213/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

 

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Karl-Heinz Grasser in der 32. Sitzung vom 30. September 2015

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 53. Sitzung am 28. Jänner 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Karl-Heinz Grasser zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2016 01 28

 

                            Gabriel Obernosterer                                                               Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende


 

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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

32. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Mittwoch, 30. September 2015

Gesamtdauer der 32. Sitzung

10.08 Uhr – 18.40 Uhr

Lokal VI


Befragung der Auskunftsperson Mag. Karl-Heinz Grasser

Vorsitzende Doris Bures: Wir gelangen nun zur Befragung der ersten Auskunftsperson. Herr Mag. Grasser, Sie haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Vertrauensperson beizuziehen. Ich möchte Sie aber auch darüber informieren, dass zu Ihrer Linken Verfahrensanwalt Professor Binder und Verfahrensrichter Dr. Pilgermair sitzen; beide Herren haben die Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass die Verfahrensregeln eingehalten werden und dass Ihre Grund- und Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben.

Wann immer Sie sich beraten oder mit dem Verfahrensanwalt ein Gespräch führen wollen, können Sie sich an ihn wenden und in vertraulichen Gesprächen über Angelegenheiten, die Sie abklären wollen, beraten. Sie können sich natürlich auch jederzeit an Dr. Pilgermair wenden, wenn Sie das wollen. Wenn Sie sonst Fragen haben, stehe auch ich jederzeit für Rückfragen zur Verfügung, und auch wenn Sie eine Pause beziehungsweise Unterbrechung haben wollen, werde ich diesem Wunsch nachkommen. Sie können sich, wie gesagt, jederzeit während der Befragung an uns wenden, wenn es Ihrerseits Fragen gibt.

Es ist jetzt noch eine kurze Rechtsbelehrung vorgesehen, und dann folgt entweder das Eingangsstatement oder die Erstbefragung. Zu diesem Zweck erteile ich Herrn Dr. Pilgermair das Wort.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Guten Morgen, Herr Mag. Grasser! Ich begrüße Sie hier im Ausschuss und bitte Sie, dass Sie sich vorerst dieses Datenblatt anschauen und auf die Richtigkeit der darin eingetragenen persönlichen Daten hin prüfen. (Auskunftsperson Grasser: Ja, das ist korrekt!) – Danke.

Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie auch über den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. Gerade jetzt vor Sitzungsbeginn hat Sie der stellvertretende Verfahrensrichter Herr Mag. Hellmich gemäß § 38 der Verfahrensordnung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson eingehend persönlich belehrt. Sie haben das über diese Rechtsbelehrung aufgenommene Protokoll auch unterfertigt.

Ich frage Sie nun, ob Sie diese Belehrung, insbesondere auch über die Gründe für eine Verweigerung der Aussage und einen Ausschluss der Öffentlichkeit sowie über die Pflichten zur Angabe der Wahrheit und die allfälligen strafrechtlichen Folgen einer vorsätzlich falschen Aussage vor dem Untersuchungsausschuss, sowie schließlich auch die Belehrung gemäß dem Informationsordnungsgesetz verstanden haben. (Auskunftsperson Grasser: Ja, das habe ich!)

Für den Fall, dass Sie zu der Ihnen erteilten Rechtsbelehrung noch Fragen haben, lade ich Sie ein, diese Fragen nun an mich zu stellen. (Auskunftsperson Grasser: Das ist nicht der Fall, danke!) – Dann halten wir das fest.

Herr Mag. Grasser, Sie haben als Vertrauensperson Herrn Dr. Manfred Ainedter beigezogen. Ich begrüße Sie, Herr Dr. Ainedter, und bitte Sie – beziehungsweise bitte ich eigentlich dich, um bei unserer Bekanntschaft zu bleiben –, die Richtigkeit der in diesem Datenblatt eingetragenen persönlichen Daten zu prüfen. (Vertrauensperson Ainedter: Diese sind korrekt!) – Die Vertrauensperson bestätigt die Richtigkeit dieser Daten.

Gründe für den Ausschluss der beigezogenen Vertrauensperson gemäß § 46 Abs. 4 der Verfahrensordnung sind mir nicht bekannt. Ich ersuche die anwesenden Mitglieder des Ausschusses, mitzuteilen, ob gegen die Beiziehung von Herrn Dr. Manfred Ainedter als Vertrauensperson Einspruch erhoben wird. – Das ist nicht der Fall. Ich weise einmal mehr darauf hin, dass Gründe für einen Ausschluss der Vertrauensperson auch noch während der Befragung vorgebracht werden können.

Ich frage nun die Vertrauensperson, ob es noch Fragen zur gleichfalls erteilten Rechtsbelehrung für Vertrauenspersonen gibt. (Vertrauensperson Ainedter: Nein!) –Das ist nicht der Fall ist.

Abschließend frage ich nunmehr Sie, Herr Mag. Grasser, ob Sie von dem Ihnen zustehenden Recht, als Auskunftsperson vorweg eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die bis zu 20 Minuten dauern kann, Gebrauch machen wollen. (Auskunftsperson Grasser: Ja, das würde ich gerne tun!) – Bitte sehr.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrte Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Werte Damen und Herren! Ich habe die Verantwortung des Bundesministers für Finanzen von Februar 2000 bis Jänner 2007 wahrgenommen und möchte heute, was den Untersuchungsgegenstand betrifft, die Ausführungen zunächst mit der Aufsicht beginnen.

Ich möchte anführen, dass ich im Jahr 2000 eine schlecht funktionierende und unzureichend strukturierte Finanzaufsicht übernommen habe. Wir haben, beginnend mit Februar 2000, umgehend eine erste Stärken- und Schwächenanalyse im Finanzministerium durchgeführt, um zu sehen, welche sachlichen Herausforderungen sich stellen. Wir haben das Problem der Aufsicht erkannt und haben sofort mit der Sanierung dieses wichtigen Themas begonnen.

Wir haben nach einer langen und umfassenden politischen Diskussion und Expertendiskussion bereits im Sommer 2001 die Errichtung einer integrierten Allfinanzaufsicht beschlossen, und zwar einer Allfinanzaufsicht in Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit, also der Finanzmarktaufsicht.

Einige von Ihnen werden sich noch an diese Diskussion erinnern; ich sehe hier Damen und Herren Abgeordnete, die bei dieser Diskussion damals auch schon dabei waren. Diese Damen und Herren Abgeordneten wissen daher auch, dass es im März 2002 bereits zu einem neuen Beschluss und zu einer Überarbeitung des Gesetzes gekommen ist, die aufgrund eines VfGH-Urteils vom Dezember 2001 notwendig war. Im März 2002 ist es dann gelungen, mit den Stimmen aller damals im Nationalrat vertretenen Parteien, die Finanzmarktaufsicht als unabhängige Aufsichtsbehörde unter parlamentarischer Kontrolle nach internationalen Vorbildern weisungsfrei zu gestalten und sie auch verfassungsrechtlich abzusichern. Gleichzeitig wurde die Zusammenarbeit zwischen der Finanzmarktaufsicht und der Oesterreichischen Nationalbank im Hinblick auf das Thema Bankenaufsicht auf eine gesetzliche Basis gestellt.

Bereits im Herbst 2001 konnte der Gründungsvorstand der Finanzmarktaufsicht bestellt werden. Der Herr Bundespräsident hat damals im Herbst 2001 Professor Grünbichler und Dr. Pribil als Gründungsvorstand der Finanzmarktaufsicht bestellt. Diese Finanzmarktaufsicht hat am 1. April 2002 als unabhängige Behörde den operativen Betrieb aufgenommen und ist seither für die Aufsicht von Banken, Wertpapierunternehmen, Versicherungen und Pensionskassen zuständig. In der Zwischenzeit sind auch eine Reihe weiterer Kompetenzen hinzugekommen.

Meine Damen und Herren! Ich nehme daher in Anspruch, dass die Aufsicht in meiner Verantwortung – dankenswerterweise mit den Stimmen aller damals im Parlament vertretenen Parteien – deutlich verbessert wurde, dass die Aufsicht neu strukturiert wurde, dass die Aufsicht mehr Ressourcen und mehr Kompetenzen erhalten hat und dass wir fraglos eine schlagkräftigere Aufsicht gestalten konnten.

Realität ist aber natürlich auch, dass auch diese bessere Aufsicht weder die BAWAG-Krise noch die Hypo-Swapverluste noch die Hypo-Krise in weiterer Folge verhindern konnte, und ich glaube, dass es durchaus angebracht ist, nach einer Erklärung dafür zu suchen, warum das der Aufsicht offensichtlich nicht gelungen ist.

Ich muss Ihnen aber sagen, dass ich der Überzeugung bin, dass beide Fälle – sowohl die BAWAG- als auch die Hypo-Krise – auch mit der besten Aufsicht nicht hätten verhindert werden können. Ich bin der Überzeugung, dass in beiden Fällen so etwas wie ein multiples Organversagen vorliegt. Damit meine ich, dass eine ganze Reihe von gesellschaftsrechtlich vorgesehenen Organen, also der Vorstand, der Aufsichtsrat genauso aber der Eigentümer, die Interne Revision und schließlich auch die Wirtschaftsprüfer hier sehr schlecht agiert haben, um nicht zu sagen: versagt haben, und zwar leider sogar in Verbindung mit einer Reihe von strafrechtlichen und wirtschafts- beziehungsweise verwaltungsrechtlichen Delikten. In so einem Fall hat meiner Meinung nach auch die beste Aufsicht keine Chance, einen derartigen Skandal, eine derartige Krise zu verhindern. Das wird ja übrigens auch von einer Reihe von internationalen Bankenkrisen bewiesen.

Die Finanzkrise hat, wie bekannt ist, zu einer Fülle von Bankenkrisen geführt und Insolvenzen ausgelöst, in Österreich wie auch in vielen anderen Ländern. Es gibt eine Reihe von Beispielen von Bankenkrisen, die gut gelöst und gemanagt wurden. Schauen Sie allein ins Nachbarland! So hat beispielsweise die Commerzbank mehr als 18 Milliarden € an Staatshilfen gebraucht. Oder sehen Sie sich, was den Untersuchungsgegenstand betrifft, die Bayerische Landesbank an, die Milliarden an Kapitalerhöhungen gebraucht und meines Wissens 15 Milliarden € an Garantien des Bundes benötigt hat! Da sehen Sie, dass es in anderen Ländern auch gelungen ist, Banken zu sanieren und Banken, wenn sie verstaatlicht worden sind, dann auch wieder zu privatisieren.

Das heißt: Ich glaube, eine nüchterne Analyse der letzten Jahre zeigt, dass es einige Länder durchaus gut gemacht haben – ob das Irland ist, ob das Deutschland ist, ob das die USA sind – und dass manche dieser Länder sogar viel Geld an der Rettung ihrer Banken und Versicherungen für den Steuerzahler verdient haben. In all diesen Ländern, möchte ich nur anführen, ist es aber auch nicht gelungen – so wie in Österreich –, dass die jeweilige Aufsicht diese Krisen quasi präventiv aufzeigt und verhindert. Man ist aber zumindest dann mit der Krise deutlich besser umgegangen, als das bei uns der Fall war.

Österreich hat es meines Erachtens leider ganz offensichtlich sehr schlecht gemacht. Ich habe mir in Vorbereitung auf unsere heutige Ausschusssitzung den „Bericht der unabhängigen Untersuchungskommission zur transparenten Aufklärung der Vorkommnisse rund um die Hypo Group Alpe-Adria“ unter dem Vorsitz von Frau Dr. Griss angesehen. Wer diesen Bericht liest … Also ich habe zumindest in aller Deutlichkeit den Bericht so interpretiert, dass die Verstaatlichung einerseits und das fehlende Management nach der Verstaatlichung zu einer Schadensmaximierung für den Steuerzahler geführt haben.

Ich war vom Bericht dieser unabhängigen Kommission – wie er verfasst ist, wie er diese Krise aufarbeitet – wirklich beeindruckt und möchte an dieser Stelle einige kurze Zitate bringen, die meines Erachtens die wesentlichen Fehlentwicklungen und Fehlentscheidungen zum Ausdruck bringen.

Ich zitiere aus der Kurzfassung des Berichts der unabhängigen Kommission, Seite 9, was den Themenkomplex der Verstaatlichung betrifft – Zitat –: „Denn trotz der in den Berichten der OeNB beschriebenen gravierenden Missstände und trotz der Tatsache, dass keine Due Diligence durchgeführt worden war, verzichtete der Bund auf jede Gewährleistung für einen bestimmten Zustand der HBInt. Damit ging der Bund ein sehr hohes Risiko ein.“

Die unabhängige Kommission sagt also: Der Bund verzichtete „auf jede Gewährleistung“ und ging damit „ein sehr hohes Risiko ein“.

Weiter unten auf Seite 9 – auch interessant, was die Beleuchtung der Verhandlungsposition der Bayerischen Landesbank betrifft; als Zeitungskonsument hatte ich so den Eindruck, dass man in Österreich von einer großen Stärke der Bayerischen Landesbank ausgegangen ist – sagt die Griss-Kommission: „Das Gesamtrisikovolumen der BayernLB lag damit, Kaufpreis und bisherige Kapitalaufstockungen mit eingerechnet, zwischen rund 6 Mrd EUR und 8,2 Mrd EUR.“

Das heißt, die Kommission kommt hier offensichtlich zum Schluss, dass das Risiko der Bayern doch bei einem sehr hohen Betrag, zwischen 6 und 8,2 Milliarden €, lag.

Auf Seite 12 der Kurzfassung – letztes Zitat zum Themenkomplex der Verstaatlichung; ich zitiere wiederum –: „Bei Berücksichtigung all dieser Umstände kommt die Untersuchungskommission zum Ergebnis, dass die verantwortlichen Entscheidungsträger des Bundes die Verstaatlichungsentscheidung ohne ausreichende Informationsgrundlage getroffen haben. Sie haben weder die Tatsachen angemessen aufbereitet noch die rechtlichen Rahmenbedingungen ausreichend geprüft. Damit konnten die österreichischen Verhandler keine Alternativszenarien entwickeln, die ein Gegengewicht zur Strategie der BayernLB und des Freistaats Bayern hätten bilden können. Der Gegenseite war es dadurch möglich, Gang und Ergebnis der Verhandlungen maßgeblich zu bestimmen. Dies gilt sowohl für die Verstaatlichung als solche als auch für die Bedingungen, zu denen die Verstaatlichung erfolgte.“ 

Abschließend ein Zitat, was den Themenkomplex der Zeit nach der Verstaatlichungsentscheidung betrifft – ich zitiere jetzt von Seite 16 des Berichts der unabhängigen Kommission –: „Die Untersuchungskommission kommt zum Ergebnis, dass die verantwortlichen Entscheidungsträger des Bundes nach der Verstaatlichung Entscheidungen getroffen haben, ohne über eine ausreichende Informationsgrundlage zu verfügen und ohne das erforderliche Fachwissen beschafft zu haben: Das Beihilfeverfahren wurde nicht mit dem notwendigen fachlichen und politischen Einsatz betrieben; die Entscheidung über eine Abbaulösung wurde aus sachfremden Motiven hinausgeschoben; die Aufarbeitung der Vergangenheit wurde zum Selbstzweck. Damit konnte das Vorgehen des Bundes als des nunmehrigen Alleineigentümers der HBInt dazu führen, dass die Kosten für die Allgemeinheit weiter stiegen.“

Meine Interpretation dieses Kommissionsberichts ist, dass hier offensichtlich zwei ganz schwerwiegende politische und fachliche Fehler von der sehr kompetenten und hoch qualifizierten unabhängigen Kommission diagnostiziert werden; zwei schwerwiegende Fehler, die diesen einzigartigen, sehr hohen Milliardenschaden für den Steuerzahler entsprechend ausgelöst haben.

Der erste Fehler, den die Kommission abhandelt, ist die Verstaatlichung selbst. Ich interpretiere die Kommission so, dass sie es klar als Fehler ansieht, dass man dem reichen Freistaat Bayern und seiner Landesbank diese Problembank wieder abgenommen hat, und man sieht vor allem, dass die Kommission ganz massive Kritik am konkreten Verhandlungsergebnis übt. Sie sagen erstens, es war nicht alternativlos, zu verstaatlichen, daher Kritik daran selbst. Zweitens sagen sie: wenn man schon verstaatlicht, dann bitte nicht zu diesen Konditionen – schlechtes Verhandlungsergebnis.

Zweitens – sehr eindeutig, wenn man diesen Bericht liest –, der zweite große Fehler in Folge der Verstaatlichung: Laut Kommission sind die Jahre nach der Verstaatlichung offensichtlich davon geprägt, dass Politik und Management ohne entsprechende Informationsgrundlage und ohne entsprechendes Fachwissen Entscheidungen getroffen haben – und daher eben leider Gottes schlechte Entscheidungen getroffen haben –, die zu einer Maximierung des Schadens für den Steuerzahler und die Steuerzahlerin geführt haben.

Meine Damen und Herren! Abschließend aus meiner Sicht: Welche Lehren sollten aus dieser unglaublichen Pleite, aus diesem Milliardenschaden für den Steuerzahler gezogen werden?

Erstens: Meines Erachtens sollten die Bundesländer und der Bund das Instrument der Haftung einer Evaluierung unterziehen. In Zukunft sollte viel sorgsamer, viel vorsichtiger, viel selektiver, viel gezielter mit Haftungen des Steuerzahlers umgegangen werden.

Zweitens: Die Hypo beweist aufs Neue, dass der Staat Österreich und das Land Kärnten – im konkreten Fall der Hypo – einfach sehr schlechte Eigentümer sind und ihrer Verantwortung in keiner Weise gerecht wurden.

Drittens: Natürlich können und müssen wir die Aufsicht in Abstimmung mit der europäischen Aufsicht weiter verbessern und aus den Schwächen der Vergangenheit lernen. Meines Erachtens kann aber, wie ich eingangs gesagt habe, auch die beste Aufsicht Bankenkrisen in Zukunft nicht verhindern.

Daher bin ich viertens der Überzeugung, dass das Eigenkapitalerfordernis für Banken über die Vorschriften von Basel III hinaus deutlich erhöht werden sollte. Ich bin der Meinung, dass es das beste Mittel für mehr Stabilität und mehr Sicherheit des Bankensystems ist, wenn man eine deutliche Erhöhung des Eigenkapitals gesetzlich vorschreiben würde.

Sie wissen, dass heute Basel III eine 8-prozentige Core-Tier-1-Eigenkapitalquote vorsieht. Ich denke durchaus, dass man in Zukunft eine Verdoppelung auf in etwa 15 bis 16 Prozent – um eine Orientierungsgröße zu nennen – an Core-Tier-1-Kapital anstreben sollte, dann hätten Banken einfach ein viel größeres Risikopolster, wären krisenresistenter und könnten durch schwierige Zeiten besser durchgesteuert werden, als das heute der Fall ist.

Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit, und ich freue mich auf Ihre Fragen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke schön, Herr Mag. Grasser, für Ihre einleitende Stellungnahme.

Wir beginnen mit der Erstbefragung. Ich beziehe mich bei den folgenden Fragen auf die Zeit Ihrer Tätigkeit als Finanzminister, Herr Mag. Grasser.

Sie sprachen von der Reform der Bankenaufsicht und auch davon, dass sie vermehrte Ressourcen und Kompetenzen bekommen hat. War die Bankenaufsicht in Ihrer Zeit als Minister aus Ihrer Sicht personell ausreichend dotiert?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Wie ich ausgeführt habe: Übernommen haben wir eine Situation, die meines Erachtens absolut unzureichend war. Und wir haben dann dafür gesorgt, dass es deutlich mehr Ressourcen gegeben hat. Das heißt: Konnten wir die Situation verbessern? – Ja, das war zweifelsohne der Fall. Unter anderem konnte natürlich eine ausgegliederte Einheit wie die Finanzmarktaufsicht auch viel leichter Personal aufnehmen, als das im Finanzministerium selbst der Fall gewesen wäre.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Meine Frage war konkreter, ob sie ausreichend dotiert war. Sie haben von einer Verbesserung gesprochen, und ich habe Sie konkret gefragt, ob sie ausreichend dotiert war.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Meines Erachtens: Ja. Aber ich muss anführen, dass die Entscheidungen über die konkreten personellen Ressourcen dann ja bei der Finanzmarktaufsicht als eigener Behörde auf der einen Seite und bei der Oesterreichischen Nationalbank andererseits gelegen sind.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt haben Sie in der einleitenden Stellungnahme und auch jetzt bei der ersten Antwort den schlechten Zustand der Finanzmarktaufsicht kritisiert. Würden Sie uns bitte konkret sagen, was Sie verbessert haben!

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das kann ich gerne versuchen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: In einer prägnanten Zusammenfassung, nicht in allen Details, nur, dass man einfach sieht, dass aus einer schlechten – aus Ihrer Sicht – jetzt eine funktionierende Aufsicht geworden ist!

Mag. Karl-Heinz Grasser: Erstens habe ich angeführt, dass die Aufsicht ja zuvor zersplittert war, und es hat eine Abteilung beziehungsweise Sektion im Finanzministerium gegeben, zum anderen ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Was hat schlecht funktioniert? – Nicht die Organisation, sondern was schlecht funktioniert hat! (Auskunftsperson Grasser: Wenn Sie mich ausführen lassen!) Es kann auch eine zersplitterte Aufsicht etwas Gutes ergeben. Was hat schlecht funktioniert?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also nach internationalen Maßstäben funktioniert eine zersplitterte Aufsicht nicht so gut. Wenn Sie einen Teil im Finanzministerium haben, einen Teil in einer Behörde, die Bundeswertpapieraufsicht geheißen hat, und einen Teil in der Oesterreichischen Nationalbank, dann ist das nicht die beste Voraussetzung für ein Funktionieren, wie auch ein Rechnungshofbericht entsprechend ergeben hat.

Sie haben gefragt, was wir konkret verbessert haben: erstens die Organisationsstruktur, dass es eine unabhängige Behörde wurde. Zweitens hat eine Expertendiskussion damals ergeben, dass es sozusagen der beste Standard der Zeit war, dass es eine weisungsfreie, unabhängige Behörde mit eigener Rechtspersönlichkeit war.

Wir haben auch erreichen können, dass die Vorstände und die Organe der Finanzmarktaufsicht rechtlich auf einer sehr guten Basis waren, um auch sozusagen eine starke Position des Vorstandes zu haben. Beispielsweise hat es auch eine Rechtsschutzversicherung für den Vorstand gegeben, die unterstreichen sollte, dass er einfach unabhängig und nur im Interesse der Sache agieren konnte.

Ich möchte anführen, dass es Ende 1999 im Finanzministerium in drei Abteilungen der Sektion V rund 24 Vollbeschäftigungsäquivalente gegeben hat, die mit Legistik und Bankaufsichtsaufgaben befasst waren. 2007 wird von der Finanzmarktaufsicht in einem Bericht diese Zahl der Vollbeschäftigungsäquivalente angegeben mit 65,5 – also von 24 auf 65,5 ist ein deutlicher Fortschritt! Die Notenbankzahlen habe ich nicht. Ich habe nur gefunden, dass sie für 2009 eine Zahl von 105 Vollbeschäftigungsäquivalenten meldet, was sicherlich auch deutlich mehr ist als vorher der Fall war.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hat sich in Ihrer Zeit als Finanzminister nach der Reform noch ein weiterer Bedarf ergeben, etwas an der Bankenaufsicht zu ändern?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Es geht, glaube ich, laufend um eine Anpassung an die aktuellen Geschehnisse. Es hat ja auch während meiner Zeit noch Maßnahmen, gesetzliche Maßnahmen gegeben, die das Parlament verabschiedet hat, wo zusätzliche Kompetenzen einerseits hinzugekommen sind und andererseits zum Beispiel auf die BAWAG-Krise durch ein Maßnahmenpaket reagiert wurde. Genauso wurde nach meiner Zeit, wie ich verfolgt habe, in einer Reihe von gesetzlichen Verbesserungen eben die Finanzmarktaufsicht an die jetzige Herausforderung angepasst.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Gab es zu Ihrer Zeit einen Rest, ein Residuum, zu dem Sie nicht mehr gekommen sind, es umzusetzen, bei einer allfälligen weiteren Reform der Bankenaufsicht?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das ist, glaube ich, immer der Fall. Es ist immer sozusagen Arbeit an einem …, an einer laufenden Einrichtung, wo man permanent Erfahrungen …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Also etwas Konkretes ist Ihnen dazu nicht in Erinnerung?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Konkret ist mir nur in Erinnerung, dass man sicherlich nach der BAWAG-Krise einerseits und den Hypo-Swapverlusten dann in weiterer Folge, nach der Analyse dieser Geschehnisse, sicherlich einen Anpassungsbedarf hatte. Aber das war die Zeit nach mir.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Themenwechsel: Wie haben Sie die Entwicklung der Hypo gesehen, immer in Ihrer Zeit als Finanzminister, von Beginn bis zum Ende?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also ich kann Ihnen jetzt keine besondere Wahrnehmung sagen. Es war klar, einerseits, und allgemein bekannt damals, dass die Hypo Alpe-Adria eine sehr expandierende Bank war, also ein hohes Expansionstempo hatte. Es war …

Ich habe zum Beispiel bereits Anfang des … Ich habe bereits im Jahr 2000 auch darauf hingewirkt – 2000 beziehungsweise 2001, ich kann mich nicht genau erinnern –, dass auch die Hypo Alpe-Adria entsprechend geprüft wird. Mein Eindruck war, dass es eine sehr häufig geprüfte Bank war.

Und ich meine, was war dann öffentlich bekannt? – Es war öffentlich bekannt, dass man Kapital gebraucht hat, um die weitere Expansion zu finanzieren. Es war öffentlich bekannt, dass ein Börsengang vonseiten der Hypo beziehungsweise des Landes Kärnten geplant war, und es war dann leider Gottes im Jahr 2006 bekannt, dass es die Swapverluste gegeben hat. Und in dieser Folge haben Notenbank und Finanzmarktaufsicht klarerweise und richtigerweise umfassende Prüfungen gemacht.

Aber mir wurde bis zu meinem Ausscheiden nicht ein einziges Mal ein kritischer Zustand der Hypo Alpe-Adria – im Sinne von: Die Bank ist in gefährlicher Schieflage, die müssten wir retten! – zur Kenntnis gebracht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt haben Sie gerade davon gesprochen, dass die Bank geprüft wurde. Haben Sie je irgendeinen Einfluss auf eine Prüfung der Bank vorgenommen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also wenn, dann in konstruktiver Art und Weise im Rahmen meiner Verantwortung! Ich habe in Erinnerung, dass ich in einem Gespräch mit der Sektionsleitung, mit Dr. Lejsek, ich glaube Sektion V, im Jahr 2001 sogar um eine Erweiterung der Prüfung gebeten habe, im Speziellen in Bezug auf Kroatien-Risiken, auf Kreditrisiken allgemein und auf Risiken in Verbindung mit der General Commerce Bank.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie sind Sie denn zu diesem Wunsch oder zu dieser Weisung gekommen? War das erwünscht, ist da ein Wunsch an Sie herangetragen worden, oder haben Sie sich auf einmal selbst ein Bild davon gemacht, dass das notwendig ist?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein, aber wir haben natürlich eine umfassende Diskussion gehabt, wie ich ausgeführt habe, was Finanzmarktaufsicht-Neuorganisation betrifft. Da interessiert man sich natürlich auch dafür ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, Herr Minister, das ist ja doch ein Detail! (Auskunftsperson Grasser: Ja, schon, aber das interessiert …!) Sie werden doch nicht die Zeit gehabt haben, sich um solche Details der Hypo zu kümmern!

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein, man interessiert sich natürlich dafür, wann, wo, wer auch geprüft wird. Ich hatte ja keine Erfahrung damit, daher interessiert es einen im Grundsatz, in welchen zeitlichen Abständen Prüfungen stattfinden.

Ich glaube, mich an ein Gespräch zu erinnern, konkret wiederum mit Dr. Lejsek, der mir berichtet hat von einer Prüfung, die die laut BWG eingerichtete Expertenkommission im Jahr 2000 beschlossen hat, was die Hypo Alpe-Adria betrifft. Er hat mir in diesem Routinegespräch, das es immer wieder gegeben hat mit Sektionschefs, gesagt, dass es diese Prüfung geben würde. Und ich habe dann hinzugefügt – weil man als Finanzminister, der aus Kärnten kommt, immer wieder auch Gerüchte gehört hat –, ich habe gesagt: Okay, wenn ihr die Bank prüft, dann schaut euch bitte auch eben Kroatien an! Da höre ich dauernd, es würde Risiken geben – prüft das! Ich höre, es könnte Risiken geben bei Krediten – prüft das bitte! Und schaut euch die General Commerce Bank – war auch so ein Kärntner Thema –, schaut euch auch das genau an!

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ein Wunsch aus Kärnten ist nicht an Sie herangetragen worden, die General Capitals anzuschauen und die Prüfung auszuweiten?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Was ist General Capitals?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Eine Firma, die in diesem Zusammenhang dann auch geprüft wurde.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Da habe ich jetzt …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist kein Wunsch aus Kärnten gekommen, der dann zu einer Prüfungserweiterung geführt hat?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Habe ich, ehrlich gesagt, keine Erinnerung daran.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Gerüchte und Wunsch ist ja etwas anderes, nicht? Also kein konkreter Wunsch aus Kärnten?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich weiß es nicht mehr.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie waren Ihre Kontakte mit dem Vorstand Kulterer?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Wie waren sie? – Sie waren, ich würde sagen, eigentlich so wie mit jedem anderen Generaldirektor oder Vorstand einer österreichischen Bank. Der Unterschied war vielleicht, dass ich ihn am Anfang, wie ich in die Verantwortung hier gekommen bin … Ich habe keinen Vorstand der Raiffeisen und der Erste und der Bank Austria gekannt, aber ich kannte natürlich Kulterer persönlich, weil ich ja auch einige Jahre in der Kärntner Landesregierung tätig war. Das heißt: Kannte ich ihn? – Ja. Ist er ein Freund oder Bekannter, war er das? – Nein.

Es war ein ganz normaler sachlicher Zugang, wie dann zu jedem anderen Vorstand einer österreichischen Bank auch.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt war Kulterer mit der FMA nicht allerbestens – ist Ihnen in diesem Zusammenhang etwas zu Ohren gekommen, oder hat er sich persönlich einmal auch an Sie gewendet deswegen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Könnten Sie das konkretisieren?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, die Frage ist, glaube ich, ausreichend: Ob er sich an Sie gewendet hat in Bezug auf das Thema FMA ist die Frage.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also in Erinnerung ist mir vor allem natürlich, dass es rund um die Abberufung oder um die bevorstehende Abberufung damals im Jahr 2006, glaube ich, nach den Swapverlusten, natürlich von Land Kärnten, Jörg Haider, Rechtsanwälte, Kulterer, Kulterer-Umfeld, dass es hier sehr, sehr deutliche Interventionen gegeben hat.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich meine jetzt Kulterer selbst, ob Kulterer sich in Bezug auf die FMA einmal an Sie gewendet hat, schon vor dem Bekanntwerden der Swapverluste und vor seiner Enthebung als Vorstand – vorher.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das kann leicht der Fall sein, aber wissen Sie, ich darf vielleicht einschränkend grundsätzlich anfügen: Das Jahr 2000 ist 15 Jahre her. Das Jahr 2007, Jänner, wo ich ausgeschieden bin, ist mehr als acht Jahre her. Ich habe keine Unterlagen aus dieser Zeit, daher bitte ich um Verständnis; Sie würden sich wahrscheinlich auch schwer an acht bis 15 Jahre zurückliegende Dinge erinnern können.

Das heißt, es hat eine regelmäßige Kommunikation mit allen Banken in Österreich gegeben. Es haben sich der Herr Rothensteiner genauso wie der Herr Treichl, genauso wie der Herr Randa genauso wie der Herr Kulterer und andere immer wieder an das Finanzministerium gewendet. Was das konkret war, kann ich Ihnen nicht sagen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, kleiner Themensprung: Welche Kontakte gab es mit Landeshauptmann Haider in Bezug auf die Hypo, immer in Ihrer Amtszeit als Minister?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also angesprochen habe ich bereits – ich formuliere es einmal so – den Kärntner Aufschrei rund um die Prüfung der Hypo nach den Swapverlusten und sozusagen die bevorstehende Abberufung Kulterers; auf den kommen wir sicherlich noch zu sprechen. Das war klar. Das war eine massive Intervention des Landeshauptmanns.

Ansonsten habe ich jetzt also nichts im Kopf, was mir jetzt besonders hängengeblieben wäre und mich … sozusagen, was eine besondere Erinnerung ausgelöst hätte. Aber es wird sicherlich immer wieder auch Diskussionen gegeben haben, schließe ich nicht aus.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Na ja, also Wünsche: Gab es außer dem bekannten Brief, der ja medial dann sehr oft zitiert wurde, andere Wünsche des Landeshauptmanns, die er vielleicht telefonisch oder persönlich an Sie herangetragen hat, in Bezug auf die Bank?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Kein besonderer Wunsch, der mir in Erinnerung wäre. Ich wäre auch nicht in der Situation gewesen, irgendjemandem, ob Haider oder wem anderen, Wünsche zu erfüllen in Bezug auf eine Bank.

Zuständig war auf der einen Seite das unabhängige Organ, verfassungsrechtlich weisungsfrei gestellt, die FMA, und andererseits die unabhängige Notenbank. Das heißt, das ist wie ein Brief ans Christkind, ja, wenn sie das schreiben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Na ja, aber gab es Wünsche? (Auskunftsperson Grasser: Ich kann mich an …!) Nach der Erfüllbarkeit habe ich nicht gefragt, sondern nur danach, ob es Wünsche gab.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Keine besondere Erinnerung daran.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Was heißt „keine besondere“? Welche haben Sie dann?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Wenn ich sage, ich habe keine besondere, habe ich auch keine allgemeine, das heißt gar keine.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Aha, Sie haben keine dazu.

Ist von irgendeiner anderen Seite – jetzt ganz generell, losgelöst von Kulterer und auch von Haider – in Bezug auf die Hypo ein Wunsch an Sie herangetragen worden?

Mag. Karl-Heinz Grasser: In welchem Zeitraum, um welches Thema …?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Immer der Zeitraum Ihrer Tätigkeit als Finanzminister.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich habe keine Erinnerung daran.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Keine Erinnerung daran.

Die Hypo, sagten Sie, ist für Sie nie zu einem Problemfall während Ihrer Zeit geworden. Wie haben Sie sich denn ein Bild von der Hypo gemacht, wenn Sie das beurteilen konnten?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Aufgabe … Ich habe früher … Sie haben mich gefragt, was ich von der Hypo weiß, und ich habe Ihnen sozusagen zu einem guten Teil in meiner Antwort wiedergegeben, was damals öffentliches Wissen war. Ich habe mich natürlich regelmäßig mit Sektionschef Lejsek vor allem unterhalten, sozusagen wie er den Finanzmarkt sieht, wie er den Kapitalmarkt sieht, wie er Banken und Versicherungen in Österreich sieht. Und Lejsek war informiert, sicherlich zumindest grob, was an Prüfungsergebnissen der Notenbank und der Finanzmarktaufsicht sozusagen analysiert wurde.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt hatten Sie ja auch noch eine nähere Quelle, eine ehemalige Kabinettsmitarbeiterin von Ihnen, Frau Kanduth-Kristen, war ja auch als Staatskommissärin tätig. Haben Sie von daher auch Informationen bekommen über das Bild, über den Zustand der Hypo?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das kann ich nicht ausschließen. Im Wesentlichen waren es aber sozusagen getrennte Verantwortungen. Auf der einen Seite war sie eine hervorragende Kabinettsmitarbeiterin, auf der anderen Seite war sie Staatskommissärin, die aber sozusagen in eine bankenaufsichtsrechtliche Struktur eingebunden war, das heißt dort hat sie ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und der Chef erfährt nichts, von dem Fachwissen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Wenn Sie mich ausreden lassen würden, wäre ich dankbar! (Verfahrensrichter Pilgermair: Bitte!)

Und im Rahmen der bankenaufsichtsrechtlichen Struktur hat sie einfach an die Finanzmarktaufsicht berichtet.

Wenn es etwas gegeben hätte, dann hätte sie mich wahrscheinlich informiert, wenn es eine besondere Aufregung wäre. Aber Beispiel: Meiner Erinnerung nach wurden mir die Swapverluste in einem Telefonat … Ich weiß es nicht mehr genau, entweder war es Lejsek oder es war die Finanzmarktaufsicht, die mich informiert hat. Also ich glaube nicht einmal, dass Frau Dr. Kristen das damals gewusst hat.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Die Zeit der Erstbefragung ist abgelaufen. – Danke schön für Ihre Antworten, Herr Mag. Grasser.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Pilgermair! Danke für das Eingangsstatement und die erfolgte Erstbefragung!

Bevor ich in die erste Fragerunde starte, möchte ich Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen, dass zwischen den Fraktionen Einvernehmen hergestellt wurde, was die Redezeitordnung betrifft, und ich würde Sie bitten, diese auch wirklich gewissenhaft einzuhalten. Außerdem, Herr Mag. Grasser, möchte ich Ihnen sagen, dass wir es während der Befragung so halten, dass Sie unmittelbar nach dem Fragesteller die Beantwortung vornehmen können, ohne dass eine Worterteilung von mir erfolgt.

In diesem Sinne steigen wir in die Befragung ein; als Erster gelangt nach der Redeordnung Herr Klubobmann Lugar zu Wort. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Mag. Grasser, Sie haben gesagt, dass die Prüfung 2001, die ja von Ihrem Haus ausgeweitet wurde …, dass Sie aufgrund von Zeitungsmeldungen auf die Idee gekommen sind, das eben anzupassen. Ist das richtig?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nicht aufgrund von Zeitungsmeldungen, sondern aufgrund eines …, ich würde sagen aufgrund von Gerüchten und Spekulationen, die mir zu Ohren gekommen sind.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie genau sind Ihnen die zu Ohren gekommen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das ist 14 Jahre her, ich habe wirklich keine konkrete Erinnerung daran.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hat es ein Schreiben gegeben? Hat sich irgendjemand etwas bei Ihnen gewünscht?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Im Gegenteil, ich habe ja sozusagen auf eine intensivere Prüfung der Bank Wert gelegt und ersucht, den Prüfungsrahmen, der von der Expertenkommission beschlossen war, im Sinne des § 81 Bankwesengesetz, auszuweiten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, das war Ihre Intention, auch Herr Lejsek hatte damit nichts zu tun, sondern Sie sind an Herrn Lejsek herangetreten, haben ihm gesagt: Da gehört etwas gemacht! – Ist das so richtig?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Genau so ist es. So hat er es mir auch bestätigt im Vorfeld unserer Ausschusssitzung.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer hat Ihnen was bestätigt?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Sektionschef Lejsek hat mir bestätigt, dass es so war.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Dass Sie an ihn herangetreten sind, um diese Prüfung auszuweiten?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich lege Ihnen jetzt ein Dokument vor, und zwar mit der Nummer 13297. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) In diesem Dokument ist klar ersichtlich, dass die Hypo, der Hypo-Vorstand sich diese Prüfung bei Ihnen gewünscht hat, und zwar genau so, wie sie dann auch durchgeführt wurde. Wir haben im Ausschuss einige gehabt, die das auch so bestätigt haben.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich schaue mir das Dokument gerne an.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, bitte! (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich versuche, Ihnen einfach kurz, weil es doch ein 3-Seiten-Dokument ist, das ich jetzt … Also ich kann mich an so ein Dokument nicht erinnern, aber möchte Ihnen einfach sagen: Erstens sehe ich, dass der Vorstand der Hypo in Form von Kulterer und Falschlehner an das Bundesministerium für Finanzen, Herrn Sektionschef Mag. Alfred Lejsek, diesen Brief geschrieben haben.

Sie schreiben: „Sehr geehrter Herr Sektionschef!“, und legen dann Gerüchte um die General Partners Gruppe dar und … Ich meine, Sie können das Schreiben gerne vorlesen, wenn Sie es wollen, ich bin eigentlich … Ich möchte es Ihnen sozusagen nicht vorlesen, aber Sie kennen den Inhalt.

Ich finde es absolut legitim, wenn ein Bankenvorstand den Sektionschef im Finanzministerium ersucht, auch dieses Thema zu prüfen. Dann wird sich der Herr …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist nicht alltäglich. So etwas ist vorher nicht vorgekommen und auch nachher nicht wieder vorgekommen. Das heißt, diese Situation war einmalig.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Erstens glaube ich, dass Sie das nicht beurteilen können, ob sie einmalig war, weil Sie andere Fälle nicht untersucht haben.

Zum Zweiten sehe ich jetzt nicht …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wir haben aber Herrn Lejsek befragt, und er hat das bestätigt. (Auskunftsperson Grasser: Darf ich auch ausreden?) – Mhm.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Zum anderen sehe ich nichts Schlechtes darin, wenn ein Bankenvorstand sagt: Bitte schau dir auch dieses Thema zusätzlich an!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber das steht im Widerspruch zu dem, was Sie vorhin gesagt haben. Sie haben gesagt, es war Ihre Intention, und hier steht – ich lese vor –:

„Im Konkreten“ – also Kulterer – „wünschen wir uns als Vorstand eine Überprüfung durch die höchstberufenen Organe für Banken und Finanzdienstleister, der Bankenaufsicht des Finanzministeriums (…).“

Das heißt, man hat sich von Ihnen eine Prüfung gewünscht, um den in der Öffentlichkeit getätigten Vorwurf zu entkräften, und diesen Persilschein hat man dann auch bekommen.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Erstens ist es kein Widerspruch zu meinen früheren Aussagen, denn dieser Brief ist nicht an mich ergangen und ich habe in dieser Frage meines Wissens weder etwas unternommen und schon gar keine Weisung erteilt, sondern der Brief ist an Herrn Sektionschef Lejsek ergangen. Der Herr Sektionschef wird sicherlich in seiner Verantwortung überlegt und sich mit den Mitgliedern der Notenbank beraten haben, ob es Sinn macht, diese Prüfung, die der Bankvorstand damals vorgeschlagen hat, durchzuführen oder nicht.

Ich gehe davon aus, dass alle anderen Themen, die ohnehin hätten geprüft werden sollen, ganz korrekt und im Detail geprüft wurden, deshalb verstehe ich jetzt den Vorwurf nicht, den Sie machen wollen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich werde es Ihnen schnell erklären. Sie haben vorhin behauptet, dass Herr Lejsek bestätigt hat, dass Sie an ihn herangetreten sind. Hier steht aber, dass an Herrn Lejsek herangetreten worden ist. Er hat Ihnen anscheinend nichts davon erzählt, dass sich die Bank das ohnehin schon wünscht, und ganz zufällig wollten Sie die gleichen Themenfelder prüfen – oder wie war das im Konkreten?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein, Sie reden von zwei verschiedenen Themen, Herr Klubobmann!

Ich habe Ihnen gesagt, ich habe Gerüchte über Kroatien-Risiken, Kreditrisiken allgemein gehört und habe diese zwei Themen, diese in Verbindung mit General Commerce Bank drei Themen … Hier habe ich General Commerce Bank stehen, es kann aber durchaus sein, dass vielleicht auch die General Partners Gruppe gemeint ist, die Sie ja sagen, das weiß ich nicht … Auf alle Fälle habe ich Themen an Lejsek herangetragen, die man zusätzlich prüfen soll. Und unabhängig davon hat sich offensichtlich der Vorstand der Hypo an Lejsek gewendet und gesagt: Bitte prüft das!

Ich weiß ja nicht, woran Sie etwas Schlechtes finden, wenn eine Oesterreichische Nationalbank und eine Bankenaufsicht etwas prüfen. Dabei kann nicht wirklich ein negatives Ergebnis herauskommen für die Allgemeinheit – oder?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber das wäre ungefähr so, als würde ein Unternehmer beim Finanzministerium anrufen und sagen: Bitte macht eine Prüfung bei mir! – Das ist auch eher ungewöhnlich – nicht?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja, aber offensichtlich hat es auch ungewöhnliche Umstände gegeben; Sie können gerne das ganze Schreiben vorlesen. Ich kann mich an dieses Schreiben nicht erinnern, aber da schreibt der Vorstand offensichtlich von „undurchsichtigen Finanztransaktionen (…) der WMP Bank“, von „intensiven Einvernahmen“, die es gegeben hätte, ich weiß nicht wo. Er schreibt davon, dass es schlussendlich eine Verhaftung der führenden Köpfe der General Partners Gruppe gegeben habe.

Wenn es eine Verhaftung gegeben hat, dann gehe ich davon aus, dass sozusagen dem Schreiben, das Sie mir da vorlegen, auf der anderen Seite offensichtlich Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, vielleicht gerichtliche Verfahren … Ich weiß nicht, was da zugrunde liegt, ist auch nicht mein Thema. (Abg. Lugar: Ja!) Das Thema ist – das habe ich Ihnen beschrieben, und das ist meine Meinung, da können Sie mich zehnmal dazu fragen –: Es ist nichts Schlechtes, wenn ein Vorstand sagt: Bitte prüft noch etwas Zusätzliches!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay, da bin ich d’accord. Das heißt, es war zwar ungewöhnlich und so weiter, aber wenn eine Bank wirklich das Bedürfnis hat, geprüft zu werden, ist das per se noch nicht schlecht. Aber – großes Aber – man hat in diesem Bestellschreiben, das an Sie beziehungsweise an das Ministerium ergangen ist, auch gleich gesagt, was man sich wünscht. Man wünscht sich, dass bei dieser Prüfung herauskommt … Die Bank betreibt eine seriöse und erfolgreiche Geschäftspolitik, und das soll herauskommen bei dieser Prüfung. Das steht auf Seite 27 von 34 in der Mitte, das können Sie gerne nachlesen. (Auskunftsperson Grasser: Welche Seite?) – Seite 27 von 34. (Auskunftsperson Grasser: Und welcher Absatz?) Die letzte Seite vor der Unterschrift, der vorletzte Absatz. (Auskunftsperson Grasser: Können Sie es vorlesen?)

Man soll sich „einen Überblick über die seriöse und erfolgreiche Geschäftspolitik unserer Bank verschaffen“. – Das heißt, das ist das, was man sich wünscht vom Ministerium.

Es geht dann noch weiter. Das heißt, es gab diesen Persilschein, Herr Kulterer ist damit an die Öffentlichkeit gegangen – gegen die Intention der OeNB, die geprüft hat –, und das wurde seitens der OeNB nicht beeinsprucht. Damit war der Persilschein erteilt. Und es hat weder von Ihrer Seite noch sonst irgendwo Kritik gegeben, da der Bericht ja nicht so positiv war, wie es dann in der Öffentlichkeit dargestellt wurde.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter, das ist jetzt wirklich nicht mein Thema. (Abg. Lugar: Doch!) – Nein! Sie halten mir ein Schreiben vor, das an Sektionschef Lejsek ergangen ist. Da gibt es einen Bankvorstand, der sagt: Bitte prüft das!

Noch einmal: Da gibt es niemanden, der etwas verheimlichen wollte, der etwas unter den Tisch kehren wollte, sondern der dem Finanzministerium und der Oesterreichischen Nationalbank sagt: Bitte prüft!, und der in dem letzten Satz, den Sie nicht vorlesen wollen, sagt:

„Im Sinne der Reputation unserer Bank sowohl gegenüber der Öffentlichkeit, als auch gegenüber unseren potentiellen Gesprächspartnern für eine Beteiligung, insbesondere auch gegenüber der Rating-Agentur, unseren Kunden und Mitarbeitern wäre uns mit einer derartigen Vorgangsweise sehr geholfen.“ (Abg. Lugar: Genau!)

Offensichtlich weil die Hypo in irgendeiner Form mit Geschäften in Verbindung war, mit einer Gruppe, wo es sogar Verhaftungen und so weiter gegeben hat! Das heißt, er hat offensichtlich – entnehme ich diesem Schreiben – eine Art Reputationsschaden, Reputationsverlust befürchtet und sagt dann – Staatsanwaltschaft, alle anderen prüfen eh schon –: Schaut euch das bitte auch an, denn ich möchte, dass das alles transparent gemacht wird, damit wir keinen Schaden haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau, er wollte einen Persilschein von Ihnen. Er wollte von Ihnen einen Persilschein, und Sie haben ihm diesen Persilschein dementsprechend …

Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Klubobmann, ich sage es Ihnen gerne noch einmal: Er hat an den zuständigen Sektionschef Dr. Lejsek geschrieben, der dann sicherlich eigenverantwortlich die weiteren Entscheidungen getroffen hat.

Es ist noch nichts Vorwerfbares, wenn jemand ein Schreiben schickt, in dem Fall nicht einmal an mich, sondern an Lejsek. Herr Dr. Haider hat mir auch Schreiben geschickt, dass unmittelbar die FMA-Organe abzuberufen sind und so weiter – und passiert ist es auch nicht!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben es aber initiiert.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das sage ich Ihnen dann gerne im Detail, wenn Sie Fragen dazu haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, das können wir gleich machen.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Dann bitte ich um Ihre Frage.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Die Frage ist ganz einfach: Wenn Sie zuerst die FMA einrichten, um sozusagen den politischen Einfluss wegzubekommen – was Sie ja vorgeben –, und dann, wenn die FMA tätig wird, und zwar zu Recht tätig wird, um einen Verbrecher dort wegzubringen, wo er nichts verloren hat, nämlich aus dem Vorstand einer Bank, sozusagen jenen, die das aufdecken, und jenen, die das in Ordnung bringen wollen, in den Rücken fallen, dann ist das sehr wohl eine politische Intervention.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das ist erstens eine falsche Darstellung, Herr Klubobmann, und ich bin dankbar. Da ich, medial übermittelt, schon viele Diskussionen rund um diesen Brief gelesen habe, bin ich gerne bereit, Ihnen das durchaus ausführlich darzustellen.

Erstens, meine Damen und Herren, hat es nach meiner Recherche am 26. Mai 2006 ein Schreiben von Haider an mich gegeben, in dem er den Vorständen der FMA Amtsmissbrauch vorwirft. Er kündigte damals eine Anzeige dieses Delikts bei der Staatsanwaltschaft an. Er moniert weiters die Befangenheit des Vorstandes der FMA und verweist auf Handlungspflichten des Bundesministers für Finanzen bei groben Pflichtverletzungen des FMA-Vorstandes gemäß dem FMABG.

Haider hat, wie es so seine Art war, das nicht nur in einem Brief kundgetan; deswegen war ich so erstaunt, dass Sie mit den Diskussionen um den Brief so einen gewissen medialen Niederschlag erreicht haben. Haider hat natürlich im Jahr 2006 auch Pressekonferenzen zu diesem Brief gegeben, und das war damals ein großes Thema, weil Haider in der Öffentlichkeit einfach massiv die Finanzmarktaufsicht angegriffen hat.

Ich kann Ihnen auch eine APA-Meldung vom 26. Mai 2006 mit der Überschrift – um die Zeit nicht zu strapazieren –: Finanzministerium weist Haider-Forderungen zurück, vorlesen. Wir weisen „politische Druckausübung“ ganz konkret zurück. Das heißt, das war damals eine öffentliche Diskussion.

Jetzt frage ich Sie, Herr Klubobmann: Wenn es dieses Schreiben Haiders gibt, das ich übrigens nicht beantwortet habe, und zweitens dann am 28. Mai 2006 ein Schreiben der Rechtsanwälte BKQ Quendler, Klaus und Partner, die die Hypo Alpe-Adria-Bank International AG vertreten haben, an das BMF gesandt wurde … In diesem Schreiben als Beilage angefügt wird ein Antrag der Hypo-Bank auf Ablehnung bestimmter Organwalter der FMA, nämlich des Dr. Pribil, des Dr. Traumüller und anderer Personen, wegen Befangenheit gemäß § 7 des AVG.

Es wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 7 Abs. 3 Z 3 FMABG der Finanzminister zur Abberufung von Mitgliedern des Vorstandes der Finanzaufsicht verpflichtet ist, wenn sich der Vorstand eine grobe Pflichtverletzung zuschulden kommen lässt. Und nach Ansicht der Rechtsvertreter der Hypo Alpe-Adria-Bank wäre dies im Verfahren der FMA gegen die Geschäftsleiter der Hypo Alpe-Adria-Bank auch der Fall gewesen.

In der Beilage, die zeitgleich auch an die Finanzmarktaufsicht übermittelt worden war, wurden von den Anwälten folgende Rechtsverletzungen behauptet …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das wissen wir alles, Herr Grasser! Die Frage ist, warum Sie sich nicht vor die FMA gestellt haben. Das ist die zentrale Frage.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Wenn Sie mich das ausführen lassen, beantworte ich es Ihnen gerne. (Abg. Lugar: Ich bitte darum!) Der Brief wurde immer wieder skandalisiert, daher geben Sie mir doch die Möglichkeit, das zu sagen.

Behauptet wurden Verletzungen von Verwaltungsvorschriften im Sinne von Befangenheit von Verwaltungsorganen, unrechtmäßige Verweigerung der Akteneinsicht, Verletzung des Rechts auf Parteiengehör, strafrechtliche Verletzungen wie die Verletzung der Amtsverschwiegenheit, Nötigung unter Ausnützung einer Amtsstellung und Amtsmissbrauch.

Dieses Schreiben, das damals an das BMF gesandt wurde, hat die Rechtsabteilung des BMF begutachtet. Nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage wurde von der Rechtsabteilung die Einleitung eines Verfahrens nach § 7 in Verbindung mit § 16 Abs. 2 FMABG empfohlen. Maßnahmen gemäß § 11 Abs. 1 oder § 7 Abs. 3 Z 3 FMABG, also die Abberufung von Vorstandsmitgliedern, beziehungsweise eine Anzeige gemäß § 84 StPO durch den BMF, also durch das Finanzministerium, wurden für nicht notwendig erachtet. Betreffend die Prüfung der Anzeigepflicht nach § 84 StPO wurde die Einbindung der Finanzprokuratur angeregt.

Ich möchte Ihnen einfach sagen, dass das Finanzministerium damals – und zwar völlig ohne meine Einflussnahme – davon ausgegangen ist, dass die rechtlichen Grundlagen, nämlich die Rechtsaufsicht durch das Finanzministerium, es notwendig gemacht haben, dieses Verfahren entsprechend zu eröffnen. Das heißt – ohne dass ich jetzt zu lang werden will –, das Finanzministerium hat gesagt, wenn Rechtsanwälte dermaßen massive Vorwürfe von verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Verfehlungen machen – das war damals die Meinung im Finanzministerium –, wenn man da nicht einmal ein Verfahren eröffnet, um zu sehen, ob die Vorwürfe stimmen oder nicht stimmen, dann wäre man hier in der Gefahr gewesen, einen Amtsmissbrauch zu begehen.

Daher hat das Finanzministerium damals auf der Grundlage dieser Vorwürfe Haiders und auf der Grundlage dieses Briefs der Rechtsanwälte der Hypo-Bank Alpe-Adria dieses Verfahren eröffnet. Das Finanzministerium hat damals gesagt, die Verwaltungsbehörde hat ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, außer der Sachverhalt wäre der Behörde offenkundig. – Der Sachverhalt war der Behörde aber nicht offenkundig.

Ich kann Ihnen das nur vorlesen: Die Unterlassung eines Ermittlungsverfahrens wäre somit zumindest ein schwerer Verfahrensfehler, wenn nicht gleich Amtsmissbrauch gewesen. (Abg. Lugar: Ein Blödsinn!)

Hervorzuheben ist auch, dass das Ermittlungsverfahren im Verwaltungsverfahren ja einen anderen Stellenwert hat als ein Ermittlungsverfahren in einem Strafverfahren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Grasser, es wird wirklich zu lang. Ich glaube, wir werden uns auf die wichtigen Kernpunkte konzentrieren.

Die Frage ist, warum Sie sich, wo Sie sich ja vorher bei dieser Prüfung, die bestellt wurde, eingemischt haben, warum Sie sich in dieser Sache nicht eingemischt haben.

Wir wissen, dass diese Abberufung nicht durchgegangen ist und dass die Vorwürfe unhaltbar waren, dass ganz im Gegenteil die FMA genau das getan hat, was sie eben tun sollte, nämlich diese verbrecherischen Vorgänge, die da passiert sind, zu unterbinden. Und Sie haben da mitgespielt, indem Sie mit der stärksten Waffe, die man gegen die FMA auspacken kann, auf die Vorstände der FMA geschossen haben.

Warum haben Sie sich nicht schützend vor die FMA-Vorstände gestellt?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Erstens, Herr Klubobmann, stelle ich nur fest – ich bin da nicht so heikel –, Ihre Fragestellung ist nach § 41 der Geschäftsordnung dieses Untersuchungsausschusses sicherlich unzulässig. (Abg. Lugar: Warum?) – Weil sie unterstellend ist. Wenn Sie sagen, ich schieße auf irgendjemanden und tue irgendetwas und spiele da mit, dann ist das meines Erachtens eine unterstellende Frageweise, die unzulässig ist. Wir können aber gerne den Verfahrensrichter befragen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das wäre sehr gut, wenn Sie das nicht beurteilen würden, sondern der Verfahrensrichter oder der Verfahrensanwalt.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Gerne. Wenn Sie das wünschen, dann tun wir das.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich bitte darum, ja.

Vorsitzende Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt keine Worterteilung an den Verfahrensrichter, entweder bitte ich ihn oder er meldet sich von sich aus zu Wort. Das haben wir jetzt in 32 Untersuchungsausschusssitzungen so gehandhabt, und das werden wir auch weiter so handhaben.

Herr Mag. Grasser, Sie sind als Auskunftsperson geladen. Sie haben keine Gegenfragen zu stellen, sondern sind gemäß der Verfahrensordnung verpflichtet, kurz und konkret die Fragen der Abgeordneten zu beantworten, und darum würde ich jetzt ersuchen.

Wir setzen die Befragung fort.

Herr Klubobmann Lugar, bitte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Vielen Dank. Ich werde die Frage noch einmal stellen: Haben Sie, indem Sie sich nicht schützend vor Ihre FMA-Vorstände gestellt haben, Beihilfe geleistet, diese FMA-Vorstände von ihrem richtigen Weg abzubringen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Dann ersuche ich zunächst den Verfahrensanwalt, mir Auskunft zu geben, ob diese Frage zulässig ist.

Vorsitzende Doris Bures: Dann ersuche ich Professor Binder – ich würde das Mikrofon abschalten –, die Auskunftsperson zu beraten. (Auskunftsperson Grasser berät sich mit Verfahrensanwalt Binder.)

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich brauche keine umfassende Diskussion. Der Verfahrensanwalt – ich möchte das nur öffentlich sagen – sagt mir, es stimmt natürlich, was ich sage, dass Ihre Frage unzulässig wäre nach § 41. Ich gebe nur wieder, was mir der Verfahrensanwalt gesagt hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich glaube, der Herr Verfahrensanwalt kann selbst sprechen. Ich glaube nicht, dass Sie das interpretieren müssen, was er sagen will. Das ist eher ungewöhnlich, dass Sie das interpretieren.

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Herr Abgeordneter, Unterstellungen sind nicht erlaubt, und wenn Sie hier irgendwelches Fehlverhalten vorwerfen, dann mag das im Rahmen Ihrer freien Einschätzung ja zulässig sein, so haben wir das auch immer gehandhabt, aber wenn es in eine konkrete Frage eingebunden wird, ist es eine Unterstellung.

Aber unabhängig davon ist Herr Mag. Grasser – wir haben das besprochen – ohnedies bereit, die Frage zu beantworten, und ich glaube, dass daher das Problem nicht gegeben ist.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Danke sehr.

Ich darf die Frage beantworten: Ich weise Ihre Unterstellungen zurück, sie sind einfach sachlich, inhaltlich falsch. Ich habe versucht, Ihnen darzulegen, dass das Finanzministerium damals auf der Grundlage eines durchaus scheinbar qualifizierten Schreibens der Rechtsanwälte der Hypo es als notwendig angesehen hat, ein Verwaltungsverfahren einzuleiten, weil das Finanzministerium und die Rechtsabteilung gesagt haben, würde man das nicht tun, hätte man sich selbst des Amtsmissbrauchs schuldig machen können. Daher hat es ein Verfahren gegeben, das meines Wissens in relativ kurzer Zeit – in wenigen Wochen, in zwei, drei Monaten – auch beendet war.

Ich glaube, es ist in einer Demokratie üblich, dass ermittelt wird, wenn Vorwürfe kommen, in anwaltlichen Schreiben massive Auseinandersetzungen vorgeworfen werden. Und wenn das Ganze nur zwei oder drei Monate gedauert hat, so finde ich das eine absolut korrekte Vorgangsweise, die übrigens von der Sektion so gesehen wurde, von der Finanzprokuratur so gesehen wurde, und ich habe mich nicht eingemischt.

Ich habe mich sehr wohl eingemischt – und auch da ist Ihre Behauptung falsch, deshalb habe ich Ihnen die APA-Meldung auch vorgelesen –, und zwar eingemischt im Sinne der Finanzmarktaufsicht, denn wir haben die Haider-Forderungen in der Öffentlichkeit zurückgewiesen.

Noch einmal: Schauen Sie sich unter anderem die APA-Meldung vom Freitag, 26. Mai 2006, an!

„Das Finanzministerium hat die Forderung Haiders nach Amtsenthebung der beiden FMA-Vorstände zurückgewiesen. Die Finanzmarktaufsicht sei eine weisungsfreie Behörde, sie sei unabhängig, betonte Matthias Winkler, Kabinettschef von Finanzminister Karl-Heinz Grasser (…). ,Politische Druckausübung‘ werde daher vom Finanzministerium zurückgewiesen. ,Die FMA wird das tun, was für den Finanzplatz Österreich das Beste ist‘, (…).“

Was wollen Sie noch mehr als Rückendeckung von mir?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also Sie haben öffentlich gesagt, dass Sie das zurückweisen, dass Sie dieses Enthebungsverfahren nicht machen wollen – und haben es aber dann trotzdem gemacht.

Kann man das so zusammenfassen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein, das kann man nicht so zusammenfassen! Sie hätten in meiner Situation damals entscheiden können, mit einer Weisung gegen Ihre Beamten, dieses Verfahren nicht zu machen; denn meine Beamten haben auf der Grundlage des Schreibens der Rechtsanwälte Quendler und Partner gesagt, sie müssen dieses Verfahren machen. Sie haben das Verfahren ordentlich gemacht …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): War das eine Fehleinschätzung Ihrer Rechtsabteilung, im Nachhinein betrachtet?

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind jetzt in der zweiten Runde.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich glaube, dass das völlig richtig war, weil das das Verfahren in einem demokratischen Rechtsstaat ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, immer dann, wenn die FMA das tut, was sie tun soll, nämlich eine Bank dementsprechend zur Räson zu bringen, dann gibt es ein Schreiben und dann wird das Finanzministerium sofort mit allem, was es gibt, auf die FMA schießen. – Ist das so?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja, aber seien Sie mir nicht böse: Es könnte ja auch der umgekehrte Fall eintreten, der hoffentlich nie eintritt. Es könnte ja sein, dass die FMA einmal tatsächlich Gesetze brechen würde – dann kommt ein Schreiben von einem Rechtsanwalt, der das vorwirft. Was sagen Sie dann? – Die FMA ist sakrosankt, und man darf … (Abg. Lugar: Entschuldigen Sie, der Herr Kulterer war ein Bilanzfälscher …!) – nein, lassen Sie mich ausreden! –, man darf dort nicht ermitteln!? Das ist Ihre Konsequenz? (Abg. Lugar: Darf ich ganz kurz?)

Ich bin der Meinung, das ist ein Verwaltungsverfahren, das schlank und zügig abgewickelt wird (Abg. Lugar: Herr Grasser!), und dass das zur Einstellung des Verfahrens geführt hat, war damals das Beste auch für die Glaubwürdigkeit der FMA.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Grasser, wir sprechen von einem Bilanzfälscher, wir sprechen von jemandem, der die Vorstandskollegen nicht informiert hat, der die Aufsichtsräte nicht informiert hat, der ein ganzes Jahr lang über gewisse Dinge geschwiegen hat, der eben Bilanzen gefälscht hat, der gewisse Dinge geheim gehalten hat. Das heißt, wir sprechen von jemandem, der kriminelle Handlungen gesetzt hat. Das war damals bekannt. Das war auch Ihnen bekannt, und trotzdem haben Sie sich schützend vor Kulterer gestellt.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Erstens haben Sie schon wieder unterstellende Formulierungen in Ihrer Frage – aber seis drum, wenn Sie sich nicht an die Geschäftsordnung halten wollen!

Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen: In einem demokratischen Rechtsstaat gibt es Verfahren, wenn es massive Vorwürfe gibt. Und die damalige Sektion, die Rechtsabteilung des Finanzministeriums war der Meinung, dass dieses Verfahren zu führen ist, und das Verfahren wurde in relativ kurzer Zeit wieder eingestellt. Das war meines Erachtens auch das Beste für die Glaubwürdigkeit der FMA. Es gibt einen Vorwurf, man schaut sich das ernsthaft, seriös, tiefgehend an, überprüft das, kommt zum Ergebnis, der Vorwurf ist falsch.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gut. Machen wir einen Themenwechsel. Etwas später, es gibt da einige Aufzeichnungen, dass Sie sich oft mit Tilo Berlin getroffen haben. Könnten Sie ein bisschen ausführen, wie Ihre Beziehung zu Tilo Berlin war?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht mehr, wann ich Tilo Berlin kennengelernt habe. Ich weiß, dass er mich zwei-, dreimal eingeladen hat, Vorträge zu halten. Ich kann mich an einen Vortrag in Salzburg erinnern, an einen Vortrag in Deutschland, wo ich die österreichische Finanz- und Wirtschaftspolitik entsprechend dargelegt habe. Das heißt, ich habe ihn im Laufe der Zeit kennengelernt. Ich glaube, dass es wahrscheinlich sogar Jörg Haider war, der ihn mir vorgestellt hat. Und das war es.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ist es üblich, dass man einen Finanzminister einfach so buchen kann für Vorträge und so? Ist das üblich?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Es geht nicht um eine Buchung, sondern es geht darum, ob man vor einem qualifizierten Auditorium die Finanz- und Wirtschaftspolitik darstellen kann. Wenn man dann als Finanzminister den Eindruck hat, dass es Sinn macht, erstens im Sinne einer guten Kommunikation mit der Öffentlichkeit, zweitens hatten wir damals, wenn Sie sich daran erinnern, Schlagzeilen in maßgeblichen deutschen Magazinen wie „Österreich: Das bessere Deutschland“, dann macht es, glaube ich, Sinn, weil wir einfach dargestellt haben, dass die Regierungen Schüssel I und Schüssel II hervorragende Arbeit für Österreich geleistet haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Haben auch noch andere Sie gebucht, außer Tilo Berlin? Waren da mehrere, die Sie für Veranstaltungen gebucht haben?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich weise noch einmal den Ausdruck „Buchung“ zurück.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie würden Sie es bezeichnen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich habe jede Menge Vorträge gehalten (Abg. Lugar: Nein, ich meine jetzt auf Einladung!), auf Einladung verschiedenster Organisationen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sind Personen so wie Tilo Berlin zu Ihnen gekommen und haben gesagt: Herr Grasser, da hätte ich eine Veranstaltung, da sprechen Sie jetzt für mich! – oder: für uns, für Österreich oder für wen auch immer? Ist das oft passiert?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja, das war in unterschiedlichster Form der Fall. Es haben Unternehmen eingeladen, es haben Vereinsobmänner eingeladen, es haben Präsidenten von irgendwelchen Dingen eingeladen. Du warst zu Diskussionspanels eingeladen. Natürlich habe ich sozusagen die Finanz- und Wirtschaftspolitik auch nach außen dargestellt und repräsentiert.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was haben Sie konkret am 15. Mai 2006 bei der BayernLB vorgetragen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich kann mich an den Termin nicht mehr erinnern. Aber ich kann mich erinnern, dass ich bei der BayernLB zu einem Vortrag eingeladen war – ich weiß nicht mehr, wann. Und ich habe dort vor einem qualifizierten Auditorium von Unternehmerpersönlichkeiten und anderen einen Vortrag gehalten über die österreichische Finanz- und Wirtschaftspolitik.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, würden Sie wegen des Protokolls die Dokumentnummer sagen?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Die Dokumentnummer ist 1165703, das ist ein Terminkalender. Laut diesem haben Sie sich sehr oft mit Herrn Tilo Berlin getroffen.

Es gibt hier auch eine Einvernahme von Harnischmacher, der bei diesem Auftritt auch dabei war, und der sagt:

„Herr Grasser war insgesamt ein ,Paradiesvogel‘ für mich. Sein Auftritt in unserer Veranstaltung war nicht das, was man von einem EU-Finanzminister erwartet hätte.“

Das heißt, anscheinend war das dort eine eher lockere Geschichte, also nicht wirklich etwas, was man als das Vertreten Österreichs bezeichnen könnte, bei der BayernLB?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich kenne den Herrn jetzt nicht, den Sie zitiert haben. Ich weiß nicht, wer das ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich kann Ihnen das Dokument vorlegen, Nummer 1174766, von der Staatsanwaltschaft. Da sagt er eben aus, dass er Sie als „Paradiesvogel“ sieht und dass Sie sich dort eben nicht wie ein EU-Finanzminister gebärdet haben. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Können Sie mir erklären, wie er auf diese Einschätzung kommt? Ist es da um Geschäftsbeziehungen mit den Bayern gegangen? Sie haben auch später dann Anteilsscheine von Tilo Berlin gezeichnet – war das in diesem Zusammenhang?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich schaue mir einmal dieses Dokument an, das Sie mir vorgelegt haben.

Können Sie mir sagen, warum … Sie legen mir ein Dokument vor, auf dem steht: „Beschuldigtenvernehmung“. (Abg. Lugar: Mhm!) Wessen ist Herr Harnischmacher beschuldigt?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist eine gute Frage, das müsste ich mir durchlesen. Entscheidend ist aber, dass er von diesem Ereignis, wo Sie eben auch sagen, dass es stattgefunden hat, berichtet und Sie als „Paradiesvogel“ bezeichnet und das Auftreten als eines EU-Finanzministers nicht würdig. Also das ist ja die zentrale Frage, nicht? (Die Auskunftsperson liest im vorgelegten Schriftstück.)

Ich habe mir das jetzt angeschaut, da ist es um den Verkauf an die BayernLB gegangen, wo Tilo Berlin ja unglaublich viel Geld verdient hat und wo, glaube ich, ja auch Ihre Schwiegermutter mitverdient hat. Darum ist es gegangen.  Auf Seite 20 ist das zu finden, ganz oben. (Die Auskunftsperson liest im vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter! Erstens würde ich Sie noch einmal bitten, Ihre Unterstellungen zu unterlassen, die Sie zuletzt gerade wieder gemacht haben in Bezug auf ein Investment von 500 000 €. Zum Zweiten …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Entschuldigen Sie, was genau war denn die Unterstellung, denn das ist ja alles bekannt, nicht?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich betrachte es als eine Unterstellung von Ihnen. Zum Zweiten …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber was genau jetzt? Können Sie definieren, was genau da die Unterstellung war? Die Schwiegermutter, oder was war die Unterstellung? (Heiterkeit.)

Mag. Karl-Heinz Grasser: Sie haben diesen gesamten Sachverhalt unterstellend angesprochen. Und damit ich das Thema vielleicht auch gleich abhandle, um es vorwegzunehmen: Ich werde mich in dieser Frage auf das Recht berufen, hier keine Aussage zu machen, weil es ein Ermittlungsverfahren zu diesem Thema gibt, wie Sie wissen. (Abg. Lugar: Okay!)

Zu Ihrer anderen Frage, was Herrn Harnischmacher betrifft: Er ist mir nicht bekannt. Ich glaube nicht, dass ich ihn kenne, zumindest ist er mir nicht in Erinnerung. Er wird hier offensichtlich von der Staatsanwaltschaft München als Beschuldigter vernommen.

In diesem ganzen Protokoll, das Sie mir vorgelegt haben, geht es zu 80 Prozent oder 90 Prozent um andere Dinge als um Herrn Grasser. Er dürfte aber eine durchaus prägnante Person sein, weil er hier ja auch Zitate von anderen Persönlichkeiten bringt. Ich kann nur sagen, er führt offensichtlich an, dass auch …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Entschuldigen Sie, aber das ist nicht die Frage. Die Frage ist, warum er Sie sozusagen als EU-Finanzminister als unwürdig erachtet und Sie als „Paradiesvogel“ bezeichnet. Wie sind Sie dort aufgetreten? Haben Sie dort einen unsachlichen Vortrag gehalten? Haben Sie über Geschäftsbeziehungen gesprochen? Haben Sie einen Einstieg der Bayern verhandelt? Was haben Sie dort gemacht?

Vorsitzende Doris Bures: Die letzte Frage, Herr Abgeordneter.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter! Erstens sagte er das nicht, sondern ich komme in dem ganzen Protokoll des Beschuldigten Harnischmacher in einem Absatz vor, wenn ich das richtig sehe. (Abg. Lugar: Ja, genau!)

Zum Zweiten haben Sie die Veranstaltung irgendwie in ein schiefes Licht gerückt. Harnischmacher sagt hier, dass offensichtlich auch Professor Faltlhauser bei dieser Veranstaltung anwesend war, was zeigt, dass auch politische Repräsentanten des Freistaats Bayern dort waren.

Zum Dritten kann ich Ihnen sagen – Sie können gerne Unternehmerpersönlichkeiten befragen, zum Beispiel Frau Schaeffler, die damals auch dabei war –, dass das ein Vortrag war, der einfach ein sehr gutes Licht auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik Österreichs geworfen hat, der vielleicht ungewöhnlich war – das mag sein, weil ich nicht wie andere vom Zettel herunterlesend trockene Vorträge gemacht habe, sondern sie mit einem gewissen Leben besonders prägnant formuliert habe, damit die Botschaft auch tatsächlich rüberkommt.

Im Übrigen: Was Herr Harnischmacher, der Beschuldigte Harnischmacher, von mir hält, ist jetzt nicht entscheidend. Sie müssen auch wissen, als Beschuldigter kann er sogar lügen. Es könnte also sein, dass er hier die Ermittlungsbehörde angeschwindelt hat.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie erklären sich das so, dass der Umstand, dass Sie nicht vom Zettel gelesen haben, ihn zum Eindruck verleitet hat, dass Sie eines EU-Finanzministers unwürdig und ein „Paradiesvogel“ sind. Also das ist die Erklärung dafür?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Klubobmann, das sind jetzt Ihre Aussagen, aber Sie können sich gerne sozusagen ein Bild davon machen, wie die öffentliche Wahrnehmung meiner Person in Deutschland, auf europäischer Ebene bei den Finanzministern war. Aber wenn Sie das heute aus dem Jahr 2015 beurteilen können, dann ist das gut für Sie.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Grasser, Kollege Lugar hat ohnehin schon begonnen mit Ihrer Beziehung zu Herrn Berlin, aber die Antwort sind Sie noch schuldig geblieben.

Wann genau haben Sie Herrn Berlin kennengelernt und in welchem Zusammenhang?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das weiß ich nicht mehr, ob das schon in der Kärntner Landesregierung war oder erst später. Ich kann es wirklich nicht mehr sagen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ungefähr, welcher Zeitraum?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Kann mich nicht daran erinnern.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Kennen Sie Herrn Mathias Hink? (Auskunftsperson Grasser: Mathias Hik?) – Hink!

Mag. Karl-Heinz Grasser: Hink? Da müssen Sie mir weiterhelfen! Der Name sagt mir jetzt nichts, aber ich habe so viele – Tausende – Menschen in meinem Leben kennengelernt, dass ich um Verständnis dafür bitte, dass mir nur Menschen, mit denen ich tatsächlich dann intensiver zu tun hatte, in Erinnerung geblieben sind.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Welche Wahrnehmungen haben Sie zum „Projekt Knox“?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Gar keine.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gar keine? Warum? Weil Sie es nicht kennen, oder?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Weil ich es nicht kenne, ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Okay. „Projekt Knox“ ist der Zwischeneinstieg Tilo Berlins. Und Herr Berlin und Herr Hink sind die Masterminds hinter diesem Zwischeneinstieg bei der Hypo, genannt „Projekt Knox“. Klingelt da wieder etwas?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Es klingelt trotzdem nichts, denn erstens war ich sozusagen nicht Bestandteil dieses Einstiegs des Tilo Berlin und seiner Mitarbeiter oder seines Unternehmens in die Hypo. Ich kenne daher auch nicht Bezeichnungen dieses Projekts.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie waren nicht Bestandteil wovon?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Dieses Projekts und dieses Einstiegs und seines Teams und seines Unternehmens.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Okay, also Sie waren nicht unmittelbar bei diesem Projekt dabei.

Wann haben Sie dann erstmals vom Angebot Tilo Berlins, Aktien der Hypo zu kaufen, erfahren? Also wann ist sozusagen dieses Projekt zu Ihnen nach außen gedrungen mit der Absicht, hier eine Sperrminorität an der Hypo zu erwerben? Welche Wahrnehmungen haben Sie dazu?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich kann mich auch daran nicht mehr genau erinnern, aber ich glaube, dass die Hypo Alpe-Adria irgendwann im Jahr 2005 von einem Börsengang gesprochen hat. Es war dann irgendwie klar, dass man sozusagen Kapital braucht. Ein Verkauf wurde in der Öffentlichkeit diskutiert. Wann konkret jetzt die Berlin-Gruppe auf den Plan getreten ist, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Kann sein, dass das 2006 war, aber ich weiß es nicht mehr genau.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das heißt, zur Klarstellung: Herr Berlin ist nie an Sie persönlich herangetreten mit dem Angebot, dass es eine Möglichkeit gibt, jetzt bei der Hypo einzusteigen, in Form von Kapitalerhöhungen und so weiter, Genussscheinen, anderen Varianten?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das habe ich nicht gesagt, Herr Abgeordneter. Aber genau zu diesem Thema entschlage ich mich hier der Aussage im Sinne der Geschäftsordnung des Untersuchungsausschusses.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Grasser, seien Sie kein Spielverderber! (Heiterkeit.)

Mag. Karl-Heinz Grasser: Es tut mir total leid.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich weiß nicht, die wievielte Frage das jetzt war. Die vierte? – Ich laufe erst warm, und Sie entschlagen sich schon der Aussage. Ich meine, das …

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich spiele eh so brav mit, aber wissen Sie, ich bin schon im siebenten Jahr des Mitspielens mit der Staatsanwaltschaft, und daher ist mir die Freude ein bisschen vergangen. Und insofern bitte ich um Verständnis dafür, dass ich einen Themenkomplex, der dort untersucht wird, hier nicht weiter vertiefen möchte.

*****

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin, zur Geschäftsordnung – also bitte, Stoppuhr!

Es wäre schon spannend, zu wissen, zu was ermittelt wird, zu was konkret, denn generell – das wissen Sie auch – kann man sich nicht der Aussage entschlagen. Das heißt, man muss natürlich schon begründen, warum man sich konkret in diesem Fall der Aussage entschlägt. Und das ist spannend, denn im Datenraum finden wir eigentlich keine Akten zu Ihnen. Also wir haben keine gefunden.

Wenn es solche Verfahren geben sollte oder noch aktuell laufende Verfahren, dann müssten die doch, schätze ich einmal, irgendwo im Datenraum auffindbar sein. – Wir finden aber nichts! Vielleicht haben wir etwas übersehen, ich weiß es nicht, aber ich glaube nicht. Wir finden dazu nichts, was mich dann wieder zu der Frage bringt, warum solche Akten nicht geliefert werden.

Da ist ja auch wieder ein Muster erkennbar: Alle Akten, wo es spannend wird, werden letztlich gar nicht geliefert.

Herr Mag. Grasser, vielleicht können Sie das aufklären, gemeinsam mit Ihrer Vertrauensperson, dem Verfahrensanwalt …

*****

Vorsitzende Doris Bures: Das heißt, wir sind wieder bei der Fragestellung?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, ich komme wieder zurück und bitte, klarzumachen, aufgrund welchen anhängigen Verfahrens Sie sich bei dieser Frage der Aussage entschlagen.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Erstens können Sie das gerne bei der Staatsanwaltschaft hinterfragen.

Zweitens hat es, glaube ich, eine Fülle von Medienberichten in den letzten Jahren gegeben, die bestätigt haben, dass es ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft zu diesem Themenkomplex gibt.

Drittens – ganz offen –: Herr Abgeordneter, ich weiß ja, dass es auch ein gewisser Sport sein kann, dann zu schauen, was sagt man da, was sagt man dort – falsche Zeugenaussage im Untersuchungsausschuss. Das möchte ich natürlich nicht tun.

Ich habe aber zu diesem gesamten Themenkomplex vor der Staatsanwaltschaft mehrfach ausgesagt; und daher bitte ich um Verständnis: Ich habe nicht das alles vor mir liegen. Ich habe nicht das alles sozusagen so präsent, wie ich es dort ausgesagt habe, und ich möchte mich einfach heute nicht der Gefahr hingeben, hier um Nuancen etwas anderes zu sagen und dann den Vorwurf zu bekommen, falsch ausgesagt zu haben.

Daher berufe ich mich auf dieses Recht der Geschäftsordnung und bin sicher, dass es ein legitimer Anspruch ist. (Abg. Kogler: Zur Geschäftsordnung!)

Vorsitzende Doris Bures: Ich unterbreche kurz die Sitzung und ersuche die Fraktionsvorsitzenden, den Verfahrensanwalt und den Verfahrensrichter, zu mir zu kommen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 11.37 Uhr unterbrochen und um 11.43 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

11.43

Vorsitzende Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Ich danke vielmals für die Beratung mit den Fraktionsvorsitzenden.

Wir setzen in der Befragung fort. Am Wort ist Herr Dr. Hable. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Grasser, wie bereits gesagt, bin ich der Meinung, dass es eine Chance für Sie ist, manches zurechtzurücken.

Den Medienberichten kann man entnehmen, dass Sie damals als amtierender Finanzminister in die Schweiz gefahren sind, dort 500 000 € in einen Geldkoffer gepackt haben und damit wieder nach Österreich zurückgefahren sind. Sie haben das alles selbst als „supersauber“ bezeichnet.

Ich kann nicht beurteilen, ob das stimmt oder nicht, aber Sie hätten die Gelegenheit, ein nicht sehr schönes Bild eines, ich wiederhole, amtierenden Finanzministers, der – so die Medienberichte – mit einem Geldkoffer durch das Land fährt, zurechtzurücken. Diese Möglichkeit würde ich Ihnen geben.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür! Aber wissen Sie, einerseits habe ich Herrn Klubobmann Lugar vorher die Antwort gegeben, dass es in einem demokratischen Rechtsstaat dort, wo es Vorwürfe gibt, eine Ermittlung geben soll, die so kurz wie möglich dauern soll. – In meinem Fall dauert sie dramatisch zu lange. Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist, dass wir heute über den Untersuchungsgegenstand Hypo Alpe-Adria diskutieren. Ich gehe eigentlich davon aus, dass es Kern des Untersuchungsausschusses sein wird – das liegt natürlich in Ihrer Entscheidung –, Erkenntnisse über Folgendes zu bekommen: Welche Fehler wurden gemacht? Wie wurden dem Steuerzahler beziehungsweise der Steuerzahlerin viele Milliarden Euro an Schaden aufgebürdet? Wer hat seine Verantwortungen nicht wahrgenommen?

Ich denke, dass die Privatsphäre der Familie Grasser mit diesem Themenkomplex wohl wenig Zusammenhang haben wird.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Da widerspreche ich Ihnen (Heiterkeit), weil die Frage, ob ein amtierender Finanzminister selbst direkt oder treuhändig in einer prekären Lage für die Hypo investiert, eine ganz entscheidende ist. Und das ist natürlich auch vom Untersuchungsgegenstand gedeckt.

Ich zitiere da unter anderem – (in einem Schriftstück blätternd) das ist leider aus den Rohdaten, also gibt es keine Nummer – ein Schreiben des Finanzamts Salzburg-Stadt an die Staatsanwaltschaft aus dem Jahr 2012, allgemein zu diesem Zwischeneinstieg von Tilo Berlin samt Investoren.

Ich zitiere: „Bemerkenswert ist, dass die Anteilsscheinzeichner sich ohne Sicherheiten beteiligt haben. Dies ist bei wirtschaftlicher Betrachtung aufgrund unkalkulierbarer Risiken (SWAP-Verluste, dünne Eigenkapitalausstattung) nicht nachvollziehbar, es denn, dass zum Zeitpunkt der Zeichnung der Scheine der Mehrheitserwerb durch die BLB bereits in Aussicht war.“

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Herr Abgeordneter, Herr Mag. Grasser hat sich mit guten Gründen der Aussage entschlagen! (Abg. Krainer: Das kann er bei jeder einzelnen Frage einzeln tun! Das wird auch akzeptiert!) – Aber die Frage dreht sich ja immer um dasselbe Thema. (Abg. Krainer: Er darf alle Fragen stellen, die er will!) – Ich aber sage: Wenn Sie immer wieder dieselben Fragen stellen, gilt auch immer dieselbe Entschlagung. (Zwischenruf des Abg. Lugar.)

*****

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Vorsitzende, ich muss zuerst kurz etwas zur Geschäftsordnung sagen, um auf die Anmerkung des Herrn Verfahrensanwalts zu antworten.

Ich nehme es zur Kenntnis, wenn sich eine Auskunftsperson der Aussage entschlägt. Ich bitte aber auch, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich von meinem Fragerecht Gebrauch machen werde. Ich werde nicht immer dieselbe Frage stellen, aber ich werde weiterfragen. Wenn sich die Auskunftsperson immer der Aussage entschlägt, dann ist das halt so – ich nehme es zur Kenntnis. Das war aber auch keine Frage, sondern ein Statement.

*****

Das Finanzamt Salzburg-Stadt hat natürlich vollkommen recht, denn die Darstellung, die sich ergibt, ist, dass ein vernünftiger Mensch in dieser Lage der Hypo nie und nimmer investieren würde, wenn da nicht Informationen bekannt wären, die andere nicht wissen – mit anderen Worten: ein Insiderdeal.

Wenn jetzt im Raum steht, dass ein amtierender Finanzminister direkt oder treuhändig für jemand anderen in so einer Situation Geld investiert hat, dann ist das natürlich bemerkenswert und vom Untersuchungsgegenstand des Ausschusses gedeckt.

Herr Mag. Grasser, gehen wir weiter: Was sagt Ihnen die Ferint AG?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Die sagt mir etwas. Die ist genau in diesem Themenkomplex Bestandteil der Ermittlungen. Ich bitte einfach um Verständnis, dass gemäß § 43 der Geschäftsordnung des Untersuchungsausschusses die Auskunftsperson die Aussage nach Abs. 1 Z 1 verweigern kann:

„über Fragen, deren Beantwortung die Privatsphäre der Auskunftsperson oder eines Angehörigen (…) betreffen oder für sie oder einen Angehörigen die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung nach sich ziehen würde“.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Beziehen Sie sich jetzt nur auf die Angehörigen oder auch auf sich selbst?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich habe Ihnen den Absatz vorgelesen, und Sie werden sich sicherlich an die gesetzlichen Grundlagen des Ausschusses halten.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Die Frage stellt sich deswegen, weil die wirtschaftlich Begünstigte nicht nur Frau Marina Giori – meines Wissens Ihre Schwiegermutter – war, sondern auch eine Frau Irma Tonta. Das wäre meines Wissens keine Verwandte von Ihnen – deswegen meine Frage: Beziehen Sie sich bei der Aussageentschlagung auf Verwandte oder auf sich selbst?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich beziehe mich auf § 43 Abs. 1 Z 1.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Okay. Ist Ihnen eine Firma namens Mandarin bekannt?

Vorsitzende Doris Bures: Zweite Runde, Herr Abgeordneter!

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich beziehe mich auch dazu auf § 43 Abs. 1 Z 1.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gibt es ein Ermittlungsverfahren gegen die Firma Mandarin?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja. Das werden Sie wahrscheinlich auch wissen, weil der gesamte Themenkomplex, den Sie jetzt dauernd hinterfragen, genau dieser Themenkomplex zum Ermittlungsverfahren ist. Daher können wir das Spiel gerne fortsetzen, und ich nehme zur Kenntnis, dass Sie nicht daran interessiert sind, wer welche Verantwortung im Hypo-Skandal hat und wer dafür verantwortlich ist, dass der Steuerzahler viele Milliarden an Schaden zu ertragen hat.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Natürlich ist es spannend, Herr Mag. Grasser, nur: Ihr Einleitungsstatement war – das muss ich auch festhalten – erstens schon eine Themenverfehlung und zweitens natürlich ein Ablenkungsmanöver.

Warum war es eine Themenverfehlung? – Weil Sie hier zur Phase 2000 bis 2007 geladen sind und nicht zur Verstaatlichung oder irgendwann danach. Warum war es ein Ablenkungsmanöver? – Weil Sie – wie Herr Liebscher letzte Woche – die Hypo als eine Bank darstellen, die halt in der Finanzkrise umgekippt wäre, während wir doch alle mittlerweile wissen, dass das Gegenteil der Fall ist.

Die Bank ist systematisch ausgeräumt worden und nicht in der Finanzkrise gekippt. Sie ist vorher schon längst durch all diese windigen Geschäfte in die Schieflage gebracht worden. Und die dafür Verantwortlichen und Begünstigten laufen heute weitgehend auf freiem Fuß herum. Das ist ein wichtiger Aspekt der Hypo-Causa und natürlich im Untersuchungsgegenstand.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das könnte ich auch gerne mit Ihnen diskutieren.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich lade Sie gerne zu Phase 2 und Phase 3 noch einmal ein, dann können wir weiter darüber diskutieren.

Zur Firma Mandarin wollen Sie auch keine Auskunft geben? (Auskunftsperson Grasser: Völlig richtig, ja!) – Da ohnehin schon alles in den Medien ist, hätte ich Ihnen hier noch die Chance gegeben, das klarzustellen.

Schon Herr Klenk hat das ja im „Falter“ im Jahr 2012 berichtet: erstens natürlich das Ferint-Konto, wo 500 000 in die Hypo geflossen sind. Das ist ein Investment, das ein wirtschaftlich Vernünftiger eigentlich nicht machen würde, es sei denn, es wäre ein Insiderdeal, und offensichtlich – schreibt Herr Klenk – ist dann das Geld plus Gewinn Richtung Mandarin weitergeflossen. Das ist eine Gesellschaft in Belize, ein kleines Offshorezentrum in der Nähe von Mexiko mit schönen Stränden und vielen Briefkastenfirmen – dazu auch nichts? – Okay.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das wäre schon meine letzte Frage: Kennen Sie das Liechtenstein-Konto mit der Nummer 15444? Gehört das Ihnen, oder gehört das auch zu diesem Komplex?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter, ich komme nicht umhin, zu sagen, dass ich den Eindruck habe, dass Sie das Thema etwas verfehlen. Sie sind ein Abgeordneter zum Nationalrat und nicht der Staatsanwalt, der das Verfahren in dieser Ermittlungscausa führt – aber Sie können das gerne weitermachen. Sie wissen, meine Antwort ist immer: § 43 Abs. 1 Z 1. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Da haben Sie vollkommen recht, ich bin nicht der Staatsanwalt; aber als Abgeordneter und Volksvertreter dieses Hauses bin ich dafür verantwortlich, dass die anderen Staatsgewalten funktionieren. Dass sehr vieles, was in Sachen Hypo anklagewürdig wäre, keinen Gerichtssaal erlebt, wissen wir, deswegen ist es mir natürlich wichtig und deswegen werde ich weitermachen – in der dritten Runde.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben gesagt, Sie erinnern sich an dieses Gespräch mit Herrn Lejsek im Jahr 2001 und auch an die Inhalte. Erinnern Sie sich von selbst, oder haben Sie sich irgendwie darauf vorbereitet und es ist Ihnen dann wieder eingefallen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich erinnere mich deshalb, weil ich mich vorbereitet habe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie haben Sie sich vorbereitet?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich habe versucht, möglichst viel Informationen über das Thema des Ausschusses zu bekommen, weil, wie Sie sich vorstellen können, das acht beziehungsweise 15 Jahre zurückliegt – 2000 bis 2007. Da muss man seiner Erinnerung wirklich deutlich auf die Sprünge helfen, sonst hätte ich Ihnen gar nicht viel sagen können. (Abg. Krainer: Das glaube ich eh …!) – Ich dachte, es ist Ihnen ein Anliegen, wenn ich hier aussage, denn wenn ich dauernd sage: Ich kann mich nicht erinnern!, Ich weiß nicht!, Ich kann mich nicht mehr erinnern!, wäre es wahrscheinlich noch unlustiger.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie dazu direkten oder indirekten Kontakt mit einem Mitglied des Ausschusses gehabt? (Auskunftsperson Grasser: Nein!) – Mit einer Partei? (Auskunftsperson Grasser: Nein!) – Mit Bediensteten oder ehemaligen Bediensteten des Bundesministeriums für Finanzen? (Auskunftsperson Grasser: Ja!) – Mit wem?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich habe vor einigen Wochen einen Brief an Bundesminister Schelling geschickt, als klar war, dass Sie mich einladen. Ich habe ihm sinngemäß geschrieben, dass dieser Zeitraum sehr lange zurückliegt, dass ich keine Informationen und keine Unterlagen darüber habe und daher auch schwer in der Lage sein werde, dem Ausschuss qualifiziert und kompetent zu den Verantwortungsbereichen, die ich damals wahrgenommen habe, Aussagen zu treffen.

Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn ersuche, ob er mir vom Ministerium eine Zusammenstellung über die ausschussrelevanten Themen machen lässt. Er hat dankenswerterweise zurückgeschrieben, dass er das sinnvoll findet. Ich habe dann sozusagen eine Fragenliste an das Finanzministerium gerichtet, und die wurde auch beantwortet.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Durch wen wurden die Fragen beantwortet?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Durch die zuständige Sektion, die das beantwortet hat (in seinen Unterlagen blätternd und daraus vorlesend), die Gruppe III/B, Mag. Maerschalk und Mag. Schöner. (Abg. Krainer: Okay!) – Dass das wahrscheinlich die Abteilung ist oder die Gruppe …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mir ist nur aufgefallen, dass Sie sich erinnern. Sie haben überhaupt davon gesprochen, dass Sie eine Ausdehnung einer Prüfung wollten? (Auskunftsperson Grasser: Ja!) – Um Folgendes zu prüfen:

„das Kroatien-Geschäft, das Kreditgeschäft allgemein sowie die Geschäftsbeziehungen zur General Partners Gruppe bzw. der General Commerce Bank“.

Das hätte mich gewundert, wenn Sie sich daran noch erinnern. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass Sie nie um eine Ausweitung der Prüfung ersucht haben. Das geht aus den Akten überhaupt nicht hervor. Es ging nicht um eine Ausweitung, sondern es ging darum, dass Sie sich eine Prüfung mit diesem Inhalt wünschten. Sie hatten gar keine Kenntnis davon, dass bereits eine Prüfung im Laufen war.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das ist nicht ganz richtig, zumindest aufgrund der Informationen, die ich aus dem Finanzministerium bekommen habe …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Na, na, es geht hier um eigene Wahrnehmungen und nicht darum, dass Sie uns erzählen, was Ihnen ein Dritter vor Kurzem erzählt hat, Entschuldigung! Also von dem, was Ihnen irgendwer von irgendwo zusammengeschrieben hat, zu sagen: Das ist die Wahrheit!, ... – Wir haben hier die Originalakten aus dem Jahr 2001! Daraus geht das überhaupt nicht hervor.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich kann Ihnen nur … Wenn Sie die Antwort auf Ihre Frage auch gestatten, Herr Abgeordneter, dann lese ich Ihnen gerne vor (in seinen Unterlagen blätternd), was das Finanzministerium mir ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, das interessiert mich nicht. Mich interessieren Ihre eigenen Wahrnehmungen und nicht, wie gut oder wie schlecht Sie vorlesen können. Ich glaube Ihnen, dass Sie total gut vorlesen können.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja, nur das ist auch mit meiner eigenen Wahrnehmung übereinstimmend, weil ich mich daran erinnert habe. Das Finanzministerium schreibt mir (auf eine Unterlage verweisend) – ich zitiere –:

Dessen ungeachtet ersucht der Bundesminister Mag. Grasser in einem Gespräch mit der Sektionsleitung am 3. September 2001 um eine Erweiterung des Prüfungsauftrags auf Kroatien-Risiken, Kreditrisiken allgemein und Risiken in Verbindung mit der General Commerce Bank. – Zitatende.

Es muss offensichtlich einen Aktenvermerk im Finanzministerium darüber geben, der Ihnen ja auch vorliegen sollte …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich zitiere Ihnen wortwörtlich:

„Gem. dem Ersuchen des Herrn Bundesministers (persönliches Gespräch am 3.9.2001) ist bei der Hypo-Alpe-Adria Bank eine umfassende Prüfung gem. § 70 Abs. 1 Z 3 BWG durch die Oesterreichische Nationalbank vorzunehmen. Prüfungsschwerpunkte sollen das Kroatien-Geschäft, das Kreditgeschäft allgemein sowie die Geschäftsbeziehungen zur General Partners Gruppe bzw. der General Commerce Bank sein. Die Prüfung ist ehestmöglich vorzunehmen.“

Da steht kein Wort von Ausweitung, sondern im Gegenteil: eine Prüfung mit diesem Inhalt.

„Ich werde mit Frau (…) Dr. Tumpel-Gugerell (derzeit auf Urlaub) Kontakt wegen des Prüfungsauftrages aufnehmen.“ 

Und dann bekommen Sie beziehungsweise eine Mitarbeiterin Ihres Büros, Sabine Kanduth-Kristen, ein Schreiben, in dem steht:

„Sehr geehrter Herr Bundesminister! Bezugnehmend auf unser Gespräch am 3. September“ – drei Tage später – „(…) darf ich Ihnen mitteilen, dass der OeNB mit BMF-Schreiben vom 22.8.2001 bereits der Auftrag einer Prüfung des Risikomanagements (…) erteilt wurde.“

Da kommt überhaupt erst die Info, dass es schon eine Prüfung gibt. Sie können keine Ausweitung verlangen, wenn Sie gar nicht wissen, dass es die Prüfung gibt, das ist ja lächerlich!

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja. Herr Abgeordneter, aus den Informationen, die Sie ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, das interessiert mich nicht, die Informationen, die Ihnen irgendwer vor ein paar Wochen geschickt hat, interessieren mich nicht.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Sie werden mit Antworten von mir leben müssen. Wenn Sie hier einen Monolog halten wollen, brauche ich wohl nicht da zu sein.

Vorsitzende Doris Bures: Könnten Sie das … (Abg. Krainer: Entschuldigung, ich kann hier nur, es geht hier …!) – Herr Abgeordneter, ich würde nur bitten, die Dokumentennummer bekannt zu geben und das Dokument zur Verteilung zu bringen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich glaube, das hat Kollege Lugar bereits vorgelegt.

Vorsitzende Doris Bures: Wenn Sie bitte die Nummer sagen, wir können das ja nicht wissen!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist die Nummer 13297.

Dann gibt es eben ein Schreiben an Sie, in dem Sie mitgeteilt bekommen …

Vorsitzende Doris Bures: Herr Professor Binder, ist dieses Dokument vorhanden? (Der Verfahrensanwalt bestätigt dies.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es liegt ja alles vor. Und es geht ja noch weiter: Er hat behauptet, das Schreiben sei an Herrn Lejsek gegangen.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Vorsitzende, Verzeihung, das ist nicht dieses Schreiben! Das Schreiben, das mir der Verfahrensanwalt gibt, ist das Schreiben des Vorstandes der Hypo an Sektionschef Lejsek, das wir mit Klubobmann Lugar diskutiert haben.

Vielleicht, Herr Abgeordneter, wären Sie so nett und legen es einfach vor, oder wir diskutieren immer über die gleiche Geschichte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gerne. Ich kann Ihnen nämlich auch vorlegen, dass das Schreiben, das an Herrn Lejsek und auch an Sie gegangen ist, an Ihr Büro gegangen ist, und zwar vor dem Gespräch, das Sie mit Herrn Lejsek geführt haben. Das können Sie nämlich auf dem Aktenbogen lesen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Mag. Karl-Heinz Grasser (im Schriftstück blätternd): Das Ganze ist jetzt ein dickes Bündel. Auf welcher Seite soll ich das suchen, was Sie gesagt haben? (Abg. Krainer: Das, was ich Ihnen aufgeschlagen habe!)

Also, was Sie mir aufgeschlagen haben, ist ein Aktenbogen, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Da steht oben, dass diesen Brief, der an Lejsek gegangen ist, auch Kanduth-Kristen gekriegt hat – Ihr Büro! Da können Sie das Datum auch gleich sagen, das war nämlich im August, und am 3. September war das Gespräch.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Da gibt es offensichtlich einen Brief vom 22. August 2001, ja. (Abg. Krainer: Vom 24.!) – Also: Ich habe hier einen Aktenbogen, Herr Abgeordneter, den Sie mir gerade in die Hand gedrückt haben, auf dem steht: Zur Abfertigung: Abteilung V/13, Sektion V, Ministerbüro – Dr. Waltenberger, Abteilung V/13.

Und auf der Rückseite dessen, was Sie mir gegeben haben: ein „Kanzleiauftrag“; „Durchschrift“, „zu lesen das Protokoll des Umlaufbeschlusses der Expertenkommission betreffend einen Prüfungsauftrag an die Oesterreichische Nationalbank“. (Abg. Krainer – die Auskunftsperson auf eine bestimmte Stelle im vorgelegten Schriftstück hinweisend –: … Herr Bundesminister, Büro Dr. Kanduth-Kristen, ergangen am 28.!) – Ja, und jetzt verstehe ich nur den Widerspruch nicht, Herr Abgeordneter, denn das, was ich Ihnen gesagt habe, was mit meiner Wahrnehmung übereinstimmt, ist, dass es am 21. August 2001 einen Umlaufbeschluss der Expertenkommission gegeben hat.

Die Expertenkommission ist – wie Sie wissen – nach § 81 BWG eingerichtet gewesen und bestand aus zwei Mitgliedern der Oesterreichischen Nationalbank und aus zwei Mitgliedern des Bundesministeriums für Finanzen. Diese Expertenkommission hat im Rahmen des Vor-Ort-Prüfungsprogramms für das Jahr 2001 beschlossen, die Hypo Alpe-Adria-Bank zu prüfen.

„Mit Umlaufbeschluss der Expertenkommission vom 21. August 2001 wurde diese Prüfung um die Themenbereiche ‚Risikomanagement’ und ‚Großkreditrisiken’ erweitert.

Das Bundesministerium für Finanzen hat sodann mit Schreiben vom 22. August 2001 die Oesterreichische Nationalbank gemäß § 70 (…) BWG mit einer Prüfung des Risikomanagements, der Großrisiken sowie der Marktrisiken der HAAG beauftragt. Dieser Prüfungsauftrag wurde vor Versendung an die OeNB dem Kabinett des Herrn Bundesministers (Dr. Sabine Kristen, Mag. René Oberleitner) zur Kenntnis gebracht.

Dessen ungeachtet“ ersuchte „Bundesminister Mag. Grasser in einem Gespräch mit der Sektionsleitung am 3. September 2001“ – also völlig richtig, nachdem der Auftrag bereits ergangen ist –, „um eine Erweiterung des Prüfungsauftrags“– und zwar eben – „auf Kroatien-Risiken (…), Kreditrisiken (…) und Risiken in Verbindung mit der General Commerce Bank.“

Daher sehe ich jetzt erstens keinen Widerspruch, und zweitens möchte ich betonen: Es ist doch gut, wenn man noch mehr Dinge geprüft haben will, oder? (Abg. Krainer legt der Auskunftsperson ein Schriftstück vor.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das mag schon sein, dass irgendjemand Ihnen das vor drei Wochen geschrieben hat, es hat nur nichts mit der Originalaktenlage zu tun. Die Originalaktenlage aus dem Jahr 2001 sagt, dass Sie sich eine Prüfung gewünscht haben – da ist kein Wort von Ausweitung! –, und drei Tage später wird Ihnen dann berichtet: Es gibt bereits eine Prüfung! (Auskunftsperson Grasser: Aber, Herr Abgeordneter …!) – Lassen Sie mich ausreden! (Auskunftsperson Grasser: Gerne!)

Und: Der Brief an Lejsek ist auch an Ihr Büro gegangen. Das heißt: Den Brief von Kulterer an Lejsek haben Sie beim Gespräch am 3.9. zur Kenntnis gehabt – sonst hätten Sie sich ja unmöglich auch zufällig genau jene Prüfung wünschen können, die Kulterer sich wünscht!

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also, Herr Abgeordneter, erstens ist das die Unwahrheit, und Sie … (Abg. Krainer: Was ist die Unwahrheit?) – Die Unwahrheit, dass ich eine Prüfung beauftragt hätte, die Kulterer sich gewünscht hat. (Abg. Krainer: Nein, dass Sie sich eine Prüfung, die er sich gewünscht hat, gewünscht haben – „beauftragt“ habe ich nicht gesagt!)

Zum Zweiten, Herr Abgeordneter, lässt sich das ja leicht feststellen … (Abg. Krainer: Das steht hier! Das steht hier!) Es lässt sich leicht feststellen, wer recht hat. Das, was Sie mir jetzt vorlegen und was Sie gerne selbst vorlesen können, wenn Sie wollen (Abg. Krainer: Habe ich bereits, ist schon im Protokoll!) – wunderbar! –, trägt also Mag. Alfred Lejsek als Sachbearbeiter, und da steht genau das drin, was ich Ihnen gesagt habe. (Abg. Krainer: Falsch! Es steht das drin, was ich vorgelesen habe!) – Darf ich vielleicht auch einmal ausreden, Herr Abgeordneter? (Abg. Krainer: Gerne!) –Wunderbar! (Abg. Krainer: Aber wenn Sie etwas Falsches sagen, dann müssen Sie damit rechnen, dass ich darauf hinweise!) – Leider Gottes sagen die falschen Dinge in diesem Fall nur Sie, und ich kann es auch beweisen, Herr Abgeordneter! (Abg. Krainer: Also bitte!)

Laden Sie doch einfach Herrn Mag. Lejsek ein (Abg. Krainer: Haben wir schon!), und befragen Sie ihn genau zu diesem Themenkomplex noch einmal! (Abg. Krainer: Haben wir schon!) Ich kann Ihnen nur sagen, dass Lejsek und seine Mitarbeiter Maerschalk und Mag. Schöner … Und das ist meine eigene Erinnerung; wie ich das gelesen habe, ist mir eingefallen, genau das war es damals: Man hat mir berichtet, es gibt eine Hypo-Prüfung, und das ist genau die Aktenlage hier.

Bereits am 12. Dezember 2000 … (Abg. Krainer: Nein, die Aktenlage haben Sie in der rechten Hand, nicht in Ihrer Mappe!) – Jetzt unterbrechen Sie mich wiederum, Herr Abgeordneter (Abg. Krainer: Ja, aber das ist falsch!), und ich finde das unstattlich. (Abg. Krainer: Die Aktenlage ist in Ihrer rechten Hand, in Ihrer Mappe ist nicht die Aktenlage!) Wenn Sie eine gute Diskussion haben wollen, dann sollten Sie nicht dauernd unterbrechen. Wenn Sie keine Diskussion haben wollen, dann unterbrechen Sie weiter. (Abg. Krainer: Das ist eine Interpretation!) – Ich finde es einfach relativ unsachlich von Ihnen. (Abg. Krainer: Ja, aber unsachlich ist …!)

Vorsitzende Doris Bures: Entschuldigung, bitte! So wird es für das Protokoll ganz schwierig, und auch was das Verfolgen der Debatte betrifft. (Zwischenruf der Vertrauensperson Ainedter.) – Sie haben kein Rederecht, Herr Dr. Ainedter!

Herr Abgeordneter, ich würde Sie bitten, die Fragen zu formulieren, und die Auskunftsperson, diese zu beantworten!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, also wo steht irgendetwas von Ausweiten im Aktenvermerk, im Originalakt, der Ihnen vorliegt? Steht da irgendwo etwas von Ausweitung? (Die Auskunftsperson blättert in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Nein, auf der Seite, auf der Aktennotiz; das sind ein paar Zeilen.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja, Herr Abgeordneter, das war auch nicht notwendig, dass es hier konkret steht, denn hier steht:

„Gem. dem Ersuchen des Herrn Bundesministers (persönliches Gespräch am 3.9.2001) ist bei der Hypo-Alpe-Adria (…) eine umfassende Prüfung gem. § 70 (…) BWG durch die Oesterreichische Nationalbank vorzunehmen. Prüfungsschwerpunkte sollen das Kroatien-Geschäft, das Kreditgeschäft allgemein sowie die Geschäftsbeziehungen zur General Partners Gruppe bzw. der General Commerce Bank sein. Die Prüfung ist ehestmöglich vorzunehmen. Ich werde mit Frau (…) Dr. Tumpel-Gugerell“ – Vizegouverneur – „Kontakt wegen des Prüfungsauftrages aufnehmen.“

Das trägt das Datum 4. September 2001. Schon davor, Herr Abgeordneter – und das ist das, was Sie nicht richtig darstellen oder vielleicht, um jetzt sozusagen an das Gute zu glauben, einfach übersehen haben –, ist, dass am 12. Dezember 2000, also neun Monate vor dem 4. September 2001, die Expertenkommission nach § 81 BWG den Beschluss gefasst hat, im Sinne oder im Rahmen des Vor-Ort-Prüfungsprogramms für das Jahr 2001 die Hypo Alpe-Adria zu prüfen!

Da waren dann mit Umlaufbeschluss vom 21. August 2001 – also auch vor meinem Ersuchen an den Sektionschef –, drinnen die Themenbereiche Risikomanagement, Großkreditrisiken und alle anderen Prüfungsbestandteile, die die Oesterreichische Nationalbank und das BMF als sinnvoll angesehen haben, also im Wesentlichen: Risikomanagement, Großrisiken und Marktrisiken der Hypo Alpe-Adria-Group.

Und dann, nämlich hier am 4. September 2001, Monate danach, kommen in Ergänzung … (Abg. Krainer: Nein, nicht Monate!) – Herr Abgeordneter, nicht unterbrechen! (Abg. Krainer: Lächerlich!) Jetzt kommen in Ergänzung dazu: Kroatien-Risiko, Kreditrisiko allgemein (ironische Heiterkeit des Abg. Krainer) und Risiken in Verbindung mit General Commerce Group. – Was soll das sonst sein, wenn keine Erweiterung? Zuerst steht x hier, und dann steht x plus 1!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also zwischen 22. August und 3. September liegen Monate? – Okay!

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein, zwischen dem ersten Beschluss der Expertenkommission, 12. Dezember 2000 (Abg. Krainer: Ohne Inhalt!), und dem 4. September 2001 liegen Monate. (Abg. Krainer: Da ist der Beschluss: Diese Bank wird geprüft!, ohne Inhalt!) – Genau, das ist der Beschluss des Programms, die Bank zu prüfen, und dann …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also prinzipiell: Die Bank wird geprüft ohne Inhalt; am 22. August wird der Inhalt festgelegt (Auskunftsperson Grasser: Aber, Herr Abgeordneter …!) – Jetzt bin ich am Wort. AM 24. August schreibt Kulterer einen Brief: Er hätte gerne einen anderen Inhalt. Sie zitieren den zuständigen Sektionschef zu sich, sagen ihm, Sie hätten gerne den anderen Inhalt, informieren ihn nicht einmal darüber, dass das auf Wunsch von Kulterer ist! Sie wünschen sich ganz genau die Inhalte der Prüfung, die Kulterer brieflich meldet. (Auskunftsperson Grasser: Das ist falsch! Das ist falsch, Herr Abgeordneter, da muss ich Sie dann unterbrechen!) – Aha! Wo ist denn der Unterschied?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Der Unterschied ist der, dass erstens einmal am 21. August 2001 (Abg. Krainer: Nein, das kennen wir schon alle!) der Prüfungsinhalt festgelegt wurde (Abg. Krainer: Nein, bitte, der Vorhalt war ein anderer!), zweitens Herr Kulterer (Abg. Krainer: Nur Fragen beantworten, die gestellt werden!) am 24. August 2001 den Brief schreibt, den wir mit Klubobmann Lugar diskutiert haben. In diesem Brief geht es ausschließlich um die General Partners Gruppe und um die Prüfung, die sie haben wollen. Sie wissen genau, dass ich im Gespräch mit Lejsek am 3. September 2001 ersucht habe, den Prüfungsauftrag zu erweitern um Kroatien-Risiken, Kreditrisiken allgemein und auch die Risiken in Verbindung mit der General Commerce Bank.

Das heißt: Habe ich nur das beauftragt, was Kulterer Lejsek geschrieben hat und nicht mir geschrieben hat? – Nein, das habe ich nicht! Sie haben das falsch gesehen und falsch dargestellt. Ich habe beauftragt: Kroatien-Risiken und Kreditrisiken allgemein.

Nochmals, im Grundsatz: Wenn ein Finanzminister Erweiterungen eines Prüfungsauftrags anregt, dann finde ich das einfach gescheit, denn wenn Sie als Finanzminister hören: In Kroatien könnte es ein Problem geben, und mit allgemeinen Kreditrisiken könnte es ein Problem geben!, dann würden Sie das hoffentlich auch so tun.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also Kulterer schreibt in dem Schreiben:

„Die in den letzten Jahren laufenden Prüfungen und Einsichtnahmen von externen Wirtschaftsprüfern, sowie auch Überprüfungen durch die Nationalbank und die Bankenaufsicht, insbesondere des auch permanent diskutierten Kroatien-Risikos, haben in den letzten 24 Monaten zu einer erheblichen Beruhigung geführt. Die Entwicklung des Landes Kroatien sowie auch die internationale Beurteilung des Risikos dieses Marktes hat sich ebenfalls erheblich verbessert.“

Natürlich schreibt er ganz genau über Kroatien. In diesem Brief sind alle diese drei Prüfungsschwerpunkte – alle drei – drin, die Sie sich wünschen, ohne Kenntnis, dass es bereits eine Prüfung gibt, denn auf der nächsten Seite – wenn Sie schauen – … Sie können den Akt wieder zur Hand nehmen, den Originalakt, nicht die Schmähs, die Sie da vor drei Wochen von irgendjemanden bekommen haben; das werden wir auch noch aufklären müssen. Im Originalakt sehen Sie dann nämlich gleich als Nächstes Folgendes …

Wenn Sie einfach auf die Seite davor schauen, auf Seite 18 ist dieser Brief (Auskunftsperson Grasser: Welches Dokument?) – Es liegt hier. Das haben Sie weggelegt, deswegen habe ich gemeint, Sie brauchen es nicht wegzulegen. (Auskunftsperson Grasser: Das da?) – Genau; das nehmen Sie wieder zur Hand, drehen Sie es um! (Auskunftsperson Grasser: Seite?) – Auf Seite 18.

Da haben Sie dann am 6.9. ein E-Mail bekommen, in dem steht:

„Sehr geehrter Herr Bundesminister! Bezugnehmend auf unser Gespräch am 3. September“ – quasi – muss ich Ihnen mitteilen: den Auftrag der Prüfung gibt es bereits, aber die von Ihnen gewünschten Bereiche werden zusätzlich aufgenommen. Das ist das Ergebnis Ihrer Intervention – hat eh nicht funktioniert!

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja, und jetzt frage ich: Was ist denn daran schlecht, dass man zusätzlich eine Bank prüft?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dass Sie uns da einen Schmäh erzählen, dass Sie eine Ausweitung wollten. Es wurde zu einer Ausweitung, aber die wollten Sie nie, das geht aus der Aktenlage nicht hervor. (Auskunftsperson Grasser: Also erstens, Herr Abgeordneter ...!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Professor Binder, bitte.

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Herr Abgeordneter, Herr Mag. Grasser hat seine Sicht der Dinge dargestellt. (Abg. Krainer: Ja, und ich meine!) – Ja, es stimmt nicht mit Ihrer Sicht überein, das ist so, ja, das lässt sich auch nicht anders darstellen, aber dass man dann Worte wie „Schmäh“ und andere Dinge ...

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich finde es unglaublich, dass Sie ein Schreiben aus dem Finanzministerium als Schmäh empfinden, nur weil eine Auskunftsperson sich vorbereiten möchte auf die Diskussion mit Ihnen. Wenn Sie das als schlecht empfinden, wenn Sie das disqualifizieren, dass das Finanzministerium einer Auskunftsperson Informationen gibt, dann weiß ich wirklich nicht, welches Interesse Sie an einer korrekten, sachlichen, konstruktiven Debatte hier haben. (Abg. Krainer: Das kann ich Ihnen einfach sagen! Die sachliche ...!)

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Darf ich kurz etwas sagen? Ich würde nur bitten, verbal etwas abzurüsten …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Entschuldigung, ja! Das ist ganz einfach zu beantworten: Sachlich ist natürlich, wenn ich mir die Originalaktenlage aus dem Jahr 2001 ansehe, und da ist es eindeutig. Die Aktenlage ist eindeutig: Sie haben Herrn Lejsek zu sich zitiert und haben nicht gesagt: Es gibt eine Prüfung, ich hätte gern eine Ausweitung! – Sie haben recht, Sie wussten, dass es eine Prüfung gibt –, sondern Sie haben gesagt, Sie wünschen sich eine Prüfung mit diesen Inhalten.

Lejsek hat sich bemüht, Ihrem Wunsch zu entsprechen, Ihrer Empfehlung – es war ja nie eine Weisung; er hat ja selber hier auch gesagt, es gab nie Weisungen, sondern immer nur Empfehlungen –, und er ist damit gescheitert. Aber das, was Sie hier behaupten, dass es von Anfang an immer nur um eine Ausweitung ging, das findet sich nicht in den Akten. Das Gegenteil von dem, was Sie hier behaupten, findet sich in den Akten.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Hat er noch eine Frage, der Herr Abgeordnete, oder ist das ein Monolog, Frau Präsident?

Vorsitzende Doris Bures: Herr Mag. Grasser, Sie haben auch nicht zu bewerten, welche Fragestellungen oder auch Ausführungen die Mitglieder dieses Ausschusses tätigen. (Auskunftsperson Grasser: Aber er müsste eine Frage stellen, oder?) Es steht den Ausschussmitgliedern zu, entweder Fragen zu stellen, oder auch sich zu positionieren und das hier im Ausschuss zu formulieren. Sie haben das bitte nicht zu kommentieren, sondern die Fragen zu beantworten. (Auskunftsperson Grasser: Aber wenn er keine stellt …?)

Ich möchte aber auch noch einmal darauf hinweisen und das unterstreichen, was Professor Binder gesagt hat, nämlich dass wir darauf achten, dass die Fragen gemäß der Verfahrensordnung – und in den letzten Untersuchungsausschüssen hat das ja gut funktioniert – eben nicht unbestimmt, mehrdeutig, beleidigend und unterstellend sein dürfen. Ich ersuche daher, dass wir in dieser Art und Weise die Befragung fortsetzen. – Bitte, Herr Abgeordneter Krainer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie viel Zeit habe ich noch?

Vorsitzende Doris Bures: 1,5 Minuten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay, ich würde gern einen Brief, den Sie von Herrn Landeshauptmann Haider bekommen haben, vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzende Doris Bures: Dokumentennummer?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): 3203.

Vorsitzende Doris Bures: Danke.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter, könnten Sie es vorlesen, es ist nämlich ganz schwer zu lesen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, ich brauche das auch nicht vorzulesen, ich habe das bereits vorgelesen; es ist im Stenographischen Protokoll drinnen, das bereits veröffentlicht wurde.

Im Zuge Ihrer Vorbereitung haben Sie sicher bereits den genauen Wortlaut dieses Briefs bekommen, aber es geht mir gar nicht um den Wortlaut des Briefs, es geht mir um die handschriftlichen Anmerkungen.

Erste Frage: Ist das Ihre Handschrift? Sind die von Ihnen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also erstens geht es hier offensichtlich um einen Brief des Landeshauptmanns Jörg Haider, 26. Mai 2006, an mich, der sehr schwer lesbar ist. Die handschriftlichen Anmerkungen sind von mir. „HGK“, glaube ich, könnte Hans-Georg Kramer sein, falls er damals zuständig war im Kabinett; Lejsek ist angeführt. Ich lese hier: „Bitte Beurteilung durch das BMF“, also Beurteilung des Briefs und des Inhalts durch das BMF, „feedback an mich a.s.a.p.“ – as soon as possible – „+ BA-Vorschlag“, also plus Briefantwort-Vorschlag.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und weiter oben steht noch etwas, da ist ein Nuller durchgestrichen, „HGK“ „PQuantschnigg“.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das kann sein, dass das dann in Durchschrift auch an Quantschnigg gegangen ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also ein Nuller durchgestrichen heißt: in Durchschrift an?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich sehe da den Nuller nicht, den Sie sehen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Vor dem „H“.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Vor „HGK“ – weiß ich nicht, das ist ja nicht meine Handschrift, also das oben ist nicht von mir.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay, aber das unten ist von Ihnen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das unten ist von mir, genau, und das unten von mir ist der absolute Standard, den ich gemacht habe, bei vielen, vielen Schreiben, die man mir vorgelegt hat: bitte sozusagen Beurteilung durch das BMF, Feedback an mich, Briefvorschlag, und das BMF wird wahrscheinlich irgendeinen Briefvorschlag geliefert haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, Sie haben ja vorher gesagt, Sie haben dieses Schreiben nie beantwortet.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Dann habe ich es auch nicht beantwortet, am Ende des Tages, weil das BMF wahrscheinlich gesagt haben wird … Deswegen habe ich Sie gefragt: Welches Schreiben ist das?, weil man es so schwer lesen kann. Wenn es das Schreiben ist, wo Haider sich über die FMA beschwert und die FMA-Abberufung und so weiter vorschlägt, dann war offensichtlich der Vorschlag aus dem BMF, keine Antwort zu erteilen, und meines Wissens haben wir dieses Schreiben auch nicht beantwortet.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie mehrere Schreiben von Dr. Haider bekommen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja, ich meine, als Bundesminister für Finanzen kriegt man vom Landeshauptmann von Kärnten – wie auch von allen anderen Landeshauptleuten – in der Zeit von sieben Jahren Verantwortung sehr viele Schreiben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hat es da noch mehrere zur Hypo gegeben?`

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das weiß ich nicht. Mir ist dieses vom Inhalt her eindrücklich in Erinnerung. Es kann leicht sein, dass er auch mehrere Schreiben geschickt hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wieso wurde eigentlich dieses Verfahren auf Absetzung der Vorstände der Finanzmarktaufsicht eingeleitet, obwohl die Rechtsabteilung des Finanzministeriums das ausdrücklich quasi abgelehnt hat?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das ist falsch, Herr Abgeordneter. Die Rechtsabteilung des Finanzministeriums hat das nicht abgelehnt, sondern die Rechtsabteilung des Finanzministeriums hat es für notwendig gehalten, dieses Verfahren zu beginnen, weil die Vorwürfe, was die behaupteten Verletzungen von Verwaltungsverfahrensvorschriften und die behaupteten Verletzungen von strafrechtlichen Vorwürfen betrifft, so schwerwiegend waren, dass das BMF – und zwar völlig ohne meine Einflussnahme; keine Weisung, kein Wunsch, kein gar nichts – gesagt hat: Wir müssen hier ein Verfahren machen! Wie ich in der Diskussion vorher zum Ausdruck gebracht habe, ist das auch relativ rasch beendet worden, und zwar mit der Einstellung des Verfahrens.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Zitieren Sie hier wieder aus dieser Unterlage, die Ihnen jetzt quasi vom Finanzministerium gegeben wurde?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Unter anderem zitiere ich daraus, ich habe aber auch gewusst und mich erinnert, dass das Verfahren eingestellt wurde, und ich hätte auch ohne das Schreiben des Finanzministeriums gewusst, dass ich keinen Einfluss darauf genommen habe, weil das ein klassischer Fall war, wo das BMF halt beurteilen soll: Was ist zu tun?

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also die Rechtsabteilung rät ausdrücklich von einem Verfahren, von einem Absetzungsverfahren ab und sagt, es ist nicht notwendig. Trotzdem wird es eingeleitet. Der Sektionschef oder Gruppenleiter Lejsek hat hier selber gesagt: Er hat Empfehlungen bekommen – entweder von der Rechtsabteilung oder von Ihnen oder von Ihrem Kabinett. Wir haben schriftlich die Empfehlung der Rechtsabteilung, nicht dieses §-7-Abs.-3-Verfahren einzuleiten. Wir haben es hier schriftlich, Sie können sich es gern anschauen. (Auskunftsperson Grasser: Bitte zeigen Sie es mir!)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die Sache ist: Dann kann die Empfehlung ja nur noch von Ihnen gekommen sein, oder von Ihren Mitarbeitern.

Frage: Wenn das von Ihren Mitarbeitern gekommen ist, von welchem dieser Mitarbeiter muss das gekommen sein? Wer war bei Ihnen im Kabinett zuständig für solche Fragen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also erstens … (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) – Na, ich möchte nur, bevor ich mir das Schreiben ansehe, schon sagen, dass meiner Erinnerung nach …, und auch bestätigt durch das Schreiben aus dem Finanzministerium in Vorbereitung auf diese Sitzung – ich zitiere daraus (aus seinen Unterlagen vorlesend) –:

Oben angeführte Eingabe der Hypo Alpe-Adria wurde unmittelbar nach ihrem Einlangen von der Rechtsabteilung des BMF begutachtet. Nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage wurde von der Rechtsabteilung die Einleitung eines Verfahrens nach § 7 in Verbindung mit § 16 Abs. 2 FMABG empfohlen.

Das ist diametral im Unterschied zu dem … (Abg. Krainer: Ja, Sie haben wieder in der linken Hand das von heute …!) – Darf ich vielleicht auch ausreden? (Abg. Krainer: In der rechten haben Sie den Originalakt, da steht das Gegenteil drin!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich muss wieder auf die nächste Runde verweisen.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Deswegen möchte ich ja gern ausreden und sagen, wir hätten hier einen diametralen Unterschied; und ich schaue mir gerne diese Papiere an, die Sie mir hier vorlegen, die aber weder einen Briefkopf tragen, wer die gemacht haben soll, noch eine Unterschrift tragen, Herr Abgeordneter. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) – Ja, aber wer hat es gemacht? (Abg. Krainer: Die Rechtsabteilung!)

Und warum, glauben Sie, hat diese Analyse der Rechtsabteilung, scheinbare Analyse der Rechtsabteilung – wenn das überhaupt stimmt was Sie sagen –, keinen Briefkopf, keinen Aktenumschlag oder sonst etwas?

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, wir haben sicher noch mehrere Fragerunden vor uns, und Sie sind schon für die nächste Runde vorgemerkt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber auf die Antwort darf ich schon noch bestehen. Die Frage war ja: Wer war zuständig im Kabinett, derartige Empfehlungen, Wünsche, was auch immer, dass das eingeleitet wird, zu äußern? Wenn Sie es nicht persönlich gemacht haben, muss das ja ein Mitarbeiter von Ihrem Kabinett gemacht haben. Wer war da zuständig?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich werde die Frage beantworten, aber es ist mir gestattet, diese sechs, sieben Seiten, die mir der Herr Abgeordnete vorlegt und sagt, es wäre eine Stellungnahme der Rechtsabteilung, vorher anzuschauen; dann beantworte ich gerne seine Fragen.

Vorsitzende Doris Bures: Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen!

Mag. Karl-Heinz Grasser: Danke, Frau Präsident. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Ich lese gerne alles, Herr Abgeordneter, wenn Sie mir das gestatten – so interessant!

*****

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Vorsitzende, darf ich eine kurze Frage zur Geschäftsordnung stellen: Abgeordneter Krainer hat eine Passage aus einem 71‑seitigen Akt vorgelegt. Um welche sechs Seiten handelt es sich?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Das kann ich einfach beantworten. Das ist das, was Herr Lejsek als Stellungnahme … Das sind die Seiten 67 bis 72, das ist jener Teil des Gesamtaktes, den Gruppenleiter Lejsek als die Stellungnahme der Rechtsabteilung quasi identifiziert hat, wo steht:

„Für Maßnahmen gemäß § 11 Abs. 1 oder § 7 Abs. 3 Z 3 FMABG (Abberufung von Vorstandsmitgliedern)“ – um das geht es –, „besteht nach dem aktuellen Informationsstand kein Handlungsbedarf.“

*****

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich habe mir das jetzt überflugsmäßig angeschaut, Herr Abgeordneter, und muss leider feststellen, dass Sie diese paar Seiten offensichtlich falsch interpretieren; ich mache ein paar Zitate aus dem, was Sie mir vorlegen:

„Gesetzliche Zuständigkeiten des Bundesministers für Finanzen“ – ich führe jetzt nicht alles an, was hier steht, aber ich führe an –:

„Der BMF ist gemäß § 16 FMABG zur Aufsicht über die FMA berufen. Die Aufsicht erstreckt sich auf die Erfüllung der der FMA gesetzlich obliegenden Aufgaben und auf die Einhaltung der Gesetze hierbei.“ – Das ist § 16.

„Der BMF ist zur Abberufung von FMA-Vorstandsmitgliedern, u.a. bei grober Pflichtverletzung zuständig.“ – Das ist § 7.

„Die Wahrnehmung aller dieser Aufgaben hat von Amts wegen zu erfolgen.“

Dann wird weiter ausgeführt, als mögliche Maßnahmen … Auf Seite 69 von 76 in dem Papier, das Sie mir vorlegen, steht unter der Überschrift „Mögliche Maßnahmen“:

„Die Einschreiter erheben Vorwürfe, dass die FMA bzw. die genannten Organwalter Gesetze verletzt hätten. Da die FMA verpflichtet ist, sich im Rahmen der Gesetze zu bewegen und der AR und der BMF zur diesbezüglichen Aufsicht verpflichtet sind, erscheinen Maßnahmen zur Überprüfung der Stichhaltigkeit der Vorwürfe zweckmäßig.“

Also, ich fasse nur zusammen: „erscheinen Maßnahmen zur Überprüfung der Stichhaltigkeit der Vorwürfe zweckmäßig. Folgende Maßnahmen kommen grundsätzlich in Frage …“.

Dann wird im ersten Punkt angeführt: „AR: Aufforderung des Vorstandes zur Stellungnahme“ und so weiter. Dann, ich lasse jetzt einiges aus, dann kommt dieses Papier offensichtlich zur Schlussfolgerung – auf Seite 70 von 76; ich zitiere – …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Entschuldigung, das ist falsch.

Vorsitzende Doris Bures: Nein, Herr Abgeordneter, in der nächsten Runde!

Mag. Karl-Heinz Grasser: Zitieren darf ich noch, Herr Abgeordneter, oder? (Abg. Krainer: Richtig zitieren! Wo steht „Schlussfolgerung“?! Da steht eine Seite später: „Zusammenfassend …“! Schlussfolgerung steht nirgends! … als theoretisch mögliche Maßnahme!) – Ich zitiere einfach, dann kann sich jeder ein Bild machen, ob das eine Schlussfolgerung ist oder nicht.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Das Dokument liegt ja vor und wird auch nicht, wie es zitiert wird, sondern im Original in das Protokoll aufgenommen. (Abg. Krainer: Wenn falsch zitiert wird, muss ich darauf hinweisen dürfen!)

Mag. Karl-Heinz Grasser: Der Einzige, der falsche Eindrücke insinuiert, sind leider Gottes Sie. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sie das Papier einfach falsch lesen oder falsch interpretieren – und ich beweise es Ihnen jetzt, wenn Sie es zulassen! Wenn Sie wollen, dass ich das nicht sage, dann …

Also, ich zitiere: „Eine Vorgangsweise gemäß § 11 Abs. 1 FMABG erscheint dzt. nicht erforderlich. Erstens ist dem BMF der Sachverhalt bereits bekannt, zweitens liegen derzeit nur behauptete Vorwürfe vor, die Stichhaltigkeit muss erst überprüft werden, wofür dem AR die Ermittlungsbefugnisse im Sinne eines Verwaltungsverfahrens wie erwähnt nicht zukommen.“ – Da sagt dieses Papier, § 11 brauchen wir nicht zu machen.

Weiters: „Der Vorwurf wird erhoben, dass die FMA Gesetze im Sinne des § 16 Abs. 1 FMABG verletzt habe. In diesem Fall ist vorgesehen, dass der BMF in Erfüllung seiner Aufsichtsaufgaben gemäß § 16 Abs. 2 FMABG Auskünfte von der FMA (Vorstand) einholt, die FMA ist zur unverzüglichen Stellungnahme verpflichtet.“ 

Herr Abgeordneter, was ich Ihnen vorher gesagt habe, ist – und das steht völlig in Übereinstimmung mit dem, was ich Ihnen vorgetragen habe –, dass die Rechtsabteilung – ich wiederhole noch einmal, was ich gesagt habe – nach Begutachtung gesagt hat: Nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage wurde von der Rechtsabteilung die Einleitung eines Verfahrens nach § 7 in Verbindung eben mit diesem § 16 Abs. 2 FMABG empfohlen.

Ich komme wieder zu Ihrem Papier zurück – jetzt komme ich gern zu Ihrer Zusammenfassung –, da steht auf Seite 71 von 76:

„Zusammenfassend könnte folgende Vorgangsweise zweckmäßig sein: Aufforderung des BMF gemäß § 16 Abs. 2 FMABG an den FMA-Vorstand, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen“.

Und genau das ist, was passiert ist, genau dieses Verwaltungsverfahren wurde geführt vom BMF. Daher gibt es keinen Widerspruch zwischen dem Papier, das Sie mir hier vorlegen … Sondern es ist der Wunsch Vater Ihres Gedankens, dass es hier einen Widerspruch gibt. Es wurde genau dieses … (Abg. Krainer: Nein!) – Was heißt Nein?! Sie legen mir ein Papier in die Hand … (Abg. Krainer: Weil falsch ist, was Sie sagen!) – Nein, es ist nicht falsch. Ich zitiere nur, was Sie mir in die Hände geben, und da steht:

Vorgangsweise könnte zweckmäßig sein, zusammenfassend. „Aufforderung des BMF gemäß § 16 Abs. 2 FMABG an den FMA-Vorstand, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, und insbesondere darzustellen, welche Vorkehrungen zur Hintanhaltung von Verfahrensmängeln in der FMA getroffen sind/werden; weiters die Frage nach Richtlinien zur Handhabung der Amtsverschwiegenheit und der Befangenheit und deren Anwendung. Diese Aufsichtsmaßnahme – Auftrag zur Auskunftserteilung – kann unverzüglich eingeleitet werden. Auch zum konkreten Verfahren können im Hinblick auf § 16 Abs. 1 FMABG Auskünfte eingeholt werden. Die Maßnahmen erfolgen amtswegig (§ 6 AVG), es ist daher extern keine Auskunft darüber zu erteilen.“ 

Das kann ich jetzt vorlesen, und da setzen Sie sich hin als Abgeordneter und sagen, die Rechtsabteilung hätte einen Widerspruch zu dem, was ich sage. Das ist objektiv falsch. (Abg. Krainer: Es ist objektiv falsch, was Sie sagen!)

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Ich lasse Herrn Professor Krainer noch weiter zitieren, aber wir haben diese Diskussion schon beim letzten Untersuchungsausschuss geführt, und da sind wir nicht auf einen gemeinsamen Nenner gekommen. Das war auch mit Mag. Lejsek, und ich werde dieses Thema jetzt nicht mehr anschneiden, es ist sinnlos, weil Herr Krainer … Er will es einfach nicht wahrnehmen.

In puncto Vortrag: Wir zwei haben uns das letzte Mal im Jahr 2002 im Winter gesehen. Damals waren wir ja noch Parteikameraden, und jetzt frage ich: Damals waren wir per Du, darf ich bei dem Du bleiben oder …?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich bitte darum.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Gut, dann ist es für mich geklärt. Ich möchte einmal zum Grundsätzlichen kommen. Dr. Liebscher hat uns das letzte Mal den Werdegang erklärt, wie die FMA entstanden ist, das ist insofern sehr interessant, als wir ja aufzeigen sollen, ob es mögliches Versagen der Kontrolle gibt. Wir haben ja verschiedenste Kontrollinstanzen gehabt, und das Zusammenspiel scheint ja nicht funktioniert zu haben, wie man festgestellt hat.

Dr. Liebscher hat unter anderem gesagt, dass du mit dem damaligen deutschen Finanzminister Hans Eichel treibende Kraft warst, die Kontrolle den Nationalbanken zu entziehen, und begonnen hat das Ganze der damalige britische Finanzminister Gordon Brown. Stimmt das so in dieser Weise?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja, das ist grundsätzlich richtig.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Dann hat Herr Dr. Liebscher auch festgestellt, dass dann dieses Modell, wie es jetzt in Deutschland oder in Großbritannien gemacht wurde, in Österreich insofern verändert wurde, als die Nationalbank doch wieder miteinbezogen wurde, nämlich dass die Prüfung die Nationalbank macht und die Behörde ist dann letzten Endes die FMA.

Warum ist das dann so gemacht worden?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich glaube, es war sozusagen eine österreichische Lösung. Mir war es ein Anliegen, einen Allparteienkonsens zu haben, weil klar war, dass das Gesetz auf verfassungsrechtliche Ebene gestellt werden sollte. Nur so hast du es zustande gebracht, eine unabhängige und weisungsfreie Behörde zu gestalten.

Es hat eigentlich zwei Schulen gegeben, und es gibt sie nach wie vor, international. Die eine Schule ist, es macht die Notenbank die Aufsicht, und die andere ist, das macht eine eigene Körperschaft öffentlichen Rechts, also eine unabhängige Behörde. Und ich glaube, sozusagen der Stein der Weisen ist objektiv gesehen einfach nicht gefunden worden, denn du hast Bankenpleiten zum Beispiel in Irland, in Spanien, in Zypern – das sind alles Länder, in denen die Notenbank für die Aufsicht verantwortlich zeichnet.

Du hast aber auch andere Bankenpleiten, ursprünglich, in England war das so, da hat es die FSA gegeben, und da hat es einen riesigen Schaden gegeben durch eine Bankenpleite. Dann hat man gesagt: Gehen wir wieder von dieser Aufsicht lieber in Richtung Notenbank. Das heißt, es gibt diese beiden Schulen. In Österreich war es mir nicht möglich, einen … Die Bestandsaufnahme war so: Es gab eine ausgegliederte Behörde, das war die Bundeswertpapieraufsicht. Es gab einen Teil, der völlig unzureichend war, im BMF selbst – es gab zum Beispiel keine eigenen Bankprüfer im BMF. Und es gab eben in der Notenbank-Expertise und die Bankprüfer, die die ganzen Vor-Ort-Prüfungen gemacht haben.

Und ich habe eigentlich damals …, sozusagen war mein Ziel, wie du das richtigerweise dargestellt hast, dass man alles in eine Behörde bringt, weil ich mir gedacht habe, eine Behörde ist am schlagkräftigsten. Wenn zwei Leute miteinander kooperieren müssen, wird das immer schwieriger. Ich habe aber erkannt, dass ich keine verfassungsrechtliche Zustimmung bekommen werde. Wir haben ja Allparteienrunden gemacht, viele Diskussionen auf Parteienebene geführt, und es war zum Beispiel klar, dass die Sozialdemokratie einer solchen Lösung nicht zugestimmt hätte – Dr. Edlinger war sozusagen hier unter anderem der Verhandlungspartner –; die haben einfach Wert darauf gelegt, dass die Notenbank weiterhin eine wesentliche Kompetenz in der Bankenaufsicht hat. Daher: Mehr konnten wir nicht erreichen, und insofern war dann das Ergebnis: FMA, unabhängige Behörde – Ja, aber in der Bankenaufsicht mit wesentlicher Kooperation mit der Oesterreichischen Nationalbank.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Da ist insofern für mich – also nicht bei dir, bei deiner Aussage Widerspruch – ein Widerspruch dahin gehend, dass Gordon Brown meiner Meinung nach bei der Labour Party war und Hans Eichel Sozialdemokrat. Wie ist dieser Widerspruch aufzuklären?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Na ja, ich meine, Labour ist eigentlich sozusagen die Sozialdemokratie, oder? Insofern sozusagen … (Abg. Podgorschek: Ja, eben!) Ja, in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Überzeugungen!

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Ja, und wir haben ja dann doch festgestellt, aufgrund der Aussagen diverser Auskunftspersonen, dass die Zusammenarbeit mit OeNB und FMA dann nicht reibungslos funktioniert hat. Ich würde nicht sagen, dass das der Hauptgrund ist für das Versagen bei der Hypo Alpe-Adria, aber mitunter auch ein wesentlicher Grund, dass dann manche Berichte nicht so weit nach oben getragen wurden, um die Konsequenzen zu ziehen.

Ich darf Folgendes zitieren: Die Auskunftsperson Mag. Schantl – und das ist auf der Seite 40 des Protokolls dieses Ausschusses – hat folgende Aussage getätigt – ich zitiere … Ah, Blödsinn, das hat Kollege Krainer dann zu Herrn Schantl gesagt, so war das: „Das ist so allgemein ein Problem, das wir hier sehen, dass an den Knotenpunkten der verschiedenen Aufsichtsorgane – Aufsichtsrat, Staatskommissäre, FMA-Aufsichtsrat, zuständig in der OeNB –, dass dort lauter Vertraute von Grasser und Haider hingesetzt wurden und alle anderen weggeräumt wurden.“

Das ist meine Frage: Kann man diese Aussage nachvollziehen? Soviel ich weiß, sitzt ja heute noch in der FMA im Aufsichtsrat ein Kabinettsmitglied von Minister Schelling, und in anderen Ministerien sind auch Kabinettsmitglieder in diverse Aufsichtsräte gekommen. Hat Jörg Haider massiv Druck ausgeübt, um sozusagen seine Vertrauten hineinzusetzen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein, das war überhaupt nicht der Fall. Ich stehe auch in dieser Frage in diametralem Widerspruch zu Herrn Abgeordnetem Krainer. Es ist einfach falsch, was er hier behauptet, und es ist objektiv und sachlich falsch. Und ich glaube, er macht es auch mit Vorsatz, um ein falsches Bild zu erzeugen, weil er halt Parteipolitik üben möchte und parteipolitisches Hickhack macht. Offensichtlich sind die Wahlen in Oberösterreich und Wien dem Herrn Krainer irgendwie ganz tief unter die Haut gegangen.

Sachlich, meine Damen und Herren, zum Thema Staatskommissäre: Ich glaube, ich habe jetzt keine genaue Zahl, aber in etwa, würde ich sagen, hat es in meiner Zeit an die 400 Staatskommissäre und Stellvertreter gegeben. Und ich weiß es jetzt nicht mehr, aber ich sage jetzt eben eine ganz grobe Zahl, vielleicht hat’s zehn Funktionen gegeben, wo Kabinettsmitglieder die Verantwortung dann wahrgenommen haben. Das heißt, prozentual ein kleiner Bruchteil.

Aber, meine Damen und Herren – und dagegen wende ich mich in aller Entschiedenheit nicht nur für meine Person, sondern für alle Bundesminister, egal, welcher Couleur –, ich ersuche einfach, zu hinterfragen: Wen holt ein Minister in sein Kabinett? Wen möchte ein Minister im Kabinett haben? – Er versucht, sich die besten Köpfe in sein Kabinett zu holen. Er versucht, sich Leute zu holen mit einer sehr hohen Qualifikation, mit einem großen Fleiß, die sehr leistungsorientiert sind. Das ist das Ziel eines jeden Ministers.

Und dann muss ich Sie fragen: Warum sollte ich solche Leute diskriminieren, und die können kein Staatskommissär sein? Die sind vielleicht in einigen Fragen oder in vielen Fällen deutlich qualifizierter und besser geeignet, die Aufgabe eines Staatskommissärs auszuüben, als so mancher Beamte, der das macht.

Also ich bin wirklich dagegen, dass hier bestens qualifizierte Kabinettsleute diskriminiert werden, nur weil manche den Eindruck erwecken wollen, weil da – ich sage einmal, pauschal wiederum – vielleicht zehn von etwa 400 eine Aufgabe wahrnehmen, deswegen ist das alles politisch oder parteipolitisch. Das ist wirklich nicht der Fall. Aber umgekehrt sollte man einfach nicht qualifizierte Kabinettsmitglieder diskriminieren und damit eine Voreingenommenheit darstellen. Ich frage mich: Warum gibt es diese Voreingenommenheit, dass solche Kabinettsmitarbeiter – qualifizierte – eben keine Staatskommissärsfunktion wahrnehmen dürfen?

Das verstehe ich nicht, verweise da auch auf meine Aussagen vor dem Bankenuntersuchungsausschuss, vor dem ich ja auch schon einmal gesessen bin. Aber im Regelfall sind Staatskommissäre vom Finanzministerium vorgeschlagen und auch bestellt worden.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Und wie ist das in anderen Ministerien?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich kann es nicht beurteilen, aber ich glaube, in anderen Ministerien hast du viel weniger Aufsichtsfunktionen. Da hast du Aufsichtsräte für verschiedene Gesellschaften oder ausgegliederte Einheiten, aber die Zahl von etwa 400 Staatskommissären ist sozusagen sicherlich eine große Zahl, weil du halt so viele zu beaufsichtigende Institute hast.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Auch das Infrastrukturministerium hat Aufsichtsräte entsendet, aber das hat jetzt damit nichts zu tun.

Ich möchte jetzt dann zu der Bestellung Kulterers zum Aufsichtsratsvorsitzenden gehen, denn das ist ja sicher eine sehr heikle Angelegenheit gewesen. Ich darf dir den Akt Nummer 458900 vorlegen lassen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Ich weiß nicht, ob dir dieses Schreiben bekannt ist.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also ich kann mich nicht daran erinnern. Es ist ein Schreiben des Dr. Kulterer an den Vorstand der Kärntner Landesholding. Nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass ich das kenne.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Nein, du kannst es auch nicht kennen, denn du warst weder Absender noch Adressat.

Interessant ist nur, auf Seite 2 dieses Schreibens berichtet Kulterer, dass am Vortag, also am 31.7., ein Gespräch zwischen dem Vorstand der FMA, dem Aufsichtsratspräsidium der Bank und ihm, Kulterer, stattgefunden hat. Dabei wurde folgende Vorgangsweise vereinbart:

Kulterer legt das Vorstandsmandat zurück und wird Aufsichtsratsvorsitzender. Der derzeitige Aufsichtsratsvorsitzende Moser legt seinen Vorsitz zurück und wird auf dem Ticket der GRAWE einfaches Aufsichtsratsmitglied. Falls die Kärntner Landesholding das wünscht, würde Kulterer auch den Vorsitz des Aufsichtsratsvorsitzenden der Landesholding übernehmen, und sollten sich die Vorwürfe gegen Kulterer in Luft auflösen, würde er wieder ins operative Management der Bank zurückkehren. – Das ist der wesentliche Inhalt.

Vor allem berichtet er in diesem Schreiben auch, dass die Vorgangsweise von der FMA – und das ist das Entscheidende – akzeptiert werden würde und diese auch nicht aktiv dagegen vorgehen würde. Das ist deshalb interessant, weil Herr Traumüller bei seiner Befragung – das ist Protokoll Seite 26 – Folgendes gesagt hat:

„Die große Tragödie beim Kampf um die Enthebung der Vorstände war ja, dass es anschließend gelungen ist, Dr. Kulterer an einer wirklich bestimmenden Stelle in der Bank zu belassen. Wir waren ja wirklich wild entschlossen, sie rauszuschmeißen (…).“

Das steht im krassen Widerspruch zu dem, was Kulterer geschrieben hat.

Kannst du dich noch erinnern wie damals die Diskussion verlaufen ist beziehungsweise was damals das Bundesministerium für Finanzen gedacht hat?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich habe von der Erinnerung her natürlich im Kopf, dass die Finanzmarktaufsicht damals überlegt hat, Kulterer abzuberufen. Diese Abberufung hätte ja bescheidmäßig ergehen können, dass man ihm quasi die Geschäftsleiterbefugnis entzieht. Ich war aber bei keinem Gespräch in diesem Zusammenhang dabei. Ich glaube, die Situation in Bezug auf den Aufsichtsrat und den Aufsichtsratsvorsitzenden, der Kulterer ja dann wurde, wäre wahrscheinlich anders gewesen, hätte die FMA – was sie jederzeit hätte tun können – …

Wenn die FMA ihn tatsächlich abberufen hätte und ihm die Geschäftsleiterbefugnis bescheidmäßig aberkannt hätte, weiß ich nicht, ob dann der Eigentümer und die Eigentümervertreter im Aufsichtsrat Kulterer zum Aufsichtsratsvorsitzenden bestellt hätten. Aber das ist jetzt eine reine Spekulation von mir. Faktum ist einfach, dass die FMA in ihrer Weisungsfreiheit und Unabhängigkeit das nicht getan hat. Insofern kann ich die Aussage von Traumüller nicht ganz nachvollziehen (Abg. Podgorschek: Vielleicht hat er es geträumt!), denn wenn ich es so gerne getan hätte, dann hätte ich es auch gemacht, oder? Und dann hätte ich zumindest die Abberufung bescheidmäßig durchsetzen können.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): In diesem Zusammenhang – denn es war ja doch eine sehr entscheidende Frage –: Hat es da irgendwelche Interventionen seitens der Eigentümer, sprich Land Kärnten, also der Landesholding, des Landeshauptmanns selbst, der GraWe oder der Bank, direkt des Vorstandes gegeben?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Meiner Erinnerung nach jede Menge. Es war eine wirklich ganz heiße Zeit nach den Swapverlusten, und jeder hat sich gefragt: Wie geht das weiter?

Der Brief von Jörg Haider ist ja bekannt und der Druck, der dort aufgebaut wurde. Ich glaube auch, dass es – Herr Moser war, glaube ich, der Aufsichtsratsvorsitzende – (Abg. Podgorschek: Ja!) ein Gespräch zwischen ihm und Lejsek gegeben hat. Da wurde auf verschiedensten Ebenen versucht, eine „Kärntner Lösung“ – unter Anführungszeichen – zu erreichen, am besten die Fortsetzung des Status quo. Das wäre natürlich am liebsten gewesen. Aber es wurde keiner dieser Forderungen nachgegeben.

Ich kann für mich nur sagen, ich habe damals großen Wert darauf gelegt, mit keinem dieser Intervenienten – egal, ob es Kulterer war oder sonst wer – das persönliche Gespräch zu führen, also der direkt Betroffenen; es kann leicht sein, dass ich mit Jörg Haider einmal darüber telefoniert habe. Aber am Ende des Tages wurde dieses Verfahren ja so beendet, nämlich mit der Abweisung, Zurückweisung der Vorwürfe, also Verfahrenseinstellung, wie ich das auch ausgeführt habe.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Mir geht es nur darum, ob diese Interventionen illegal waren oder rechtswidrig. Beziehungsweise: Hat es ähnliche Beispiele gegeben? Ich meine, ähnlich – Hypo ist natürlich mit nichts vergleichbar, aber …

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein, ist überhaupt keine Frage. Ich habe die Frage nicht richtig verstanden gehabt. Das ist völlig klar. Ganz ehrlich, ich unterstelle, dass Haider damals sozusagen in ehrlicher Überzeugung gehandelt hat. Ich glaube, dass er als Landeshauptmann von Kärnten gedacht hat: Ich stelle mich jetzt vor meine Bank hin.

Meines Erachtens war er davon überzeugt, dass das eine Superbank ist, dass Kulterer ein wunderbarer Vorstandsvorsitzender ist, dass das quasi seine „Landesbank“ – unter Anführungszeichen“ – ist. Er hat, glaube ich, all diese Maßnahmen für tatsächlich ungerecht empfunden und sozusagen Schikane und Obrigkeitsstaat, der da in Kärnten eingreift. Also ich möchte ihm schon unterstellen, dass er hier aus Überzeugung, aus seiner Sicht korrekt gehandelt hat und deswegen dann auch so scharfe Geschütze aufgefahren hat.

Aber auf der anderen Seite, und das habe ich eben früher auch gemeint, in einem demokratischen Rechtsstaat hast du dann halt ein Ermittlungsverfahren. Und wenn nichts rauskommt, dann ist nichts und dann ist das Verfahren einzustellen. Ich glaube, es war richtig, das so umzusetzen und so zu praktizieren.

Auf deine Frage: War es sonst auch so? – Natürlich war es so. Ich meine, wie die BAWAG-Pleite losgegangen ist, hat es genauso jede Menge an Interventionen gegeben, weil das natürlich auch eine ganz heiße Situation war und auch eine schwierige Frage: Wie retten wir die BAWAG?

Ich meine, das ist jetzt nicht das Thema, aber deswegen habe ich ja auch nicht verstanden, warum die Hypo-Krise so falsch gemanagt wird, denn wir haben ja ein anderes Beispiel in der BAWAG-Krise gehabt. Ich meine, das war eine ganz ähnliche Situation: eine Bank, die selbst nicht mehr wirtschaften konnte, wo der Vorstand und der Eigentümer kommt und sagt: Die Bank ist pleite, wir brauchen Staatshilfe! Wir haben damals 900 Millionen nach gründlicher Prüfung auch als Staatshilfe zugesagt, über das entsprechende Gesetz natürlich. Wir haben die Bank nicht verstaatlicht, und die Bank ist dann, wie wir alle wissen, „privatisiert“ worden – unter Anführungszeichen –, der ÖGB hat sie an Cerberus verkauft, und das Ganze ist gut ausgegangen. Die BAWAG hat auch das staatliche Partizipationskapital zurückzahlen können.

Und, meine Damen und Herren, man muss schon sehen … Ich meine, da hat es Milliardenhaftungen nach der PSK-Übernahme gegeben. Daher war mir überhaupt nicht klar …, denn sozusagen unter Bundeskanzler Schüssel haben wir die BAWAG gerettet, und die BAWAG ist eine durchaus vergleichbare Situation mit der Hypo Alpe-Adria. Warum dann die Hypo dermaßen danebengegangen ist, ist mir nicht klar – wäre in unserer Verantwortung und in unserer Zeit sicherlich nicht passiert. Das traue ich mir hier zu sagen, dass uns diese Pleite nicht passiert wäre. (Abg. Kogler: Die Mafia hat mehr … als der Flöttl, ist eh klar!)

Vorsitzende Doris Bures: Ich weiß jetzt nicht, ob das die Beantwortung einer Frage war; aber Sie sind jetzt beim Fragen.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Ja, das werden wir in der zweiten und dritten Phase noch zu klären haben. Dass Landeshauptleute ihre Landesbank phasenweise fast als ihr Eigentum betrachtet haben, das ist ja kein Kärntner Spezifikum. Abgesehen davon war ja dieses Verhältnis Kulterer – Haider nicht immer friktionsfrei, auch wenn er sich in diesem Fall hinter ihn gestellt hat.

Herr Kulterer hat ja hier in diesem Ausschuss auch gesagt, dass Haider Angst gehabt hat, dass Kulterer einmal als sein Gegenkandidat als Landeshauptmann aufgebaut wird – ganz interessante Aspekte, die sich da letzten Endes ergeben. Ich glaube, ich bin vorläufig einmal fertig. – Danke.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Herr Mag. Grasser! Ich möchte noch einmal bei der Thematik bleiben, wie es zur Abberufung der Vorstände gekommen ist. Es gab einerseits das Schreiben des Herrn Landeshauptmanns Dr. Haider, mit dem er sich an Sie gewandt hat. In der Fülle der Fragen und in der heftigen Diskussion ist mir jetzt nicht ganz klar: War dieses Schreiben dann der Anlass dazu, dass man hier von Ihrer Seite aus dem nähergetreten ist, oder hat es einen anderen Grund gegeben? Was war Ihre Motivation, Ihr Grund, warum Sie dem nähergetreten sind?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich bin ihm ja gar nicht nähergetreten, sondern ich hätte es aktiv verhindern müssen, weil das BMF von sich aus dieses Abberufungsverfahren gestartet hat. Meiner Erinnerung nach habe ich nur das Schreiben Haider bekommen, wo er eben aufgrund der verwaltungsrechtlichen und der strafrechtlichen Vorwürfe dringend sozusagen um diese Abberufung ersucht. Gleichzeitig hat aber das Finanzministerium zwei Tage später dieses Schreiben der Rechtsanwälte Quendler, Klaus und Partner bekommen, wo eben aus Rechtsanwaltssicht massiv die Vorwürfe unterstrichen und dokumentiert worden sind.

Ich glaube gar nicht … Ich weiß nicht, ob ich das Schreiben jemals gesehen habe, aber meines Wissens ist es direkt ins Ministerium gegangen, und dann hat sich eben Lejsek, die Sektion Rechtsabteilung, auch Finanzprokuratur war eingeschaltet, mit dem Thema auseinandergesetzt. Ich glaube, der Vorschlag … Sie erinnern sich, Krainer hat dann gesagt: Sind diese Notizen von Ihnen?, und ich habe gesagt: Ja. Ich habe einfach gesagt: Schreiben Haider an die Sektion – bitte um Vorschlag und Feedback. Der Vorschlag der Sektion war dann offensichtlich, das Schreiben gar nicht zu beantworten – unter uns gesagt: weil es wahrscheinlich eine relativ unfreundliche Antwort hätte sein müssen, die ich damals politisch dem Haider, ehrlich gesagt, auch nicht geben wollte.

Aber die klare Maßnahme war sozusagen von der Sektion empfohlen, weil die Angst hatten, selbst einen Amtsmissbrauch zu begehen, wenn sie kein Verfahren gestartet hätten. Ich bin mir auch sicher, dass Haider beziehungsweise Quendler und Co wahrscheinlich dann die Beamten des BMF auch angezeigt hätten wegen Amtsmissbrauchs, weil es eben kein Verfahren gibt.

Daher hat das BMF von Beginn an empfohlen: Ja, wir machen ein ganz normales Abberufungsverfahren. Das ist aber auch in relativ kurzer Zeit abgehandelt und eben eingestellt worden.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Wie stellen wir uns so ein Abberufungsverfahren vor? Was passiert da?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich kann versuchen, es Ihnen anhand der Information, die ich habe, zu skizzieren. (Die Auskunftsperson blickt in ihre Unterlagen.) Es war so, dass am 6. Juni offensichtlich … Also das Schreiben, um das noch einmal in Erinnerung zu rufen, war am 28. Mai; am 6. Juni, also relativ kurz danach, hat es einen Jour fixe gegeben mit dem Vorstand der Finanzmarktaufsicht. Das war offensichtlich ein Jour fixe, Lejsek ... Also ich war nicht dabei. (Abg. Jank: Nicht dabei?) – Ich war nicht dabei.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Das heißt, im Verfahren ist der Minister nicht eingebunden, ganz grundsätzlich?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich war im Verfahren nicht eingebunden. Lejsek hat Jour fixe gemacht mit den zwei Vorständen der FMA, hat über dieses Schreiben entsprechend gesprochen und hat erklärt, dass das BMF aufgrund der Inhalte der Eingabe eben ein Verfahren nach § 7 in Verbindung mit § 16 durchzuführen hat.

Beim Verfahren war es dann so, dass es ein Schreiben gegeben hat, am 12. Juni 2006, wo das BMF quasi als Aufsichtsbehörde die Finanzmarktaufsicht vom Verfahren informiert hat und um eine Stellungnahme zur Eingabe der Rechtsanwälte der Hypo Alpe-Adria gebeten hat. Die hat dann um eine kurze Fristverlängerung ersucht, am 10. Juli 2006 – also der FMA-Vorstand –, hat dann am 17. Juli beziehungsweise 20. Juli diese Fragen beantwortet. Das BMF hat das überprüft, und ich glaube, es hat noch einmal eine Nachfrage gegeben, weil ein Thema noch offen war.

Und dann hat das BMF als Aufsichtsbehörde das rechtlich gewürdigt, ist zur Schlussfolgerung gekommen, dass es keine grobe Pflichtverletzung gibt, und das Verfahren wurde eingestellt, und die Vorstände sind mit Schreiben vom 26.7.2006 informiert worden.

Das heißt, das Verfahren ist eröffnet worden, wenn ich das richtig sehe, irgendwann im Juni und es ist auch im Juli schon wieder eingestellt worden. Ich glaube, man darf sich das wirklich nicht wie ein strafrechtliches Verfahren vorstellen, sondern eben ein Verwaltungsverfahren.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ja, also für einen Außenstehenden wäre das jetzt ein sehr kurzer Zeitraum, in dem das abgehandelt worden ist, aber Sie haben nicht den Eindruck gehabt, dass das jemals nicht den rechtsstaatlichen Vorgängen und Vorschriften entsprochen hätte?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein, das hat ganz sicher allen unseren rechtsstaatlichen Vorschriften und Ansprüchen entsprochen.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Wenn der Mastermind der österreichischen Bankenaufsicht das Verfahren leitet, kann man davon ausgehen, dass eben genau das passiert, dass es ordnungsgemäß und rechtsstaatlich abgeht, weil um dieses Verfahren und um die Absetzung, insbesondere aus der politischen Sicht, ja sehr viele Vermutungen hier im Raume stehen.

Aber Sie würden ausdrücklich bestätigen, dass das ordnungsgemäß, rechtsstaatlich abgelaufen ist – und Sie haben mit Beendigung des Verfahrens davon Bericht erhalten, oder wie sind Sie …

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich gehe davon aus, dass man … Das war natürlich eben eine Zeit – der Herr Abgeordnete hat es angesprochen –, wo auch viel interveniert worden ist. Ich gehe davon aus, dass ich dann irgendwann informiert worden bin, dass das Verfahren eingestellt wurde.

Das war schon ein bedeutender Vorwurf, der auch sehr laut medial vorgebracht wurde vom Landeshauptmann, und daher war ich natürlich schon auch gespannt: Na wie geht das jetzt aus? Verfahren begonnen, okay, und dann Verfahren eingestellt – aber wahrscheinlich hat man mich auch nach der Einstellung des Verfahrens informiert.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Vielleicht zum Verhältnis zum Herrn Landeshauptmann: Sie haben eingangs gesagt, Kärnten war ein schlechter Eigentümer. – Können Sie uns ein bisschen erläutern, wie das Verhältnis auf der einen Seite des Ministeriums zum Land war? Was hat Sie zu dieser Feststellung, Kärnten war ein schlechter Eigentümer, gebracht?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das Verhältnis mit Kärnten war – jetzt mit Ausnahme dessen, dass ich von dort komme und Kärntner bin, aber das hat sozusagen keinen Unterschied gemacht – einfach ein korrektes. Auch mit dem Landeshauptmann haben wir nach den politischen Turbulenzen aus 2002 wieder zu einem korrekten Verhältnis gefunden.

Wenn ich gesagt habe, schlechter Eigentümer, dann deshalb, weil ich den Eindruck habe, dass sich hier manche als Opfer präsentieren. Ich habe den Eindruck, das Land Kärnten präsentiert sich als Opfer, genauso wie sich auch die Bayerische Landesbank als Opfer präsentiert. Beide sind aber Eigentümer gewesen. Und als Eigentümer setze ich die Organe in den Aufsichtsrat, entscheide damit indirekt, wer dort im Vorstand sitzen soll. Und wenn ich Haftungen – ich glaube, das Ausmaß an Kärntner Landeshaftungen hat irgendwann mal auch die 20-Milliarden-Grenze überschritten –, wenn ich derart massiv Haftungen vergebe, dann muss es mir wohl das ureigenste Interesse sein, zu wissen, welche Risiken in der Bank eingegangen werden und welches Geschäftsmodell die Bank verfolgt.

Insofern, glaube ich, kann man weder den Vorstand noch den Aufsichtsrat, aber auch nicht den Eigentümer … Ich meine, jeder privater Unternehmer würde genau darauf aufpassen, was mit, auch weniger, aber besonders mit so viel Geld passiert und wie damit umgegangen wird.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ich habe zwischendurch noch eine Frage. Sie haben ja eingangs ausgeführt, dass Sie die Aufsicht neu aufgestellt haben, dass davor … Ich glaube, Ihre Wortwahl war: Die Aufsicht war schlecht aufgestellt – oder zumindest vom Inhalt so.

Dann haben Sie schrittweise Veränderungen durchgeführt, die sind umgesetzt worden. Haben Sie in der weiteren Folge – weil Sie ja doch noch viele Jahre Finanzminister und in Verantwortung waren – sich noch einmal die Frage gestellt, ob die nun neu aufgesetzte Aufsicht tatsächlich an den Notwendigkeiten der Zeit bleibt? Oder hat man ganz einfach nur das fortgeschrieben, was man damals festgestellt und an Änderungen umgesetzt hat?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein, selbstverständlich habe ich mir auch selbst Gedanken gemacht: Ist das eine wirklich schlagkräftige Aufsicht oder nicht?

Ich hatte dann und wann, gestehe ich auch offen ein, auch meine Zweifel, denn zum Beispiel die BAWAG-Krise ist ja auch nicht von der Aufsicht – weder von der Notenbank noch von der Finanzmarktaufsicht – vorab aufgezeigt worden.

Ich kann mich da sogar an einen Jour fixe erinnern, den ich mit Notenbankvertretern und Finanzmarktaufsichtsvertretern hatte, wo – ich glaube, ich bringe es nicht mehr genau zusammen – Refco schon am Laufen war, die Refco-Krise in Amerika. Und es hat Gerüchte gegeben, dass es diese Karibik-Geschäfte mit Flöttl vonseiten der BAWAG gegeben hätte. Ich glaube, mich zu erinnern, dass ich damals dann FMA und OeNB in dem Gespräch gebeten habe und gesagt habe: Bitte schaut euch das an, ob das irgendwo einen Hintergrund hatte!

Die haben sich das angeschaut und haben mir dann gesagt: Nein, sie haben nichts dergleichen gefunden. Und einige Monate später ist dann sozusagen die ganze Geschichte aufgeplatzt, und man hatte Milliardenverluste gesehen, die eingefahren worden sind. Da habe ich mir schon gedacht: Merkwürdig, oder? Man spricht sie genau auf das an, sie prüfen und finden es nicht. Wie geht das?

Umgekehrt – das habe ich in meinem Eingangsstatement auch gesagt –: Wissen Sie, es ist auch, glaube ich, leicht, den Stein zu werfen, denn nicht nur der österreichischen Aufsicht ist es nicht gelungen, die BAWAG-Krise oder die Hypo-Krise zu verhindern oder präventiv darauf aufmerksam zu machen, damit man eben rechtzeitig Maßnahmen setzt, sondern es ist weder den Amerikanern gelungen, ihre ganzen Immobilienfinanzierer vor der Krise zu retten oder die AIG, diese riesige Versicherung; es ist den Deutschen nicht gelungen – ob die Commerzbank oder die Bayerische Landesbank oder viele andere auch. Also man muss natürlich bei der Hypo schon auch sehen, dass die Finanzkrise sicherlich auch ein ganz wesentlicher Katalysator für das Ausmaß der krisenhaften Erscheinungen in der Bank war.

Daher – ich kann Ihnen keine bessere Schlussfolgerung anbieten –: Ist es der Idealfall einer Aufsicht, die ich mir wünschen würde in Österreich? – Nein, das ist es nicht. Das habe ich dem Herrn Abgeordneten auch ausgeführt.

Ich glaube, die Aufsicht aus einer Hand ist immer besser als eine Aufsicht, die auf zwei Einrichtungen verteilt ist, weil du einfach Reibungsverluste hast, weil du Koordinationsprobleme hast, weil du Eitelkeiten und alles hast, was menschlich da eben auch anfällt. Insofern wäre es wünschenswert, wenn man eine einzige zuständige Einrichtung hat, aber selbst das ist nicht Garantie dafür, dass du Bankenkrisen in der Zukunft verhindern kannst. Ich glaube, da waren einerseits schon die frühere gesetzliche Grundlage – dass sie auch viel ausgegliedertes Geschäft haben konnten, das quasi nicht auf die Bilanz gewirkt hat – und andererseits sozusagen eine zu niedrige Eigenkapitaldecke die ganz wesentlichen Momente für die Bankenkrisen, die wir gesehen haben.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): In Bezug auf die Frage Eigenkapital – Sie haben das zwar in Ihrem Eingangsstatement kritisiert – ist, glaube ich, viel passiert. Die 8 Prozent sind ja auch noch nachzurüsten, und das ist ja noch nicht das Ende, sondern die Banken stehen da ja noch vor großen Herausforderungen.

Ich habe aber trotzdem noch eine Frage zum Aufsichtsverfahren an sich, nämlich zu den Staatskommissären: Haben Sie den Eindruck, dass sich die Aufgabe der Staatskommissäre, nämlich wie sich die Staatskommissäre in die Aufsicht einbringen, verändert hat, und wenn ja, in welche Richtung?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also ich finde es grundsätzlich zielführend, dass es Staatskommissäre gibt, denn du hast damit Organe der Republik, die im Aufsichtsgremium vertreten sind. Man muss aber natürlich schon wissen – wie ich weiß –, dass es hier auch kritische Diskussionen über die Staatskommissäre gegeben hat.

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich finde es aus meiner persönlichen Sicht nicht fair und auch nicht zielführend, jetzt die Staatskommissäre herauszuziehen und zu sagen, die sind schuld an dieser Krise, denn die Aufsicht in Österreich ist eine Rechtsaufsicht. Ein Staatskommissär kann nicht im Aufsichtsrat einer Bank sitzen und sagen, er ist gegen dieses Geschäft, weil es ihm zu riskant erscheint, sondern es müsste eine konkrete gesetzliche Verfehlung sein. Es müssen das Bankwesengesetz oder Großkreditvorschriften oder sonst irgendetwas verletzt sein, damit man wirklich dagegen Position beziehen kann.

Im Grundsatz gilt aber, wenn die Kommunikation zwischen Staatskommissären und Finanzmarktaufsicht funktioniert, dann halte ich es für ein sinnvolles Instrument. Ich habe jetzt in der Vorbereitung wiederum gehört, dass diese Kommunikation sozusagen nicht ideal sein soll und dass es vorkommen soll, dass Staatskommissäre Berichte schreiben, die dann in der Finanzmarktaufsicht vielleicht untergehen oder nicht zur Kenntnis genommen werden oder die Brisanz nicht erkannt wird. Also, wenn man das Instrument hat und beibehält, dann muss es, glaube ich, auch erst genommen werden und es eine sinnvolle Kommunikation mit der Finanzmarktaufsicht geben.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ich möchte zu einem anderen Thema kommen, nämlich den Landeshaftungen. Es sind in Ihre Zeit auch die Maßnahmen zur Beendigung der Landeshaftungen gefallen; Sie waren, glaube ich, auch in den europäischen Prozess eingebunden. Ist dem so? Was war die Intention? Warum hat man sich mit diesem System quasi auf der europäischen Ebene auseinandergesetzt? Gab es das in anderen Ländern auch so?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Im Wesentlichen ist meine Erinnerung an den europäischen Prozess – ich hoffe, dass ich das jetzt richtig erinnere, weil ich da nicht mehr so im Thema drinnen bin –, dass man Haftungen des Bundes oder der Länder im Wesentlichen als Marktverzerrungen gesehen hat, weil sich natürlich zum Beispiel jetzt die Hypo-Banken in Österreich oder andere Banken international mit einer Staatshaftung oder Landeshaftung ganz anders refinanzieren können und damit natürlich in einem unfairen Wettbewerb mit den anderen Marktteilnehmern stehen.

Das ist aus Sicht der Europäischen Union wettbewerbsrechtlich eben nicht sinnvoll. Ich glaube, dass das auch eine völlig korrekte und gute ökonomische Sicht ist; und daher ist meiner Erinnerung nach auf europäischer Ebene die Entscheidung gefällt worden: bis dahin und dann nur noch auslaufend, damit alle Banken in Europa auf einer gleichen wettbewerbsrechtlichen Grundlage stehen.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Jetzt hat es ja in Kärnten dann noch eine besondere Vereinbarung gegeben, die wir hier im Ausschuss auch mehrfach zum Thema hatten. Ich möchte Sie aber vor allem zu Folgendem befragen: Man hat ja den Eindruck gehabt, dass man mit dem Wissen um das Auslaufen der Landeshaftungen geschaut hat, dass man noch so viel an Haftungen geben kann, wie nur möglich ist; und die Haftungen haben sich ja dramatisch entwickelt: 2004 waren es 15 Milliarden, 2006 waren wir dann bereits schon auf 24 Milliarden an Landeshaftungen.

Ich meine, das ist ja alles auch in den Medien gewesen; es war ja bekannt, dass sich das so entwickelt. War das aus Ihrer Sicht ein Grund, hier zur Vorsicht zu mahnen, um es einmal vorsichtig auszudrücken?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich glaube, das ist tatsächlich zu vorsichtig ausgedrückt, denn das Land Kärnten hätte sich sicherlich sozusagen schon deutlich früher überlegen müssen, dass ich, wenn ich Haftungen vergebe, die eben irgendwo die 20-Milliarden-Grenze oder mehr erreichen – aber selbst weit darunter, selbst wenn ich 1, 2, 3, 5 Milliarden an Haftungen vergebe –, dann ein ganz besonderes Interesse daran haben muss, die Bank wirklich korrekt wirtschaftlich beurteilen zu können und eben vorsichtig mit dieser Haftung der Steuerzahler umzugehen.

Das ist sicherlich ein Vorwurf, den man dem Land Kärnten machen muss, dass hier die Landeshaftung einfach das Instrument für das ungebremste Hypo-Wachstum wurde und dass man eben nicht im Detail überprüft, hinterfragt, die Eigentümerverpflichtungen wahrgenommen und die Risikosituation offensichtlich falsch eingeschätzt hat. Ich weiß jetzt nicht mehr auswendig, wie groß das Bruttoinlandsprodukt Kärntens ist, aber sozusagen die Summe von 20 Milliarden ist natürlich ein Betrag, der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Kärntens dramatisch überfordert hat.

Daher war das sicherlich nicht wirklich verantwortungsvoll, das so zu tun. Das war mit der Grundschlusssatz, warum ich gesagt habe, wir sollten aber auch auf Bundesebene … Ich muss vielleicht erklärend dazusagen: Der Bund hat ja auch viele Haftungen vergeben und vergibt sie auch heute noch. Teilweise hatte ich auch im BMF den Eindruck, dass ich halt die Haftungen unterschreibe und dass der Nationalrat einem immer wieder die Ermächtigung gibt, diese Haftungen vergeben zu dürfen.

Gerade dieses Beispiel der Hypo muss aber zeigen, dass man sich wirklich für alle Länder und auch für den Bund grundsätzlich vornimmt, sich diese bereits vergebenen Haftungen anzusehen und in der Vergabe von neuen Haftungen viel kritischer zu sein, weil das, was unterm Strich stehen bleibt, ist, dass eine Haftung, die man einräumt, am Ende des Tages leider auch schlagend werden kann. Das haben meines Erachtens eigentlich die wenigsten mitgedacht, weil jeder gesagt hat: Eine Landeshaftung wird ja nie schlagend, eh kein Problem!

Vorsitzende Doris Bures: Zweite Runde, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ich würde dann noch gerne zu den Swapverlusten kommen, weil Sie ja jetzt auch, glaube ich, formuliert haben, wie man sorgsam damit umgeht. Von einem sorgsamen Umgang mit den Swapverlusten wird man wohl nicht sprechen können. Was ist denn Ihre Erinnerung daran? Wann haben Sie denn davon erfahren? Ich glaube, Sie haben das eingangs angesprochen.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also meine Erinnerung ist, dass ich im Jahr 2006 informiert wurde; das Finanzministerium hat mir sozusagen ein Papier zur Verfügung gestellt, in dem auf einen Aktenvermerk der Finanzmarktaufsicht vom 30. März 2006 Bezug genommen wird, in dem offensichtlich ausgeführt wird, dass die Hypo Alpe-Adria-Bank bei spekulativen derivativen Geschäften im September, Oktober 2004 insgesamt diese 330 Millionen € verloren hatte, aber die Verluste eben nicht im Jahresabschluss 2004 offengelegt hat. Ich weiß eben nicht mehr, war es der Herr Sektionschef Lejsek, der mich informiert hat, oder war es die Finanzmarktaufsicht. Ich glaube aber, mich erinnern zu können, dass ich sozusagen einen Telefonanruf bekommen habe, in dem mir das erklärt wurde.

Es war mittendrin in der Zeit der BAWAG-Krise; daher war ich ziemlich bestürzt, dass dann eine nächste systemrelevante Bank einen derart hohen Verlust aufgrund eines spekulativen Geschäfts erleidet, weil ich mir nach der BAWAG-Krise sozusagen gedacht habe, dass das eine besonders prekäre Situation ist.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): In der Ausgabe von „Der Standard“ vom 1.4.2006 war zu lesen:

„Finanzminister Karl-Heinz Grasser zeigte sich am Freitag gar ‚erschüttert‘, dass es in Banken ein derartiges ‚Spekulantentum‘ gebe.“

Also, die Reaktion, sage ich einmal, war wahrscheinlich auch für Sie eine erschütternde. Was war Ihre Reaktion in weiterer Folge?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Zur weiteren Reaktion: Ich bin mir sicher, ein Gespräch mit FMA und Notenbank geführt zu haben und dass ich in diesem Gespräch dringend gebeten habe, die Hypo Alpe-Adria sehr intensiv und gründlich zu prüfen, weil ich das ja schon aus der BAWAG gelernt hatte. Da habe ich auch gesagt: Bitte prüft die Karibik-Geschäfte!, und dann hat man es nicht gefunden.

Ich glaube, mich zu erinnern, dass ich gesagt habe: Passt auf, diesmal aber bitte wirklich gründlich, denn jetzt müssen wir sehen, gibt es da sozusagen „nur“ – unter Anführungszeichen – diese Swapverluste, die natürlich schon unfassbar waren, oder verbergen sich dahinter mehrere spekulative Geschäfte, mehrere Risikobereiche, die zu einem Problem für die Bank werden könnten!

Ich kann also nur sagen: Das war laut den Informationen, die ich dann irgendwann im Jahr 2006 bekommen haben werde, nicht der Fall. Also mir hat man dann irgendwann berichtet: Haben wir uns angeschaut, haben wir gemacht, aber wir sehen sozusagen keine systematische Gefährdung der Bank!

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Aber kann man von einem systemischen Vorgehen … Wenn zwei Banken zu ähnlichen Schwierigkeiten gelangen, ist es vielleicht noch kein System, aber trotzdem: Kann man Parallelen zwischen den Verlusten in der BAWAG und den Verlusten in der Hypo herstellen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das habe ich mir, ehrlich gesagt, noch nie überlegt. Ich meine, nur aus dem Handgelenk gesagt, offensichtlich waren beides Spekulationsgeschäfte – sowohl die Karibik-Geschäfte waren, glaube ich, Derivatgeschäfte als auch die in der Hypo. Das zeigt nur, dass man wahrscheinlich als Gesetzgeber versuchen sollte, dass man alles tut, damit in derartigen Banken mit sehr vielen Sparern, Einlagen, in denen es für die Spareinlagen auch Haftungen gibt, solche Spekulationen nicht stattfinden dürfen.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Sie haben gesagt, dass Sie, nachdem es Ihnen bekannt wurde, jedenfalls mit der Bank gesprochen haben. Dr. Haider, der Landeshauptmann, war ja Aufsichtskommissär. Wie war das Gespräch mit ihm, oder gab es kein Gespräch?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nach den Swapverlusten? (Abg. Jank: Ja!) Ich kann mich jetzt nicht mehr genau daran erinnern, aber ich würde vermuten, dass es sicher ein Telefonat mit ihm gegeben hat, und wie ich mich an Jörg Haider erinnern kann, war er sicher sehr deutlich.

Wie gesagt, ich glaube schon, dass er in ehrlicher Überzeugung gehandelt hat, dass sozusagen in der Bank sonst alles okay ist und dass er den Eindruck hatte, dass die Bank von der Finanzmarktaufsicht ungerecht behandelt wird. Ich habe sicherlich versucht, ihm beizubringen, dass es halt Verantwortungen gibt – er hat am Ende des Tages die Verantwortung als Eigentümervertreter der Hypo Alpe-Adria, und ich habe die Verantwortung des Finanzministers – und dass er doch bitte bereit sein soll, zuzugestehen, dass man ein ganz normales rechtliches Verfahren umsetzt, und das Ergebnis dann auch zu akzeptieren.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ihre Meinung zum Wechsel von Dr. Kulterer vom Vorstand in den Aufsichtsrat: Wie haben Sie das damals gesehen, und wie sehen Sie es heute?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Die Frage, wie es heute gesehen wird, ist natürlich einfach zu beantworten, oder? – Dass heute alle sagen, das hätte nie passieren dürfen, ist klar. Damals war sicherlich eine andere Situation, weil, wie ich meine, die große Frage, die im Raum stand, war, ob es hier tatsächlich schwere Versäumnisse des Vorstandes gegeben hat, ob Kulterer und seine Kollegen persönlich für diesen Swapverlust verantwortlich sind und ob der Rücktritt als Vorstand reicht oder er gar nicht mehr in der Bank sein darf.

Also ich hatte damals überhaupt keinen Ansatzpunkt, an strafrechtliche Verfehlungen zu glauben, beziehungsweise waren sie halt damals nicht bewiesen. Insofern habe ich seinen Rücktritt als okay empfunden. Das war die sozusagen dringendst notwendige Maßnahme, um nach einem derart unglaublichen Spekulationsverlust die Konsequenz zu ziehen. Auf der anderen Seite war mein damaliger Gedanke: Er wird die Bank am besten gekannt haben. Mein damaliger Gedanke war – ich habe da nichts zu entscheiden gehabt, aber ich sage Ihnen nur meine private Überlegung – damals, ganz offen, folgender: Na ja, da er die Bank kennt, da sie, wie er oft gesagt hat, sein Baby ist und da er diese Bank über viele Jahre zu dem gemacht hat, was sie war, wird er auch am besten wissen, wo mögliche Probleme liegen, und als Aufsichtsratsvorsitzender vielleicht gut mitwirken können, dass die Bank wieder in ein ruhiges Fahrwasser kommt.

Das habe ich aber auch mit niemandem ausgetauscht. Das war nur meine interne Überlegung für mich selbst. Dabei habe ich mir gedacht: Okay, sie, die FMA, haben ihn nicht abberufen. Das hat mich eigentlich überrascht, weil ich gedacht habe, er würde abberufen und die Geschäftsleiterbefugnis würde ihm entzogen werden. Ich habe das aber zur Kenntnis genommen, und ich habe damals gefunden, es ist okay. Aus heutiger Sicht mit der Weisheit des Rückblicks ist klar, dass es natürlich nicht okay war.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Das heißt, es war auch Ihr Eindruck – das ist von mehreren Auskunftspersonen schon so ausgesprochen worden –, dass Dr. Kulterer so quasi die Bank war, dass eigentlich er die bestimmende Person war, dass viele andere – zum Beispiel die Mitarbeiter der Bank am Balkan – vielleicht ihre Aufgaben nicht ausreichend wahrgenommen haben oder unter dieser bestimmenden Person etwas genau anderes getan haben, nämlich das, was sie selbst wollten?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das ist genau mein Eindruck gewesen. Also Kulterer ist sicherlich eine starke Persönlichkeit, und ich könnte mich dem anschließen. Für mich war sozusagen meine Wahrnehmung: Kulterer war die Bank, ja.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Sie haben eingangs auch über die Finanzierung des Wachstums gesprochen, nämlich dass das Wachstum – ich habe mir Ihre Wortwahl jetzt nicht gemerkt – ein außergewöhnliches war. – Außergewöhnlich im Vergleich womit?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Außergewöhnlich im Vergleich mit allen anderen Banken! Es war wahrscheinlich eine der expansivst wachsenden Banken – ich behaupte einmal – irgendwo in Mitteleuropa. Du hast wenige Banken gehabt, die derart schnell und stark gewachsen sind. Das war auch sicherlich mit der Grund, warum es sehr regelmäßig Prüfungen gegeben hat. Also ich habe es jetzt nicht vorliegen, aber Sie werden das ja in den Ausschussmaterialien haben. Ich glaube, dass die Notenbank dort ja in Permanenz geprüft hat und am Ende des Tages zumindest nicht rechtzeitig die wesentlichen systemischen Bedrohungen gefunden hat.

Aber der Gang auf den Balkan und all das war sicherlich von enormer Dynamik geprägt, die wiederum im Rückblick aus heutiger Sicht halt auch eine besondere Kontrolle verlangt hätte.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Na ja, das glaube ich nämlich auch, weil die angesprochene Notenbank ja teilweise gerade bei den Töchtern im Ausland gar keine Handhabe hatte und dort gar nicht agieren konnte.

Warum waren das eigentlich alles Dinge, die man offensichtlich hingenommen hat? Warum hat man da nicht mehr hingeschaut, obwohl man gesehen hat, dass man bei der Aufsicht bei einer Bank, die außergewöhnlich gewachsen ist, an Grenzen stößt? Also da hätten auch schon aus dem Grund alle Alarmglocken läuten müssen. War das irgendwie so eine Goldgräberstimmung, der man da gefolgt ist? Also aus der Betrachtung der Bank heraus glaube ich, dass man sich in der Bank wahrscheinlich schon so verhalten hat.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also ich kann Ihnen nur sagen, wie ich selbst vorgegangen bin, und ich habe wirklich persönlich mehrfach hinterfragt, habe sehr oft die Beamten im BMF oder auch die Finanzmarktaufsicht sozusagen kritisch gefragt: Wie seht ihr das? Seht ihr da deutliche Risiken? Muss man sich da Sorgen machen?

Ich habe wirklich alles getan, um sozusagen ja nicht den Eindruck zu erwecken, dass da irgendetwas geschützt wird, weil quasi Kärntner – und damit aus Kärnten kommender Finanzminister – und eine Kärntner Bank. Im Gegenteil, das war wirklich nicht der Fall. Also ich glaube, dass ich zumindest diese Bank umso kritischer hinterfragt habe. Aber ganz ehrlich: Ich habe bis zu meinem Ausscheiden keinen einzigen Hinweis bekommen – natürlich mit Ausnahme der Swapverluste; aber ein singulärer 330-Millionen-€-Verlust ist zwar sehr, sehr, sehr viel, aber kein systemisches Problem für die Bank.

Ich hatte daher wirklich keinen Hinweis, dass diese Bank ein Systemproblem bekommen könnte, und der wurde mir weder von der Finanzmarktaufsicht noch von der Notenbank noch von den eigenen Beamten im Haus jemals gegeben. Sie haben sicherlich recht, es ist wahrscheinlich auch eine Stimmungsfrage gewesen, denn du hast von dort immer nur Erfolgsmeldungen gehört – die haben immer mehr Umsatz, immer mehr Gewinn gemacht und scheinbar einen großartigen wirtschaftlichen Lauf gehabt.

Ich meine, ein Hinweis sei mir schon gestattet: Wenn eine Bayerische Landesbank – und das sind ja wirkliche Vollprofis; sollten sie sein, oder? –, also sozusagen eine sehr große Bank des sehr reichen Freistaats Bayern, ich glaube, im Jahr 2007 die Hypo Alpe-Adria zu einer Gesamtbewertung – also 100 Prozent – von, glaube ich, 3,2 Milliarden € kauft … Also das heißt, noch im Jahr 2007 war die Bayerische Landesbank der Meinung, dass die Hypo Alpe-Adria 3,2 Milliarden € wert ist.

Und das möchte ich eigentlich entschuldigend für die Aufsichtsbehörden sagen: Wenn ein Profi im Markt, der wissen muss, wo Dinge in einer Bank versteckt sein können, wo Risiken liegen, nach Due Diligence im Jahr 2007 diese Bank für 3,2 Milliarden kauft, sollte er eigentlich wissen, was er tut.

Und jetzt sei mir auch noch der Hinweis gestattet: Wenn dann zwei Jahre nach meinem Ausscheiden die Oesterreichische Nationalbank nach dem Antrag auf Partizipationskapitalgewährung durch die Republik auch noch sagt, die Hypo Alpe-Adria ist nicht distressed – es gibt nur solid oder nicht distressed; und wenn ich sage, es ist nicht distressed, dann muss es solid sein –, dann, muss ich ehrlich sagen, kann man, glaube ich, schon die Aufsicht verteidigen, dass sie das nicht vorher erkennen konnte. (Abg. Jank: Danke!)

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Noch einmal guten Tag! Von den Meinungsdiskussionen wieder zu den höchstwahrscheinlichen Fakten aus den Akten und zu den gesicherten Dokumenten – aber nur eines vorweg: Sie haben ja erwähnt, dass Sie sich vorbereitet haben – ich halte das im Übrigen für zulässig. Ich wollte Sie nur fragen: Haben Sie sich auch mit Herrn Kramer getroffen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja (Abg. Kogler: Ja! Danke!), und zwar deswegen, weil Bundesminister Schelling mir im Antwortbrief vorgeschlagen hat – ich habe ihn nämlich sozusagen gebeten, wenn er bereit ist, mir Informationen zu geben, dann soll er mir vorschlagen, an wen ich mich wenden soll –, Hans-Georg Kramer, Generalsekretär, zu kontaktieren. Ich habe dann auch an Kramer, glaube ich, das erste E-Mail geschrieben, in dem ich gesagt habe, die und die Fragen würden mich interessieren, und er hat mir dann die Antwort der zwei Beamten übermittelt. Ich habe dann noch ein oder zwei Nachfragen gestellt, zu denen er mir auch die Informationen übermittelt hat.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, danke schön. – Ich möchte jetzt ein paar Dinge komplettieren, eben auch im Kontext der Akten, die ja schon alle angesprochen wurden, auch für die Nacharbeit im Ausschuss. Es geht jetzt wieder um den Komplex Berlin und den tatsächlichen Kontakt zu Ihnen und um BAWAG und Hypo.

Haben Sie mit Herrn Berlin einmal über das Bieterverfahren zur BAWAG gesprochen? Können Sie sich daran erinnern?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Es kann … Also ehrlich gesagt, ich kann mich nicht genau erinnern. Es kann aber sein, dass er mich angesprochen hat. Wenn er mich angesprochen hat, dann, glaube ich, aus einem Interesse, weil die Bayerische Landesbank auch ein Interesse hatte, die BAWAG zu kaufen. (Abg. Kogler: Genau!) Aber das war wenn, dann eine oberflächliche Diskussion.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Vielleicht ist Ihnen das ja bekannt – und das hat ja alles den Konnex zur Hypo –, denn Berlin spekuliert ja darauf, dass das nichts wird und ist am gleichen Tag mit Schmidt in Kontakt, als das Bieterverfahren quasi zuungunsten der BayernLB, BAWAG ausgegangen ist.

Da schreibt er in „Der Deal“ – aber immerhin, die Staatsanwaltschaft Klagenfurt nimmt das ausreichend ernst –: „(…) hatte mich Herr Schmidt (…) nach dem Scheitern im Bawag-Bieterverfahren“ – und jetzt kommt es aber –, „das ich ihm durch meine Grasser-Kontakte voraussagte, bereits am 19.12. (…).“

Da nehmen die schon Kontakt auf, und Berlin hat ja diese BayernLB-Hypo-Geschichte schon früher vorbereitet.

Wie kommt Berlin dazu, dass er sagt, er hat das durch seine Grasser-Kontakte schon vorausgesagt? Haben Sie da eine Erklärung für den Ausschuss?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das kann ich Ihnen ehrlich gesagt nicht sagen, denn „Grasser-Kontakte“ kann ja auch heißen, dass er mit, ich weiß nicht, wem immer in meinem Umfeld Gespräche geführt hat.

Ich kann nur für meine Person sagen – und das lässt sich ja wirklich sehr leicht überprüfen –, ich war ja nicht Herr des BAWAG-Verfahrens, sondern den Verkaufsprozess der BAWAG hat ja der Österreichische Gewerkschaftsbund als Eigentümer gestaltet, hat meiner Erinnerung nach auch eine Investmentbank damit betraut, und diese Investmentbank hat ein Bieterverfahren durchgeführt. Ich habe so wie Sie alle auch im Nachhinein das Ergebnis erfahren, das konnte man ja auch sinnvollerweise nicht vorher erfahren. Ich wurde dann – ich weiß nicht mehr, von wem – über das Ermittlungsergebnis BAWAG … Wahrscheinlich sogar über den ORF werde ich mitbekommen haben, wer die BAWAG dann gekauft hat, dass das Cerberus war.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber das müssen wir ohnehin mit Herrn Berlin weiterdiskutieren, denn am gleichen Tag des BAWAG-Scheiterns sozusagen wird sofort das BayernLB-Hypo-Prozedere massiv beschleunigt.

In dem Zusammenhang … Jetzt ist das vielleicht wieder in der Sphäre möglicher – ich weiß es ja am Schluss nicht genau – Strafverfahren. Ist es mit Ihnen einmal vorbesprochen worden, dass Herr Berlin Ihnen Präsentationsunterlagen über den Einstieg seiner Investorengruppe zukommen lässt? Seine rechte Hand, Herr Bannert, schreibt da:

„Sehr geehrter Herr Minister (…), im Auftrag von TBE übermittle ich Ihnen die Präsentationsunterlagen des Hypo Projektes“, und so weiter und so fort, „1. Tranche“.

Haben Sie da einmal vorbereitende Gespräche geführt? Ich meine, wie kommt Berlin dazu, Ihnen diese Präsentationsunterlagen zu schicken?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also ich habe mit ihm kein persönliches Gespräch geführt, sondern ich erinnere mich an ein Telefonat, wo Berlin mich angerufen hat mir von dieser Absicht berichtet hat und mir dann infolge dieses Gesprächs dieses Papier zugeschickt hat. Aber ansonsten … Es war sozusagen weder ein persönliches Gespräch noch ein vertiefendes.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber hat er da die Hoffnung gehabt, dass Sie möglicherweise persönlich oder für Dritte – oder was – inspiriert werden oder auch Werbung für das Projekt machen? Vielleicht ist das ja gar nicht illegitim.

Was war das Motiv, glauben Sie, dafür, dass er Ihnen Präsentationsunterlagen schickt?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also mein subjektiver Eindruck damals war, dass er einerseits sozusagen einen gewissen Stolz darauf hatte, dass er dieses Projekt verhandelt, und dass er das daher darstellen und präsentieren wollte. Und der andere Eindruck war schon, dass er sozusagen hinterfragen wollte, ob ich ihm mögliche Investoren nennen könnte oder unter Umständen auch selbst ein Interesse haben könnte – oder wer auch immer, ja.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das erklärt wahrscheinlich auch, warum er dann noch hinzufügt, die Zeichnung solle schon bis Jahresende erfolgen, unbedingt nämlich. – Das ist von Mitte Dezember.

Jetzt zum 22. Dezember: Ich muss da jetzt für das Protokoll einerseits zu den Nummern etwas sagen und dann kurz Auszüge zum Vortrag bringen, und zwar geht es um die Dokumente – das ist alles in Fortsetzung des Abgeordneten Hable, zur Orientierung – 1164791 – denn es gibt nämlich Dokumente, deshalb gab es ja auch die Geschäftsordnungsunterbrechung. Das ist das eine, das zweite hat die Nummer 1165254, dann hat eines die Nummer 1165150, und dann kommt es noch zu den Dokumenten 1173950 und 1174020.

In der Kurzfassung geht es hier darum – wir werden sicher eine passende Frage finden –, dass Sie, als Minister im Übrigen, angeschrieben werden:

„Sehr geehrter Herr Minister (…)“ – um 11 Uhr, am 22.12. –, „im Auftrag von Herrn Dr. Berlin übermittle ich Ihnen den Zeichnungsschein samt Genuss-Schein (…)“ und so weiter und so fort.

Um 11.45 Uhr, geht aus den Dokumenten hervor, also aus einem von den vorgetragenen, wurde vom Konto, zurechenbar natürlich der Ferint, offensichtlich bei der Meinl Bank und vermutlich oder nachvollziehbar über Herrn Weiß, genau die 500 000 € überwiesen werden. An wen? – An die Gesellschaft des Berlin in Luxemburg. Eineinhalb Jahre später, am 14.8., kommt es mit Revenue zurück, 763 626,90.

In diesem Schreiben, also in dem vom 22.12., steht drinnen: „Für Rückfragen steht Ihnen Herr Dr. Berlin gerne zur Verfügung“.

Jetzt frage ich Sie: Ist dieser Vorgang für gewöhnlich zu bewerten?

Vorsitzende Doris Bures: Würden Sie dieses Dokument zur Verteilung bringen?

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, sicher, vor allem dieses Dokument mit der Nummer 1164791, das ist vom 22. Dezember, 11 Uhr an den Herrn Minister Grasser – sehr geehrt.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals. Sie sind in der Befragungszeit der zweiten Runde, Herr Abgeordneter. (Die Auskunftsperson blättert in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter, ich möchte eigentlich nur so viel dazu sagen, nur um den zeitlichen Kontext auch richtig einzuordnen, dass wir von Dezember, knapp vor Weihnachten 2006 sprechen. Sie wissen natürlich, dass die nächste Bundesregierung eigentlich dem Parteienübereinkommen nach feststand, dass auch die nächsten Ministerpositionen – meiner Erinnerung nach – feststanden, und dass ich daher dann – ich glaube, Anfang Jänner, ich weiß nicht mehr, wann es war; am 8., 9., 10., 11. oder 12., wann auch immer, in dem Zeitraum, Jänner 2007, also wenige Tage danach – eben offiziell zurückgetreten bin und nicht mehr in dieser Funktion des Bundesministers für Finanzen war. Das will ich einfach nur grundsätzlich festhalten, damit man es zeitlich auch einordnen kann.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): War das nicht im Jänner 2007?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja, ich bin im Jänner 2007 zurückgetreten, habe ich eben gesagt; ich glaube, rund um den 10., ich weiß nicht mehr genau, wann es war. Aber das heißt – ich meine, das können Sie als Abgeordneter gut einschätzen –, dass ich eigentlich seit der Wahl – ich weiß nicht, wann die war, im Jahr 2006 – … Und dann nach den entsprechenden Entscheidungen innerhalb der Österreichischen Volkspartei war klar, dass ich die Politik verlasse.

Das möchte ich hier zur zeitlichen Einordnung dazusagen, und zum anderen verstehen Sie sicher, dass ich mich auch bei Ihnen auf § 41 Abs. 1, nein, nicht auf § 41 Abs. 1, verzeihen Sie, also auf alle Fälle auf die Geschäftsordnung berufe und mich daher entschlage.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, das ist verständlich. Ich trage nur nach, weil wir das im Protokoll ja nicht hatten, dass in Anlehnung an Hable die Aktenspuren da sind; die kommen von der Finanz, de facto von der Steuerfahndung, die hat das dann aber mit einem anderen Verfahren über die Staatsanwaltschaft Klagenfurt abgegeben, und das läuft woanders weiter.

Ich möchte trotzdem nicht verhehlen – denn mir geht es dann ja um politische Zusammenhänge –, dass die Steuerfahndung mit Stand 12. Februar 2013, und am 5. März haben Sie es dann endgültig abgegeben, davon ausgeht – wortwörtlich, ja, also die tun nicht lange herum, da würde es vielleicht auch bei den anderen Verfahren schneller gehen –:

Gemäß dem Bericht der Steuerfahndung – so das Protokoll in der Staatsanwaltschaft – werden die Spekulationsgewinne der Ferint AG aus den hier gegenständlichen Genussscheinen Mag. Karl-Heinz Grasser zugerechnet. – Punkt, fertig, ja.

Das ist ja eine Steuerfrage, ich will Sie auch nicht weiter wegen familiärer Dinge oder so belästigen, ich habe ja da ein bisschen andere Befragungshintergründe. Ich frage mich nämlich – und Sie aber trotzdem mit –: Sie waren noch Minister, der Herr Berlin bahnt ja schon viel früher an – es war ja auch die Arbeit des Kollegen Hable, das herauszuarbeiten, und ich meine das ja halb rhetorisch, aber auch halb ernst:

In welcher westeuropäischen Demokratie ist es vorstellbar, dass im Zuge des Vorgangs, bei dem die Steuerzahler in Kärnten, die Steuerzahler in Bayern, am Schluss wir alle in Österreich relativ paniert werden – und das kann man später diskutieren, ob damals nicht schon genug am Tisch war –, viel Unglück über alle beteiligten SteuerzahlerInnen hereinbricht – da kommt etwas zusammen, ja, 20 Milliarden am Schluss, mittlerweile –, zwischendrin irgendwelche ganz Wenige das große Glück machen? Der unglückselige Steuerzahler von einem Land zum anderen und dazwischen die Glücksritter, Sie mittendrin!

Jetzt stellt sich die Frage: Wie kommt Herr Berlin dazu, mit Ihnen frühzeitig diese Kontakte aufzubauen und Ihnen das einfach als Herr Minister zu schicken? Wenn ich Sie richtig verstanden habe – Sie können ja widersprechen –, ist es deshalb gewesen, weil Sie schon, letztendlich aufgrund politischer Entwicklungen, im Ausscheiden begriffen waren. Ich will diese Themen nicht weiter komplettieren, aber es ist doch auffällig, dass jemand einen Minister anschreibt, im Kontext von so einem Vorgang, bei dem nachher so viel Schaden passiert, der im Übrigen nicht so überraschend war, wie Sie damals getan haben.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ganz offen, Herr Abgeordneter, ich verstehe schon die Zusammenhänge, die Sie zu zeichnen versuchen, und es wäre auch eine Theorie, sozusagen eine mögliche Theorie, die Sie dargestellt haben. Ganz offen: Sie stimmt einfach nicht und hat sich in Wahrheit nicht so abgespielt.

Erstens möchte ich noch einmal darauf zurückkommen: Herrn Berlin habe ich, glaube ich, von Herrn Landeshauptmann Jörg Haider – ich weiß es nicht mehr genau, Jahre davor – vorgestellt bekommen und habe dann einen Kontakt mehr oder weniger über Vorträge, zu denen er eingeladen hat und wo man halt bei der einen oder anderen Diskussion zusammengekommen ist, mit ihm gehabt, aber einen wirklich mehr als losen Kontakt.

Zum Zweiten müssen Sie schon der Fairness halber auch festhalten … Ich verstehe sogar Ihren Gedankengang, und aus der Sicht des österreichischen Steuerzahlers und der Steuerzahlerin scheint es tatsächlich nicht fair zu sein, dass die Gruppe Berlin da viel Geld verdient hat und auf der anderen Seite jetzt sozusagen die Steuerzahlerin und der Steuerzahler drankommt. Es sei Ihnen unbenommen, das so darzustellen, aber, Herr Abgeordneter, Faktum ist natürlich schon, dass ich mit seinem Einstieg in die Bank genau gar nichts zu tun hatte. Die zuständigen Damen und Herren ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Er schickt Ihnen die Präsentationsunterlagen. Bleiben wir einmal bei den Akten!

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein, nein, ich rede von etwas anderem, Herr Abgeordneter, ich rede davon, wer denn entschieden und wer mit Herrn Berlin verhandelt hat, dass er in die Hypo Alpe-Adria einsteigen kann. Das wird zum einen die Kärntner Politik gewesen sein, zum anderen als Eigentümervertreter wahrscheinlich die Landesholding, das wird der Vorstand und ich weiß nicht, wer sonst gewesen sein. Ich kann Ihnen versichern, dass ich kein einziges Gespräch mit irgendjemandem in dieser Richtung geführt habe, es hat mich auch überhaupt nicht interessiert, war überhaupt nicht mein Geschäft.

Das heißt, einerseits hat einmal das Land Kärnten mit ihm einen Konsens gefunden. Ich glaube, weiß es aber nicht und möchte daher da sehr kurz sein, dass er einfach sozusagen ein Risikogeschäft gemacht hat, weil er nicht wissen konnte, ob er dann diese Anteile tatsächlich weiterverkauft. Mir hat er gesagt – so viel möchte ich Ihnen sagen –, dass er auf einen Börsengang der Hypo Alpe-Adria setzt. Das war das, was er mir gesagt hat, und das schien mir durchaus möglich zu sein, weil ja seit 2005 ein Börsengang in Diskussion war, durchaus auch in öffentlicher Diskussion.

Wie er es dann geschafft hat, dass er seinen Anteil und weitere Anteile …, also wie er dann die mehrheitliche Übernahme durch die Bayerische Landesbank erreicht hat, weiß ich nicht. Gestatten Sie nur, Herr Abgeordneter, dass ich da sozusagen schon in aller Deutlichkeit sage: Wenn dann eine Bayerische Landesbank 2007 bei einer Bewertung von 3,2 Milliarden € die Hypo Alpe-Adria kauft, dann muss man im Gefolge dessen einmal in der Lage sein, politische Entscheidungen zu treffen, zu sagen, jetzt kommt die Bank in Schieflage, nach der Finanzkrise, und jetzt verstaatliche ich dieses Ding und nehme es den reichen Bayern wieder ab.

Das muss man aussprechen, wenn man sich wie Sie zu Recht darüber beschwert, dass jetzt die Steuerzahler Belastungen, einen Schaden von möglicherweise bis zu 20 Milliarden € tragen müssen. Da sehe ich einfach – leider Gottes – schwere Verfehlungen auf der Bundesseite, und ich bin da der, der nur den Griss-Bericht zitiert. Wenn Sie sich die fünf oder sechs Experten, die die Griss-Kommission gebildet haben, anschauen, dann sind das über jeden Zweifel erhabene, hoch kompetente, qualifizierte Leute.

Sie haben den Bericht sicher noch viel gründlicher gelesen als ich, aber ich meine, er wirft schon ein beredtes Zeugnis darauf, dass erstens die Verstaatlichung nicht alternativlos war und dass zweitens die konkreten Bedingungen der Verstaatlichung einfach wirklich schlecht verhandelt worden sind. Das hat in weiterer Folge dann natürlich mit einem fehlenden …, mit einem Nichtmanagement, mit einem Nichtentscheiden über viele Jahre bis heute zur Schadensmaximierung geführt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Es wird Sie nicht wundern, dass wir diesbezüglich – Sie haben das ganz Gleiche ja schon im Einleitungsstatement gesagt, was dort ja Ihr gutes Recht ist; jetzt habe ich eigentlich eine andere Frage gestellt – übereinstimmen.

Wir stimmen auch überein – ich möchte das der Korrektheit halber hinzufügen –, dass es nicht meine Absicht ist, Sie als Drahtzieher dieses Zwischendeals darzustellen, überhaupt nicht. Sie sind jedenfalls einmal mindestens hineingeraten, angeschrieben worden, jedenfalls deutet alles, was wir haben, darauf hin, dass Sie da als Investor für sich selber oder für andere eindeutig aufscheinen; also das sagt auch die Steuerfahndung.

Mir geht es ja um etwas anderes. Mir geht es ja eben darum – und da dürfen wir es uns nicht so leicht machen –, wie die Anbahnung zu einem dann immer noch – und vorher erst recht; die Anbahnung muss ja schon vorher gewesen sein, deshalb habe ich ja die Chronologie erzählt – aktiven Minister erfolgt. Ich halte das eben für sittenbildlich in dieser Republik, wie hier bei allem Erfolg, wie Sie das darstellen, Schüssel I, Schüssel II … Es ist offensichtlich auch eine Zeit, wo solche Zwischenhasardeure, ohne eine Leistung zu erbringen – das muss man dann die GRAWE fragen, was die sich dabei gedacht haben –, diesen Zwischenschnitt machen, und der Minister ist offenkundig dabei. Das ist ja der Befund, den wir hier treffen.

Vorsitzende Doris Bures: Sie müssen eine Frage formulieren, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler: Mehr brauche ich derweil nicht.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter! Ich bin nur nicht damit einverstanden, dass Sie sagen, es gibt ein bestimmtes Sittenbild. Aus meiner Sicht kann ich das nicht nachvollziehen, deswegen, weil du …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das habe ich auch nicht verlangt oder erwartet. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein, aber ich will nur sagen: Was ist ein Sittenbild? – Mich haben auch Vorstände von der Allianz-Versicherung angerufen und kontaktiert, rund um die BAWAG-Krise, weil sie ein Interesse hatten, die BAWAG zu kaufen. Was war unser Interesse? – Unser Interesse war es, die BAWAG zu retten. Insofern führt man dann Gespräche. Ist es ein Sittenbild, dass man solche Gespräche führt? – Ich glaube nicht.

Ist es ein Sittenbild, dass Herr Berlin mich darüber informiert, dass er in die Bank einsteigen will, als ich praktisch politisch schon ausgeschieden bin? – Nein, ist es nicht! Er könnte mich sogar offiziell als Finanzminister – sagen Sie, hat er gemacht; okay, sei so – informieren, dass er dort einsteigen wollte. Ich finde aus damaliger Sicht nichts Schlechtes daran, dass er dort einsteigen wollte. Und aus meiner Sicht, noch einmal, war das ein echtes Risikogeschäft des Herrn Berlin, zumindest hat er es mir gegenüber so präsentiert. Insofern sehe ich da jetzt auch nicht, ob …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Er schickt Ihnen halt einen Zeichnungsschein mit Ihrem Namen – und innerhalb einer Dreiviertelstunde wird auch bezahlt, und nach eineinhalb Jahren wird kassiert. Das ist halt so.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das ist erstens nicht so, und zweitens bitte ich da um Verständnis: Es wird seit langer Zeit ermittelt, und im Übrigen ist auch das Finanzverfahren leider nicht so schnell, wie ich es mir eigentlich wünschen würde.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur zweiten Runde, wobei in der zweiten Runde nur noch zwei Fraktionen Redezeit haben – die freiheitliche Fraktion mit knapp über 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Darmann?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Präsident, dürfte ich um eine kurze Unterbrechung bitten? – Das wäre nett.

Vorsitzende Doris Bures: Da es den Wunsch nach einer kurzen Unterbrechung gibt, werde ich diesem nachkommen und unterbreche die Sitzung für einige Minuten.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 13.42 Uhr unterbrochen und um 13.58 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

13.58

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir sind in der zweiten Fragerunde, und die freiheitliche Fraktion hat noch eine Redezeit von knapp über 2 Minuten. Herr Mag. Darmann. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Grüß Gott auch von meiner Seite! Ich möchte mich wieder einem Thema zuwenden, das zwar mittlerweile vermutlich nicht nur den Abgeordneten hier herinnen, sondern auch den Medienvertretern und der Beamtenschaft recht auf den Geist geht, weil Herr Abgeordneter Krainer beinahe wöchentlich immer wieder versucht, sein zusammengebrochenes Kartenhaus neu zu errichten und der Strategie der SPÖ zu folgen, was das entsprechende Abberufungsverfahren der FMA-Vorstände betrifft.

Herr Magister! Du hast vorhin schon zu den diversen Möglichkeiten in diesem Abberufungsverfahren gegen die FMA-Vorstände Stellung bezogen: das heißt einerseits das Recht oder vielmehr auch die Pflicht des Aufsichtsrates, entsprechend nachzuforschen und gegebene Pflichtverletzungen, wenn möglich, abzustellen, auf der anderen Seite aber auch – angeführt durch euren rechtskundigen Dienst im Ministerium – die Variante, eine Abberufung durch den Minister selber vorzunehmen, wenn nach § 7 Abs. 3 Z 3 eine Pflichtverletzung festgestellt wurde.

Habe ich das soweit einmal richtig zusammengefasst?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Absolut, völlig korrekt!

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Nunmehr möchten es Kollege Krainer und die SPÖ nicht zur Kenntnis nehmen, dass – um eine Pflichtverletzung festzustellen – es notwendig ist, auch nachzuforschen, um das einmal salopp zu formulieren.

Fasse ich es auch richtig zusammen, dass es eine Vorgabe war, hier rechtskonform vorzugehen, zuerst – vor einer voreiligen Abberufung – die Vorwürfe, wenn möglich, zu konkretisieren, das heißt, eine Stellungnahme anzufordern und dieser nachzugehen, und bei Konkretisierung der Vorwürfe eine Abberufung in Gang zu setzen, das heißt, umzusetzen, und bei Nichtkonkretisierung der Vorwürfe das Verfahren einzustellen? Ist das auch richtig zusammengefasst?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das ist völlig richtig. Deswegen habe ich mich auch so geärgert, als der Herr Abgeordnete mir ein paar Seiten – offensichtlich von der Rechtsabteilung des Finanzministeriums – in die Hand drückt und sagt, die Rechtsabteilung hätte ein Verfahren abgelehnt, während das Gegenteil der Fall ist, wenn man das durchliest. Insofern habe ich das als sehr unsachlich empfunden, aber du hast das völlig korrekt zusammengefasst, ja.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich möchte hiermit in einer letzten Frage zusammenfassen: Ist somit hier dem Recht und der damals geltenden Gesetzeslage in der gewählten Vorgehensweise entsprochen worden, oder war es eine rechtswidrige Intervention seitens des Bundesministers, hier in dieser Art und Weise so vorzugehen, wie vorgegangen wurde?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das Bundesministerium für Finanzen ist aus eigenem Antrieb, so wie es auch im Gesetz vorgesehen ist, vorgegangen, auf beamteter Ebene, hat dieses Verfahren durchgeführt und nach etwa zwei, drei Monaten auch schon wieder eingestellt. Ich habe dazu keine Weisung erteilt, weder in die eine noch in die andere Richtung. Ich hätte eine Weisung erteilen müssen, um dieses Verfahren abzuwürgen, wenn man so will. Das habe ich nicht gemacht.

Daher klare Antwort auf die Frage: Meines Erachtens ist das völlig korrekt abgewickelt worden.

Vorsitzende Doris Bures: Die ÖVP hat noch eine Minute Fragezeit in dieser Runde, Herr Abgeordneter Obernosterer, dann kommen wir zur dritten Runde, da kann ich Sie wieder vormerken.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Kann ich das nicht aufsparen auf die dritte Runde?

Vorsitzende Doris Bures: Nein. (Abg. Darmann: Seit einem halben Jahr nicht!)

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Magister! Du hast einleitend gesagt – zumindest hast du den Griss-Bericht zitiert –, was deiner Meinung nach nicht ganz gut gelaufen ist. Auf die wahre Todsünde dieses Hypo-Falles bist du eigentlich nicht eingegangen, und das ist der Haftungsbeschluss 2004.

Die Finanzmarktaufsicht hat ja damals eine Stellungnahme zu diesem Haftungsbeschluss abgegeben, die eigentlich ganz klar und eindeutig ist, wo man genau auf das hingewiesen hat, worunter wir heute leiden: erstens, dass man es auf die Rechtsnachfolge nicht ausdehnen muss, dass es keinen Handlungsbedarf gibt; zweitens, dass man die Haftungen in der Höhe beschränken sollte, zeitlich beschränken sollte et cetera. Es steht eigentlich alles da drinnen; wenn man das befolgt hätte, wäre es zu dieser Katastrophe für das Land und für den Steuerzahler nicht gekommen.

Vorsitzende Doris Bures: Sie müssen bitte die Frage formulieren.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Du kennst die Situation in Kärnten sehr gut. Kulterer und der Aufsichtsratsvorsitzende der Hypo haben gesagt, es war für sie verwunderlich, dass auch die Hypo International von der Kärntner Politik diesen Haftungsbeschluss bekommen hat. Sie haben damit nicht gerechnet. Was ist deiner Wahrnehmung nach da politisch gelaufen, dass es trotzdem zu diesem einstimmigen Beschluss im Kärntner Landtag gekommen ist, obwohl ihr darauf hingewiesen habt, dass der Vorstand und der Aufsichtsratsvorsitzende nicht damit gerechnet haben? Was ist da gelaufen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich glaube, dass du die Analyse völlig richtig gemacht hast, nämlich dass die Haftungen natürlich eine entscheidende Rolle gespielt haben. Ich habe auch in der Vorbereitung und beim Lesen des Griss-Berichts gesehen, dass – ich glaube, mich richtig zu erinnern – auch die Griss-Kommission gesagt hat: Warum Haftungen für das internationale Geschäft?

Dass man Haftungen fürs Kärntner Geschäft gibt, ja; aber warum man jetzt quasi für die Süderweiterung beziehungsweise für die Balkanexpansion Kärntner Haftungen gibt für – unter Anführungszeichen – „ausländisches Geschäft“ erschien offensichtlich auch der Kommission nicht nachvollziehbar.

Weshalb der Kärntner Landtag das gemacht hat, kann ich dir nicht sagen, ich weiß es wirklich nicht, ich habe keine Erinnerung mehr an diese Zeit. Aber im Nachhinein hast du recht, das ist ein ganz entscheidender Punkt, denn sonst hätte es nie zu diesen riesigen Verlusten für den Steuerzahler kommen können.

Vorsitzende Doris Bures: Damit kommen wir zur dritten Runde. Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Lugar. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich habe gehört, es hat ein Briefing vom Finanzministerium gegeben, wo Sie eingeladen waren. Können Sie uns ein bisschen über dieses Briefing erzählen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Lieber Herr Abgeordneter! Briefings brauche ich nicht, das hat es auch nicht gegeben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, es hat keinen Kontakt mit dem Finanzministerium gegeben, um irgendetwas abzustimmen oder Sonstiges zu tun?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein, es hat ein persönliches Treffen mit Generalsekretär Kramer gegeben, in dem man mir die Unterlagen übergeben hat, die das Finanzministerium ausgearbeitet hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wurde da etwas besprochen, oder wurde da nichts besprochen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Wie Sie wahrscheinlich wissen, war der jetzige Generalsekretär Kramer Mitglied meines damaligen Kabinetts. Das heißt, ich kenne ihn seit einigen Jahren – oder seit vielen Jahren, wenn Sie so wollen. Ich hatte in den letzten Jahren gar keinen Kontakt mehr mit ihm, war aber positiv überrascht, als Bundesminister Schelling ihn mir als zuständig für meine Anfrage genannt hat.

Daher habe ich nach dem Schelling-Brief angerufen und habe gesagt, ich wollte ihn ganz bewusst nicht kontaktieren, weil ich keinen Mitarbeiter ohne dass Pouvoir des Ministers kontaktieren wollte. Und nachdem Schelling das vorgeschlagen hat, habe ich ihn eben angerufen und habe gesagt: Du, ich schicke dir ein paar Fragen, wenn ich darf, beantwortet mir die! Er hat mir dann gesagt, die Fragen sind fertig, und hat mir das entsprechend übergeben.

Wir haben dann über alle möglichen Geschichten gesprochen. Ich habe ihn gefragt, wie es in der Familie geht – ich kenne seine Frau – und so weiter (Abg. Lugar: … nicht wissen, ja!), aber nichts, was Sie besonders aufregen würde – glaube ich zumindest, Herr Abgeordneter.

Es war in jedem Fall kein Briefing für diesen Ausschuss. Das Gespräch ist, glaube ich, einen Monat her – also Größenordnung, vom Zeitrahmen her –, da habe ich mich noch gar nicht vorbereitet auf diesen Ausschuss.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Bezahlen Sie Ihre Vertrauensperson privat, oder bezahlt sie das Finanzministerium? (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Mag. Karl-Heinz Grasser: Soll ich Ihnen das ernsthaft beantworten?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Natürlich ernsthaft, deswegen frage ich Sie ja. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Wir hatten schon welche, die vom Finanzministerium bezahlt wurden; deswegen frage ich.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Aber da er nicht Vertrauensperson des Bundesministers für Finanzen ist, sondern meine private, wird ihn wahrscheinlich auch nicht das Ministerium bezahlen. (Zwischenruf der Vertrauensperson Ainedter.) Aber vielleicht, wenn das möglich ist …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Möglich ist in dieser Republik viel, wie Sie wissen.

Apropos möglich, da hätte ich gleich eine Frage, und zwar zum Herrn Meischberger; den kennen Sie ja gut, nehme ich einmal stark an.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich glaube, es ist sogar aktenkundig, dass ich den gut kenne.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau. Da gibt es ein Dokument, das ich Ihnen gerne vorlegen würde, und zwar 1168816. Da geht es um ein Schreiben beziehungsweise E-Mail von Ingeborg Rheinwald an Meischi, und da steht „Sehr geehrter Herr Minister Grasser“ als Anrede oben.

Da geht es darum, dass eben hier für die erste Tranche ein Genussschein gezeichnet werden soll. So wie ich das hier verstehe, müssen Sie im Büro von Herrn Meischberger gesessen sein und auf dieses Schreiben beziehungsweise auf diese Unterlagen gewartet haben, denn hier steht, dass man es dann zurückfaxen soll.

Ist das so?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ganz offen: Ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Aber das mit dem Zurückfaxen kann nicht stimmen, denn ich habe keinen Zeichnungsschein ausgefüllt, daher hätte ich auch keinen zurückfaxen können.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber erklären Sie mir einmal, wie das da zu verstehen ist! Sie sind angesprochen, denn es heißt „Sehr geehrter Herr Minister Grasser“, dieses Schreiben wurde aber an Herrn Meischberger geschickt. Da müssen Sie in der Nähe von Herrn Meischberger gewesen sein, sonst macht das keinen Sinn.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das ist eine mögliche Theorie, ich kann mich nicht daran erinnern.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das war am 22. Dezember 2006, ganz kurz vor Weihnachten. Weihnachten war in dem Fall am Sonntag, und man wollte, dass das möglichst noch vor dem Jahreswechsel passiert.

Können Sie mir sagen, warum Sie als Finanzminister kurz vor Weihnachten bei Meischberger waren?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Erstens kann ich mich nicht daran erinnern, zweitens glaube ich, dass nicht wirklich relevant ist, ob, weshalb und ob tatsächlich ich Herrn Meischberger vor Weihnachten 2006 getroffen habe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist sehr wohl relevant, denn es geht um eine Geschäftsbeziehung. Es geht darum, ob Sie als Finanzminister beabsichtigt haben, hier zu zeichnen, und gemeinsam mit Tilo Berlin Geschäfte gemacht haben. Darum geht es ja.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Aber Herr Abgeordneter, ich glaube, auch Abgeordneter Kogler hat mir genau diesen Themenkatalog, im Übrigen auch genau dieses Mail, vorgehalten. Ich habe deswegen auch ausgeführt und möchte jetzt nicht noch einmal wiederholen, dass es quasi die Zeit des Endes meiner Finanzministerverantwortung war.

Im Übrigen habe ich mich auch ihm gegenüber auf § 43 Abs. 1 berufen; den habe ich, glaube ich, heute schon mehrfach eingesetzt, das tue ich auch Ihnen gegenüber.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Mir geht es hier um etwas anderes. Wir haben ja diesen Terminkalender von Tilo Berlin vorgelegt, und das Ganze beginnt ja schon fast ein Jahr früher, wo Sie da anscheinend mit Tilo Berlin Kontakt hatten. Da geht es eben darum, ob Sie als Finanzminister versucht haben, für die Zeit nachher Geschäfte zu machen oder sich Kontakte zu sichern. Darum geht es hier.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Diese Fragen habe ich Abgeordnetem Kogler beantwortet.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich habe nicht den Eindruck gehabt, dass die beantwortet wurden.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Haben Sie zugehört? (Abg. Lugar: Ja, natürlich!) – Okay, dann haben wir eine andere Auffassung, denn ich habe mich wirklich redlich bemüht, eine artverwandt gestellte Frage zu beantworten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Im Sommer 2006, und zwar genau am 21. August, haben Sie mit Herrn Berlin eine Roadshow gemacht. Da hat man sich mit allen möglichen Investoren getroffen, in Wien und anderswo; das geht zumindest aus seinem Kalender hervor.

Warum haben Sie das gemacht? Was war Ihr Interesse dahinter?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich habe keine Roadshow gemacht mit ihm, definitiv nicht. Ich weiß nicht, vielleicht hat er mich eben zu irgendeinem Termin eingeladen, wo ich einen Vortrag gehalten habe oder wo er mit maßgeblichen Repräsentanten der österreichischen Industrie, des Finanzkapitals zusammengetroffen ist. Ich kann mich daran nicht erinnern.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich nenne jetzt ein Beispiel, 21. August: Von 10 bis 11 war ein Termin bei Minister Grasser in Wien mit Dr. Neuhaus; und dann von 11 bis 12 Uhr in der Singerstraße 27 bei – was steht da? – VPM. Das heißt, Sie sind dann anscheinend mit Herrn Neuhaus zu VPM weitergegangen, und da ist dann die Besprechung weitergelaufen.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Dann von 12.30 Uhr bis 14 Uhr: wieder Tilo Berlin mit Minister Grasser, dann Botschaftsbesuch, alle Mögliche. Das heißt, Sie haben anscheinend intensiv mitgeholfen beim Verkauf von diesen Anteilsscheinen.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also erstens, Herr Abgeordneter, das ist falsch. Ich habe im August des Jahres 2006 überhaupt niemandem mitgeholfen beim Verkauf von Anteilsscheinen. Ich kann auch nicht beurteilen, ob Herr Berlin damals schon Anteilsscheine verkauft hat, das weiß ich nicht.

Und ganz offen – ich meine, es sind da natürlich auch andere Termine drauf, wie Sie wissen, wenn der Terminplan stimmt, zum Beispiel Botschafter Turnauer und so weiter –, Herr Abgeordneter, verzeihen Sie die Frage, aber wissen Sie noch, was Sie am 21. August 2006 gemacht haben? (Zwischenruf des Abg. Lugar.)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Grasser! In der ersten Runde waren Sie nicht sehr gesprächig; schauen wir einmal, ob es jetzt anders ist, ansonsten fahre ich mit meinem Monolog fort. Allerdings war Ihre heutige Vertrauensperson schon gesprächiger, ist ja auch schon in den Medien nachzulesen. Ich zitiere:

„Grassers Anwalt Manfred Ainedter sagt dazu, sein Mandant habe nicht im eigenen Namen gehandelt, sondern für die Firma Ferint. Auch sei Grasser an diesem Geschäft nicht persönlich beteiligt gewesen, die Firma Ferint sei seinem Mandanten ‚wirtschaftlich nicht zuzurechnen’.“

Ja, das stimmt. Deswegen ist natürlich die Ferint hier im Mittelpunkt. Es ist, wie der Name schon sagt, ein Metallwarenhandelsunternehmen, das, so sagen uns die Akten, zwei wirtschaftlich Berechtigte hat – nämlich eine mittlerweile 92-jährige betagte Dame, Frau Irma Tonta, deswegen habe ich danach gefragt, und Ihre Schwiegermutter –, die offensichtlich im Metallwarenhandel geschäftlich tätig sind, aber natürlich, sagt uns die Lebenserfahrung, nicht auf den Gedanken kommen, als Metallwarenhändler eine Bank zu kaufen.

Der einzige logische Schluss ist natürlich, dass der Link, die Information von Ihnen gekommen ist. Dann stellt sich natürlich die Frage, warum Sie als damals noch amtierender Finanzminister in die Hypo investieren oder treuhänderisch investieren. Wie das Finanzamt Salzburg-Stadt schon feststellt – ich habe es zuerst schon zitiert, ich fasse zusammen –: Das macht eigentlich nur jemand, der weiß, dass die Bayern im Einstieg sind, jemand, der Insiderwissen hat.

Aber eine Frage hätte ich da noch. Es hat nämlich drei Tranchen gegeben bei diesem Einstieg von Tilo Berlin; es ist nicht alles in einem Aufwischen gemacht worden, sondern in drei. Und Sie beziehungsweise die Ferint AG waren in der ersten Tranche dabei. War Ihnen bewusst oder ist Ihnen bewusst, dass Tilo Berlin – wie soll ich das jetzt ausdrücken? – Sie oder die Ferint jetzt nicht gerade vorteilhaft behandelt hat, geradezu veräppelt hat? Ist Ihnen das bewusst?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Abgeordneter! Ich nehme zur Kenntnis, dass die NEOS offensichtlich nicht das Interesse haben, sachlich und konstruktiv darüber zu diskutieren, wie es zu Milliardenverlusten für den Steuerzahler, die Steuerzahlerin gekommen ist – wobei es nach dem Oberösterreich-Ergebnis vielleicht durchaus empfehlenswert wäre, zu überlegen, wie man sich der Sorgen und Nöte der Bevölkerung annehmen kann.

Im Übrigen berufe ich mich vor dem Hintergrund der Geschäftsordnung dieses hohen Ausschusses auch hier wiederum auf § 41.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Danke schön für diesen versuchten Humor!

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, nur mehr eine kurze Frage oder eine kurze Ausführung, oder ich merke Sie für die nächste Runde vor.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nur eine kurze Ausführung dazu, warum ich gesagt habe, dass eigentlich all diejenigen – also auch Ferint und Sie –, die in der ersten Runde drangekommen sind, also in der ersten Tranche, eigentlich nicht der exklusive Klub waren, nicht die wirklich Begünstigten: Die wirklich ganz Begünstigten waren die in der dritten Tranche, die sind nämlich im Juni 2007 eingestiegen, mit null Risiko, denn zu jenem Zeitpunkt war schon längst bekannt, dass die Bayern einsteigen. Die haben nicht einmal ihr eigenes Geld in die Hand genommen, das war fremdfinanziert.

Fühlen Sie sich da nicht ein bisschen benachteiligt, weil Sie Tilo Berlin bei der ersten Tranche hat mitgehen lassen und nicht bei der dritten, also beim exklusiven Klub?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Wenn das ein Entlastungsversuch für mich ist, Herr Abgeordneter, dann bitte ich Sie, das dem Staatsanwalt zu übermitteln. Ich wäre dankbar dafür.

Vorsitzende Doris Bures: Bevor ich dem nächsten Fragesteller das Wort erteile, weise ich darauf hin, dass die Soll-Befragungsdauer von drei Stunden jetzt gerade erreicht ist. Nach vier Stunden werde ich die Befragung beenden.

Jetzt gelangt Herr Abgeordneter Krainer zu Wort. – Bitte

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Zunächst möchte ich fürs Protokoll noch einmal kurz darlegen, wie die Rechtsabteilung des BMF Stellung genommen hat. Zunächst hat sie die behaupteten Verletzungen von Verfahrensvorschriften … – also quasi rechtlich gewürdigt, was Haider beziehungsweise der Anwalt von Haider hier moniert. Dann hat sie die gesetzlichen Zuständigkeiten festgelegt: Wofür ist der Finanzminister zuständig und wofür der Aufsichtsrat? Dann hat sie gesagt: Was sind die theoretischen Möglichkeiten, hier vorzugehen? Diese sind: einfach Auskunft zu verlangen, entweder durch den Aufsichtsrat oder durch den Bundesminister für Finanzen, oder die Vorstände abzuberufen, ein Abberufungsverfahren einzuleiten.

Dann sagt sie, was ihr Vorschlag ist: nur Auskunft zu verlangen und keinesfalls abzuberufen. Tatsächlich wurde ein Abberufungsverfahren eingeleitet und um Auskunft zum Abberufungsverfahren ersucht. Aber jedenfalls wurde hier nicht nach den Vorschlägen der Rechtsabteilung vorgegangen, sondern genau das Gegenteil …

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das ist definitiv falsch und die vorsätzliche Unwahrheit durch Sie, Herr Abgeordneter! (Abg. Krainer: Nein, ich zitiere hier …!) Sie sind echt ein schlechter Verlierer, weil Sie legen mir das Rechtsgutachten vor und …

Vorsitzende Doris Bures: Herr Mag. Grasser, Sie können ja dann reagieren, aber jetzt ist Herr Abgeordneter Krainer am Wort.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich hoffe, diese Unterbrechung wird mir nicht von der Redezeit abgezogen. Ich zitiere wortwörtlich:

„Für Maßnahmen gemäß § 11 Abs. 1“ – das ist die Abberufung durch den Aufsichtsrat – „oder § 7 Abs. 3 Z 3 FMABG (…)“ – Abberufung von Vorstandsmitgliedern durch den Finanzminister – „besteht nach dem aktuellen Informationsstand kein Handlungsbedarf.“

Tatsächlich wurde genau dieses Verfahren eingeleitet; deswegen meine Frage – wiederholend von der ersten Runde –: Wer bei Ihnen im Kabinett war für derartige Fragen zuständig?

 

Mag. Karl-Heinz Grasser: Erstens, nochmals: Herr Abgeordneter, ich halte einfach fest, dass ich in dieses Verfahren – und zwar halte ich dies nochmals fest, denn die Frage habe ich mittlerweile dreimal gestellt bekommen – in keiner Art und Weise eingegriffen habe, weder durch Wünsche noch durch Weisungen. Dass das Bundesministerium für Finanzen auf Beamtenebene das gemacht, was es für richtig hält, das habe ich Ihnen heute in aller Ausführlichkeit dargestellt.

Wer auf Kabinettsebene zuständig war, das kann ich Ihnen jetzt nicht mehr genau sagen. Ich meine, Sie wissen, wer meine Kabinettsmitglieder waren. Ich weiß es wirklich nicht mehr. Vielleicht war es Hans-Georg Kramer, vielleicht war es Frau Billinger, aber das lässt sich wahrscheinlich feststellen. Wenn Sie eine Kabinettseinteilung vorliegen haben, dann kann man das eruieren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist das derselbe Hans-Georg Kramer, der Ihnen bei der Vorbereitung für Ihre Aussage heute als Single Point of Contact vom Finanzminister zur Verfügung gestellt wurde?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das ist genau so, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, Ihr ehemaliger Kabinettsmitarbeiter hat Ihnen die Unterlagen für heute aufbereitet?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Sie waren da wahrscheinlich draußen und konnten meinen Ausführungen nicht folgen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, ich war schon herinnen. Ich frage nur noch einmal nach.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich habe das vorhin gerade ausgeführt, dass er in meinem Kabinett tätig war.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, es geht ja nur um das Protokoll. Das kann man auch zweimal festhalten, das ist ja nicht so schlimm.

Gut, dann habe ich noch eine Frage zu einem anderen Themenbereich, und die ist: Der ehemalige Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank Liebscher hat hier bestätigt, dass Christl bei seiner Bewerbung für die OeNB, für den Gouverneursrat nur dritte Wahl war. Stimmt das?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Erstens würde es mich wirklich erstaunen, wenn der Gouverneur das bestätigt haben sollte. Ich kann Ihnen gerne zur Bestellung des Herrn Dr. Christl Folgendes sagen: Erstens hat es meines Wissens eine ganz normale Ausschreibung der Oesterreichischen Nationalbank für Direktoriumspositionen gegeben. Herr Dr. Christl hat sich dafür beworben, wie andere auch. Und wenn ich mich richtig erinnere, müsste damals das Präsidium des Generalrates der Oesterreichischen Nationalbank mit den Bewerbern Interviews gemacht haben.

Der Generalrat der Oesterreichischen Nationalbank hat dann einen Dreiervorschlag an den Ministerrat gemacht, und in diesem Dreiervorschlag des Generalrates war Dr. Christl definitiv enthalten. Wenn ich mich richtig erinnere, waren es Herr Professor Nowotny, Dr. Handler und Dr. Christl.

Und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Dr. Christl ist in hohem Maße für diese Funktion geeignet. Er hat – Dozent Christl, Dozent Dr. Christl – eine sehr erfolgreiche akademische Karriere absolviert. Er war, bevor er in mein Kabinett gekommen ist, meiner Erinnerung nach Chefökonom der Creditanstalt, und er ist jemand, der in bester Tradition einer liberalen, marktwirtschaftlichen Schule der österreichischen Nationalökonomie tätig ist.

Meine besondere Motivation … Vom Generalrat kam es ja sozusagen in den Ministerrat, und die damalige österreichische Bundesregierung hat meiner Erinnerung nach entschieden, Dr. Christl für das Direktorium vorzusehen. Meine persönliche Motivation, bei diesem Ministerratsbeschluss in diese Richtung mitzuwirken, war, dass ich eben die liberale Marktwirtschaft als wesentliche ökonomische Schule ansehe und es mir der richtigere Weg erscheint als ein keynesianisch-interventionistischer Stil, der von anderen geprägt wird. Und wenn Sie wissen, dass die Oesterreichische Nationalbank damals in der Tradition der Deutschen Bundesbank tätig war, dann glaube ich einfach, dass das eine sehr gute, qualifizierte und richtige Entscheidung war.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Meine Frage – noch einmal – war: Stimmt es, dass Dr. Christl nur Drittgereihter war und Herr Nowotny Erstgereihter und Herr Handler Zweitgereihter? Das ist ja einfach zu beantworten: Ja oder Nein. Da brauchen Sie mir von der Bundesbank in Deutschland nichts zu erzählen.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das kann man auch anders beantworten, und zwar ganz offen … (Abg. Krainer: Eh! Sie können jetzt eine halbe Stunde etwas erzählen!) – Ja, und Sie müssen zuhören, weil Sie mich eingeladen haben. (Abg. Krainer: Ja, aber ich darf auch gähnen!) Ich habe damit kein Problem, denn ich habe den ganzen Tag frei, Herr Abgeordneter. (Abg. Krainer: Sie können morgen wiederkommen, das ist kein Problem!) – Ja, ich habe damit auch überhaupt kein Problem, wenn Sie mehrere Ausführungen von mir haben wollen, und zwar in der Sachlichkeit und in der Konstruktivität, dann gerne, aber vielleicht haben Sie nach der Wien-Wahl auch keine Lust mehr, mich einzuladen, Herr Abgeordneter.

Also die Antwort auf die Frage in jedem Fall ist: Dr. Christl war im Dreiervorschlag des Generalrates der OeNB vorgeschlagen, und die österreichische Bundesregierung hat ihn bestellt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Genau! Er war Drittgereihter, und Sie haben ihn nach vorne gezogen und damit zwei übergangen.

Letzte Frage: Wieso haben Sie Traumüller zum Vorstand der FMA bestellt, obwohl die Begutachtungskommission sich einstimmig gegen ihn ausgesprochen hat, weil sie ihn für nicht qualifiziert und nicht geeignet gehalten hat? Stimmt es, dass der einzige Grund war, dass er bei Ihnen im Kabinett schon einmal tätig war?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Es tut mir wirklich leid, Herr Abgeordneter, aber Sie müssen offensichtlich einfach überall einen Punkt herausziehen und mit Unterstellungen und Diskriminierungen arbeiten.

Ich sage Ihnen ganz offen, wie ich Dr. Traumüller kennengelernt habe und weshalb er dann auch Vorstand der FMA wurde. Ich kam ins Ministerium, da war Dr. Traumüller meiner Erinnerung nach stellvertretender Sektionschef der Sektion I, der Präsidialsektion. Ich kannte ihn nicht. Ich habe damals keine Mitarbeiter gehabt. Ich kam aus der Privatwirtschaft ins Finanzministerium. Ich konnte nicht auf Vorfeldorganisationen oder sonst etwas zurückgreifen, habe mich damals an Sektionsleiter Haslinger gewandt – das war der Sektionsleiter der Sektion I, der Präsidialsektion – und habe ihn gefragt, ob er mir nicht einen Kabinettschef aus dem Haus empfehlen kann. Und Dr. Haslinger hat mir damals – übrigens ist Herr Dr. Haslinger sozusagen ein aufrechter Sozialdemokrat gewesen – vorgeschlagen, Dr. Traumüller als Kabinettschef in mein Kabinett zu nehmen.

Warum hat er das vorgeschlagen? – Haslinger hat ihn mir beschrieben als, erstens, sehr erfolgreichen, langgedienten Beamten, zweitens, als einen hervorragenden Juristen. Und ich habe ihn dann auch als Kabinettschef ins Kabinett genommen und war mit seiner Tätigkeit sehr zufrieden.

Sie wissen, dass die Bestellung in der FMA deswegen notwendig wurde, weil Professor Grünbichler, der neben Dr. Pribil zum Gründungsvorstand bestellt worden ist … Dieser Professor Grünbichler ist dann aus freien Stücken selbst aus dieser Funktion ausgeschieden, meines Erachtens irgendwann im Sommer 2004, und wir mussten dann sehr schnell nachbesetzen.

Die Nachbesetzung konnte nicht innerhalb der entsprechenden Frist umgesetzt werden wegen des Ausschreibungsgesetzes und anderer gesetzlicher Verpflichtungen. Das Gesetz regelt in dem Fall, dass der Aufsichtsrat dann für die Dauer der Vakanz ein Ersatzmitglied zum Vorstand bestellen muss. Und der Aufsichtsrat hat damals Dr. Traumüller als Ersatzmitglied bestellt. Danach hat es die entsprechende Ausschreibung gegeben, hat es Hearings gegeben. Und es hat dann von der Ausschreibungskommission, die gesetzlich notwendig war, zusammengesetzt aus zwei Dienstgeber- und zwei Dienstnehmervertretern, den Vorschlag auf Traumüller gegeben, meiner Erinnerung nach und meines Wissens.

Der Ministerrat hat in jedem Fall dann dem Bundespräsidenten den Vorschlag gemacht, Dr. Traumüller als Vorstand der Finanzmarktaufsicht zu bestellen. Und der Herr Bundespräsident hat das dann auch gemacht und hat diese Entscheidung auf Vorschlag der Bundesregierung so gefällt.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Das war nicht meine Frage. Bitte, kann ich noch einmal … Zur Geschäftsordnung!

Meine Frage war ja relativ einfach: Stimmt es, dass Sie Herrn Traumüller – obwohl sich die Begutachtungskommission einstimmig gegen ihn ausgesprochen hat, weil er nicht qualifiziert ist – …, dass er trotzdem bestellt wurde? Das ist eine ganz einfache Frage. Da brauchen Sie mir nicht zu erzählen, wie Sie ihn kennengelernt haben; war nicht Gegenstand der Frage.

Stimmt es, dass er bestellt wurde, obwohl sich die Begutachtungskommission einstimmig gegen ihn ausgesprochen hat, weil er nicht qualifiziert war?

*****

Mag. Karl-Heinz Grasser: Die Antwort: Herr Abgeordneter, ich glaube, mich zu erinnern, dass die Ausschreibungskommission den Vorschlag Traumüller gemacht hat. Wenn das anders gewesen sein sollte, legen Sie es mir bitte vor! Ich habe in Erinnerung, dass die Ausschreibungskommission mir Traumüller vorgeschlagen hat.

Der Ministerrat hat in jedem Fall für Traumüller entschieden. Und wissen Sie, wenn ein Ministerrat für eine Persönlichkeit eine Entscheidung trifft und wenn der Herr Bundespräsident auch keinen Beweggrund gesehen hat, diese Persönlichkeit nicht zum Vorstand der FMA zu machen … Ich bitte einfach, Menschen und Personen nicht zu diskriminieren.

Heinz Traumüller ist ein hervorragender Jurist, und in der FMA … Es ist eine Rechtsaufsicht, und ich glaube auch, dass er das gut gemacht hat.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich möchte noch einmal auf das Verfahren gegen die FMA-Vorstände zu sprechen kommen, praktisch anschließen, wo ihr gerade vorhin eure Positionen ausgetauscht habt.

Du hast uns vorhin, in einer der vorherigen Runden, gesagt, dass das Verfahren gegen die FMA-Vorstände richtig war, weil dies der Rechtsstaat so vorsieht und es ein rechtsstaatliches Verfahren war. Ist das so richtig?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja, genau!

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Jetzt springe ich hinüber zum Brief des damaligen Landeshauptmanns, Finanzreferenten und Eigentümervertreters Dr. Jörg Haider, an dich gerichtet in deiner Funktion als Bundesminister, aber auch als „lieber Karl-Heinz“, und möchte dich fragen: Du hast ihn vor dir? (Auskunftsperson Grasser: Er war schon da, ja! Ich muss nur schauen, wo ich ihn habe! Der Haider-Brief! – Zwischenruf der Vertrauensperson Ainedter.)

Wir haben alles da. Wir können ihn noch einmal vorlegen, der Einfachheit halber. (Verfahrensanwalt Binder: Der ist wieder eingesammelt worden! Bitte vorlegen!)

Gut, den haben wir da, zur Vorlage. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt. – Zwischenruf der Vertrauensperson Ainedter. )

Ich bitte einmal, den ersten Absatz durchzulesen, und dann auch die drei ersten Punkte der Auflistung nach dem ersten Absatz in dem Schreiben, und dann den folgenden Absatz nach der Auflistung der in dem Schreiben inkriminierten Versäumnisse laut Standpunkt Dr. Jörg Haider.

Also es geht – ich werde es einmal ausführen – um die Zeilen: „Die sonderbare Haltung der FMA-Vorstände, welche jedem rechtsstaatlichen Verfahren widerspricht, zwingt mich jetzt, entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten. Ich werde meinen Anwalt beauftragen, für mich rechtliches Gehör und Akteneinsicht durchzusetzen. Außerdem werde ich die Staatsanwaltschaft wegen offenkundigem Amtsmissbrauch durch die beiden Vorstände einschalten:

1.) Der HAAB wurde bis heute – trotz unzähliger Urgenzen – eine vollständige Akteneinsicht verweigert.

2.) Gleiches wurde auch mir als Eigentümervertreter des Mehrheitseigentümer verweigert.“

Entschuldige, dass ich immer so unterbreche; es ist wirklich schlecht zu lesen!

Zum Dritten wird hier auch die Voreingenommenheit der Vorstände gegenüber Herrn Kulterer erörtert, um im nächsten Absatz zu schreiben:

„Ich möchte dich von meinen rechtlichen Schritten fairer Weise im Voraus informieren, da du nach dem FMABG auch bei begründeten Verfehlungen deiner FMA-Vorstände Handlungspflichten hast, die bis zur Abberufung gehen.“

Das war jetzt einmal ein Zitat aus dem Brief Dr. Jörg Haiders an dich. Nunmehr meine Frage, zurückkommend auf deine Feststellung: rechtsstaatliches Verfahren, es war notwendig (Zwischenruf des Abg. Krainer), dieses Verfahren gegen die FMA-Vorstände einzuleiten. Ist es nicht auch …

Ich möchte, bitte, darum ersuchen, dass Herr Abgeordneter Krainer mit seinen Zwischenrufen und Zwischenwortmeldungen zur Ablenkung aufhört, denn das ist wirklich kein Benehmen mehr, was der SPÖ-Fraktionsführer hier an den Tag legt. Ich ersuche Sie, Frau Präsident, hier einmal für Ordnung zu sorgen, denn so geht das ja wirklich nicht; das ist ja ein Zustand sondergleichen!

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Ja, es gibt immer wieder diese Diskussionen, und ich glaube …

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Aber immer wieder beim Kollegen Krainer, weil er es nicht lassen kann, jeder Auskunftsperson die ganze Zeit dazwischenzuratschen.

Vorsitzende Doris Bures: Ich glaube, Herr Abgeordneter, das Entscheidende ist, dass man die Ausführungen auch wahrnehmen kann und die Auskunftsperson das auch tut. Ich würde Sie jetzt bitten, weil Ihre Redezeit in dieser Runde – und ich habe das jetzt nicht dazugerechnet, damit wir nicht darüber wieder eine Diskussion haben –bereits ausgeschöpft ist, auf die Ausführungen folgend, die Sie gemacht haben, die Frage an die Auskunftsperson zu richten.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Die Frage ist sehr einfach. Es wurde hier einmal von einer Auskunftsperson in Unwissenheit und Unkenntnis zum Inhalt dieses Briefes festgehalten, es sei eines Rechtsstaats unwürdig, einen solchen Brief an Sie zu richten oder an dich zu richten. Nunmehr meine Frage – da der Herr Landeshauptmann und damalige Finanzreferent Jörg Haider nichts anderes getan hat, als anzukündigen, den Rechtsstaat einzuschalten –: Ist das eine eines Rechtsstaats unwürdige Intervention?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein. Ich glaube, dass das eine völlig legitime Vorgangsweise ist. Ich bin auch der Überzeugung, dass er auch geglaubt hat, was er hier schreibt, und echte Verfehlungen gesehen hat. Und wenn man dann aber noch weiß, dass nach einem quasi politischen Schreiben auch noch ein Schreiben mit umfassenden Anlagen des Rechtsanwalts der Hypo Alpe-Adria kommt – und dort wird vorgeworfen: Befangenheit von Verwaltungsorganen nach § 7 AVG, unrechtmäßige Verweigerung der Akteneinsicht nach § 17 AVG, Verletzung des Rechts auf Parteiengehör nach § 45 AVG, strafrechtliche Vorwürfe wie Verletzung der Amtsverschwiegenheit nach § 310 StGB, Nötigung unter Ausnützung einer Amtsstellung, § 105 in Verbindung mit § 313 StGB, und Amtsmissbrauch nach § 302 StGB –, dann ist es einfach selbstverständlich und klar in einem Rechtsstaat, dass man ein Ermittlungsverfahren umsetzt und beginnt.

Wenn Herr Abgeordneter Krainer meint, man muss es dann nicht tun, dann sollte er in Verantwortung eines Finanzministers – wenn er das jemals werden sollte – die Weisung erteilen, kein solches Verfahren zu machen. Ich hielte das für in hohem Maße angreifbar, an der Grenze des Amtsmissbrauchs.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Ich darf vorlegen Dokumentennummer 3203, und zwar geht es ums gleiche Thema: Abberufung der Vorstände der FMA. Wir kennen den Brief, den der ehemalige Landeshauptmann Haider geschickt hat. Wir kennen auch den Akt von der Rechtsabteilung der Hypo Alpe-Adria. Ich möchte jetzt – unter dieser Dokumentennummer 3203 – der Richtigkeit halber noch einmal vorlesen.

Es geht da um die Beurteilung der Eingabe der Rechtsabteilung der Hypo-Bank-Rechtsanwaltskanzlei durch die Abteilung III/5: „O.a. Eingabe der HAAB wurde unmittelbar nach ihrem Einlangen von der Rechtsabteilung des BMF begutachtet. Nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage wurde von der Rechtsabteilung die Einleitung eines Verfahrens nach § 7 iVm § 16 Abs. 2 FMABG empfohlen.“

Das heißt, das ist ganz rechtmäßig abgewickelt worden von der Abteilung; auch laut Niederschrift des Dokuments wurde das eingeleitet. Wer hat denn dieses Verfahren geführt? Weißt du das noch?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich gehe davon aus, dass das wahrscheinlich die Sektion Lejsek gewesen sein wird. Also Mag. Lejsek mit seinen Beamten wird dieses Verfahren geführt haben.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Laut unserer Information ist das richtig. Also du hast das nicht selbst geführt?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein, auf keinen Fall! Ich habe auch in keiner Art und Weise in dieses Verfahren eingegriffen.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Nach deinem Wissensstand: Haben sich die Vorwürfe erhärtet?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Die Vorwürfe haben sich nicht erhärtet, sondern sind eben in relativ kurzer Zeit … Bereits am 26.7.2006 ist meiner Information nach ein Schreiben an die Vorstände der FMA gegangen, dass das Verfahren eingestellt wird. Das Verfahren wurde schnell eingestellt, und die Vorwürfe haben sich nicht erhärtet, aber man hat das gemacht, was man in einem Rechtsstaat tut. Man hat sich die Vorwürfe im Detail angeschaut und ist draufgekommen: Nein, da ist nichts dran. Daher: Verfahren wird eingestellt.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Wenn ich es richtig verstanden habe: rechtsstaatlich korrekt abgeführt?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Völlig korrekt!

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Ohne eine Weisung?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ohne eine Weisung und ohne eine sonstige Einflussnahme.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Danke; keine weiteren Fragen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wieder zur Komplettierung aufgeworfener Vorhalte und Protokolle – jetzt sind es keine neuen –: Tatsächlich ist es so, dass dieser Kontakt mit Berlin über Meischberger gelaufen ist – ich meine, Sie werden dazu nichts sagen, wir brauchen das nur hier –, und zwar geht das Mail an diesem 22. Dezember, und ich will jetzt nur die Kette komplettieren, tatsächlich an einen Account Meischi; und dann, innerhalb einer Dreiviertelstunde wird das Geld überwiesen. Dort im Übrigen ist ein Herr Weiß eingeschaltet in der Meinl Bank; den kennen wir auch, das ist auch noch aus den Protokollen hervorgehend.

Zwischenzeitig, das ist neu, nämlich bis zum 14. August 2008, als das Geld zurückkommt, schreibt am 22. Juli 2008 auch eben die Berlin & Co an Herrn Weiß – aber die Frage ist ja die Verfügungsberechtigung –: „Der Gesamterfolg wird nach Abzug aller Kosten (…) bei (…) 50 % liegen.“ Und dann gibt es auch noch eine Sonderdividende. Wie gesagt: Drei Wochen später ist das Geld zurück. – Das hier nur über diese Verflechtungen.

Sie allerdings haben gesagt, am 22. Dezember waren Sie sozusagen schon auf dem Weg, sich als Investor zu betätigen, weil Ihnen – oder allen – Ihr Ausscheiden klar war.

Wir können natürlich die Geschichtsbücher Österreichs neu schreiben, das ist auch spannend, wenn das im Parlament passiert, aber uns ist ja bekannt, dass in der Zeit zwischen 7. und 9.  Jänner eigentlich erst diese Vorstandssitzung der ÖVP war. Sie wurden ja zum 22.12. noch als möglicher Obmann der ÖVP und als Vizekanzler gehandelt, und am 7. oder am 9.1. – da gibt es zwei verschiedene Medienaufzeichnungen – war diese Vorstandssitzung der ÖVP, wo dann alles anders war.

Was wollen Sie dem Ausschuss dazu noch sagen? Waren Sie am 22.12. schon weg als Minister?

Mag. Karl-Heinz Grasser: In Retrospektive betrachtet bin ich – wir haben es schon früher diskutiert – rund um den 10. Jänner … Vielleicht haben Sie das korrekte Datum des Ausscheidens auch vor sich liegen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): 7. bis 9. haben wir; genauer habe ich es leider auch nicht.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Wann ist die neue Regierung angelobt worden? – Denn dann war ich ja weg!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ende Jänner, glaube ich. (Auskunftsperson Grasser: 11. Jänner?) Aber Sie haben Ihren Rückzug – das war offensichtlich am gleichen Tag wie die ÖVP-Vorstandssitzung – am 7., 8. oder 9. Jänner bekannt gegeben. Vorher wurden Sie nicht nur als Finanzminister, sondern sogar als Vizekanzler und als ÖVP-Obmann gehandelt.

Meine Frage lautet, ob Sie sich jetzt wirklich schon am 22.12. völlig verabschiedet und die Investorenkarriere eingeschlagen haben, denn die Medien sagen etwas anderes.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich kann Ihnen dazu nicht mehr sagen, als ich schon gesagt habe. Klar ist jetzt, wenn wir zurückblicken, dass ich irgendwann Anfang, Mitte Jänner ausgeschieden bin, und daher beweist das, dass ich quasi vor Weihnachten offensichtlich ein auslaufender Finanzminister war.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Sie haben den Eindruck erweckt, als ob viele Havarien der Hypo Alpe-Adria – ich meine nicht die Swaps, sondern vor allem das Kredit- und Leasinggeschäft, denn dort ist dann der Milliardenschaden entstanden – erst nach Ihrer Amtszeit wahrnehmbar waren. Uns allen hier ist bekannt, dass schon Anfang 2006 genau zu den Swapverlusten begleitend die Berichte aufgetaucht sind – und die sind ja im Kabinett diskutiert worden –, dass es auch auf dieser Seite in Einzelprojektfällen Hunderte Millionen Verluste gibt. Wenn man die hochrechnet, hätte man damals schon auf den Milliardenschaden kommen können.

Haben Sie einmal über dieses Thema mit der von Ihnen durchaus geschätzten und in die Hypo entsandten Kanduth-Kristen gesprochen? Und haben Sie sich einmal über den kritischen Rechnungshofbericht unterhalten, der die ganze Zeit, von 2002 bis 2006, untersucht hat und im Übrigen ein verheerendes Urteil über die Finanzmarktaufsicht bildet? – Also, so rosig war alles nicht.

Meine Frage lautet abschließend: Hätten Ihr Kabinett und Sie selbst nicht längst viel mehr wissen müssen, unter dem Eindruck, dass das ja alles schon in den Zeitungen gestanden ist, wie bei Skiper und in Dubrovnik, und dass nicht 1 Million, sondern 100 Millionen gefladert werden?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Konkret, Herr Abgeordneter, und wirklich in Überzeugung: Wir haben nichts gewusst damals, und wir hätten auch nichts wissen können, denn du kannst nämlich als Finanzminister und dein Kabinett nicht mehr machen, als das Finanzministerium selbst zu befragen, als die Finanzmarktaufsicht zu befragen und die Oesterreichische Nationalbank zu befragen.

Das haben wir regelmäßig getan. Ich habe sogar Prüfungen angeregt. Ich habe persönlich jedes Interesse gehabt, nach den Swapverlusten hier umfassende Aufklärung zu erhalten. Ich glaube, dass es Nationalbankprüfberichte gibt von 2006, von 2007, von 2008. Und Sie sehen, dass selbst 2008 – ich glaube Ende des Jahres 2008 –, wo von der Hypo Alpe-Adria das Ersuchen auf Gewährung von staatlichem Partizipationskapital von 1,45 Milliarden € gekommen ist … Meines Wissens sind in etwa 900 Millionen davon gewährt worden.

Ich meine, das war zwei Jahre nach meinem Ausscheiden. Zwei Jahre nach meinem Ausscheiden sagt die OeNB unter der Führung von Gouverneur Nowotny – wenn ich das richtig sehe –, die Hypo ist nicht distressed – die Hypo ist nicht distressed! –, macht – das habe ich nur den Medien entnommen – eine vierseitige Analyse – wenn das stimmt; das habe ich, glaube ich in der Zeitung „Die Presse“ gelesen – und erteilt dort quasi in einer wohlfeilen Analyse diesen Stempel, dass es okay ist, wenn man Partizipationskapital des Staats gibt, für eine Bank, die eigentlich solid ist, aber durch die Finanzkrise jetzt in Probleme gekommen ist, die aber eben nicht systematisch bedroht ist.

Das ist zwei Jahre nach meinem Ausscheiden der Fall gewesen. Dazwischen hat die Bayerische Landesbank gekauft, dazwischen hat die Bayerische Landesbank Kapitalerhöhungen gemacht. Sie haben früher die GRAWE angesprochen, ich meine, dass muss man auch immer sehen, oder man hat aus der Industrie – quasi Versicherung, Bank – einen Beteiligten gehabt, auch wie die GRAWE, der das ja auch hätte sehen müssen, normalerweise.

Also ich bitte einfach um Verständnis, dass bei den Dingen, die dazwischen passiert sind … Mit dem Wissen – behaupte ich jetzt einfach – von 2006 war es einfach nicht möglich, Fehlentscheidungen der Jahre 2007, 2008 und 2009 zu verhindern. Konnte ich nicht, war nicht da als Finanzminister; als Finanzminister wäre es uns nicht passiert, dass wir solche Entscheidungen treffen! (Abg. Kogler: Die Frau Kanduth hat auch nichts berichtet?) – Mag sein, dass sie etwas Kritisches berichtet hat, aber sicherlich nichts systemisch Kritisches. Ich erinnere mich gar nicht, dass sie etwas berichtet hat darüber, aber wahrscheinlich habe ich sie sogar angesprochen nach den Swapverlusten, nachdem ich die Information gekriegt habe. Ich kann mich daran nicht erinnern, aber ich würde sagen, sicher habe ich sie gefragt.

Aber wenn Sie Frau Professor Kristen heute fragen, die hatte genauso wenig wie wir alle … Das sage ich jetzt für das Finanzministerium und mein Team: Wir alle haben hier wirklich nicht gesehen, dass die Bank 2006 systemisch bedroht war. Und wenn Sie noch einmal sehen, dass 2007 die Bayern für eine Bewertung von 3,2 Milliarden kaufen, dann behaupte ich einmal, war uns das wirklich nicht möglich.

Also ich sehe hier wirklich kein Versagen, keinen Fehler, gar nicht. Wir haben in diesen Fragen wirklich voll und ganz richtig gehandelt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Ich habe gerade gehört, Herr Grasser, dass Sie Frau Kanduth-Kristen auf die Swapverluste beziehungsweise auf die Missstände der Bank angesprochen haben. Ist das richtig?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Sie haben meine genaue Formulierung gegenüber dem Abgeordneten Kogler wahrscheinlich noch im Kopf. Ich habe ihm gesagt, ich weiß es nicht mehr, aber so wie ich mich kenne, mit Hausverstand, werde ich sie gefragt haben, ob sie etwas mitgekriegt hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Nein, haben Sie nicht!

Mag. Karl-Heinz Grasser: Wohl, habe ich! Aber lassen wir es im Bereich der Spekulation, ich weiß es nicht mehr.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Nein, haben Sie nicht! Haben Sie, oder haben Sie nicht?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich weiß es nicht mehr.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Ich weiß es aber. Sie haben nicht, da die Frau Kanduth-Kristen gesagt hat, Sie hat mit Ihnen niemals über die Bank gesprochen, niemals. Das war ihre Aussage im Untersuchungsausschuss.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Dann wird sie sicher recht haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Genau, also haben Sie nicht mit Hausverstand gehandelt, wie Sie das vorher gesagt haben.

Herr Minister, ich würde gerne noch einmal auf Ihren Besuch bei der BayernLB zurückkommen. Sie haben gesagt, Sie haben Werbung für Österreich gemacht, weil die Österreicher zu dieser Zeit die besseren Deutschen waren.

Können Sie sich noch erinnern, wie viele Personen bei dieser Präsentation im Sinne Österreichs anwesend waren?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also nicht genau, aber ich vermute irgendwo in der Größenordnung 50 Leute aus Industrie, Finanzwelt, Politik – ein durchaus erlauchter Kreis, der damals eingeladen worden ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Nach meinen Unterlagen waren es weniger als zehn Leute, und es waren nur Vorstände der BayernLB, Tilo Berlin und Sie.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein, das war sicher nicht der Fall, wenn wir vom gleichen Vortrag sprechen, denn der von Ihnen mir vorgelegte Beschuldigte (Abg. Lugar: Am 15.5.!), dessen Namen ich schon wieder vergessen habe, hat ja selbst gesagt, Faltlhauser war dabei. Ich habe Ihnen früher genannt, dass zum Beispiel Industriekapitäne wie Frau Dr. Schaeffler dabei waren, Continental AG, Automobilzulieferkonzern und so weiter.

Also bei dem Vortrag, von dem ich spreche, waren deutlich mehr Leute dabei. Warum soll ich vor dem Bayern-Vorstand einen Vortrag halten?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Na ja, vielleicht, weil es darum geht, dass Tilo Berlin da dementsprechend verhandelt und Sie ihn dabei unterstützen, weil Sie dann später auch davon profitieren wollen.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das ist dezidiert falsch und weise ich in aller Vehemenz zurück.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Sie haben in der Einleitungsrunde gesagt, dass keine Aufsicht die Hypo-Krise hätte verhindern können. Meinen Sie das ernst?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja, das meine ich ernst, denn Sie haben ganz viele Beispiele, international. Die amerikanische Aufsicht hat die AIG-Krise über zig, zig, zig Milliarden nicht verhindern können, die Deutschen haben die Kommerzbank und die Bayerische Landesbank nicht verhindern können. Sie haben riesige Bankenkrisen in Irland gehabt, in Spanien gehabt, in Zypern gehabt, in den meisten Mitgliedsländern der Europäischen Union.

Also wenn die Aufsicht allmächtig wäre, dann könnte sie das. Da wir alle nicht allmächtig sind, kann eine Aufsicht das nicht tun. In diesem Fall hier kommt natürlich verschärfend dazu, dass Eigentümer, Aufsichtsrat, Vorstand, Interne Revision, Wirtschaftsprüfer meines Erachtens ihrer Verantwortung nicht gerecht worden sind ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Aber Sie schon, Sie haben alles richtig gemacht, aber alle anderen haben viele Dinge falsch gemacht. Ist das richtig?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also, Herr Abgeordneter, wenn Sie jetzt sagen wollen, dass der Vorstand der Hypo korrekt gehandelt hat, überlasse ich Ihnen diese Bewertung. Wenn Sie sagen, dass der Aufsichtsrat der Hypo korrekt gehandelt hat, sind Sie auch alleine mit dieser Bewertung. Wenn Sie sagen, der Eigentümer der Hypo hat korrekt gehandelt, lasse ich Sie auch alleine mit der Bewertung, Interne Revision ebenso und Wirtschaftsprüfer auch.

Was ich Ihnen gesagt habe, ist: Ja, ich persönlich als Finanzminister in meiner Verantwortung habe voll und ganz korrekt gehandelt; denn mehr, als zu sagen: Geht hinein und macht Prüfungen, schaut euch an, ob die Swapverluste irgendeinen systemischen Hintergrund haben können!, mehr kannst du nicht tun.

Und noch einmal: Wir haben bewiesen, mit Bundeskanzler Schüssel, dass wir die BAWAG gerettet haben. Und die BAWAG war eine ganz konkret vergleichbare Situation mit Milliarden Euro an Haftungen für den Steuerzahler. Und wir haben nicht verstaatlicht, wir haben 900 Millionen Haftungen gegeben – und die wurden nicht in Anspruch genommen.

Und wir haben auch, Herr Abgeordneter, eine Primärhaftung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes damals durchgesetzt, während die Verhandler hier – weder die GRAWE noch sonst irgendjemand … 

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein, das ist gar nicht das Thema. (Auskunftsperson Grasser: Aber interessant!)

Hat es politische Interventionen vonseiten des Landes Kärnten gegeben? Hat es irgendwelche politischen Interventionen gegeben?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja, klar, habe ich ja mehrfach beantwortet, dass es sowohl in der BAWAG als auch in der Hypo jede Menge an Interventionen gegeben hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber jetzt Richtung Finanzministerium?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Sonst hätte ich ja keine Wahrnehmung, oder, wenn nicht bei mir interveniert wird?!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und haben Sie irgendeiner Intervention einmal in irgendeiner Form nachgegeben?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Niemals?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben gesagt, Kärnten war ein schlechter Eigentümer. Können Sie das ein bisschen ausführen, was war da so schlecht an dem Eigentümer?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Das habe ich auf eine konkrete Frage vor in etwa eineinhalb Stunden gemacht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Können Sie es mir noch einmal in kurzen Worten sagen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: In kurzen Worten: Wenn ein Eigentümer Haftungen in der Größenordnung von im Maximum über 20 Milliarden € einräumt, dann meine ich, dass ein solcher Eigentümer sich mit der allergrößten Sorgfalt, die geboten ist, wenn man mit Steuergeld umgeht, diese Bank von A bis Z ansehen sollte, möglichst alles wissen sollte, was in der Bank vorgeht, welche Risiken übernommen werden. Und umso mehr … Die Frage von Gabriel Obernosterer, war ja, warum das Land Kärnten auch Haftungen für den Balkan quasi übernommen hat, für die Balkangeschäfte: Wenn man das tut, hat man eine noch größere Verantwortung. Das war zum Beispiel ein Versagen des Landes Kärnten. Das andere war: Welche Aufsichtsräte schicke ich hinein, warum haben die nichts erkannt?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Bleiben wir bei den Haftungen: Sie haben ja die Pfandbriefstelle im Gesetz neu geregelt und haben da leider vergessen, diese Haftungen so zu regeln, dass dann nicht letztlich 2,3 Milliarden übrig geblieben sind und somit dieser Konkurs die ganzen anderen Hypo-Banken auch in den Konkurs mitgerissen hätte.

Das heißt – weil Sie immer die Notverstaatlichung angreifen und sagen, das war ganz furchtbar –: Da war ja auch eine Mitschuld von Ihrer Seite da, da Sie das ja nicht ordentlich geregelt haben. Oder sehen Sie das nicht so?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also das sehe ich tatsächlich ganz anders. Und wissen Sie, wenn du einen marktwirtschaftlichen Verbund hast, wo Haftungen gegenseitig sozusagen ausgesprochen werden, dann ist das Sache der Vertragspartner. Aber die Hypo Alpe-Adria …

Also ich bin erstaunt, wenn Sie, Herr Klubobmann, das so sehen, dass es richtig war, von der Bayerischen Landesbank und dem reichen Freistaat Bayern die Hypo Alpe-Adria wieder zurückzunehmen (Abg. Lugar: Das habe ich ja nicht gesagt!), ohne Gewährleistungen …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich habe Ihre Verantwortung angesprochen, dass Sie bei der Neuregelung eine Verantwortung hatten und diese anscheinend nicht wahrgenommen haben, indem Sie es ordentlich regeln – nicht?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja, das ist einfach falsch. Ich habe die Verantwortung voll und ganz wahrgenommen, aber das ist überhaupt nicht das Thema, von dem wir jetzt reden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Doch, das ist das Thema.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ja, beschreiben Sie es mir im Detail!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na, schauen Sie, es sind 2,3 Milliarden Haftungen da vom Haftungsverbund. (Auskunftsperson Grasser: Was war der Haftungsverbund?) – Die Landes-Hypos haben für die Hypo Alpe-Adria gehaftet (Auskunftsperson Grasser: Okay!), über die Pfandbriefstelle, und das wurde 2004, wenn ich mich richtig erinnere, von Ihnen neu geregelt. Hier hätte man aufgrund der Vorgaben der Europäischen Union auch diese Haftungen begrenzen können; das haben Sie aber nicht gemacht. Warum nicht?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also ich glaube nicht, gestehe aber zu, dass ich es nicht weiß, aber ich glaube nicht, dass der Bundesminister für Finanzen die Haftungen des Landes Kärnten begrenzen könnte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es geht um den Haftungsverbund. Ich glaube, das haben Sie schon verstanden.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Na, der Haftungsverbund, das ist wahrscheinlich eine Vereinbarung zwischen mehreren Hypothekenbanken, die das vereinbaren. Und ich meine – Entschuldigen Sie! –, Sie haben im gesamten Bankensektor gegenseitig Haftungen, die eingegangen werden. Sie haben das in der Raiffeisen, Sie haben das in der Ersten, Sie haben das in der Bank Austria und überall, weil es natürlich Sinn macht, dass man versucht, ein System zu stabilisieren, in dem andere starke Teile für mögliche schwache Teile auch geradestehen. Und das Gleiche war wahrscheinlich die Motivation bei der Hypo Alpe-Adria.

Aber das Thema ist ein ganz anderes: warum die Hypo pleitegegangen ist, einerseits, beziehungsweise warum leider Gottes der österreichische Steuerzahler das Risiko tragen muss und die Bayern mit 6 bis 8 Milliarden Risiko nicht zum Handkuss gekommen sind; das müsste man eigentlich diskutieren.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich weiß, Sie wollen mit mir lieber akademische Diskussionen über die Finanzkrise führen. Sie reden da von AIG, amerikanischen Versicherungen, die in der Finanzkrise umgekippt sind. – Ja, schön und nett, das hat nur alles mit der Hypo nichts zu tun.

Die Hypo hat mit der Finanzkrise in der Ursache gar nichts zu tun. Die Hypo kann man als Personen, Personennetzwerke zusammenfassen, die sich über Jahre hinweg maßlos bereichert haben. Die Endabrechnung ist letztlich dem Steuerzahler – also uns allen – umgehängt worden. Aktueller Stand: über 15 Milliarden €. Dann ist natürlich auch noch Geld an politische Parteien geflossen, zumindest in der Causa Birnbacher wissen wir das. Und der Gipfelpunkt ist, dass die meisten Verantwortlichen bis heute frei herumlaufen und die meisten Causen, vor allem die großen und wichtigen, nie einen Gerichtssaal erblicken. Deshalb sind wir bei der Frage „Zwischeneinstieg Tilo Berlin“ mittendrin in der Causa Hypo, und bei der Finanzkrise: komplette Themenverfehlung.

Aber ich habe es eh schon zur Kenntnis genommen, dass Sie sich hier der Aussage entschlagen. Ich möchte nur anmerken: Dass Sie oder die Ferint nur an der ersten Tranche teilgenommen haben, wird Sie vor der Staatsanwaltschaft natürlich nicht entlasten; aber Sie können auf Tilo Berlin beleidigt sein, ihn vielleicht einmal anrufen und fragen, warum Sie nicht bei der dritten Tranche dabei waren, denn das waren wirklich die Privilegierten der privilegierten Investoren. Die haben null – also wirklich ganz null – Risiko gehabt, und das fremdfinanziert, also quasi ein Geschenk auf dem Silbertablett serviert bekommen. Übrigens war bei der dritten Tranche Veit Sorger dabei, der kommt ja gleich nach Ihnen, den werde ich dann genau dazu weiterfragen.

Herr Mag. Grasser, uns liegen ja auch die Telefonüberwachungsprotokolle von Ihnen und Herrn Meischberger vor. Da taucht auch immer wieder der nunmehrige Justizminister Brandstetter auf, deswegen würde mich interessieren: Was war denn Ihr Verhältnis zum nunmehrigen Minister Brandstetter?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Also kein wirkliches Verhältnis! Ich habe ihn – also meiner Erinnerung nach – kennengelernt, weil er einmal meinen damaligen Kabinettschef in einer Causa vertreten hat. So ist er überhaupt auf meinen Radar sozusagen als ein bekannter, offensichtlich sehr guter Anwalt gekommen. Das war das Kennenlernen meiner Erinnerung nach.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und wie hat sich das Verhältnis weiterentwickelt?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Wir haben kein wirkliches Verhältnis miteinander.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Keines beruflicher Natur?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Auf die konkrete Frage: Hat er mich jemals als Anwalt vertreten? – Nein, das hat er nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wenn ich ein bisschen zusammenfassen darf, was wir heute gelernt haben: Erstens ist beim Abberufungsverfahren relativ klar, dass das Verfahren entgegen der ausdrücklichen Empfehlung der Rechtsabteilung des BMF eingeleitet wurde.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich kann es Ihnen nicht durchgehen lassen. Das wissen Sie schon, dass ich darauf reflektieren muss, oder?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich habe immer geglaubt, nur Abgeordnete dürfen dazwischenrufen, und das auch nur, wenn sie von der Frau Präsidentin schief angeschaut werden wollen.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich lerne von Ihnen, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich habe nicht gewusst, dass das Auskunftspersonen … Wie dem auch sei!

Das Abberufungsverfahren wurde ausdrücklich gegen die Empfehlung der Rechtsabteilung eingebracht. Die hat ausdrücklich gesagt: Wir empfehlen kein Abberufungsverfahren!; es wurde trotzdem eingeleitet.

Dann haben wir gelernt, dass mutmaßlich für Empfehlungen seitens Ihres Büros Hans-Georg Kramer zuständig war in diesen Fragen; dass sozusagen zweitens Postenbesetzungen …, dass Christl von dritter Stelle zwei übersprungen hat und Herr Traumüller – obwohl die Bewertungskommission ihn einstimmig abgelehnt hat, weil er nicht qualifiziert ist – von Ihnen, oder auf Ihre Empfehlung hin, vom Ministerrat trotzdem zum FMA-Chef bestellt wurde – was beide gemeinsam haben, ist, dass sie Mitarbeiter Ihres Büros waren –; dass Sie interveniert haben – erfolglos – für eine Prüfung ganz im Sinne von Kulterer – also die drei Sachen, die er im Brief schreibt, diese drei Sachen haben Sie sich gewünscht, das geht aus den Akten klar hervor.

Viertens, dass Sie sich beim Abkassieren mit der Berlin-Gruppe entschlagen und dass der Meischi Ihr Briefkasten war; also Meischberger war nicht nur der Trauzeuge, sondern auch Ihr Briefkasten in dieser Frage. Und das Fünfte ist, dass Sie einmal der Kamerad Grasser waren, wenn ich Podgorschek jetzt richtig verstanden habe.

Das sind, glaube ich, die fünf Sachen, die ich jetzt mitnehme von dieser Befragung. Ich danke Ihnen sehr für Ihre kooperative Mitarbeit, dass wir diese fünf Sachen auch so klären konnten.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Dann darf ich, Frau Präsident, wahrscheinlich darauf replizieren?

Vorsitzende Doris Bures: Wenn Sie das wollen, dann dürfen Sie.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Solange Sie Zeit haben, selbstverständlich, Herr Abgeordneter!

Erstens stelle ich noch einmal fest, dass der Herr Abgeordnete unrichtig zum Ausdruck gebracht hat, dass dieses Abberufungsverfahren gegen den Wunsch oder gegen den Vorschlag der Rechtsabteilung umgesetzt wurde, sondern die zuständigen Beamten im BMF haben vorgeschlagen, dieses Abberufungsverfahren durchzuführen. Und das ist völlig korrekt abgewickelt worden, ohne eine Einmischung meiner Person.

Zweitens, was die Prüfung der Hypo Alpe-Adria betrifft, nehme ich noch einmal in Anspruch, dass ich den Prüfungsauftrag erweitert habe, meinen Wunsch auf Erweiterung des Prüfungsauftrags geäußert habe, weil es mir ein Anliegen war, dass die Hypo umfassend und korrekt geprüft wird.

Drittens nehme ich einfach für mich aus dem Ausschuss mit, dass es Herrn Abgeordnetem Krainer auch trotz größter parteipolitischer Anstrengungen nicht gelungen ist, irgendetwas herauszuarbeiten, das mir vorzuwerfen wäre.

Und viertens meine ich, dass der Ausschuss am Ende des Tages hoffentlich eine Reihe von sachlichen Erkenntnissen liefern wird, ernsthaft gesagt, wie solche Krisen in Zukunft verhindert werden können, denn am Ende des Tages bleibt ein riesiger Schaden für den Steuerzahler, die Steuerzahlerin übrig.

Und sozusagen das ernsthafte Lernen daraus – welchen Schlussbericht legt dieser Untersuchungsausschuss vor, um Dinge zu verbessern, die natürlich nicht gut gelaufen sind; meines Erachtens in den Jahren 2007, 2008, 2009, vor allem die Verstaatlichung und vor allem die Zeit nach der Verstaatlichung? –, das sollte ein ganz wichtiger Lernprozess für uns alle sein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich lade Sie noch einmal ein, ich zitiere Ihnen noch einmal die Empfehlung der Rechtsabteilung: „Für Maßnahmen gemäß § 11 Abs. 1“  das ist die Abberufung durch den Aufsichtsrat  „oder § 7 Abs. 3 Z 3 FMABG (…)“ – das ist die Abberufung von Vorstandsmitgliedern durch den Bundesminister für Finanzen – „besteht nach dem aktuellen Informationsstand kein Handlungsbedarf.“ – Das ist die Handlungsempfehlung der zweckmäßigen Vorgangsweise der Rechtsabteilung.

Die Rechtsabteilung hat ausschließlich eine Stellungnahme zu den Vorwürfen vorgeschlagen, passiert ist das nicht, sondern passiert ist das Abberufungsverfahren. Das werden wir dann noch klären, wieso das passiert ist, aber das ist aus der Aktenlage hier sehr, sehr deutlich.

Und es freut mich sehr, dass Sie zu den Personalbesetzungen nichts sagen. Das heißt, das nehmen Sie halt zur Kenntnis, dass Sie Ihre Mitarbeiter an die Schaltzentralen der Aufsicht gestellt haben, auch wenn andere nach den objektiven oder objektivierten Bewertungsverfahren mit Erstplatzierung, Zweitplatzierung, die es im öffentlichen Dienst ja gibt, besser qualifiziert wären, und dass nämlich in beiden Fällen, die wir hier vorgebracht haben – Herr Christl war Drittgereihter und Herr Traumüller war von der Bewertungskommission als ungeeignet bewertet worden –, sie es am Ende des Tages trotzdem wurden.

Vorsitzende Doris Bures: Sie müssen zum Schluss kommen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist eh interessant, das zu sehen. Aber das ist gut, dass wir das herausgearbeitet haben.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Da muss ich natürlich auf den Abgeordneten erwidern, Frau Präsident: Erstens entwickeln Sie offensichtlich, was das Abberufungsverfahren betrifft, eine selektive Wahrnehmung: Auch wenn Sie es fünfmal sagen wird es deswegen noch immer nicht richtig. Und ich bin erstaunt, wenn ein Abgeordneter aus einem mehrseitigen Papier nur wenige Sätze zitieren will, damit er glauben kann, recht zu haben.

Wenn man das ganze Papier liest  Am besten ist es, Sie stellen es Journalisten zur Verfügung – und zwar das ganze Papier, darum würde ich bitten (Abg. Krainer: Gern, wenn ich könnte, würde ich es gerne machen!) –, dann können die sich selbst ein Bild davon machen.

Liebend gern, laden Sie die verschiedenen Verantwortlichen damals aus dem Finanzministerium ein, hier im Ausschuss auszusagen, ob aus ihrer Sicht ein korrektes Abberufungsverfahren geführt wurde oder nicht, dann werden Sie auch erkennen, dass ich recht habe.

Damit ich die Mitarbeiter nicht so stehen lasse – danke, dass Sie mich noch einmal daran erinnert haben –: Herr Dr. Christl wurde von der Bundesregierung bestellt, er wurde vom Generalrat entsprechend in einem Dreiervorschlag als geeignet und qualifiziert vorgeschlagen, und er ist einfach ein hervorragend qualifizierter Mensch, der als Dozent im ökonomischen Bereich – als ehemaliger Chefökonom der CA – eine große Erfahrung hat.

Und Herr Traumüller ist ein hervorragender Jurist, der meiner Erinnerung nach von der Ausschreibungskommission bestellt wurde. Sie haben ja auch nichts vorgelegt, dass das Gegenteil beweist. Sie reden andauernd davon, dass irgendeine Kommission gesagt hätte, er wäre nicht geeignet. Ich habe nun die Ausschreibungskommission genannt, die ihn vorgeschlagen hat, meiner Erinnerung nach, aber ich lerne gern dazu, wenn es anders gewesen wäre. In jedem Fall war er ein hervorragender Mitarbeiter, der richtigerweise bestellt wurde.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Zwei Themenkomplexe meinerseits: Einerseits möchte ich zurückkommen zur Gründung der Finanzmarktaufsicht. Nach unseren Informationen hat es seinerzeit den Zugang der SPÖ gegeben, einer Konstruktion mit einer Tochtergesellschaft der OeNB den Vorzug zu geben. Kannst du dich an die damaligen Diskussionen dazu erinnern? Und was war dann ausschlaggebend, dieser Variante der SPÖ nicht zu folgen?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich glaube, mich erinnern zu können, dass das richtig ist, was du sagst. Die Notenbank hätte sozusagen am liebsten alles in der Notenbank konzentriert gehabt. (Zwischenruf des Abg. Kogler.) Stimmt oder? Wir haben damals auch externe Experten eingeladen gehabt – an einen erinnere ich mich noch, Professor Zechner zum Beispiel , und die haben im Vorfeld des gesamten politischen Diskussionsprozesses eine sachliche Analyse gemacht. Das Ergebnis dieser sachlichen Analyse war, dass damals sozusagen aus der Sicht dieser Experten das beste Modell, das man wählen könnte, eine weisungsfreie unabhängige Behörde wäre, und das war dann der Grund, warum ich gesagt habe: nicht in der Notenbank!

Nebenbei muss man natürlich auch noch wissen, dass die Gehaltsschemen der Notenbank – jetzt im Vergleich zum Finanzministerium oder auch zu einer Außenstellenkörperschaft – wahrscheinlich die teuersten sind und daher auch die höchsten Kosten für den Steuerzahler dort angefallen wären.

Aber am Ende des Tages ist es natürlich eine Grundsatzfrage: Will man es in der Notenbank oder in einer eigenen Behörde? Die Experten, und ich auch, waren damals der Meinung, eine eigene Behörde ist besser.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Danke einmal fürs Erste!

Der zweite Themenkomplex sind die Haftungen für die Balkangeschäfte. Da hast du dich verwundert gezeigt, dass es durch das Land Kärnten eine Haftungsübernahme für Balkan-Geschäfte gegeben hat. Nun ist das aber 2004 keine Neuerung gewesen, denn das hat es bereits in den neunziger Jahren gegeben; da warst du Landeshauptmannstellvertreter unter Landeshauptmann Zernatto, und auch dort wurde natürlich der Balkan bereits von der Hypo beackert. Einerseits hat es das internationale Geschäft gegeben genauso wie Landeshaftungen dafür.

Wieso jetzt die Verwunderung, dass es so etwas überhaupt gegeben hat, denn das hat es ja in deiner Zeit in der Landesregierung auch schon gegeben?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Die Zeit in der Landesregierung war natürlich davon geprägt, dass wir nichts zu reden gehabt haben, weil es ja eine Koalition sozusagen gegen uns, wenn du es so willst, gegeben hat. Meiner Erinnerung nach war Christof Zernatto damals Finanzreferent, und die Koalition war eine ÖVP-SPÖ-Koalition gemeinsam mit Michael Ausserwinkler, daher waren wir sozusagen aufgrund des Proporzsystems in der Regierung vertreten, hatten aber nicht wirklich etwas mitzureden.

Der andere Punkt ist die Verwunderung: Ich glaube, mich erinnern zu können, dass ich zum Beispiel als Bundesminister für Finanzen Garantieinstrumente im Sinne von quasi Haftungsinstrumenten vorgefunden habe, wo die Republik Garantien, Haftungen übernommen hat für österreichische Unternehmen, die im Ausland tätig sind. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es richtig zusammenbringe, aber sinngemäß, glaube ich, haben wir sogar Haftungen übernommen für Fonds, die in Argentinien und sonst irgendwo investiert haben.

Und das waren zum Beispiel Dinge, die ich meiner Erinnerung nach abgestellt habe, weil ich gesagt habe: Wenn jetzt irgendein Fonds aufliegt, der in Argentinien, Brasilien oder sonst wo investiert, wo ist denn das österreichische Interesse? Und zumindest sehe ich das Kärntner Thema so.

Die Frage beim internationalen Wachsen einer Bank ist sozusagen: Wo ist denn das österreichische Interesse, dass man am Balkan, in diesem konkreten Beispiel, so stark wachsen muss und Risiken übernimmt? Und warum muss der Kärntner Steuerzahler, und damit der österreichische Steuerzahler, diese Risiken durch Haftungen absichern? Das, glaube ich, macht einfach keinen Sinn, und da habe ich sozusagen dem Argument des Gabriel Obernosterer recht gegeben.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Folgendes: Im Jahr 1998 sind doch die Haftungsprovisionen erstmals angedacht und auch umgesetzt worden, in einem Vertrag zwischen dem Land Kärnten und auch der Hypo, seinerzeit auch durch Finanzreferenten Zernatto. Warst du dort in irgendeiner Art und Weise eingebunden? Kannst du da Wahrnehmungen kundtun, wie es da zu dieser Idee oder zur Verwirklichung dieser Idee gekommen ist, und wie es zu diesen Haftungsprovisionen gekommen ist?

Mag. Karl-Heinz Grasser: Ich kann mich wirklich nicht mehr erinnern, denn ich war Regierungsmitglied in Kärnten, meiner Erinnerung nach, von 1994 bis 1998. Das ist jetzt also etwa 20 Jahre her, daher bitte um Verständnis. Danke.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ein Thema, ja, zusammenfassend vielleicht, weil du jetzt gerade angesprochen hast, welche Haftungsszenarien es für Auslandsprojekte und dergleichen gegeben hat, und in einer vorherigen Fragerunde auch angeführt hast, dass sich die Politik an sich auch überlegen müsste, so etwas in der Gegenwart zurückzuschrauben: Da es ja nach wie vor solche Haftungen gibt, auch Haftungsbeschlüsse gibt, rufe ich in Erinnerung, dass es hier ESM-Haftungsbeschlüsse der Bundesregierung gegeben hat, weit – betone: weit – nach dem Auffliegen der Problemstellungen um die Hypo und um die Landeshaftungen seinerzeit.

ESM-Haftungen sind nichts anderes als die damaligen Ausfallshaftungen. Das heißt, an sich sollte es intelligente Personen auch in politischer Verantwortung auszeichnen, einmal gemachte Fehler nach einer entsprechenden Analyse nicht ein zweites Mal zu begehen. Und die Bundesregierung hat mit dem Haftungsbeschluss ESM den gleichen Fehler, der seinerzeit – wenn man den als Fehler so stehen lassen will  durch alle Parteien im Kärntner Landtag begangen wurde, erneut auf Bundesebene gehoben und ist Haftungen von über 20 Milliarden € des österreichischen Steuerzahlers für andere Staaten in der Europäischen Union eingegangen. Und ich glaube, das ...

Vorsitzende Doris Bures: Ihre Redezeit ist ausgeschöpft, entweder Sie kommen zum Schluss oder stellen noch eine Frage.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich glaube, auch das ist ein Thema, das uns hier im Untersuchungsausschuss bewegen sollte, wenn wir uns schon mit dieser Thematik, Haftungen, auseinandersetzen – als Auftrag an die Bundesregierung, solche Fehler nicht immer und immer wieder zulasten der Bevölkerung zu machen. Danke.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, Herr Mag. Grasser, nachdem wir ja gemeinsam auch im Finanz- und Budgetausschuss gewerkelt haben und damals per Du waren, werde ich mir erlauben, dass wir uns duzen.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr gern.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich möchte noch einmal auf die Information des Finanzministeriums betreffend die Hypo Alpe-Adria zurückkommen. Das Dokument ist ja schon ein paar Mal zitiert worden, das ist das Dokument 3203 vom BMF, Seite 74 von 76; das wurde dir ja auch bereits vorgelegt, vom Herrn Kollegen Krainer oder vom Kollegen Obernosterer. Ich glaube, um ein für alle Mal den Mythos zu zerstören, den Herr Kollege Krainer hier versucht …

In dieser Information an den Minister, in diesem besagten Dokument ist sehr wohl – auf der Seite 75 von 76 – die Rede davon – nämlich in der Beurteilung der Eingabe der Rechtsanwaltskanzlei BQK durch die Abteilung III/5, ich zitiere –: „Nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage wurde von der Rechtsabteilung die Einleitung eines Verfahrens nach § 7 iVm § 16 Abs. 2 FMABG empfohlen.“

Es wurde also sehr wohl von der Rechtsabteilung empfohlen, hier das Verfahren einzuleiten und ich glaube, wir haben das insgesamt schon von Herrn Mag. Lejsek mehrmals gehört, wie er hier Auskunftsperson war, und ich glaube, das muss man hier zurechtrücken.

Meine Frage aber: Musstest du davon ausgehen, dass man sich auf das, was Lejsek in diesem Zusammenhang sagt, und die Informationen, die von Lejsek kommen, verlassen kann?

Vorsitzende Doris Bures: Bevor Sie antworten – es gibt eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung. Herr Abgeordneter Krainer, bitte.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich wollte nur darauf hinweisen, dass das Papier, das Frau Kollegin Tamandl und vorher Herr Obernosterer zitiert haben, nach der Einleitung entstanden ist, und dort steht drin, das wäre so gewesen, also dass dieser Vorschlag eine Empfehlung gewesen wäre. Das stimmt. Das Papier ist nach der Einleitung entstanden, das geht aus dem Text ganz klar hervor.

Aus der Originalstellungnahme der Rechtsabteilung geht das nicht hervor; im Gegenteil, da steht ausdrücklich drin: wird nicht empfohlen. Das heißt, das ist eine Zusammenfassung von nachher, und die ist inhaltlich falsch. (Zwischenrufe der Abgeordneten Darmann, Kogler und Tamandl.)

*****

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, das ist keine Geschäftsordnungsdebatte. – Herr Mag. Grasser.

Mag. Karl-Heinz Grasser: Frau Präsident! Liebe Frau Abgeordnete! Die Frage war: Musste ich mich darauf verlassen? – Ja, ich musste mich darauf verlassen können, was mir der entsprechend verantwortliche Beamte und seine Mitarbeiter dazu sagen. Ich habe mich auch darauf verlassen, und ich hätte, ich meine …

Versuchen wir, uns kurz in die Lage zu versetzen: Ja, das war ein politisch hochbrisantes Thema damals. Ganz ehrlich, alleine schon aus politischer Vorsicht hätte ich jeden Eingriff in dieses Verfahren oder in diese Entscheidung vermieden, denn man kann es nur falsch machen. Hätte ich gesagt: Bitte prüft!, hätte es mir jemand vorgeworfen; und hätte ich gesagt: Bitte prüft nicht!, wäre es mir auch vorgeworfen worden.

Daher war es klug, diese Entscheidung den Experten, den Juristen zu überlassen. Das ist auch eine rechtliche Frage: Hat man hier eine Prüfung einzuleiten oder nicht? Und auch die jetzige Information, die ich vom Finanzministerium bekommen habe, hat sehr klar gesagt, dass die Beamten dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs ausgesetzt gewesen wären, hätten sie dieses Verfahren nicht eingeleitet.

Herr Abgeordneter, ich weiß nicht, warum Ihnen diese Auseinandersetzung so wichtig ist, aber ich verstehe es sachlich-inhaltlich wirklich nicht. Wenn in einem anderen Fall jemand sagt, da gibt es drei verwaltungsrechtliche und drei strafrechtliche massive Vorwürfe: Was ist schlecht daran, so etwas zu klären, sich das anzuschauen, zu sehen, ist was dran oder nicht? Und wenn nichts dran ist, stellt man es wieder ein. Warum sind Sie so dagegen, dass so etwas überprüft wird? Ich verstehe es nicht!

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich meine, heute wissen wir, dass das Verfahren eingestellt worden ist. Herr Lejsek hat auch hier vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt, dass es ein rechtsstaatliches Verfahren war, also ich glaube, dass das damit wahrscheinlich irgendwann einmal abgeschlossen sein muss. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Ich hätte aber – weil du das bei deiner Einleitung auch angesprochen hast, und weil es natürlich auch bei Lejsek, wie er als Auskunftsperson da war, angesprochen worden ist – noch ganz gerne gewusst, wann es zu Reformen in der Bankenaufsicht gekommen ist. Das war also im Jahr 2001, 2002.

Jetzt ist es aber so, dass hier sehr viele auch ausgesagt haben, dass es offensichtlich zwischen Nationalbank und FMA oft Reibungspunkte gab. Es gab einen gewissen Machtkampf unter den Organen. (Abg. Kogler: Rechnungshofbericht, nur fürs Protokoll, Totalversagen!) Wie hast du diese Zusammenarbeit von diesen beiden empfunden, was die Nationalbank betrifft, denn man hat hier schon ein bisschen so den Eindruck, dass sich diese beiden Institutionen abputzen, nicht? Die einen sagen, ja, wir haben geprüft, aber die Konsequenzen aus unseren Prüfberichten …

Also die Nationalbank im Speziellen hat durchaus kritische Berichte verfasst, ja. Und dann stehen sie aber auf dem Standpunkt – hat auch Liebscher hier gesagt –: Wir haben die kritischen Berichte gemacht, wir haben geprüft, aber die Finanzmarktaufsicht hätte die Konsequenzen dann letztendlich eingehen müssen!

Wie hast du das empfunden? Warum hat man da eigentlich so lange diesen Graben- und Machtkämpfen, warum hat man die …

Mag. Karl-Heinz Grasser: Na, ich glaube schon, dass man ...

Vorsitzende Doris Bures: Herr Mag. Grasser, ich muss das, was Sie jetzt vorgehabt hätten, noch auszuführen, dem Ausschuss leider vorenthalten – das sieht die Verfahrensordnung so vor –, weil die Befragungsdauer von vier Stunden ausgeschöpft ist. Damit erkläre ich die Befragung für beendet. (Unruhe im Saal.)

Ich würde die Fraktionsvorsitzenden gern zu mir bitten; ich unterbreche die Sitzung.

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(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 15.19 Uhr unterbrochen und um 15.22 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

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Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Die Befragung ist gemäß § 37 Abs. 4 beendet.

Ich bedanke mich bei Herrn Mag. Karl-Heinz Grasser und seiner Vertrauensperson, Herrn Dr. Ainedter, für ihr Erscheinen.