargestellt und Unterschiede bzw. Abweichungen zwischen ursprünglichen Vorhaben und verlautbartem Gesetz kenntlichgemacht sowie kurz begründet werden.

Um neben Volksbegehren auch Bürgerinitiativen attraktiver zu gestalten, soll die elektronische Einbringung und erstmalige sowie nachträgliche Unterstützung beider Instrumente elektronisch möglich sein.[8]

Um eine maßgebliche Vereinfachung der Verwaltungsabläufe bei Wahlen, Volksbegehren, Volksbefragungen und Volksabstimmungen auf Bundesebene zu erreichen, wird ein Zentrales Wählerregister eingeführt.[9] Auch Länder sollen – sofern sie wollen – diese Register verwenden können.

4. STÄRKUNG DES PARLAMENTS:

Im internationalen Vergleich sind die Abgeordneten zum Nationalrat und die Bundesräte verhältnismäßig schlecht ausgestattet, obwohl ihre Aufgaben in der heutigen Gesellschaft immer komplexer und vielschichtiger werden. Daher ist es erforderlich, die Arbeitsbedingungen und den Support für Abgeordnete zu verbessern.[10] Dazu zählen z.B. ein direkter Zugriff auf den Budgetdienst und den Rechts-und Legislativdienst der Parlamentsdirektion, Umschichtung der Mit­arbeiterInnen im Parlament unter Berücksichtigung des erhöhten Arbeitsaufwandes und der gestiegenen Anforderungen für Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates sowie die Ermöglichung der intensiveren Wahlkreisarbeit.

Darüber hinaus sollen – im Sinne der Sichtbarmachung der parlamentarischen Arbeit – Ausschussobleute und deren StellvertreterInnen MitarbeiterInnen erhalten, durch welche die Ausschussobleute über Anforderung der BürgerInnen in die Lage versetzt werden, den BürgerInnen außerhalb des Parlaments (z.B. im Rahmen von Sprechstunden in den Wahlkreisen) fraktionsübergreifend Rede und Antwort zu stehen (Ausschusssekretariat)

Schließlich sollen die Fachausschüsse des Parlaments über ein eigenes Budget verfügen, damit sie unabhängig von der Bundesregierung und den Fraktionen Gutachten einholen und externe BeraterInnen heranziehen können.

5. POLITISCHE BILDUNG:

Das Einführen des Pflichtmoduls „Politische Bildung“ an den österreichischen Schulen ist höchst notwendig und im Arbeitsprogramm der Bundesregierung vorgesehen. Die ab dem 16. Geburtstag wahlberechtigte junge Bevölkerung muss frühestmöglich mit den Begriffen Demokratie, Parlamentarismus etc. sensibilisiert werden. Eine direktdemokratische Partizipation ist der Sache dann förderlich, wenn im Vorfeld das dafür notwendige Wissen angeeignet wird. Erfreulicherweise herrschte bei dieser Frage nicht nur Konsens zwischen allen im Parlament vertretenen Parteien, sondern auch mit dem Bundesministerium für Unterricht und Frauen, welches das „Unterrichtsprinzip Politische Bildung“ als Grundsatzerlass vom 22. Juni 2015 im Rundschreiben Nr. 12/2015 festgeschrieben und damit den letzten Grundsatzerlass aus dem Jahr 1978 aktualisiert hat. Trotzdem besteht in diesem Bereich weiterer Handlungsbedarf, sodass die junge Bevölkerung, welche ab 16 Jahren keine schulische Einrichtung mehr besucht, ebenso mit der politischen Bildung vertraut gemacht wird. Hier könnten außerschulische Einrichtungen im Zuge weiterführender Angebote, wie der Erwachsenenbildung, Einführungs- und Aufbaukurse im Bereich der politischen Bildung anbieten. Zudem soll die Aneignung der Spielregeln der parlamentarischen Demokratie auch mittels verstärkter Informationskampagnen sowie (Weiter-)Bildungsveranstaltungen für außerschulische Jugendliche ermöglicht werden.

6. MEDIEN:

Um die parlamentarische Arbeit den BürgerInnen näher zu bringen, soll die fernseh-mediale Begleitung (z.B. eigene Sendung auf ORF III) von parlamentarischen Prozessen unter unmittelbarer Einbeziehung der BürgerInnen (vgl. Volksanwalts­sendung) ausgebaut werden (Kurzdarstellung von Gesetzesvorhaben im TV; Darstellung parlamentarischer Arbeit mit den Ausschussobleuten und Bericht­erstatterInnen).

Auch sollen in eigens dafür produzierten Sendungen im ORF über Volksbefragungen und Volksabstimmungen neutral und ausgewogen informiert werden.

Schließlich sollte ein eigenes Parlaments-TV (vgl. Deutschland) etabliert werden, das die Bilder diskriminierungsfrei allen TV Sendern zur Verfügung stellt.

Zusätzlich dazu soll für die interessierte Bevölkerung die Möglichkeit geschaffen werden,  öffentliche Ausschusssitzungen mittels Live-Stream verfolgen zu können, um politische Meinungsfindungsprozesse möglichst transparent darlegen zu können.

Erläuterungen

Die am 23. September 2014 durch den Hauptausschuss des Nationalrates eingesetzte Enquete-Kommission betreffend der „Stärkung der Demokratie in Österreich“ verfolgte das Ziel, die demokratischen Instrumente, insbesondere jene der direkten Demokratie, für die österreichische Bevölkerung zu verbessern, attraktiveren und optimieren. In insgesamt acht Sitzungen, in welchen nicht weniger als knapp fünfzig renommierte nationale sowie internationale ExpertInnen mittels Impulsreferaten teilnahmen, wurden diverse durch die im Parlament vertretenen Fraktionen ausgewählte Themen­schwerpunkte behandelt und erörtert.

Waren in der ersten Sitzung noch grundsätzliche rechtliche Fragen durch Verfassungs­expertInnen thematisiert worden, so widmete sich die Enquete-Kommission in weiterer Folge der Frage nach der Möglichkeit nach Implementierung der direktdemokratischen Instrumente in den Bundesländern, welche durch die ExpertInnen der Länder, wie auch der Gemeinden, dargelegt wurden. Zudem warfen die Mitglieder der Enquete-Kommission einen Blick ins Ausland und erörterten unterschiedliche direkt­demokratische Modelle, welche durch namhafte ExpertInnen vorgestellt wurden. Um die Bemühungen der organisierten österreichischen Zivilbevölkerung zu schätzen, gab die Enquete-Kommission eben jenen die Möglichkeit, ihre Anliegen zur Verbesserung und Stärkung der Demokratie zu präsentieren. Ergänzend dazu wurden VertreterInnen der nationalen sowie internationalen Medienlandschaft geladen, welche über ihre Arbeit berichteten, um ein insgesamt vollständiges und weitläufiges Bild diverser Blickwinkel bekommen zu können.

Dass die direkte Demokratie nicht nur für die österreichische Bevölkerung, sondern auch für die in Österreich tätigen Sozialpartner und Repräsentanten der Republik ein durchaus emotionales Thema ist, zeigte sich anhand der Vielzahl an Stellungnahmen, welche in Folge des eingebrachten Abänderungsantrages zum Initiativantrag 2177/A, XXIV. GP., durch die Abgeordneten Dr. Josef Cap (SPÖ), Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP) sowie Mag. Daniela Musiol (Grüne) eingelangt sind und in welchen auch kritisch Stellung genommen worden ist.

Während beispielsweise die Präsidentschaftskanzlei urgiert, dass „nicht die direkte Demokratie als die ,wahre Demokratie' der parlamentarischen entgegen gestellt werden [soll], wie dies in der Öffentlichkeit immer wieder geschieht“[11], moniert der Verwaltungsgerichtshof in seiner Stellungnahme die Gefahr, dass es „weltfremd [wäre] anzunehmen, dass sich Initiativen nicht gegen Minderheiten und Außenseiter und nicht gegen suprastaatliche Vorgaben richten würden“.[12]

VertreterInnen der Gewerkschaften warnen in ihren Stellungnahmen nicht nur davor, „dass finanzkräftige InitiatorInnen eines Volksbegehrens bei entsprechender Kam­pagnisierung, Volksbefragungen darüber erreichen und ihre Vorhaben in weiterer Folge gesetzlich umsetzen würden“[13], sodass ein „Volksbefragung-Automatismus nicht mit dem System der repräsentativen Demokratie vereinbar ist“[14], sondern auch, „dass die Regelungen über Volksbefragungen keine Mindestbeteiligung vorsehen. So könnten bei entsprechend niedriger ,Wahl'beteiligung kleine Minderheiten sogar die Verfassung ändern“[15], was von der Wirtschaftskammer kritisch gesehen wird. Die Bundesarbeiterkammer gibt zudem zu bedenken, dass „eine Quote von lediglich 15 Prozent Zustimmungserklärungen für Volksbegehren, mit dem ein Verfassungs­gesetz verlangt wird, aus der Sicht der Bundesarbeiterkammer mit dem dargestellten System der parlamentarischen Gesetzgebung unvereinbar [sei].“[16] Zusätzlich dazu betrachten sie in ihrer Stellungnahme den geplanten Automatismus bei Volksbegehren als einen „besonders schwerwiegenden Eingriff in das bestehende System der parlamentarischen Demokratie. Beides kann dazu führen, dass bei einer Unterstützung potenter Proponenten Partikularinteressen zum Durchbruch verholfen wird, die keineswegs im Gesamtinteresse der Gesellschaft sind.“[17] Dieser Kritik schließt sich auch die Österreichische Bischofskonferenz an, welche darum ersucht, „den in der betreffenden Regelung normierten Automatismus zu überdenken.“[18]

Besonders positiv zu erwähnen ist hingegen die erstmalige aktive Beteiligung der Zivilbevölkerung, welche in Form von acht per Losverfahren ausgewählten Ver­treterInnen an dieser Enquete-Kommission teilnehmen konnten. Dieses Verfahren kann definitiv als beispielgebendes Zukunftsmodell für kommende eingesetzte Kommissionen des Nationalrates sein, da die BürgerInnen mit ihrem Ehrgeiz, ihrem Interesse wie auch mit ihrem Wissen die Enquete-Kommission ergänzt haben.

Entgegen der subjektiven Darstellung im gemeinsamen Minderheitsbericht der Oppositionsparteien war nicht deren Druck dafür ausschlaggebend, Bürgerinnen und Bürger der Enquete-Kommission beizuziehen, sondern die Anregung der Regierungs­parteien, beim Thema direkte Demokratie die Zivilgesellschaft auf diesem Weg einzubinden. So stimmt auch die Passage im Minderheitsbericht nicht, dass nur die Opposition mit Hartnäckigkeit erreicht hätte, dass Bürgerinnen und Bürger Schlussfolgerungen zur Enquete-Kommission verfassen konnten.

In Anbetracht aller acht Sitzungen, aller gehörten ExpertInnen sowie aller eingelangten Stellungnahmen beantragen die unterzeichneten Abgeordneten daher die Empfeh­lungen zu beschließen.

*****

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Ich möchte vor allem auf die von den Bürgern aufgeworfenen Fragen eingehen und auf die Enttäuschung, warum der ursprüngliche Entwurf von ÖVP, SPÖ und Grünen nicht umgesetzt werden konnte.

Ich weiß nicht, ob Sie schon dazugekommen sind, sich die Synopse der Parlamentsdirektion anzusehen. Sie hat 45 Seiten und listet alle Stellungnahmen auf, die es im Begutachtungsverfahren zu diesem Entwurf gegeben hat, inklusive der Stellungnahmen, die auch hier in der Enquete-Kommission dazu abgegeben wurden. Aus einigen dieser Stellungnahmen möchte ich gerne zitieren:

Der Verfassungsdienst wendet ein: „Die Entwürfe werfen grundsätzliche verfassungs­systematische Fragestellungen auf und bedürfen sowohl in inhaltlicher als auch in legistischer Hinsicht einer gründlichen Überarbeitung.“ (Abg. Stefan: Das ist fast bei jedem Gesetz so!)

Frau Professor Gamper, Sektionschef Hesse und Universitätsprofessor Merli sagen: Für die Umsetzung ist keine Gesamtänderung erforderlich, da das Ergebnis der Volksbefragung für das Parlament nicht zwingend bindend ist.

Dr. Fürst sagt: Es handelt sich um einen vorsichtigen Entwurf. – Also auch da ist er noch nicht ganz einverstanden.

Dr. Hesse sagt: Es ist keine Mindestteilnahme an einer Volksbefragung vorgesehen. Das kann dazu führen, dass ein kleiner Anteil der Bevölkerung die Gesetzgebung bestimmen könnte.

Professor Merli sagt: Nach der Beschlussfassung eines Gesetzes im Parlament ist es möglich, das noch abzuändern. – Das wäre auch zu klären.

Professor Öhlinger sagt: Der vorgesehene Automatismus einer Volksbefragung stellt einen großen Schwachpunkt dar.

Dr. Vospernik, Universitätsprofessor Öhlinger und Dr. Fürst sagen: Die geplanten Hürden sind zu hoch.

Das sind jetzt nur einige Beispiele, die hier genannt wurden. Es zeigt einfach, meine Damen und Herren, dass man für ein solches Gesetzeswerk eben eine einheitliche Meinung haben müsste. Wir von den Regierungsparteien waren der Ansicht, dass ein Entwurf, der so viel Kritik bekommen hat, nicht eins zu eins umgesetzt werden kann. Ich denke, das wäre demokratiepolitisch und rechtspolitisch falsch.

Und den Beweis dafür hat mir jetzt in gewisser Form auch – wenn Sie so wollen – die FPÖ geliefert. Die FPÖ wendet beim Durchgriffsrecht des Bundes, das wir heute Nachmittag beschließen wollen, damit wir den Asylberechtigten und die Asylsuchenden eine Unterkunft zuweisen können, jetzt, wo eine wahre Notsituation in Österreich ist, ein, dass sie gegen dieses Verfassungsgesetz ist, weil es keine Begutachtung gegeben hat. (Abg. Steger: Das ist einer von zehn Punkten!)

Es gibt ja manche Momente, in denen man rasch handeln muss, aber dieses Verfassungsgesetz zeigt auch ganz klar die Schwäche auf, wenn keine Begutachtung durchgeführt wird. Ich sage das ganz offen – es sitzen hier auch Uni­versitätsprofessoren, die mir sicher recht geben werden –, wenn in einem Verfassungsgesetz für ein Durchgriffsrecht des Bundes zur Unterbringung von Asylwerbern nun auch die Kostenhöchstsätze für Asylwerber enthalten sind, dann wird mir jeder Verfassungsjurist recht geben, dass es verfassungspolitisch falsch ist, einen Kostenhöchstsatz für einen Asylwerber in ein Verfassungsgesetz zu schreiben.

Wir müssen es jetzt machen, weil wir sonst das andere nicht zusammenbekommen. Das ist ein Teil der parlamentarischen Verhandlung, aber rechtssystematisch ist es nicht gescheit. Wir wollten hier auch einen rechtssystematisch gescheiten und ordentlichen Entwurf haben, und es tut mir wirklich leid, dass das nicht gelungen ist, weil wir dafür eine Zweidrittelmehrheit brauchen.

Zu den Ausführungen von Frau Kollegin Kickert möchte ich nur sagen: Im Unterschied zu Wien, wo Sie es in der Hand gehabt hätten, mit der anderen Regierungspartei das Wahlrecht umzusetzen, wozu Sie sich auch verpflichtet gehabt haben – Sie haben es zur Kenntnis genommen, Sie hätten es aber alleine umsetzen können, haben aber alleine nicht umgesetzt. (Landtagsabg. Kickert: Wir haben einen Antrag eingebracht!) –, haben wir umgekehrt dazu beim Recht auf Information schon einen Entwurf eingebracht. Wir könnten schon beschließen, aber die Verfassung sieht vor, dass wir eine Zweidrittelmehrheit brauchen. Wir alleine können es nicht umsetzen, wir hätten es schon gemacht, es gibt schon einen Regierungsbeschluss für die Aufhebung der Amtsverschwiegenheit, es gibt einen Regierungsbeschluss für ein Grundrecht auf Information, es bedarf nur mehr der Zustimmung auch einer Oppositionspartei.

Das ist der Unterschied zwischen Wien und dem Bund. Hier bedarf es noch weiterer Verhandlungen, es gibt noch keine Zustimmung einer Oppositionspartei zu diesem Entwurf (Zwischenruf der Landtagsabg. Kickert), und daher können Sie diese Verantwortung nicht nur einer Regierung zuwerfen, während wir umgekehrt die Verantwortung hier der Regierung in Wien zuwerfen können, dass Sie das Wahlrecht noch immer nicht geändert haben. (Beifall.)

Marlen Ondrejka: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es ist heute schon vieles gefallen: Das Volk einbeziehen, bevor Beschlüsse entstehen.

Ich war vor zirka fünf Wochen in meiner Heimatgemeinde, wo betreffend Flüchtlinge schon alles unterschrieben, schon alles gestanden ist. Wo ist hier die direkte Demokratie? Warum befragt man da nicht die Bevölkerung?

Also mich wundert nicht, dass die Politikverdrossenheit immer mehr steigt. Zu dieser Kommission sieht es für mich so aus – wir haben gehört, es wir dies und jenes gemacht –, dass es nur ein Schmücken für die Parteien war. Und warum hält man Oppositionsparteien damit hin? Mir ist schon klar, dass man nicht immer an einem Strang ziehen kann, aber doch, so kann es auch nicht gehen mit der Bevölkerung. Wozu diese Angst vor der Bevölkerung? – Danke. (Beifall.)

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Ich hatte ja nicht vor, mich noch einmal zu Wort zu melden. Ich habe mich die ganze Sitzung über gefragt, wie jetzt meine Kollegen von ÖVP und SPÖ auf die sehr nachvollziehbare Enttäuschung der BürgerInnen, der ExpertInnen, der anderen Mitglieder, aber auch der Opposition reagieren werden. Die Opposition kann man, wenn man so will, als politisches Spiel abtun, aber wie wird Ihre Reaktion sein?

Wir haben jetzt eine ganze Bandbreite gehört. Das erste Mal habe ich mich provoziert gefühlt, mich wieder zu melden, nachdem sich Herr Landtagsabgeordneter Stürzenbecher zu Wort gemeldet hatte, Jennifer Kickert hat alles gesagt, was dazu zu sagen war, das zweite Mal bei Ihnen, Herr Kollege Wittmann, und das dritte Mal bei Ihnen, Herr Kollege Gerstl.

In der Reaktion waren Sie aber sehr unterschiedlich. Und das möchte ich hier schon auch noch einmal hervorstreichen: Herr Kollege Wittmann, hätten Sie doch all diese Fragen, die Sie hier zu Recht aufwerfen, in den letzten sieben Monaten mit uns in der Kommission, im Ausschuss oder auch in entsprechenden Verhandlungen ernsthaft diskutiert, nämlich ernsthaft, so wie das meinem Eindruck nach – und ich weiß nicht, ob ich jetzt Rufschädigung innerhalb Ihrer Fraktion betreibe – Herr Abgeordneter Cap und Abgeordneter und nunmehr Präsident Kopf im Juni 2013 gemacht haben! Hier haben wir, als wir diesen Kompromiss verhandelt haben, ernsthaft inhaltlich diskutiert. Wir waren unter Zeitdruck, und es war klar, dass er verfassungspolitisch und verfassungsrechtlich nicht das Gelbe vom Ei sein wird, das hat uns die Begutachtung auch gezeigt. Aber es macht schon einen Unterschied, ob ich dann in einem Abschluss hergehe und sage, wir wollen grundsätzlich die Weiterentwicklung der direkten Demokratie in diesen Fragen. Und das hat die Opposition in ihrem Minderheitenbericht gemacht: In diesen Fragen sind wir uns einig, in diesen Fragen haben wir unterschiedliche Positionen, aber wir sind hier kompromissbereit, wir können uns bis zu diesem Punkt bewegen.

Hätten Sie dieses Signal irgendwann einmal innerhalb des letzten Jahres gesetzt, dann würden wir hier alle anders stehen und dann wäre die Enttäuschung auch eine andere. Das haben Sie aber nicht gemacht. Es tut mir leid, vielleicht wollten Sie es aussenden, aber angekommen ist es bei mir nicht.

Und Herr Kollege Gerstl, wenn Sie dann darauf reagieren – und ich weiß, dass die ÖVP hier weitergehen will als die SPÖ – und Wahlkampfpolemik hineinbringen, dann verstehe ich das überhaupt nicht mehr. Warum haben Sie im Juli eine Pressekonferenz gemacht, ohne vorher irgendwelche ernsthaften Verhandlungen zu führen, und alles abgesagt, was vorher monatelang von Expertinnen und Experten unterstützt wurde? (Abg. Gerstl: Das ist doch nicht wahr!) Und Ihre Vorlesung über die ablehnenden Stellungnahmen hat ja gezeigt, dass Sie eigentlich keine Substanz haben.

Natürlich ist dieser Kompromiss verbesserungsfähig und natürlich gibt es etwas, was wir mehr wollen, nämlich die dreistufige Volksgesetzgebung. Aber ich glaube, die Enttäuschung ist nicht nur auf den Inhalt zurückzuführen, sondern überwiegend darauf, dass man in den letzten Monaten den Eindruck hatte, dass Sie nicht wirklich ernsthaft an einem gemeinsamen Ziel und an einem gemeinsamen Ergebnis arbeiten.

Es bringt nichts, wenn Sie hier diverse Fragen aufwerfen, differenzieren und Anwürfe machen. Und ich bin die Letzte, die die FPÖ in Flüchtlingsfragen sozusagen in Schutz nehmen muss, aber das hat da jetzt überhaupt nichts verloren. Hier geht es um die Frage: Wollen Sie die direkte Demokratie, ja oder nein? Und diese Frage haben Sie mit Ihrem Papier jetzt einmal leider eindeutig beantwortet: Sie wollen sie nicht! (Beifall.)

Obfraustellvertreter Präsident Ing. Norbert Hofer dankt allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihre Diskussionsbeiträge und schließt die Debatte.

Er bedankt sich bei den Kollegen und Kolleginnen aus den gesetzgebenden Körperschaften, bei den Expertinnen und Experten, bei den Mitarbeitern der Parlamentsdirektion, bei den Mitarbeitern aus den Klubs und vor allem bei den teilnehmenden Bürgerinnen und Bürgern, die er ersucht, der Enttäuschung über das Ergebnis dieser Enquete-Kommission „nicht zu erlauben, ihren Elan zu bremsen, sondern diese Enttäuschung vielmehr als Katalysator zu verwenden, um sich politisch und gesellschaftlich weiter zu engagieren.“

Der Obfraustellvertreter lässt über den Antrag der Abgeordneten Dr. Wittmann und Mag. Gerstl betreffend Empfehlungen der Enquete-Kommission, die in den Bericht aufgenommen werden, abstimmen. – Mehrheitliche Annahme.

Es folgt die Abstimmung zur Wahl des Berichterstatters mit dem Vorschlag, Abgeordneten Dr. Peter Wittmann zum Berichterstatter zu wählen. – Einstimmige Annahme.

Der Obfraustellvertreter macht darauf aufmerksam, dass gemäß den Bestimmungen der Geschäftsordnung im Bericht alle Meinungen wiedergegeben werden. Der Bericht der Minderheit werde daher dem Bericht der Enquete-Kommission als Anlage angeschlossen. Er schlägt vor, die von der heutigen Sitzung angefertigte auszugs­weise Darstellung gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung mittels Kommuniqué zu veröffentlichen. – Einstimmige Annahme.

Sodann erklärt er die Sitzung für geschlossen.

Schluss der Sitzung: 12.35 Uhr

 



[1] Vgl. 64/KOMM XXV. GP – Ausschuss NR – Kommuniqué, 1. Sitzung, 18. Dezember 2014, Seite 10

[2] Vgl. 65/KOMM XXV. GP - Ausschuss NR – Kommuniqué, 2. Sitzung, 22. Jänner 2015, Seite 8

[3] Ebenda, Seite 17

[4] Vgl. 72/KOMM XXV. GP - Ausschuss NR – Kommuniqué, 3. Sitzung, 18. Februar 2015, Seite 14, 57

[5] Vgl. 92/KOMM XXV. GP - Ausschuss NR – Kommuniqué, 5. Sitzung, 15. April 2015, Seite 13, 14

[6] Vgl. 105/KOMM XXV. GP - Ausschuss NR – Kommuniqué, 6. Sitzung, 6. Mai 2015, Seite 5-10

[7] Vgl. 92/KOMM XXV. GP - Ausschuss NR – Kommuniqué, 5. Sitzung, 15. April 2015, Seite 24, 25

[8] Siehe 644/SN ÖGB vom 14 August 2013

[9] Siehe 648/SN Bundesarbeiterkammer vom 14. August 2013

[10] 105/KOMM XXV. GP - Ausschuss NR – Kommuniqué, 6. Sitzung, 6. Mai, Seite 17-20, 22-26, 37-38

[11] Siehe 628/SN, GZ S200020/1-VA/2013 vom 8. August 2013

[12] Siehe 636/SN, Zl. VwGH-1790/0014-PRAES/2013 vom 12. August 2013

[13] Siehe 644/SN ÖGB vom 14 August 2013

[14] Ebenda

[15] Siehe 643/SN WKO vom 13. August 2013

[16] Siehe 648/SN Bundesarbeiterkammer  vom 14. August 2013

[17] Ebenda

[18] Siehe 65/SN Österreichische Bischofskonferenz vom 14. August 2013