196/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Gottfried Spitzer in der 22. Sitzung vom 15. Juli 2015

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 43. Sitzung am 13. November 2015 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Gottfried Spitzer  nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO­UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

Wien, 2015 11 13

 

                     Mag. Maximilian Unterrainer                                                        Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende


 

 

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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

 

22. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Mittwoch, 15. Juli 2015

Gesamtdauer der 22. Sitzung

9.07 Uhr – 19.46 Uhr

Lokal VI



Befragung der Auskunftsperson Dr. Gottfried Spitzer

Vorsitzende Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrter Herr Dr. Spitzer, ich bedanke mich für Ihr Erscheinen vor dem Untersuchungsausschuss und dafür, dass Sie als Auskunftsperson heute Rede und Antwort stehen. Ich begrüße auch Herrn Dr. Ruhri, den Sie als Vertrauensperson mitgenommen haben.

Bevor wir in die Befragung einsteigen, ist zu klären, ob die Sitzung medienöffentlich stattfinden kann. Mir liegt kein Grund vor, dies nicht zu genehmigen, und daher werden wir diese Sitzung medienöffentlich abhalten.

Ich frage Sie, Herr Dr. Spitzer, ob Sie einem Kameraschwenk zustimmen. Meine Information ist, dass Sie das lieber nicht haben möchten. (Auskunftsperson Spitzer nickt.) – Wenn dem so ist, dann werde ich Ihrem Wunsch Folge leisten und einen Kameraschwenk nicht zulassen.

Sehr geehrte Vertreter und Vertreterinnen der Medien, Sie können natürlich Bericht erstatten, Film- und Tonaufnahmen sind während der Befragung jedoch nicht zulässig.

Herr Dr. Spitzer, bevor wir in die Befragung einsteigen, möchte ich mich zuerst einmal für die Verspätung entschuldigen; der Terminplan gestaltet sich immer ein bisschen anders als ursprünglich geplant.

Ich möchte Ihnen sagen, dass an Ihrer Seite Professor Binder als Verfahrensanwalt sitzt. Er hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Ihre Grund- und Persönlichkeitsrechte gewahrt werden.

Es ist auch so, dass sich Ihre Vertrauensperson jederzeit mit dem Verfahrensanwalt beraten kann. Wann immer es gewünscht wird, werde ich Ihnen die Zeit zur Verfügung stellen, die Sie brauchen, um etwas zu hinterfragen, um eine Klärung herbeizuführen. Auch der Verfahrensrichter steht jederzeit zur Verfügung, wenn Sie rechtliche Fragen haben.

Wenn Sie sonst gerne eine Sitzungsunterbrechung hätten, wenden Sie sich an mich, ich werde Ihrem Wunsch dann Folge leisten.

Damit übergebe ich das Wort – wie immer eingangs – dem Verfahrensrichter, der Sie noch einmal über Ihre Rechte und Pflichten belehren wird. Der stellvertretende Verfahrensrichter Mag. Hellmich hat das schon getan, aber wir müssen das hier im Ausschuss noch einmal bestätigen. Herr Dr. Pilgermair wird dann auch die Erstbefragung durchführen.

Herr Verfahrensrichter, Sie haben das Wort. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, Frau Vorsitzende. Einen schönen Nachmittag, Herr Dr. Spitzer! Ich begrüße Sie und bitte Sie, vorerst einen Blick auf dieses Personaldatenblatt zu werfen und die Richtigkeit der darin eingetragenen Daten zu überprüfen. Trifft alles zu? (Auskunftsperson Spitzer: Ja!) – Ja.

Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson und auch über den Ablauf der heutigen Befragung vor dem Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. Vor Sitzungsbeginn hat Sie auch der stellvertretende Verfahrensrichter Herr Mag. Hellmich gemäß § 38 der Verfahrensordnung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson eingehend persönlich belehrt. Sie haben das über diese Rechtsbelehrung aufgenommene, hier vorliegende Protokoll auch unterfertigt.

Ich frage Sie nun, Herr Dr. Spitzer, ob Sie diese Belehrung, insbesondere auch über die Gründe für eine Verweigerung der Aussage und einen Ausschluss der Öffentlichkeit sowie die Pflicht zur Angabe der Wahrheit und die strafrechtlichen Folgen einer allfälligen vorsätzlich falschen Aussage vor dem Untersuchungsausschuss sowie schließlich auch die Belehrung gemäß dem Informationsordnungsgesetz verstanden haben. (Auskunftsperson Spitzer: Ja!) Die Auskunftsperson bejaht.

Für den Fall, dass Sie zu der Ihnen erteilten Rechtsbelehrung noch Fragen habe, lade ich Sie ein, diese nun an mich zu richten. (Die Auskunftsperson schüttelt verneinend den Kopf.)  Ich halte fest, dass Sie dazu keine Fragen haben.

Herr Dr. Spitzer, Sie haben als Vertrauensperson Herrn Dr. Gerald Ruhri beigezogen. Ich begrüße auch Sie hier im Ausschuss, Herr Dr. Ruhri.

Gründe für den Ausschluss der beigezogenen Vertrauensperson gemäß § 46 Abs. 4 der Verfahrensordnung sind mir nicht bekannt. (Abg. Podgorschek: Diesmal nicht!) – Ich ersuche die anwesenden Mitglieder des Ausschusses, mitzuteilen, ob gegen die Beiziehung von Herrn Dr. Gerald Ruhri als Vertrauensperson Einspruch erhoben wird. Das ist nicht der Fall.

Dann weise ich einmal mehr darauf hin, dass Gründe für einen Ausschluss der Vertrauensperson auch noch während der Befragung der Auskunftsperson vorgebracht werden können.

Ich frage nun Sie, Herr Dr. Ruhri, als beigezogene Vertrauensperson: Gibt es noch Fragen zur gleichfalls bereits erteilten Rechtsbelehrung für Vertrauenspersonen? (Die Vertrauensperson verneint dies.) Ich muss diese Fragen auch Juristen stellen, es ist in der Verfahrensordnung so vorgesehen.

Die Schlussfrage geht an Sie, Herr Dr. Spitzer, im Rahmen dieser Einleitung: Wollen Sie von dem den Auskunftspersonen zustehenden Recht, vor der Erstbefragung eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die bis zu 20 Minuten dauern kann, Gebrauch machen? (Die Auskunftsperson bejaht dies.) Ja. Dann bitte ich Sie darum und lade Sie dazu ein, diese Stellungnahme abzugeben. Würden Sie bitte das Mikrofon einschalten. – Bitte sehr.

Dr. Gottfried Spitzer: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Hoher Ausschuss! Sehr geehrter Herr Verfahrensrichter! Sehr geehrter Herr Verfahrensanwalt! Einleitend möchte ich sagen, dass ich heute gerne die Gelegenheit nütze, einen Beitrag zur Aufklärung der Situation in Hinblick auf die Hypo Alpe-Adria-Bank zwischen 2004 und April 2007 zu leisten. In diesem Zeitraum war ich zuständiger Prüfungspartner bei Deloitte. Ich kann Aufklärung in dem Umfang leisten, als ich nicht durch rechtliche Restriktionen gebunden bin.

Kurz zu meiner Person: Mein Name ist Gottfried Spitzer. Ich bin in Graz geboren, habe auch dort studiert. Seit 1989 lebe ich großteils in Wien. Ich bin seit mehr als 25 Jahren im Bereich der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung tätig. Ich bin seit 2002 Partner bei Deloitte, davor war ich Partner bei Ernst & Young. In dieser Funktion bei Ernst & Young habe ich zwei Jahre in Kroatien gelebt und gearbeitet und für Ernst & Young große österreichische Unternehmen betreut, die in Kroatien tätig waren, darunter de facto alle damals in Kroatien tätigen Banken, darunter auch die Hypo Alpe-Adria-Bank. Die Herren Kulterer und Striedinger waren auch damals schon im Vorstand der Konzernspitze.

Nach meiner familiär bedingten Rückkehr nach Österreich verliefen sich die Wege, und es bestand zwischen der Hypo Alpe-Adria-Bank, der CONFIDA und mir nur wenig nennenswerter Kontakt, bis Deloitte als Ergebnis eines Ausschreibungsverfahrens unter allen Big Four für das Jahr 2003 zum Prüfer einiger Auslandsbanken der Hypo-Gruppe und 2004 zum Co-Prüfer der Konzernspitze in Österreich bestellt wurde.

Das alles ist zirka zehn Jahre her, zum Teil fast 20 Jahre. Ich bitte daher um Verständnis, wenn ich aufgrund des Zeitablaufs – und des damit verbundenen Verlusts an Detailwissen – nicht alle Ihre Fragen werde beantworten können und allen meinen heutigen Auskünften damit ein großes „Soweit-ich-mich-erinnern-kann“ voranstellen muss.

Zuerst zur Rolle des Abschlussprüfers: Bevor ich konkret zum Thema Hypo Alpe-Adria-Bank Stellung nehme, möchte ich kurz auf die generelle Rolle eines Abschlussprüfers eingehen.

Der Abschlussprüfer ist keine Bilanzpolizei. Wir sind keine mit Hoheitsgewalt ausgestattete Behörde. Wir sind private Unternehmen, die bestimmte Aufgaben im Zusammenhang mit der Kontrolle von Bilanzen übernehmen – von Bilanzen, die ein Vorstand oder eine Geschäftsführung eines geprüften Unternehmens erstellt haben.

Wir erstellen also keine Bilanzen, vielmehr überprüfen und unterschreiben wir, ob die uns vorgelegten Jahresabschlüsse des Unternehmens im Wesentlichen den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.

Zusätzlich gibt der Wirtschaftsprüfer ein Urteil darüber ab, ob der Abschluss ein möglichst getreues Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermittelt.

Gegebenenfalls weisen wir auf Mängel hin, um diese verbessern zu lassen. Für diesen Zweck – die Mängelrüge, die Feststellungen und die Empfehlungen, die wir aussprechen – gibt es Präsentationen an den Vorstand, an den Aufsichtsrat; es gibt Management Letter – das haben Sie sicher schon gehört –, es gibt Sonderberichte an die Finanzmarktaufsicht wie den bankaufsichtlichen Prüfbericht, Anlage zum Prüfbericht und Sonstiges.

Ist ein Jahresabschluss in wesentlichen Teilbereichen oder insgesamt fehlerhaft, ist der Bestätigungsvermerk zu versagen. Es gibt eine Reihe von Kenngrößen – Umsatz, Kapital, Jahresgewinn –, die den Bereich der Wesentlichkeit definieren. Der Vorstand eines geprüften Unternehmens bestätigt in den Erklärungen die Vollständigkeit und Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen; das nennt man Vollständigkeitserklärung.

Im Zusammenhang mit der Hypo wissen wir heute, dass wir als Feigenblatt instrumentalisiert und bewusst getäuscht wurden sowie falsche und unvollständige Unterlagen erhalten haben.

2006 haben wir – und ich persönlich, damals als Prüfungspartner – die Testate für die Jahresabschlüsse 2004 und 2005 zurückgezogen und damit die Bilanzfälschung rund um die falsch verbuchten und auch falsch bezeichneten Swapverluste öffentlich gemacht. Wir haben mit dem Rückzug des Testats die schärfste Waffe eingesetzt, die einem Wirtschaftsprüfer zur Verfügung steht. Auf die Details kommen wir vielleicht später noch zu sprechen.

Nochmals: Ich bin seit 25 Jahren im Bereich der Steuerberatung und der Wirtschaftsprüfung tätig. In dieser gesamten Zeit sind mir niemals solche Zustände begegnet wie in der Hypo Alpe-Adria-Bank – und auch danach, Gott sei Dank, nicht mehr.

Zum Beginn des Prüfungsmandats von Deloitte: Meine Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer der Hypo Alpe-Adria-Bank begann im Jahr 2004. Deloitte wurde damals neben der CONFIDA als Joint Auditor geholt. Das war eine gemeinsame Prüfung, die Kollegen haben Sie ja gestern gehört.

Die CONFIDA Wirtschaftstreuhandgesellschaft war zu diesem Zeitpunkt bereits seit den neunziger Jahren als langjähriger Abschlussprüfer der Bank tätig. Das damalige Management der Bank – unter Vorstandsvorsitzendem Wolfgang Kulterer – verfolgte einen massiven Expansionskurs und plante einen Börsengang des Instituts. Möglich war dies durch die günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten aufgrund der Haftung des Landes Kärnten. Im Nachhinein muss heute wohl vermutet werden, dass wir nur als Feigenblatt für den geplanten Börsengang genutzt werden sollten.

Wir verfügten als eine der vier großen internationalen Wirtschaftsprüfungskanzleien über die notwendige Reputation am internationalen Kapitalmarkt sowie auch über eine entsprechende lokale Präsenz in Zentral- und Osteuropa. Im Gegensatz dazu war die CONFIDA ein lokaler Player, der sich entlang seines Hauptklienten Hypo Alpe-Adria-Bank im südosteuropäischen Raum entwickelt hatte.

Wie war unser Verhältnis zu den Kollegen? Da die CONFIDA damals bereits zehn Jahre Abschlussprüfer der Bank war, bestand naturgemäß ein deutlich engeres Verhältnis zum Management als bei uns. Wir haben uns seit Beginn des Prüfungsmandates tendenziell als Fremdkörper gefühlt. Die Zusammenarbeit mit uns war für die Bank wohl eher eine ungeliebte Notwendigkeit. Sensible Bereiche, wie Leasing- oder Consultingbeteiligungen der HBInt am Balkan, wurden in den Jahren der gemeinsamen Prüfung ausschließlich von CONFIDA geprüft.

Deloitte war von 2004 bis 2006 – und nur davon kann ich Ihnen berichten – fast ausschließlich im Bankensegment der Hypo-Gruppe tätig. Meiner Wahrnehmung nach erfuhr CONFIDA auch deutlich früher von den sogenannten Swapverlusten und arbeitete bereits an einer Bereinigung, bevor Deloitte vom Rechnungswesen der Bank über die eingetretenen Verluste in Kenntnis gesetzt wurde.

Wie war das im März 2006? – Auf Basis der damals von der HBInt zur Verfügung gestellten Unterlagen und Zahlen hatten CONFIDA und Deloitte als Joint Auditors für die Abschlüsse 2004 und 2005 einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt.

Am Nachmittag des 27. März 2006 informierte uns die damalige Leiterin des Rechnungswesens der HBInt telefonisch von maßgeblichen Verlusten im Treasury. Erst zu diesem Zeitpunkt erfuhr ich von den massiven, nicht verbuchten Verlusten in Höhe von rund 330 Millionen €. Diese waren in den Bilanzen der Jahre 2004 und 2005 bislang nicht erfasst.

Im Gegensatz zu uns wusste der Vorstand der Bank über diesen Sachverhalt bereits ab Herbst 2004 Bescheid. Teile des Aufsichtsrats wurden bereits im Frühsommer 2005 über die Verluste sowie die ergriffenen Bilanzsanierungsmaßnahmen informiert.

Auch der damalige Joint Auditor CONFIDA hatte bereits vor Deloitte Kenntnis. CONFIDA schlug damals vor, die Untersuchung und Aufarbeitung der Swapverluste allein und ohne Involvierung von Deloitte vorzunehmen. Wir haben dies aus nachvollziehbaren Gründen abgelehnt.

Am 30. März 2006 entschlossen wir uns im Lichte der erheblich veränderten Faktenlage, den Bestätigungsvermerk für die Bilanz 2004 zu widerrufen. Außerdem erstatteten wir am selben Tag Meldung an die Finanzmarktaufsicht und an die OeNB, und wir informierten die Organe der Bank.

Wir – und ich persönlich – haben uns mit dieser Entscheidung zum Rückzug des Testats keine Freunde in Kärnten gemacht. Sie markierte auch den Auftakt zu kontinuierlichen Auseinandersetzungen mit der Bank. Wir wurden als unmittelbare Folge des Widerrufs am selben Tag aus der Bank hinausgeworfen und mit einem Hausverbot belegt.

Das Management der Bank sowie die Kärntner Landespolitik übten massiven öffentlichen Druck auf Deloitte und die handelnden Personen bei uns aus. Der damalige Kärntner Landeshauptmann verteidigte öffentlich den Vorstand der Bank, insbesondere Dr. Kulterer. „Haider vertrat am Mittwoch“ – das ist ein Zitat aus dem „Börse Express“, erschienen im April 2006 – „einmal mehr die Ansicht, dass ‚Wiener Bankkreise‘ die Hypo schädigen wollen. Ein Beweis sei, dass Deloitte nun BAWAG-Prüfer geworden ist, und das ‚kurz, nachdem plötzlich mit Fax der Bestätigungsvermerk 2004 (...) zurückgenommen wurde‘. Deloitte habe einen ‚Judaslohn‘“ – wörtlich! – „von Seiten der BAWAG kassiert, dies sei ‚infam‘.“

Nach dem Rückzug des Testats ersuchte die FMA uns um detaillierte Informationen zum Kenntnisstand und entsandte ebenfalls ein Prüfungsteam nach Kärnten. Erst einige Tage später widerrief auch CONFIDA das Testat. Am 10. April 2006 haben wir den Gesamtaufsichtsrat über die bis dahin bekannten Details der Swapverluste informiert.

In den Wochen danach wurden die Jahresabschlüsse 2004 und 2005 neu aufgestellt und einer Nachtragsprüfung unterzogen. Die Neubilanzierung beider Jahre erfolgte im Einklang mit den geltenden Rechnungslegungsvorschriften und in enger Abstimmung mit der FMA.

Als Konsequenz der Swapverluste sowie des Testat-Rückzugs leitete die FMA ein Geschäftsleiterqualifizierungsverfahren gegen den damaligen Vorstand der Bank Dr. Kulterer ein. Dieser trat vor dem Ende des FMA-Verfahrens im September 2006 als Vorstand zurück und wurde unmittelbar darauf vom Eigentümer, dem Land Kärnten, zum Präsidenten des Aufsichtsrats der Bank bestellt. Für mich war dieser Wechsel mehr ein schlechtes Operettenstück als eine professionelle Personalentscheidung.

Aufgrund der Swapverluste erfolgte eine eindringliche Empfehlung von Deloitte zum Aufbau einer adäquaten Struktur des Risikomanagements im Bereich Treasury betreffend Handling, Kontrolle und Dokumentation des Derivategeschäfts. Im Zuge des später folgenden Strafverfahrens gestand der damalige Vorstand der Bank die vorsätzliche Bilanzfälschung und wurde rechtskräftig verurteilt. Ein ehemaliges Vorstandsmitglied erhielt eine Diversion.

Zum Thema Vorzugsaktien: Auch bei der Begebung der sogenannten Vorzugsaktien wurden wir als Prüfer hinters Licht geführt. Die Hypo-Gruppe war stets verhältnismäßig kapitalschwach. Das Bilanzsummenwachstum erforderte eine ständig steigende Eigenkapitalunterlegung. Die laufenden Gewinne reichten für die ambitionierten Pläne des Managements nicht aus. Durch den Rückzug des Testats aufgrund des Swapskandals war auch ein Börsengang inzwischen unmöglich. Die damaligen Aktionäre Grazer Wechselseitige und Land Kärnten wollten ebenfalls kein weiteres Kapital zuschießen.

Daraufhin begab die Hypo-Leasing-Gruppe sowohl im Jahr 2004 als auch im Jahr 2006 eine Kapitalerhöhung in Höhe von jeweils 100 Millionen €. Bei beiden Kapitalerhöhungen gab das Management der Bank beziehungsweise gaben vom Management der Bank beauftragte Dritte unrichtige Erklärungen ab. Die handelnden Personen wurden teilweise bereits rechtskräftig verurteilt.

Die HBInt nutzte damals das restriktive liechtensteinische Bankgeheimnis, um wirksame Prüfungshandlungen zu verhindern. Aufgrund des Bankgeheimnisses und der mangelnden Kooperation der liechtensteinischen FMA war es weder uns noch den österreichischen Aufsichtsbehörden möglich, dieses Finanzierungskarussell zu entdecken. Aber damit sage ich Ihnen nichts Neues, auch das wurde bereits strafgerichtlich abgearbeitet.

Ein Thema bei Ihnen hier im Ausschuss war auch eine Hühnerfarm. Im Frühjahr 2007 wurde der Fall einer Geflügelfarm in Istrien, über den die Medien bereits umfangreich berichtet haben, zum Thema.

Mit dem Bekanntwerden der Swapverluste im Jahr 2006 und dem damit verbundenen Rückzug des Testats für die Bilanzen 2004 und 2005 war mein Vertrauensverhältnis zu Dr. Kulterer erheblich gestört. Dieser Vertrauensverlust äußerste sich darin, dass mögliche Organgeschäfte von Dr. Kulterer nicht nur in seiner Rolle als Vorstand bis Ende September 2006, sondern auch in seiner Rolle als Aufsichtsrat ab 1.10.2006 von uns im Rahmen unserer Möglichkeiten geprüft und gewürdigt wurden. Zur damaligen Zeit wurden Deloitte bankinterne Gerüchte zugetragen, wonach ein Kreditkunde der Bank einen Beratungsvertrag mit einem Unternehmen im Einflussbereich der damaligen Frau von Dr. Kulterer hatte, wodurch das Verdachtsmoment aufgetreten war, dass es auf diesem Weg zu möglichen Kick-back-Zahlungen gekommen sein könnte.

Ende Februar 2007 kontaktierte mein Kollege Erich Kandler, der damals Risk & Reputation Leader von Deloitte war und den Sie bereits kennengelernt haben, den Leiter der Abteilung für Bankenanalyse in der OeNB. Dieser war zu diesem Zeitpunkt auch Leiter des Teams einer OeNB-On-site-Prüfung in der HBInt. In diesem Zusammenhang fragte Kollege Kandler auch Herrn Mag. Ettl, ob der Aufsicht dieser Sachverhalt bekannt sei. Darüber hat Ihnen Kollege Kandler bereits berichtet.

In weiterer Folge wurde im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten diesem Verdacht seitens Deloitte nachgegangen. Kulterer erklärte sich bereit, freiwillig Unterlagen zur Verfügung zu stellen und Einblick in seine finanziellen Verhältnisse zur angesprochenen Beratungsgesellschaft zu gewähren. Bei einer Schlussbesprechung des Deloitte-Prüfungsteams und des OeNB-Prüfungsteams am 21. März 2007 wurde auch der Punkt möglicher Organgeschäfte von Dr. Kulterer besprochen. Eine abschließende Sichtung der Unterlagen war zum 21.3. noch nicht erfolgt. Deshalb war auch eine belastbare Aussage zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich. Abschließend musste das Deloitte-Team feststellen, dass sich auch nach Durchsicht der von Dr. Kulterer freiwillig zur Verfügung gestellten Informationen der ursprünglich bestehende Verdacht nicht erhärten ließ, wovon die Aufsicht seitens Kollegen Kandlers in Kenntnis gesetzt wurde. Die Smoking Gun war mit unseren Mitteln nicht zu finden.

Nun zu meiner persönlichen Conclusio: Es waren Krisenjahre, es waren auch für mich persönlich Krisenjahre, und ich erlebte mehrfach eine bewusste Täuschung als Abschlussprüfer. Es muss festgestellt werden, dass uns das damalige Management der Hypo Alpe-Adria Bank als Prüfer mehrfach und bewusst getäuscht hat.

Im Rahmen unserer Jahresabschlussprüfungen haben die gesetzlichen Vertreter der Hypo Alpe-Adria stets die vorgeschriebenen Erklärungen unterschrieben, die die Vollständigkeit und Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen bestätigen. Im Lichte der jetzigen Erkenntnisse aus jahrelangen hoheitlichen Ermittlungen und Gerichtsverfahren muss man zum heutigen Zeitpunkt feststellen, dass die Unterlagen in wesentlichen Punkten weder vollständig noch richtig waren. Deloitte wurde als Abschlussprüfer mehrfach bewusst getäuscht: bei den Swapverlusten 2004, bei den Vorzugsaktien 2004 unter Ausnützung des Finanzierungskarussells, bei den Vorzugsaktien 2006, den geheimen Put-Optionen. Diese flogen ja Mitte 2008 auf.

Alle diese Causen haben zu strafrechtlichen Verfahren geführt. Einige der Verantwortlichen der Hypo Alpe-Adria wurden diesbezüglich zu langjährigen Haftstrafen beziehungsweise empfindlichen Geldstrafen verurteilt. Die durch uns in den Management Letters und Präsentationen an den Vorstand und Aufsichtsrat geäußerten Kritikpunkte verhallten großteils wie ein einsamer Ruf in der Wüste.

Ich persönlich hatte Ende 2006 genug. Die ständigen Attacken auf meine Person und die Auseinandersetzungen hatten mein Vertrauensverhältnis zu den Organen der Bank nachhaltig erschüttert. Eine beidseits neutrale, äquidistante Arbeit war nur mehr sehr schwer aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig zeichnete sich durch den Ende 2006 erfolgten Einstieg der Berlin-Gruppe eine Änderung sowohl im Management als auch in den Eigentumsverhältnissen der Bank ab. Dadurch eröffnete sich die Möglichkeit, die Betreuung der Bank an einen anderen Kollegen zu übergeben, da zu erwarten war, dass die Bank nun in ruhigeres Fahrwasser kommen sollte.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und erwarte nun gerne Ihre Fragen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke schön für Ihre einleitende Stellungnahme, Herr Dr. Spitzer!

Dann kommen wir zur Erstbefragung. Ich knüpfe an den Testats-Widerruf an. Das war im Wesentlichen eine damals noch junge Joint-Auditing-Geschichte zwischen Ihnen und der CONFIDA. Im Nachhinein – wenn man sich das anschaut, was zum Beispiel bei früheren Untersuchungsausschüssen dazu gesagt worden ist – zeigt sich, dass die Sichtweisen etwas unterschiedlich sind, von den Beteiligten und auch von den beiden untersuchenden Wirtschaftsgruppen. Wer hat denn das aus Ihrer Sicht zuerst entdeckt, aufgedeckt, oder wie immer Sie sagen wollen?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich möchte sagen, dass jedenfalls nicht wir es waren, die diese Swapverluste entdeckt haben. Ich wollte, wir wären es gewesen! Ich glaube, wir waren eine der Letzten, die das von den damals Verantwortlichen erfahren haben – aber ich glaube, wir waren damals die Ersten, die Stopp gerufen und gesagt haben: So geht das nicht!

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Gestern erfolgte – Sie haben es schon angesprochen – die Befragung von CONFIDA-Managern, und es ist vonseiten eines Abgeordneten Herrn Dr. Groier am Ende gesagt worden, dass er seiner Ansicht nach eine Anleitung zur Bilanzfälschung gemacht habe. Damit gemeint ist dieses Vorschlagsblatt, auf dem verschiedene Anregungen enthalten waren, wie man  damit umgehen und zu einer nachträglichen Lösung kommen könnte. Ich glaube, „Lösungsvorschläge“ hat das Papier dann auch geheißen. Dr. Groier hat gemeint, das sei von einem Steuerrechtler gemacht worden, und man habe dann geprüft und mit der Bank überlegt, was davon in Betracht kommt.

Ist Ihnen das auch zur Kenntnis gekommen?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich kann mich an diese Unterlage vor mir nicht erinnern. Es war jedoch damals für uns völlig klar – und das war auch der Grund für unseren Widerruf –, dass nicht nur der Vorstand und Teile des Aufsichtsrats vor uns von diesen sogenannten Swapverlusten wussten, sondern auch unser Joint Auditor.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das haben wir schon im Gespräch gehabt, das haben Sie auch schon gesagt. Da geht es jetzt konkreter darum: Sie haben auch seinerzeit vor dem Untersuchungsausschuss in Kärnten dazu schon etwas gesagt. Dazu halte ich Ihnen folgenden Satz vor:

Wir wurden dann schon mit Lösungsvorschlägen konfrontiert, relativ kurzfristig, von denen klar war, dass man sie nicht binnen Stunden erstellen kann. (Auskunftsperson Spitzer: Ja, das ist richtig!)

Wenn Sie das bitte konkretisieren! (Auskunftsperson Spitzer: Ja!) Das ist das, was ich gemeint habe, was gestern durchaus auch sehr kritisch betrachtet worden ist.

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, ich verstehe das. Wir wurden am Abend des 27. zum ersten Mal mündlich ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt bekomme ich gerade freundliche Unterstützung: Dieses Papier können wir Ihnen auch zeigen, dann könnten Sie es vielleicht als Auffrischung nehmen. Danke vielmals! (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Erinnern Sie sich an diese Vorschläge? – Schauen Sie es sich nur in Ruhe an! Die Dokumentennummer ist 12771: der Aktenvermerk Walder/Greyer von 24.3.2006, der gestern mehrfach im Gespräch war. (Die Auskunftsperson liest in den ihr vorgelegten Schriftstücken.)

Dr. Gottfried Spitzer: Ob ich dieses Papier vor mir hatte damals – es ist zehn Jahre her –, das weiß ich nicht mehr, aber es ist damals über ähnliche Dinge, wie sie hier auf Seite 3 genannt werden, gesprochen worden. Es ist, glaube ich, kein Geheimnis, dass Deloitte diese Vorschläge alle abgelehnt hat.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Weil sie rechtlich nicht gangbar waren? Weil sie nicht praktikabel waren? Oder aus welchen Gründen immer, bitte?

Dr. Gottfried Spitzer: Aus allen diesen Gründen, die Sie angesprochen haben. Vor allem, weil sie zum Teil rechtlich nicht zulässig waren! Da ging es auch um Transaktionen, die im Jahr 2005 hätten durchgeführt werden müssen – und über solche Dinge brauchen wir im Jahr 2006 nicht mehr zu sprechen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie eine Interpretation dafür oder vielleicht sogar Wissen darüber, weshalb CONFIDA – die offenbar sehr viel früher davon wusste, dass sich das so entwickelt hat – und weshalb der Vorstand, das Management Sie nicht früher eingebunden und informiert haben, sondern CONFIDA hier relativ längere Zeit daran gearbeitet und dann noch diese Lösungsvorschläge erarbeitet hat, und erst dann sind Sie dazugekommen? Gibt es dazu von Ihnen Wissen oder eine Interpretation?

Dr. Gottfried Spitzer: Nein, nein. Da müsste ich rätseln; das will ich eigentlich nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Welche Vorgangsweise ist zum Tragen gekommen, als Sie informiert wurden? – Ich entnehme einer früheren Aussage von Ihnen vor dem Untersuchungsausschuss in Kärnten, dass für den 27. für den Abend ein Gespräch angesetzt wurde, das von CONFIDA initiiert wurde, um mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Was war der Grund dafür? Ist das schon angedeutet oder konkret mitgeteilt worden: Wir wollen heute Abend oder am Abend des 27. mit euch über etwas – und zwar konkret, worüber – reden?

Dr. Gottfried Spitzer: Daran erinnere ich mich nicht. Aber das glaube ich nicht, denn es war für uns eine Einladung zu einem netten, gemeinsamen Abendessen nach Abschluss der Jahresabschlussprüfung.

Wir haben ja am Nachmittag davor durch einen Anruf von der Leiterin Rechnungswesen von diesen Verlusten erfahren. Ich weiß noch, wie der Kollege, der diesen Anruf entgegengenommen hat, wie vom Blitz getroffen in mein Zimmer gestürzt ist. Ich musste ihn geradezu beruhigen.

Am selben Abend wollten uns die Kollegen von der CONFIDA über dieses Thema Auskunft geben. Dazu wurde ich von dem Kollegen beiseitegenommen, der mir im Vertrauen möglicherweise darüber Auskunft geben wollte. Ich habe das abgelehnt. Ich habe gesagt: Es ist zu spät, wir sind bereits aus der Bank informiert.

Wobei die damalige Information aus der Bank war: etwa 100 Millionen € Verlust. Sie werden sich erinnern, es wurden ja in weiterer Folge daraus über 300 Millionen Verlust.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt werden Sie sagen, das liegt ja offen auf der Hand, aber vielleicht drücken Sie es doch für uns konkret aus: Wie haben Sie das aufgenommen, dass CONFIDA Ihnen das nicht sehr viel früher schon gesagt hat, sondern diese Vorgangsweise gewählt hat?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich persönlich konnte es zu Beginn gar nicht glauben. Ich hielt es nicht für möglich. Als sich herausgestellt hat, dass das stimmt, war man natürlich schockiert, verärgert. Aber wir haben auch im Moment natürlich völlig das Vertrauen zu unseren Kollegen verloren.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War das auch der Grund, dass Sie dann rasch selbst und allein die Anzeige gemacht haben?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, natürlich!

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt würde ich gerne bei diesem interessanten Thema bleiben – es wird sicherlich noch fortgesetzt werden –, ich möchte Ihnen aber im Rahmen der zeitlich limitierten Erstbefragung noch zwei, drei andere Fragen stellen, das geht sich vielleicht noch aus. Daher darf ich nun einen Switch machen.

Sie haben gesagt, dass Sie wiederholt bewusst hinters Licht geführt worden sind – dass Sie „mehrfach und bewusst getäuscht“ worden sind, ist Ihr O-Ton gewesen –, und haben dazu auch Beispiele angeführt. Hatten Sie über die Anzeige hinaus in Bezug darauf weitere Berichte oder Meldungen für notwendig erachtet und auch durchgeführt? (Auskunftsperson Spitzer: An wen?) An die Aufsichtsbehörde.

Dr. Gottfried Spitzer: Na ja, der Wirtschaftsprüfer berichtet ja tourlich jedes Jahr an die Aufsichtsbehörde im Rahmen der Anlage zum Prüfbericht. Das war der ehemalige bankaufsichtliche Prüfbericht, wurde dann umbenannt in „Anlage zum Prüfbericht“. Das ist ein jährlicher Bericht, in dem über die Bank – zahlenmäßig auf der einen Seite, auf der anderen Seite aber auch inhaltlich-qualitativ – berichtet wird. Diese Berichte haben wir jedes Jahr erstattet.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt sind das natürlich schon besondere Umstände gewesen. Sie haben das schon – wenn ich es so charakterisieren kann – dramatisch geschildert, was Sie da erlebt haben. Es war auch für Sie eindrucksvoll, noch jahrelang haben Sie darunter gelitten. Es war also schon etwas ganz Besonderes.

Hat das auch zu besonderen Maßnahmen Ihrerseits geführt? Sie haben die Anzeige gemacht, aber ich meine jetzt darüber hinaus, sodass Sie Meldungen gemacht haben, Hinweise gegeben haben, die man sonst üblicherweise als Wirtschaftstreuhänder, der auch darauf schaut, dass das mit dem Unternehmen zusammenpasst und auf die Zukunft schaut …

Haben Sie solche ungewöhnlichen Maßnahmen sonst auch noch setzen müssen? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt und der Vertrauensperson.) – Jetzt wird auch zur Frage des Herrn Verfahrensrichters der Herr Verfahrensanwalt konsultiert ... (Heiterkeit.)

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Herr Verfahrensrichter, Herr Dr. Spitzer wird Ihre Fragen ausführlich beantworten.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke schön. – Bitte.

Dr. Gottfried Spitzer: Über die reguläre Berichterstattung hinaus sind mir folgende Kontakte, nennen wir es einmal so, mit der Aufsichtsbehörde in Erinnerung: Zum einen hat die FMA zeitgleich mit uns Ende März 2006 auch ein Team in die Bank geschickt, um ihrerseits das Thema Derivatverluste zu erheben. Es waren sozusagen beide Teams parallel dort, und da hat es sicher eine Interaktion zwischen den OeNB-Leuten und unseren Leuten gegeben.

Die zweite Interaktion, an die ich mich erinnere, war ein Briefwechsel zwischen uns und der FMA im Zusammenhang mit der Umwidmung von Derivatpositionen vom Bankbuch ins Handelsbuch; das war im April 2007.

Die dritte Interaktion, an die ich mich erinnere, war ein Briefwechsel mit der FMA, in dem wir über mögliche Karussell-Finanzierungen unter Ausnutzung des Liechtensteinischen Bankengesetzes informiert beziehungsweise befragt wurden; das war im Frühjahr 2007. Das war auch einer der Gründe, warum ich in weiterer Folge um persönliche Entbindung von diesem Mandat ersucht habe.

Und ich erinnere mich zuletzt, das habe ich bereits im Eingangsstatement angeführt, an ein Gespräch mit dem OeNB-Team vom 21. März 2007, in dem damals auch das Thema Hühnerfarm diskutiert wurde, Kick-back-Zahlungen ja oder nein. An die erinnere ich mich jetzt im Moment.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Gab es auch Kontakte oder gar Interaktionen mit den Eigentümern – GRAWE, Kärntner Landesholding? Wenn ja, mit wem?

Dr. Gottfried Spitzer: Die erste Interaktion, an die ich mich erinnern kann, war am Freitag, dem 28. März 2006, als ich sowohl von Vertretern der GRAWE als auch des Landes Kärnten in den Räumlichkeiten der FMA massiv bedrängt wurde. Das war am Tag nach dem Rückzug des Bestätigungsvermerkes. Die FMA hat damals eine große Besprechung einberufen, zu der der Vorstand der Bank, Teile des Aufsichtsrats der Bank und die Abschlussprüfer eingeladen wurden. An diese Interaktion erinnere ich mich noch.

Die Interaktionen des Kärntner Landeshauptmanns haben hauptsächlich über die Medien stattgefunden. Ein direktes Gespräch mit ihm hat es während meiner Tätigkeit als Prüfer nach meiner Erinnerung nicht gegeben. Der formelle Eigentümervertreter war damals die Kärntner Landesholding; da waren nach meiner Erinnerung entsandte Mitglieder im Aufsichtsrat. Unsere Präsenz im Aufsichtsrat war jedoch sehr eingeschränkt, weil wir nur bei jenen Sitzungen, und dort auch nur bei jenen Tagesordnungspunkten dabei waren, zumindest war das nach meiner Erinnerung so, in denen es um den Jahresabschluss gegangen ist, in denen es um die Zahlen gegangen ist beziehungsweise in weiterer Folge um die Swapverluste.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, Herr Dr. Spitzer, für Ihre Antworten im Rahmen der Erstbefragung.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke, Herr Dr. Pilgermair. Danke vielmals für das einleitende Statement, das Sie mir auch schriftlich zur Verfügung gestellt haben. Ich habe es auch im Ausschuss zur Verteilung gebracht.

Damit steigen wir in die erste Runde ein. Es startet der Herr Abgeordnete Lugar. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Ich habe eine Nachfrage zum besseren Verständnis. Sie haben gesagt, Sie wurden bedrängt. Ich habe das akustisch nicht verstanden: Von wem wurden Sie bedrängt?

Dr. Gottfried Spitzer: Das war eine Gruppe von Vertretern der Bank.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Können Sie präzisieren, wer das war?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich sage Ihnen, das waren sieben, acht Personen, die mir körperlich sehr nahegekommen sind. Das war für mich ein sehr unangenehmes Erlebnis, und ich habe die Namen der Personen nicht mehr im Kopf, es waren mehrere.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Waren es namhafte Vertreter der Bank oder waren es irgendwelche Dritte-Reihe-Vertreter?

Dr. Gottfried Spitzer: Nein, nein, Dritte-Reihe-Vertreter waren nicht eingeladen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Irgendein Name? War Kulterer auch dabei?

Dr. Gottfried Spitzer: Kein Name.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Ich würde gerne noch einmal auf die sogenannten Swapverluste zurückkommen. Begonnen hat das Ganze aus meiner Sicht mit der Schlussbesprechung am 10. Februar 2006, bei der Herr Groier anmerkt, dass irgendetwas mit dem Nettozinsertrag im Vergleich zum Vorjahr nicht plausibel ist. Das steht im Dokument 521393, das ist die Schlussbesprechung vom 10. Februar 2006. Haben Sie diese vorliegen?

Dr. Gottfried Spitzer: Wenn Sie mir diese vorlegen würden!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Wir haben sie jetzt nicht kopiert, aber ich will eh nichts daraus fragen. Es ist an und für sich der Startschuss für diese ganze Affäre, wo ein Hinweis von der Confida kommt. An dem Tag waren Sie auch anwesend und haben das wahrscheinlich auch mitbekommen, dass da ein Verdachtsmoment besteht, nehme ich an.

Dr. Gottfried Spitzer: Wir haben von keinem Verdachtsmoment irgendwas mitbekommen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzende Doris Bures: Offensichtlich ist eine Kopie aufgetaucht. Würden Sie die Dokumentennummer und die Seite für das Protokoll nennen, damit wir das dann auch aufnehmen können?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Die Dokumentennummer ist 521393, das ist die Schlussbesprechung vom 10. Februar 2006. Teilnehmer: Gottfried Spitzer und andere. Auch Herr Groier war Teilnehmer.

Und Herr Groier sagt – Seite 10 von 13 –, dass der Nettozinsertrag im Vergleich zum Vorjahr aufgrund der Steigerung der Aktivseite nicht plausibel ist.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Spitzer, Sie können sich jetzt das Dokument in Ruhe durchlesen. Wenn Sie es gelesen haben, dann geben Sie uns ein Zeichen, dann kann der Herr Abgeordnete die Frage dazu formulieren.

Dr. Gottfried Spitzer: Darf ich noch fragen, wer dieses Dokument erstellt hat?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Das ist eine gute Frage. Es ist ein Aktenvermerk – keine Ahnung, wer ihn erstellt hat, aber es geht um die Schlussbesprechung vom 10. Februar. Wer diesen Aktenvermerk erstellt hat, ist mir jetzt aus diesem Dokument nicht ersichtlich, aber ich gehe einmal davon aus, da Sie und Herr Groier genannt sind, dass das jemand der Anwesenden oder zumindest ein Beauftragter gemacht hat. Auch Frau Dolleschall, die Sie dann letztlich informiert hat, ist mit dabei gewesen. Aber wer das Dokument gemacht hat, wer es ausgefertigt hat, weiß ich nicht. Es ist von der Staatsanwaltschaft Kärnten – keine Ahnung, wie die dazu gekommen sind.

Dr. Gottfried Spitzer: Wie war die Frage, bitte?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Die Frage ist, ob Sie damals diese Bemerkung des Herrn Groier bewusst wahrgenommen haben, dass Verdachtsmomente da sind und dass diese Zahlen nicht plausibel sind.

Dr. Gottfried Spitzer: Nein, habe ich nicht; auch aus diesem Dokument würde sich das mir nicht erschließen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Ich lese vor:

„Offene Punkte und Fragen: Nettozinsertrag: Groier“ – von der CONFIDA – „merkt an, dass der Nettozinsertrag der HB Int im Vergleich zum Vorjahr aufgrund der Steigerung der Aktivseite nicht plausibel ist.“

Das würde mich schon stutzig machen.

Dr. Gottfried Spitzer: Es gibt darunter auch eine Erläuterung von Herrn Dr. Kulterer, warum das so war.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Ja, aber die Verflachung der Zinskurve ist da sicherlich nicht ins Treffen zu führen, nehme ich einmal an. Oder würden Sie aus Ihrer Expertenmeinung sagen, dass die Verflachung der Zinskurve das auslösen könnte?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, natürlich. Wenn die Aktivseite sich steigert und die Zinskurve sich verflacht, muss der Nettozinsertrag zurückgehen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Aber soweit ich weiß, hat sich die Zinskurve in dem Zeitraum nicht verflacht. Das müsste man ja relativ leicht nachvollziehen können. (Die Auskunftsperson liest in ihren Unterlagen.)

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Woher nehmen Sie, dass sich die Zinskurve verflacht hat? Können Sie das noch ein bisschen ausführen?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Das kann man im Internet nachschauen, wie die Zinsen sich damals in dem Zeitraum entwickelt haben. Das ist nicht schwierig, das herauszufinden. Das bringe ich sogar als Laie zusammen.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe aus dieser Unterlage nicht erschlossen, dass über 300 Millionen nicht gebuchte Swaps in der Bankbilanz enthalten sind.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Das ist mir schon klar. Der Herr Groier hat das auch nicht gewusst zu dem Zeitpunkt, sondern es hat Verdachtsmomente gegeben. Und wie wir seit gestern wissen, hat es Nachforschungen gegeben. Und wenige Tage später, nämlich am 15., hat man von der Dame, die Sie informiert hat – Leiterin Rechnungswesen –, einen Beleg für eine eigenartige Buchung verlangt. Das wissen Sie jetzt wahrscheinlich im Nachhinein, dass das so war?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich weiß das gar nicht, welche Belege wann von den Kollegen verlangt wurden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Die Dame, die Sie informiert hat, hat sie Sie nicht über die gesamte Geschichte informiert? Sie haben gesagt, die Leiterin Rechnungswesen hat Sie am 27.3. informiert, und da hat sie Sie wahrscheinlich umfassend informiert, nehme ich an. Oder was genau? (Zwischenbemerkung der Vertrauensperson.)

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe Ihnen gesagt, die Leiterin Rechnungswesen hat am 27. März einen Kollegen von mir angerufen und darüber informiert, dass 100 Millionen € Swapverluste in den Bilanzen nicht verbucht wurden. Diese Information haben wir telefonisch erhalten und nicht von irgendwelchen Belegsuchaktionen von den Kollegen am 15. Februar.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Das heißt, Sie haben am 27.3., also knapp eineinhalb Monate später, davon erfahren.

Am 24.3. hat sich Confida die Mühe gemacht, alle möglichen Lösungsvorschläge auszuarbeiten. Was jetzt besonders interessant ist: Die Confida, der Herr Groier hat gestern behauptet, dass diese Lösungsvorschläge mit Ihnen abgesprochen waren, dass man übereingekommen ist, das zu prüfen, und Sie ihm dann in den Rücken gefallen sind, indem Sie das öffentlich gemacht haben.

Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie heute gesagt haben. Wie sehen Sie das? Wer hat jetzt recht? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Dr. Gottfried Spitzer: Ich bleibe bei meiner Aussage, dass wir am 27. März von der Leiterin Rechnungswesen telefonisch erstmals erfahren haben, welche Verluste damals eingetreten waren. Das war eine unrichtige Information, wie wir heute wissen. Es war auch eine sehr allgemeine Information.

Wir haben am Abend desselben Tages von den Sanierungsversuchen und Sanierungsüberlegungen der Kollegen gehört. Die haben wir am selben Abend schon zurückgewiesen.

Wir haben uns in weiterer Folge auch etwas detaillierter damit beschäftigt. Wir haben auch auf Wunsch der Bank in weiterer Folge mit der FMA Kontakt aufgenommen, ob nicht bestimmte stille Reserven realisiert werden können – zulässigerweise realisiert werden können. Aber am 24. März hat es von uns jedenfalls kein Gespräch zu diesem Thema gegeben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Ich meine, am 24. wurde das intern besprochen bei der Confida. Man hat Ihnen das laut Confida-Aussage am 27. präsentiert und man ist übereingekommen, dass man das prüfen wird.

Das würde ich Ihnen gerne noch einmal vorlegen, es ist das Dokument 33850. Das ist Ihre Aussage im Kärntner Untersuchungsausschuss, und zwar ist die Seite 94 besonders interessant. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da steht:

„Zeuge Dr. Spitzer: Das war zum damaligen Zeitpunkt nicht strittig, weil uns ja die Lösungsvorschläge zum Teil auf Confida-Papier vorgelegt wurden bzw. auch klar Personen bei Confida genannt wurden (...)“.

Das heißt, das waren eindeutig Personen von Confida, die diese Vorschläge vorgelegt haben.

Dr. Gottfried Spitzer: Das habe ich ja vorher schon bestätigt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Ja, das haben Sie bestätigt. Da geht es jetzt darum, dass alle Vorschläge, die da drauf sind, eine Rückdatierung bedingen. Und Sie haben das ja auch weiter unten gesagt, dass Sie das nicht mittragen wollten, da es sich vor allem um rückwirkende Maßnahmen gehandelt hat.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, zu Ihrer Information, Sie sind schon in der Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Das heißt, waren da noch Vorschläge dabei, die nicht mit Rückdatierungen funktioniert hätten? Im Aktenvermerk der Confida ist da nichts zu finden von, sage ich einmal, legalen Vorschlägen. Hat man Ihnen legale Vorschläge auch vorgetragen?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich bitte um Verständnis, ich weiß das nicht mehr im Detail. Ich weiß nur, dass einige Vorschläge Maßnahmen mit Rückwirkung erfordert hätten, und diese wollten wir nicht mittragen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Sie sind dann überhaupt keinem Vorschlag nähergetreten, also gehen wir davon aus, dass da keine anderen Vorschläge dabei waren. Oder waren Sie grundsätzlich bereit, das noch einmal zuzudecken?

Dr. Gottfried Spitzer: Dass wir nicht bereit waren, das zuzudecken, haben wir, glaube ich, nachdrücklich unter Beweis gestellt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Das heißt, würden Sie sagen, dass die Confida mit diesem Ansinnen an Sie herangetreten ist, das doch noch einmal irgendwie hinzubiegen? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Dr. Gottfried Spitzer: Die Kollegen sind mit mehreren Vorschlägen an uns herangetreten, wir haben sie alle abgelehnt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): So weit, so gut. Die Frage ist aber nicht, wie es dann ausgegangen ist, denn das wissen wir. Die Frage ist, was die Intention dahinter war, denn die Confida hat das ja aufgedeckt, und es ist ungewöhnlich, und so hat es die Confida ja auch gesehen, dass Sie das dann an die Öffentlichkeit gebracht haben und nicht die Confida.

Könnte es sein, dass die Confida Interesse daran hatte, das doch noch einmal in irgendeiner Form geradezubiegen? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt und der Vertrauensperson.)

Vorsitzende Doris Bures: Da ich den Eindruck habe, dass grundsätzlich die Frage besteht, ob die Frage zulässig ist oder nicht, würde ich Herrn Professor Binder und Herrn Dr. Pilgermair plus Herrn Dr. Ruhri und die Auskunftsperson ersuchen, kurz zu mir zu kommen.

Zu diesem Zweck unterbreche ich die Sitzung für ein paar Minuten.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 16.10 Uhr unterbrochen und um 16.14 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

16.14

Vorsitzende Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Ausschuss! Ich nehme die Sitzung wieder auf.

Wir setzen die Befragung fort.

Herr Abgeordneter Lugar, Sie sind noch am Wort, aber schon in der Redezeit der zweiten Runde. Ich würde Sie bitten – das geht nicht auf Ihre Redezeit –, die Frage noch einmal zu formulieren, und die Auskunftsperson wird nach bestem Wissen und Gewissen antworten. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Confida hat Ihnen also Vorschläge gemacht, von denen einige oder fast alle rechtlich nicht in Ordnung gewesen wären, und Sie haben sie deshalb abgelehnt. Haben Sie den Eindruck gehabt, dass Confida das alles noch einmal hinbiegen will und nicht an die Öffentlichkeit gehen will?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich bitte um Verständnis, dass ich die Intentionen der Confida weder beurteilen kann noch werde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Eigentlich habe ich kein Verständnis dafür, weil es für diesen Ausschuss ganz wichtig ist, herauszufinden, ob der Prüfer seinem Auftrag nachgekommen ist. Normalerweise hätte der Prüfer ja sofort Feuer schreien müssen, denn wenn man sich diesen Aktenvermerk, der ein paar Tage vorher gemacht wurde, ansieht, dann wird da schon von 170 Millionen gesprochen, die eben eingebucht werden müssten. Das heißt – und das hat uns auch der Herr Greyer bestätigt –, man hätte das Testat zurückziehen müssen, da gab es keine andere Möglichkeit.

Also wenn man da mit Lösungsvorschlägen kommt, ist die Gefahr oder zumindest die Vermutung da, dass man da etwas zudecken will. Daher habe ich Sie gefragt, ob Sie Wahrnehmungen in diese Richtung hatten.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich möchte die Kollegen der Confida keinesfalls bezichtigen, etwas zudecken zu wollen. (Abg. Lugar: Darum geht’s ja nicht!) Wie Deloitte reagiert hat, ist, glaube ich, völlig klar. Sobald wir Kenntnis erlangt hatten, was da abgeht, nämlich Riesenverluste, die vertuscht wurden, und Sanierungsversuche, die untauglich sind und von denen wir auch nichts wissen, haben wir sofort Stopp geschrien.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber darum geht es jetzt auch nicht. Es geht um Folgendes: Sie haben gesagt, Confida hat sich sozusagen im Windschatten seines Hauptkunden entwickelt, war abhängig, auch wirtschaftlich, von der Bank. (Auskunftsperson Spitzer: Das habe ich nicht gesagt!)

Zumindest haben Sie das intendiert. Und damit könnte man meinen, dass die Confida vielleicht da noch etwas retten wollte, um die Bank nicht zu schädigen. Da ist die Frage, ob Sie eine Wahrnehmung dazu haben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Abgeordneter, ich würde zu dieser Frage gerne Folgendes klarstellen: Die Vertrauensperson und die Auskunftsperson haben darauf hingewiesen, dass die Auskunftsperson nur über Tatsachen und über Wahrnehmungen Antworten schuldig ist. Mehr kann sie nicht sagen. Nun ist es natürlich ein berechtigtes Anliegen des Ausschusses, auch herauszubekommen, was sich die Leute gedacht haben, was sie wollten. Das kann man ihn fragen, wenn es ihn selbst betrifft. (Abg. Lugar: Das war nicht meine Frage!) – Doch, Sie haben eine Frage gestellt, die sich auf die sogenannte innere Tatseite eines seiner Geschäftspartner – nämlich in diesem Fall eines Joint Auditors, Confida – bezogen hat; Sie wollten wissen, ob die seinem Eindruck nach etwas zurechtgebogen haben.

„Zurechtbiegen“ bedeutet etwas ganz Bestimmtes, und damit ist auch eine innere Vorstellung verbunden, und das haben Sie in Ihrer Frage zum Ausdruck gebracht. Das kann selbstverständlich der politische Mandatar so sehen, ganz ohne jegliche Frage, aber es ist etwas anderes, ob der Zeuge verpflichtet ist, auf eine so formulierte Frage eine Antwort zu geben  und das ist er nicht, weil er nur über Tatsachen befragt werden darf.

In diesem Sinne: Wenn Sie begleitend sagen: Das glaube ich nicht, das ist für mich nicht so!, und wenn Sie das abschließend auch noch einmal darlegen, so wie es gestern im Anschluss erfolgt ist, dann ist das selbstverständlich zulässig, aber das ist dann keine Frage, auf die man sich eine Antwort der Auskunftsperson erwarten darf.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay, ich werde es umformulieren, vielen Dank.

Als diese Lösungsvorschläge gekommen sind, zu einem Zeitpunkt, als Sie ziemlich verärgert waren, dass man Sie nicht früher informiert hat, und Sie diesen Lösungsvorschlägen nicht nähergetreten sind, wie hat man da vonseiten der Confida reagiert?

Dr. Gottfried Spitzer: Wenn man sich an die Abläufe der damaligen Zeit erinnert:

Wir haben am 27. den Widerruf.[1] Am 28. gab es das Gespräch beziehungsweise die Gespräche in der FMA. Confida war anfangs der Meinung – und diese Gespräche haben Kollegen von uns relativ genau protokolliert –, dass der Jahresabschluss 2004 nicht zu ändern wäre, sondern dass die Bilanzsanierungsmaßnahmen im Jahr 2005 erfolgen sollten.

Mit dieser Vorstellung ist Kollege Groier in die Besprechung der FMA gegangen – zumindest schließe ich das aus den alten Prüfungsakten. Das Ergebnis war ein ganz anderes, nämlich dass Konsens darüber bestand, dass 2004 aufzumachen und zu ändern ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber die Frage ist: Wie haben sie reagiert? CONFIDA hat ja gehofft, dass Sie mit ihnen sozusagen den Weg gemeinsam gehen. Zumindest hat gestern Herr Groier gesagt, dass er wollte, dass Sie da gemeinschaftlich eine Lösung finden. Wie hat er darauf reagiert, dass Sie da ausgeschert sind?

Dr. Gottfried Spitzer: Es war natürlich eine Verärgerung, eine Entfremdung da. Ich meine, das ist überhaupt keine Frage; und es ist auch naheliegend in so einer Situation, dass da menschliche Gräben aufbrechen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber wenn Sie sagen, es hat eine Entfremdung gegeben, dann muss es ja vorher eine Erwartungshaltung gegeben haben, dass Sie da mitmachen, bei dieser Aktion.

Dr. Gottfried Spitzer: Das kann sein, aber das kann ich nicht beurteilen. Da müssen Sie den Kollegen Groier fragen.

Vorsitzende Doris Bures: Jetzt eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also ich gehe davon aus, dass man, wenn man an jemanden mit Vorschlägen herantritt, will, dass der diesen nähertritt. Und wenn er das nicht tut, dann ist es ganz verständlich, dass man enttäuscht ist. Also das war so?

Dr. Gottfried Spitzer: Das war so, ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Spitzer, ich möchte mit dem Jahr 2004 beginnen. Sie haben erzählt, das war der Zeitpunkt, ab dem Deloitte mit CONFIDA Joint Auditor gewesen ist. (Auskunftsperson Spitzer: Ja!) – Können Sie uns erläutern, wie die Aufgabenverteilung war? Sie haben ja nicht wirklich ein Gebiet gemeinsam geprüft, sondern Sie haben sich die Gebiete aufgeteilt. Wie war da die Aufteilung?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich suche gerade die Unterlage, damit ich Ihnen die korrekte Antwort geben kann. (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.)

Ich hoffe, Sie haben ausreichend Zeit. Ich habe den Prüfplan des Jahres 2004 für die HBInt mit. Ich kann Ihnen die Prüfungsgebiete nennen. Ich habe auch die Aufteilung der Gesellschaften mit, denn wir haben ja nicht alle Gesellschaften gemeinsam geprüft. Aus Effizienzgründen hat eine Gesellschaft oft ein Prüfer geprüft und eine andere Gesellschaft hat ein anderer Prüfer geprüft, wobei tendenziell den gesamten Leasing- und Consultingbereich die CONFIDA gemacht hat und wir eher stärker im Bankenbereich tätig waren, wobei es auch dazu Ausnahmen gegeben hat.

Ich beginne mit dem Prüfplan 2004:

Prüfungsplanung, Jobmanagement, Koordination wurde von beiden Seiten gemeinsam gemacht; das ist klar.

IKS, Internes Kontrollsystem: Hier bezieht sich die Prüfungstätigkeit auf die Dokumentation des Internen Kontrollsystems, auf die Innenrevision, die zinsfrei gestellten Kredite, das Risikomanagement und die EDV-Systeme. In diesem Bereich hat Deloitte den Bereich Treasury, EDV gemacht und die CONFIDA die Bereiche Rating, Markt, Marktfolge und zinsfreie Kredite.

Debitorenprüfung: Die Inlandskunden wurden aufgeteilt. Da hat es eine Beilage gegeben, wer sich welche Fälle anschaut. Diese Beilage habe ich jetzt nicht da.

Die Cross-Border-Kunden, insbesondere nach Kroatien, wurden von uns gemeinsam geprüft; da haben wir uns die Fälle fünfzig zu fünfzig aufgeteilt. Das Cross-Border-Geschäft nach Slowenien wurde damals ausschließlich von Deloitte geprüft.

Ich lese Ihnen jetzt 2004 vor, 2005 war das möglicherweise anders, aber das habe ich nicht mit; 2006 war die CONFIDA nicht mehr dabei, da war es natürlich ganz anders – aber nur damit Sie ein Gefühl bekommen, wie so etwas ausschaut.

Nächstes Thema, Wertpapiere: Da geht es um den Ausweis, die Bewertung, auch um die Derivate und auch die Verbuchung in der GuV.

Da hat die CONFIDA den Bereich Derivate geprüft, inklusive der Zinsabgrenzungen, und Deloitte den Bereich Schuldtitel öffentlicher Stellen und Wechsel, Schuldverschreibungen und andere verzinsliche Wertpapiere, Aktien und andere nicht festverzinsliche Wertpapiere, verbriefte Verbindlichkeiten, Erträge und Aufwendungen an Wertpapieren, Finanzgeschäften, aus Veräußerungen, Bewertung von Forderungen und Wertpapieren sowie von Wertpapieren als Finanzanlagen – also dort, wo Wertpapiere im Bankbuch bilanziert waren.

Beteiligungen und Anteile an verbundenen Unternehmen – nächstes Prüffeld – war geschlossen bei der CONFIDA. Da geht es um die Wertansätze an sich, von Beteiligungen, von Anteilen an verbundenen Unternehmen, aber auch die zugehörigen GuV-Positionen, Erträge aus Beteiligungen und Aufwendungen aus Beteiligungen.

Auch der Bereich der Veräußerungen, Veräußerungsverluste oder -gewinne von Beteiligungen – das war alles bei CONFIDA.

Der Bereich Anlagevermögen war geschlossen bei CONFIDA. Da ging es um die immateriellen Vermögensgegenstände, Sachanlagen, unversteuerte Rücklagen, Abschreibungen und Rücklagenbewegung.

Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Kunden und Kreditinstituten: Da geht die Prüfungsaufteilung quer durch. Wir hatten die Forderungen gegenüber Kreditinstituten, die CONFIDA hatte die Forderungen an Kunden; Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten waren wieder bei uns, Kunden bei den Kollegen von der CONFIDA; Zinsen und zinsenähnliche Erträge waren bei uns und Aufwendungen auch bei uns.

Sonstige Verbindlichkeiten, sonstige Vermögensgegenstände: aktivseitig – Deloitte, passivseitig, sonstige Verbindlichkeiten – CONFIDA.

Kapital: nachrangige Verbindlichkeiten, Ergänzungskapital, gezeichnetes Kapital, Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen, Haftrücklagen, Bilanzgewinn und die gesamte Rücklagenbewegung – alles CONFIDA.

Interessiert es Sie so genau? Dann mache ich weiter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Die großen Überschriften beziehungsweise Prüfgebiete reichen. Wenn Sie zum Kapital sagen, ob CONFIDA oder Deloitte, dann wird es reichen.

Dr. Gottfried Spitzer: Okay. Sofern sich innerhalb der großen Prüfgebiete etwas ändert, also zum Teil von Deloitte, zum Teil von CONFIDA geprüft wird, muss ich es detaillieren, denn sonst gäbe es einen falschen Eindruck.

Rückstellungen: Abfertigungsrückstellungen – Deloitte, Pensionsrückstellungen – Deloitte; sonstige Personalrückstellungen, Jubiläumsgeld, Urlaubsrückstellungen, Prämien und Teilzeit – Deloitte; Personalaufwand – Deloitte; Ertragssteuern, Steueraufwand und sonstige Rückstellungen – CONFIDA.

Die übrigen Prüfgebiete zu den Cash-Positionen, also Kassenbestand, Guthaben bei den Zentralbanken – Deloitte.

Bei den Unterstrichpositionen geht es leider wieder hin und her: Auslandsaktiva – Deloitte; Eventualverbindlichkeiten – Deloitte; Kreditrisken – CONFIDA; Verbindlichkeiten aus Treuhandgeschäften – Deloitte; anrechenbare Eigenmittel – CONFIDA; erforderliche Eigenmittel – CONFIDA; Auslandspassiva und Unterdeckung, Pensionsrückstellung – Deloitte.

Wer macht den Wirtschaftsprüferbericht? HBInt lag bei CONFIDA, HB Österreich lag bei uns; wir haben also auch die Berichtserstellung aufgeteilt.

Die Ausfertigung des bankaufsichtlichen Berichts folgte der Ausfertigung des Prüfberichts. Das heißt, der bankaufsichtliche Prüfbericht für die HBA, also die Österreich-Bank – HBA ist Ihnen, glaube ich, allen geläufig, kann man so verwenden – war bei uns und jener für die HBInt lag bei CONFIDA.

Konzernprüfung: Konzernprüfung bedeutet, die Organisation der Auslandsprüfungen, Versenden von Audit Instructions, die Terminverwaltung, die Übernahme der HB 2, der Reporting Packages aus den Auslandsgesellschaften in das Konzernrechnungswesen – mit all dem hat sich ein gemischtes Team beschäftigt, ebenso wie mit der Organisation einer zukünftigen Konzernprüfung nach IFRS.

So viel zur Aufteilung in Österreich. Soll ich die „Ausländer“ auch vorlesen?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sind die ausländischen Tochtergesellschaften auch aufgeteilt gewesen?

Dr. Gottfried Spitzer: Zum Teil ja, sehe ich gerade.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber im Großen und Ganzen, wer hat die Töchter geprüft?

Vorsitzende Doris Bures: Bevor Sie das jetzt beantworten: Mir liegt eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung vor. – Herr Abgeordneter Podgorschek, bitte.

*****

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsident! Das ist eine Frage an die Auskunftsperson: Wir würden uns in Zukunft sehr viele Fragen ersparen, wenn wir diese Liste bekommen könnten, denn sie ist ja nicht in unseren Akten vorhanden. Die haben Sie ja, glaube ich, von Deloitte mit. Es sei denn, es sind Geschäftsgeheimnisse dabei.

Vorsitzende Doris Bures: Das war eine Frage. Das entscheidet die Auskunftsperson. Ansonsten gilt, was beantwortet wurde und im Protokoll ersichtlich sein wird.

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Ohne Zustimmung der CONFIDA, will die Auskunftsperson das nicht vorlegen, weil das ein gemeinsames Dokument ist und darüber mit CONFIDA nicht gesprochen worden ist.

Vorsitzende Doris Bures: Trotzdem danke für die Anregung.

*****

Dr. Gottfried Spitzer: Ihre Frage war zu den Tochtergesellschaften. Es gab Joint Audits, und zwar in Italien – entnehme ich dem Prüfspiegel, wobei das ein Entwurf aus April 2004 ist. Ich hoffe, das wurde in weiterer Folge so gemacht. Ich habe keine gegenteilige Kenntnis.

Italien: Joint Audit – nein, Entschuldigung, das ist die Österreich-Bank.

Österreich-Bank: Joint Audit – ja; Italien lag bei Deloitte; Serbien – nach meiner Unterlage – ein Joint Audit; Liechtenstein: Deloitte; ebenso wie Banja Luka – das ist die Republika Srpska –: Deloitte; Slowenien: Joint Audit; Osijek und dann HBC, also Hypo Bank Kroatien: nach meiner Unterlage ein Joint Audit – wobei mich das überrascht, weil ich in Erinnerung hatte, dass das die CONFIDA allein gemacht hat; das kann ich jetzt nicht beschwören, ob die Unterlage hier dann der letzte Stand geblieben ist. Der gesamte Leasing-Ast, das habe ich schon gesagt: CONFIDA; der gesamte Consulting-Ast: CONFIDA; Belgrad, Hypo Leasing Belgrad: Joint Audit? – sehe ich hier, würde mich wundern.

Aber im Wesentlichen ist es das, was ich Ihnen jetzt gesagt habe.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie ist es zu dieser Aufteilung gekommen? Wer hat das entschieden beziehungsweise nach welchen Gesichtspunkten ist das erfolgt?

Dr. Gottfried Spitzer: Das war überwiegend Effizienz und Praktikabilität, sage ich ganz offen. Zum Teil waren es auch Wünsche der Bank, insbesondere was den Leasing- und den Consultingbereich betrifft, dass dieser weiter bei der CONFIDA bleibt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Warum würde sich die Bank das wünschen?

Dr. Gottfried Spitzer: Das weiß ich nicht. Sie haben sich das damals gewünscht. Ich muss gestehen: Wir waren aus unserer Sicht am Anfang darüber nicht unfroh, weil wir mit der Übernahme eines neuen Prüfungsklienten ohnedies ausreichend beschäftigt waren und einmal versuchen mussten, hier, ich will nicht sagen, die Füße auf den Boden zu bekommen, aber doch einen Überblick über die Bank zu bekommen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Hat es sonst noch Wünsche der Bank gegeben, dass gewisse Prüfgebiete bei der CONFIDA bleiben?

Dr. Gottfried Spitzer: Es ist im Herbst 2005 ein Wechsel eines Prüffeldes erfolgt, wo die Bank in weiterer Folge nicht damit einverstanden war. Also sichtlich gab es da einen Wunsch. Da ging es um den Bereich Stichproben Treasury und Derivate. Das wurde im Jahr 2004 von den Kollegen von der CONFIDA gemacht, und so war eigentlich auch unsere Annahme, unsere Vorbereitung, dass wir das 2005 auch so durchführen wollen.

Auf Wunsch der CONFIDA wurde dies dann gewechselt zu Deloitte. Wir haben diesen Wechsel in weiterer Folge der Bank zur Kenntnis gebracht, und das hat eher Unmut erregt. Aber das ist das Einzige, woran ich mich erinnere.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ist das der Bereich, in dem die Swapverluste entstanden sind, Derivate?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, ist korrekt, ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut. Das ist vielleicht noch ein Punkt. – Können Sie sich daran erinnern, von wem dieser Wunsch ausgegangen ist in der Bank, dass die Derivate dort, wo der Problembereich Swap oder Währungswetten drin war, doch bei der CONFIDA bleiben soll?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe nur eine Aktennotiz von einem Kollegen vom Oktober 2005 hier beziehungsweise ein E-Mail, das er uns geschrieben hat, wo er schreibt: Sehr geehrte Herren! Die Leiterin des Rechnungswesens hat mich gerade informiert, dass Dr. Kulterer mit dem Wechsel des Prüffelds Derivate von CONFIDA an uns nicht einverstanden ist. – Zitatende.

Also sichtlich war Kulterer mit diesem Thema befasst. Ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut. Interpretieren oder Spekulieren ist nicht Ihre Aufgabe, sondern eher meine hier im Ausschuss. Meine Interpretation ist: Swapverluste waren bewusst, waren bekannt. Man wollte sie beim bisherigen Wirtschaftsprüfer behalten, damit sie möglichst unter der Decke bleiben und nicht bekannt werden. – Das ist meine Interpretation.

Dann möchte ich weitergehen zu dem Punkt Aktenvermerk von CONFIDA, den der Herr Verfahrensrichter schon angesprochen hat, zu dem wir gestern auch sehr lange gesprochen haben. Danke auch für die klare Antwort, die wir von Ihnen bekommen haben. Das war gestern nicht so einfach und hat deswegen auch so lange gedauert.

Sie haben es als untaugliche Maßnahmen bezeichnet. Würden Sie sich dazu versteigen, zu sagen, dass das nicht nur untauglich, sondern rechtlich unzulässig war? Wenn man etwas, das man im Jahr 2005 machen hätte müssen, im Jahr 2006 gar nicht mehr machen kann, dann wäre das eigentlich von Anfang an, wenn man es umsetzen würde, rechtlich unzulässig.

Dr. Gottfried Spitzer: Das war damals noch unser Kommentar an die Kollegen von der CONFIDA, dass wir es nicht verstehen, wenn man das Problem eh kennt, dass man nicht rechtzeitig versucht, zulässige Maßnahmen zu treffen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie oft ist Ihnen das in Ihrer langjährigen Tätigkeit untergekommen, dass andere Wirtschaftsprüfungsunternehmen mit solchen Maßnahmen auf Sie zukommen oder sie auf den Tisch legen?

Dr. Gottfried Spitzer: Einmal.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und das war dieser eine Fall?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also die Antwort war Ja  – fürs Protokoll. Gut, dann möchte ich zum nächsten Thema weitergehen. Das wird Sie auch nicht überraschen: Thema Hühnerfarm Puris und in Verbindung dazu natürlich die vermuteten Kick-back-Zahlungen an den damaligen Aufsichtsratspräsidenten Kulterer.

Da möchte ich versuchen, ein paar Dinge über den Ablauf klarzustellen.

Also Herr Kandler, Ihr Kollege, hat die Nationalbank informiert. Wann wurden Sie dann davon informiert?

Dr. Gottfried Spitzer: Wovon?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Davon, dass offensichtlich Deloitte-Prüfer Sachen gefunden haben, die man als Kick-back-Zahlungen an Kulterer interpretieren könnte, was dann der Anlass für Herrn Kandler war, bei der Nationalbank anzurufen und …

Dr. Gottfried Spitzer: Falsch, falsch! Falsche Reihenfolge! Herr Kandler wurde vom Prüfteam informiert, dass es Gerüchte gibt in diese Richtung, und Herr Kandler hat das zum Anlass genommen, die Nationalbank zu informieren.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, und wann sind dann Sie informiert worden?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich kann Ihnen kein aktuelles Datum nennen, aber es war vor Kandler. Es war jedenfalls vor Kandler.

Und ich sage Ihnen ganz offen: Dieser Fall war einer der Fälle, wieso ich aus dem Mandat ausscheiden wollte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also auch kein Fall, mit dem man regelmäßig zu tun hat als Wirtschaftsprüfer?

Dr. Gottfried Spitzer: Nein.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Jetzt haben Sie es „Gerüchte“ genannt. Was waren denn konkret die Bedenken oder das, was die Deloitte-Prüfer gefunden haben? Können Sie sich daran noch erinnern?

Dr. Gottfried Spitzer: CONFIDA war in den Jahren vor 2004 Wirtschaftsprüfer der Puris, und wir haben im Zuge eines Quality Reviews bei den Kollegen, den wir im Fall eines Joint Audit typischerweise durchführen … Rechnungen wurden uns vorgelegt, eine Firma WBG. Und diese Rechnungen betrugen etwa 4,8 Millionen kroatische Kuna, etwa 700 000 €. Ja, das war für uns An… Gleichzeitig wurde der Firmenbuchauszug von der WBG aus der damaligen Zeit vorgelegt, der besagte, dass die Gattin von Herrn Dr. Kulterer – die damalige Gattin von Dr. Kulterer – Mehrheitseigentümer dieser Gesellschaft war.

Das hat für mich eher verdächtig ausgesehen, und ich habe das zum Anlass genommen, den damaligen Risk & Reputation Leader, Kollegen Kandler, über diesen Umstand zu informieren.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Was waren dann in der Folge die weiteren Schritte bei Deloitte?

Dr. Gottfried Spitzer: Wir haben versucht, der Sache objektiv auf den Grund zu gehen. „Objektiv“ sage ich deshalb, weil mir damals seitens der Bank schon eine gewisse Schlagseite zulasten der Bank vorgeworfen wurde. Das heißt, es wurde in weiterer Folge diese Untersuchung von anderen Kollegen durchgeführt, die mit der Bankprüfung vorher nicht befasst waren.

Herr Dr. Kulterer wurde aufgefordert, seine Sicht der Dinge darzulegen. Wir haben ihn natürlich mit diesem Umstand konfrontiert. Die Unterlagen, die er uns dann in weiterer Folge übergeben hat, waren jedoch nicht derart, dass sich daraus eine Smoking Gun zu seinen Lasten erkennen ließe.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich würde es eigentlich umgekehrt betrachten. Sie hatten die Smoking Gun schon in der Hand, und es ist jetzt an Herrn Kulterer gelegen, diese Smoking Gun zu entladen.

Wie hat er das geschafft? – Weil die Smoking Gun, nur um es kurz zu sagen … Ich meine, es war ja offensichtlich: Puris Hühnerfarm – 44 Millionen € an Hypokrediten hineingeflossen, und da gibt es Rechnungen an eine Firma namens WBG, wobei diese Herr Kulterer und ihm Nahestehende gegründet haben. Er war zu dem Zeitpunkt selber Geschäftsführer. Die Adresse war fast ident mit der von seinem Reiterhof. Also das war ja aufgelegt. Das war aus meiner Sicht schon die Smoking Gun. Wie hat er die entladen?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich sage es noch einmal: Die Unterlagen, die er uns vorgelegt hat, waren nicht dergestalt, dass es für uns klar war, dass hier ein unzulässiges Organgeschäft bewiesen werden kann. Ich habe in meinem Eingangsstatement gesagt, der Wirtschaftsprüfer ist keine Bilanzpolizei. Wir sind darauf angewiesen, dass uns unsere Klienten die Unterlagen freiwillig übergeben.

Wir fordern sie gegen Ende unserer Prüfungshandlungen auf, eine Vollständigkeitserklärung zu unterschreiben, dass das, was sie uns gegeben haben, richtig ist und dass das alles ist. Mehr können wir nicht machen.

Wenn in weiterer Folge in dieser Causa andere Dinge ans Tageslicht kommen, dann kann ich nur sagen: Ist in Ordnung; die Herrschaften der Ermittlungsbehörden haben da einfach andere Zugänge, andere Möglichkeiten als wir.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber wie konnte er das entkräften? Er hätte ja konkrete Leistungsnachweise erbringen müssen, dass diese 700 000 € nicht ohne Leistung geflossen sind. Oder er hätte behaupten können: Ich habe mit der WBG gar nichts zu tun, was ihm sehr schwer gefallen wäre. Wie kommt man da raus?

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie sind schon in der zweiten Fragerunde.

Dr. Gottfried Spitzer: Es wurde eine mehrseitige Unterlage vorgelegt, und zwar nicht mir, sondern Kollegen, und aus dieser Unterlage ließ sich keine unrechtmäßige Zahlung zu seinen Lasten beweisen, und nur darum geht es.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Hat es dann ein Gespräch mit dem Management der Bank, mit Herrn Kulterer gegeben?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, natürlich.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also, ein persönliches Gespräch?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja natürlich.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wer hat da teilgenommen? Wer war da dabei?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich kann Ihnen das nicht sagen, ich war bei der Aufklärung dieser Frage nicht mehr involviert. Ich habe das, glaube ich, vorher schon begründet.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber bei einem Treffen mit Herrn Kulterer zu dieser Angelegenheit waren Sie schon noch dabei?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, das war zu Beginn. Herr Dr. Kulterer hat sich sehr beschwert, dass wir da in seinen privaten Themen quasi Nachforschungen treiben. Bei diesem Gespräch war ich auch dabei. In die weitere Bearbeitung dieses Falles war ich allerdings nach meiner persönlichen Erinnerung und Wahrnehmung nicht mehr involviert.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Da hat es unseren Unterlagen zufolge am 19. März ein Treffen gegeben, bei dem Herr Kulterer dabei war, KM, also Karl-Heinz Moser dabei war, Sie sollen dabei gewesen sein – also nach dem Terminkalender von Herrn Kulterer – und Herr Vanas, damals Deloitte-Chef. Können Sie sich daran erinnern?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich kann mich nicht erinnern. Nein.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Weil das Treffen Ihrer Erinnerung nach nicht so stattgefunden hat oder…

Dr. Gottfried Spitzer: Ich weiß es schlichtweg nicht. Kollege Vanas war jedenfalls damals in die Aufarbeitung dieses Falles involviert.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Warum – das ist so ein guter Punkt – würde man den Deloitte-Chef – also nicht irgendjemanden, sondern den Deloitte-Chef – in eine Angelegenheit involvieren, an der eigentlich eh nichts dran ist, wie Herr Kulterer sagt?

Das klingt für mich nach einem Gipfeltreffen zwischen der Bank – Kulterer und Moser – auf der einen Seite und Deloitte auf der anderen Seite – also nicht irgendwer, sondern der Chef: Gipfeltreffen.

Dr. Gottfried Spitzer: Die Überprüfung von Organgeschäften bei einem Klienten von Deloitte, der kein typischer Klient ist – und ich glaube, aus der letzten Stunde hat sich das allen erschlossen, dass das kein typischer Klient war –, ist bei uns ein Thema, in das wir damals auch den Managing Partner einbinden wollten.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ist das üblich?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, das würden wir bei ähnlichen Fällen immer so halten, ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Können Sie mir sagen, wer Herr Schuch ist?

Dr. Gottfried Spitzer: Das ist auch ein Kollege von uns.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Auch ein Deloitte-Partner (Auskunftsperson Spitzer: Auch ein Deloitte-Partner, ja!), der da involviert war offensichtlich. Also er war dabei nach unseren …

Dr. Gottfried Spitzer: Ich weiß es nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Präsidentin, wie viele Minuten habe ich noch? Sekunden?

Vorsitzende Doris Bures: Eine Dreiviertelminute.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich hebe sie mir trotzdem für die nächste Runde auf.

Vorsitzende Doris Bures: Nein, das geht nicht in die dritte Runde, nur zwischen der ersten und zweiten Runde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na, das ist ja die erste Runde jetzt. (Abg. Tamandl: Das ist jetzt die zweite Runde!)

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind jetzt in der zweiten Runde. (Abg. Tamandl: Ja!) Ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja schon, ich habe jetzt noch eine Dreiviertelminute von der zweiten Runde. Das heißt, ich komme in der zweiten Runde noch einmal dran.

Vorsitzende Doris Bures: Ja, Entschuldigung! Sie haben eine Dreiviertelminute dann beim nächsten Auftritt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Die wollen mir schon wieder die Redezeit wegnehmen, das ist unfassbar! (Heiterkeit des Redners.)

Vorsitzende Doris Bures: Nein, das war keine Absicht – nicht von mir und auch sicher nicht von Frau Abgeordneter Tamandl –, ganz bestimmt nicht.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Herr Dr. Spitzer, Sie haben in Ihren Ausführungen zu Beginn ja angemerkt, dass Sie für die Hypo International die Rolle des Abschlussprüfers gehabt haben, nämlich in den Jahren von 2004 bis 2007 – von 2004 bis 2006 gemeinsam mit CONFIDA, wenn ich das richtig verstanden habe, und 2007 dann wieder als Deloitte alleine.

Jetzt meine Frage dazu: Ist es üblich, dass immer dieselbe Person Abschlussprüfer ist – jetzt in diesem Fall Ihre Person –, oder gibt es da grundsätzlich ein Rotationsprinzip? Ist so etwas vorgesehen?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja. Zuerst zur Richtigstellung der Faktenlage: Ich persönlich war in die Jahresabschlüssen 2004 bis 2006 involviert.

Ich bin nach Unterschrift des Bestätigungsvermerkes 2006 aus der Betreuung des Mandates ausgeschieden. Das war im Frühjahr 2007. 2007 hat ein anderer Kollege gemacht. Das einmal zur Richtigstellung der Faktenlage.

Die Frage, glaube ich, geht in Richtung Rotation: Fünf Jahre lang wäre der Turnus gewesen, und nach dem fünften Jahr hätte ich sowieso rausrotieren müssen.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Schlussendlich am 14. 3. 2005 haben dann Deloitte und CONFIDA gemeinsam im Zuge der regulären Abschlussprüfung für das Wirtschaftsjahr 2004 der Hypo International den uneingeschränkten Bestätigungsvermerk gegeben, also sprich: das Testat.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe Sie akustisch nicht verstanden, können Sie es noch einmal sagen, bitte?

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Am 14. 3. 2005 haben Sie gemeinsam mit CONFIDA, also Deloitte und CONFIDA, im Zuge der regulären Abschlussprüfung für das Wirtschaftsjahr 2004 der Hypo International einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk, also sprich: das Testat, gegeben.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe das nicht vor mir, aber ich gehe davon aus, Sie haben es vor sich.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Ja. – Wir haben vorhin von Ihnen Überprüfungsaufteilungen der Bereiche zwischen Deloitte und CONFIDA gehört.

Meine Frage dazu: Haben die Wirtschaftsprüfer im Zuge der Prüfungen auch die Landeshaftungen geprüft?

Dr. Gottfried Spitzer: Die Landeshaftungen haben wir nicht geprüft. Die Landeshaftungen sind grundsätzlich kein Prüffeld von uns. Wir haben jedoch jedes Jahr in unserer Funktion als Bankprüfer dem Vorstand, dem Aufsichtsrat und dem Aufsichtskommissär des Landes eine Aufstellung übermittelt, wie hoch die Landeshaftungen aktuell sind. Aber irgendwelche Prüfungshandlungen haben wir dazu nicht vorgenommen.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Also es gab keine Prüfungshandlungen, sondern Sie haben das sozusagen weitergegeben, auch die Höhe der Haftungen, die ja zum damaligen Zeitpunkt im Frühjahr 2005 bereits zirka 15 Milliarden betragen haben.

Das heißt, die vorhandenen Landeshaftungen sind im uneingeschränkten – also wenn ich das jetzt richtig verstehe – Bestätigungsvermerk nicht berücksichtigt?

Dr. Gottfried Spitzer: Das Thema der Landeshaftungen ist in einer Bankbilanz implizit schon berücksichtigt, aber nur indirekt, und zwar dahin gehend, als das Unternehmen ja landesbehaftete Emissionen platziert hat. Und wenn wir den Jahresabschluss bestätigen, bestätigen wir, dass die Emissionen draußen sind, aber wir haben keinerlei Prüfungshandlungen zu diesem Thema durchgeführt.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Aber, wie gesagt, da fließt es mit ein, also im Bestätigungsvermerk ist es mitberücksichtigt, so darf man das vermerken.

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, indirekt halt.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Wie schätzen Sie dann die Finanzierungsstruktur der Hypo International mit den Landeshaftungen ein, nämlich im Sinne dessen, dass dadurch ja günstiger finanziert beziehungsweise überhaupt dieses Volumen erreicht wurde? Was wäre aus Ihrer Sicht gewesen, wenn es keine Landeshaftungen gegeben hätte?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich möchte eigentlich nicht spekulieren. Das ist nicht meine Aufgabe als Zeuge. Die Refinanzierung wäre natürlich deutlich teurer geworden. Das ist klar.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Eben, das wäre nicht gegangen, ja. – Haben Sie als Wirtschaftsprüfer persönlich den Eindruck, dass man bei der Hypo International in Zusammenhang mit den Landeshaftungen de facto von einem Geschäftsmodell sprechen kann? Sonst hätte das ja in Wirklichkeit nicht so funktioniert.

Dr. Gottfried Spitzer: Sie haben dieses Geschäftsmodell überall, wo es Landeshaftungen gibt. Alle landesbehafteten Banken haben Vorteile in der günstigen Refinanzierung. Das war dann auch ein Thema mit EU-Beihilfenverfahren et cetera, wurde daher auch eingeschränkt. Und es war natürlich so, dass sich die HBInt dieses Vorteils nicht entschlagen hat, dass sie den Vorteil genutzt hat, indem sie relativ viel emittiert hat, auch im Verhältnis zu den anderen Landes-Hypos.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Ich würde Ihnen gerne ein Dokument vorlegen, Nummer 474192, und zwar geht es da um die von Ihnen bereits erwähnte und in Ihrer Einleitung angesprochene 67. Aufsichtsratssitzung. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das war ja de facto die Aufsichtsratssitzung, wo (Auskunftsperson Spitzer: Ja, ich weiß schon!) davor der Rückzug des Testats erfolgt ist, nicht?

Dr. Gottfried Spitzer: Nein, der Rückzug des Testats ist ja mit Schreiben an die Organe beziehungsweise das Firmenbuchgericht vorher erfolgt. Das war die Sitzung, in der wir dem Gesamtaufsichtsrat zum ersten Mal unsere Sicht der Dinge präsentieren konnten.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Also, das heißt, die erste Sitzung danach (Auskunftsperson Spitzer: Danach, genau!), bei der alle Beteiligten anwesend waren.

Dr. Gottfried Spitzer: Genau. Teile des Aufsichtsrats waren ja schon vorinformiert, wie wir wissen.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Genau, und bei der Sitzung waren Sie ja anwesend. Haben Sie noch eine Erinnerung, wie die Sitzung aus Ihrer Sicht abgelaufen ist? (Auskunftsperson Spitzer: Protokollgemäß!)

Ich komme dann auf einen speziellen Punkt, aber zuerst nur allgemein.

Dr. Gottfried Spitzer: Es entspricht dem Protokoll, ja. Also professionell und korrekt.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Es war in Anbetracht der Situation wahrscheinlich durchaus eine relativ angespannte Sitzung, nehme ich an. Das war sicher nicht ganz so einfach.

Dr. Gottfried Spitzer: Man hat uns nicht mit Küssen begrüßt.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Davon gehe ich aus. (Heiterkeit des Redners.) Da bin ich jetzt bei den Seiten 30 und 31 von 36, aber zuerst zur Seite 30, dort im oberen Bereich: „KULTERER führt weiters aus (…)“

Da hat Kulterer im Prinzip ja angesprochen, dass er völlig überrascht wurde, dass die Wirtschaftsprüfer im Vergleich zu vorher die Rechtsansicht geändert haben. Das heißt, es gab durchaus Kritik. Und gleichzeitig hält dann Haider – auch noch auf Seite 30 im unteren Teil, wenn Sie sich das anschauen – zusammenfassend fest, dass ein Mitarbeiter der Bank Verantwortung hat und schuld ist.

Auf Seite 31 – das steht auf der nächsten Seite auch ungefähr im unteren Bereich – erklärt er dann noch zusätzlich, dass die Rolle der Wirtschaftsprüfer auch zu hinterfragen ist. Wie sehen Sie das aus Ihrer Sicht?

Dr. Gottfried Spitzer: Wie sehe ich jetzt was genau aus meiner Sicht? Das interessiert mich jetzt schon.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Die Reaktion von Herrn Dr. Haider und von Herrn Kulterer. (Die Auskunftsperson blättert in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Also für mich sieht es aus, als ob da so quasi unterstellt wird: Das hat nicht ganz so funktioniert oder nicht gepasst oder …

Dr. Gottfried Spitzer: Also, ich möchte die Aussage von Herrn Dr. Kulterer nicht kommentieren. Ich meine, er hat das sichtlich so gesagt, dass er überrascht war, ja. Nehmen wir es einmal so hin. Die Reaktion des Landeshauptmanns damals war für uns einerseits überraschend, auf der anderen Seite hat man fast mit so etwas rechnen müssen.

Letzten Endes ist es so herausgekommen, als wären wir die Bösen gewesen und als läge die Verantwortung für die Swapverluste bei den Wirtschaftsprüfern und nicht in der Bank. Also wir haben das zurückgewiesen, das ist eh klar. Aber da war einfach, glaube ich, ein mangelndes kaufmännisches Verständnis da.

Ich glaube – im Nachhinein betrachtet –, es wäre noch viel schlimmer gewesen, die Bank hätte die Swapverluste in weiterer Folge nicht korrekt bilanzieren müssen, sondern sie wären irgendwie unter den Teppich gekehrt worden. Die Bank wäre an die Börse gegangen, Kleinaktionäre hätten die Anteile gekauft. Man möchte sich nicht vorstellen, wie viele kleine Leute da zu Schaden gekommen wären. Ich glaube, diesbezüglich war ein Ende mit Schrecken wahrscheinlich noch das geringere Übel.

Vorsitzende Doris Bures: Nur zu Ihrer Information: Sie sind bereits in der Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Ja, ich mache weiter.

Gut, dann hätte ich in demselben Dokument … (Auskunftsperson Spitzer: Ja!) Warten Sie, ich muss schauen, ob es dasselbe ist. Die Nummer des Dokuments ist 474192, das ist, glaube ich, dasselbe, und zwar geht es um die 69. Sitzung des Aufsichtsrats, auf Seite 25 von 36.

Dr. Gottfried Spitzer: Ist es dieselbe Unterlage? (Abg. Ehmann: Ja!) – Weiter vorne?

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): „17 von 18“ steht unten. Ach so, Seite 25, Entschuldigung. (Auskunftsperson Spitzer: 25 von 36?) – Ja, genau.

Bei dieser Sitzung waren Sie ja nicht anwesend, aber ich hätte nur eine Frage dazu. Da sagt Haider, dass es einen Vertrauensverlust zur CONFIDA gegeben hat und in diesem Fall vor allem auch zu Diplomkaufmann Groier, der nicht akzeptabel ist. Also faktisch: „Dies aufgrund des Vertrauensverlustes.“ – Also er will nicht mehr mit den beiden beziehungsweise mit dieser Firma und namentlich dem Herrn Diplomkaufmann zusammenarbeiten.

Ist Ihnen diese Aussage bekannt? Sie waren nicht dabei – das ist mir klar –, aber kennen Sie diese Aussage?

Dr. Gottfried Spitzer: Nein, die kenne ich nicht.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Wie erklären Sie sich als Wirtschaftsprüfer – jetzt von außen gefragt –, dass jemand, dessen Vermögen geschützt wird, nämlich aufgrund der Entdeckung der Swapverluste, den Wirtschaftsprüfern, die eigentlich für die Kontrolle sorgen sollen, das Vertrauen versagt? Ist Ihnen das in Ihrer Rolle als Wirtschaftsprüfer verständlich, wenn Ihnen das passiert?

Dr. Gottfried Spitzer: Da müsste ich spekulieren, ganz offen. Herrn Dr. Haider können wir nicht mehr fragen, und Kollege Groier war schon da. Tut mir leid. Ich kann das nicht sagen. Zum Bestellungsprozedere grundsätzlich: Im Frühjahr 2006, als wir die Swapverluste aufgedeckt – ist ja wurscht –, offengelegt haben – sagen wir einmal „offengelegt“, ich glaube, das ist unstrittig –, waren wir für das Jahr 2006 schon bestellt.

Bankenprüfer werden immer vor Beginn des jeweiligen zu prüfenden Jahres bestellt. Das heißt, für das Jahr 2006 müssen wir spätestens am 31.12.2005 bestellt werden. Das heißt, wir waren für 2006 schon bestellt und die CONFIDA auch. Die CONFIDA hat jedoch für 2006 die Bankprüfung zurückgelegt. Welche Gespräche es davor auf Kärntner Ebene gab, das kann ich nicht sagen. Da waren wir nicht involviert.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Das ist vollkommen klar. Meine Frage war eher in die Richtung, ob Sie in Ihrer Rolle als Wirtschaftsprüfer dafür Verständnis haben, dass dem, der das, wie gesagt, in Kooperation mit Deloitte de facto aufdeckt und der quasi Vermögen schützt oder den Schaden reduzieren will, dann das Vertrauen entsagt wird? Das ist schon eigenartig, oder finden Sie nicht?

Dr. Gottfried Spitzer: Sie werden in unserem Beruf nicht viel Lob ernten. Daran sind wir gewöhnt.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Okay, mit der Aussage kann ich etwas anfangen. – Danke schön.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Dr. Spitzer! Ich möchte da jetzt fortsetzen. Wir waren bei der 67. Aufsichtsratssitzung, jetzt möchte ich zu der 68. kommen. Ich versuche, mich ein bisschen in diese Zeit zurückzuversetzen. Es war natürlich ein total frostiges Klima. Das ist einerseits natürlich verständlich, weil teilweise ja – wie wir jetzt mitbekommen haben – der Überbringer der Botschaft der Böse war und nicht derjenige, der den Fall verursacht hat. Das ist für mich offensichtlich.

Ich habe gestern auch Herrn Diplomkaufmann Groier gefragt, ob er sich noch an diese 68. Sitzung erinnern kann. Daran hat er eigentlich keine Erinnerung mehr gehabt. Ich hoffe, dass Sie sich erinnern können. Die FMA hat ja inzwischen ebenfalls schon dementsprechend untersucht, und damals herrschte – wenn man das Protokoll durchliest – eine unheimliche Stimmung – natürlich gegen die Wirtschaftsprüfer, aber vor allem auch gegen die FMA. Da haben die Aufsichtsräte eigentlich aller Couleurs, ganz egal, diejenigen, die da vom Kärntner Landtag beziehungsweise auch von der Grazer Wechselseitigen vertreten waren, dementsprechend ihre Meinungen kundgetan.

Können Sie sich an diese 68. Sitzung noch erinnern, die am 26. Mai 2006 stattgefunden hat?

Dr. Gottfried Spitzer: Darf ich mir das Protokoll durchlesen, um meiner Erinnerung auf die Sprünge zu helfen?

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Das würde den Zeitrahmen sprengen. Können Sie sich grundsätzlich erinnern, dass da eine Sitzung stattgefunden hat?

Dr. Gottfried Spitzer: Dass eine Sitzung stattgefunden hat, natürlich.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Da steht auf der Seite 14 von 21, vorletzter und letzter Absatz, dass Herr Ederer seine Meinung kundgetan hat. Ich lese den vorletzten Absatz durch, damit das dann auch im Protokoll aufscheint.

„EDERER fragt ein weiteres Mal, ob die Wirtschaftsprüfer auch die vom Vorstand vorgelegte Bilanz 2004 mit einem positiven EGT im Konzern von rd. EUR + 68 Mio. testiert hätten. Dies wird sowohl von GROIER als auch im Grundsatz SPITZER bejaht. SPITZER führt erläuternd aus, dass seitens Deloitte keine endgültige Aussage zu den angesprochenen Zahlen getroffen werden könne, weil die Prüfung zum damaligen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war. SPITZER betont jedoch ausdrücklich, dass auch seitens Deloitte die von der FMA abgelehnte Umwidmung der Derivatpositionen unterstützt worden wäre.“

Jetzt meine Frage: Stehen Sie noch zu dieser Aussage? Ist das Protokoll korrekt?

Dr. Gottfried Spitzer: Das Protokoll ist korrekt, ja.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Jetzt war es eben so, dass es dann sechs verschiedene Bilanzierungsvarianten gegeben hat. Eine wäre gewesen, dass die Bilanz 2004 sogar mit einem positiven EGT von 65 Millionen abgeschlossen worden wäre, die FMA hat aber auf der Variante beharrt, bei der dann ein negatives Ergebnis von, glaube ich, 98 Millionen Minus herausgekommen ist. Damit gab es in Folge natürlich Kapitalunterdeckung, und die Folgen kennen wir. Wir wissen in dem Zusammenhang auch, die Bank wollte an die Börse gehen, aber der Börsengang war ja nicht mehr möglich. Jetzt war es so, dass natürlich ein strategischer Partner hat gesucht werden müssen.

Meine Frage: Wäre eine Börsengang unter Umständen noch möglich gewesen, wenn man die positivste Variante mit den plus 65 Millionen genommen hätte?

Dr. Gottfried Spitzer: Das ist reine Spekulation. Dazu kann ich wenig beitragen. Ich kann auch zu diesen sechs verschiedenen Varianten nicht viel beitragen, die habe ich nicht mehr im Kopf. Es hat jedoch – und darauf bezieht sich ja Ihre Frage, und ich glaube, wir sollten zum Kern Ihrer Frage kommen – eine Diskussion gegeben zwischen uns, Deloitte, auf der einen Seite und den Experten der Finanzmarktaufsicht auf der anderen Seite. Diese Diskussion haben wir auf Bitte der Bank geführt. Es ging damals um die Frage, ob Derivate, die im Bankbuch der Bank bilanziert waren, ins Handelsbuch umgewidmet werden können. Das ist ein bisschen technisch, tut mir leid. (Abg. Podgorschek: Ja, aber das wollen wir wissen!) – Okay.

Es ging also darum, ob es möglich ist, diese Derivate vom Bank- ins Handelsbuch umzuwidmen und dadurch die stillen Reserven zu heben. Wir hätten unter bestimmten Bedingungen gesagt, man kann in Wahrheit damit leben. Die FMA hat es jedoch abgelehnt, und zwar aus den Gründen, dass sie sagt, diese Bankbuchderivate wurden damals unter Anwendung einer Buy-and-hold-Strategie gekauft.

„Buy and hold“ heißt, ich kaufe es mit Behalteabsicht, und es war keine Handelsabsicht da. Allein der Umstand, dass diese Derivate im Bankbuch und nicht im Handelsbuch ausgewiesen sind, hat nach Aussage der FMA – und da gibt es einen Schriftverkehr dazu, den habe ich mit, weil ich mir gedacht habe, das wird Sie vielleicht interessieren – dazu geführt, dass die FMA diese Umwidmung abgelehnt hat.

Wir haben diese Korrespondenz dem Vorstand der Bank natürlich zur Kenntnis gebracht, und ich glaube, dass der Vorstand damals richtig gehandelt hat, in diesem Punkt nicht auf Konfrontation mit der FMA zu gehen. Der Vorstand hat sich entschieden, so zu bilanzieren, dass alle Bilanzthemen vom Tisch sind, denn nur so wäre es ihm überhaupt irgendwie möglich gewesen, neues Kapital zu generieren.

Sie wissen, die Bank war notorisch kapitalschwach. Nach den Swapverlusten haben weitere 300 Millionen gefehlt. Die Bank war in höchstem Maße auf zusätzliches Kapital angewiesen, und du bekommst kein zusätzliches Kapital – weder über einen Börsengang noch über einen Investor, der einsteigt, noch über einen Anteilsverkauf –, wenn du ein offenes Bilanzthema mit der FMA am Kochen hast.

Dr. Kulterer hat das sofort verstanden und hat gesagt, ist in Ordnung, wir machen das so, wie die FMA das will. Ich glaube, er hat damit recht gehabt, zumal – wenn ich etwas ergänzen darf – die FMA in ihrem Vorschreiben von Strafzinsen ja in keiner Weise an die gewählte Bilanzierung der Bank gebunden war. Die haben gesagt, ihr macht das so, wie wir das wollen, es werden alle Verluste ins Jahr 2004 gebucht, ihr habt deswegen eine Eigenmittelunterschreitung, und wir schreiben euch Strafzinsen vor.

Wenn die Bank das nicht gemacht hätte, hätte es genau so geendet. Die FMA hätte auch Strafzinsen vorgeschrieben, und ein offenes Bilanzproblem mit Publizität und so weiter und so fort hätten sie auch noch gehabt. Ich glaube, Dr. Kulterer hat damals richtig entschieden.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Wir haben aufgrund der Befragung verschiedener Auskunftspersonen ja schon ein gewisses Bild bekommen. Es gab eine zum Teil sehr aggressive Stimmung, was zum Teil natürlich, würde ich sagen, verständlich ist. Man wollte diesen Börsengang. Aber Sie hatten dann, wenn ich das richtig gehört habe, nicht den Eindruck, dass die FMA absichtlich ihrer Bank schaden will?

Dr. Gottfried Spitzer: Nein, nein. Den Eindruck hatte ich nicht.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sondern die FMA hat gesagt, wir wollen aufgrund von Beispielsfolgen … oder was war eigentlich der Hintergrund, warum die FMA darauf beharrt hat?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich kann nicht sagen, warum. Es war eine sehr technische Auskunft, die wir in Schriftform bekommen haben, sogar mit Zitaten aus einem Buch, das ein Partnerkollege von uns mit geschrieben hat, in dem steht: Letztlich muss darauf hingewiesen werden, dass die Umbuchung vom Bank- in das Handelsbuch – und das wäre es ja gewesen – eine nachvollziehbare Verknüpfung zwischen dem dokumentierten Beschluss der Widmungsänderung und der Umbuchung voraussetzt.

So, und den Beschluss hat es nicht gegeben. Es ist eine sehr formelle Beantwortung, aber wie so oft kannst du gegen eine sehr formelle Beantwortung eigentlich wenig tun. Entweder es gibt einen dokumentierten Beschluss der Umwidmung, oder es gibt ihn nicht. Und zum 31.12.2004, das war der damalige Stichtag, war nichts da.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Ja, das ist schon klar. Das heißt – das ist mir jetzt neu –, dass Herr Kulterer das sehr wohl akzeptiert hat und dass das auch dementsprechend umgesetzt worden ist. Das wissen wir, aber … (Auskunftsperson Spitzer: Er hätte sonst die Bilanz nicht unterschrieben!) – Das ist vollkommen klar.

Eine grundsätzliche Frage noch: Ab wann hatten Sie eigentlich Zweifel an der Geschäftstätigkeit der Hypo oder dass das unter Umständen danebengehen könnte?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich meine, die Swapaffäre war eine Zäsur. Das ist überhaupt keine Frage. (Abg. Podgorschek: Das hat Herr Kulterer mittlerweile sogar in einem „profil“-Interview bestätigt!) – Ich glaube, das ist allgemein bekannt, dass das ein wirklich großer Einschnitt in die Bank war. Mit dem Platzen der Swapaffäre und dem Bilanzskandal war – wenn Sie mich fragen – der Börsengang kurzfristig nicht darstellbar. Sie wissen ja: Wellen legen sich, also in ein paar Jahren kann man es wieder versuchen, aber kurzfristig war das nicht drinnen. Das war sicher eigentlich der Beginn der Probleme der Bank.

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind schon in der zweiten Runde, nur zu Ihrer Information.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Ein paar Fragen habe ich noch.

Haben sich Ihre Zweifel auf die Aktivitäten am Balkan beschränkt? Das wird ja teilweise so dargestellt, als wären vor allem dort sehr viele dubiose Geschäfte abgelaufen. Hat es auf dem österreichischen Markt auch zweifelhafte Geschäfte gegeben?

Dr. Gottfried Spitzer: Die Hypo Österreich war uns eigentlich nicht als problematisch in Erinnerung. Die Hypo Österreich, die HBA, ist eigentlich, glaube ich, eher unbeabsichtigt in diesen Bilanzskandal hineingeschlittert. Da mussten wir ja auch die Bestätigungsvermerke 2004 und 2005 widerrufen. Sie war für uns eigentlich nicht kritisch. (Abg. Podgorschek: Also Hypo Österreich war eine durchaus …?) – Aus meiner damaligen Wahrnehmung heraus habe ich keine Sorgen gehabt.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Die Konflikte, die Sie mit dem Vorstand gehabt haben: Sie haben zuerst keine Namen genannt, aber ich gehe einmal davon aus, dass Sie die Konflikte hauptsächlich mit dem Vorsitzenden gehabt haben.

Dr. Gottfried Spitzer: Darf ich dabei bleiben, keine Namen zu nennen?

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Ich nehme es zur Kenntnis. Aber ich sage, dass es wahrscheinlich mit Herrn Kulterer gewesen sein wird. (Heiterkeit des Redners.)

Sie haben auch Mängel aufgezeigt. Hatten Sie, als die Bank von den Bayern übernommen wurde, den Eindruck, dass diese Mängel beseitigt worden sind beziehungsweise dass das angegangen worden ist?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich bin auf eigenen Wunsch vor dem Einstieg der Bayern aus der Betreuung der Bank ausgeschieden. Ich kann zu diesen Dingen danach (Abg. Podgorschek: Können Sie nichts mehr sagen?) gar nichts mehr sagen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Dr. Spitzer, vielleicht können Sie uns noch einmal sagen, wie die Zusammenarbeit in diesem Joint Auditing funktioniert hat. Es ist durchaus üblich, dass es solche gemeinsamen Prüfungen gibt, wie Herr Diplomkaufmann Groier gestern meinte. Wie hat die Zusammenarbeit funktioniert?

Dr. Gottfried Spitzer: Grundsätzlich am Anfang sehr gut, die Kollegen … (Abg. Tamandl: Und später?) – Später? Ich glaube, das haben wir vorher ausgeführt …

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Entschuldigen Sie, darf ich nur die Frage formulieren? Das heißt, es hat erst ab diesem Zeitpunkt – als im März 2006 diese ganzen Vorfälle waren – nicht mehr funktioniert? (Auskunftsperson Spitzer: Ja!) – Und vorher war es gut? (Auskunftsperson Spitzer: Ja!)

Ich möchte ohnehin zu dieser Zeit zurückkommen, weil mir da ein paar Dinge unklar erscheinen, nämlich: Sie haben gesagt, für das Jahr 2004 – Sie haben den Prüfplan erwähnt – war CONFIDA für die Derivate zuständig, und für das Jahr 2005 war dann Deloitte zuständig, obwohl sich die Bank das anders gewünscht hätte. Ist Deloitte dann für 2005 für das Prüfgebiet Derivate geblieben?

Dr. Gottfried Spitzer: Nach meiner Erinnerung ja, aber ich kann es nicht beschwören.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie sich noch erinnern: Was könnte der Grund dafür gewesen sein, dass sich die Bank gewünscht hat, dass CONFIDA weiter die Derivate prüft? CONFIDA hat diese Verluste – oder diese Fehlbuchung – eigentlich nicht aufgrund des Prüffeldes Derivate aufgedeckt, sondern bei der Prüfung der Zinsentwicklung. Das hat uns Herr Diplomkaufmann Groier gestern erklärt und Kollege Lugar hat das heute schon einmal zitiert.

Aber es war ja dann etwas anderes. Diplomkaufmann Groier hat gestern erklärt, dass man gesehen hat, dass eine Buchung nicht dem üblichen Buchungsschema entspricht, weswegen man draufgekommen ist. Glauben Sie, dass bereits im Jahr 2004 bei der Prüfung irgendwelche möglichen sogenannten Swapverluste erkennbar gewesen wären, beispielsweise bei der Prüfung eines anderen Prüffeldes, zum Beispiel beim Thema Derivate?

Dr. Gottfried Spitzer: Das ist Spekulation. Das war sehr gut gemacht, diese Verschleierung war sehr gut gemacht. Es waren zum einen keine Swaps, sondern sie wurden als Swaps bezeichnet, es waren aber Cross-Currency-Options, das sind Optionen, die auf Basis einer Entwicklung von Währungspaaren, Währungskursen – japanischer Yen zur türkischen Lira oder Schweizer Franken zu US-Dollar oder was auch immer – eine Partei zu einer Zahlung berechtigen und die andere Partei zu einer Zahlung verpflichten.

Diese Konstruktionen waren solcherart ausgestaltet, dass die Hypo als Stillhalter dieser Option fungiert und mit größter Wahrscheinlichkeit nur eine Optionsprämie verlangt hat, nicht aber auch, dass es zu einer Zahlung kommt. Die Wahrscheinlichkeit zu einer Zahlung war damals nach Einschätzung der Verantwortlichen der Bank sehr gering. Wenn die Zahlung jedoch eingetreten ist, war der Betrag einfach enorm. Er hat ein Mehrfaches des Nominales überstiegen, weil das gehebelte Optionen waren. Diese gehebelten Optionen sind als solche sehr schwer zu erkennen – Punkt eins.

Punkt zwei zu einzelnen großen Beträgen, zu großen Verlustpositionen: Da gab es einen Lehman-Swap mit einem sehr hohen zweistelligen Millionenbetrag, der in weiterer Folge auf mehrere Kleinpositionen verteilt und in das allgemeine Swapportfolio untergemischt wurde. Kreditvereinbarungen wurden mit Swap beschrieben und im Swapportfolio versteckt. Also das war schon gut gemacht, ganz offen. Ich möchte da niemandem aus dem damaligen Prüfungsteam, die das bearbeitet haben, einen Vorwurf machen, dass sie das nicht erkannt haben. Kollege Groier hat gestern von einer „Sternstunde“ der Wirtschaftsprüfung gesprochen – das ist möglicherweise so im Lichte des Rückblicks auch ein bisschen übertrieben. Allerdings war das sicher sehr schwer zu finden.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, am 10. Februar wurde das entdeckt – oder man hat zumindest geglaubt, man hätte etwas entdeckt. Am 20. März wurde dann der Beleg von dieser Zinsaufwandsbuchung in zweistelliger Millionenhöhe, die nicht in das Schema gepasst hat, geliefert. Am 24. März erfolgte der bekannte Aktenvermerk, zu dem gestern rauf und runter befragt wurde.

Nicht schlüssig ist natürlich – das war uns gestern auch unklar –, warum der Prüfpartner CONFIDA nicht sofort an Sie herangetreten ist. Man hat uns ja berichtet, dass das ein zehnköpfiges Prüfteam gemischt aus CONFIDA und Deloitte war, das vor Ort geprüft hat. Ist das üblich, dass man, wenn man solche Dinge entdeckt und wenn sich diese dann auch mit diesem Beleg, der am 20. März gekommen ist, erhärten, seinen Partner nicht informiert und sagt: Passt auf, wir haben etwas entdeckt, man sollte da vorsichtig sein und etwas tun!?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich glaube, es ist nicht üblich. Es wäre von uns in dieser Form auch niemals passiert.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Hätten Sie die Verpflichtung der Redepflicht gemäß § 273 UGB gehabt?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, ich meine, wir haben sie sofort ausgeübt, die Redepflicht.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Indem Sie das Testat zurückgezogen haben?

Dr. Gottfried Spitzer: Natürlich – und Bericht schreiben an die FMA, das Firmenbuchgericht, den Vorstand, den Aufsichtsrat et cetera.

Ich glaube, über das Thema Redepflicht kann man schon nachdenken. Ich habe mir die Frage noch nie gestellt, aber ich meine, es gibt zwei Formen der Redepflicht: die Bestandsgefährdung und die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entwicklung. Selbst wenn man sagt, eine Bestandsgefährdung war nicht gegeben, war es allemal eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entwicklung.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Interessanterweise hat Herr Diplomkaufmann Groier gestern auf meine Frage gesagt – weil ich ihn das auch gefragt habe, dass eigentlich Redepflicht ausgeübt hätte werden müssen –, dass die Besprechung für 27. März diese Abschlussbesprechung  schon terminisiert war.

Sie haben heute von einem netten Abendessen in Wien gesprochen, das der Abschluss der Prüfungshandlungen und der Abschluss der Prüfung hätte sein sollen. (Auskunftsperson Spitzer: Das war unsere Erwartungshaltung, ja!) – Bitte? (Auskunftsperson Spitzer: Das war unsere Erwartungshaltung, ja!) – Genau. Er hat gesagt, es war überhaupt nicht notwendig, Sie zu informieren, weil Sie sich am 27. März ohnehin zur Schlussbesprechung getroffen haben, und da wurde vereinbart, dass Redepflicht ausgeübt wird. Ist das richtig?

Dr. Gottfried Spitzer: Wir haben am 27. März keine Schlussbesprechung gehabt; es war eine Verabredung zum Abendessen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ist das richtig: Sie haben vorhin gesagt, Herr Dkfm. Groier hat Sie zur Seite genommen und hat Ihnen unter vier Augen gesagt, dass die Bilanz 2004 falsch ist – wenn man das so flapsig ausdrücken kann –, aber ansonsten ist das nicht zum Thema gemacht worden, und es wurde an diesem Tag bei dieser Besprechung am 27. März auch nicht darüber gesprochen, seitens CONFIDA möglicherweise das Testat zurückzuziehen.

Dr. Gottfried Spitzer: An irgendwelche Überlegungen in Richtung Widerruf des Testats kann ich mich nicht erinnern. Ich habe vorhin gesagt – dabei bleibe ich auch –, dass wir bei der Besprechung am 28. oder am 30., glaube ich, bei der FMA waren – ich weiß es nicht mehr genau (Abg. Tamandl: Am 30. ist das Schreiben von Ihnen – von Deloitte – an die FMA gegangen, ich habe mir das vorhin noch kurz angeschaut!) – und dass CONFIDA nach wie vor zu Beginn mit dem festen Vorsatz in die Besprechung gegangen ist, das Jahr 2004 nicht aufzumachen. (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.)

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, vom Ausüben der Redepflicht kann seitens CONFIDA keine Rede sein.

Dr. Gottfried Spitzer: So: Die Sitzungen der FMA, die großen, haben am 31. März stattgefunden, das war nach dem Widerruf – keine Rede von der Rede.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Groier hat gestern auch gesagt, CONFIDA war enttäuscht, dass Sie das Testat zurückgezogen haben und dass das dann auch gleich am 30. März öffentlich geworden ist. Er hat davon gesprochen, dass es bei Deloitte Scharfmacher gegeben hätte. Wer waren denn diese Scharfmacher? Waren Sie der Scharfmacher? (Heiterkeit der Rednerin.)

Dr. Gottfried Spitzer: Das muss ich aufklären: Bei uns gibt es keine Scharfmacher, es gibt auch keine Weichspüler. Es gibt ein Team, das solche Fragen gemeinsam löst. Die werden besprochen, da gibt es einen Beschluss und der wird dann umgesetzt.

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind in der zweiten Runde, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Also nicht nach dem Motto: Da gibt es welche, die sagen, schauen wir, dass wir 2004 retten, oder dass wir es nicht aufmachen, und andere, die gesagt haben, nein, wir müssen jedenfalls – sondern das wird gemeinsam gemacht. (Auskunftsperson Spitzer: Frau Tamandl, die Sache war ganz eindeutig!) – Dann gehe ich in die nächste Runde.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Welche Rolle hatte Herr Göth nach Rückziehung des Testats inne?

Dr. Gottfried Spitzer: Kollege Göth ist einer der Bankexperten bei uns im Haus! Er hat sich auch mit dieser Frage beschäftigt.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Wie intensiv war er in diese Fragen miteinbezogen?

Dr. Gottfried Spitzer: Durchaus intensiv als einer der profiliertesten Experten für Bankbilanzierung in Österreich. Er ist nicht mehr bei uns, aber damals war er da und war eingebunden. Wenn Sie die Aufsichtsratsprotokolle lesen, werden Sie auch seinen Namen finden, er hat an den Aufsichtsratssitzungen teilgenommen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Die Kollegin hat schon erwähnt, dass Herr Dkfm. Groier gestern von Scharfmachern bei Deloitte gesprochen hat, die mit der Veröffentlichung der ganzen Misere vorgeprescht sind. So war gestern der Konnex in Bezug auf das Wording von den Scharfmachern. Sie haben es schon erwähnt, es gibt keine Weichspüler und keine Scharfmacher. (Heiterkeit der Rednerin.) Wer könnte denn de facto in diesem Kontext gemeint gewesen sein? (Auskunftsperson Spitzer: Ich habe keine Ahnung!)

Zum Jahr 2004, als Deloitte als Wirtschaftsprüfer mit an Bord geholt worden ist: Wer hat seitens der Hypo konkret dafür verantwortlich gezeichnet, dass Deloitte an Bord geholt wurde?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich kann diese Information nachreichen, wer das Auftragsschreiben unterschrieben hat – wohl der Vorstand, aber wie die Beschlussfassung in der Bank dann tatsächlich war, das wissen wir nicht.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sie haben heute in Ihrem Einleitungsstatement, das auch schriftlich festgehalten ist, gemeint:

„Im Gegensatz dazu war die CONFIDA ein lokaler Player, der sich entlang seines Hauptklienten Hypo Alpe Adria Bank im südosteuropäischen Raum entwickelt hatte.“

Was meinen Sie im Konkreten damit?

Dr. Gottfried Spitzer: Deloitte ist ein internationales Netzwerk, das unabhängig von irgendwelchen Klienten in fast allen Ländern der Erde Repräsentanzen hat. Es gibt klarerweise weiße Flecken, aber wir sind, ich möchte nicht sagen ein Global Player, doch ein Unternehmen, das weltweit tätig ist.

Das gilt für CONFIDA nicht, CONFIDA war schwerpunktmäßig im südosteuropäischen Raum tätig und hat – ohne dass wir unseren Kollegen irgendwelche Unabhängigkeitsthemen unterstellen wollen, ich sage das in aller Klarheit – in denselben Ländern wie die Bank Geschäfte gemacht.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Dann frage ich weiter: Was heißt das im Konkreten? Hätte CONFIDA nicht die Hypo Alpe-Adria als Hauptklienten gehabt, was nehmen Sie an, wie hätte sich CONFIDA in diesem Fall entwickelt?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich möchte nicht spekulieren, ich bitte dafür um Verständnis.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Dieser Satz, den Sie in Ihrer Stellungnahme verfasst haben, fordert dazu auf, genau diese Frage zu stellen. (Heiterkeit der Rednerin.) Insofern ist es auch naheliegend, dass es eine Vermutung seitens Ihrer Person gibt, was die weitere Geschäftsentwicklung von CONFIDA betrifft.

Dr. Gottfried Spitzer: Langsam: Es ging um die Zeit vor den Swaps. CONFIDA war in den Zeiten vor den Swapverlusten in denselben oder weitestgehend in denselben Ländern tätig wie die Bank auch – keine Ahnung, wie sich CONFIDA seit 2006 entwickelt hat. Der Kontakt ist, wie Sie sich vorstellen können, nicht wirklich besonders eng. Ich wünsche den Kollegen nur das Allerbeste.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Dkfm. Groier hat gestern ausgeführt, er hätte das Vertrauen in den Vorstand der Hypo verloren. Aus diesem Grund wollte CONFIDA dann auch nicht mehr Prüfer sein. Wie war das bei Deloitte, Sie waren ja weiterhin Prüfer? Hat es keinen Vertrauensverlust gegeben oder was hat das im Konkreten bedeutet?

Dr. Gottfried Spitzer: Was meine Person betrifft, ist es, glaube ich, klar herausgekommen, dass nach drei Jahren das Fass voll war. Die Bestellung für das Jahr 2006 war jedoch schon da. Wir haben uns natürlich die Frage gestellt, ob wir auch als Deloitte den Auftrag zurücklegen sollen. Es ist offensichtlich, dass man sich solche Fragen stellt.

Die Rechtslage hätte das damals nicht wirklich hergegeben, weil ein bestellter Wirtschaftsprüfer nur aus wichtigem Grund eine Bestellung zurücklegen kann. Eine GmbH – wir sind eine GmbH – kann nicht ad personam das Vertrauen verlieren. Es können einzelne Repräsentanten das Vertrauen verlieren, dann kann man sagen, das ist in Ordnung, aber da gibt es noch andere Geschäftsführer und die werden jetzt dafür den Kopf hinhalten. – Also rechtlich war das nicht ganz einfach. Zudem war damals klar, dass die Ära Kulterer zu Ende geht. Das war ja dann schon im Wechsel; das war die Zeit Berlin beziehungsweise BayernLB. Die Ära Kulterer geht dem Ende zu, Grigg war Vorstand – wir hatten einen neuen Vorstand gehabt –, Grigg war aus einer Versicherung und hatte … Ich sage es so: Alle Versicherungen haben per se einmal den Ruf, wirtschaftlich konservativ und vorsichtig zu sein. Das war für uns in weiterer Folge schon ein positives Signal. Zudem war klar, dass mit dem Einstieg der Berlin-Gruppe irgendeine Änderung in der Eigentümerstruktur kommen muss, denn Berlin wollte ja die Mehrheit an der Bank übernehmen und hat dazu auch Finanzierungsmöglichkeiten gesucht. Insofern war es völlig klar, da kommt es zu einer Änderung, irgendein Großer muss die Bank schlucken.

Last, but not least hat es – ich weiß nicht, ob Sie diese Unterlage aus dem Sommer 2007 kennen – einen durchaus freundlichen OeNB-Bericht gegeben, der der Bank – wie soll ich sagen? – zumindest Bemühungen in Richtung Verbesserungen unterstellt hat.

Diese Argumente waren in Summe die Argumente, weshalb man bei Deloitte gesagt hat, wir legen jetzt nicht auf Knall und Fall das Mandat zurück. Es wäre auch einfach die Gefahr da gewesen, dass wir der Bank in einer für die Bank heiklen Zeit, als neue Eigentümer vor der Tür standen, so massiv schaden. Das wäre eigentlich nicht zu verantworten gewesen – und rechtlich problematisch, wie ich schon gesagt habe.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Dr. Spitzer, Sie haben jetzt den OeNB-Bericht angesprochen. Dessen hat es ja über die Jahre zahlreiche gegeben. Inwieweit spielen bei der Wirtschaftsprüfung einer Bank auch die Berichte der Oesterreichischen Nationalbank eine Rolle? – Also die Feststellungen, die Anmerkungen, die Kritikpunkte, die Empfehlungen …

Dr. Gottfried Spitzer: Es ist klar, dass man sich das ansieht.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Was ist dann die Folge von dem Ansehen?

Dr. Gottfried Spitzer: Dass man Prüfungshandlungen dahin gehend setzt, ob es Verbesserungen gibt oder nicht, ob die Empfehlungen des Prüfteams der Nationalbank umgesetzt werden, umgesetzt werden sollen, oder wie auch immer. Wir schauen uns dazu auch immer die Stellungnahme der Bank an. Das Prozedere werden Sie vielleicht kennen: Es gibt einen Entwurf, dann gibt es eine Stellungnahme der Bank, dann gibt es einen Endbericht; und es ist nicht immer so, dass unsere Klienten mit den Prüfberichten der OeNB konform gehen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Dr. Spitzer, Sie sind ein erfahrener Wirtschaftsprüfer. Welches Gewicht würden Sie jetzt diesen Berichten der OeNB zuteilen?

Dr. Gottfried Spitzer: Wie meinen Sie die Frage konkret?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sie haben eben jetzt ausgeführt, wie man sich die Dinge, die die OeNB empfiehlt, genauer ansieht. Ist das sozusagen von der Gewichtigkeit wichtig, weniger wichtig, mittelwichtig, oder fast gar nicht wichtig?

Dr. Gottfried Spitzer: Es ist schon wichtig. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Es ist wichtig? (Auskunftsperson Spitzer: Natürlich!)

Herr Dkfm. Groier war gestern – so habe ich das in Erinnerung – anderer Ansicht in diesem Fall, aber es ist ja das Spannende, wie unterschiedlich die Zugänge bei den verschiedenen Themen sind.

Herr Dr. Spitzer, Sie haben heute ausgeführt, dass es ein entsprechendes Gespräch am 28. März in der FMA gegeben hat …

Dr. Gottfried Spitzer: Nein, am 31. März.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Entschuldigung, am 31. März. Darin haben Sie auch formuliert, dass Sie dort massiv bedrängt worden sind – so war das Wording –, von mehreren Personen, die dort anwesend waren. War unter diesen anwesenden Personen Oberst Stangl, der Sicherheitsbeauftragte der Bank, vertreten?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich kenne den Herrn nicht.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Das heißt, Sie können auch nicht sagen, ob der dabei war oder nicht?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich kann es nicht sagen, ich kenne ihn nicht.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Es waren also auch Personen bei diesem Gespräch dabei, die Sie nicht gekannt haben.

Dr. Gottfried Spitzer: Es gab zwei Sitzungen der FMA am 31. Zuerst die große Runde, da waren wahrscheinlich 40, 50 Personen dabei, da waren sicher zur Hälfte Leute dabei, die ich vorher noch nicht gesehen hatte. Da wurden die Statements der einzelnen Parteien ausgetauscht. Ich habe das in Kopie hier; wenn es Sie interessiert, kann ich Ihnen berichten, wenn nicht, dann können wir drübergehen.

Dann hat es in weiterer Folge noch eine zweite Besprechung in kleiner Runde gegeben; da waren 6, 7 Personen dabei. Die beiden Vorstände der Finanzmarktaufsicht waren in beiden Sitzungen anwesend – zumindest nach meinem Protokoll.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich komme zu einem weiteren Teil der Wirtschaftsprüfung, zum Thema der Internen Revision. Gibt es da regelmäßig Kontakte zwischen Wirtschaftsprüfern und Interner Revision?

Dr. Gottfried Spitzer: Grundsätzlich: Ja.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Also auch über das Jahr hinweg oder nur im Prüfungszeitraum?

Dr. Gottfried Spitzer: Mit unseren Leuten, die ja extra für die Prüfung nach Kärnten gefahren sind, nur während des Prüfungszeitraumes. Für die Kollegen der CONFIDA kann ich nicht sprechen, ob die unterjährig Kontakt hatten. Der Prüfungszeitraum bei einem Unternehmen wie einer Bank ist aber relativ lang. Der beginnt mit der Vorprüfung im Herbst, während der man sich die Systeme anschaut, eine Kreditportefeuilleprüfung macht, geht dann bis in den März, April hinein. Man kann also schon sagen, der Prüfungszeitraum ist ein halbes Jahr.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Wie war die Kooperation mit der Internen Revision?

Dr. Gottfried Spitzer: Korrekt. Professionell und korrekt.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Wie war die Interne Revision aufgestellt? Wie war die Qualität der Internen Revision in der Hypo?

Dr. Gottfried Spitzer: Über die Qualität der handelnden Personen möchte ich nicht sprechen. Wir haben quantitative Vergleiche drüberlaufen lassen und festgestellt, dass ein Aufstocken der Internen Revision zu empfehlen wäre. Diese Empfehlung haben wir auch ausgesprochen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Jetzt komme ich zum Thema der Besprechungen mit dem Vorstand und so weiter. Es ist ja auch immer wieder zu den Übermittlungen der Management Letter gekommen.

Ich darf Ihnen ein Exemplar vom Management Letter anlässlich der Prüfung des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses zum 31. Dezember 2005 übermitteln – datiert mit Juni 2006 –, der in dieser Form von Deloitte und CONFIDA gezeichnet wurde. Die Nummer ist 26163. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind in der Redezeit der zweiten Runde – nur zur Information.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Danke, Frau Präsidentin!

Ich möchte nur einige wenige Punkte herausnehmen, die hier im Management Letter angeführt sind. Einerseits wird auf Seite 5 zum Thema Klumpenrisiken darauf hingewiesen, dass in der HBInt „eine nicht unerhebliche Zahl von Großkrediten vor allem nach Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina und Serbien“ vorhanden ist, und auch noch ausgeführt, was die größten 50 Einzelengagements weiterhin tatsächlich bedeuten. Weiterführend wird dann auf der nächsten Seite die Interne Revision – wie es scheint – auch als unzureichend bezeichnet.

Auf den letzten Seiten, Seite 14 und 15, konzentriert man sich auf die Auslandstöchter – HB Belgrad, HB Banja Luka, HL Sarajevo und so weiter. Da steht:

„In den Kreditakten fehlen häufig die aktuellen Informationen zur wirtschaftlichen Entwicklung der Kreditnehmer“.

Das zieht sich jetzt bei all den genannten Gesellschaften durch. Das hat sich sozusagen auch bei der Entwicklung in den Folgejahren als sehr großes Problem dargestellt – in Bezug auf Risikomanagement und so weiter. Wie hat der Vorstand auf diese Kritikpunkte reagiert?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich kann Ihnen die Antwort nur schwer geben. Ihre Frage bezieht sich auf die Tochterbanken, die Hypo-Banken in Belgrad, Banja Luka, Sarajevo. Man müsste sich dazu den Management Letter 2006 anschauen, ob es diese Empfehlung beziehungsweise diese Feststellung wieder gibt oder nicht. Typischerweise gibt es im Zuge einer Jahresabschlussprüfung ein Follow-up von Management-Letter-Points. Man schaut sich an, was haben wir im vorigen Jahr kritisiert, festgestellt, hat der Vorstand etwas gemacht, die Systeme verbessert oder nicht. Also ich kann Ihnen dazu nichts sagen. Ich sage Ihnen jedoch, dass wir diese Feststellung in sehr, sehr vielen Management Letters von Bankprüfungen anbringen müssen. Es reicht schon, wenn der jeweils letzte Jahresabschluss fehlt: Wir kommen irgendwann einmal im September, Oktober, machen eine Kreditprüfung, der Jahresabschluss des letzten Jahres ist noch nicht im Kreditakt drinnen, dann hat er die Feststellung schon. Sie müssten sich aber auch den Management Letter 2006 dazu anschauen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Frau Abgeordnete. Damit hätten wir jetzt die erste Runde durch, und alle Fraktionen haben Fragen gestellt. Ich möchte Sie nur fragen, Herr Dr. Spitzer, ob Sie eine kurze Pause möchten oder ob wir fortfahren.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich weiß nicht, wie lange es noch dauert.

Vorsitzende Doris Bures: Das kann ich auch schwer abschätzen, aber wann immer Sie wollen, können Sie es mir ruhig sagen, wenn Sie eine kurze Sitzungsunterbrechung haben möchten. Ansonsten gehen wir jetzt weiter zur nächsten Fragerunde.

Dr. Gottfried Spitzer: Bitte, ja, geben Sie mir eine Viertelstunde Pause!

Vorsitzende Doris Bures: Dann unterbreche ich die Sitzung für eine Viertelstunde.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 17.41 Uhr unterbrochen und um 17.58 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

17.58

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die medienöffentliche Sitzung wieder auf.

Wir kommen in die zweite Fragerunde. Herr Abgeordneter Lugar, Sie haben in der zweiten Fragerunde keine Redezeit, Sie haben diese in der ersten Runde aufgebraucht. Herr Abgeordneter Hable weiß es ganz genau, er hat eine dreiviertel Minute in der zweiten Runde. Ich erteile Ihnen das Wort.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie gesagt, nicht viel Zeit, deswegen muss ich meine Fragen kurz fassen. – Herr Dr. Spitzer, kennen Sie das Projekt Hilltop?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich bin vom Bankgeheimnis nicht entbunden, Herr Doktor, das heißt, ich darf Ihnen dazu eigentlich nichts sagen. Es tut mir leid. Wie meine Antwort ausfiele, das können Sie sich vorstellen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich werde nach den bankgeheimnisrelevanten Daten nicht fragen.

Dr. Gottfried Spitzer: Wir können es versuchen, allerdings ist …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Es geht um das Projekt an sich …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ganz richtig, Herr Doktor, dass man es versuchen muss – nicht nur kann. Wir müssen es versuchen, denn wenn sich der Herr Abgeordnete daran hält und nicht nach den vom Bankgeheimnis erfassten Merkmalen fragt, keine bestimmten Kundendaten, keine Kontostände haben will, sondern etwas von Ihnen hören will, was vergleichend auch in anderen Geschäftsfällen vorkommen kann, ohne dass Bankgeheimnisse gebrochen werden, dann hat er natürlich sehr wohl ein Recht auf eine Antwort, und insofern versuchen wir es.

Dr. Gottfried Spitzer: Versuchen wir es! Ja, bitte, versuchen wir es!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich lege Ihnen ein Dokument vor, Schriftverkehr von Ihnen in dieser Angelegenheit. Bitte um Durchsicht und Rückmeldung, wenn Sie fertig sind. Entschuldigung, die Nummer ist 474215. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe das jetzt gelesen, Herr Dr. Hable, aber ich würde bitten, wenn wir über diesen Fall sprechen – und das sind natürlich Informationen, die diesen konkreten Kunden betreffen –, dass wir dazu die Medienvertreter hinausbitten.

*****

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Bitte meine Redezeit anhalten! Herr Verfahrensrichter, könnten Sie vielleicht nach Durchsicht des Dokumentes klären, ob das bankgeheimnisrelevant ist oder nicht? Es geht im Prinzip um die Widmungsproblematik. Aus meiner Sicht ist es nicht unbedingt bankgeheimnisrelevant, weil es nicht um Kundendaten geht und auch nicht um Zahlen des Geschäfts.

Vorsitzende Doris Bures: Ich ersuche Herrn Dr. Pilgermair – er hat das Dokument gelesen – um seine Bewertung, und dann Herrn Professor Binder. Herr Dr. Pilgermair, kurze Beratung.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich höre vom Herrn Verfahrensanwalt, dass es der Wunsch der Auskunftsperson ist, das am Ende dann gesondert zu machen. Aber ich würde doch vorschlagen, dass wir es jetzt noch in medienöffentlicher Sitzung versuchen und Sie darauf Bedacht nehmen, die Frage so zu stellen, dass sie in medienöffentlicher Sitzung beantwortbar ist.

*****

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich werde es probieren. Herr Dr. Spitzer, wieso war die Widmungsthematik in Sachen Hilltop – ist gleich Ziegenacker – so bedeutend?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich werde versuchen, eine allgemeine Antwort zu geben, die sich nicht nur auf die von Ihnen angesprochene Causa beschränkt. Die Werthaltigkeit einer Liegenschaft ist natürlich davon abhängig, dass sie die korrekte Widmung hat. Sie wissen ganz genau: Ein Grundstück im Freilandgebiet kostet weniger als eine Liegenschaft mit einer EKZ-Widmung. Da gibt es einfach Riesenunterschiede in der Wertentwicklung. Und wir schauen im Rahmen unserer Kreditprüfung grundsätzlich, ob die uns vorgelegten Bewertungen und Gutachten, Kaufpreise et cetera plausibel sind. Das machen wir nicht nur bei Ziegenackern, sondern das machen wir grundsätzlich, wenn wir solche Fälle prüfen.

Und ja, es gab einen Fall bei der Prüfung der HBInt, wo ich persönlich die Auslieferung des Prüfberichts – und implizit die Bestätigung der Wertermittlung – davon abhängig gemacht habe, dass eine korrekte Widmung beigebracht wird.

Ich hoffe, das war jetzt halbwegs allgemein, aber es war doch klar, was gemeint ist.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Hable, Sie haben in dieser Runde nur mehr Zeit für eine kurze Frage.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wirklich 45 Sekunden schon vorbei?

Vorsitzende Doris Bures: So schnell geht’s.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich versuche es noch ein bisschen konkreter zu machen. Hat es dazu ein Wertgutachten gegeben? Wenn ja, von wem? Und warum – und das ist der Inhalt dieses Schriftverkehrs – war es für Sie so wichtig, dass es hier zu einer Umwidmung kommt?

Dr. Gottfried Spitzer: Ob es im konkreten Fall ein Wertgutachten gegeben hat, daran kann ich mich jetzt persönlich nicht mehr erinnern. Dieser Fall war in der Stichprobe im Jahr 2006 enthalten. Es war für mich aus den Gründen, die ich vorher dargelegt habe, zwingend erforderlich, dass die richtige Widmung da ist, weil ich sonst Probleme in der Bewertung der Liegenschaft gesehen hätte. (Abg. Hable: Vorher war sie nicht richtig?)  Bitte? Was war vorher nicht richtig?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und vorher war sie nicht richtig, die Widmung?

Dr. Gottfried Spitzer: Sichtlich war dieses Grundstück vorher nicht für ein Ferienressort gewidmet.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und damit eigentlich falsch in der Bilanz drinnen?

Dr. Gottfried Spitzer: Das ist nicht zwangsläufig richtig, wie Sie es sagen. Möglicherweise wurde ein fremdüblicher Kaufpreis bezahlt. Möglicherweise hat es Gutachten gegeben. Ich kenne diesen Fall nicht mehr im Detail. Ich erinnere mich jedoch, dass das eines der zwei offenen Themen war, von denen ich die Auslieferung des Jahresabschlusses 2006 abhängig gemacht habe. Das war sozusagen eines meiner Abschiedsgeschenke an die Bank, dass ich da auf eine korrekte Widmung gedrängt habe, zugunsten der Bank klarerweise.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Dr. Spitzer, Frau Kollegin Lichtenecker hat im Vorfeld die Management Letter angesprochen, die Sie gemeinsam mit CONFIDA verfasst haben (Auskunftsperson Spitzer: Ja!), im Juni 2006 für die Jahresabschlussprüfung 2005.

Erinnern Sie sich noch, was der wesentliche Inhalt dieses Management Letters war? Und haben Sie dabei mitgearbeitet?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe mir in der Vorbereitung auf unsere heutige Sitzung die Management Letter zur Hand genommen und einmal kurz zusammengefasst. Ich hätte mich sonst nicht erinnert, was damals das Thema war. Ich meine, es gibt ein paar Klassiker, wenn man sich überlegt, was wird für den Jahresabschluss 2005 ein Thema gewesen sein, und das war es dann natürlich auch. Allerdings kann man sich sonst an einen Management Letter, der zehn Jahre alt ist, nicht erinnern. Aber ich habe mitgearbeitet, natürlich, ja.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Aber wie darf man sich das vorstellen? Also nicht unbedingt die beste Stimmung zwischen CONFIDA und Deloitte heute wurde mehrmals der Vertrauensverlust angesprochen –, und dann setzt man sich gemeinsam hin und verfasst gemeinsam einen Management Letter. Wie war das?

Dr. Gottfried Spitzer: Wir haben vorher auch die Prüfungsaufteilung besprochen, die Aufteilung der Prüfgebiete, wenn Sie sich erinnern. Es verfasst jeder grundsätzlich die Empfehlungen und Feststellungen zu seinen Prüfgebieten, und das wird in weiterer Folge zu einem gemeinsamen Management Letter zusammengestellt – deshalb zu einem gemeinsamen Management Letter, denn bei allen Schwierigkeiten, die wir hatten, fachlicher Art, aber auch zwischenmenschlicher Art, ist klar, dass letzten Endes der Klient nicht darunter zu leiden hat. Das heißt, es hat einen Management Letter zu geben. Nach meiner Erinnerung war das der erste Management Letter, den die Bank jemals bekommen hat, und es war für uns einfach wichtig, dass wir unsere Feststellungen und Empfehlungen klar formulieren. Das hat dann Gott sei Dank auch funktioniert.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): War dieser Management Letter besonders kritisch – wenn Sie das vergleichen, in Ihrer jahrelangen Prüftätigkeit –, gerade nach den Swapverlusten?

Dr. Gottfried Spitzer: Na ja, das ist klar, ja. Ich meine, er war adäquat dem desaströsen Zustand der Bank.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Dkfm. Groier hat gestern zu diesem Management Letter – in Bezug auf das Jahr 2005, nach diesen Swapverlusten einiges gesagt, und er hat das bereits im Vorfeld auch im Kärntner Untersuchungsausschuss einmal gesagt, nämlich einerseits, dass dieser Management Letter an die Eigentümer, an die Aufsichtsratsvorsitzenden gegangen ist, und natürlich auch an den Vorstand – also sehr breit versandt wurde –, und andererseits, dass sich die Wirtschaftsprüfer sehr, sehr große Sorgen über die Risiken im Bereich der Risikokontrolle und im Bereich der Risikosteuerung gemacht haben. Teilen Sie das so?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Dann hat er dazu gesagt, dass das Kapitalaufbringungsprogramm völlig hypertroph gewesen sei.

Dr. Gottfried Spitzer: Was meint er damit?

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): In Bezug auf den Bilanzturbo, auf das rasante Ansteigen auch der Bilanzsumme.

Dr. Gottfried Spitzer: Was wäre hypertroph gewesen?

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Das Kapitalaufbringungsprogramm der Hypo.

Dr. Gottfried Spitzer: Steht das da in dem Management Letter drinnen?

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Er hat das so im Kärntner Untersuchungsausschuss als Nebenbemerkung gesagt. Das dürfte seine Sichtweise gewesen sein. Deckt sich das mit dem, was in dem Management Letter vorkommt oder ist das eine Zusatzinfo?

Dr. Gottfried Spitzer: Darf ich ihn mir kurz durchlesen?

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Bitte. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Gottfried Spitzer: Ich entnehme diesem Management Letter keinerlei Kommentare zum Kapitalaufbringungsprogramm.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Dann dürfte das nicht in dieser Form vorkommen. Aber das Zitat zusammengefasst: Glauben Sie, dass man einfach die Kontrolle über dieses Bilanzsummenwachstum verloren hat? Trifft das auf die Hypo zu?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich glaube, „Kontrolle verloren“ ist ein großes Wort. Das hätte ich in dieser Form nicht gebraucht. Dass das Risikomanagement der Bank mehr als verbesserungswürdig war, ist in allen Management Lettern enthalten. So würde ich das auch formulieren, aber ich würde noch nicht von Kontrollverlust sprechen.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Es ist insofern spannend, da Herr Groier gestern kritisiert hat, dass bis 2006 die Bilanzsumme explodiert sei, dass man sich vor allem auch noch sehr intensiv mit landesbehafteten Anleihen eingedeckt hat, die dann auf den Rekordwert von 24,7 Milliarden € angewachsen sind, und dass man versucht hat, das noch auszunützen, da das ja 2007 aufgrund der EU-Vorgaben ausgelaufen ist.

Haben Sie das auch beobachtet und ähnlich gesehen?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, das ist schon richtig. Das Bilanzsummenwachstum war allgemein beobachtbar. Das war aber natürlich 2006 nicht zu Ende, das ist ja weitergegangen.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Aber die Landeshaftungen sind natürlich danach bis zu diesem Punkt massiv angestiegen.

Dr. Gottfried Spitzer: Aufgrund der gesetzlichen Beendigung dieses Privilegs der Landeshaftungen haben viele österreichische Banken damals emittiert und emittiert und emittiert, unter anderen auch die Hypo Alpe-Adria-Bank. Einher damit geht das Bilanzsummenwachstum, denn wenn Sie eine Emission emittieren, steigt die Bilanzsumme in Höhe des emittierten Betrages an.

Ich habe das vorher schon gesagt, es wäre meines Erachtens auch ein unternehmerischer Fehler gewesen, diesen Vorteil der Landeshaftungen nicht zu nützen. Das musste seitens des Vorstands genutzt werden.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Da gibt es natürlich einerseits den Vorteil, dann gibt es auch ein Risiko, und dann muss es irgendwo die Kontrolle geben, wenn wir das einmal so als Dreieck sehen. Das hat also mehrere Seiten.

Dr. Gottfried Spitzer: Der Vorteil liegt einmal a prima vista bei der Bank, da sie sich günstig refinanziert. Der Vorteil liegt auch aufseiten des Haftungsgebers, des Landes, da es Haftungsprovisionen verrechnet. Die Risikokontrolle liegt in Wirklichkeit einmal nach meinem Verständnis primär beim Landesfinanzreferenten. Der Landesfinanzreferent ist nach dem Kärntner Landesholding-Gesetz, wenn ich das richtig verstanden habe, zuständig, die Interessen des Landes Kärntens im Aufsichtsrat der Bank zu wahren und so weiter und so fort. Dort wäre dann auch das geeignete Spielfeld, um sich für Risikokontrolle einzusetzen.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Ist das Ihrer Einschätzung nach in ausreichendem Ausmaß passiert?

Dr. Gottfried Spitzer: Na sichtlich nicht! Ich glaube, die Geschichte hat uns gelehrt, dass das nicht funktioniert hat.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Im Gegenteil, kann man vielleicht sogar sagen. Dieser Aufsichtskommissär hat ja damals nicht ganz angenehm auf das Aufdecken der Swapverluste reagiert, oder?

Dr. Gottfried Spitzer: Das haben wir schon besprochen, dass der Spieß umgedreht wurde.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Aber Sie haben jedenfalls heute schon einmal gesagt, dass Sie jährlich eine Übersicht in Bezug auf die Landeshaftungen an Vorstand, Aufsichtsrat und an den Aufsichtskommissär des Landes übermittelt haben. Ist das korrekt?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, das ist korrekt, das haben wir jedes Jahr gemacht. Das ist die Aufgabe des Bankprüfers. Das ist ein Schreiben an Vorstand, Aufsichtsrat und Landeskommissär, dem als Beilage die Höhe der Landeshaftungen beigeschlossen ist, und diese Beilage wird auch vom Gesamtvorstand unterfertigt. So kann man sich das vorstellen.

Vorsitzende Doris Bures: Sie haben noch für eine Frage Zeit, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Danke.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Dr. Spitzer, meine Frage bezieht sich jetzt noch einmal auf die Zusammenarbeit mit der Internen Revision im Zuge Ihrer Wirtschaftsprüfung. Kann man sich das so vorstellen, dass im Zuge Ihrer Überprüfung auch Gespräche mit der Internen Revision geführt werden?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Wir haben vorher bereits im Ausschuss gehört, dass der Leiter der Innenrevision, Dr. Kerstnig, im Februar 2005, also genau in der Zeit, als Sie den Jahresabschluss 2004 geprüft haben, den Vorstand Dr. Kulterer aufgrund eines Berichts des Financial Controllings auf den Verlust in der Höhe von 7 Millionen € hingewiesen hat. Er hat dann auch eine Prüfung des Treasury-Bereiches empfohlen. Wir haben dann weiter gehört, dass Kulterer ihn daraufhin abgewimmelt und ihm mitgeteilt hat, dass ein Wiener Derivatspezialist diese Prüfung übernehmen wird.

Meine Frage: Hat Sie Dr. Kerstnig auch während Ihrer Abschlussprüfung auf diesen Bericht hingewiesen?

Dr. Gottfried Spitzer: Das ist mir nicht erinnerlich, nein.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Wäre es gängige Praxis, dass dem Wirtschaftsprüfer solche Berichte im Fall des Falles vorgelegt werden?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, typischerweise ja.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Also es wäre aus Ihrer Sicht die Pflicht gewesen, Ihnen das vorzulegen.

Dr. Gottfried Spitzer: Es entspricht der gängigen Praxis, ja.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Wissen Sie, wie diese weitere Überprüfung des Treasury-Bereiches dann vonstatten gegangen ist? Ich habe vorhin gerade erwähnt – das ist irgendwie wie eine Wolke –, dieser Wiener Spezialist oder diese Wiener Spezialisten, die das genau überprüfen werden, sind da im Raum gestanden. Es weiß aber in Wirklichkeit niemand, was daraus geworden ist. Wissen Sie etwas dazu?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich muss gestehen, ich weiß darüber auch nichts. Mich wundert es auch. Ich höre jetzt zum ersten Mal von einem Wiener Spezialisten. Ich habe allerdings den Ausschuss auch nicht lückenlos verfolgt, sage ich ganz offen.

Es gab damals, erinnere ich mich, schon eine Beauftragung der KPMG, die im Bereich des Risikomanagements tätig war. Da hat es einen Kollegen gegeben – ob der aus Wien war, das weiß ich nicht; ich dachte, es wäre KPMG Deutschland gewesen, sage ich ganz offen –, der sowohl im Bereich Risikomanagement als auch im Bereich Interne Revision tätig war. Ich erinnere mich dunkel, dass wir diese Doppelfunktion einmal kritisiert haben, aber ich weiß nicht, ob das genau dasselbe ist, was Sie ansprechen.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Das kann sich decken. Es ist für uns auch immer nur so als Gespenst oder Geist greifbar. Wir haben es bis jetzt noch nicht geschafft, dass wir dieser Sache nachgehen. Ich habe mir erhofft, dass Sie vielleicht etwas dazu wissen.

Dr. Gottfried Spitzer: Nein, tut mir leid.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich komme jetzt in einem zweiten Teil noch einmal zu der Rückziehung des Testats von Ihrer Seite zurück. Wir haben schon einiges dazu gehört. Ich möchte das nur noch einmal konkretisieren. Wen haben Sie seitens Deloitte vorab informiert, dass dieses Testat zurückgezogen wird? Den Bankvorstand der Hypo im Vorhinein nicht, nehme ich an.

Dr. Gottfried Spitzer: Die Rückziehung des Testats erfolgt nach unseren berufsständischen Vorschriften gegenüber dem Management, gegenüber dem Aufsichtsrat, gegenüber der Finanzmarktaufsicht, der OeNB und gegenüber dem Firmenbuchgericht. Alle diese müssen wir verständigen und alle diese haben wir verständigt.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Es ist ja auch in der Zeitung gestanden, und wir stellen uns halt auch die Frage, wie es in die Zeitung gekommen ist. Es steht zum Beispiel die Vermutung im Raum, dass es der Finanzminister selbst gewesen ist. Wen aller haben Sie also aufgrund Ihrer standesgemäßen Vorgehensweise vorab informiert? Nur den Vorstand? Die Eigentümer? Die GRAWE? Das Land Kärnten? Könnten wir das vielleicht ein bisschen nachzeichnen – nur, um es zu verstehen?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich versuche es. (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.) Ich habe hier ein Beispiel mit, wie so ein Widerrufschreiben ausschaut. Das ist von mir als Sachbearbeiter vorbereitet und auch unterschrieben, ebenso wie auch vom Kollegen Vanas, unserem Managing Partner, den wir damals in derartigen Causen grundsätzlich beigezogen haben. Jetzt ist er auch nicht mehr bei uns, aber wir würden auch heute nicht anders handeln. Dieses Schreiben ging damals an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG, den Dr. Karl-Heinz Moser; gleichschriftlich an Herrn Dr. Kulterer, Herrn Striedinger …

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Entschuldigen Sie, Herr Dr. Spitzer! Von welchem Datum sprechen wir hier?

Dr. Gottfried Spitzer: Das ist der 30. März 2006. Ich glaube, es spricht nichts dagegen, dass man die Unterlage zum Akt gibt, wenn man ihr eine gewisse Vertraulichkeitsstufe verleiht, da ich nicht möchte, dass solche Schreiben den Weg in die Öffentlichkeit finden. Aber wir haben da kein Geheimnis damit, ja.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Das wäre interessant für uns, einfach um zu sehen, wer informiert worden ist. Es wird bei uns vielfach der Eindruck erweckt, dass viele wesentliche Adressaten das durch die Zeitung erfahren hätten. Dem kommt das eigentlich nicht nach.

Dr. Gottfried Spitzer: Nein, das schließe ich aus.

Ja, ich habe nicht fertiggelesen, wer es bekommen hat. Dieses Schreiben haben gleichschriftlich Kulterer, Striedinger, Morgl – der war damals auch im Vorstand, wenn Sie sich erinnern –, Herr Kircher und das Firmenbuch beim Landesgericht bekommen. Wir haben gleichlautende Schreiben an OeNB, FMA gerichtet, und ich glaube, das war es dann – also in Wirklichkeit an alle Organe der Bank. Wir haben dieses Schreiben … Es ist gut, dass Sie das ansprechen.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Uns interessiert, wie es in die „Kronen Zeitung“ gekommen sein könnte (Auskunftsperson Spitzer: Ich würde das auch gerne wissen!) und ob es wirklich alle aus der „Kronen Zeitung“ erfahren haben.

Dr. Gottfried Spitzer: Wir waren das sicher nicht. Wir waren das ganz sicher nicht. Das schließe ich aus.

Vorsitzende Doris Bures: Entschuldigung, Herr Abgeordneter! Ich habe kurz Rücksprache mit dem Verfahrensrichter gehalten. Wenn Sie uns diesen Brief zur Verfügung stellen, werden wir ihn mit Klassifizierungsstufe 2, also vertraulich, in die Unterlagen aufnehmen. Wie auch immer das sonst an die Öffentlichkeit gelangt sein mag, sei dahingestellt. Wir nehmen es vertraulich in die Unterlagen auf.

Herr Abgeordneter Hafenecker, Entschuldigung, Sie sind am Wort.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke für die Zurverfügungstellung dieses Papiers, das ist natürlich sehr interessant, da sich gewisse Differenzen zu Dingen auftun, die wir vorher von anderen Auskunftspersonen berichtet bekommen haben.

Ich habe noch eine kurze Frage, um den zeitlichen Ablauf zu verstehen. Es hat ja vor Kurzem eine OTS-Aussendung von Ihrer Seite gegeben. Ich darf diese kurz auszugsweise verlesen:

„Dr. Spitzer war jener verantwortliche Bankprüfer, der nach der Swap-Affäre die Zurückziehung des Bestätigungsvermerks durch Deloitte – gegen den heftigen Widerstand des Vorstandsvorsitzenden der Bank, Dr. Wolfgang Kulterer, und des Aufsichtsratsvorsitzenden, Dr. Moser – veranlasste.“

Wenn das – die Zurückziehung des Testats und die Information des Vorstands – jetzt in einem so kurzen Zeitraum passiert: Wie muss man sich das vorstellen, dass da heftiger Widerstand stattgefunden hat, und in welchem Zeitraum? Nur um es zu verstehen; es wird hier irgendwie der Eindruck erweckt, als wäre von der Information des Vorstands bis hin zum Öffentlichwerden in der „Kronen Zeitung“ am nächsten Tag doch ein gewisser Zeitraum vergangen. Auf welchen Zeitraum erstreckt sich dieser heftige Widerstand, den Sie vorher schon angesprochen haben?

Dr. Gottfried Spitzer: Die Zeitschiene habe ich Ihnen schon vorher berichtet. Ich darf das wiederholen: Am 27. März haben wir von den Kollegen erfahren, was hier passiert ist, am 28., 29., 30. März haben wir ein Team nach Kärnten geschickt, damit wir uns selbst ein eigenes Bild machen und nicht von den eher vagen Informationen des Rechnungswesens und der Bank abhängig sind. In diesen Tagen hat es natürlich auch Gespräche mit den Vorstandsmitgliedern gegeben.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Entschuldigung, Herr Doktor. Die Vorstandsmitglieder haben da schon geahnt, dass es dazu kommen wird, dass Sie unter Umständen das Testat zurückziehen?

Dr. Gottfried Spitzer: Das kann ich nicht sagen, was die Herrschaften geahnt oder nicht geahnt haben, das weiß ich nicht. Ich will nicht spekulieren.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich will nur nachvollziehen können, wie das mit dem Widerstand funktioniert hat.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich meine, ich habe vorher die Art und Weise vorgelesen, wie man mit mir in der nächsten Zeit umgesprungen ist. Ich wurde persönlich bedrängt. Ich habe zu meinem Schutz ...

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Dr. Spitzer, wir …

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine kurze Frage noch, dann verweise ich Sie auf die nächste Runde.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Wir können es abkürzen. Es war aber der Zeitraum nach dem Rückzug des Testats?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, nach dem Rückzug, ja.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke.

Eine allerletzte, ganz kurze Frage noch. Sie haben vorhin gesagt – das war eine interessante Aussage –, der Bankvorstand musste die Landeshaftungen im vollen Umfang ausnützen. Können Sie vielleicht noch einmal konkretisieren und erläutern, was Sie da gemeint haben?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe nicht gesagt, er musste sie ausnützen! Es ist kaufmännisch für eine Bank vorteilhaft, wenn sie günstige Refinanzierungsmöglichkeiten nützt. Das war kein Spezifikum des Landes Kärnten, sondern das findet man überall, in ganz Österreich.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich möchte gleich mit den Landeshaftungen beginnen. Ich meine, der Untersuchungsausschuss soll sich ja mit der politischen Verantwortung befassen. Wir erwecken natürlich hier den Eindruck, wir wollen in bilanztechnische Fragen einsteigen, aber in Wirklichkeit haben wir hier die politische Verantwortung zu klären: Wie kam es zu den hohen Landeshaftungen, die das Zehnfache des Landesbudgets ausgemacht haben?

Jetzt habe ich mir den Jahresabschlussbericht, den Prüfungsbericht 2006, angeschaut, und da ist eine halbe Seite den Landeshaftungen gewidmet. Sie sind ein erfahrener Prüfer. Das Einzige, was man hier nicht findet, ist die Höhe der Landeshaftungen.

Können Sie uns sagen, wie die politischen Vertreter in Kärnten, der Kärntner Landtag, die Kärntner Landesregierung – außer dem Finanzreferenten selbst, der ja Bescheid wusste –, die Kärntner Politik über die Höhe der Landeshaftungen informiert war?

Dr. Gottfried Spitzer: Also wie dieses Schreiben, das wir an die Bank beziehungsweise an den damaligen Landesfinanzreferenten gerichtet haben, den Weg in die Kärntner Politik und in die Kärntner Parteienlandschaft gefunden hat, davon haben wir keinerlei Kenntnis.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Darf ich nachfragen: Welches Schreiben?

Dr. Gottfried Spitzer: Na ja, das jährliche Schreiben, das wir an die Bank gerichtet haben, wie hoch die Landeshaftungen sind. Also dieses Schreiben mussten wir jedes Jahr … also bis heute nicht, aber solange die HBInt und die HBA eine Bank waren, gibt es diese Berichtspflicht an den Vorstand. Und damit war es zumindest dem Landesfinanzreferenten völlig klar, wie hoch die Haftung jeweils besteht.

Ich habe den Medien entnommen, dass die Beschlüsse über die Erhöhung der Landeshaftungen jeweils einstimmig erfolgt sind. Ich habe dazu keine eigenen Wahrnehmungen. Ich war in diese Entscheidungsprozesse oder Beratungsprozesse oder wie auch immer nicht eingebunden.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Na ja, Beschlüsse hat es ja dann eigentlich nicht mehr gegeben, sondern der Beschluss aus dem April 2004, der auch hier im Jahresabschluss, Prüfungsbericht 2006, abgedruckt ist, in dem eigentlich das Landesgesetzblatt Nr. 37/1991 abgedruckt ist, spiegelt keine Höhe der Haftungen wider, sondern nur den Umstand, dass gehaftet wird.

Das heißt, Sie können nicht sagen, ob die Landespolitik, die Politiker ausreichend über die Höhe der Landeshaftungen informiert worden sind?

Dr. Gottfried Spitzer: Nein.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Gut.

Der Name ist heute schon gefallen. Es ist ja bekannt, dass Herr Dr. Karl-Heinz Moser, der bei der CONFIDA war, dann im Jahr 2005, nämlich am 15.5.2005, als Vorsitzender in den Aufsichtsrat gekommen ist, später dann nur Mitglied des Aufsichtsrats war. Wie haben Sie da reagiert? Sie waren ja damals gerade Prüfer der Bank, und CONFIDA war Ihr Joint Audit.

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, das war ein bisschen eine sonderbare Situation, wie Sie sich vorstellen können. Insbesondere ging es da auch um die Frage der Zulässigkeit dieser Bestellung. Es ist uns damals ein Gutachten eines Wiener Universitätsprofessors vorgelegt worden, wonach die Spaltung von CONFIDA Wien und CONFIDA Klagenfurt rechtskräftig und korrekt wäre. Es war für uns dann ein bisschen eine besonders komische Situation, unseren Bestätigungsvermerk Herrn Dr. Moser gegenüber widerrufen zu müssen, den seine Gesellschaft ein Jahr vorher ausgestellt hat.

Aber wie Sie wissen, können wir uns Aufsichtsratsvorsitzende nicht aussuchen. Es wird Gründe gegeben haben, warum Dr. Moser damals zum Aufsichtsrat bestellt wurde.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich habe das jetzt momentan nicht parat. Hat den Jahresabschluss 2004 Herr Dr. Moser unterschrieben? (Auskunftsperson Spitzer: Nein!) Können Sie sich daran erinnern?

Dr. Gottfried Spitzer: Nein, das war Kollege Groier mit einem anderen Kärntner Kollegen. Es war nicht Dr. Moser, aber es war die CONFIDA Wien. Und die CONFIDA Wien wurde ja dann Richtung Moser, CONFIDA Klagenfurt Richtung Groier abgespalten. Und an die CONFIDA Wien als unseren Koprüfer mussten wir natürlich auch das Schreiben richten, wie wir ein paar Tage später dann auch von der CONFIDA Wien das Schreiben bekommen haben, dass sie dann auch widerrufen hatten. Also im Zuge eines Joint Audits gibt es hin und wieder Situationen, die man sich vorher nicht ausmalt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Aber das Joint Audit war mit der CONFIDA Wien?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, anfangs ja, richtig, ja.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Und dann nicht?

Dr. Gottfried Spitzer: Dann nicht mehr, weil Moser … Im Zuge der Nachtragsprüfung konnte das ja nicht mehr mit CONFIDA Wien gemacht werden, sondern damals ist die CONFIDA Klagenfurt zum Prüfer bestellt worden, weil Moser, dem die CONFIDA Wien zuzurechnen war, ja Aufsichtsratsvorsitzender war.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): War das der Grund, warum die CONFIDA den Jahresabschluss 2004 nicht mehr aufmachen wollte beziehungsweise Möglichkeiten vorgeschlagen hat, damit eben keine Rückziehung des Testats droht?

Dr. Gottfried Spitzer: Das kann ich überhaupt nicht sagen, tut mir leid, ich möchte nicht spekulieren.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie sich noch an die Reaktionen der CONFIDA beziehungsweise auch von Herrn Dkfm. Groier erinnern, als Karl-Heinz Moser in den Aufsichtsrat gewechselt ist?

Dr. Gottfried Spitzer: Dazu habe ich keine Wahrnehmungen, nein.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Okay. Nach diesem Auffliegen dieser Fehlbuchung, nach der Rücknahme des Bestätigungsvermerks: Helle Aufregung, und die FMA, die Sie ja auch informieren mussten, das ist ja gesetzlich so geregelt, hat ein Geschäftsleiterqualifikationsverfahren gegen Herrn Kulterer angestrengt. Dann hat – es ist heute auch schon einmal gefallen, so quasi: die da in Wien wollen der Bank Schlechtes –Landeshauptmann Haider Finanzminister Grasser eingeschaltet und hat gesagt: Bitte, das darf ja nicht wahr sein, man schadet Kärnten und du als Kärntner musst doch schauen, dass man Kärnten hier nicht schadet!, und hat versucht, gegen die beiden Vorstände, Pribil und Traumüller, vorzugehen. Es ist ja dann Gott sei Dank nicht geglückt, da hat sich ja Gott sei Dank die politische Intervention sozusagen die Zähne ausgebissen.

Wie haben Sie das dann gesehen – nachdem zwar nicht mehr Sie, aber Deloitte jedenfalls weiterhin das Mandat der Wirtschaftsprüfung für die Hypo hatte –, dass da jetzt plötzlich Kulterer nach diesem Geschäftsleiterqualifikationsverfahren zwar abgesetzt wird oder zurücktritt, aber dann ohne eine Abkühlphase in den Aufsichtsrat wechselt?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe schon gesagt, dass ich mit Herrn Dr. Kulterer damals ein schwieriges persönliches Verhältnis hatte. Der Umstand, dass er aus dem Vorstand ausgeschieden ist und in den Aufsichtsrat wechselt und damit Teil der Kontrollkette wird, hat mich natürlich nicht beruhigt, wie Sie sich vorstellen können.

Die Interne Revision war nicht besonders stark, das haben wir schon besprochen, da hat es ja von uns auch Management-Letter-Punkte gegeben. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat ein Bilanzproblem am Hals. Also das war eine für mich persönlich sehr unkomfortable Situation, das war auch einer der Beweggründe meines Ausscheidens.

Wenn Sie sich erinnern, das wurde damals damit begründet, Kulterer wäre der Einzige, der Kontakte zu internationalen Investoren hat, damit es einen Einstieg von potenziellen Investoren in die Bank gibt. Im Rückblick betrachtet mag diese Argumentation richtig gewesen sein – dass er der Einzige war, der Kontakte hat –, aber ob man ihn deshalb gleich zum Aufsichtsratsvorsitzenden bestellen hätte müssen, also ich persönlich habe da eine ganz andere Auffassung.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Frage und Statement in einem: Es wirft natürlich auf diese gesamte politische Landschaft in Kärnten ein schiefes Bild, speziell die wiederholte Einflussnahme des Landeshauptmanns Haider, wenn zum Zeitpunkt des Auffliegens dieser sogenannten Swapverluste und der Rückziehung des Testats der ehemalige Wirtschaftsprüfungspartner der CONFIDA, nämlich Karl-Heinz Moser, der Aufsichtsratsvorsitzende ist, und wenn nach Auffliegen dann derjenige, der dafür verantwortlich ist … Denn das ist ja alles schon evident gewesen: Moser war bereits im Frühjahr 2005 informiert, Kulterer hat es gewusst, alle haben es gewusst! Nach der ganzen Geschichte, als das Testat dann zurückgezogen worden ist, ist Kulterer in den Aufsichtsrat gewechselt und ist der Vorsitzende geworden. Also das macht für mich wirklich ein sehr schiefe Optik.

Daher eine abschließende Frage: Es wird immer wieder gesagt, da war in Kärnten so eine Partie beisammen, und denen konnte sich irgendwie niemand widersetzen. Sie haben sich zurückgezogen, haben das Mandat zurückgelegt oder haben zumindest als Wirtschaftsprüfer gebeten, das Mandat nicht mehr weitermachen zu müssen …

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich muss Sie dann auf die nächste Runde verweisen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, ich formuliere es nur noch aus: Haben Sie eine Wahrnehmung über diese Partie da in Kärnten, welche Personen da in diese Partie involviert waren?

Dr. Gottfried Spitzer: Tut mir leid, als Steirer und Wahlwiener bin ich da ein bisschen zu weit weg gewesen.

Vorsitzende Doris Bures: Als Nächster erteile ich Frau Abgeordneter Dr. Lichtenecker das Wort. Frau Abgeordnete, Sie haben knapp 2 Minuten in dieser Runde, dann verweise ich Sie auch auf die dritte Runde.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Dr. Spitzer, ich nehme jetzt Bezug auf den Management Letter, der sich auf das Jahr 2006 bezieht.

Da Sie Ihre Management Letter studiert haben, wissen Sie ja, was darin enthalten ist, und ein Punkt, der hier wieder auffällig ist, ist, dass hier auch festgehalten wird, dass die Mängel weitestgehend mit den Management-Letter-Punkten der Vorjahre übereinstimmen. Das ist das eine.

Wie im konkreten Satz zum Thema Kreditverträge und Sicherheiten, ich zitiere: „In einigen Fällen waren sämtliche Sicherheiten gemäß Kritikantrag real nicht vorhanden (...). Darüber hinaus wurden eingetragene Sicherheiten nicht ordnungsgemäß bewertet (...).“

Das heißt jetzt: Bestehende massive Mängel waren gleichbleibend. Für mich stellt sich da schon die Frage: Welchen Handlungsbedarf sieht ein Wirtschaftsprüfer in so einer Situation?

Dr. Gottfried Spitzer: Viel mehr als Feststellungen, wiederholte Feststellungen schriftlicher Art, konkrete Feststellungen in einem Management Letter können wir nicht machen.

Der Wirtschaftsprüfer ist verpflichtet, sofern der Jahresabschluss im Wesentlichen richtig ist, dem Jahresabschluss einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk zu erteilen.

Wir können nicht einem Unternehmen den uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versagen oder den Bestätigungsvermerk einschränken, „nur“ – „nur“ unter Anführungszeichen; es ist eh schlimm genug, was Sie sagen – weil es Mängel in der Kreditgestionierung gibt, solange die Bewertung der Kredit-Exposures richtig war. Also: Wenn trotz dieser Mängel der Jahresabschluss im Wesentlichen richtig ist, dann muss der Wirtschaftsprüfer den Jahresabschluss bestätigen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Also, offen gesagt: Wir haben verschiedene Aufsichtsebenen, auf denen die Mängel in Permanenz festgestellt und festgehalten werden, die ja im Laufe der Jahre dann zu diesen Problemen geführt haben, die letztendlich zu den Dingen geführt haben, die uns ja allen bekannt sind, und überall heißt es: Wir haben in dieser Form nicht mehr machen können. Selbst der Wirtschaftsprüfer hält das in dieser Form fest, was, meiner Meinung nach, schon ein schwerer Mangel ist, wenn es letztendlich nur immer um das Festhalten der schweren Mängel geht und letztendlich nicht wirklich entsprechende Handlungen gesetzt werden. Das sei hier in dieser Form festgehalten.

Zu einem anderen Bereich: Herr Dr. Spitzer, ist Ihnen die Consultants ein Begriff?

Dr. Gottfried Spitzer: Natürlich, ja.

Vorsitzende Doris Bures: Noch eine Frage, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Welche Erinnerungen haben Sie?

Dr. Gottfried Spitzer: Die Hypo Alpe-Adria-Gruppe bestand aus drei Säulen: der Banksäule, der Leasingsäule und der Consultants-Säule. In der Consultants-Säule waren überwiegend Beteiligungen an Projekten gebündelt.

Ich habe vorher schon ausgeführt: Die Consultants-Säule wurde während meiner Ära von den Kollegen der CONFIDA geprüft. In weiterer Folge wurde im Jahr 2007 der Consultants-Ast verkauft.

Ich kann Ihnen dazu jedoch nichts sagen, weil ich in die Jahresabschlussprüfung des Jahres 2007 nicht mehr involviert war.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Meine letzte Frage dazu. (Zwischenruf des Abg. Lugar.) – Ich dachte noch eine Frage?

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch. Herr Abgeordnete Lugar achtet auf die Uhrzeit! (Heiterkeit. Abg. Lugar deutet mit dem Daumen nach oben.)

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Jetzt gibt es ein E-Mail vom Januar 2006. Sie, Herr Spitzer, haben an die Hypo ein Mail verfasst, das die Möglichkeiten aufzeigt, wie durch eine gesellschaftsrechtliche Neugestaltung eine Konsolidierungspflicht hinsichtlich der Consultants-Gruppe vermieden werden könne.

Insofern hat es doch eine nähere Beschäftigung mit dem Thema Consultants gegeben.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich erinnere mich nicht an dieses E-Mail.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich würde gern noch einmal auf die CONFIDA und auf die Swapverluste, die ja keine waren, zurückkommen. Sie haben gesagt, die CONFIDA ist an Sie herangetreten und wollte die Bilanz 2004 nicht mehr aufmachen. – Ist das richtig?

Dr. Gottfried Spitzer: Ist korrekt, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, die CONFIDA ist mit Vorschlägen gekommen, wie man das 2005 bilanztechnisch hinbringt, dass das irgendwie dort geparkt oder untergebracht wird?

Dr. Gottfried Spitzer: Nach meiner Erinnerung war das so, dass das Ziel dieser Bilanzsanierungsmaßnahmen gewesen ist, das Jahr 2004 nicht mehr aufzumachen, sondern die Verluste, die eigentlich 2004er-Verluste waren, im Jahr 2005 durch Aufwertung von stillen Reserven zu kompensieren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie sind diesem Vorschlag nicht nähergetreten, weil er ja mit Rückdatierungen und sonstigen Dingen verbunden gewesen wäre?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich glaube, diese Frage haben wir schon in der letzten Runde besprochen. (Abg. Lugar: Ja, ich wollte es nur noch wiederholen!) Ich habe, glaube ich, die Frage schon beantwortet.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja. Jetzt meine Frage: Ist das überhaupt möglich, wenn das 2004er-Testat de facto falsch ist? – Die Verluste sind im November, Dezember 2004 entstanden und damit müssen sie nach Gesetz ja auch 2004 verbucht werden. Das heißt, es gibt ja gar keine Möglichkeit, das nicht wieder aufzumachen!

Dr. Gottfried Spitzer: Ich gebe Ihnen recht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, da waren die Vorschläge der CONFIDA in Wirklichkeit eine Anleitung zur Bilanzfälschung?

Dr. Gottfried Spitzer: Das ist eine Wertung, die mir nicht zusteht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber wie kann ich das sonst verstehen? Also: Die 2004er-Bilanz war falsch. Sie war testiert, aber sie war falsch, und wenn man das so belässt, dann ist es ja, wenn man es weiß, Beihilfe zur Bilanzfälschung.

Dr. Gottfried Spitzer: Noch einmal: Ich werde die Kollegen nicht der Beihilfe zur Bilanzfälschung bezichtigen …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein, mir geht es jetzt nicht um die CONFIDA. Mir geht es um eine grundsätzliche Frage.

Dr. Gottfried Spitzer: Es gab ein Strafverfahren zu diesem Thema, wenn Sie sich erinnern. Der Vorstand wurde verurteilt, und es wurde niemand wegen Beihilfe angeklagt oder in weiterer Folge auch verurteilt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist richtig, weil ja auch das Testat zurückgezogen wurde. Aber mir geht es ja nicht darum, was dann letztendlich passiert ist, sondern mir geht es um die Intention der CONFIDA. Das heißt, die CONFIDA hat ja, bevor sie zurückgezogen hat, versucht, das noch durchzudrücken – mit Ihrer Hilfe, die Sie verweigert haben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Abgeordneter, jetzt bringen Sie die Auskunftsperson in die Situation, dass Sie eine Wertung vornehmen müsste, die dem Staatsanwalt oder einem Strafgericht zustehen würde. Das braucht er wirklich in diesem Sinne nicht zu beantworten, weil das keine Wahrnehmung betrifft, die er hätte haben können, sondern das ist eine Wertungsfrage. Wenn er deren Beantwortung ablehnt, tut er das zu Recht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Da muss ich Ihnen widersprechen, denn es ist ja nicht passiert. Es ist nicht passiert. Das heißt, Deloitte und CONFIDA haben zurückgezogen, und damit ist natürlich nicht strafrechtlich … (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja, aber Sie stellen ihn jetzt vor diese Wertung!)

Schauen Sie, damit ist ja nichts strafrechtlich Relevantes passiert. Das heißt, man kann ja nicht verurteilt werden für etwas, was man nicht getan hat. (Abg. Podgorschek: Doch …!) Die Frage ist, ob die Intention dahin gehend war, dass sozusagen gemeinschaftlich so zu verschleiern, dass es eben unter Umständen dann, wenn man es gemacht hätte, strafrechtlich relevant geworden wäre. Das ist die zentrale Frage.

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Herr Abgeordneter! Erstens gibt es im Strafrecht auch den Versuch, der strafbar ist, aber davon ganz abgesehen: Es können ja auch disziplinarrechtliche Folgen daraus entstehen und andere Nachteile. Ich glaube, dass hier wirklich ein Entschlagungsgrund vorliegt. Das muss die Auskunftsperson schon aus Gründen der Vorsicht so machen, um aus einer solchen Aussage nicht Phantasien zu erwecken, was alles gegen ihn vorgebracht werden könnte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gut, dann machen wir es anders. Ich frage Sie als Experte – rein hypothetisch: Wenn ein Wirtschaftstreuhänder ein Testat nicht zurückzieht, aber weiß, dass das Testat falsch ist, wäre das dann strafrechtlich relevant?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das ist eine Sachverständigenfrage, die braucht er als Auskunftsperson auch nicht zu beantworten. (Abg. Lugar: Ja, vielleicht ist er geneigt dazu!)

Ja, da haben Sie es nicht leicht, wenn Sie darauf hinauswollen, Herr Abgeordneter, dass er das beantwortet, weil er da nicht von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch zu machen braucht, vielmehr ist die Frage an sich unzulässig. Ich habe mehrfach versucht, das zu erklären. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen. Das ist keine Frage, die eine Auskunftsperson zu beantworten hat.

Was Sie jetzt zum Schluss gefragt haben, das ist eine Frage, die Sie an einen Sachverständigen richten müssen. Das wissen wir von anderen Auskunftspersonen, die zu Recht darauf rekurriert haben. Das ist keine Wahrnehmungsfrage, sondern eine Sachverständigenfrage, und die kann er, wenn er will, freiwillig beantworten, aber er muss es natürlich in keiner Weise. Wenn er sagt, das will ich nicht beantworten, weil das keine Wahrnehmungsfrage betrifft, dann ist das zu beachten. (Auskunftsperson Spitzer: Ich beantworte nicht!)

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wollen Sie nicht?

Dr. Gottfried Spitzer: Nein. Ich möchte diese Frage nicht beantworten.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie haben noch eine Frage, wenn Sie sie so formulieren, wie es auch die Rechtsbelehrung des Dr. Pilgermair vorsieht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, ja, alles klar. Als damals die Vorschläge von der CONFIDA gekommen sind, die Sie angesprochen haben und die Sie auch abgelehnt haben, weil sie Handlungen bedurft hätten, die eben nicht gesetzt wurden: Von wem sind diese Vorschläge gekommen? Können Sie sich erinnern?

Dr. Gottfried Spitzer: Nach meiner Erinnerung wurden wir zum ersten Mal am Abend des 27. März mit diesen Vorschlägen konfrontiert, und zwar von Herrn Kollegen Groier.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Von Herrn Groier. Okay, danke.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Spitzer, ich möchte in dieser Runde noch die Causa Hilltop fertig machen. Wir sind bei der Widmungsthematik stehen geblieben, wie also dieser Ziegenacker, wie ich ihn nenne, gewidmet war. Sie haben, wenn ich Ihre Aussagen richtig zusammenfasse, auf einer Umwidmung bestanden, weil sonst die Bilanzposition, so wie sie vorgesehen war und wie sie in der Vergangenheit bestanden hat, nicht argumentierbar war. – Habe ich Sie da richtig verstanden? (Auskunftsperson Spitzer: Ja!)

Können Sie sich erklären, warum das dann vorher schon mit einem sehr hohen Wert, nämlich 41 Millionen, in der Bilanz gestanden ist, ohne dass es eine entsprechende Widmung gegeben hat?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich vermute, dass dieses Grundstück um diesen Preis erworben wurde. Nach meiner Erinnerung fand dieser Erwerbsvorgang auch vor unserer Prüfungstätigkeit statt. Ein Unternehmen bilanziert grundsätzlich nach Anschaffungskosten. Kaufpreis 41 Millionen wird aktivseitig aktiviert, passivseitig geht das über das Zahlungsmittelkonto raus, und so steht es dann einmal in der Bilanz.

In weiterer Folge ist die Frage zu stellen: Ist dieser Bilanzansatz werthaltig – ja oder nein? Typischerweise sagt man: Zum anschaffungsnahen Zeitpunkt gilt die Vermutung der Werthaltigkeit, weil es ja letzten Endes auch um diesen Preis erworben worden ist. Je weiter der Anschaffungszeitpunkt zurückliegt, umso mehr muss man sich solche Themen anschauen und fragen: Ist die Werthaltigkeit noch gegeben?, und so weiter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut, dann darf ich hier noch ergänzen – das können Sie natürlich nicht wissen, aber wir wissen es aus der Sachverhaltsdarstellung –: Ja, es ist zweimal verkauft worden, zweimal von der Hypo finanziert, einmal zu knappen 4 Millionen € und dann für fast 40 Millionen €. In der Zwischenzeit ist nichts passiert. – Warum kann man das machen? Deswegen auch meine Frage vorher, wobei Sie natürlich jetzt auch nicht wissen konnten, ob es ein Wertgutachten dazu gab: Es gab eines, aber es war gefälscht. (Auskunftsperson Spitzer: Ah, wirklich?) Deswegen konnte man das auch dann zu diesem Anschaffungspreis – unter Anführungszeichen – „erwerben“ und so in der Bilanz einbuchen. Aus meiner Sicht ist das natürlich klarerweise Bilanzfälschung.

Dr. Gottfried Spitzer: Aber da war meine Skepsis ja berechtigt in weiterer Folge.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, natürlich, vollkommen richtig. (Auskunftsperson Spitzer: Okay!) Da würde mich jetzt zu guter Letzt noch interessieren, welche Rolle denn der Herr Kircher in diesem Zusammenhang gespielt hat, denn mit dem haben Sie auch korrespondiert – beziehungsweise mit Herrn Kircher und Herrn Ederer, wenn ich es richtig wahrnehme? (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.)

Dr. Gottfried Spitzer: Herr Dr. Ederer war deshalb in diesen E-Mail-Verkehr eingebunden, weil es ihm um die Frage der Bestätigung des Jahresabschlusses der HBInt-Gruppe für den Konzernabschluss der Bank Burgenland gegangen ist. Der Wirtschaftsprüfer der GRAWE, die KPMG, ist an uns herangetreten mit der Bitte um Bestätigung des Jahresabschlusses, und wir haben gesagt, dass da noch etwas offen ist, nämlich dieser eine Punkt. Ich weiß nicht, ob es zwei Punkte waren. Ich habe vorhin von zwei Punkten gesprochen. Ein Punkt war jedenfalls die Causa, von der Sie vorhin gesprochen haben, der Ziegenacker. Mir ist damals Herr Kircher als zuständiger Sachbearbeiter in der Bank, wenn Sie so wollen, für diesen Fall genannt worden. Deshalb hat mit ihm die Korrespondenz stattgefunden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und mit Herrn Ederer haben Sie auch korrespondiert. Ich habe mich gewundert, warum in dieser Sache ein Aufsichtsrat tätig wird. Das hat mit der Bank Burgenland zu tun, oder?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, das hat mit der Bank Burgenland zu tun. Ederer stand unter Zeitdruck bei der Fertigstellung seines Jahresabschlusses der GRAWE-Gruppe. Sie werden sich erinnern, die HBInt wurde rechtlich von der Bank Burgenland gehalten, deshalb ist der Wirtschaftsprüfer der Bank Burgenland damals an uns herangetreten. Allerdings: In der Causa Ziegenacker haben wir mit Ederer inhaltlich nichts zu tun gehabt. Das ist, wenn Sie so wollen, ein Berichtsmail an ihn.

Es ist im Übrigen in weiterer Folge die Widmung gekommen und auch die Veröffentlichung in der „Narodne novine“, der kroatischen „Wiener Zeitung“, wenn Sie so wollen. Die war auch da zum Zeitpunkt der Ausfertigung des Prüfberichts.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Den letzten Teil habe ich akustisch nicht verstanden.

Dr. Gottfried Spitzer: Die Veröffentlichung in der „Narodne novine“, das ist die „Wiener Zeitung“ von Kroatien, wenn Sie so wollen, war sogar zum Zeitpunkt unseres Testats auch schon da.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Okay, gut. Danke schön.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Ich möchte noch einmal auf den 27. März zu sprechen kommen, dieses Abendessen. Wir haben im Untersuchungsausschuss schon einmal erfahren, dass man offenbar Swapverluste und heikle Themen immer bei einem Abendessen bespricht. Stefan Petzner hat schon berichtet, dass Kulterer und Haider das bei einem Abendessen in einem dunklen Lokal geklärt haben. Jetzt haben auch Sie berichtet, dass offenbar auch Wirtschaftsprüfer einander über Swapverluste bei Abendessen informieren. – Spaß beiseite!

Wie ist das jetzt genau vor sich gegangen? Wir haben gestern erfahren, dass das eher ein Geschäftstermin war – Kollege Lugar, korrigiere mich! –, bereits zwei Wochen im Vorhinein avisiert, man hat sozusagen etwas Zeit gebraucht, weil man auch Unterlagen vorbereitet hat, und das hat sehr formell geklungen. Jetzt sagen Sie, das waren eher ein Abendessen, bei dem man sich getroffen hat, und ein Vieraugengespräch. Können Sie beschreiben: Wer war dabei, wie ist dieses Abendessen vor sich gegangen?

Dr. Gottfried Spitzer: Grundsätzlich: Es war ein Geschäftsessen, es war kein privates Essen. Ich war und ich bin mit den Kollegen der CONFIDA nicht befreundet. Mit meinen Freunden gehe ich privat essen, mit Geschäftspartnern gehen wir geschäftlich essen. Es war klarerweise ein Geschäftsessen, wenngleich in – wie soll ich sagen – bemüht freundlicher Atmosphäre – „bemüht“ deshalb, weil wir ein paar Stunden vorher von der Leiterin Rechnungswesen erfahren hatten, was da passiert ist. Teilnehmer an diesem Abendessen waren nach meiner Erinnerung ein Kollege von mir, von Deloitte Wien, und ein Kollege von Herrn Kollegen Groier aus Kärnten. Ich bilde mir ein, wir waren zu viert. (Abg. Kucher: Zu viert?) Ja, und es kann im Übrigen durchaus sein, dass die Feststellung von Kollegen Groier richtig ist, dass das schon längere Zeit vereinbart war. Das schließe ich nicht aus.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Wie läuft das ab? Man trifft sich, betritt den Raum, bestellt etwas zu trinken. Nebenbei sagen Sie, Sie haben am Nachmittag einen Anruf erhalten. Frau Dolleschall hat Sie informiert, dass da einiges nicht stimmt. Man wartet ab. Irgendwann sagt Herr Groier zu Ihnen: Jetzt gehen wir vielleicht kurz in den Nebenraum. Ich muss Ihnen sagen, da sind ein paar Hundert Millionen abhandengekommen. Sie sagen: Ich habe es ohnehin schon gewusst.

Wie hat das funktioniert?

Dr. Gottfried Spitzer: Das trifft es ganz gut, so wie Sie das schildern. Man betritt den Raum, bestellt etwas zu trinken, Kollege Groier hat mich auf die Seite gebeten: Du, ich muss dir etwas sagen. – Wir waren und sind bis heute per Du.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Und Sie haben nicht gesagt: Ich habe einen Verdacht, worum es geht. Auch bei der Begrüßung haben Sie das nicht angesprochen?

Dr. Gottfried Spitzer: Nein, nein. Ich habe mir gedacht, ich höre mir das an. Und er sagt zu mir: Du, da gibt es ein Bilanzproblem in der Bank. Und: Können wir das nicht lösen? Er hätte auch schon ein paar Ideen, und die CONFIDA kann das auch alleine, bekommt das alleine in den Griff.

Kollege Groier ist ein sehr freundlicher, netter Mensch. Das war von ihm auch durchaus freundlich gebracht, in einem freundlichen Umgangston, aber in der Sache war es natürlich völlig unmöglich für uns, dass wir diesem Vorschlag zustimmen. Ich habe ihm gleich gesagt: Verzeihe, aber wir wissen das bereits. Es wäre uns lieber gewesen, wenn wir das von euch erfahren hätten und nicht aus der Bank. Und jetzt setzen wir uns bitte hin, wir können das ruhig beim Essen besprechen, aber Vieraugengespräche gibt es da keine. Das machen wir nicht!

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Der Kollege von Ihnen, von Deloitte, den Frau Dolleschall informiert hat, der war ganz aufgelöst. Sie haben ihn dann beruhigen müssen, und Sie waren so cool, dass Sie am Anfang weiterhin am Tisch gesessen sind, bis Herr Groier zu Ihnen gesagt hat: Jetzt ziehen wir uns kurz zu einem Vieraugengespräch zurück, und selbst da haben Sie noch nicht gesagt: Ich weiß, worum es geht!?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, ja, es sind ein paar Stunden vergangen seither. Ich meine, da gehört schon eine gewisse Contenance dazu, aber das ist mir gelungen.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Sie haben sozusagen gewartet, was jetzt kommt?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, nach meiner Erinnerung war das genau so.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Das hat schon eine Zeit lang, ein paar Stunden gedauert?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, also ich glaube, Frau Dolleschall hat meinen Kollegen um 3, 4 Uhr am Nachmittag informiert, und das Abendessen war gegen 7, 8 Uhr, keine Ahnung.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Und dann hat es irgendwann den Bericht des Herrn Groier gegeben, in dem man das kurz unter vier Augen angesprochen hat?

Dr. Gottfried Spitzer: Genau – am selben Abend den Bericht unter vier Augen! Wir haben dann die Übergabe der Aufarbeitung dieses Problems an die CONFIDA abgelehnt, haben unser eigenes Team hinuntergeschickt. Ich habe mir bei der Vorbereitung auf den heutigen Nachmittag die alten Akten noch einmal durchgesehen. Es gab damals ein durchaus dickeres Konvolut der CONFIDA, das am 28., also bereits am Folgetag, meinen Mitarbeitern vorgelegt wurde. Das zeugt schon von einer gewissen Vorbereitung und Aufarbeitung dieses Themas.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Durch die CONFIDA?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, natürlich.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Die haben am Abend also auch Unterlagen übergeben?

Dr. Gottfried Spitzer: Nein, am nächsten Tag in der Bank dem Prüfteam, das wir nach Kärnten geschickt haben.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Wir haben gestern zu dieser Gesprächsnotiz, in der es um Lösungsmöglichkeiten oder Reparaturmöglichkeiten geht, wie man die Bilanz doch noch reparieren könnte, die Auskunft erhalten, dass das ein Wirtschaftsjurist innerhalb der CONFIDA als Thesenpapier erstellt hat und dass das eigentlich die CONFIDA niemals verlassen hätte sollen, weil das ohnehin nicht relevant gewesen wäre. Das ist nur deswegen nach außen gelangt – wenn ich das richtig wiedergebe –, weil man eben so offen mit allen Unterlagen umgegangen ist und Ihnen das weitergereicht hat.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich schließe das nicht aus, dass diese Feststellung richtig ist. Ich kann mich an dieses Papier in dieser Form tatsächlich nicht erinnern, dass wir das damals gehabt haben, aber es deckt sich in etwa mit den Vorschlägen, die ich noch aus meinem Kleinhirn krame, denn das ist zehn Jahre her.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Und wie kommt jetzt Kollege Groier darauf, dass es innerhalb von Deloitte Scharfmacher geben soll und dass scheinbar – wie er meint – die Prüfer vor Ort das anders sehen würden? Sie waren ja auch vor Ort. Kann es sein, dass innerhalb Ihres Teams einige von Deloitte gesagt haben: Das ist nicht ganz okay, was wir jetzt machen, eigentlich hat CONFIDA recht!?

Dr. Gottfried Spitzer: Das war eine einhellige Meinung, dass wir da nicht mitgehen. Noch einmal: keine Scharfmacher und keine Weichspüler.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Und auch am ersten Abend war Ihnen bereits klar, so geht das nicht, und es läuft auf die Konsequenz hinaus, dass man das Testat zurückzieht?

Dr. Gottfried Spitzer: Was mir am ersten Tag klar war und wie genau er mir oder uns das geschildert hat, welche Maßnahmen da angedacht sind, das weiß ich nicht mehr, das habe ich nicht mehr präsent. Ich kann mich aber erinnern, dass wir das Thema: Wir sind im März 2006, wie will man 2005 irgendetwas sanieren?, sofort aufgeworfen haben.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Jetzt geht es dann weiter. Der Kärntner Finanzreferent war auf beide Wirtschaftsprüfer gleich schlecht zu sprechen, es hat Rundumschläge gegeben – wir haben gestern gehört: ein „Hexenkessel“ –, alles Mögliche, weil man aufgedeckt hat, dass 328 Millionen € versenkt wurden. Also da hat es keine Dankbarkeit gegeben, sondern – ganz im Gegenteil – harte Attacken. Das Spannende ist aber, dass irgendwann einmal dann die CONFIDA als Feindbild übrig geblieben ist. Zum Schluss war es dann eben nur noch die CONFIDA, und mit Deloitte hat es irgendwie gepasst. Wir haben gestern gehört, man weiß es nicht genau, ich glaube aber, der Begriff war, dass man sich mit Deloitte in irgendeiner Form arrangiert hat, Jörg Haider. CONFIDA hat in Kärnten dann in weiterer Folge Aufträge verloren. Also warum hat Deloitte weitergemacht, und warum ist die CONFIDA dann allein schuldig gewesen, hat Landesaufträge verloren und ist sogar ausspioniert worden?

Dr. Gottfried Spitzer: Warum in Kärnten welche Entscheidungen wie gefallen sind – keine Ahnung, überhaupt keine Ahnung! Wir waren beide für das Jahr 2006 bestellt. Wir konnten von niemandem abberufen werden. Die CONFIDA hat selbst zurückgelegt. Ob sie da unter Druck gesetzt wurde oder nicht, da habe ich keine Ahnung.

Die CONFIDA hat das Jahr 2006 im Leasing- und im Consultingbereich noch weiter geprüft, und der gesamte Bankbereich wurde uns übergeben. Wir haben damals natürlich zu verstehen gegeben, dass wir mit der Konstellation des Joint Audit keine besondere Freude haben. Der Vertrauensverlust war ja nicht nur gegenüber dem Vorstand da, sondern er war ja auch gegenüber den Kollegen von der CONFIDA damals offensichtlich.

Insofern ist das Auseinanderziehen, dass man also sagt, der eine prüft die Bank, der andere prüft die Leasing und die Consultants, schon richtig gewesen. Und im Übrigen glaube ich auch gar nicht, dass die CONFIDA damals alles verloren hat, denn die Bestellungen für 2006 für Leasing und Consultants sind ja meiner Erinnerung nach noch im Jahr 2006 erfolgt. Die wurden also sehr wohl noch für Aufträge weiter bestellt.

In der weiteren Zukunft, in den Jahren 2007 und folgende, war klar: Die Bank war kapitalschwach, sie hat einen Eigentümer gebraucht. Welcher internationale Investor, ohne da irgendwie großspurig klingen zu wollen, gibt sich mit einem Testat der CONFIDA allein zufrieden? Die wollen einen der Big Four sehen, den sie im Zweifelsfall ordentlich schütteln und zur Haftung heranziehen können, wenn es schiefgeht. So ist das Leben!

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Deloitte darf weitermachen, die CONFIDA hört auf und ist sozusagen böse. Der Vertrauensverlust trifft nur die CONFIDA. Wie können Sie sich das erklären, wenn Sie in Ihrer eigenen Wahrnehmung eher die Scharfmacher waren und die Ersten, die das sozusagen hart durchgezogen haben?

Dr. Gottfried Spitzer: Die CONFIDA ist auch im Jahr 2006 sehr wohl noch nachträglich zur Prüfung von Leasing und Consultants bestellt worden. Dass unsere Gesprächsebene mit dem Land total zerrüttet war, das ergibt sich aus den Aufsichtsratssitzungen. Es gibt irgendwo ein Aufsichtsratsprotokoll – ich meine, das ist ja schon fast kabarettistisch, wenn Sie das lesen –: 11.15 Uhr: Die Wirtschaftsprüfer betreten den Raum. 11.16 Uhr: Herr Dr. Moser begrüßt die eingetretenen Wirtschaftsprüfer. 11.17 Uhr: Herr Dr. Haider verlässt den Raum. – Er wollte uns zeigen, was er von uns hält, indem er so lange drinnen gesessen ist, bis wir gekommen sind, und dann grußlos abmarschiert ist. – So viel zum Thema Arrangement mit Herrn Dr. Haider. Das war nicht möglich!

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Wir haben in den letzten Wochen bereits sehr viele Auskunftspersonen hier gehabt, und anscheinend ist die eine oder andere Aussage unter den Tisch gefallen oder vergessen worden. Daher darf ich meiner Kollegin, Frau Tamandl, ein bisschen helfen, denn anscheinend hat sie eine Gedächtnislücke. Ich darf darauf hinweisen, dass Finanzlandesdirektor Dr. Felsner hier als SPÖ-Mitglied ganz klar und deutlich gesagt hat, dass ab 2005 die Höhe der Haftungen dem Landtag mit dem Rechnungsabschluss zugeleitet wurden, also auch sämtlichen Fraktionen, unabhängig davon, ob jetzt ein Beschluss über den Rechnungsabschluss gefasst worden ist. Es haben das also sämtliche Fraktionen gehabt. – Das nur so nebenbei, weil sie die Auskunftsperson in diese Richtung befragen wollte, wozu diese selbstverständlich keine Auskunft geben konnte.

Ich bringe jetzt doch noch ein bisschen einen steirischen Aspekt dazu, weil Sie, Herr Dr. Spitzer, gesagt haben, Sie wissen nicht mehr, wie die Bestellung Mosers war beziehungsweise dass anschließend Kulterer Chef des Aufsichtsrats wurde. Wissen Sie, auf wessen Betreiben Herr Dr. Moser Aufsichtsratschef geworden ist?

Dr. Gottfried Spitzer: Keine Ahnung!

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Das war, und das ist belegt in den Unterlagen, vonseiten der GRAWE. Daher der steirische Bezug. Die GRAWE war ja immerhin ein nicht unwesentlicher Eigentümer der Hypo Alpe-Adria.

Dr. Gottfried Spitzer: Das ist richtig, ja. Das habe ich nicht gewusst.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Dr. Spitzer, ich möchte ganz kurz auf das Birnbacher-Gutachten zu sprechen kommen, wozu Deloitte auch ein Gutachten über die Angemessenheit der Höhe des Honorars gemacht hat. Auf der Stellungnahme, die da erstellt wurde, ist Ihr Kürzel drauf, und ich gehe davon aus, dass Sie mit diesem Gutachten über die Höhe des Honorars befasst waren.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich darf Ihnen so antworten: Das Ermittlungsverfahren gegen mehrere Gutachter in der Causa Birnbacher ist noch nicht abgeschlossen. Auf Anraten meiner Anwälte entschlage ich mich im Einklang mit der Verfahrensordnung zu allen Fragen in diesem Zusammenhang der Aussage.

Ich möchte Folgendes festhalten: Es gibt ein rechtskräftiges Urteil des LG Klagenfurt von Oktober 2012 gegen die damaligen Beschuldigten, in dem klar festgehalten wurde, dass die Kärntner Landesholding allen Gutachtern einseitige und unvollständige Informationen erteilt hat. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Okay.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das ist ein zu beachtender relevanter Aussageverweigerungsgrund.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Danke. Dann keine weiteren Fragen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Vorsitzende! Ich möchte noch einmal auf den Management Letter, der sich auf das Jahr 2006 bezieht, zurückkommen und auf den Bereich Aluflexpack. (Auskunftsperson Spitzer: Ja, okay!) Das ist die letzte Seite. (Auskunftsperson Spitzer: Haben wir den schon bekommen?) Ich habe angenommen, Sie haben das mit, weil Sie gesagt haben, Sie haben sich darauf vorbereitet.

Dr. Gottfried Spitzer: Nein, das waren solche Pakete! Ich habe mir nur ein Exzerpt gemacht, worüber wir damals geschrieben haben.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich habe das jetzt nicht kopiert, da ich angenommen habe, Sie haben es mit, weil Sie das vorhin so ausgeführt haben. – Wie auch immer. Nur in aller Kürze: Es ist dort separat vermerkt, dass die Prüfung der angemessenen Bewertung der Vorräte laut Prüfer nicht möglich ist, und so weiter, und so fort.

Ist es üblich gewesen, dass Projekte, Bereiche so in dieser Form auch in Management Lettern abgehandelt werden?

Dr. Gottfried Spitzer: Darf ich bitte Einsicht in den Management Letter nehmen? (Abg. Lichtenecker: Bitte?) Darf ich mir die Unterlage trotzdem ansehen? (Abg. Lichtenecker: Ja, sicherlich! – Ein Mitarbeiter bringt der Auskunftsperson die Unterlage. Diese liest darin und berät sich mit Verfahrensanwalt und Vertrauensperson.)

Dr. Gottfried Spitzer: Frau Lichtenecker, ich versuche das allgemein zu beantworten, weil ich glaube, hier ein Problem mit dem Bankgeheimnis zu haben. Das von Ihnen angesprochene Unternehmen war nicht nur ein Beteiligungsunternehmen, sondern auch ein Kunde der Bank, ein Kreditkunde der Bank, und über Kreditkunden der Bank beziehungsweise deren wirtschaftliche Verhältnisse darf ich Ihnen keine namentliche Auskunft geben.

Ich möchte daher versuchen, Ihre Frage allgemein zu beantworten. Überall dort, wo die Bank voll konsolidierte Tochtergesellschaften hatte, die von wesentlicher Bedeutung waren, haben wir im Zuge unserer Konzernabschlussprüfung dafür gesorgt, dass die auch geprüft wurden, damit die geprüften Zahlen in den Konzernabschluss des Spitzeninstituts eingehen können und nur geprüfte Zahlen dort eingehen können. Diese Konzernprüfung bezog sich nicht nur auf Banken, Tochterbanken, sondern auch auf Leasingunternehmen, Consultingunternehmen und sonstige Beteiligungen.

Wir haben auch schon im Vorjahr, 2005 – wenn Sie sich erinnern, das haben wir diskutiert –, die wesentlichen Feststellungen aus dem Management Letter in der Konzerngruppe in unseren Management Letter auf Holding-Ebene aufgenommen. So auch hier in diesem Fall. Das war eine Feststellung des lokalen Prüfers in Kroatien, der sich mit dem Vorratsbewertungssystem dieses von Ihnen angesprochenen Kunden beschäftigt hat.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich nehme mir noch die Zeit und sage die Nummer für alle anderen durch: Das ist das Dokument mit der Nummer 33692.

Eine abschließende Frage, Herr Dr. Spitzer: Deloitte hat durchaus eine stattliche Anzahl von Aufträgen/Verträgen, immer im Kontext mit der Hypo und der Landesholding. Ist sozusagen das Land Kärnten beziehungsweise die Hypo ein besonders guter Kunde von Deloitte gewesen – oder ist es nach wie vor?

Dr. Gottfried Spitzer: Meine persönliche Einschätzung dazu ist: besonders gut sicher nicht. Aber das ist ein persönliches Urteil von meiner Person.

Wenn Ihre Frage darauf abzielt, ob wir in irgendeiner Form wirtschaftlich abhängig oder nicht abhängig waren, kann ich Ihnen antworten, dass wir im Schnitt weniger als 2 Prozent unseres Jahresumsatzes mit der Hypo Alpe-Adria Bank erzielt haben.

Ich habe mir jetzt auch in der Vorbereitung auf den Ausschuss dieses sogenannte Zwo-siebziger-Schreiben an Dr. Moser aus dem Jahr 2006 herausgesucht: Da waren wir bei 1,6 Prozent unseres Jahresumsatzes. Ich meine, bei allem Respekt für die Hypo Alpe-Adria Bank, aber: 1,6 Prozent eines Umsatzes, das ist nicht weltbewegend.

Wir schätzen alle unsere Klienten, wir schätzen auch unsere kleinen Klienten, aber wir sind Gott sei Dank groß genug, dass wir fernab aller gesetzlichen Grenzen sind. Sie dürfen nicht vergessen, die gesetzliche Grenze für einen Abschlussprüfer liegt bei 30 Prozent, und wir waren bei 1,6 Prozent.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Das betrifft die Hypo und die Landesholding als Gesamtes?

Dr. Gottfried Spitzer: Da ist vielleicht hinten noch einmal ein Zehntelprozent dazugekommen. Jedenfalls: unter 2 Prozent. (Abg. Lichtenecker: Danke!)

Vorsitzende Doris Bures: Damit ist diese Fragerunde abgeschlossen, und wir würden in die vierte Runde gehen. Gibt es Wortmeldungen? Gibt es jetzt sonst noch Wortmeldungen?

Herr Abgeordneter Lugar, vierte Runde? – Bitte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich würde gerne noch einmal auf diesen Aktenvermerk zurückkommen: Dr. Kandler/Deloitte bezüglich Hypo Alpe-Adria und die Geschichte mit Kulterer beziehungsweise seiner Frau.

Sie haben gesagt, Sie haben einen Beleg im Umfang von 700 000 € gesehen, wo Zahlungen von der Puris an die WBG geflossen sind. Das haben Sie vorhin ausgesagt, soweit ich es richtig verstanden habe. Ist das richtig?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie persönlich haben diese Belege einsehen können?

Dr. Gottfried Spitzer: Sichtlich ja. Ich meine, ich habe hier einen Aktenvermerk aus dem Frühjahr 2007 an den Kollegen Kandler, wo ich wörtlich schreibe:

Im Zuge eines routinemäßigen Quality Reviews beim Prüfer der Hypo-Bank Kroatien, CONFIDA, wurden mir Rechnungen einer WBG Business Consulting GmbH an die Puris d. d., Kreditnehmerin und so weiter, aus den Jahren 2002 bis Mitte 2004 vorgelegt. – Zitatende.

Ich gehe also davon aus, dass ich diese Rechnungen damals vorgelegt bekommen habe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben sich dann wahrscheinlich auch mit Kollegen Kandler beraten, denn Kollege Kandler hat dann gegenüber Herrn Ettl ausgeführt, dass Deloitte überlege, das Prüfmandat zurückzulegen.

Nach Ihren Ausführungen von vorhin, wonach Sie das bei den Swapverlusten doch nicht gemacht haben, ist das hier schon eine sehr, sehr scharfe Geschichte. Sie haben sich da also wahrscheinlich einiges überlegt, bevor Herr Kandler das gegenüber Herrn Ettl von der Nationalbank so geäußert hat?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich war bei diesem Gespräch oder Telefonat oder was immer das war – ich glaube, ein Telefonat – nicht dabei. Ich kann das nicht kommentieren.

Ich glaube aber, dass das ein Missverständnis ist. (Abg. Lugar: Aha!) Ich glaube, da geht es nicht um Deloitte, sondern da geht es um meine Person: dass das für mich ein Anlass war, um Entbindung von diesem Mandat zu ersuchen.

Aber, wie gesagt, ich war bei diesem Gespräch nicht dabei. Das kann ich nur vermuten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Kandler hat mit Ihnen gesprochen, nehme ich an, bevor er das Gespräch mit Herrn Ettl gesucht hat, denn Sie waren ja der, der das aufgedeckt hat oder zumindest ...

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe Herrn Kandler informiert, was meine Gründe für den Vertrauensverlust gegenüber dem Management der Bank sind. Und das war ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Kandler war mit Ihnen gut bekannt, nehme ich einmal stark an, nicht? Er hat Sie ja gekannt?

Dr. Gottfried Spitzer: Wir Partner kennen einander, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Denke ich mir, ja. Das heißt, dass er das verwechselt, wenn Sie sagen, Sie wollen zurückziehen, und er sagt dann, Deloitte will das, überlegt sich, zurückzuziehen – glauben Sie, dass diese Verwechslung irgendwie möglich ist? Dass er nicht unterscheiden kann zwischen Ihnen und Deloitte?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich weiß nicht, aus welcher Unterlage Sie hier zitieren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich habe sie Ihnen ja vorgelegt, beziehungsweise Sie haben sie heute schon vorgelegt bekommen. Das ist 12838, der Aktenvermerk Telefonat mit Herrn Dr. Kandler; gezeichnet: Mag. Ettl von der Nationalbank. Das haben Sie schon gesehen.

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, dann hat möglicherweise Herr Mag. Ettl das so aufgefasst. (Abg. Lugar: Aha!) Aber ich habe keine Ahnung, ob Kollege Kandler das wirklich so gesagt hat. Ich weiß es nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gehen wir einmal in den Sachverhalt hinein. Das heißt, Sie haben gesagt, das ist ein In-sich-Geschäft. Wenn das stimmen würde: Ist so etwas legal? Darf man so etwas machen? Ist das in Ordnung?

Dr. Gottfried Spitzer: Da gibt es Grenzen für diese Geschäfte. Diese Grenzen ziehen unterschiedliche Gesetze. Dazu gehört das Steuerrecht. Sie wissen: Wenn Sie einem Gesellschafter einen Vorteil zukommen lassen, der der Fremdüblichkeit nicht entspricht, ist es eine verdeckte Gewinnausschüttung.

Es gibt handelsrechtliche Grenzen. Das nennt man verbotene Einlagenrückgewähr. Es ist auch nicht zulässig, wenn eine Gesellschaft einem ihrer Gesellschafter Vorteile zukommen lässt, die sie einem fremden Dritten nicht zukommen lassen würde. Das wäre ja genau dieser Fall, wenn das wahr gewesen wäre. Gegebenenfalls muss der Strafrechtler prüfen, ob damit eine Untreue verbunden ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wäre es eine Untreue, wenn Frau Kulterer im Umfang von 700 000 € diese Beratungsleistung zwar in Rechnung gestellt, aber keine Leistungen im Gegenwert erbracht hat? Wäre das dann Untreue?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich bin kein Strafrechtsexperte. Ich kann diese Frage nicht beantworten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Verstehe. – Das heißt, Sie würden auf jeden Fall sagen, dass es unüblich ist, dass der Vorstand oder Aufsichtsratsvorsitzende seine Frau in irgendeiner Form mit Beratungsleistungen begünstigt? Das ist eher unüblich? Oder passiert das im Bankenbereich öfter? – Sie haben sicher Erfahrung in dem Bereich.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich glaube, ich bin heute dazu da, über meine Wahrnehmungen bei der Hypo Alpe-Adria zu sprechen. Was ich dazu zu sagen habe, habe ich gesagt. Mir kam es unüblich vor, deshalb habe ich es Kollegen Kandler berichtet. Ob so etwas in anderen Banken vorkommt oder nicht, ist, glaube ich, nicht Gegenstand des Ausschusses. Daher werde ich diese Frage nicht beantworten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Doch, doch! Das ist sehr wohl Gegenstand, denn es geht ja für uns um die Einschätzung, ob das für Sie sozusagen ein Problem darstellen musste oder nicht. Es geht ja nicht darum, ob Sie da jetzt eine Expertise abgeben, sondern wie Sie das damals empfunden haben und ob Sie das aufgrund Ihrer Erfahrung besonders beanstanden mussten, ist die zentrale Frage. Wir wollen den Vergleich hören: Ist das in Ihrer Prüfungstätigkeit oft vorgekommen? – Sie müssen ja keine Namen nennen.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich möchte diese Frage nicht beantworten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na, ist Ihnen so ein Fall öfter untergekommen, ein ähnlicher Fall? Bei anderen Prüfungshandlungen, die Sie bei anderen Banken gesetzt haben?

Nach meiner Ansicht haben Sie da kein Entschlagungsrecht, denn die Frage ist nicht in irgendeiner Form unanständig.

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Zur Beurteilung, ob der Frage zulässig ist: Können Sie die Frage wirklich präzise noch einmal stellen?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja. Ich frage Sie, ob Ihnen das, was Ihnen hier aufgefallen ist – also mit diesen vermeintlichen Kick-back-Zahlungen, so wie es Herr Kandler formuliert hat –, in Ihrer beruflichen Tätigkeit schon einmal untergekommen ist.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wenn die Frage so formuliert ist wie jetzt – ob Sie Vergleichbares beruflich schon erlebt haben –, dann ist das an sich schon zulässig.

Dr. Gottfried Spitzer: Gut, also: Ist mir nicht untergekommen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also kann man es als außergewöhnlich betrachten?

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine Frage noch. – Oder ich frage, ob es noch Wortmeldungen gibt.

Wenn das nicht der Fall ist, dann gebe ich Ihnen gleich wieder das Wort und möchte Sie nur vorher noch darüber informieren, dass die in der Verfahrensordnung festgelegte Soll-Befragungsdauer von drei Stunden mittlerweile auch überschritten ist. (Abg. Lugar: Sehr gut! Danke!) Das ist Ihre Bewertung. (Heiterkeit.) – Sie sind am Wort.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Vielen Dank. – Ich habe da etwas ganz Interessantes gefunden: Das war meine Befragung bezüglich dieser Causa mit Herrn Mag. Helmut Ettl. An ihn war ja dieses Schreiben gerichtet. (Auskunftsperson Spitzer: Ja!)

Herr Ettl hat etwas Interessantes gesagt. Er hat gemeint, das wurde von Ihnen alles geprüft. Wollen Sie das sehen? Soll ich es vorlegen? – Das ist das Protokoll der Sitzung, und die Seite ...

Vorsitzende Doris Bures: Nummer?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das Protokoll der Sitzung hat keine Nummer. (Ruf: Aber ein Datum!) Da steht nichts drauf.

Vorsitzende Doris Bures: Es kann sein, dass das Rohdaten sind.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha, okay, gut. – Auf Seite 23: Da sagt Herr Mag. Ettl, dass Sie ihm gesagt haben, dass da eben alles in Ordnung ist, weil da ganz konkrete Beratungsleistungen seitens der Frau von Herrn Kulterer an die Firma Puris stattgefunden haben. Haben Sie das auch so wahrgenommen?

Dr. Gottfried Spitzer: Wo liest man das?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Auf Seite 23 unten: Mag. Helmut Ettl sagt. – Er sagt eben:

Und dafür gibt es Leistungen, die zwischen der Firma der Frau von Kulterer und der Puris-Firma gelaufen sind. Es gibt da auch Leistungen hinter diesen Zahlungen. Dann ist das nicht so sehr ungewöhnlich, wenn diese Leistungen erbracht wurden. – Zitatende.

Das haben Sie ihm anscheinend gesagt, dass da Leistungen waren.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich muss Sie korrigieren: Ich habe das Herrn Mag. Ettl nicht gesagt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber er hat das behauptet. Ich will ja wissen, ob das stimmt.

Dr. Gottfried Spitzer: Nein, das hat er nicht behauptet. Er hat mit mir nie gesprochen. Er hat mit Kollegen Kandler gesprochen, und was immer Kollege Kandler mit Herrn Mag. Ettl gesprochen hat, entzieht sich meiner Kenntnis.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also ist Ihnen das nicht bekannt? – Sie haben ja diese Causa geprüft. Haben Sie festgestellt, dass da tatsächlich Beratungsleistungen stattgefunden haben?

Dr. Gottfried Spitzer: Herr Abgeordneter, ich habe vor ungefähr einer Stunde Auskunft gegeben, dass ich diese Causa persönlich nicht geprüft habe, sondern dass das ein Team von Kollegen war. Ich habe dazu keine eigenen Wahrnehmungen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber, entschuldigen Sie, Sie haben ja vorhin ausgeführt, dass nicht Deloitte zurückziehen wollte, sondern Sie aufgrund dieser Causa. Und dann hat es Sie nicht interessiert, ob da etwas dahinter ist oder nicht? Das können Sie mir doch nicht erzählen, oder?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe zu dieser Causa keine zeitnahen Wahrnehmungen. Diese Causa muss ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie werden sich doch dafür interessiert haben, ob das stimmt, was Sie ursprünglich angenommen haben, wo Sie einen Wirbel geschlagen und den Herrn Kandler veranlasst haben, da alles Mögliche zu tun? Dann interessieren Sie sich nicht dafür, was dabei herauskommt?

Dr. Gottfried Spitzer: Herr Abgeordneter, ich habe in meinem Eingangsstatement bereits gesagt, dass diese Unterlagen, die uns Herr Dr. Kulterer in weiterer Folge freiwillig zur Verfügung gestellt hat, nichts hergegeben haben, aus dem sich beweisen ließe, dass die Rechtshandlungen unrechtmäßig waren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na, was waren das für Unterlagen? – Das können ja alle möglichen Unterlagen gewesen sein, wo Sie nichts herauslesen konnten. Ich kann Ihnen auch irgendwelche Unterlagen geben, aus denen Sie nichts herauslesen können, das ist kein Kunststück. Was waren das für Unterlagen?

Dr. Gottfried Spitzer: Das war ein mehrseitiger Aktenvermerk?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Von Herrn Kulterer? (Auskunftsperson Spitzer: Ja!) Und da ist dringestanden, es ist alles in Ordnung?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe diesen Aktenvermerk niemals im Detail gelesen. (Abg. Lugar: Aber Sie werden doch die Conclusio ...!) Ich wurde von den Kollegen informiert, dass sich aus den Unterlagen von Herrn Dr. Kulterer nichts ergibt, woraus ihm ein Strick gedreht werden könnte, wenn Sie so wollen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber die Frage ist, ob Sie sich dafür interessiert haben, ob diese Beratungsleistungen tatsächlich stattgefunden haben oder nicht.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich persönlich habe mich dafür nicht interessiert. Das hat ein Team von Kollegen gemacht. Die haben sich das angesehen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und Sie haben nicht danach gefragt, ob das tatsächlich so war oder nicht?

Es waren ja zwei Vorwürfe Ihrerseits. Ein Vorwurf war, dass da eine Zahlung im Umfang von 700 000 € stattgefunden hat; das war ein Vorwurf. Der zweite Vorwurf war, dass diese Firma eben im Einflussbereich von Herrn Kulterer ist. Diese beiden Vorwürfe hätte man ja falsifizieren können. Ist das passiert?

Dr. Gottfried Spitzer: Das ist seitens der Kollegen im Rahmen der Möglichkeiten der Wirtschaftsprüfer passiert.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und was war das Ergebnis der Falsifizierung? Beide stimmen nicht? Eines stimmt nicht? Was stimmt nicht?

Dr. Gottfried Spitzer: Die Auskunft, die ich von den Kollegen erhalten habe, war, dass sich diese Vorwürfe nicht erhärten ließen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Welcher von diesen beiden? – Es waren ja zwei Vorwürfe: dass 700 000 € geflossen sind; und dass es im Einflussbereich des Herrn Kulterer steht. Welcher dieser beiden hat sich nicht erhärtet?

Dr. Gottfried Spitzer: Die Zahlung wäre ja nur dann vorwerfbar gewesen, wenn sie unrechtmäßig gewesen wäre.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja.

Dr. Gottfried Spitzer: Allein der Besitz einer Beteiligungsgesellschaft ist ja in keiner Weise vorwerfbar. Insofern verstehe ich nicht, wieso Sie da von zwei Vorwürfen sprechen. Es geht um einen Sachverhalt.

Ein Sachverhalt wurde mir zur Kenntnis gebracht. Ich habe das Kollegen Kandler mitgeteilt. In weiterer Folge haben wir Herrn Dr. Kulterer aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen. Er hat uns Unterlagen übergeben. Aus diesen Unterlagen ließ sich nicht erkennen, dass irgendetwas nicht rechtmäßig gewesen wäre.

In die Gespräche zwischen Deloitte und der FMA beziehungsweise damals der OeNB war ich persönlich nicht involviert. Wer da was wann gesagt hat, das weiß ich nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie waren persönlich nicht daran interessiert, ob das irgendwie stimmt oder nicht, nehme ich jetzt einmal mit.

Herr Ettl sagt auch, das ist überhaupt kein Einzelfall, dass ...

Dr. Gottfried Spitzer: Ich widerspreche!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja? Womit?

Dr. Gottfried Spitzer: Dass ich nicht interessiert war. Ich habe mich natürlich erkundigt, ob da etwas herausgekommen ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Dann erklären Sie es mir! Haben diese Beratungsleistungen stattgefunden oder nicht?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe diese Frage bereits beantwortet.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein! Haben diese Beratungsleistungen stattgefunden oder nicht?

Herr Ettl behauptet: Ja, sie haben stattgefunden, es hat konkrete Leistungen gegeben, die Frau Kulterer, ihres Zeichens Hausfrau, der Firma Puris im Umfang von 700 000 anscheinend hat zukommen lassen.

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Herr Abgeordneter, er hat diese Frage beantwortet.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein, hat er nicht!

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Er hat es selbst nicht ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich habe ja nichts auf den Ohren! Ich habe das nicht gehört.

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Dann hören Sie mir noch kurz zu. – Er hat gesagt, er hat es selbst nicht geprüft, und die Kollegen hätten ihm gesagt, dass da nichts dran wäre.

Damit ist die Frage beantwortet!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Entschuldigen Sie, aber es geht ja hier um einen großen Fall! Wenn ich jetzt wissen will, ob ein Wirtschaftsprüfer, der einen ganz konkreten Verdacht hat, der aus meiner Sicht ganz, ganz schwer wiegt, dann einfach sagt: Alles in Ordnung, alles kein Problem!, dann will ich wissen, aus welchem Grund er das sagt. Sagt er das deshalb, weil tatsächlich nichts dran ist? Oder sagt er es, weil ihm jemand die Folterkammer gezeigt hat und er sich das noch einmal ganz genau überlegt hat?

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Aber er kann doch nur das sagen, was er weiß! Und das hat er ja dargelegt, was er weiß.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein, hat er nicht!

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Noch einmal: Er hat gesagt, er selbst hat das nicht geprüft ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber er wird sich dafür interessiert haben, was da herausgekommen ist.

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: ... und die Kollegen hätten gesagt, sie haben es geprüft und gesehen, es ist nichts dran.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber meine Frage, die ich gestellt habe, ist ganz einfach: Hat diese Beratungsleistung stattgefunden?

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Das hat er nicht geprüft, das haben Sie ja ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sicher wird er das geprüft haben, wenn da drinsteht, dass das eine potenzielle Kick-back-Zahlung ist! Das muss er ja geprüft haben, weil das sein Vorwurf war.

Schauen Sie, wenn Sie einen Vorwurf erheben, sozusagen Ihre berufliche Karriere damit verbinden, und dann von jemand anderem diesen Vorwurf prüfen lassen, dann interessieren Sie sich sehr wohl dafür, was da herauskommt!

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Aber das weiß ja nur er, ob er sich interessiert hat oder nicht. Sie können ja durchaus einschätzen, Sie glauben das nicht oder sehen das anders, dagegen ist nichts einzuwenden, aber wenn er sagt, er hat das nicht geprüft und von den anderen so gehört, dann ist das denkbar, und es ist seine Aussage.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also Sie bleiben dabei: Sie haben das nicht geprüft, und es war Ihnen auch egal, was da herausgekommen ist?

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Von egal war wirklich nicht die Rede!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber den Eindruck habe ich!

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Den dürfen Sie ja haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Deswegen sage ich ihn ja, weil ich ihn habe.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe einmal schon widersprochen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben widersprochen?

Dr. Gottfried Spitzer: Dass es mir egal ist, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay, es ist Ihnen nicht egal.

Gut, mir ist auch etwas nicht egal: Sie haben heute gesagt, dass Sie körperlich – warten Sie, ich schaue noch einmal nach, dass ich es richtig sage –, dass Sie körperlich massiv bedrängt worden sind bei einer Sitzung. Das war eine Karotte, die Sie uns hingehalten haben, Sie wollten dann die Namen nicht nennen.

Ich frage Sie jetzt: Wer waren diese Namen? – Und ich mache Sie darauf aufmerksam, dass es da aus meiner Sicht keine Entschlagungsmöglichkeit gibt.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich kann mich an die Namen nicht mehr erinnern. Ich kann mich an die Personen nicht mehr erinnern. Es war eine größere Gruppe, und wer ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): An keinen Einzigen können Sie sich erinnern?

Dr. Gottfried Spitzer: ... in dieser Gruppe stand, daran erinnere ich mich nicht mehr.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): An keinen Einzigen mehr? – Das heißt, Sie wurden massiv körperlich bedrängt von einer ganzen Gruppe, und Sie haben keinen Einzigen mehr in Erinnerung, der dabei war? Ist das so? (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) – Ja, er hat es herausgefordert.

Dr. Gottfried Spitzer: Das ist zehn Jahre her. Ich möchte und werde keine Namen ins Blaue nenne, an die ich mich nicht ganz detailliert erinnern kann.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also Sie können sich an keine einzige Person so erinnern, dass Sie es sicher sagen können?

Dr. Gottfried Spitzer: Nicht mit hundertprozentiger Sicherheit.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wenn wir schon bei der Wahrheitspflicht sind: Sie haben gesagt, dass Sie von der CONFIDA Vorschläge bekommen haben. Ich habe Ihnen einen Aktenvermerk gezeigt. Sie haben gesagt, das war er nicht, sondern es war ein CONFIDA-Papier. Das haben Sie zumindest im Kärntner Untersuchungsausschuss ausgesagt, dass die Bank Ihnen Vorschläge auf CONFIDA-Papier übermittelt hat – so steht es in Ihrer Aussage im Kärntner Untersuchungsausschuss.

Gibt es dieses Papier irgendwo und wer hat das? Ich habe es nirgends gefunden. Wer könnte das haben? Was machen Sie üblicherweise mit solchen Papieren?

Dr. Gottfried Spitzer: Die CONFIDA.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben es ja bekommen, die CONFIDA hat es Ihnen gegeben. Was machen Sie im Normalfall mit solchen Papieren? Wer bekommt die? Kommen die in einen Akt?

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, das kommt irgendwo in den Akt. (Abg. Lugar: Irgendwo?) – Ja, in den damaligen Akt aus 2004.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gibt es diese Akten noch?

Dr. Gottfried Spitzer: Nicht vollständig. Teile des Akts gibt es noch – wir haben eine siebenjährige Aufbewahrungspflicht –, vollständig gibt es diese Akten nicht mehr.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Könnten Sie nachschauen und es vielleicht nachreichen, wenn es das noch irgendwo gibt?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich kann es versuchen, ja, natürlich.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sehr gut. – Gut, vielen Dank.

Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Ich habe eine kurze Nachfrage, Herr Spitzer. Kollege Lugar hat eben von einer Unterlage gesprochen, die Sie von Herrn Kulterer bekommen haben. Verständnisfrage: Sie haben jetzt gerade gesagt, wenn ich es richtig verstanden habe, Sie haben dieser Unterlage insofern Glauben geschenkt, dass das Geschäft rechtens war und es keine Kick-back-Zahlungen waren. Ist das richtig so? Habe ich das so richtig verstanden?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich wiederhole noch einmal: Ich persönlich habe keinerlei Schlüsse gezogen. Die Prüfung dieses Falles wurde an Kollegen übergeben, die haben Unterlagen von Herrn Dr. Kulterer angefordert, haben sich das angesehen, haben daraus nichts entdeckt, das diese Vorwürfe massiv erhärtet hätte oder in irgendeiner Weise erhärtet hätte, und haben mich in weiterer Folge darüber informiert.

Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Das heißt, nicht diese Unterlage war für Sie ausschlaggebend, dem zu glauben, sondern die Aussagen dritter Seite?

Dr. Gottfried Spitzer: Von meinen Kollegen, natürlich, ja.

Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Danke schön.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Es ist halt manchmal so, dass man von Wortmeldungen noch einmal angeregt wird, sonst hätte ich längst geschwiegen. Jetzt ist es so, dass dieser Aktenvermerk vom Februar zu den Kick-back-Zahlungen, den Herr Kandler angelegt hat, wie er mit Herrn Ettl telefoniert hat …

Dr. Gottfried Spitzer: Ich glaube, Ettl hat den Aktenvermerk angelegt, nicht Kandler.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ettl hat den Aktenvermerk angelegt, ja genau. Da hätte ich jetzt zwei Fragen.

Erstens: Am 26. Februar um 19.30 Uhr wurde dieser Aktenvermerk angelegt, über ein Telefonat vom selben Tag um 18.30 Uhr. Sie haben jetzt gesagt, die Überprüfung dieser Causa wurde dann von einem Kollegen von Ihnen vorgenommen, und da ist der Verdacht dann erhärtet worden. – Können Sie noch ungefähr sagen, wann dann letztendlich dieser Verdacht quasi in Luft aufgelöst war? Können Sie noch in etwa sagen, wann das war? (Auskunftsperson Spitzer: Nein!) – War das eine Woche später, war das …?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich weiß es nicht mehr.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie uns noch sagen, wann genau Sie darum gebeten haben, dass Sie als Wirtschaftsprüfer Ihr Mandat zurücklegen können?

Dr. Gottfried Spitzer: Das war im Frühjahr des Jahres 2007.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): War das unmittelbar danach?

Dr. Gottfried Spitzer: Die WBG-Causa war einer der Gründe.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das wäre jetzt meine Frage gewesen. (Auskunftsperson Spitzer: Ja, ja!) – Denn es erscheint mir so, als dass es zwar seitens Kulterer offensichtlich gelungen ist, glaubhaft zu versichern, dass nichts dran ist an einer Kick-back-Zahlung, es Ihnen aber doch zu bunt war und Ihnen die Haftung als Wirtschaftsprüfer und Ihr Ruf als Wirtschaftsprüfer offenbar zu wichtig waren, als dass Sie da weiterhin Ihren Kopf hinhalten wollten und unter einem Vorstand Kulterer weiterhin eine Bilanz unterschreiben. – Ist das richtig?

Dr. Gottfried Spitzer: Das ist verkürzt zum Teil nicht richtig.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie uns sagen, wie es richtig ist?

Dr. Gottfried Spitzer: Kulterer war damals nicht mehr im Vorstand, sondern war damals Aufsichtsrat.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Entschuldigung, das war mein Fehler.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich habe Ihnen gesagt, dass ich ein persönliches Unwohlsein damit verband, dass die Kontrollkette insoweit abgeschwächt war – Punkt eins.

Punkt zwei: Es ist verkürzt, darzustellen, dass die WBG-Causa allein zu meiner Zermürbung geführt hätte. Es hat mit den Swapverlusten begonnen, hat sich mit sehr schwierigen Gesprächen über die Kreditwertberichtigungen fortgesetzt und hat dann seine Fortsetzung in einigen Vorkommnissen im Herbst, Winter 2006/2007 gefunden, bis bei mir das Fass zum Überlaufen kam.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben gesagt, Sie sind bedrängt worden. Ich muss gestehen, ich verstehe nicht, warum Herr Kollege Lugar dazu auch Namen wissen möchte. Erstens einmal kann es sein, dass man sich eben an solche Ereignisse gar nicht mehr erinnern möchte beziehungsweise es dann verdrängt und sich nicht erinnern kann.

Ich hätte aber ganz gern von Ihnen gewusst, ob Sie sich erinnern können, dass es in dieser Zeit nach der Rückziehung des Testats auch noch andere Bedrohungsszenarien gab, denn gestern haben wir gehört, dass Herr Oberst Stangl, dieser Sicherheitsbeauftragte, im privaten Umfeld des Herrn Dkfm. Groier versucht hat, Termine mit privaten Personen aus dem Umfeld Groiers zu machen. – Sie haben schon gesagt, Herrn Stangl kennen Sie nicht, glaube ich, wenn ich das richtig verstanden habe, aber gab es bei Ihnen auch irgendwelche anderen Drohszenarien, wo man, sage ich jetzt einmal, Unbekannte, aber doch im Rahmen der ganzen Sache rund um die Hypo, als Verdächtige ausmachen kann?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich weiß nicht, ob ich observiert wurde. Ich weiß das bis heute nicht. Ich hoffe nicht. Das entzieht sich meiner Kenntnis. Es haben mich meine Kollegen damals auch geschützt, indem man mein Mobiltelefon für eine Zeit lang sicher verwahrt hat, um mich vor Telefonterror zu bewahren, indem man das Namensschild von meinem Haus entfernt hat. Ich wurde auch davor gewarnt, dass es passieren kann, dass die Radschrauben vom Auto aufgehen. Ich habe in dieser Zeit damals regelmäßig auch diesen Umstand überprüft.

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, da noch Wortmeldungen vorliegen, haben Sie in dieser Runde noch eine Frage?

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, eine abschließende Frage. Noch einmal zurückkommend auf den Aktenvermerk, den Ettl gemacht hat: Der ehemalige Kollege von Ihnen, Herr Kandler, hat gesagt, er hat nicht verstanden, warum das Ettl in diesem Aktenvermerk so scharf formuliert hat, dass Deloitte überlege, das Prüfmandat zurückzulegen. Jetzt haben Sie es vorher schon gesagt, vielleicht ist es verwechselt worden, dass Sie das gemeint haben. (Auskunftsperson Spitzer: Kann sein!) – Gehen Sie davon aus, dass das so war? (Auskunftsperson Spitzer: Ja, das kann sein!) – Er war nämlich selbst erstaunt.

Dr. Gottfried Spitzer: Ja, ich glaube, das war so.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Jetzt bin ich noch einmal motiviert, noch etwas zu fragen, und zwar geht es um die Birnbacher-Geschichte. Um das zu plausibilisieren ist ja Deloitte meines Wissens nach beauftragt worden, ein Gutachten zu erstellen, ob diese 12 Millionen Honorar angemessen sind. – Ist das soweit richtig?

Dr. Gottfried Spitzer: Zur Birnbacher-Causa habe ich alles gesagt, was ich zu sagen habe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum? Wieso sagen Sie dazu nichts mehr, gibt es dazu einen Grund? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt und der Vertrauensperson.)

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Der Grund ist, dass ein Ermittlungsverfahren gegen Herrn Dr. Spitzer in der Sache Birnbacher anhängig ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich habe ein Vernehmungsprotokoll von Herrn Megymorez, kann ich dazu auch nichts fragen? – Ich probiere es. Die Aktennummer ist 8096, und in diesem Vernehmungsprotokoll hat Herr Megymorez Folgendes ausgesagt: Wenn Sie besonderes Augenmerk auf die Seite 240 legen, da sagt Herr Megymorez, dass es ein Gespräch mit Ihnen gegeben hat, am 5.3.2008. Und er sagt hier:

„(...) hat Spitzer durchklingen lassen, dass wir uns beim Honorar von EUR 12 Mio. zwar innerhalb der Bandbreiten bewegen, uns aber damit auseinandersetzen müssen, dass keine Käufersuche stattgefunden hat.“

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Ja, es gilt das Gleiche.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sagen Sie nichts dazu? – Okay! Dann noch eine Frage: Weiter oben steht, dass Sie hauptsächlich mit Herrn Dobernig über dieses Gutachten gesprochen haben. Können Sie das vielleicht kurz erklären, warum gerade mit Herrn Dobernig? – Wieder das Gleiche?

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Das Gleiche.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sagen Sie irgendetwas dazu oder gar nichts?

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Nein ist nein!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay!

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und das steht der Auskunftsperson – ich habe das auch schon auf die Frage der Frau Abgeordneten Jank gesagt – auch begründet zu.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist mir eh vollkommen klar. Ich habe nur mein Glück versucht. – Vielen Dank. (Heiterkeit.)

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es jetzt noch Wortmeldungen?

Dann frage ich Herrn Dr. Pilgermair, ob er noch ergänzende Fragen hat.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, ich hätte noch eine ergänzende Frage.

Herr Dr. Spitzer, Sie haben sich in der wichtigen Funktion des Wirtschaftsprüfers mit der Hypo in einer für die Hypo sehr wichtigen Zeit befasst. Können Sie uns den wirtschaftlichen Zustand der Bank vor dem Verkauf an die BayernLB schildern?

Dr. Gottfried Spitzer: Meine letzte Wahrnehmung ist der Jahresabschluss zum 31.12.2006, den haben wir uneingeschränkt unterfertigt. Die Bank war kapitalschwach – damals auch noch. Das ist, glaube ich, nichts Neues. Der Einstieg der Berlin-Gruppe war bereits erfolgt. Es war jedoch klar, dass das nicht das Ende der Kapitalmaßnahmen sein wird.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sind Sie als Experte einmal gefragt worden – gleich, von wem auch immer, und auch gleich, ob formell oder informell –, was Sie empfehlen würden, wie man vorgehen könnte/sollte? (Auskunftsperson Spitzer: Wie?) – Mit der Zukunft der Bank, wie man weitermachen sollte, in welche grundsätzliche Richtung wie vorzugehen wäre.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich kann mich an eine Frage dieser Art nicht erinnern.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie selber einmal etwas dazu von sich aus, auf welche Art auch immer, auch informell, eingebracht? Dass Sie selber einmal gesagt haben: Wenn ich als Wirtschaftsprüfer, der ich mich doch intensiv befasst habe … Wenngleich es auch für Ihre Firma, für Deloitte, ein Unter-2-Prozent-Volumen war, aber dennoch hat das auch eine Bedeutung.

Sie haben sich ja sehr intensiv damit befasst, ungewöhnliche Schritte gesetzt und in der Folge auch darunter zu leiden gehabt. Wenn man das so sieht und weiß, wie intensiv Sie dabei waren, dann fragt man sich: Wenn Sie gefragt worden wären, was hätten Sie denn empfohlen, was zu tun wäre, was man sinnvoll tun könnte für die Bank?

Dr. Gottfried Spitzer: Ich glaube, was sinnvoll für die Bank damals war, ist ja in weiterer Folge erfolgt. Die Bank musste in eine tunlichst internationale, große Bankengruppe überführt werden, eingebracht werden, weil sie für sich allein nur schwer lebensfähig war. Die Bank musste damit rechnen, dass die Gewährträgerhaftung ausläuft, dass die Refinanzierung teurer wird. Sie war angeschlagen, sie war auch schon vorher kapitalschwach.

Dass eine Einbindung in eine große internationale Organisation da von Vorteil ist, das war für uns alle klar. Wir haben das nie formell kommuniziert in Form eines Schreibens oder wie auch immer, aber im Gespräch haben wir mit dieser Meinung nie hinter dem Berg gehalten. Es ist auch in weiterer Folge erfolgt.

Dass dieses Abenteuer so ausgeht, wie es in weiterer Folge dann ausgegangen ist, das hat, glaube ich, damals niemand erwartet.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Eine Auskunftsperson von der Bankenaufsicht hat gemeint, als bekannt wurde, dass die Bayern kommen, sei das unter dem Gesichtspunkt eines Kreditrisikomanagements wie Ostern und Weihnachten zugleich gesehen worden.

Dr. Gottfried Spitzer: Dazu kann ich nichts sagen. Ich kenne diese Aussage nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Man hat sich Hoffnungen gemacht, dass das anders werden wird.

Ich bedanke mich.

Dr. Gottfried Spitzer: Ich danke auch.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals. Da mir jetzt keine Wortmeldungen mehr vorliegen, erkläre ich die Befragung der Auskunftsperson für beendet.

Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Dr. Gottfried Spitzer, als Auskunftsperson und auch bei Ihnen, Herr Dr. Ruhri, als Vertrauensperson, dass Sie dem Ausschuss zur Verfügung gestanden sind.

 

 

 



[1] Bei meiner Antwort stimmen ganz offensichtlich die Daten nicht, obwohl die Aussage wohl richtig mitgeschrieben wurde. Wir haben unser Testat nicht am 27.3. widerrufen, sondern am 30.3.2006. Dies ergibt sich schon aus dem Eingangsstatement. Das Gespräch bei der FMA fand zudem nicht am 28.3., sondern am 31.3. statt. Auf Seite 36/70 unten wurde dieses Datum von mir ebenfalls richtig genannt. Danke für die Richtigstellung dieses Irrtums.

Anmerkung: Diese Einwendung wurde abgelehnt.