243/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Philip Reading in der 42. Sitzung vom 5. November 2015

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 62. Sitzung am 9. März 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Philip Reading nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO­UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

Wien, 2016 03 09

 

 

            Mag. Maximilian Unterrainer                                     Doris Bures

                           Schriftführer                                                                         Vorsitzende



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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

 

42. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Donnerstag, 5. November 2015

Gesamtdauer der 42. Sitzung

9.11 Uhr – 19.16 Uhr

Lokal VI


Befragung der Auskunftsperson Mag. Philip Reading

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrter Herr Magister, ich danke Ihnen für Ihr Erscheinen vor diesem Untersuchungsausschuss als Auskunftsperson und begrüße auch Ihre Vertrauensperson.

Zunächst ist zu klären, ob die Befragung in medienöffentlicher Sitzung abgehalten werden kann. Zur Wahrung der in § 17 Abs. 2 VO-UA angeführten Interessen kann die Medienöffentlichkeit ausgeschlossen werden. Ein solcher Grund ist mir bislang nicht bekannt, die Sitzung ist daher medienöffentlich. Bei Bedarf kann die Befragung im Anschluss an den medienöffentlichen Teil auch noch in vertraulicher Sitzung fortgesetzt werden.

Sie haben im Vorfeld bekannt gegeben, einem Kameraschwenk nicht zuzustimmen. Ein solcher wird daher unterbleiben.

Ich mache die Damen und Herren Medienvertreter darauf aufmerksam, dass Fernseh- und Hörfunkaufnahmen und -übertragungen sowie Film- und Lichtbildaufnahmen und alle sonstigen Tonaufnahmen unzulässig sind, sofern diese nicht im Auftrag der Parlamentsdirektion gemäß § 17 Abs. 1 VO-UA erfolgen.

Wir gelangen nun zur Befragung.

Herr Magister, Sie haben nicht nur das Recht, eine Vertrauensperson beizuziehen, an Ihrer Seite sitzen auch während Ihrer gesamten Befragung der Herr Verfahrensrichter und der Herr Verfahrensanwalt. Beide wurden aufgrund ihrer beruflichen Fähigkeiten und Erfahrungen für diese Funktionen ausgewählt. Sie tragen dafür Sorge, dass die Verfahrensregeln eingehalten werden, und üben ihre Position im Interesse des Grundrechtes und Persönlichkeitsschutzes aus. Insbesondere können sich beide jederzeit an den Vorsitzenden wenden und haben etwa auf die Unzulässigkeit von Fragen, das Erfordernis des Ausschlusses der Öffentlichkeit oder das Vorliegen von Aussageverweigerungsgründen hinzuweisen.

Ihnen steht selbstverständlich das Recht zu, sich jederzeit mit dem Herrn Verfahrensanwalt zu beraten. Erforderlichenfalls werde ich dazu die Sitzung unterbrechen. Sie können sich natürlich auch jederzeit an mich wenden.

Ich übergebe das Wort nun dem Herrn Verfahrensrichter, um die Auskunftsperson über ihre Rechte und Pflichten zu belehren sowie die Erstbefragung durchzuführen. – Bitte, Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Einen guten Nachmittag, Herr Mag. Reading! Ich bitte Sie, dass Sie sich vorerst dieses Personaldatenblatt anschauen und auf die Richtigkeit der darin eingetragenen Daten hin überprüfen. (Die Auskunftsperson bestätigt die Richtigkeit der Daten.) – Ist richtig so.

Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie über den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. Vor Sitzungsbeginn hat Sie auch der Herr stellvertretende Verfahrensrichter Mag. Hellmich gemäß § 38 der Verfahrensordnung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson eingehend persönlich belehrt. Sie haben das über diese Belehrung aufgenommene, hier vorliegende Protokoll auch unterfertigt.

Ich frage Sie nun, ob Sie diese Belehrung, insbesondere auch über die Gründe für eine Verweigerung der Aussage und einen Ausschluss der Öffentlichkeit sowie die Pflicht zur Angabe der Wahrheit und die allfälligen strafrechtlichen Folgen einer vorsätzlich falschen Aussage vor dem Untersuchungsausschuss, sowie schließlich auch die Belehrung gemäß dem Informationsordnungsgesetz verstanden haben? (Auskunftsperson Reading: Ja, ich habe sie verstanden!)

Für den Fall, dass Sie zu der Ihnen erteilten Rechtsbelehrung noch Fragen haben, lade ich Sie ein, diese nun an mich zu richten. (Auskunftsperson Reading: Danke, ich habe keine Fragen!)

Sie haben als Vertrauensperson Herrn Univ.-Prof. Dr. Johannes Hengstschläger beigezogen. Ich begrüße Sie auch jetzt am Nachmittag freundlich, Herr Professor! Das Datenblatt haben Sie bereits überprüft, die Rechtsbelehrung als Vertrauensperson ist Ihnen auch schon zugekommen.

Gründe für den Ausschluss der beigezogenen Vertrauensperson gemäß § 46 Abs. 4 der Verfahrensordnung sind mir nicht bekannt. Ich ersuche die anwesenden Mitglieder des Ausschusses, mitzuteilen, ob gegen die Beiziehung von Prof. Dr. Hengstschläger als Vertrauensperson Einspruch erhoben wird. – Das ist nicht der Fall.

Einmal mehr weise ich darauf hin, dass Gründe für einen Ausschluss der Vertrauensperson auch noch während der Befragung vorgebracht werden können.

Damit, Herr Mag. Reading, kann ich Sie schon abschließend in Bezug auf die Rechtsbelehrung darauf hinweisen, dass allen Auskunftspersonen das Recht zusteht, vorweg, vor ihrer Befragung, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die bis zu 20 Minuten dauern kann.

Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen? (Auskunftsperson Reading: Ja, das würde ich gerne!) – Dann lade ich Sie dazu ein. – Bitte sehr.

Mag. Philip Reading: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Ausschusses! Ich bin am 1. Oktober 2008 als Hauptabteilungsleiter für Finanzmarktstabilität und Bankenprüfung in die OeNB eingetreten; also die zweite Führungsebene. Davor war ich über 20 Jahre lang in verschiedenen Banken in Österreich tätig, in großen und kleinen, in österreichischen und internationalen, in privaten und staatlichen, vor allem im Wertpapiergeschäft und im Asset Management.

Zuletzt war ich Leiter des Bereichs Treasury und Kapitalmärkte in der BAWAG P.S.K. und konnte dort bereits Erfahrungen im Krisenmanagement sammeln.

Als ich also am 1.10.2008 in der OeNB meine neue Funktion antrat, waren es gerade einmal zwei Wochen seit Lehman Brothers, und die Finanzkrise brach gerade so richtig los. Die OeNB wurde in einen Krisenmanagementmodus versetzt. Ab 3.10. wurde täglich eine morgendliche Krisensitzung mit Vertretern der verschiedenen Geschäftsbereiche abgehalten, der ich vorsitzen durfte.

Diese Sitzungen liefen unter der Bezeichnung „intensivierte Marktbeobachtung“, um nicht unnötige zusätzliche Beunruhigung zu erzeugen. Wir mussten vor allem schauen, dass es zu keinen Engpässen in der Liquiditäts- und Bargeldversorgung der Banken und der Wirtschaft kam.

Damals waren es zunächst zwei wesentliche Vorgänge, die mich beschäftigt haben. Das eine war das europäische Krisenmanagement. Verschiedene Länder versuchten durch unterschiedliche Notmaßnahmen das Vertrauen in ihr Bankensystem zu festigen. Präsident Sarkozy trommelte die Führer Europas zu Krisengipfeln zusammen, und es kristallisierte sich eine europäisch abgestimmte Vorgangsweise heraus, wobei die Staaten so wie auch die USA ihren Banken mit Eigenkapital und Garantien für ihre Fremdkapital-Emissionen und für die Einlagensicherung unter die Arme griffen.

Die Europäische Kommission als Hüterin des fairen Wettbewerbs in Europa entwickelte parallel dazu Spielregeln dafür, damit die Banken, die Hilfe brauchten oder vorsichtshalber in Anspruch nehmen wollten, auch einen Preis dafür zu zahlen hatten und keinen ungerechtfertigten Vorteil daraus ziehen konnten. Hier entstand für uns in Österreich ein Handlungsrahmen, den es zu beobachten galt.

Der zweite Vorgang ist das österreichische Krisenmanagement. Es war klar, dass etliche Banken, vor allem die großen, hohe Wertberichtigungen aus den Turbulenzen 2008 haben würden und dass die befürchtete Rezession in Europa in der Zukunft die Qualität ihrer Aktiva verschlechtern und damit ihre Kapitalbasis teilweise aufbrauchen würde. Daher wurde über das Wochenende 11., 12. Oktober in einer Art Workshop mit verschiedenen Stakeholdern das sogenannte Bankenhilfspaket konzipiert, das in weiterer Folge vom Finanzministerium in Gesetzesform gegossen und schließlich hier im Nationalrat beschlossen wurde.

Dieses Paket ist damals international außerordentlich gut angekommen und hat sehr viel dazu beigetragen, die Beunruhigung über das österreichische Bankensystem zu reduzieren, und zwar aus drei Gründen: Es war mit insgesamt 100 Milliarden € – das sind rund ein Drittel des Bruttosozialprodukts, und es musste nie aufgestockt werden – überzeugend ausreichend dimensioniert, es war in der Aufteilung der Verwendungsarten zwischen Rekapitalisierung, Garantien für Emissionen und anderen Garantiezwecken sehr gut disponiert, und es war vor allem, indem es als Hilfspaket zur Sicherstellung der Kreditversorgung und Finanzstabilität und nicht als Rettungspaket bezeichnet wurde, gut und richtig kommuniziert.

Es gab etwa ein Dutzend Banken, die sich zu überlegen hatten, ob und in welchem Ausmaß sie dieses Angebot, nämlich dass die Republik bei ihnen Partizipationskapital zeichnet, annehmen wollten. Das war ein europäisch abgestimmtes Angebot an die Banken und das sollte auch aufgegriffen werden. Das war die Idee, dass es aufgegriffen wird. Die Unterscheidung zwischen sound und distressed sollte die Konditionen bestimmen, nämlich ob ein Coupon von 9,3 Prozent zu zahlen und ein Nachhaltigkeitsplan zu erstellen ist oder ob ein Coupon von mindestens 10 Prozent zu zahlen ist und ein Restrukturierungsplan erstellt werden muss.

Der erste Antrag dieser Art kam von der Hypo Alpe-Adria. Er unterlag den erwähnten Spielregeln der Europäischen Kommission, die vom Bundesministerium für Finanzen für die Anwendung in Österreich in Form eines Positionspapieres und sogenannter Term Sheets konkretisiert wurden. Die Banken mussten ihre wirtschaftliche Lage darstellen und argumentieren, wieso sie systemrelevant sind. Wir, die OeNB-Bankenanalyse, wurden vom BMF ersucht, die Angaben der Banken zu plausibilisieren.

Ich darf betonen, dass es sich hier nicht um einen üblichen aufsichtlichen Vorgang gehandelt hat, sondern um eine Art freiwillige Amtshilfe an das Finanzministerium im Zuge eines beihilferechtlichen Verfahrens, und das unter Zeitdruck und ohne vergleichbare Präzedenzfälle und nach einem Prozedere, das wir erst ad hoc abstimmen und entwickeln mussten.

Wir sind diesem Ersuchen nach bestem Wissen und Gewissen und, ich darf sagen, mit hohem persönlichen Einsatz nachgekommen. Wir haben die zu unverdientem Ruhm gekommene Einschätzung not distressed gewählt, nicht um die Bank gesundzuschreiben, sondern im Gegenteil: Wir wollten dem Finanzministerium für seine Entscheidung anhand objektiver Kriterien, die nachher auch für die anderen Banken angewendet wurden, eine möglichst präzise Zustandsbeschreibung geben. Aber gleichzeitig wollten wir die Hypo Alpe-Adria von anderen, damals akut notleidenden Banken abgrenzen, die zu der Zeit verstaatlicht oder anderswie gerettet werden mussten; zum Beispiel allein in Österreich die Constantia oder die Kommunalkredit und im Ausland die Royal Bank of Scotland, Hypo Real Estate und mehrere andere.

Ich gestehe jedem gerne zu, das inhaltlich anders zu sehen, aber ich möchte Ihnen versichern, dass ich für die Pflichterfüllung und professionelle Integrität meiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen die Hand ins Feuer legen kann. – Danke.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Mag. Reading, danke schön für die einleitenden Worte.

Wir starten mit der Erstbefragung.

Haben Sie von der Hypo – wenn ich Hypo sage, meine ich jetzt immer die ganze Gruppe – vor Beginn Ihrer Tätigkeit bei der Nationalbank schon ein konkretes Bild gehabt?

Mag. Philip Reading: Nein, eigentlich das, was man aus den Zeitungen gelesen hat und was man im Treasury einer Bank eben bespricht. Man spricht natürlich über andere Banken, aber nichts Konkretes.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Vom Beginn Ihrer Tätigkeit bei der Nationalbank bis zur Verstaatlichung: Was waren die wichtigsten Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Hypo, die Sie gemacht haben?

Mag. Philip Reading: Sie sagen: die ich gemacht habe. – Meine Funktion als Bereichsleiter bedingt, dass ich die operativen Tätigkeiten der mir untergeordneten Abteilungen überwache. Das heißt, ich war natürlich nicht in der Durchsicht und Kommentierung von eingereichten Unterlagen tätig, sondern ich habe die Berichte meiner Leute gelesen.

Aber sagen wir einmal, die wesentlichen Vorgänge und die wesentlichen Ereignisse waren natürlich die Einreichung um das Partizipationskapital im Dezember 2008 und dann natürlich … – Sie sagten, bis zur Verstaatlichung? (Verfahrensrichter Pilgermair: Einschließlich der Verstaatlichung!) – Einschließlich der Verstaatlichung.

Natürlich habe ich wie bei allen anderen Banken den aufsichtlichen Prozess während des Jahres mitbekommen. Es waren auch einige Termine mit der Bank, wo ich auch dabei war. Und schließlich im Zuge der Verstaatlichung selbst gab es auch etliche Termine im Finanzministerium, in der FMA, wo ich auch dabei war; mit dem Ministerium, mit den verschiedenen Beteiligten, Finanzprokuratur, der Bank selbst, je nachdem. Da gab es natürlich einige High-Level-Meetings, die über das normale Maß der aufsichtlichen Tätigkeit, auch über eine schwierige Bank, hinausgehen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Beginnen wir mit dem Partizipationskapital! Wie ist der Auftrag zur Erstellung der Stellungnahme in Ihre Abteilung, in Ihren Bereich gekommen?

Mag. Philip Reading: Zunächst einmal gab es im Finanzmarktkomitee – das war Ende November – den Bericht des Bundesministeriums für Finanzen, wie jetzt die Bundesregierung vorzugehen gedenkt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das war jetzt schon eine konkrete Frage. (Auskunftsperson Reading: Ja!) Das Ministerium hat das Ersuchen um Stellungnahme geschickt. – Wie ist dieses Ersuchen in Ihren Bereich hineingekommen? Wann und wie? Schriftlich, mündlich? Wann und wie?

Mag. Philip Reading: Ich würde sagen, da ich keinen schriftlichen Auftrag kenne, in der Dokumentation, war das sicher mündlich.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und wie? Von wem? An Sie oder an einen Mitarbeiter von Ihnen?

Mag. Philip Reading: Das war, ich glaube, von Mag. Lejsek über Mag. Ittner an mich, und ich habe es dann weitergegeben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie dazu mit Mag. Lejsek auch direkt gesprochen?

Mag. Philip Reading: Sicherlich auch, ja. Ich kann aber jetzt keine konkreten Zeitpunkte sagen, wo wir welchen Inhalt besprochen haben. Aber es ist natürlich kommuniziert worden, dass die, dass das Ministerium gerne unsere Leistung in Anspruch nehmen würde, um unsere Hilfe in der Beurteilung der Banken, die eben diese Zeichnungsansuchen an die Regierung stellen, ersucht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie haben Sie denn dabei Ihre Rolle gesehen? Als Berater oder als Sachverständiger, der unabhängig seine Meinung sagt?

Mag. Philip Reading: Eigentlich vor allem als Gutachter, ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Als Gutachter?

Mag. Philip Reading: Ja. Ich glaube, von der Idee dieses europäischen Produktes her sollte wohl die Regierung, die hier Geld …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist Ihnen das – Verzeihung! –, ist Ihnen das auch so kommuniziert worden? (Auskunftsperson Reading: Dass wir Berater sind?) – Ja. Oder dass Sie Sachverständiger sind oder so ein Gutachten machen sollten.

Mag. Philip Reading: Ja, genau, es ging sozusagen darum, die Eintrittsbedingungen, die Mitspielbedingungen sozusagen für die Banken von außen als unabhängiger Gutachter zu beurteilen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hat es dann in der Folge zwischendurch Gespräche zwischen der Nationalbank und dem Ministerium gegeben? War da ein Austausch?

Mag. Philip Reading: Es war eigentlich immer ein Austausch, ja, sehr oft telefonisch, ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Telefonisch.

Mit wem? Haben Sie an diesem Austausch zwischen Nationalbank und BMF auch teilgenommen oder haben das andere gemacht?

Mag. Philip Reading: Die Kontaktperson im Ministerium war fast ausschließlich Mag. Lejsek. Und die Finanzprokuratur war natürlich auch beteiligt in der Ausfertigung der Dokumente. Das heißt, mit denen gab es immer wieder auch technische Kontakte über die verschiedensten Dinge.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und auf Ihrer Seite, der Nationalbankseite, wer hat da mit dem Ministerium gesprochen?

Mag. Philip Reading: Mit Lejsek am häufigsten Kontakt hatten wohl Mag. Ittner, ich und Frau Dr. Hrdlicka.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sind dabei vonseiten des Ministeriums auch inhaltliche Vorstellungen eingeflossen?

Mag. Philip Reading: Nein.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Auch keine Fragen, wie es sich entwickelt? (Auskunftsperson Reading: Wie sich was entwickelt?) – Der Stand der Stellungnahme.

Mag. Philip Reading: Das kann sein, ja. Es ging sicherlich, da bekanntermaßen hier Zeitdruck geherrscht hat … In solchen Situationen kommen immer wieder Fragen: Wann bitte kriegen wir denn den Bericht?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Na ja, das ist keine inhaltliche Frage.

Mag. Philip Reading: Das ist keine inhaltliche. Also inhaltliche Einflussnahmen, da kann ich mich nicht erinnern, dass solche vorgekommen wären.

Wir haben ja zuvor schon, da hier eine Due Diligence zu ersetzen war, ... Also wenn Sie im Protokoll des Finanzmarktkomitees nachlesen, so steht dort etwas von Due Diligence, die zu tun war. Und es ist dann in einer Besprechung, ich glaube, am 4. Dezember, abgeschwächt worden in dem Sinne, dass Mag. Lejsek uns zu verstehen gegeben hat, es ist ihm klar, dass eine richtige Due Diligence mit einem Datenraum und so weiter, dass es dazu nicht zu kommen braucht, sondern es geht hier darum, …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Mag. Reading, ich unterbreche Sie nur ganz, ganz ungern (Auskunftsperson Reading: Ja, bitte!), aber mir läuft die Zeit davon, und ich möchte doch noch ein paar Fragen anbringen. (Auskunftsperson Reading: Das tut mir leid!)

Ist vom Draft der Stellungnahme bis zur Final Version noch eine Veränderung erfolgt?

Mag. Philip Reading: Sie sagen: vom Draft. – Es gab wahrscheinlich mehrere Drafts, ich weiß gar nicht, wie viele. Aber Sie meinen die, die ich unterschrieben habe, oder?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja.

Sind auch welche direkt von Hrdlicka an Ittner oder an Lejsek weitergegangen?

Mag. Philip Reading: Soweit ich weiß, gab es am Abend des 18. einen Draft und am nächsten Morgen … Dazwischen wurde noch irgendein Satz gestrichen. Da ging es um irgendwelche Buchwerte, wo wir, glaube ich, nicht sicher waren, ob wir die Zahl richtig haben, und dann, da es keine wesentliche Zahl war, gefunden haben, bevor wir da etwas Falsches schreiben, lassen wir es lieber weg.

Also es war in diesem Stil, diese Art von Änderung, und so ging das dann am nächsten Tag in die … Das musste dann, glaube ich, von Mag. Ittner und vom Gouverneur oder Vizegouverneur unterschrieben werden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Themenwechsel. (Auskunftsperson Reading: Ja!) – Wann haben denn Sie ernstlich angenommen, dass die Bayern die Hypo loswerden wollen, im Jahre 2009? Wann haben Sie das realisiert, dass das eine ernste Situation ist?

Mag. Philip Reading: Das war eigentlich im November 2009, eigentlich als die Medienschlacht losging und auf beiden Seiten in für unser Gefühl sehr burschikoser Weise über eine Bank gesprochen wurde, wie man nach meiner etwas konservativen Auffassung über eine Bank in der Öffentlichkeit nicht spricht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie die Bayerische Landesbank in ihrer Entwicklung verfolgt, 2008/2009?

Mag. Philip Reading: Also nicht so genau, wie wir unsere eigenen Banken verfolgt haben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Aber dass die eine 10-Milliarden-Spritze gebraucht haben und Restrukturierungsmaßnahmen notwendig waren und dass davon die Hypo auch betroffen war?

Mag. Philip Reading: Das ist natürlich zu uns gedrungen, ja. Ich kann jetzt nicht sagen, wann genau.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und dass Nowotny sich Ende August mit dem bayerischen Staatsminister für Finanzen getroffen hat und dass auch der österreichische Finanzminister mit dem bayerischen Kollegen im Gespräch war, das war noch kein Anlass dazu, sich etwas zu denken, dass da von den Bayern auf Ministerebene und auf Nationalbank-Gouverneursebene gesprochen wird? Und dass das PwC-Asset-Screening diesen besorgniserregenden Wertberichtigungsbedarf ergeben hat?

Mag. Philip Reading: Na was ich eben gesagt habe, ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie sagen November! Sie sagen November, und das ist schon weit, weit vorher.

Ist das an Ihnen vorbeigegangen? – Nein!

Mag. Philip Reading: Nein, die Resultate des Asset Screenings kamen dann im November.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Aber dass es in Auftrag gegeben wurde (Auskunftsperson Reading: Das war natürlich drei Monate davor, ja!) und dass das ein ungewöhnlicher Schritt ist, dass Österreich das nie gemacht hat (Auskunftsperson Reading: Ja!), und dass das ja ein großer Aufwand war und ob der eine Bedeutung hat? (Auskunftsperson Reading: Ja, aber das ist …!) – Waren das keine Überlegungen vorher, dass man sich das anschauen muss und bedenken muss, was für einen strategischen Hintergrund das hat?

Mag. Philip Reading: Ja, das sind zwei verschiedene Fragen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War man da wirklich so überrascht im November?

Mag. Philip Reading: Das sind zwei unterschiedliche Fragen. Wir waren bis, sagen wir einmal, zum November, ja, also bis weit in das Jahr 2009 hinein der Meinung, dass die Aussagen der Bank, dass sie sich um eine Verbesserung ihrer Risikomanagementsysteme bemühen und dass sie das Backing ihres Eigentümers haben, gelten.

Natürlich, dass ein Asset Review gemacht wurde, das war letztlich für uns Teil eines Sanierungsbemühens, ja, eines sichtbaren Sanierungsbemühens und nicht eines Weglegen-Wollens.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und wozu braucht man da ein Gespräch? Wozu lädt man da den Gouverneur der Nationalbank und den Bundesminister für Finanzen im August ein? Warum braucht man solche Gespräche, wenn das ganz normale, nicht weiter bedenkliche Sanierungsmaßnahmen sind und wenn man das in dem Kontext des Restrukturierungsbedarfs der BLB selbst sieht? Sind das nicht irgendwo Zeichen, dass man sich ernsthaft damit auseinandersetzen muss und sich wappnen muss und Szenarien entwickeln muss, was geschieht, wenn die Bayern das vorziehen und sich früher, als in diesem Papier von Anfang 2009 enthalten, von der Bank trennen wollen? (Auskunftsperson Reading: Ich kann Ihre …!) – Wurden solche Dinge nicht antizipiert?

Mag. Philip Reading: Wir waren natürlich bei diesen Gesprächen auf Ministerebene nicht dabei und wir wurden auch nicht instruiert, vorsorglich Szenarien zu entwickeln, nicht zu dem Zeitpunkt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wissen Sie davon, dass Frau Dr. Hrdlicka für den Gouverneur, für dessen Reise nach Bayern, ein Papier über den Zustand und über die Entwicklung der BLB und der Hypo geschrieben hat, dass es dazu eine schriftliche Unterlage gibt?

Mag. Philip Reading: Ja, aber das ist an sich nichts Außergewöhnliches, dass wir den Gouverneur briefen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Na ja, aber das ist doch in Ihrem Bereich geschehen, nicht? Dann muss man sich doch damit auseinandersetzen: Was hat das für eine Bedeutung und was kann daraus werden?

Mag. Philip Reading: Ja, ich weiß jetzt auch nicht, welches Datum dieses Papier hat. Sie sagen, dass es August …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das ist Ende Juli zur Vorbereitung für das Gespräch Ende August.

Mag. Philip Reading: Es hatten auch andere Personen Gespräche mit sozusagen Entscheidungsträgern in Bayern, auch aus der FMA. Uns wurde nicht signalisiert, dass wir besorgt zu sein hätten wegen des Abspringens des Eigentümers.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und von sich aus, von der Analyse her war auch kein Grund da, besorgt zu sein? – Jetzt als Frage gestellt.

Mag. Philip Reading: Ich glaube, die Arbeiten, die wir verfasst haben, zeigen permanent, geben Zeugnis von einer andauernden Sorge. Aber diese konkrete Sorge um die Unterstützungswürdigkeit des Eigentümers kam nicht schon im Juli auf.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Die Zeit der Erstbefragung ist vorbei. Ich bedanke mich für die Antworten.

*****

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Besten Dank, Herr Verfahrensrichter, für die Durchführung der Erstbefragung.

Ich erteile nun im Sinne der Redeordnung als erstem Abgeordneten Herrn Mag. Vavrik das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Herr Mag. Reading, danke fürs Kommen!

Meine erste Frage bezieht sich auf diese Stellungnahme der OeNB im Zuge der Gewährung des Partizipationskapitals. Sie haben gesagt, der Auftrag kam mündlich über Herrn Ittner an Sie, und Sie haben auch von Zeitdruck gesprochen.

Bei der Erteilung des Auftrags wurde Ihnen auch mitgeteilt: Das ist die Deadline, bis dahin muss das Papier stehen!?

Mag. Philip Reading: Der Zeitdruck war … Es gab ein Meeting mit Lejsek am 4. Dezember, wenn ich das richtig in Erinnerung habe (die Auskunftsperson blättert in Unterlagen), nein, pardon, das war am 9. Dezember, und das Thema war der aktuelle Stand des Bankenpakets. Und wenn ich mich richtig erinnere, war damals die Rede davon, dass man bis 29. Dezember den Antrag des Partizipationskapitals zuzählen wollte, da das noch im laufenden Jahr geschehen sollte, und dass daher angesichts der Weihnachtsfeiertage die Anträge bis 19. quasi fix und fertig sein sollten.

Das war der Zeitdruck, der wohl auch durch das Jahresende und die Weihnachtsfeiertage bedingt war und durch die damalige Befürchtung, glaube ich, des Ministeriums, dass es vor Jahresende noch mehr als einen Antrag geben könnte und auch die Bearbeitungszeit eventuell kurz werden könnte. Daher der Zeitdruck.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Wurde anlässlich dieses Meetings mit Mag. Lejsek dieses Dokument mit Ihnen geteilt, das BM-Positionspapier, das ziemlich genau alle Bedingungen auflistet, die erfüllt werden müssen, auch vom Prüfungsverfahren her, damit eine Bank ein solches Kapital bekommt? Ist Ihnen das Dokument bekannt, oder soll ich es vorlegen?

Mag. Philip Reading: Ja, also wenn Sie es vorlegen könnten, damit wir vom selben Ding sprechen, bitte.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Also die Nummer 13582, Lieferant: BMF. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Meine Frage bezieht sich nur darauf, ob Ihnen damals am 9. – dieses Dokument ist nämlich datiert vom 9. Dezember –, ob Ihnen anlässlich dieses Treffens mit Herrn Lejsek, der das Dokument verfasst hat – es ist von ihm unterschrieben –, das Dokument auch gegeben wurde.

Mag. Philip Reading: Ja, wobei ich nicht ausschließen kann, dass auch schon Vorfassungen hin und hergegangen sind, da es ja darum ging, unsere Inputs hier auch zu verarbeiten. Also ich nehme jetzt an, dass es Vorfassungen hin und her gegeben hat.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Sie haben vorhin gesagt, man musste die Zahlung dieses Partizipationskapitals noch vor Jahresende durchziehen. – Warum diese Eile? Haben Sie damals gefragt, warum das unbedingt noch vor Jahresende passieren muss?

Mag. Philip Reading: Na ja, es war noch immer Krise, und es ging schon darum, zu zeigen, dass man tätig wird und auch beginnt, die für die Banken und ihre Capital Ratios wohltuenden Einschüsse zu machen.

Die Hypo hatte natürlich ihrerseits auch den Wunsch, das noch möglichst im Jahr 2008 zu haben, damit ihre Bilanz eben nicht gerade eben noch das Mindesteigenmittelerfordernis erfüllt, sondern es etwas komfortabler erfüllt.

Wie gesagt, es war ja nicht eine Bank, sondern eine ganze Reihe von Banken, und daher wollte man für den Fall, dass es noch mehr als eine wird, die Zeit 2008 möglichst effizient nutzen und nicht sehr lange Prozesse beginnen, die dann übers Jahresende gehen.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Wir reden hier nicht von einem langen Prozess, wir reden von einem Papier, das von Ihnen und Ihrem Team in vier Tagen erstellt werden musste. (Auskunftsperson Reading: Ja!) Die Kapitaldecke war gegeben. (Auskunftsperson Reading: Das stimmt, ja!) Auch Frau Dr. Hrdlicka hat uns noch einmal bestätigt, rein gesetzlich gesehen, dank des Zuschusses der BayernLB, war eigentlich genug Kapital vorhanden. Also von diesem Standpunkt her war es nicht notwendig, noch vor Jahresabschluss diese Zahlung zu tätigen.

Also noch einmal: Weshalb die Hudlerei, wenn ich so sagen darf? Denn die Konsequenz ist schon … Sie haben vorhin gesagt, Ihre Mitarbeiter haben da ganz super Arbeit geleistet. Das glaube ich Ihnen gern, mir steht es nicht zu, das zu beurteilen, aber der Rechnungshof kommt zu ganz anderen Schlüssen.

Ich darf ein paar Auszüge aus dem Rechnungshofbericht vom Mai dieses Jahres zitieren:

„Bei der Beurteilung des Risikoprofils berücksichtigte die OeNB die (…) von ihr aufgezeigten Problemfelder und Schwächen (…) nicht ausreichend.“

Ich zitiere einen anderen Absatz:

„Die OeNB berücksichtigte bzw. hinterfragte die widersprüchlichen Angaben der HBInt nicht ausreichend.“

Ich zitiere noch einmal:

„Die OeNB nahm in ihrer Stellungnahme zur HBInt vom 18. Dezember 2008 keine klare und eindeutige Beurteilung der wirtschaftlichen Lage und v.a. des Risikoprofils der HBInt vor und erfüllte so die mit der Erstellung einer derartigen Stellungnahme verbundenen Aufgaben nur unzureichend.“

Also der Rechnungshof kommt zu ganz anderen Schlüssen über die Qualität dieser Arbeit. Ich möchte Ihnen nicht schlechte Arbeit unterstellen, nur mangelnde Zeit.

Frau Dr. Hrdlicka hat gemeint, allein die Asset-Bewertung, die Teil dieser Prüfung hätte sein sollen, würde eigentlich ein Team von 50 Leuten und einen Zeitraum von drei Monaten brauchen, und sie hatte vier Tage und fünf Mitarbeiter.

Noch einmal: Von einem langen Prozess ist nicht die Rede, ich würde eher sagen, von einem extrem kurzen Prozess.

Mag. Philip Reading: Ja, stimmt. (Abg. Vavrik: Warum?) – Es war ein Ersatz für einen Due-Diligence-Prozess. Es ging darum, die …

Man darf eines nicht vergessen: Es war keine aufsichtliche Beurteilung in der Tiefe, ob die Bank, wie es manchmal so schön heißt, hin war oder nicht. Es ging darum, ob sie noch gesund genug war, um die niedrigeren Kosten der Beihilfegabe durch den Staat zu zahlen, oder ob der Staat einer für diesen Zweck schon zu wackeligen Bank, also ob die Bank schon so ist, dass sie einen quasi Strafzuschlag für die Kondition zahlen muss.

Um nichts anderes ging es bei diesem Gutachten. Es ging darum, um welche Kondition die Bank das Geld bekommt – aber sie bekommt das Geld.

Es war ja der politische Wunsch nicht irgendeiner Partei, sondern der politische Wunsch ganz Europas, dass den Banken staatlich geholfen wird, ihre Capital Ratios anzuheben, bevor sie dann erwartungsgemäß in der Rezession wieder geschwächt wurden. Wie gesagt, es ging nicht um eine in der Tiefe aufsichtliche Arbeit.

Das war ja auch – wie ich eingangs sagen durfte – ein neuer Prozess. Das war nichts, das in unserer normalen Arbeit in dieser Weise vorkam. Das war das erste Mal. Wir hätten vielleicht, wenn wir so viel Zeit gehabt hätten wie für die dann im Folgejahr abzuhandelnden Fälle, auf jeden Fall besser geschlafen.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Sie haben eingangs erwähnt, dass die Idee eines Due-Diligence-Prozesses abgeschwächt wurde. Jetzt haben Sie es noch einmal wiederholt. (Auskunftsperson Reading: Entschuldigung, dass was abgeschwächt wurde?) – Sie haben früher, in Ihrem ersten Redebeitrag, gesagt, dass das Prinzip eines Due-Diligence-Prozesses abgeschwächt wurde. (Auskunftsperson Reading: Ja!) Jetzt haben Sie noch einmal wiederholt, dass das ein Ersatz für einen Due-Diligence-Prozess war.

Wer hat beschlossen, dass man von einem Due-Diligence-Prozess abgeht, hin zu etwas viel Oberflächlicherem, wenn ich es so sagen darf? Wer war das?

Mag. Philip Reading: Es war Herr Lejsek (Abg. Vavrik: Das war Herr Lejsek?), der uns das kommuniziert hat. Wer es beschlossen hat, weiß ich nicht. (Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Zeitdruck, okay. Sie haben vorhin gesagt ... (Abg. Tamandl: Er hat gesagt, Herr Lejsek!) – Sie haben gesagt, der Zeitdruck, Sie wollten ihm das einflüstern. Ich danke für die richtige Antwort.

Sie haben vorhin gesagt, es ging nur um die Konditionen. Mein Verständnis war, dass es um mehr als nur um die Konditionen ging, denn durch die Einstufung der Bank als systemrelevant ging es auch darum, ob die Bank überhaupt auf dieses Kapital zurückgreifen kann. (Auskunftsperson Reading: Nein!) – Nein? Das heißt, auch wenn Sie die Bank als nicht systemrelevant eingestuft hätten, wäre das Partizipationskapital trotzdem geflossen?

Mag. Philip Reading: Moment! Jetzt reden wir von Systemrelevanz?

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Sie haben vorhin gesagt, diese Stellungnahme hatte nur einen Zweck (Auskunftsperson Reading: Ach so, Verzeihung, ja, entschuldigen Sie, da habe ich ...!), nämlich die Kondition festzulegen, distressed oder not distressed. (Auskunftsperson Reading: Ja!)

Mein Verständnis war: Nein, es waren zwei Aufträge, der zweite Auftrag war ... (Auskunftsperson Reading: Die Systemrelevanz, vollkommen richtig! Ja!)

Wir haben gestern zwei Ihrer Mitarbeiter befragt und heute Vormittag Frau Dr. Hrdlicka. Das Gesamtbild ergibt ganz klar, dass die Entscheidung, dass das Partizipationskapital auf jeden Fall gewährt wird, eigentlich vorher getroffen wurde. Es ging auch nicht anders, in diesen vier Tagen war es nicht anders möglich.

Meine Frage an Sie: Wer hat das beschlossen? Wer hat beschlossen, dass das Partizipationskapital so oder so gewährt wird? (Auskunftsperson Reading: Na, so oder so ...!) – Nicht so oder so, möglichst billig, also schon mit ... Für die gesunde Bank.

Mag. Philip Reading: Das Parlament. (Abg. Vavrik: Das Parlament?! Können Sie das erläutern?!) – Das Parlament hat das Gesetz beschlossen, um zu ermöglichen, dass Partizipationskapital gegeben wird, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Ich meine jetzt, dass das Partizipationskapital für diesen Fall, für die Hypo, gewährt wird, also die Entscheidung, dass die Hypo noch 2008 diesen Antrag bewilligt bekommt. Der Antrag war übrigens ursprünglich 1,4 Milliarden, bewilligt wurden dann 900 Millionen.

Wann ist die Entscheidung für diesen Fall gefallen – nicht das Gesetz?

Mag. Philip Reading: Für diesen Fall: Das war dann am 19. Dezember.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Können Sie das wiederholen? Wann war das?

Mag. Philip Reading: Das war am 19. Dezember in einem Meeting im Finanzministerium, als dann das fertige Gutachten am Tisch lag. Die Bank trug sozusagen noch einmal ihren Fall vor, es gab Fragen. Es war also eine große Runde: Finanzministerium, Finanzprokuratur, Bundeskanzleramt. Wir waren natürlich als die Autoren des Gutachtens noch dort, aber in diesen Entscheidungsprozess dann nicht weiter eingebunden.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Danke.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Mag. Reading! Ich mache gleich dort weiter, wo jetzt begonnen wurde.

Sie haben in Ihrem Eingangsstatement die Situation beschrieben, wie sie sich nach der Lehman-Pleite in Europa dargestellt hat.

Wir haben heute Vormittag in der Befragung schon ein bisschen nachgestochert: Was geschieht eigentlich, wenn ein Regierungskommissär bestellt werden muss? Was sind die Folgen, wenn es zum sogenannten Bank Run kommt? Können Sie uns dazu ein bisschen etwas sagen, auch was die Analyse in der damaligen Zeit war, was zu befürchten wäre?

Mag. Philip Reading: Wir sprechen jetzt also von 2009? (Abg. Matznetter: Ja!)

Wenn ein Regierungskommissär bestellt wird, dann hat er die Aufgabe, zu verhindern, dass für die Gesellschaft schädliche Zahlungen getätigt werden – speziell an die Eigentümer. Die Bank verliert ihre Finanzierungsfähigkeit bei der EZB. Bei einem Run wird die Liquiditätsreserve in manchmal überraschend kurzer Zeit aufgebraucht, und es muss dann eine sehr öffentlichkeitswirksame Lösung für die Zukunft publiziert werden, damit der Run aufhört.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Kann es in so einem Fall notwendig sein, dass die Oesterreichische Nationalbank als Notenbank der Republik die Liquidität durch sogenannte ELA herzustellen hat?

Mag. Philip Reading: Die Vergabe einer ELA ist auf jeden Fall eine souveräne Entscheidung der Notenbank. Wenn Sie also sagen, sie hat sie herzustellen – sie entscheidet, ob sie sie herstellt.

Auch bei der ELA müssen, obwohl sie nicht denselben strengen Regeln unterliegt wie die normalen Liquiditätsoperationen der EZB, Sicherheiten geleistet werden. Es muss eine Lösung sichtbar sein, bis zu der sozusagen eine Überbrückungsliquidität gegeben wird.

Wir haben auch damals, als wir für die Kommunalkredit ELA gegeben haben, ausgedrückt, dass keine Brücke ins Meer hinaus gebaut wird, sondern es muss ein Ufer sichtbar sein, bis zu dem diese Brücke führt.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): In Griechenland, wo die dortige Nationalbank das ausprobiert hat, war der Weg übers Meer zumindest doch schon weiter als der zwischen der Türkei und Lesbos.

Ich will nämlich auf etwas anderes hinaus: Gab es keine Probleme damit, dass die Nationalbank gutachterliche Funktion in der Frage hat, ob die Republik Österreich auf Basis des Bankenpakets Partizipationskapital zur Stärkung gewährt? Stellt sich nicht die Frage, ob, würde die Republik das nicht tun, nicht die OeNB die nächste wäre, die im Rahmen der ELA Geld herausrücken müsste? Gibt es nicht einen gewissen Interessenkonflikt als Gutachter, wenn man gleichzeitig dann selbst in die eigene Brieftasche greifen müsste, um die Liquidität sicherzustellen?

Lender of last resort und unabhängiger Gutachter – das ist hier die Frage.

Mag. Philip Reading: In welchem Zusammenhang sprechen Sie jetzt die unabhängige Gutachterstellung an?

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich spreche von dem Gutachten, das für die Entscheidung vom 19. Dezember 2008, der Hypo Alpe-Adria Partizipationskapital aus Steuermitteln zu gewähren, notwendig war.

Mag. Philip Reading: Wir haben jetzt aber von zwei verschiedenen Situationen gesprochen, nicht?

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Wir sprechen von Herbst/Winter 2008 – also noch Herbst, denn der dauert bis ...

Mag. Philip Reading: Ja, aber da war ja keine Rede von einem Regierungskommissär.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Nein. Ich spreche aber von der Frage der Unabhängigkeit. (Auskunftsperson Reading: Ja!)

Meine Frage ist: Stellt das nicht ein Problem dar, eine möglichst unabhängige Expertenmeinung für die Entscheidungsfindung abzugeben, ob Partizipationskapital, das ja einen eigenkapitalersetzenden Charakter hat, aus Steuermitteln zur Verfügung zu stellen ist, wenn die OeNB als Gutachterin gleichzeitig dieselbe juristische Person ist, die in ihre eigene Tasche greifen müsste, wenn diese Liquiditätszufuhr nicht erfolgen würde?

Mag. Philip Reading: Ja, das kann man vielleicht so sehen. Wir waren ja jetzt noch nicht, wir haben uns ja nicht um diesen Auftrag gerissen, aber im Sinne der Kooperation damals ... In einer Krise sind Teamplayer gefragt, und wir haben verstanden, dass das Ministerium vermutlich auch personell nicht in der Lage war, diese Dinge selbst zu machen. Da wir sozusagen der nächstgelegene Alliierte mit den entsprechenden Informationen oder mit leichterem Zugang zu diesen Informationen waren, haben wir uns bereit erklärt, dieses Gutachten zu schreiben.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Wir sind die Vertretung des Volkes, und am Ende muss der Steuerzahler zahlen. Ich bitte daher um Verständnis, dass uns natürlich all jenes interessiert, was an Geldmitteln und Steuergeldern geflossen ist und bis heute nicht zurückgezahlt wurde. Bei den 900 Millionen ist es ja nicht so, dass das unsere Wählerinnen und Wähler nicht endgültig zahlen müssen. Daher auch die Kritik in der Fragestellung. Es mag sein, dass die OeNB quasi zufällig in die Gutachterstellung hineingekommen ist.

Ich möchte aber noch ein bisschen fragen: Ist die Grundsatzentscheidung, ja, die Hypo Alpe-Adria bekommt Geld aus Steuermitteln, eine Entscheidung, die am 19. Dezember 2008 auf Basis des Gutachtens gefällt wurde?

Wir haben gelernt, wir wissen, dass die Frage, ob sound oder not distressed, nur eine Frage der Kondition ist. Vorher haben wir aber geklärt, dass die Frage, ob sie systemrelevant ist, Conditio für die Gewährung gewesen ist. (Auskunftsperson Reading: Ja!)

Hat die OeNB nicht einen Vorteil davon, dass die Entscheidung am Ende lautet: Ja, die bekommen Partizipationskapital!? – Das ist meine Frage.

Daher frage ich, ob es noch übergeordnete Interessen der Nationalbank geben kann, warum es ihr lieber ist, dass das Geld aus der Himmelpfortgasse – also damals war es noch Hintere Zollamtsstraße – kommt als aus dem eigenen Haus. Ist das mit der Weisheit des Rückblicks betrachtet kein Compliance-Problem?

Mag. Philip Reading: Ein Compliance-Problem hat bis jetzt noch niemand darin gesehen. Aber rückblickend würden Sie unterstellen, dass wir damals vorausblickend schon diese Gedanken in Bezug auf eine mögliche ELA-Notwendigkeit hatten.

Die hatten wir damals noch nicht, weil wir ja gesehen haben, dass gerade frisches Kapital von der Eigentümerin, von der Bayerischen Landesbank, eingeschossen worden war. Wir waren, ehrlich gesagt, weit weg davon, an Regierungskommissäre und ELA zu denken. (Abg. Matznetter: Gut! Meine Frage ...!)

Aber in der Grundstruktur haben Sie nicht unrecht. Es wäre uns tatsächlich lieber, wir müssten solche Gutachten nicht schreiben.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich bleibe gleich bei dem Gutachten: Die Entscheidung fiel am 19. Dezember 2008 in der Sitzung im Bundesministerium für Finanzen, bei der Sie auch dabei waren?

Mag. Philip Reading: Ja. Ob sie dort ... Ich meine, sie wurde dort kommuniziert, ja.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Die erste Frage ist: Wieso wurden nicht die beantragten 1 Milliarde 450 Millionen sondern nur 900 Millionen gewährt?

Mag. Philip Reading: Es gab meinem Verständnis nach eine finanzministeriumsinterne grobe Aufteilung auf die verschiedenen antragstellenden Banken, in etwa nach ihrer Größe. Die 1,450 schienen diesen Rahmen zu sprengen.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Zweite Frage: Wir haben heute schon gehört, dass die 700 Millionen Eigenkapital der Bayerischen Landesbank, die im Jahr darauf eine besondere Rolle gespielt haben, da auch schon eine Rolle in der Frage gespielt haben, wie eingestuft wird. Ihre Einschätzung ist doch so, dass ohne die 700 Millionen not distressed nicht hätte drinstehen können? (Auskunftsperson Reading: Ja!)

Damit komme ich zur dritten Frage. Das ist etwas, das ich mir nicht erklären kann. Ich möchte das Dokument mit der Nummer 00101175694 vorlegen, Lieferant: Staatsanwaltschaft Klagenfurt. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das ist ein Schreiben von Ihnen, Herr Mag. Reading, an Mag. Lejsek. Lesen Sie es sich einmal durch! (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Ich kann mir das Schreiben nicht ganz erklären. Es ist mit 23. Dezember datiert, also kurz vor dem Weihnachtsabend, aber vier Tage nach der Entscheidung. Es klingt so, als wäre Ihr Gutachten am 19. Dezember quasi nur mit einer Art Vorbehalt angenommen worden und Sie müssten in dem Schreiben erklären, warum das Gutachten, das Sie abgegeben haben, haltbar ist. – Täusche ich mich da?

Mag. Philip Reading: Stimmt, es gab am 19. noch einige offene Punkte. Man hat also im Wesentlichen die Grundsatzentscheidung getroffen und uns gebeten, noch Gespräche mit den Wirtschaftsprüfern zu führen und manche Angaben noch einmal mit den Vorortprüfern[1] zu verifizieren. Offenbar waren wir damals in dem Meeting nicht in der Lage, zu sagen, dass wir diesen Punkt, welcher das auch immer war, genau mit dem Prüfer gecheckt haben. Übers Wochenende haben wir das dann gemacht.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Grüß Gott, Herr Mag. Reading! (Auskunftsperson Reading: Grüß Gott!)

Ich möchte bei Ihnen einmal anders anfangen als sonst und vorweg versuchen, eine Zusammenfassung des gestrigen und des heutigen Tages zu machen, um einmal einen Rahmen zu ziehen, was mittlerweile belegt zu sein scheint.

Wir haben im Jahr 2008 also ein Verfahren zur Erteilung von Partizipationskapital der Republik Österreich gegenüber der Hypo Alpe-Adria in der Höhe von schließlich 900 Millionen €. Wir haben eine Bayerische Landesbank, die mehrfach in diesem Zeitraum erklärt hat, zur Hypo und zur Südosteuropastrategie und zum Wachstum dort zu stehen. Zumindest hat sie das gegenüber der eigenen Hypo und auch gegenüber der Republik Österreich erklärt. Gleichzeitig haben wir aber eine Bayerische Landesbank, die erklärt, sich intern von der Südosteuropastrategie und von diesem Geschäft per Beschluss zu trennen.

Das heißt, hier gibt es eine belegte unvollständige Informationslage gegenüber der Republik Österreich, und das in einer Phase, in der man versucht hat, von Österreich 900 Millionen € zu bekommen.

Wir haben ein Beihilfeverfahren, welches auf den Zustand der Bank und die wirtschaftliche Zukunft dieser abstellt. Man spricht schließlich der Bank 900 Millionen € zu besten Konditionen – im Rahmen der möglichen Konditionen – zu. Da hat es, glaube ich, viele Abstufungen schlechterer Varianten der Konditionen gegeben. Wenn ich das gestern aus Herrn Breyers Antworten richtig rausgehört habe, dann waren es vielleicht bessere – Auge mal Pi –, als der Erste Bank gewährt worden sein dürften. Sie können nachher dazu Stellung beziehen.

Ich gehe weiter: Bei dieser Gewährung der 900 Millionen war die Systemrelevanz ausschlaggebend. Man hat für die Prüfung des Zustandes der Bank vier Tage Zeit gehabt, und das – wenn ich das vorhin richtig gehört habe – mit fünf Personen. Normalerweise brauchen solche Aufträge im Zuge einer sorgfältigen Risikoeinschätzung, im Zuge einer Due Diligence, natürlich viel länger. Man hat sich aber darauf verständigt, man hat es akzeptiert. Man hat einen Auftrag gehabt, in dieser Zeit – was an sich unmöglich zu sein scheint – eine solche genaue Prüfung durchzuführen, das zu machen. Da ist schon das nächste riesige Fragezeichen in der Luft: Wieso lässt man sich darauf ein, und das noch dazu mit fünf Personen, was ein Wahnsinn ist?

Ich gehe weiter: Österreich verzichtet trotz der Rechte auf Buchprüfung und Einsicht in Form einer Due Diligence auch im Zeitraum nach dieser Zuerkennung des Partizipationskapitals bis hin zur Verstaatlichung eben auf diese Due Diligence. Das heißt, man hätte das jederzeit machen können, weil man die Rechte dazu gehabt hat. Man hat aber im BMF und in der FIMBAG nie in Erwägung gezogen, das irgendwann zu tun – bis zum Schluss, kurz vor der danach durchgeführten Verstaatlichung, wo man das aus der Not heraus machen wollte. Dann sagen aber die Bayern: Nein, ihr macht es nicht! Die Republik Österreich – ebenso belegt – akzeptiert das aber, obwohl sie das Recht dazu gehabt hat, und macht das tatsächlich nicht. – Das ist eine weitere riesige Frageblase, die sich hier aufdrängt.

Dann startet die BayernLB im Sommer 2009 bis Herbst 2009 ein Asset Screening in der Hypo und gibt vorweg dem damaligen Vorstand Pinkl in der Hypo einen Geheimvertrag im Sinne der Faktenlage, dass er im Falle einer Teilverstaatlichung oder einer Verstaatlichung der Hypo ebenso eine Prämie bekommt, wie wenn die Bank in weiterer Folge an irgendein anderes Kreditinstitut veräußert werden würde. Das war aber ein geheimer Vertrag, der auch entsprechend belegt ist.

Ich gehe weiter: Der bayerische Finanzminister trifft sich im Sommer des Jahres 2009 sowohl mit dem Bundesfinanzminister Pröll als auch am gleichen Tag mit dem Gouverneur Nowotny und redet über die Hypo. Hierbei wird auch ein Bekenntnis zur Sanierung der Hypo durch den bayerischen Finanzminister abgegeben. Die FIMBAG erhält noch im November 2009 eine Info von der BayernLB über Alternativen zur Stärkung der Hypo Group Alpe-Adria, nämlich einerseits die Möglichkeit, weiteres Partizipationskapital einzuschießen, andererseits Bundesgarantien durch die Republik Österreich für die Aktiva bereitzustellen. Diese Alternativen werden aber anscheinend von niemandem weiterverfolgt, weiter geprüft. – Das ist auch der bisherige Erkenntnisstand. Vielleicht können Sie für uns auch dieses Fragezeichen wegnehmen und ein Rufzeichen dazugeben.

Die Miteigentümer Kärntner Landesholding und GRAWE werden weder vom Bund noch von der Bayerischen Landesbank über die Überlegungen, möglicherweise die Bank abzustoßen oder in Richtung Verstaatlichung zu treiben, informiert, obwohl es eine Informationspflicht des Haupteigentümers BayernLB gegenüber den Miteigentümern gäbe und schon ein Jahr, seit 2008, darüber nachgedacht wird, die Bank abzustoßen. Da hätte man schon seit 2008 Kärnten und die GRAWE einbinden müssen. – Das ist auch belegt, hat man aber offenkundig nicht getan.

Mag. Lejsek deutete in einer Aufsichtsratssitzung an, die BayernLB habe die Mitaktionäre wortwörtlich „belogen“. – Auch dafür liegt eine entsprechende E-Mail vor.

Im Jahr 2009 wurden insbesondere folgende Punkte ausgearbeitet, wieso die Systemrelevanz gegeben ist – und das wurde sowohl gestern als auch heute im Wesentlichen von den Auskunftspersonen belegt –: die Ansteckungsgefahr für in- und ausländische Banken und Versicherungen, die Gefahr für den südosteuropäischen Raum, die Gefahr eines Downgradings der Systembanken, die Spread-Auswirkungen und dergleichen. – Das müsste Ihnen auch alles bekannt sein, da das ein Schreiben der OeNB in Richtung Peschorn gewesen ist.

Am Schluss kündigen die Bayern der Tochter Hypo Alpe-Adria die Kreditlinien kurz vor der durchgeführten Verstaatlichung, und alle Experten, die wir gestern und heute gehört haben, sagen uns hier im Ausschuss, dass am Verstaatlichungswochenende selbst nicht auf ihre Expertise zurückgegriffen wurde und sie in diese Verstaatlichungsverhandlungen nicht eingebunden waren. Das heißt, vorweg hätten zwar alle, die Wunderwuzzis waren, alles aufbereiten müssen, alles wissen, alle Kenntnisse haben müssen, aber dann, als es ans Eingemachte gegangen ist, hat sich niemand dafür interessiert, Experten beizuziehen, obwohl die andere Seite mit einer Armada von Experten dahergekommen ist; die andere Seite ist die BayernLB.

Die Verstaatlichung, das hat uns heute Frau Dr. Turner-Hrdlicka gesagt, ist ihr am Montag nach der Verstaatlichung zur Kenntnis gebracht worden – was ja auch ein bezeichnendes Bild auf diese ganzen Vorgänge wirft, weil sie ja anscheinend eine der wesentlichen Experten und Kennerin der Hypo beziehungsweise des ganzen Prozedere seit 2008 gewesen ist.

Uns wurde jetzt mitgeteilt, dass es im Zuge des Beihilfeverfahrens 2008 keinen Beihilfeexperten in der OeNB gegeben hat. Das wurde gestern hier ausgesagt.

Nunmehr meine Frage: Wie kann das sein, dass man sich einerseits in eine Viertageshetze zur Analyse der Hypo hineintreiben lässt, sie mit fünf Personen durchziehen soll, ein bestmögliches Bild der Hypo zeichnet, um darauf dann Entscheidungen aufbauen zu lassen, die weitreichende Folgen haben – und das ohne Experten für ein Beihilfeverfahren?

Mag. Philip Reading: Die arbeitsteilige Behandlung solcher komplexen Dinge – obwohl ich vorhin gesagt habe, dass das jetzt nicht eine typisch aufsichtliche Handlung war, die wir da mit diesem Gutachten gesetzt haben –, das Prinzip, dass wir unter bestimmten Rahmenbedingungen Gutachten erstellen, gemäß den uns vorliegenden Informationen und den von uns entwickelten Methoden, und dass dann jemand anderer eine darauf fußende Entscheidung trifft nach irgendeinem Rechtsbereich, ist nicht ohne Beispiel.

Das Paradebeispiel dafür ist natürlich unsere Zusammenarbeit mit der Finanzmarktaufsicht, wo wir das Fact-finding machen, die Fakten aufbereiten, und die FMA letztlich entscheidet, ob es sich hier um eine Gesetzesverletzung handelt oder welche Maßnahme einzusetzen ist oder wie auch immer. So eine arbeitsteilige Arbeit ist, wie gesagt, nicht aus der Welt, und wenn also im Finanzministerium ein Beihilfeexperte auf Basis unserer hoffentlich plausibel erscheinenden Gutachten sieht, okay, die Bank ist systemrelevant, und okay, sie ist im Augenblick in einem gesetzeskonformen Zustand, dann kann ich beihilferechtlich diesen Weg gehen. Also ich sehe nicht, warum wir für diese Arbeit einen Beihilfeexperten gebraucht hätten.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich werde es Ihnen sagen: Weil die Frage nicht beantwortet werden konnte – beziehungsweise sehr wohl darauf geantwortet wurde –, wieso man nicht draufgekommen ist, dass die BayernLB selbst in einer schwersten Krise war, Staatshilfe durch den Freistaat Bayern bekommen hat – also von ihrem Eigentümer – und dass bei den 700 Millionen €, die zugesagt waren, ja äußerst fragwürdig war, ob sie überhaupt anerkannt werden, weil sie ja auch aus einer gestützten Bank kommen. Diese Frage hat sich in dieser Phase überhaupt niemand gestellt, obwohl auf die 700 Millionen € der Bayern gezählt wurde. Das heißt, es hätte sein können, dass das überhaupt nicht anzurechnen ist in dieser ganzen Einschätzung der Situation.

Das hat man deswegen getan, weil man kein Beihilfeexperte ist und auch keinen gehabt hat.

Mag. Philip Reading: Aber das hätte ja nicht die Beihilfeexperten anderswo daran gehindert, sich diese Gedanken zu machen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Welche Experten jetzt?

Mag. Philip Reading: Im Finanzministerium.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Mit dem Sie sich ja dauernd ausgetauscht haben! – Also uns ist die Information gestern und heute nicht gegeben worden, dass es einen solchen Austausch mit einem Beihilfeexperten, der davor gewarnt hätte, gegeben hätte.

Hat man davor gewarnt?

Mag. Philip Reading: Ich könnte jetzt auch niemanden benennen, der das Etikett „Beihilfeexperte“ umhängen hat, aber ich gehe davon aus, dass im Finanzministerium bei etlichen Kollegen dort einiges Wissen dazu vorliegt.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Gut, davon haben wir jetzt im speziellen Fall nichts.

Eine Frage zu dieser Viertagesfrist, die Sie gehabt haben zur Einschätzung der Situation – uns wurde das bisher nicht beantwortet, weil eine Erinnerung dazu gefehlt hat –: Wie lange dauert es im Schnitt bei einer anderen Bank, die um Partizipationskapital ansucht, einen genauen Überblick über den Zustand des Instituts zu bekommen? In diesem Fall hat man vier Tage Zeit gehabt. Wie viel Zeit hat man im Normalfall, um so eine qualitativ hochwertige Expertise abzugeben, die notwendig wäre?

Mag. Philip Reading: Ich muss Ihnen leider sagen, dass es diesen Normalfall nicht gibt. Es war diese eine Aktion sozusagen dieses Beihilfepaket, und für die anderen Banken, die dann im Jänner, Februar begonnen haben, ihre Anträge zu schicken, hatten wir mehr Zeit, ja. Aber ich kann jetzt nicht sagen, dass wir einen Normalfall schon vorliegen gehabt hätten, bevor wir diesen ersten Fall der Hypo Alpe-Adria angegangen sind. Wir hatten letztlich keine Erfahrungswerte mit dieser konkreten Art von Gutachten, wir haben es ad hoc gestaltet, aber sind dann in der weiteren Folge auch ziemlich konsequent geblieben bei den Kriterien, bei den Vorgängen, bei den Daten, die wir angefordert haben. Also wir haben es dann für die anderen Banken nicht sehr grundlegend verändern müssen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Na ja, ich weiß nicht, ob man sich darüber freuen kann, dass man es nicht hat verändern müssen, denn Herr Mag. Breyer hat uns gesagt: Wir haben dem BMF mitgeteilt, wir könnten in vier Tagen nur grob drüberschauen und keine Due Diligence machen.

Das heißt, es war Ihnen ja bekannt, dass das nichts Detailliertes, sondern nur eine Grobanalyse für weitreichende Entscheidungen wird. Und dann haben Sie das bei anderen Banken auch gemacht, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe?

Mag. Philip Reading: Auch bei den anderen Banken hat es keine Datenräume gegeben und keine Due Diligence, wie das ein Käufer macht, der eine Bank übernimmt.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Für uns zeichnet sich ja in der ganzen Analyse und Abfolge, wie ich sie vorhin auch aufgelistet habe, ein Bild (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen) – Schlusssatz –, dass die Bayern zwei parallele Strategien gefahren wären: eine nach außen, nämlich kooperativ, man unterstützt, man steht zur Bank und dergleichen, und eine interne, man möge sich darauf vorbereiten, die Bank abzustoßen, wir machen das irgendwann, aber wir informieren die anderen einmal nicht, weil wir keinen Wirbel machen und das schön vorbereiten wollen. Wann hatten Sie in Ihrer Funktion Wahrnehmungen, dass es möglicherweise seitens der Bayern ein Spiel mit zugedeckten Karten gegenüber der Republik Österreich gibt?

Mag. Philip Reading: Das ist eine Frage, die sehr schwer zu beantworten ist, weil sie etwas unterstellt. Wie ich dem Herrn Verfahrensrichter bereits sagen konnte, wir sind uns im November über die Rückzugsabsichten oder die nicht weiter sich Kommittierungsabsichten der Bayern klar geworden, dass hier ein absichtlich falsches Spiel gespielt wird, wie Sie es jetzt hypothetisch geschildert haben, das ist uns in der Form nicht wahrnehmbar gewesen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Zu keinem Zeitpunkt?

Mag. Philip Reading: Nein, das ist auch jetzt noch eine Hypothese und kein Faktum. Daher konnten wir es nicht wahrnehmen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Die Unterlagen belegen anderes.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Mag. Reading! Ich möchte noch einmal auf die Frage der Systemrelevanz zurückkommen. Wir haben das heute am Vormittag ausführlich besprochen und befragt, wir sind nur leider Gottes nicht draufgekommen, ob für die Systemrelevanz mehrere Kriterien notwendig gewesen sind oder ob, wenn eines dieser Kriterien eingetreten ist – beispielsweise die Bilanzsumme, Auswirkungen auf andere österreichische Banken oder auch die Anzahl der Mitarbeiter –, die Bank dann automatisch systemrelevant war. Das gilt ja nicht nur für die Hypo, sondern das gilt für alle, die Partizipationskapital beantragt haben.

Wann war eine Bank tatsächlich systemrelevant?

Mag. Philip Reading: Die Frage der Systemrelevanz ist nicht in ein paar ganz konkreten Schwellenwerten zu beschreiben, die Systemrelevanz ist immer eine Einschätzungsfrage. Es können Banken systemrelevant sein aufgrund ihrer Struktur und ihrer Geschäftsfelder, ihrer Vernetztheit, ihrer Größe, es kann aber auch eine Bank in einem bestimmten Augenblick systemrelevant sein, die es in einem anderen Augenblick wahrscheinlich nicht wäre. Man kann das einen systemischen Moment[2] nennen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Was war denn bei der Hypo dieses systemische Moment?

Mag. Philip Reading: Das systemische Moment im Jahr 2008 war, dass die allergrößte Nervosität über alle Banken in Europa und auch in den USA und eine besondere Nervosität betreffend die österreichischen Banken, die ein starkes Exposure nach Osteuropa hatten, geherrscht hat. Daher galt es, die Refinanzierungsfähigkeit des Bankensystems auch zu schützen, indem man Maßnahmen wie dieses Bankenpaket getroffen hat.

Wir haben natürlich dann die konkrete Systemrelevanz, die wir gesehen haben, erläutert, und es gab, wie Sie wissen, hier mehrere Kriterien: Das war die Größe, die Tatsache, dass es die fünft- oder sechstgrößte Bank Österreichs damals war, dass sie vor allem auch von regionaler Bedeutung war, dass sie sehr stark vernetzt war durch den Hypothekenbankensektor – speziell auch die Pfandbriefstelle, die Einlagensicherung der Hypothekenbanken –, und nicht zuletzt auch die zwei weiteren Dinge, nämlich dass sie mit etwa 17 Milliarden Haftungen des Landes Kärnten ausgestattet war und dass sie in verschiedenen südosteuropäischen Märkten sehr namhafte Marktanteile hatte.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Waren die Landeshaftungen, die 17 Milliarden zu dem Zeitpunkt, die Sie gerade ansprechen, vielleicht so ein systemisches Moment, die Bank als systemrelevant zu bezeichnen?

Mag. Philip Reading: Ich habe jetzt … (Abg. Tamandl: Ich weiß, Sie haben jetzt eine Aufzählung gemacht! Das ist nur eine Nachfrage von mir!) Das war ein Element, ja. Es war jetzt nicht das systemische Moment, aber es ist natürlich, wie Sie alle wissen, ein Faktum, das immer wieder sozusagen als das große Problem dieser Bank zur Sprache kommt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich habe am Vormittag bei Frau Dr. Turner-Hrdlicka die Bezeichnung Berater für die Oesterreichische Nationalbank verwendet, Sie haben in Ihrem Einleitungsstatement oder – ich glaube – bei der Erstbefragung durch Herrn Dr. Pilgermair gesagt, die Oesterreichische Nationalbank ist kein Berater der Republik oder des Finanzministeriums, sondern ein Gutachter oder unabhängiger Sachverständiger. (Auskunftsperson Reading: Ja!)

Können Sie das vielleicht noch einmal präzisieren! Ein Berater ist ein Berater, da kann ich jetzt sagen, ich nehme das an, was er sagt, oder ich nehme es nicht an, was er sagt. Ein Gutachter oder Sachverständiger steht schon auf einer höheren Ebene.

Können Sie noch einmal präzisieren, wie Sie das meinen?

Mag. Philip Reading: Wenn Sie sagen, ein Gutachter steht auf einer höheren Ebene, dann erwartet man im Allgemeinen eine bessere, eine größere Fundierung seiner Aussagen, eine sehr stark fakten- und researchbasierte Aussage. Ein Berater kann aufgrund von Fakten oder aufgrund von Meinungen oder was immer beraten, oder aufgrund von Szenario-Analysen und Wahrscheinlichkeitsrechnungen und Abwägungen. Aber genau diese Funktion hatten wir nie. Wir sind nicht sozusagen hinter dem Minister gesessen, oder der Gouverneur, soweit ich das beurteilen kann, der sozusagen der Regierung sagt, wie sie vorgehen soll. Wir haben im Rahmen von vorgegebenen Spielregeln unsere Gutachten erstellt, und das Ministerium hat dann entschieden, so wie es die FMA auch tut.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Für das Bankenpaket waren Sie gutachterlich tätig, zuerst für die Hypo, dann für die anderen. Gab es früher oder später oder immer wieder andere Möglichkeiten, bei denen sich die Republik oder speziell das Finanzministerium der Nationalbank als unabhängige Sachverständige beziehungsweise Gutachter bediente? Gibt es das immer wieder?

Mag. Philip Reading: Sicher, ja.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, es war nichts Außergewöhnliches, dass man das …

Mag. Philip Reading: Immer, wenn es um Systemrelevanz geht, werden normalerweise Zentralbanken und/oder Aufseher, je nachdem, wie die Funktionen verteilt sind, beigezogen, ja.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Jetzt gibt es eine lange Diskussion über diese Bewertung sound oder distressed oder eben in unserem Fall, was die Hypo betrifft, not distressed, weil man natürlich – das geht aus einem E-Mail-Verkehr unter Ihren Mitarbeitern hervor – die Bank keinesfalls als völlig gesund bezeichnen kann. Im Gegenteil – Entschuldigung, nicht im Gegenteil, sondern es ist so, dass durch die Unterlagen und die Informationen, die man aus der Bank bekommen hat, auch das Jahr 2009 in Vorschau durchaus sehr ambitioniert, sehr optimistisch bewertet worden ist, die Erfolgsaussichten et cetera, aber dennoch wollte man die Bank nicht als sound bezeichnen. Man hat die Bank dann aber auch nicht als distressed bezeichnet, weil – das hat Frau Hrdlicka gesagt, und vielleicht können Sie das noch einmal bestätigen – die 700 Millionen Zufluss von der Bayerischen Landesbank gekommen sind.

Ist das richtig? Aus diesem Grund hat man die Bank nicht als distressed bezeichnet?

Mag. Philip Reading: Ja, das ist richtig. Es gab ja diese vier Kriterien: Kapital/Liquidität; dann diese Spread-Entwicklung; dann, dass es nicht mehr als 2 Prozent der Risk-weighted Assets sein durften, um was angesucht wurde oder was gewährt wurde; und das vierte Kriterium war das Rating. Und die Hypo Alpe-Adria hat bei diesen vier Kriterien, ausschlaggebend durch die Gabe, durch die Rekapitalisierung der Bayerischen Landesbank, knapp positiv abgeschnitten. Daher war sie nicht distressed – aus unserer Sicht, wie wir das halt definiert haben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Aber auch nicht sound. (Auskunftsperson Reading: So ...!)

Wissen Sie, worauf ich hinaus will?

Mag. Philip Reading: Natürlich, natürlich!

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Schauen Sie, ich möchte auf Folgendes hinaus: Hätte man sehr wohlbedacht und sehr gläubigerbedacht die Bank bewertet, hätte man nicht das beste Szenario genommen oder an die Zahlen geglaubt, nicht das optimistischste und Best-Case-Szenario genommen und bewertet, sondern hätte man gesagt, man geht nach dem Niederstwertprinzip vor, man geht nach dem Gläubigerschutz vor und nimmt eben ein schlechteres Szenario an, und hätte man beispielsweise die Bank als distressed bezeichnet, dann hätte das zwei Auswirkungen gehabt: erstens einmal die Konditionen – okay, darüber kann man streiten, wir wissen heute ohnehin, dass es keine Zinsen gegeben hat –; aber der wesentliche Faktor wäre gewesen, dass ein Restrukturierungsplan oder Umstrukturierungsplan hätte vorgelegt werden müssen.

Warum hat man diese Vorgehensweise nicht in Erwägung gezogen, dass man der Bank sofort einen Restrukturierungsplan auferlegt und sagt: Ihr habt diese und diese Schritte zu machen!? (Auskunftsperson Reading: Ja!) – Entschuldigung! – Ein Asset Screening gab es ja dann ohnehin.

Mag. Philip Reading: Ja. Wir haben das nicht so ergebnisorientiert angelegt. Wir wollten nicht ein bestimmtes Ergebnis erzielen mit unserer Einschätzung, sondern wir wollten einfach möglichst neutral und objektiv das Vorliegen dieser definierten Kriterien bestätigen oder eben nicht.

Diese Einschätzung der Geschäftsplanung, die auch mit den Einreichungsunterlagen mitgeliefert wurde und die von uns eben skeptisch beschrieben oder beurteilt wurde, hat nicht direkt die Bewertung beeinflusst, die den Aktiva zugrunde lag, die wiederum der Capital Ratio zugrunde lagen. Das heißt, auch bei aller Skepsis über die zukünftigen Entwicklungen hätte es nichts daran geändert, dass sie zum Stichtag, auf den es ankam, die Basel-I-Kapitalanforderungen[3] erfüllt hat – durch den Einschuss der Mutter.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Es musste ja eine Zwischenbilanz vorgelegt werden. Gab es vonseiten der Wirtschaftsprüfung Deloitte eine prüferische Durchsicht, eine Vorabprüfung? Gab es da irgendetwas? (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Mag. Philip Reading: Es gab irgendetwas, ja. Ich kann Ihnen jetzt nicht im Detail sagen, in welchem Detaillierungsgrad hier Deloitte noch einmal eingeschritten ist. Aber grundsätzlich waren die Daten vorplausibilisiert worden, und – wie wir vorhin gesagt haben – nach dem 19. Dezember (Abg. Tamandl: Da kommen wir ja noch dazu!) kam noch einmal eine Rückfrageschleife zu Deloitte.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, da komme ich jetzt dazu.

Ich lege Ihnen das Dokument 1176088 vor (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt); meine Mitarbeiterin hat es Ihnen gerade vorgelegt. Da geht es um eine Besprechung vom 19. Dezember 2008 um 9 Uhr im Finanzministerium eben zu diesem Partizipationskapital. Von der Nationalbank war Frau Dr. Hrdlicka dort, Sie waren dort und Frau (Auskunftsperson Reading: Lang!) Diplom-Betriebswirtin Lang.

Auf der Seite 8 von 9 können Sie erkennen, da gab es zwei Pausen. Nach der zweiten Pause, unter „Timeout 2“, können Sie als allerletzten Satz lesen:

„Betreffend ,sound bank‘ gilt die Aussage der OeNB.“

(Auskunftsperson Reading: Ja!)

Erst hatte die Nationalbank mit not distressed begutachtet (Auskunftsperson Reading: Ja!), und dann kam es dazu: Man hat gesagt, die Hypo bekommt 900 Millionen an Partizipationskapital, nicht 1,45 Milliarden. (Auskunftsperson Reading: Ja!) – Sie haben ja gesagt, es ist ein bisschen von der Größe abhängig gewesen, wie viel Partizipationskapital man seitens der Republik gewähren möchte.

Ich gehe jetzt davon aus, dass dieser zitierte Satz, „Betreffend ,sound bank‘ gilt die Aussage der OeNB.“, zu dem geführt hat, was Ihnen Herr Kollege Matznetter vorhin vorgelegt hat, nämlich zu dem Brief, den Sie an Herrn Lejsek geschickt haben, am 23. Dezember, wo Sie noch einmal mit den Wirtschaftsprüfern, mit Herrn Mag. Becker, Kontakt aufgenommen haben.

Können Sie sich daran erinnern, was da besprochen wurde, was dann anders war oder konkret bestätigt werden musste seitens der Wirtschaftsprüfer? (Auskunftsperson Reading: Nein!)

Ich darf das präzisieren (Auskunftsperson Reading: Ja!): Mir kommt das so vor, als hätte das Finanzministerium gesagt: Gut, wir geben euch nicht 1,45 Milliarden, sondern wir geben euch 900 Millionen, aber nur dann, wenn die Nationalbank bestätigen kann, dass wir unter den Bedingungen einer sound bank dieses Partizipationskapital in der Höhe von 900 Millionen gewähren können! – Sie haben das meines Erachtens am 23. Dezember mit der Mitteilung an Herrn Mag. Lejsek bestätigt.

Können Sie uns ganz genau erläutern, wie Sie das gesehen haben und welche Prüffunktionen oder welche Gespräche da seitens Nationalbank und Deloitte vor sich gegangen sind? (Abg. Kogler: Hat die Auskunftsperson dieses 23.12.-Dokument auch?) – Von Herrn Kollegen Matznetter! Das hat er vorgelegt; ich habe es nur da. (Abg. Matznetter: 00101175694!) Ach so, Entschuldigung, die Nummer muss ich noch sagen für alle anderen.

Mag. Philip Reading: Ich habe sie. (Abg. Matznetter: 00101175694! Lieferant: Staatsanwaltschaft Klagenfurt! – Abg. Tamandl: Das hat Matznetter schon vorgelegt, danke!)

Ja, das ist natürlich etwas mysteriös geschrieben, „Betreffend ,sound bank‘ gilt die Aussage der OeNB“.  Wir haben aber nie etwas anderes gesagt als das, was in unserem Gutachten steht: not distressed im Sinne unmittelbar erforderlicher Rettungsmaßnahmen. Und wir haben es der Republik überlassen, zu entscheiden, ob sozusagen ein 4 minus – nach Schulnotensystem – den Schüler zum Aufsteigen berechtigt oder nicht. – So ist das zu verstehen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Na schon, aber da wäre ja meines Erachtens nicht noch ein Nachschuss einer Beratung oder einer Besprechung oder einer Nachforschung der Nationalbank mit dem Wirtschaftsprüfer nötig gewesen. (Auskunftsperson Reading: Na ja ...!) Dann hätten Sie ja sagen können: Gut, die Republik hat entschieden, wir sind aus dem Schneider!

Das Finanzministerium wollte von Ihnen aber noch einmal die Bestätigung, ob das auch tatsächlich mit Ihrem Gutachten, ob Sie das auch tatsächlich aufrechterhalten! Und ich sehe es so, dass der Brief vom 23. Dezember an Herrn Lejsek genau das noch einmal bestätigt.

Mag. Philip Reading: Es ging ja nicht um die Einschätzung, die Deloitte sozusagen bestätigen sollte, sondern das Zahlenwerk, das in dem Gutachten drin war. Das ist also nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Frage sound, sondern da geht es einfach sozusagen um die Due Diligence. (Abg. Tamandl: Hard Facts!) Im Rahmen des Papiers waren die Zahlen ausreichend plausibilisiert. Darum ging es eigentlich, es ging nicht um die Einschätzung. Da hat auch Deloitte keine Funktion gehabt, weder in der Einschätzung not distressed noch in der Einschätzung sound.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie viel Zeit habe ich noch, Herr Vorsitzender?

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Eindreiviertel Minuten.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Dann möchte ich noch zum Thema Regierungskommissär kommen. (Auskunftsperson Reading: Ja!)

Wir haben heute am Vormittag – und Kollege Matznetter hat es auch vorhin versucht – folgende Frage erörtert: Wenn beispielsweise nach dem Wochenende vom 14. Dezember 2009 am Montag in der Früh, als die Bank die Pforten öffnete, der Regierungskommissär dringesessen oder ‑gestanden wäre, was hätte das für eine Auswirkung gehabt? Und wann kommt der Regierungskommissär überhaupt erst zum Einsatz? Ist die Bank dann schon tot? Ist die Bank knapp vor der Insolvenz? (Auskunftsperson Reading: Ja, sie ist ...!)

Können Sie uns das ausführen? Ich glaube nämlich, dass das auch ein entscheidender Punkt ist, nämlich hinsichtlich all der Auswirkungen, was den Bank Run betrifft: dass die Leute Sparguthaben abgezogen hätten, Einlagen abgezogen hätten. Können Sie uns das noch einmal ganz genau erläutern? Und auch die drohende Insolvenz? – Sonst setzt man ja keinen Regierungskommissär ein!

Mag. Philip Reading: Es ging zu diesem Zeitpunkt um die drohende Illiquidität. Zum Unterschied von 2008, als die Liquiditätssituation so weit in Ordnung war, gab es 2009, nachdem fast vier Wochen lang in den Medien darüber spekuliert worden war, wer diese Bank am härtesten fallen lassen wird, Österreich oder Bayern, natürlich eine sehr große Nervosität unter den Einlegern und Investoren. Die Illiquidität war hier das unmittelbar drohende Problem. Ein Regierungskommissär hätte dann die Möglichkeit gehabt, Zahlungen zu unterbinden, speziell auch Zahlungen an den Eigentümer; also nicht dass der Eigentümer in dieser Situation noch schnell seine Liquidität in Sicherheit bringt. (Abg. Tamandl: Mhm!)

Das hätte natürlich in der internationalen Presse eine verheerende Wirkung auf letztlich das ganze österreichische Bankensystem gehabt. Es war ja auch die Sorge, die, wie uns vom Gouverneur berichtet wurde, der Präsident der EZB ausgedrückt hat, dass eine solche Maßnahme sämtliche dem Staatssektor nahen Kreditinstitute in Europa in Verdacht bringen würde. Es war also auch in dieser Hinsicht sehr große Sorge vorhanden.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben vorhin schon den September 2008 und die Lehman-Pleite geschildert. Sie schildern jetzt, was es bedeutet hätte, wenn nach dem Wochenende ein Regierungskommissär am Montag in der Früh in der Bank gestanden wäre. Frau Griss hat in ihrem Bericht immer davon gesprochen, dass die Verstaatlichung nicht alternativlos war.

Jetzt weiß ich schon, Sie werden mir hier wahrscheinlich nicht großartig sagen können, wie Sie das heute sehen. Ich möchte aber trotzdem von Ihnen eine Einschätzung dazu haben: Wenn diese nächtliche Sitzung und diese Notverstaatlichung nicht gewesen wären, was wäre dann am Montag in der Früh gewesen? (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) – Die Bank wäre unter Kuratel gestanden, sie wäre mausetot gewesen, und es hätte wahrscheinlich eine massive Auswirkung auf den gesamten österreichischen Banken- und Finanzstandort gegeben.

Mag. Philip Reading: Ja. (Abg. Tamandl: Ja?) Ja, kann ich in jedem Punkt bestätigen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Und die Haftungen – wenn die Bank in Insolvenz geht – seitens Kärnten wären auch sofort schlagend geworden?

Mag. Philip Reading: Ja.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Danke.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Waren Sie irgendwann bei den Verstaatlichungsverhandlungen dabei?

Mag. Philip Reading: Nein.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Eben! Dann kommen wir zu den Themen, wo Sie dabei waren, und spekulieren wir nicht über das, worüber alle ohnehin schon fünf Jahre lang spekulieren.

Am 19.12. hingegen waren Sie dabei. Die Vorgeschichte – das kürzen wir jetzt alles ab, Sie sind ja schon der Vierte im Bunde von der Notenbank – waren diese Mail-Verkehre. Dann sind Sie einkopiert in den Mail-Verkehr, wo es darum geht, dass Frau Turner-Hrdlicka schreibt: Es wäre doch eine gute Idee, wenn wir nur eine verbale Beschreibung ohne explizites Ja/Nein machen müssen. Das soll das Ministerium machen: Steigt der Prüfling auf oder nicht?

Das haben Sie ja selbst so verwendet. (Auskunftsperson Reading: Mhm!) – Das ist die Vorgeschichte. Passt.

Jetzt wird fleißig gearbeitet. In der Nacht werden die Dokumente ausgetauscht, und am 19.12. spazieren Sie ins Finanzministerium, um dort einmal was zu tun? – Sie sind mit Frau Hrdlicka, oder auch getrennt voneinander, das ist mir wurscht, auf dem Weg ins Finanzministerium. – Was finden Sie dort vor? Wie hat sich dieser Besprechungsbeginn am 19.12. zugetragen? (Auskunftsperson Reading: Wie uns der Termin zugetragen wurde?) – Nein, wie Sie dort , wie der Termin ... (Auskunftsperson Reading: Wie er sich zugetragen hat?) Ja, genau.

Mag. Philip Reading: Es war eine größere Runde von Vertretern der Bank, vom Vorstand der Bank waren Personen dort, vom Finanzministerium, vom Bundeskanzleramt, von der Finanzprokuratur, von der FIMBAG möglicherweise auch, das kann ich jetzt nicht mit Sicherheit sagen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Am 11. ist sie gegründet worden, aber ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob die vielleicht vorab ... Aber es steht sowieso im Protokoll, wer dort war.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, ja, wir haben ja ein Protokoll. Witzigerweise scheint es ... (Auskunftsperson Reading: Ich habe es nicht!) Ja, eben! Ich komme Ihnen ja nicht von der verkehrten Seite wahrscheinlich zu Hilfe. Ihre Aussagen decken sich mit meinen Hypothesen.

Mag. Philip Reading: Ich hatte es vorhin, aber es hat wieder jemand weggenommen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Moment! Das ist ein Protokoll, das offensichtlich nur für das Finanzministerium angefertigt wurde, weil Sie gar nicht auf dem Verteiler ... Ich werde es Ihnen dann schon bringen. Ich frage Sie jetzt nur, was Sie dort sozusagen erwartet hat. Wen alles vom Finanzministerium haben Sie in Erinnerung, die dort dabei waren?

Mag. Philip Reading: Vor allem Mag. Lejsek natürlich.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, sehr gut. Herr Höllerer vom Kabinett?

Mag. Philip Reading: Ehrlich gesagt war er bei solchen Sachen meistens dabei, aber ich habe ihn jetzt nicht konkret ... Aber es steht eh im Protokoll, dass er drin war.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber ich frage Sie nach Ihren Wahrnehmungen! Das ist nicht unerheblich, wie Sie sich erinnern können.

Mag. Philip Reading: Aber wissen Sie, die Wahrnehmungen ... Wenn man schon sehr viele Protokolle gelesen hat und viele Berichte, auch Rechnungshofberichte und Griss-Berichte: Man weiß schon nicht mehr genau, was man gelesen hat und woran man sich noch erinnern kann!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Genau. Nur da scheint ein Protokoll angefertigt worden zu sein, das Ihnen nicht einmal zugegangen ist. Deshalb frage ich Sie ja nach Ihren Wahrnehmungen. Das ist oft sehr hilfreich, weil im Nachhinein – nicht nur im Vorhinein die heiße Kartoffel hin und hergeschoben wurde –, weil im Nachhinein, ganz offenkundig bis herauf zu den jüngsten Berichten des Rechnungshofes, für uns eindeutig ist, dass einerseits die Notenbank die Sache immer noch in Richtung BMF schiebt, bis heute, und das Finanzministerium anständig auf die Notenbank losschlägt. (Auskunftsperson Reading: Ja!) Das ist die Situation, die wir jetzt vorfinden. Das ist aber keine Kunst, denn mittlerweile wissen wir, dass das damals nichts Gutes war.

Fahren wir also fort! In dieser Sitzung hat es Verhandlungen mit den Bayern gegeben, und – ich kann es ja so weit schon einmal verraten (Auskunftsperson Reading: Mit den Bayern?) – es hat auch nur Besprechungen innerhalb der Republikvertreter gegeben. Was können Sie dem Ausschuss zu diesen Bereichen sagen, wo die Bayern nicht dabei waren? Die Vorbesprechung war einmal ohne Bayern. Was ist da passiert?

Mag. Philip Reading: Moment! Wir sprechen vom Dezember 2008?

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, vom 19.! (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Mag. Philip Reading: Da waren keine Bayern, glaube ich.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, die Vertreter der Hypo Alpe-Adria, entschuldigen Sie! (Auskunftsperson Reading: Ach so!) Herr Sturm von der BayernLB war im Übrigen auch dabei. (Auskunftsperson Reading: Aha!) Aber ich habe mich versprochen, danke.

Mag. Philip Reading: Okay.

Also die Bank hat ihre Lage noch einmal geschildert. Dann gab es auch, glaube ich, Fragen zum Businessmodell und zu den Absichten in Osteuropa. Es gab dann etliche Fragen an uns zu dem Gutachten. Da ging es letztlich um einen Faktencheck, bestimmte Punkte wurden angesprochen.

Aber ich muss sagen, es ist sieben Jahre her (Abg. Kogler: Okay!), ich kann jetzt über den Ablauf nichts sehr, sehr Fundiertes sagen. (Abg. Kogler: Gut, aber ...!) Ich wäre froh, wenn ich das Protokoll hätte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, Sie können das jetzt auch haben, aber so weit werden Sie das ja noch einordnen können, dass es damals sehr wohl eine Rolle gespielt hat, was der Inhalt Ihres Gutachtens war, und dass speziell diese Formulierung non-distressed noch einmal eine Rolle gespielt hat. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Es gibt zwei Pausen, „Timeout 1“ und „Timeout 2“, und ich lenke Ihre Aufmerksamkeit – um das alles abzukürzen – auf „Timeout 2“. Das ist in Ihrer Unterlage, glaube ich, die Seite 8.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte gleich die Dokumentennummer dazusagen!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Die Dokumentennummer ist 01176088, die hatten wir heute schon. (Der Redner blättert in seinen Unterlagen.) – Ich habe immer das Privileg, dass mir die Dinge so zugespielt werden und keine Dokumentennummer drauf ist.

Ja, da ist ein „Timeout 2“, und ich frage Sie: Können Sie sich erinnern – unabhängig davon, dass man den Vorschlag macht: 900 Millionen –, wie es jetzt dazu kommt – an der Stelle; das ist ja offenkundig, denn bis dorthin war im ganzen Protokoll, so oft das Thema aufgetaucht ist, nur von non-distressed die Rede –, wie es jetzt dazu kommt, dass man das plötzlich, unmittelbar nach diesem „Timeout 2“, der Hypo Alpe-Adria vom Bund aus zu den Auflagen und Bedingungen einer sound bank anbietet? – Das können Sie im Absatz unmittelbar darunter lesen.

Was ist hier vorgegangen? Wir müssen annehmen, bis zu diesem „Timeout 2“ war die Formel immer non-distressed. Jetzt auf einmal wird der Hypo angeboten: zu den Bedingungen einer sound bank! Was ist da passiert? – Wenn Sie das jetzt mitlesen dürfen; dabei waren Sie ja; wir waren nicht dabei.

Mag. Philip Reading: Ich kann es jetzt im Detail leider nicht mehr sagen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Na dann gehen wir es einmal der Reihe nach durch!

Der Betrag ist 900 Millionen, das interessiert gar nicht so sehr, wie wir wissen; ob das PartKapital geflossen ist, auch nicht unbedingt. Da steht aber schon unter „Timeout 2“ „als ‚sound bank‘ zu behandeln“.

Haben Sie eine Erinnerung daran, wer – seitens der Republik – vorgeschlagen hat, eine Sound-Bank-Behandlung walten zu lassen? Vorher haben Sie immer Herrn Lejsek angeboten. – War es Herr Lejsek?

Mag. Philip Reading: Ich kann es nicht sagen, wer es vorgeschlagen hat. Ob das …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Haben Sie auch Fieber gehabt oder was? (Auskunftsperson Reading: Nein!) Das gibt es ja nicht. Wir befragen hier dauernd die Leute, es ist das zentrale Gutachten von Ihnen (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen), und am Schluss stellt sich heraus, dass überhaupt keiner irgendetwas wissen will. Dann müssen wir davon ausgehen, dass das Protokoll genau so passt, wie es hier steht. (Auskunftsperson Reading: Also ...!)

Sie haben keine Erinnerung daran, wer das vorgeschlagen hat?

Mag. Philip Reading: Ich hätte natürlich mehr beitragen können, wenn ich das Protokoll vor sieben Jahren bekommen hätte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das verstehe ich ja. Das ist auch nicht korrekt, finde ich, dass das BMF Ihnen das ganz offenkundig nicht hat zukommen lassen.

Jetzt steht da, dass Herr Mag. Höllerer mit dem Herrn VK – also HVK, Vizekanzler – telefoniert.

Das ist doch ein einschneidender Vorgang. Alles spitzt sich zu, Tage und Nächte wird gearbeitet, alle loben wechselseitig die Mitarbeiter – ich schließe mich diesem Lob an, sofern sie fleißig und kompetent waren –, und jetzt treibt das auf die entscheidende Sitzung zu. Dann gibt es eine entscheidende Sitzungsunterbrechung, und auf einmal ist die Bank sound, und der Steuerzahler bleibt über.

Im Nachhinein wissen wir es besser, ja.

Jetzt frage ich Sie: Können Sie sich wenigstens daran erinnern, dass der Herr Höllerer oder der Herr Lejsek den Herrn Vizekanzler angerufen haben? Das ist doch etwas, das man sich irgendwie merken könnte.

Mag. Philip Reading: Ich weiß gar nicht, ob er es im Saal gemacht hat oder es draußen war. Das kann ich nicht ... (Abg. Kogler: Aber es ist offensichtlich einberichtet worden!) Ja (Abg. Kogler: Ja!), aber ob er mit dem Vizekanzler selbst gesprochen hat oder mit Mag. Wieser oder … – Keine Ahnung!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Egal.

Hat Ihrer Wahrnehmung nach irgendwer darüber berichtet, dass der Vizekanzler sagt: 900 okay!, betreffend sound bank so wie die Notenbank das sagt!?

Mag. Philip Reading: Wenn ich jetzt ein Filmregisseur wäre, könnte ich Ihnen die Szene jetzt leider nicht nachstellen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Okay. – Was können Sie nachstellen? 

Das ist wirklich witzig! Die eine Person hat plötzlich eine Grippe, die andere hat einen Filmriss, und der Steuerzahler bleibt über. (Zwischenruf der Abg. Tamandl. – Auskunftsperson Reading: Ehrlich gesagt, …!) Ich denke, man müsste irgendeine Art von grober Erinnerung entwickeln. (Auskunftsperson Reading: Wie gesagt, mehr, als dass …!) Sie können ja sagen, das ist alles falsch, was da steht. (Auskunftsperson Reading: Ich kann eine Erinnerung ...!) Ich frage Sie nach dem, was Sie wissen oder zu wissen glauben.

Mag. Philip Reading: Ich kann nur leider eine Erinnerung nicht entwickeln. (Abg. Kogler: Bitte?) Eine Erinnerung kann nur abbröckeln, sie kann sich nicht entwickeln.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, und Sie erinnern sich jetzt woran genau – Bezug habend mit der Involvierung des Herrn Bundesministers und Vizekanzlers?

Mag. Philip Reading: Ich kann keine Details über das, was hier hinausgeht, beitragen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber Sie bestreiten auch nicht, was da steht?

Mag. Philip Reading: Nein, bestreiten kann ich es auch nicht. Ich weiß das Ergebnis und dass wir nachher noch To-dos hatten.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Gut, passt. Die Sitzungsunterbrechung ist vorbei. Das haben wir jetzt im Protokoll.

Wer hat denn dann gegenüber der BayernLB, nein, gegenüber der Hypo das Wort geführt? War das der Herr Lejsek? Wissen Sie das noch? (Auskunftsperson Reading: Tut mir leid!)

Hat die Notenbank dort die Verhandlung geführt? (Auskunftsperson Reading: Nein!)

Hat das BMF die Verhandlung geführt? (Auskunftsperson Reading: Ja!)  Okay, also vermutlich Lejsek oder Höllerer?

Mag. Philip Reading: Lejsek oder Höllerer, ja. Peschorn war natürlich auch immer prominent dabei.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Einer von den beiden – wir müssen Zeit sparen – hat offensichtlich mitgeteilt, dass der Bund unter den Auflagen und Bedingungen für eine sound bank zeichnet. Mehr kriegen wir aus Ihnen nicht raus! Das ist aber ohnehin schon sehr, sehr viel, und wir stoppen das jetzt an dieser Stelle.

In dem Zusammenhang der Glaubwürdigkeit der Hypo sind Sie ein Kopf – und das spielt ja alles eine Rolle. Wenn es dann Richtung Verstaatlichung geht, ist es die FMA, die Notenbank, alle haben es immer schon gewusst, dass sie jahrelang der Hypo eh nichts geglaubt haben. Ich bin jetzt aber noch in einer Zeit davor.

Am 25.11. schreibt Frau Hrdlicka auch an Sie, dass ein Dörhöfer-Gespräch stattgefunden hat, Risikovorstand. Das ganze Jahr über haben wir ja schon die Situation, dass die Gewinnprognosen von ursprünglich knapp 300 plus in Ihrer Stellungnahme sich dann auf minus 420 bewegen – das sind eh schon einmal 700 Millionen Miese –, und dann geht es immer darum, dass Sie ja, und der Wirtschaftsprüfer und so weiter, plausibilisieren, dass das ganz in Ordnung ist. Für 2009 prognostiziert Dörhöfer aber (die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen) – das sehen Sie ganz dunkelgrau untermalt auf Ihrer Kopie –, dass in den Kreditrisikobereichen und Bereinigungsbereichen weiterer Bedarf erwartet wird – no na net! –, weil die Wirtschaftskrise sich aus der Finanzkrise herausschälen wird.

Vor dem Hintergrund: Wie erklären Sie die Aussage, dass Ihr Institut – Sie selbst waren es ja eh nicht federführend – alles plausibilisiert hat, was da dahergekommen ist, auch die ganzen Gewinnprognosen, nämlich mit der Best-Case-Behauptung, dass ja im 2008er-Jahr ohnehin schon die Kreditleichen beseitigt wurden und deshalb für 2009/10/11 die Welt eine viel bessere sein wird? (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) Das haben wir mit anderen hier schon erörtert.

Ich frage Sie jetzt: Hat das für die Nationalbank eine Rolle gespielt in der Bewertung, dass, auch unmittelbar bevor Sie Ihre sogenannte Kurzstellungnahme rauslassen, Dörhöfer schon wieder sagt: Nächstes Jahr ist es anders, als wir vorher erzählt haben!? (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Das geht das ganze Jahr so dahin und im November auch noch – und im Dezember erklären Sie alles, was von dort kommt, für plausibel.

Mag. Philip Reading: Das war jetzt das Vorstellungsgespräch[4] von Herrn Dörhöfer, wir hatten mit ihm keine Historie gehabt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber es steht ja da, was er sagt: Es steht (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen): 2009 gibt es weiteren Wertberichtigungsbedarf. Die haben wir schon gestellt, die Frage.

Mag. Philip Reading: Ja. Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir in der Stellungnahme geschrieben, dass – gegeben die Tatsache, dass 2007 und 2008 bereits einige doch hohe Wertberichtigungen in der Bank angewendet wurden – eine Verringerung 2009 nicht an sich unplausibel ist, allerdings haben wir damals das Ausmaß dieser Verringerung kritisch gesehen. Also wir hätten eine geringere Verringerung für plausibler gehalten.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Nächste Fragerunde. – Bitte, Herr Abgeordneter Vavrik.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Ich möchte anschließen an dasselbe Dokument wie Herr Kollege Kogler, an dieses Protokoll der Sitzung vom 19., wo dann – nach Ihrer Aussage – eigentlich der Beschluss gefasst worden ist, diese 900 Millionen zu gewähren.

Sie haben ja vorhin gesagt, nach Ihrer Wahrnehmung war es nicht vorentschieden, sondern es wurde tatsächlich am 19. im Rahmen dieser Sitzung beschlossen, diese 900 zu gewähren, unter anderem auf Grundlage Ihrer Stellungnahme.

Als allerallerletzter Punkt im Dokument steht – ich zitiere –: „(...) die Mitteilung der OeNB, dass (...) eine ‚sound bank‘ vorliegt, (...) erfolgten am 22. und 23. Dez. 2008.“

Also offensichtlich ist schlussendlich, auch aufgrund einer Mitteilung seitens der OeNB, diese Sache mit not distressed doch in eine sound bank einzementiert worden. Und es wurden auch ... (Abg. Kogler: Das schreibt das BMF!) Ja, das BMF schreibt das. (Abg. Kogler legt Abg. Vavrik ein Schriftstück vor.) Das BMF schreibt, aber bezieht sich auf eine Mitteilung seitens der OeNB vom 22. und 23.

Das können nur Sie gewesen sein, Sie waren der höchstrangige Vertreter der OeNB bei den Verhandlungen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es von jemandem anderen kam als von Ihnen. Sie haben also bestätigt: doch sound bank.

Mag. Philip Reading: Ich habe die Aussagen vom vorangegangenen Freitag bestätigt, also aus unserer Stellungnahme.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Okay, also das heißt, das BMF hat mit anderen Worten, sagen Sie, überinterpretiert.

Mag. Philip Reading: Könnte man sagen, ja, aber es ist natürlich das Ergebnis dieses Meetings gewesen (Abg. Vavrik: Das ist das Ergebnis des Meetings?), dass wir die Sound-Bank-Konditionen auf Basis unserer Not-distressed-Beurteilung bekommen sollen.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): In diesem Meeting wurde also der Beschluss gefasst. Sie waren Teil der Verhandlungen.

Mag. Philip Reading: Nein, ich war Beobachter der Verhandlungen, also ich war nicht ... (Abg. Vavrik: Sie waren Beobachter?) – Ich war nicht einge..., ich habe nicht verhandelt.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Aber Sie waren, glaube ich, mehr als Beobachter. Sie haben auch Ihre Stellungnahmen vorgelegt. Es wird immer wieder darauf verwiesen. Schlussendlich wurden ja die 900 Millionen zu Konditionen einer sound bank gewährt. (Auskunftsperson Reading: Ja!) Das ist ja sicher nicht im Sinne des Ecofin-Rats. Der Ecofin wollte ja vermeiden, dass hier wettbewerbsverzerrende Konditionen vergeben werden. In einem privatrechtlichen Kontext, Herr Magister, grenzt der ganze Vorfall an Untreue. Entschuldigung, dass ich das Wort jetzt in den Mund nehme!

Ich kann nicht glauben, dass es, von Ihrer Seite aus, eine Inkompetenz ist, nach dem Lebenslauf, den Sie uns geschildert haben, nach Ihrer Erfahrung. Sie waren jeden Tag am Morgen in diesen Krisenmeetings und so weiter, also Sie haben sich sicher nicht über den Tisch ziehen lassen. Und das von nicht distressed auf sound und Konditionen, das muss für Sie offensichtlich gewesen sein. (Auskunftsperson Reading: Ich darf noch einmal ...!) Wer hat Druck auf Sie gemacht, das muss sound sein?

Mag. Philip Reading: Niemand hat Druck auf mich gemacht oder auf irgendjemanden.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Wer hat den Wunsch geäußert, dass es sound sein sollte?

Mag. Philip Reading: Na ja, die Bank hat natürlich angestrebt, sound zu sein. (Abg. Vavrik: Ja, die Bank!) Und die Bank hat ja auch in Hinblick darauf diesen Kapitaleinschuss Anfang Dezember getätigt.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Aber entschieden hat das BMF?

Mag. Philip Reading: Ja.

Noch einmal – wenn ich zum wiederholten Male dieses Schulnoten-Beispiel verwenden darf –: Ein Lehrer kann einen Schüler mit 4 minus benoten, aber die Konferenz oder der Stadtschulrat oder wer auch immer entscheidet, ob ein 4 minus zum Aufsteigen noch genügt oder nicht, meistens die Konferenz, wenn ich mich richtig erinnere, und so war das auch hier. Wir haben keine vorgefasste Absicht verfolgt, mit unserer Einschätzung ein bestimmtes Ergebnis herbeizuführen, aber wir waren uns bewusst, dass das Ministerium mit unserer Einschätzung sowohl ein sound als auch ein distressed hätte schlussfolgern können. (Abg. Kogler: Schuldirektor Pröll ruft an und sagt: Der Schüler steigt auf!)

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): In dieser Sitzung am 19. war auch ein Vertreter des Wirtschaftsprüfers, Magister Becker, dabei (Auskunftsperson Reading: Der Wirtschaftsprüfer?) – der Wirtschaftsprüfer (Auskunftsperson Reading: Ja!) –, und der – ich weiß nicht, ob er auch mitverhandelt hat – hat wiederholt auch die Ansicht unterstützt, dass die Zahlen stimmen. Er kennt die Bank gut, das ist alles okay, alles sehr konservativ. Das sind seine Worte, zumindest im Protokoll wiedergegeben.

Überrascht Sie das, zumal sich doch sechs Monate später herausgestellt hat, dass die Lage doch viel, viel schlimmer war? (Auskunftsperson Reading: Überrascht mich die Aussage des Herrn Becker?) – Ja.

Mag. Philip Reading: Nein, er hat nach seinen Methoden die Aktiva geprüft. Er kann ja auch nichts anderes sagen, als dass seine Arbeit die Lage fair abbildet. – Das ist ja das, was er letztlich als Wirtschaftsprüfer zu überprüfen hat. Also was wird ein Wirtschaftsprüfer anderes sagen, als dass die Zahlen, die von seiner Firma plausibilisiert sind, auch konservativ sind?!

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Okay. Ich setze fort in der nächsten Runde.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Mag. Reading! Es passt jetzt sehr gut im Ablauf, und ich möchte gleich in der Frage weitermachen.

Die erste Frage war: Wie geht es einem Gutachter, der gleichzeitig Lender of last resort ist und selbst zahlen muss? Das haben wir in der letzten Runde gemacht.

Ich komme jetzt zur Rolle der Wirtschaftsprüfer, sprich Bankprüfer. Ich glaube, es ist kein Geheimnis, dass ich mich schon mehrfach habe fremdschämen müssen bei dem, was wir hier an Auskunftspersonen seitens der Wirtschaftsprüfer bekommen haben.

Was mich jetzt interessiert, ist: Wie geht die OeNB mit den Daten um, wenn sie gleichzeitig weiß, dass der Wirtschaftsprüfer im Falle einer Insolvenz ein gehörig Maß an Problem hat? – Und gleich als Ergänzung dazu: derselbe Wirtschaftsprüfer, der schon einmal ein Testat einer Bank widerrufen musste, und zwar weil sich nachträglich herausgestellt hat, dass das Eigenkapital nach den Vorschriften des BWG nicht ausreichend war, derselbe Prüfer, der in der Folge weitergeprüft hat.

Hat die OeNB – und das betrifft diesen Vorgang, aber auch dann, was das Jahr betrifft, wenn wir zur Verstaatlichung kommen – nie Bedenken gehabt, so etwas ungeprüft zu übernehmen und auch zu akzeptieren und nicht zu hinterfragen?

Mag. Philip Reading: Das, was Sie ansprechen, dass das Testat zurückgezogen werden musste, betraf ja einen konkreten, eigentlich strafrechtlich relevanten Fall. (Abg. Matznetter: Mhm!) Und dass es die Wirtschaftsprüfer wahrscheinlich nicht leicht haben, angesichts der Systeme, die in der Bank vorhanden waren, ihre Arbeit zu machen, war uns auch klar, aber wenn wir geprüfte Zahlen bekommen, arbeiten wir damit.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich sage Ihnen ehrlich, Herr Magister, ich verstehe das rundherum gar nicht. Wir haben hier an dem Tisch schon erlebt, dass man ein Jahr, nachdem das Testat wegen Bilanzfälschung zurückgezogen werden musste, eine Anzeige bei der FMA macht, dass der Vorstand sich selbst bei einem Kunden beauftragt und wir versuchen, dem nachzugehen, wieso da nicht weiter ermittelt worden ist, und gesagt wird, der Wirtschaftsprüfer hat gesagt, das war alles ein Irrtum und alles okay.

Man glaubt das einfach. Ich meine, ich finde das ja super. Ich würde mir in meinem Privatleben wünschen, dass dieser Vertrauensvorschuss, der bei der Arbeit den WPs entgegengebracht wird, … auch für alle anderen Dinge gilt. Leider ist es nicht immer so; vor allem die Damen sind da kritischer.

Aber zurück zu der Fragestellung hier: 900 Millionen € Steuergeld, und Ihr Brief, den wir vorhin hatten, das mit dem 23. Dezember, ist ja nichts anderes als einfach die vier Zeilen, die wir jetzt im Protokoll des BMF lesen, von dem, was Ihnen Mag. Kogler gegeben hat. Wenn Sie dort auf Seite 7 von 9 schauen, so steht dort nach „Timeout 1“ genau das, was Sie bestätigen.

Blöderweise liest sich Ihr Schreiben so, als hätten Sie die vier Punkte runterdiktiert und – wie Herr Becker – gesagt, wir glauben uns das alle, machen wir weiter.

Ist das möglich, dass man aufgrund des Drucks – wir haben alle erlebt, wie schwierig der Herbst 2008 war –, mit der Weisheit des Rückblicks, hier vielleicht eine detailliertere Nachfragestellung unterlassen hat, weil man angenommen hat, es ist so kritisch, dass man die Zeit dafür nicht hat?

Mag. Philip Reading: Lassen Sie mich kurz überlegen, worum es sich hier genau gehandelt hat, bei der Nachfrage nach dem Wirtschaftsprüfer. (Abg. Matznetter: Seite 7 von 9!) Ja.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Seite 7 von 9 von dem Dokument 00101176088, Lieferant Staatsanwaltschaft Klagenfurt. Das war dieses Protokoll aus dem BMF hinsichtlich der Sitzung vom 19.12.2008, 9.00 Uhr, BMF. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Das sind fettgedruckt vier Punkte: „1. Ad OeNB:“, „2. Ad Wirtschaftsprüfer:“, „3. Ad HGAA:“, „4. Ad BayernLB:“.

Mag. Philip Reading: Ja, hier handelt es sich eben darum, dass offenbar die Wirtschaftsprüfer sich irgendwelche Disclaimer angebracht hatten mit ihrer Aussage, und die sollten wohl abgeschwächt werden.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Wie würden Sie es im Rückblick sagen, da offensichtlich auch der Eigentümer BayernLB wenige Monate später ja eine Reevaluation hinsichtlich der Assets in Auftrag gegeben hat? (Auskunftsperson Reading: Ah so, ja, sechs Monate später!) Übrigens nicht bei Deloitte, sondern meines Wissens bei PwC. (Auskunftsperson Reading: Bei PwC, ja, das ist der Prüfer der Bayerischen Landesbank!)

Sagen Sie uns auch, mit welchem Ergebnis diese Asset-Evaluation der PwC elf Monate nach diesem ominösen 19. Dezember ausgegangen ist?

Mag. Philip Reading: Es gab einen Wertberichtigungsbedarf zwischen 900 und 1,2 Milliarden in etwa.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ungefähr das Gegenteil von dem, was hier der Vorstand bei der Begründung des Antrages erläutert hat. Die haben erläutert, dass der Abschreibungsbedarf erfüllt ist und die … zu fair risk gegeben ist.

Mag. Philip Reading: Ja, aber das ist der Abschreibungsbedarf zum Zeitpunkt ...

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ja, 2008, ich weiß schon, elf Monate später, durch eine andere Kanzlei.

Kam Ihnen nie der Verdacht, dass das seitens der Prüfer nicht ausreichend streng und konservativ vorgenommen wurde?

Mag. Philip Reading: Wir können nicht jedem Prüfer sozusagen nachwassern, wir können die Arbeit der Prüfer nicht wiederholen oder gar nachmachen.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Das ist klar.

Mag. Philip Reading: Oder statt ihnen machen. Wir müssen mit den Zahlen arbeiten, die sie uns liefern. Wir hatten immer wieder einmal Meinungsverschiedenheiten mit Prüfern, ja, aber wenn Sie fragen: Kam mir nie der Verdacht? – Also ein Verdacht in der Tiefe und Größe und Vorhersicht, Voraussicht, dass ich jetzt gesehen hätte, hier könnte eigentlich 1 Milliarde Verlust schlummern, nein, der kam mir nicht. Das war auch außerhalb jeder Erfahrung.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Sie haben das Schulbeispiel gebracht, ich nenne ein einfacheres: Ich fahre mein Autopickerl machen, und ich habe nicht generell den Verdacht, dass Werkstätten schlecht arbeiten. Wenn ich aber bei einer Werkstätte war und mich nach der Überprüfung – und als solches bezeichne ich den Bestätigungsvermerk für die Bilanz des Jahres 2004 – beim Rausfahren aus der Werkstätte nach drei Ecken das Rad überholt, weil die Schrauben nicht angezogen waren: Würden Sie bei einer solchen Werkstätte beim nächsten Mal selbstverständlich annehmen, dass die hervorragend sorgfältig arbeiten? Ich versuche das nur zu übersetzen fürs p.t. Publikum.

Mag. Philip Reading: Ich glaube nicht, dass es dieses Vergleichs bedarf, um zu verstehen, dass die Bewertung von solchen Assets außerordentlich schwierig ist. Das brauche ich Ihnen nicht zu erklären.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich brauche nicht … Ich finde das eh sympathisch, dass man alles glaubt, aber noch einmal: Mir geht es ja auch um die Haftungsfrage bei Gutachten. Mir geht es darum, dass mit der notwendigen Sorgfalt Interessenkollisionen und Eigeninteresse ausgeschaltet werden. Wir wollen ja nachher die Situation verbessern, damit uns so ein Unfall nicht mehr passiert. Und jetzt versuchen wir, herauszufinden, wo das Multiorganversagen – Griss-Bericht – vorliegt, und zu den Organen gehören auch die Bankprüfer als unabdingbarer Teil des Sicherungssystems. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) – Danke, ich bin gleich fertig.

Meine Frage ist: Wieso gab es dieses grundsätzliche Mindestmisstrauen nicht? So wie ich Sie frage: Haben Sie genügend Vorsorge getroffen? Da die OeNB gleichzeitig Zahlende wäre, wenn es nicht die Republik zahlt, fühlen Sie sich dann noch als unabhängiger Gutachter? Und was haben Sie getan, um die Compliance einzuhalten?

Dieselbe Fragestellung, hat die je stattgefunden in dem Sinne – weil Sie sich ja auf die Arbeit der Bankprüfer, in dem Fall der Wirtschaftsprüfer, stützen – gegenüber dem Wirtschaftsprüfer? Hat man da je die Frage gestellt: Freunde, seid ihr nicht auch befangen in der Frage? Was passiert mit euch, wenn die Bank über den Jordan geht?

Mag. Philip Reading: Nein, diese Diskussion wurde nicht geführt.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Okay, danke. – Weiteres in der nächsten Runde, Herr Vorsitzender!

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bevor wir mit den letzten Fragerunden beginnen, unterbreche ich die Sitzung bis 17.05 Uhr, damit sich jeder frischmachen kann.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 16.54 Uhr unterbrochen und um 17.06 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

17.06

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und ersuche, die Plätze einzunehmen.

Als nächsten Fragesteller habe ich Herrn Abgeordneten Mag. Vavrik auf meiner Liste. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Machen wir weiter! Herr Magister, ich bewundere Ihr blindes Vertrauen in die Wirtschaftsprüfer, insbesondere Herrn Mag. Becker, aber ich möchte schon darauf hinweisen, dass sich doch nachher herausgestellt hat, dass zumindest die Bilanz 2009 falsch war, und das behaupte nicht ich.

Im Rahmen des Prozesses zwischen Hypo und Bayerischer Landesbank in München sind zwei Gutachten erstellt worden, eines von AKKT betreffend die Kreditfälle und ein zweites Gutachten von Kleiner & Kleiner betreffend das Leasinggeschäft, und beide kommen zum Schluss, dass eine Bilanzfälschung vorlag, und haben eine EWB von über 1 Milliarde geschätzt. Und diese zwei Gutachten haben auch die FMA dazu bewegt, eine Sachverhaltsdarstellung vorzulegen, leider zu spät, denn das Ganze war verjährt, was natürlich nicht für die Effizienz unserer obersten Prüfungsorgane spricht. – So viel jedenfalls zur Glaubwürdigkeit und, ich würde sagen, so viel zur Ehrlichkeit der Wirtschaftsprüfer.

Noch einmal: Ist Ihr Vertrauen in Herrn Becker heute angesichts dieser Tatsachen noch immer so unerschütterlich?

Mag. Philip Reading: Ich bin nicht sicher, was das mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun hat, wie mein Vertrauen zu Herrn Becker jetzt ist.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Es geht darum, ob Sie nicht doch im Nachhinein zum Schluss gekommen sind, dass Sie vielleicht die Zahlen und die Behauptungen des Wirtschaftsprüfers, des Herrn Mag. Becker, zu ungeprüft übernommen haben.

Mag. Philip Reading: Also aus der damaligen Sicht war das Wissen um die von Ihnen referierten Verurteilungen und Fälschungen nicht möglich, weil sie noch nicht stattgefunden hatten.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Aus der damaligen Sicht? – Es handelte sich um eine Bank, bei der die Alarmglocken schon seit Jahren klingelten, also es war nicht eine Bank …

Mag. Philip Reading: Ja, wir haben sie ja geläutet! Wir haben sie selbst geläutet, die Alarmglocken, ja.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Okay. Und in dieser Hinsicht würde ich schon erwarten, dass eine Prüfungsbehörde nicht einfach copy & paste das übernimmt, was vom Wirtschaftsprüfer kommt, sondern sich das schon ein bisschen besser anschaut und mehr in die Tiefe geht. – Glauben Sie nicht?

Mag. Philip Reading: Ich kann nur dabei bleiben, was ich vorhin gesagt habe. Wir sind in unserer Arbeit darauf angewiesen, dass wir die gelieferten und von Wirtschaftsprüfern nach bestem Wissen geprüften Zahlen weiter verwenden können. Unsere Aufgabe ist, zu prüfen, ob diese Zahlen in ihrer weiteren Verwendung, bei der Berechnung von Capital Ratios und Ähnlichem, dem Gesetz gemäß verwendet werden. Aber wenn ich jede Zahl nachwassern muss, werde ich nicht einmal zum Anfang kommen, geschweige denn zum Ende.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Zu Ihrer Arbeit: Ich zitiere da aus einem E-Mail zwischen Ihren Mitarbeitern, das ist ein E-Mail-Austausch zwischen dem Herrn Breyer … – Sie kennen das Mail? (Die Auskunftsperson macht eine unbestimmte Handbewegung.) Ja? Ich zitiere einen Satz: „Wenn sich“ … (Auskunftsperson Reading: Das …!), und das ist vom Herrn Turner.

Mag. Philip Reading: Ja, da geht es um das not distressed oder um das sound?

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Nein, da geht es um etwas anderes.

Mag. Philip Reading: Aha, dann kenne ich es nicht.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): „Wenn sich die bank in den unterlagen selbst als sound bezeichnet (zinssatz in planrechnung) und wir das plausibilisieren sollen, wird uns wohl nichts anderes uebrig bleiben.“

Wenn ich das lese, dann kommen mir die Grausbirnen auf, da habe ich das Gefühl, okay …

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Könnten Sie das bitte vorlegen, er kennt es nicht.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Bitte, ich lege es vor, Dokument 9358, Lieferant OeNB. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Also ich möchte nicht noch einmal auf die Diskussion eingehen, ob distressed oder nicht distressed, ich möchte jetzt eingehen auf den Satz: „wird uns wohl nichts anderes uebrig bleiben“.

Daraus geht klar hervor, dass zumindest in Ihrem Mitarbeiterteam der Eindruck entstand: Es wird uns eigentlich vorgelegt, was herauskommen muss.

Das ist vom 14. Noch einmal: Der Eindruck ist klar: Die Entscheidung war schon gefallen! Sie wurde nicht am 19. gefällt, sondern schon viel früher. Das Partizipationskapital musste gewährt werden, möglicherweise unter günstigen Konditionen, und die vier Tage Arbeit, die Sie und Ihr Team geleistet haben, das war – sagen wir es höflich – eine Alibi-Aktion.

Oder wie soll ich das interpretieren?

Mag. Philip Reading: Diese Aussage ist ja eine Antwort auf ein vorangegangenes E-Mail. (Abg. Vavrik: Ja!) Ja. Und da geht es eigentlich darum (Abg. Vavrik: Zwei Stufen, ja!), ob man mit dieser Schwarz-Weiß-Einteilung leben kann, wie man sich damit anfreundet oder wie man sich dem nähert. Und die Frage ist, ob wir diese Idee sozusagen weiterentwickeln sollen, jetzt mehr Gruppen als dieses Schwarz/Weiß zu definieren, und die Antwort ist eben: Ja, die Idee ist grundsätzlich gut.

Aber offenbar ist dann beim Herrn Turner – der das schreibt – die Überlegung gewesen: Wenn sich die Bank selbst als sound bezeichnet, dann würde das vielleicht nicht in unsere Kategorisierung passen, in diese Einteilung in drei Gruppen. Aber das ist ein Gedankenaustausch am Beginn eigentlich unserer Arbeit an der Stellungnahme, und ich würde dem jetzt nicht allzu viel Gewicht beimessen.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Also ich würde dem doch viel Gewicht beimessen (Auskunftsperson Reading: Ja?), weil das erstens nicht am Anfang stand, sondern Sie haben selbst gesagt, die ganze Arbeit hat schon viel früher begonnen, Anfang Dezember, spätestens am 9. Dezember, und das war, sagen wir, dann die Schlussphase, die letzten vier Tage (Auskunftsperson Reading: Ja, also wir …!), und weil das außerdem ein Austausch war, der eben, sagen wir, offen war, unbeaufsichtigt, also in keinem Meeting, kein Protokoll. Obwohl weiter oben ein anderer Betroffener sagt: Wir müssen aufpassen, das wird alles eines Tages in einem Untersuchungsausschuss enden! – also der war weitsichtig –, aber ich glaube, da war der Herr Turner sehr offen und gibt klar zum Ausdruck, dass ihm eigentlich die Hände gebunden sind. Was die Bank will, das wird so gesagt.

Mag. Philip Reading: Nein, das glaube ich nicht (Abg. Vavrik: Nein?) – Nein –, sondern da geht es eigentlich um eine formale Frage. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) Wenn die Bank dieses Wort sound selbst in ihren Antragsunterlagen als Arbeitsgrundlage sozusagen uns reinschiebt – also das ist jetzt ein schlechtes Wort –, aber uns halt vorlegt, und unsere Aufgabe war ja, die Eingaben der Bank zu plausibilisieren, dann würden wir auf dieses sound auch Bezug nehmen müssen und dann hätte die Idee mit der Dreieinteilung eben nicht funktioniert. Das ist, glaube ich, das, was da gemeint ist. (Abg. Vavrik: Na weil …!)

Also wenn die Bank von sound spricht, dann sind wir schon in der Sound/Distressed-Diskussion und nicht in einer differenzierteren Skala, die uns eigentlich vorgeschwebt ist. (Abg. Vavrik: Okay!)

Herr Breyer überlegt da ja, wie man die Banken grundsätzlich sinnvoll einteilen kann. Er kommt aus der Aktienanalyse, sein Vorleben war, Banken – ganz generell, jetzt unabhängig von aufsichtlichen oder beihilferechtlichen Kriterien – einfach möglichst anschaulich darzustellen, und daher hat er gemeint: Na ja – und er nennt ja dann auch einige Banken –, die könnte man in das Töpferl geben, die würden da …

Aber das ist noch Brainstorming, das ist ja in keiner Weise eine Beurteilung oder ein Ergebnis, sondern eine Idee, wie man das strukturieren könnte; eine Idee mit ein paar Beispielen.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Eine ganz kurze Frage noch, Herr Magister! Finden Sie es eigentlich nicht erstaunlich, dass sich die Hypo sofort gemeldet hat, als Erste, also sehr kurzfristig den Antrag für dieses Kapital gestellt hat, wohingegen es anderen Institutionen eher peinlich war, und vor allem auch, weil es die Hypo offiziell eigentlich nicht gebraucht hat, weil die Kapitalabdeckung eigentlich genügt hat, rein formalrechtlich.

Warum die Eile? Können Sie uns (Auskunftsperson Reading: Alle Banken hatten genügend …!) irgendwie eine Interpretation geben, warum die so rasch angetreten sind?

Mag. Philip Reading: Alle Banken hatten, wenn Sie so wollen, genügend Eigenkapital für den Moment, aber die Inanspruchnahme des Partizipationskapitals sollte ja vorsorglich erfolgen im Hinblick auf die zu erwartenden schwierigen Märkte auf jeden Fall im folgenden Jahr, im Jahr 2009, und vielleicht darüber hinaus. Also es war eine vorsorgliche Maßnahme, damit die Capital Ratios auf ein Niveau gebracht werden, von dem sie dann in der zu erwartenden schwierigen Zeit danach wieder hinuntersinken könnten. Das war die Idee des ganzen Konzepts.

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Danke.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich werde Sie jetzt nicht weiter mit Sound-of-music- und Distressed-Fragen quälen, mich interessiert etwas anderes. Es bestehen Überlegungen, in stärkerem Ausmaß jetzt endgültig die ganze Frage der Finanzmarkt-, also der Bankenaufsicht in der OeNB zu konzentrieren, analog dem System, wie wir es im Bereich der EZB haben.

Gibt es bei Ihnen im Lichte der Erfahrung schon Überlegungen, vor allem in Ihren Abteilungen: Wie kann ich die OeNB dafür richtig aufstellen? – Mit der Weisheit des Rückblicks, das haben wir heute festgestellt, in Bezug auf bestimmte Dinge wie zum Beispiel der Compliance-Frage.

Wo ist man befangen? Wie weit verlässt man sich darauf, was die Bankprüfer liefern? – Auf all diese Fragestellungen, wie bereitet sich die OeNB systematisch …? Haben Sie eine Idee, wie sich die …? Ich weiß, dass das nicht Gegenstand der Untersuchung ist, aber es soll das Ergebnis unserer Untersuchung sein, in die Richtung zu gehen, dass wir ein System der Aufsicht bekommen, das mehr sound ist. Gibt es da Überlegungen?

Mag. Philip Reading: Nein.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Danke. Kollege Krainer hat auch eine Frage.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sound und distressed, sagen Sie, war die Frage. (Auskunftsperson Reading: Noch einmal!) Es heißt immer seitens der OeNB, das Begriffspaar war sound oder distressed. (Auskunftsperson Reading: Ja!) Mir ist nicht ganz klar, wo dieses Wording herkommt. (Auskunftsperson Reading: Also die Konditionen?) – Nein, woher die Begriffe sound und distressed herkommen.

Mag. Philip Reading: Die kommen meiner Erinnerung nach aus einer der Kommissionsmitteilungen. (Abg. Krainer: Aus welcher?) – Das kann ich jetzt nicht genau zitieren, aber es gab damals zu dem Thema ab Oktober, ich glaube, drei oder vier Kommissionsmitteilungen, die quasi die Spielregeln für diese Rekapitalisierungs- und Garantiemaßnahmen festlegten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es gibt ja die Rekapitalisierungsrichtlinie oder ‑mitteilung, die am 5. Dezember erschienen ist (Auskunftsperson Reading: Okay!), und dort finde ich sound/distressed als Wortpaar überhaupt nicht.

Mag. Philip Reading: Nein, das muss in einer früheren sein. Ich kann es jetzt nicht genau zitieren, aber es muss eine frühere geben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): 5. Dezember 2008 ist nicht früh genug?

Mag. Philip Reading: Ich … Es gibt sicherlich eine, wo Sie das finden werden, ich kann sie jetzt nur nicht nennen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dort finde ich nämlich ganz andere Wortpaare. Dort finde ich zum Beispiel well-performing banks und less-performing banks. (Auskunftsperson Reading: Ja!) Da wäre wahrscheinlich die Einschätzung, wo die Hypo hineingehört, relativ einfach gewesen.

Mag. Philip Reading: Möglicherweise, ja, aber Im Zuge der Publikation der Konditionen, nämlich Coupon und Viability Report oder Restrukturierungsplan, kamen die Begriffe sound und distressed vor und nicht less- und well-performing.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das, was es schon gibt, ist fundamentally sound (Auskunftsperson Reading: Ja!), auch better-performing (Auskunftsperson Reading: Ja!) kommt vor und less-performing. Also: well-performing, better-performing, less-performing – und sound allein gibt es überhaupt nie, also immer nur als fundamentally sound oder financially sound. (Auskunftsperson Reading: Ja!) Mir ist ja nicht ganz klar, was was heißt, aber ich habe den Eindruck, es gibt, glaube ich, insgesamt vier Wortpaare, und egal, welches ich hernehme, ich komme immer zu einem anderen Ergebnis, wo ich die Hypo einreihe. (Auskunftsperson Reading: Na ja! – Abg. Matznetter: Sound of music, habe ich eh schon gesagt! – Auskunftsperson Reading: Ja, man könnte …!)

Sie haben vorhin das Schüler-Beispiel gebracht (Auskunftsperson Reading: Ja!), ich finde, das ist nämlich das Beste: Wenn jemand einen Vierer hat und ich die Frage stelle: Ist er ein positiver Schüler?, dann sagen Sie Ja. Wenn ich die Frage stelle: Ist er ein guter Schüler?, dann sagen Sie Nein. (Auskunftsperson Reading: Ja, genau so ist es!) Wenn ich frage: Ist er ein exzellenter Schüler?, dann sagen Sie ganz sicher Nein. (Abg. Kogler: Da war überhaupt nichts positiv an der Hypo …!) – Nein, aber das war relativ klar, das Scoring war 4,8, wurde gesagt, in einer sechsteiligen Stufe. (Auskunftsperson Reading: Das Risiko-Scoring, ja!) Das Risiko-Scoring.

Aber Sie können uns auch nicht genau sagen, woher Sie diese zwei Wörter hatten? (Auskunftsperson Reading: So genau …! – Abg. Matznetter – in Richtung des Abg. Kogler –: Werner, das stimmt nicht!) Es war vorhin die Frau Kollegin Hrdlicka da, die hat alles Mögliche vorgelesen, da waren die aber nie dabei. Die hat den Annex vorgelesen, und da kommt das Wort distressed überhaupt nicht vor, im Annex.

Mag. Philip Reading: Da muss ich jetzt auch passen, aber wir haben, jedenfalls sind wir … Zumindest muss es in dem Positionspapier der Republik drinstehen. Irgendwo steht der Konnex von diesem einen Konditionenpaar mit sound oder fundamentally sound und dem anderen Konditionenpaar mit distressed drin. (Abg. Krainer: Also am öftesten steht fundamentally …!) Wir haben es nicht selbst erfunden, das kann ich Ihnen versichern!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, das weiß ich, aber am öftesten steht fundamentally sound (Auskunftsperson Reading: Ja!) und not fundamentally sound. (Auskunftsperson Reading: Ja!) Ich glaube, es ist eh wurscht.

Ich habe noch eine andere Frage, und zwar zu diesem Zeitdruck. – Können Sie uns vielleicht erklären, wieso es diesen Zeitdruck gab?

Mag. Philip Reading: Der Prozess wurde vom Finanzministerium organisiert, und wir hatten eben die Rolle einer gutachterlichen Stellungnahme, und das Ministerium hat halt den Zeitrahmen vorgegeben. Wir wollten nicht aus ablauftechnischen Gründen verhindern, dass, was an sich ein positives Ziel war, dieses beschlossene Bankenpaket auch tatsächlich angewendet werden kann. Das wollten wir nicht verzögern, daher haben wir uns sehr angestrengt, um in diesem Zeitkorsett zu arbeiten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also Sie sagen, das Zeitkorsett hat das BMF bestimmt? (Auskunftsperson Reading: Ja!) Und wieso das BMF so ein enges Zeitkorsett … (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) Da haben Sie keine Ahnung?

Mag. Philip Reading: Na wegen dem bevorstehenden Jahresende und dem Plan, zumindest eine Bank noch vor Jahresende durch den Prozess durchzuziehen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay, das ist jetzt aber alles eher Vermutung. Oder wissen Sie das? Das klingt sehr nach Vermutung und nicht nach Wissen.

Mag. Philip Reading: Wir haben jetzt keine große Debatte geführt oder eine Verhandlung, um einen … Es war uns irgendwie auf der Hand liegend, dass man vor Weihnachten noch einen Fall erledigen wollte – und okay, dann waren das leider nur mehr diese drei, vier Tage, ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Reading, jetzt geht es wieder in die Drei-Minuten-Runden, deshalb müssen wir schnell sein. Ich möchte Ihnen ein Dokument vorlegen; 24176 ist die Nummer. Schlagen Sie dort bitte die Seite 3 auf! (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Ich komme jetzt noch einmal auf diese zwei Strategien zurück. Wann waren diese zwei Strategien, wo Sie vorhin gesagt haben, es ist eine Mutmaßung, die Herr Darmann hier angestellt hätte oder wir anstellen, dass die Bayern zwei Strategien gefahren sind? Wann haben Sie diese zwei Strategien erkannt, oder haben Sie sie irgendwann einmal erkannt? (Auskunftsperson Reading: Bitte welche zwei Strategien?)

Diese zwei Strategien: Die Bayern haben auf der einen Seite gesagt: Ja, wir stehen zur Bank, wir bleiben in der Bank, wir wollen eine gemeinsame Lösung!, und wir sagen: Die haben zwei Strategien gefahren, die wollten so schnell wie möglich raus aus der Bank und haben alles dazu getan, dass sie aus der Bank rauskommen und sie am Ende dem Staat umhängen. Das sind die zwei Strategien, die wir sehen. (Auskunftsperson Reading: Aha!)

Jetzt gibt es dieses Dokument; das ist eine Gesprächsnotiz vom 9. November von der FIMBAG. Am 9. November hat es ein Gespräch gegeben zwischen dem Herrn Pinkl und der FIMBAG – Pinkl damals Vorstand der Hypo –, und da geht es darum, dass die GRAWE und die Kärntner Landesholding offensichtlich bei einer Kapitalerhöhung nicht mehr mitziehen wollten. Da sagt dann die FIMBAG – Seite 3, zweiter Absatz –:

„Als Alternative dürfte die BayernLB einen österreichischen Beitrag in der Form erwarten, dass anstelle der Zeichnung von Stammaktien durch die österreichischen Aktionäre die Republik Österreich neuerlich Partizipationskapital einbringt. (Pro domo: Die österreichischen Aktionäre hätten ca. 1/3 von 1,4 Mrd. EUR, also knapp unter 0,5 Mrd. EUR aufzubringen.)“

Also man ist sicher davon ausgegangen, dass noch einmal Partizipationskapital eingebracht werden sollte.

Ich gehe davon aus, zu diesem Zeitpunkt haben Sie die zwei Strategien noch nicht erkennen können.

Wenn wir dann die Seite 10 dieses Dokuments aufschlagen – das ist jetzt eine E-Mail von Frau Hrdlicka an Ittner, Reading, Turner und so weiter; das ist dann am 5. Dezember –, und wenn Sie dort den 3. Punkt lesen – offensichtlich bricht in der Bank Panik aus  –, dann steht da:

„Doerhoefer“ – damals Risikovorstand – „duerfte gestern vom AR-Mitglied der BayernLB auch noch einen Anruf iSv“ – im Sinne von, denke ich – „,forget it‘ erhalten haben. Jetzt zeige sich laut Kandler, dass es falsch gewesen sei, das Asset Screening durchzufuehren beziehungsweise zu kommunizieren, ohne zeitgleich fuer entsprechenden finanziellen Support zu sorgen.“

Weiter unten der Punkt 7 ist vielleicht auch ganz interessant:  „7) Kritisiert wurde, dass im Gegensatz zur BAWAG (publikumswirksame Sparbucheroeffnungen etc.)“ – bei der BAWAG eben stattfanden – „bei der HGAA jeder sage, dass ihn die Bank nichts angehe.“

(Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Haben Sie zu diesem Zeitpunkt vielleicht schon erkannt, dass es eine andere Strategie der Bayern gibt?

Mag. Philip Reading: Na ja sicher, das war ja schon im Dezember, und ich habe vorhin gesagt, dass unsere Befürchtungen – und nicht nur unsere, es war ja eine sehr öffentlich ausgetragene Debatte in den Medien … Das heißt, sobald die Bayerische Staatsregierung begonnen hat, ihre weitere Mitwirkung in der Hypo öffentlich in Zweifel zu ziehen, waren wir natürlich aufs Größte alarmiert, und das war gut drei Wochen vor dieser E-Mail. (Abg. Angerer: Ganz kurze Nachfrage …!) Jetzt ist das aber keine neue Erleuchtung in dem Sinn.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Jetzt im Nachhinein gesehen: Die ganzen Punkte, die Herr Darmann vorhin angeführt hat, die im Jahr 2009 von den Bayern in der Hypo gesetzt wurden, Asset Screening, und, und, und, bis zum Schluss, Kapitalentzug – dazu kommen wir dann vielleicht in der nächsten Runde noch einmal –, wie würden Sie das sehen? War das dann nur am Schluss eine Entscheidung der Bayern oder von langer Hand vorbereitet?

Mag. Philip Reading: Ich kann nicht kommentieren, welche Entscheidungsprozesse in München abgelaufen sind. Ich kann leider nur von den Fakten sprechen, die mir im Rahmen meiner Verantwortung zugänglich waren. Ich kann nicht in die Herzen und die Pläne der bayerischen politischen oder Bankführung blicken.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber man kann die Fakten zusammenrechnen und schauen, was am Ende für ein Bild herauskommt.

Mag. Philip Reading: Ja, das werden Sie sicher tun.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Magister, ich darf den Akt mit der Nummer 25833 vorlegen, und zwar geht es um das Protokoll der 59. Aufsichtsratssitzung der Kärntner Landesholding. (Auskunftsperson Reading – ein Schriftstück entgegennehmend –: Okay!)

„3. Bericht des Vorstandsvorsitzenden der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG“, und zwar über die Aufsichtsratssitzung vom 16.11.2009 der Hypo International in München.

Einleitend wird festgestellt, streng vertrauliche Unterlagen wurden ausgeteilt, sie wurden nummeriert, die Nummerierung passt mit der Eintragungsliste der Anwesenheit zusammen.

Wir können im Archiv der Holding nachfragen, so oft wir wollen, wir bekommen diese Unterlagen nicht. Sie sind verschwunden. Keiner weiß, wie sie entsorgt worden sind, zumindest sind sie nicht mehr da. Wir können also nur aus dem Inhalt des Protokolls zitieren.

In dieser Sitzung sind die Minderheitseigentümer voll über den Zustand der Bank informiert worden und darüber, was eventuell ansteht. Ich fasse zusammen:

Eigenkapitalprobleme: Bis 2009 muss das geregelt werden, denn sonst haben wir ein Riesenproblem.

Es wurde in dieser Sitzung – und das ist protokolliert –, in der Holdingssitzung unter allen politischen Anwesenden in Kärnten … – Was ist eigentlich eine Geschäftsaufsicht in einer Bank, wenn eine Geschäftsaufsicht in eine Bank geschickt wird?

Mag. Philip Reading: Die Geschäftsaufsicht wird vom Gericht angeordnet. Das ist also eine unmittelbare Vorstufe zur Insolvenz, während – was wir vorhin besprochen haben – der Regierungskommissär von der FMA bestellt wird.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Was heißt das in der Praxis?

Mag. Philip Reading: Ehrlich gesagt habe ich noch keine Geschäftsaufsicht in der Bank erlebt, daher müsste ich jetzt improvisieren.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Okay, ich wollte das einfach nur fragen, weil hier drin schon das Szenario und die Konfrontationsszenarien präsentiert werden, was die Verhängung einer Geschäftsaufsicht für die Hypo Bank International heißen würde.

Mag. Philip Reading: Mehr oder weniger das Ende.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Das Ende? Fertig? (Auskunftsperson Reading: Ja!)

Am 16.11. ist das bei der Aufsichtsratssitzung in München in strengster Vertraulichkeit den Minderheitseigentümern schon präsentiert worden. Es steht hier auch drin, es war der Aufsichtskommissär des Landes Kärnten, sprich der Finanzreferent, anwesend. Da steht zum Schluss drin:

„Nachdem über den Inhalt des am 16.11.2009 geführten Gespräches Stillschweigen unter den Aktionären vereinbart worden ist, haben sich die gesetzlichen Vertreter der KLH“ und auch der Grawe in der Öffentlichkeit daran gehalten.

Es wurde dann dort von den Minderheitsaktionären gesprochen, sprich von den Kärntner Vertretern, dass sie diese Eigenkapitalaufstockung nicht mehr mitmachen – mit der Begründung, es gibt sowieso das Finanzmarktstabilitätsgesetz mit den 15 Milliarden, das wir damals beschlossen haben. Da sind erst 7 Milliarden verbraucht, also soll die Hypo schauen, dass sie das Geld dort holt.

Jetzt kommt zum Schluss die Zusammenfassung: Am 16.11. – die Sitzung hat am 26.11. in Kärnten stattgefunden ... (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) – Zwei Sätze noch, dann bin ich fertig.

„1. Aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen ist nunmehr der Vorstand der HBInt unter Miteinbeziehung des Hauptaktionärs gefordert, in Verhandlungen mit den zuständigen Stellen der Republik Österreich ein Konzept vorzulegen und eine Lösung herbeizuführen;“

Das heißt, Kärnten und die GraWe haben voll gewusst, wo die Bank steht und dass sogar schon eine Geschäftsaufsicht im Raum steht, wenn nicht eingegriffen wird.

Weiters sagen die Kärntner noch dazu – ich bin ein Kärntner, aber so einfach haben sie es sich gemacht –:

„2. die Kärntner Landesholding wird an der Kapitalerhöhung nicht teilnehmen; die Kärntner Landesholding wird sich durch außenstehende Dritte ihre Verhaltensweisen nicht vorschreiben lassen.“

Das heißt, die Kärntner und die GraWe haben damals gesagt: Da habt ihr unsere Vollmacht, liebe Bayern (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen), ihr geht zur Republik Österreich und schaut, was für die Hypo am besten ist, alles andere ist uns wurscht. – Entschuldigung, dass ich das so zusammenfasse. Das steht hier in diesem Protokoll drin.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Reading, nur damit wir das 2008er-Jahr jetzt fertig machen: Die Adventwoche vom 2. Adventsonntag, 14.12., beginnt gut. Ihr von Ihnen gelobter Mitarbeiter Breyer stellt fest, die Hypo kann niemals als financial sound bezeichnet werden. Dann wird fleißig gearbeitet, dann, wie gesagt, passiert dieses Treffen – passiert wird man wohl sagen dürfen – am 19.12. Plötzlich ist ab einem wunderbaren Adventsonntag mit einem aufrichtigen Kämpfer Breyer binnen weniger Tage etwas passiert, wo Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit zumindest zu einem seltsamen Scharmützel von Unaufrichtigkeit, möglicherweise Verlogenheit geführt haben.

Das ist alles nicht Ihr Kaffee, aber wir stehen jetzt genau vor der Situation, dass binnen fünf Tagen eine von Ihrem Haus bezeichnete Bank, die niemals finanziell gesund sein kann, mit Donnerstag plötzlich gesund ist. Also an einem Sonntag niemals gesund und am folgenden Donnerstag gesund!

Um 20 Uhr ist laut Protokoll diese Sitzung aus. Sie werden am nächsten Tag oder wenigstens die Woche darauf, jedenfalls noch vor Weihnachten, in die Notenbank zurückgekehrt sein, nehme ich an. Was ist dort gesprochen worden, nachdem ja irgendwer trotz Filmriss … Irgendwann müssen Sie in der Notenbank ja draufgekommen sein, hoppla, das BMF hat jetzt die Bedingungen sound bei der Vergabe des Kapitals angelegt. Das Schlimme war ja die Konsequenz, dass die Restrukturierungspläne so nicht gemacht wurden und auf diesen seltsamen Viability Report gewartet wurde.

Was haben Sie da in der Notenbank dann diskutiert? Sie können uns nicht erklären, dass das dann keine Debatte hervorgerufen hat. (Abg. Krainer: Am Donnerstag waren …!) – Ja, danke.

Mag. Philip Reading: Zu dem zitierten E-Mail, wo Sie Kollegen Breyer zitieren: Das war nicht ein abschließendes Urteil der Nationalbank, sondern das war ein Opening Shot eines des[5] Mitarbeiter, die hierbei tätig waren. (Abg. Kogler: Genau!)

Ich habe vorhin erklärt, er hatte aus seiner Erfahrung in der Aktienanalyse eine bestimmte Vorstellung, was sound impliziert. Diese Begriffe, wie wir vorhin auch diskutiert haben, haben keine letztlich gültige Definition, sondern sie können nur im Kontext einer Skala verstanden werden, und der Kontext ist, was auf dieser Skala noch draufsteht und wie vielgliedrig sie ist. Wie ich mit Herrn Abgeordnetem Krainer vorhin diskutieren konnte: Jemand mit einem Vierer ist einerseits nicht durchgefallen, aber andererseits nicht gut. Diese Begriffe haben nur eine Bedeutung im Zusammenhang mit einer Skala, auf der sie definiert sind.

So viel zu der Bedeutung dieser Aussage von Kollegen Breyer. Ich will sie nicht negieren, es war damals seine erste Reaktion zu diesem Thema, aber wir sind dann in der Diskussion eben zu einem anderen Schluss gekommen, dass wir eben diesen Begriff auch nicht aktiv verwenden, sondern – nicht im Sinne einer Schulnotenskala, wenn wir auf dieses …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Entschuldigen Sie, wir sind angehalten, das selbst zu moderieren.

Die Frage war: Was ist passiert, als Sie zurückgekommen sind? Wir kennen ja die Geschichte, warum not distressed geschrieben worden ist. Das haben wir ja alle schon verdaut. Jetzt ist nur passiert – und das ist ja aus dem Protokoll des 19.12. genau herauslesbar –, dass aus diesem not distressed ein sound gemacht wurde. Vergessen wir dann den Herrn Breyer!

Mag. Philip Reading: Entschuldigen Sie, es wurde nicht aus dem not distressed ein sound gemacht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Was denn dann jetzt auf einmal?

Mag. Philip Reading: Das not distressed im Sinne unmittelbar erforderlicher Rettungsmaßnahmen war das 4 minus.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Sie können mit dem Herrn Kollegen Krainer … Stopp, also wirklich! (Auskunftsperson Reading: Bitte?) – Sie können mit dem Herrn Kollegen Krainer diese Schulnoten-Diskussion führen, mit mir nicht!

Ich habe Sie gefragt, was passiert ist, als Sie in den folgenden Tagen in die Nationalbank zurückgekehrt sind – das war ja Ihre Aussage, Sie können natürlich jetzt im Nachhinein alles wieder relativieren (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen) –, was in Ihrem Haus an Debatte passiert ist, als Sie feststellen mussten, dass das BMF – wer auch immer, Höllerer, Lejsek, Pröll, egal – das der Hypo zu Bedingungen von sound angeboten hat, zur Verfügung stellt. Ich habe es Ihnen fünfmal vorgelesen, es ist alles im Protokoll. Sie müssen in der Notenbank ja irgendetwas gemacht haben, sich zumindest einmal darüber unterhalten haben. Nur das war die Frage.

Mag. Philip Reading: Ja, aber Ihre Prämisse ist leider nicht so, wie wir sie gesehen haben. Ihre Prämisse ist, dass aus einem not distressed …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Es ist völlig wurscht, was meine Prämisse ist. Sie können einfach die Frage beantworten: Was ist in den folgenden Tagen und von mir aus im neuen Jahr (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen), als auch im Übrigen dieses Protokoll angefertigt wurde, in der Notenbank diskutiert worden zu: Jetzt bekommt die Hypo zu Konditionen sound das Geld!? Mit allen Konsequenzen!

Mag. Philip Reading: Das hat keine großen Wellen geschlagen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, das ist eine Antwort: Es hat keine großen Wellen geschlagen. – Gut. Bei niemanden? (Auskunftsperson Reading: Nein!) – Passt, danke.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Damit eröffne ich eine neue Runde.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Vavrik. – Er ist nicht mehr da.

Dann gelangt Herr Abgeordneter Krainer zu Wort. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie haben Sie diesen Institutionenkonflikt zwischen Oesterreichischer Nationalbank und dem Bundesministerium für Finanzen in der Frage, wer jetzt entscheiden muss, in welchen Topf die Hypo kommt, erlebt? – Das ist ja offensichtlich (Auskunftsperson Reading: Ja!), Sie wollten es nicht entscheiden. Sie wollten diese Entscheidung nicht treffen, Sie waren der Meinung, die soll das BMF treffen. Und es ist auch offensichtlich, dass das BMF der Meinung ist, sie wollen die Entscheidung nicht treffen, sondern Sie sollen sie treffen.

Mag. Philip Reading: Also ich meine – Sie verwenden das Wort Konflikt –, man kann das Wort Konflikt in einer sehr sachlichen, neutralen Weise verstehen, dass eben unterschiedliche Vorstellungen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden müssen. Das war aber jetzt nicht besonders – wie soll ich sagen? – feindselig oder emotionsgeladen, sondern wir haben die Ansicht vertreten, dass wir vor allem eine Zustandsbeschreibung liefern sollen, und die materielle Entscheidung in diesem beihilferechtlichen Kontext sollte das Ministerium treffen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war nicht meine Frage. Also Sie beantworten gerade nicht meine Frage. Meine Frage war (Auskunftsperson Reading: Wie ist der Konflikt abgelaufen!), es gab hier offensichtlich einen Konflikt zweier Institutionen, wer diese Entscheidung trifft. Sie wollten sie nicht treffen, das BMF wollte sie nicht treffen. Gegenseitig wart ihr der Meinung, der andere soll diese Entscheidung treffen. (Auskunftsperson Reading: Ja!)

Sehen Sie das auch so?

Mag. Philip Reading: Das war am Anfang möglicherweise so, ja. Wir haben dann beschlossen, wie wir es machen, und das Ministerium hat das zur Kenntnis genommen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das Ministerium war offensichtlich … Also dieses Protokoll, das am 5. oder 6. Jänner erstellt wurde, das Ihnen jetzt vorliegt: Ich weiß nicht, ob Sie das schon gekannt haben, bevor Sie sich hier auf den Sessel gesetzt haben.

Mag. Philip Reading: Nein, habe ich nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber ich meine, daraus geht offensichtlich hervor, dass die euch den Schwarzen Peter rüberschieben.

Mag. Philip Reading: Ich meine, es war nicht nur in diesem Fall so, dass auch zum Beispiel Herr Präsident Peschorn gerne gehabt hätte, dass wir eine sehr starke Anlageempfehlung sozusagen abgeben. (Abg. Krainer: Eine was?) – Anlageempfehlung. Und wir haben gesagt, wir sind keine Verkäufer von Wertpapieren, sondern wir …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Was ist eine Anlageempfehlung?

Mag. Philip Reading: Eine Investitionsempfehlung.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Für wen?

Mag. Philip Reading: Für die Republik.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Was hätten Sie der Republik empfehlen sollen?

Mag. Philip Reading: Na die Partizipationsscheine. Also es ging ja darum, dass die Republik Partizipationsscheine zeichnet. Herr Peschorn hätte gerne gehabt, es wäre für ihn viel leichter gewesen, wenn wir eine sehr starke Empfehlung gemacht hätten: Macht das! Das haben wir aber nicht. Wir haben eine neutrale Zustandsbeschreibung abgegeben, weil es Aufgabe der Republik war, die Entscheidung zu treffen, ob sie investiert.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber das war ja keine Investitionsentscheidung. Das ist ja absurd. (Auskunftsperson Reading: Ja, es war eine Investition!) Das war ja eine Rettungsmaßnahme.

Mag. Philip Reading: Ja, ja, sicher, natürlich. Aber man kann es auch als Investition bezeichnen, wenn man Geld in der Hoffnung hineingibt, einen Ertrag zu erzielen. Und … (Abg. Kogler: Das hat ja der Herr Bundesminister im Fernsehen erklärt, dass das ein Geschäft wird!)

Aber weil Sie fragen, welche Standpunkte sozusagen es da gab: Also das war zum Beispiel so ein Standpunkt, der auch geäußert wurde. Wir haben einfach gesagt: Das ist das, was wir nach unserem besten Wissen machen können. Bitte ordnen Sie ein, ob dieses not distressed im Sinne unmittelbarer Rettungsmaßnahmen für Sie jetzt noch der Vierer ist oder der Fünfer, das sound oder das distressed!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war Ihre Sicht.

Mag. Philip Reading: Das war unsere Sicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, aber Ihnen war klar, dass BMF sieht das ganz anders. Das BMF sagt ja, Sie haben die Entscheidung getroffen.

Mag. Philip Reading: Das mag sein, dass sie das sagen. Aber wir haben das getan, was ich und meine Kollegen seit geraumer Zeit beschreiben und was auch in der Stellungnahme drinsteht. Es war auch nicht unsere Entscheidung. Diese Entscheidung stand uns nicht zu.

Natürlich hat jeder von seinem Gutachter gerne sehr starke Aussagen, die ihn quasi freizeichnen, aber wir haben gefunden, dass wir bis zu diesem Punkt gehen wollten, dass wir den Zustand mit diesem viel zitierten Begriff beschreiben, und das war es. Die Entscheidung, wie jetzt im beihilferechtlichen Kontext die Konditionen zu gestalten sind, hat das Ministerium dann – wie ja, glaube ich, schon aus dem Protokoll hervorgeht – letztlich doch getroffen; vielleicht nicht gerne, aber sie haben es gemacht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Im Protokoll steht das Gegenteil drin.

Mag. Philip Reading: Wieso?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Na wenn zum Beispiel berichtet wird, dass Pröll bei der Einstufung, ob sound oder not sound, gesagt hätte, es gilt das, was die OeNB sagt. Das ist: den Schwarzen Peter rüberschieben.

Mag. Philip Reading: Das war ein Diskussionsstand, aber das Ende der Diskussion ist bekannt. Und das ist eigentlich das Einzige, das zählt. Wie der Diskussionsverlauf war …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wo ist denn Ihre Mitschrift von der Sitzung?

Mag. Philip Reading: Ich habe keine Mitschrift von der Sitzung.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): In der OeNB gibt es sicher ein Protokoll oder eine Mitschrift von der Sitzung.

Mag. Philip Reading: Nein, leider nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das wundert uns schon, denn wir haben im Aktenbestand, glaube ich, 117 oder ähnlich viele Protokolle von allen möglichen Sitzungen der OeNB, ob wichtig oder unwichtig. Und zu der Sitzung gibt es kein Protokoll? (Auskunftsperson Reading: Ja!) – Warum?  

Mag. Philip Reading: Ich kann es, ich habe jetzt … (Zwischenbemerkung der Vertrauensperson.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich habe nichts gegen Zwischenrufe, Herr Vorsitzender, aber dass man mir das Mikro ausschaltet, um einen Zwischenruf zu machen, ist eher neu in diesem Haus.

Mag. Philip Reading: Ich kann es nicht ... Es gibt kein Protokoll, ich habe keines angefertigt. (Abg. Darmann – in Richtung des Abg. Krainer –: Du bist auch nicht so oft da!)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Entschuldigung, das war jetzt nur eine kurze Ablenkung.

Von allen haben Sie ein Protokoll, nur von dieser Sitzung nicht?

Mag. Philip Reading: Ich weiß nicht, ob wir von allen ein Protokoll haben, aber wir haben sicherlich von sehr vielen ein Protokoll.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Uns ist erklärt worden, bevor so eine Sitzung beginnt, machen sich die „OeNBler“ – unter Anführungszeichen – aus, wer mitschreibt. Wer hätte denn da mitschreiben sollen? Sie waren zu dritt dort, mutmaßlich.

Mag. Philip Reading: Ja, also normalerweise der Rangniedrigste.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das habe ich mir ohnehin gedacht. Das heißt, die Frau Lang.

Mag. Philip Reading: Ja, aber ich kann jetzt nicht sagen, dass ich ihr das in dem konkreten Fall aufgetragen hätte. Üblicherweise hätte man das vielleicht erwarten können, aber was in diesem konkreten Fall passiert ist, kann ich nicht mehr rekonstruieren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben gesagt, Sie haben jetzt keine genaue Wahrnehmung mehr, wie und ob Herr Höllerer Herrn Pröll angerufen hat. (Auskunftsperson Reading: Ja!)

Haben Sie oder jemand anderer aus der OeNB-Delegation Nowotny, Duchatczek, Ittner oder sonst jemanden an diesem Tag angerufen und über diese Zwischenstände berichtet?

Mag. Philip Reading: Das weiß ich nicht mehr. Ich glaube aber kaum, denn es gab ja …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Da waren ganz viele Unterbrechungen. Da kommt der Druck (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen), financially sound, das muss von euch kommen.

Das meldet man nicht zwischendurch?

Mag. Philip Reading: Ich kann mich nicht erinnern, dass das dort so ein großes Thema war, aber, wie gesagt, ich müsste mir das Protokoll einmal durchlesen. Aber aus meiner Erinnerung kann ich nicht sagen: Ja, ich weiß, dass ich rückfragen musste, um irgendetwas zuzugestehen!, denn ich glaube nicht, dass ich etwas zuzugestehen hatte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dann würde ich vorschlagen – es entscheidet natürlich der Vorsitzende –, dass wir vielleicht kurz die Sitzung unterbrechen, damit er das Protokoll durchlesen kann. Vielleicht kommt dann auch wieder eine Erinnerung.

Das liegt nicht in meiner Entscheidung, es war nur so eine Idee.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Ist das für Sie in Ordnung? (Auskunftsperson Reading: Ja, kein Problem!) – Dann machen wir eine kurze Unterbrechung, aber ich glaube 2, 3 Minuten werden reichen, oder machen wir für 5 Minuten Unterbrechung. Aber wir bleiben im Raum.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 17.50 Uhr unterbrochen und um 17.53 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Ich nehme ich die unterbrochene Sitzung wieder auf und bitte, gleich zu antworten. (Abg. Krainer: Ich bin nicht mehr dran?) – Na ja, es sind 8 Sekunden drüber, das heißt, vielleicht noch so 20 Sekunden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich brauche nicht viel Fragen stellen. Die Frage ist: Hat das irgendwelche Erinnerungen wachgerufen?

Mag. Philip Reading: Offen gestanden, leider nein. Ich sehe nur aus dem Protokoll, dass, wie ich vermutet habe, das Thema sound gar nicht so besonders im Vordergrund stand in dieser Diskussion, sondern vor allem der Betrag.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Reading, ich möchte wieder in das Jahr 2009 switchen, Dezember, und lege Ihnen ein Dokument vor; 24177. Bitte, die Seite 4 anzusehen! (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Wir zwei sind in der vorherigen Gesprächsrunde übereingekommen, dass hier erkannt wurde, dass die Bayern offensichtlich eine andere Strategie verfolgen, als bisher allen vermittelt wurde.

Jetzt gibt es ein Mail von der Frau Hrdlicka an die FMA bezüglich der Hypo, und hier in der dritten Zeile heißt es: „Bank wurde“ …

Also da geht ein Mail an die Frau Göstl oder an Sie intern:

„Ich habe mit Mag. Goestl die weitere behoerdl Vorgangsweise abgestimmt: (…)

Bank wurde gestern auch nochmals schriftlich erinnert, allf Versuche des Mittelabzugs durch die Eigentuemer unverzueglich telefon. zu kommunizieren.“

Das heißt, offensichtlich ist schon im Raum gestanden, die BayernLB will hier einen Mittelabzug vornehmen. Das entnehme ich dem Schreiben.

Ist das so?

Mag. Philip Reading: Ja, offenbar, ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja? (Auskunftsperson Reading: Ja!)

Was wäre die Reaktion auf diesen Mittelabzug gewesen, wenn das hier so explizit … (Auskunftsperson Reading: Unsere? Unsere Reaktion?) – Generell von den Behörden, nicht nur Ihre. Sie sind ja ein Kenner der Branche.

Oder was hätte sie sein müssen, wenn das passiert wäre? Hätte die FMA etwas tun müssen, hätte die Nationalbank etwas tun müssen? (Auskunftsperson Reading: Jetzt muss ich überlegen! – Das war der 5. Dezember?) – Ja. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) – Das geht ziemlich auf meine Zeit.

Mag. Philip Reading: Und die Aufrechnung …– Verzeihen Sie, wenn ich jetzt laut denke! Der Mittelabfluss durch den Eigentümer erfolgte ja am 11. Dezember in Form einer Aufrechnung (Abg. Angerer: Ist ja auch dann passiert!), indem ein fälliger Betrag, der von der …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ist ja auch dann passiert. Also die Bayern haben ja dann am 11. Dezember Mittel in der Höhe von über 1 Milliarde € abgezogen.

Mag. Philip Reading: Nämlich in der Form, dass die Mittel hätten rückfließen sollen und man sie nicht ausgezahlt hat. (Abg. Angerer: Was wäre die Reaktion der Behörde?) – Also sie hat nicht direkt abgezogen, sondern sie hat nur aufgerechnet, aber das hat natürlich denselben liquiditätsschädlichen Effekt gehabt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Es ist derselbe Effekt, oder? Was hätte die Behörde hier tun müssen?

Mag. Philip Reading: Na ja, es hätte letztlich davon abgehangen, wie viel und in welcher Form abgezogen wird und ob hier eine Gefährdung der Zahlungsfähigkeit und eine Gefährdung der Einleger vorliegt. Dann hätte eventuell schon früher ein Regierungskommissär bestellt werden müssen, wenn die Liquiditätssituation durch Abzug in eine prekäre Lage versetzt worden wäre. (Abg. Angerer: Ja, das war die Bank ja!) Das war jetzt ungefähr eine Woche, bevor es dann tatsächlich passiert ist.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja, das war die Bank ja in der Situation! Das hat ja jeder gewusst offensichtlich, oder nicht? (Auskunftsperson Reading: Ja, ja!)

Warum ist hier nicht …?

Mag. Philip Reading: Das heißt, das, was dann tatsächlich passiert ist, nachdem die Eigentümerbank eine liquiditätsschädliche Maßnahme gesetzt hat, war ja der unmittelbare Anlass für die Bestellung eines Regierungskommissärs, und das hätte natürlich auch früher passieren können. Da war ja quasi eine Alarmbereitschaft beschrieben.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also man hätte das von der Behörde aus definitiv verhindern müssen?

Mag. Philip Reading: Man hätte reagieren müssen, ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Hat man das getan?

Mag. Philip Reading: Es ist ja erst am 11. etwas passiert, und darauf hat man reagiert.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay.

Jetzt kommen wir zum 11. Wenn Sie bitte weiterblättern auf die Seite 11, da gibt es am 11. Dezember – passt ja gut – ein Mail wiederum von der Frau Hrdlicka; Verteiler wieder Ittner, Reading und so weiter:

„BayernLB hat Minderheitsaktionaeren am 16.11 (…)“ – und da komme ich auch auf den Termin von Herrn Obernosterer von vorhin zurück, den er erwähnt hat; da hat es offensichtlich eine Eigentümerversammlung in Kärnten gegeben – „ein Konzept fuer HGAA versprochen, dieses ist dann aber nie uebermittelt worden“.

Es heißt weiter – das kann man so schwer lesen (Auskunftsperson Reading: Vertröstung!); genau –: „(Vertroestung: es wird daran gearbeitet).“

„Gestern (…)“ – sprich am 10. – hat der Aufsichtsrat, der Aufsichtsrat der Bayern, offensichtlich gesagt, „dass es das Konzept nicht geben wird, da Verhandlungen mit Bund bestehen. Mag. Lejsek hat die Frage in den Raum gestellt, ob BayernLB die Mitaktionaere im Rahmen des Syndikatsvertrags beluegt“.

Das heißt, die Bayern – das schreibt die Frau Hrdlicka; unsere Informationen beruhen ja nur auf den Informationen, die Sie uns zur Verfügung stellen, und die Frau Hrdlicka sagt das hier ganz offen – haben den Kärntnern etwas versprochen (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen), auch der GRAWE, den Mitaktionären – ich bin schon fertig –, und haben das nicht geliefert. Dann haben sie gesagt: Wir liefern es gar nicht! Zuerst haben sie sie vertröstet, dann haben sie gesagt: Wir liefern es gar nicht, wir verhandeln eh mit dem Bund! Und dann stellen Sie intern die Frage – der Herr Lejsek in dem Fall –: Haben die alle belogen? Und gleichzeitig ziehen sie über 1 Milliarde Kapital aus der Bank, wobei Sie das schon vorher gewusst haben, am 5. Dezember, dass das wahrscheinlich passieren wird. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Philip Reading: Ich verstehe jetzt nicht, was genau Ihre Frage ist.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich vermisse die Reaktion der Behörde. Was hätte die Behörde hier tun müssen oder Sie und die FMA oder das Finanzministerium? Oder sehen Sie das auch so, dass die Bayern hier einfach bis zum Schluss gelogen haben?

Mag. Philip Reading: Also was Frau Dr. Hrdlicka hier berichtet, ist ja das, was ihr erzählt wurde, nicht etwas, das sie unmittelbar wahrgenommen hat.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also jetzt sage ja nicht einmal ich, Lüge, sondern der Herr Lejsek sagt, die haben gelogen.

Mag. Philip Reading: Ja, das berichtet Frau Dr. Hrdlicka. Sie hat die Frage in den Raum gestellt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Würden Sie das auch so sehen?

Mag. Philip Reading: Würde ich es so sehen, dass die Bayern die Kärntner und GRAWE belogen hätten? (Abg. Angerer: Alle, alle!) – Ich weiß es nicht. (Abg. Angerer: Ich auch nicht! Ich vermute es aber!) – Also das ist die Art von Frage, die man üblicherweise vor Gericht klärt und die man dann sehr speziell studieren muss. Das ist nicht etwas, das im Vordergrund meines Interesses steht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber jetzt gibt es einen Generalvergleich, wir können ja nicht mehr vor Gericht gehen. Das ist ja unser Problem! (Auskunftsperson Reading: Ja, ja!)

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Magister, anknüpfend an meinen Kollegen: Haben die Bayern gelogen oder nicht? – Ich kann es auch nicht beurteilen. Aber dieses Protokoll – es ist nur schade, dass die strengst vertraulichen Unterlagen leider nicht mehr auffindbar sind, vielleicht kriegen wir sie ja von den Bayern –, das die Tatsache, wie die Bank dasteht, das Szenario bis zum Regierungskommissär eigentlich schon abspult, sagt, dass Kärnten und die GRAWE wesentlich mehr Information gehabt haben, als wir bis jetzt eigentlich gewusst haben. – Ich zumindest.

Haben Sie vom Inhalt dieser Aufsichtsratssitzung am 16.11. in München von der Hypo International Kenntnis?

Mag. Philip Reading: Jetzt? Hatten wir damals davon Kenntnis, meinen Sie, oder? (Abg. Obernosterer: Ja, richtig, ja!) – Das weiß ich nicht mehr, das müsste man aus der Aktenlage rekonstruieren, tut mir leid. Ich weiß jetzt nicht auswendig, welche Informationen wir wann erhalten haben.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Ist Ihnen das bekannt oder neu, dass am 16.11. unter allen Aktionären schon das Szenario des Kommissärs besprochen worden ist, und was das für die Bank heißt?

Mag. Philip Reading: Am 16.11.? – Ich kann es jetzt nicht sagen. Ich kann nicht einmal ausschließen, dass es damals schon in der Zeitung stand. Ich weiß es wirklich nicht.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Es steht da drin, dass das bis jetzt gehalten hat. In der Öffentlichkeit ist nichts bekannt geworden. Das steht auch in dem Protokoll.

Mag. Philip Reading: Ja, aber es ist damals bereits sehr viel in den Zeitungen gestanden. (Abg. Obernosterer: Aber zumindest beweist ...!) – Also ich kann das jetzt nicht Tag für Tag rekonstruieren, leider, tut mir leid.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Zumindest beweist es, dass das nicht stimmt, was damals die Kärntner Verhandler in Wien gesagt haben, dass sie nach Wien gefahren sind und das erste Mal davon gehört haben, was bei der Verstaatlichung da auf sie zukommt. Aber die Beweisführung dazu wird in anderen Ausschusssitzungen noch stattfinden.

Am 5.11. haben die Bayern bei einer Sitzung in Klagenfurt noch zugesagt, wenn die Minderheitsaktionäre mitziehen, 1 Milliarde Eigenkapital nachzuschießen. Wäre das gemacht worden – es gibt dazu ein Regierungsprotokoll, wo das drinsteht, sage ich dazu – und hätten die Minderheitsaktionäre, sprich Kärnten und die GRAWE, mitgezogen, wäre dann nach Ihrer Einschätzung die Verstaatlichung am 13., 14. Dezember schon notwendig gewesen oder überhaupt notwendig gewesen?

Mag. Philip Reading: Wenn Bayern 1 Milliarde eingeschossen hätte und GRAWE und Kärnten ... (Abg. Obernosterer: Anteilshalber mit, ja!) Das wäre, na ja, das wäre ungefähr das gewesen, was es ja dann schließlich auf anderem Weg geworden ist. Das hätte ungefähr ausgereicht, ja.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Habe ich das richtig verstanden, dass es zumindest an diesem 13., also Ende 2009, zu keiner Verstaatlichung gekommen wäre, so, wie sie eigentlich stattgefunden hat, wenn das Szenario ...?

Mag. Philip Reading: Wenn die Bayern, wenn die Altaktionäre in dieser Höhe eingeschossen hätten, wäre das vermutlich zu vermeiden gewesen; wobei das natürlich jetzt spekulativ ist. Also von den Beträgen her müsste es sich ungefähr ausgehen.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Danke, Sie sind der Erste, der das so klar sagt. Denn es ist nachweislich, dass die Bayern das zumindest gesagt haben, im offiziellen Bereich versprochen haben, immer verknüpft damit, dass Kärnten und die GRAWE anteilshalber auch mitgehen, sonst machen sie es nicht.

Ich will jetzt nicht noch einmal das Protokoll wiederholen, in dem Kärnten zusammengefasst hat: Wir gehen nicht mit, die Bayern sollen zum Staat gehen! – Ist die Schlussfolgerung von mir: Wenn Kärnten und die GRAWE ihren Anteil damals beigetragen hätten, dann hätte Bayern gezahlt und die Verstaatlichung in der Form wäre uns eigentlich erspart geblieben, denn es hätte für den restlichen Bereich immer noch das Bankenpaket gegeben!, falsch?

Mag. Philip Reading: Also ich meine, was Sie sagen, ist plausibel, aber natürlich ist es rein spekulativ.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Aber die Summe hätte ausgereicht, so wie sie es früher gesagt haben? (Auskunftsperson Reading: Es klingt so, ja! – Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) – Danke, das ist auch wieder ein ganz neuer Aspekt, und man sieht eigentlich das Versagen von vorne bis hinten. – Passt, danke.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Mag. Reading, können Sie sich noch an eine Besprechung zum Thema Hypo vom 4.12.2009 erinnern? Die hat im Finanzministerium stattgefunden, zwischen 13 und 16 Uhr, also 3 Stunden lang, mit Teilnehmern aus dem Finanzministerium, aus der FIMBAG, Finanzprokuratur, OeNB, bei der Sie, die Frau Hrdlicka, der Herr Turner und von der FMA der Herr Hysek anwesend waren.

Ich darf Ihnen das Dokument mit der Nummer 14417 übermitteln. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das ist das Protokoll der dreistündigen Sitzung. Das Protokoll fällt etwas spärlich aus, es sind gerade einmal drei Seiten mit einigen zentralen Punkten, zehn Tage vor der Verstaatlichung.

Was war das Ziel dieser Sitzung? Können Sie sich noch erinnern?

Mag. Philip Reading: Ich glaube, es ging darum, eine gegenseitige Information über den Status der Hypo Alpe-Adria zu geben.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Wie war die Stimmung bei dieser Sitzung?

Mag. Philip Reading: Also es tut mir leid, ich habe jetzt keine konkreten Stimmungsbilder zu geben. Sie war sicher gespannt, denn es war ja eine sehr prekäre Situation.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich zitiere aus dem Dokument:

„Dr. Reading sieht die HGAA heute nicht anders als Ende 2008 basierend auf den Tatbeständen lt. §1 FinStaG als systemrelevant an. Daraus leite sich der notwendige Schutz der österreichischen Volkswirtschaft ab. Weiters gibt er Contagion- und auch Rückkoppelungseffekte auf andere österreichische Banken, die in Südosteuropa exponiert sind, zu bedenken.“

(Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) – Beim Absatz 4.

Waren das die zentralen Anliegen, das Thema der anderen Institute, der anderen Banken?

Mag. Philip Reading: Hier ging es um die Möglichkeit, jetzt andere Instrumente unter § 1 FinStaG anzuwenden als das Partizipationskapital. Der Hintergrund dieser Frage war: Liegen diese Voraussetzungen nach wie vor vor, um § 1 FinStaG anwenden zu können? Und daher habe ich hier offenbar referiert, dass die Systemrelevanz nicht sehr anders gesehen wird als ein Jahr zuvor. Also hier sind ja im Wesentlichen die gleichen Gründe genannt, warum wir die Bank als systemrelevant angesehen haben.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Weiter unten heißt es: „Die OeNB sieht auch einen ,Zweitrundeneffekt‘ als riskant für den Hypothekensektor bzw. RLB OÖ.“

Mag. Philip Reading: In einem Konkursfall hätte es hier eine Art Dominoeffekt gegeben, wie wir es ja heuer gesehen haben.

Also das Moratorium der HETA hat eben bestimmte Auswirkungen gehabt auf die anderen Hypothekenbanken, auf die Pfandbriefstelle, da mussten die Länder Garantiezusagen geben. Also es hatte ja dann genau diese Contagion-Wirkung. Sie konnte Gott sei Dank beherrscht werden, ja, aber es war aus der Sicht eines Finanzstabilitätsverantwortlichen eine Gefahr, ja, und insofern also ein systemischer Effekt, der von einem Scheitern dieser Bank hätte ausgehen können.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr „Dr. Peschorn richtet Frage an die OeNB, was die Ursache für den Unterschied des Ergebnisses von 2008 zum jetzigen Zeitpunkt sei“.

Sie führten dann aus, heißt es hier: „Lt. Mag. Reading war der negative Trend schon jahrelang zu beobachten.“

Mag. Philip Reading: Ja.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): „(…) der negative Trend schon jahrelang zu beobachten.“

Mag. Philip Reading: Na ja, also hier wird auf die Wertberichtigungen angespielt. Es wurden 2007 hohe Wertberichtigungen vorgenommen, 2008 und 2009 wieder, noch höher. Das war der negative Trend.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Jetzt haben wir rund ein Jahr vorher die Situation mit dem distressed, was dann zum sound geworden ist, gehabt, man hat schon jahrelang so wie Sie hier im Protokoll auch zitiert werden – die negative Entwicklung gesehen, und trotzdem hat man 2008 dann auf einmal ein sound gehabt. – Wie ist das zu erklären?

Mag. Philip Reading: Wir haben 2008 erklärt, warum wir die Einschätzung not distressed im Sinne nicht unmittelbar erforderlicher Rettungsmaßnahmen getroffen haben. Und wir haben auch dargelegt, dass wir die Bank für noch sanierbar gehalten haben, aus den uns damals zur Verfügung stehenden Informationen und aufgrund der Gespräche mit dem damals noch neuen Risikovorstand Dörhöfer von der Bayerischen Landesbank. Der hat uns glaubhaft gemacht, dass es ein ernsthaftes Anliegen ist, die Systeme zu verbessern und die Kredite besser abzusichern und besser zu dokumentieren und sozusagen eine bessere Beherrschung der Kreditrisiken zu erreichen.

Wir haben damals – ich spreche jetzt von 2008 – die Bayerische Landesbank noch mehr als Teil der Lösung als als Teil des Problems gesehen, und wir haben damals nicht vorhergesehen, dass 2009 eine gute Milliarde Abschreibungen weiterhin erforderlich sein würde.

Die Aussage, der negative Trend war schon jahrelang zu beobachten, war eine Aussage aus dem Dezember 2009.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Gut.

Dann möchte ich mit dem übernächsten Absatz fortfahren, da werden Sie wiederum zitiert:

„Mag. Reading bestätigt nochmals, dass im Fall einer Insolvenz auch andere österreichische Institute Probleme bekommen könnten und“ jetzt unter Anführungszeichen mit einem direkten Zitat von Ihnen – „,2008 das Ausmaß der wirtschaftlichen Verschlechterung zu ahnen war‘.“ (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie vorhin gesagt haben, aus der Sicht 2009. Jetzt sagen Sie, dass 2008 das Ganze schon absehbar war, wörtlich zitiert in diesem Protokoll. Und da ist dann die Frage: Warum hat man da nicht entsprechende Handlungen im Jahr 2008 gesetzt?

Mag. Philip Reading: Ich weiß nicht, ob ich das wirklich so gesagt habe, ob ich da richtig zitiert werde.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sie werden hier so zitiert, ich weiß nicht, ich gehe davon aus … Das ist ein Sitzungsprotokoll, das an alle Sitzungsteilnehmer ergeht, und wenn ein Protokoll nicht korrekt ist, reagiert man in der Regel und sagt: So habe ich das nicht gesagt, das muss geändert werden. Noch dazu bei so prekären Sitzungen und heiklen Themen!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Reading, um beim Datum gleich fortzufahren, wir waren beim 11. und kommen jetzt zum 12. Dezember 2009. Ich darf Ihnen noch einmal ein Dokument vorlegen; Nummer 24179. Das ist eine Vorbesprechung zu den Verhandlungen des Bundes hinsichtlich einer Lösung für die HGAA. Teilnehmer waren: Mag. Ettl, Pribil, Hysek, Gouverneur Nowotny, Direktor Ittner, Reading, Hrdlicka.

Unter Punkt 3: „Interessen der FMA iZm“ – im Zusammenhang mit, nehme ich an – „einem pot. Konkurs (wohl weniger wegen Überschuldung als aus Gründen der Zahlungsunfähigkeit) würden durch die Finanzprokuratur wahrgenommen werden.“

Das heißt, man geht davon aus, dass die Bank nicht überschuldet war, aber sie wäre zahlungsunfähig gewesen, unter anderem natürlich auch deshalb, weil die Bayern am 11.12. entsprechende Eigenmittel entzogen haben.

Das steht dann auch im nächsten Punkt, dass die FMA dementsprechend reagieren wird, dass es wohl nach dem „deutschen Recht zulässig sein dürfte“.

„Die mangelnde Verantwortungsübernahme durch die BayernLB als Eigentümer werde jedoch jedenfalls in einschlägigen Bescheidbegründungen seitens der FMA entsprechend angeführt werden.“

Hat es Ihres Wissens daraufhin eine entsprechende Reaktion gegeben oder ist irgendetwas passiert?

Mag. Philip Reading: Eine Reaktion genau worauf?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja sind hier Maßnahmen eingesetzt worden, am 12.? Hat man dann in weiterer Folge entsprechende Maßnahmen gesetzt? Was waren da die …

Mag. Philip Reading: Man hat einen Regierungskommissär eingesetzt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Den hat man versucht zu bestellen.

Es geht ja dann weiter. Worauf ich hinaus möchte  und das ist ja dann auf der Seite 5, wenn Sie schauen, wo der Gouverneur Nowotny angeführt wird; das ist der drittvorletzte Punkt –: Bis zum Schluss oder in dieser ganzen Zeit, und da waren auch Sie involviert, hat man über unterschiedlichste Szenarien diskutiert, wie man die Bank unterstützen kann, dass sie weiterhin agieren kann.

Da hat es die Variante gegeben, Partizipationskapital zu geben, Burden Sharing, Konkursszenarien wurden überlegt, und, und, und. (Auskunftsperson Reading: Ja!) Es war aber bis hierhin – und das sagt hier auch der Gouverneur Nowotny in seiner Stellungnahme  nie eine 100-Prozent-Verstaatlichung das Thema. Hier spricht er von einer 40:60-Lösung, die denkbar wäre, die auch mit dem Herrn Trichet auf höchster Ebene auf europäischer Ebene besprochen wurde.

Wie können Sie sich erklären, dass dann am Schluss, zwei Tage später – da war heute Frau Hrdlicka eigentlich auch sehr überrascht, sie hat so gewirkt, als wäre sie überrascht gewesen –, am Montag in der Früh die Information kommt, die Bank wurde zu 100 Prozent verstaatlicht? Dieses Szenario hat es ja vorher überhaupt nie gegeben. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Mag. Philip Reading: Das Szenario hat es schon gegeben, aber es war nicht eine Empfehlung.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Klar, das Szenario gibt es ja immer, aber es wurde eigentlich nie von irgendjemandem empfohlen. (Auskunftsperson Reading: Nein!) Dass es das Szenario gibt, ist klar, das kann ich tun irgendwann einmal. (Auskunftsperson Reading: Also der Gouverneur hat …!)

Das war eine rein politische Entscheidung, aber nie auf Fakten begründet.

Mag. Philip Reading: Dem Gouverneur ist ein Burden Sharing vorgeschwebt. Ich meine, die Verstaatlichung, wie sie dann tatsächlich erfolgt ist, also am 14. in der Früh, hat ja auch Elemente von Burden Sharing an sich. Es ist ja nicht so, dass die Altaktionäre nicht auch da noch einen Beitrag geleistet hätten. Also es war eine Form des Burden Sharings; vielleicht nicht die zunächst angedachte, aber letztlich war das das Ergebnis von Verhandlungen (Abg. Darmann: Von den Bayern!) und einem gewissen Poker.

Ich weiß nicht, ob ich Ihre Frage jetzt beantwortet habe.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich habe leider keine Zeit mehr. (Auskunftsperson Reading: Aha!)

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Mag. Reading, was hätte es für die Bewertung der Bank bedeutet, wenn man 2008 tatsächlich das Ausmaß der wirtschaftlichen Verschlechterung hätte erahnen können beziehungsweise den Umstand, dass sich die Situation tatsächlich verschlechtern wird?

Mag. Philip Reading: Was hätte man tun können?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Nein, was hätte das für die Bewertung der Bank bedeutet wieder zu unserem berühmten System (Auskunftsperson Reading: Ja!) sound or distressed zurückkommend –, was hätte das bedeutet, wenn Sie 2008 tatsächlich gewusst hätten: Die Situation wird sich weiter verschlechtern!?

Mag. Philip Reading: Also wenn wir es gewusst hätten, dass man es in der Bilanz auch so bewerten muss – ich verwende jetzt das Wort Bewertung in einer technischen Weise und würde für das andere Einschätzung sagen, damit wir wissen, wovon wir sprechen –, dann hätte natürlich die Bilanz 2008 nicht gestimmt.

Wenn wir mit einer für einen Wirtschaftsprüfer ausreichenden Sicherheit gewusst hätten, was später kommen wird, dann wären schon früher Wertberichtigungen vorzunehmen gewesen, und die Bilanz 2008 hätte anders ausgesehen. Dann wäre vermutlich entweder ein höherer Einschuss von den Bayern erforderlich gewesen, um die Bank wieder auf das erforderliche Mindestkapital zu hieven, oder sie wäre tatsächlich dann als distressed zu beurteilen gewesen.

Wenn wir das gewusst hätten! Aber ich darf zu bedenken geben, dass noch heuer neue Wertberichtigungserfordernisse erhellt werden, im Bilanzierungsprozess, die heuer zu dem Moratorium geführt haben. Das heißt, in jedem Jahr seither sind neue Erkenntnisse gewonnen worden, die leider immer in dieselbe Richtung gehen, nämlich dass die Dinge noch weniger wert sind, als sie vielleicht ein Jahr zuvor noch halbwegs plausibel hätten bewertet werden können. Das ist auch klar, die Zeit arbeitet nicht für so ein Portfolio.

Aber damals waren ja verschiedene optimistischere Szenarien möglich: Es könnte sich die Rezession als kurz erweisen, es könnte wieder einen Aufschwung geben. Es könnte möglich sein, Teile des Portfolios zu verkaufen, und, und, und. Also alle möglichen Dinge haben noch letztlich in der Überlegung Platz gehabt.

Aber die Frage, die Sie mir gestellt haben, war eine hypothetische, insofern ist jetzt auch meine Antwort eine etwas spekulative.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Jetzt war ja die Situation, das ist auch im Protokoll Thema, dass es seit Jahren einen negativen Trend gibt. 2008 war schon eine schwierige Situation, man hat zu diesem Zeitpunkt gewusst, wie sich die internationale Wirtschaftslage aller Voraussicht nach entwickeln wird. Also eine prekäre Situation! – Und da anzunehmen, dass sich die Situation verbessert und damit auch die der Bank, als ein kleiner Teil, wäre doch auch eine sehr, sehr optimistische Variante gewesen.

Mag. Philip Reading: Sie meinen jetzt zum Zeitpunkt 2008? (Abg. Lichtenecker: Ja!)

Ja, natürlich, deswegen gab es ja das Bankenhilfspaket, weil die Erwartung war, 2009 würde es sicherlich nicht besser werden als 2008. Das war sozusagen die generelle Erwartung am Markt damals, ja.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich darf mit dem Dokument fortfahren, das ich Ihnen vorhin mit der Nummer 14417 übermittelt habe.

Auf der nächsten Seite: Herr Mag. Höllerer, Finanzministerium.

Mag. Philip Reading: Das war das Protokoll vom 19. Dezember? (Abg. Lichtenecker: Vom 4. Dezember!) – Vom 4. Dezember.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Vom 4. Dezember 2009, letzte Seite: „Mag. Höllerer erwähnt nochmals, dass dies nicht als Vorwurf zu sehen sei, aber für eine Investitionsentscheidung sind auch Systemfehler zu hinterfragen, es stellt sich die Frage ob div. Prüfungen oder Kontrolle der Organe nicht ausreichend waren.“

Was hat denn Herr Höllerer mit seinen Systemfehlern tatsächlich gemeint? Ich vermute, so wie der Text weiter lautet, die Stimmung war dann doch etwas sehr angespannt, und es wird vermutlich eine intensivere Debatte zu dem Thema Systemfehler gegeben haben.

Mag. Philip Reading: Es kann sein, dass er sich hier auf die Risikomanagementsysteme der Bank bezieht, die ja in Prüfberichten verschiedentlich kritisiert wurden, ich bin mir aber nicht ganz sicher. Ich sollte wahrscheinlich jetzt nicht spekulieren.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber mit diversen Prüfungen oder Kontrollen der Organe – klar: Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfer und so weiter – könnte da nicht genauso auch die Prüfung seitens der OeNB und der Finanzmarktaufsicht gemeint gewesen sein?

Mag. Philip Reading: Wir sind ja keine Organe.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Okay, sagen wir einmal, Herr Mag. Höllerer hat den Begriff etwas weiter geführt.

Hat es eine Debatte zur Qualität der Prüfungen der FMA und der OeNB gegeben? (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Mag. Philip Reading: Ich kann das jetzt nicht interpretieren, was Mag. Höllerer genau gemeint hat. Sie werden ihn sicherlich noch befragen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich darf weiter zitieren – vorletzter Absatz –: „Lt. Mag. Reading sei eine Ursachenergründung der vergangenen Bewertung nicht wesentlich, sondern die Schadensbegrenzung.“

Die „Ursachenergründung der vergangenen Bewertung“. – Können Sie sich an diese Aussage Ihrerseits erinnern, und was war da konkret gemeint?

Mag. Philip Reading: Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass es hier um Risikoprozesse geht, insofern ist auch der Systemfehler, wie ich vermutet habe, im Zusammenhang mit den Risikoprozessen wahrscheinlich zu verstehen. Ich habe hier referiert, was aus unseren Prüfberichten erhellt wurde.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber fehlendes Risikomanagement und mangelnde Kreditrisikovorsorge haben wir von OeNB-Berichten ab dem Jahr 2001 in Permanenz gehabt. Das haben wir in Permanenz gehabt, die Befundung von dem. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Mag. Philip Reading: Es hat sich einiges getan, es haben sich die Systeme nicht merklich verbessert. Die Hoffnung war, dass die Bayerische Landesbank mit ihrem Kreditprozess neu hier quasi eine wesentliche Verbesserung herbeiführen würde.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Für eine sechste Fragerunde gibt es bisher eine Wortmeldung.

Herr Abgeordneter Darmann.  Bitte.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich habe doch noch ein paar Fragen zu stellen, und ein bisschen Zeit haben wir noch.

Herr Magister! Ich möchte noch einmal zurückkommen auf die vorherige Fragerunde und meinen Kollegen Erwin Angerer. Sie haben vorhin gesagt, es hat von Expertenseite keine Empfehlung für eine 100-Prozent-Verstaatlichung gegeben.

Mag. Philip Reading: Nicht, dass es mir bekannt wäre.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Uns ist es auch nicht bekannt, das haben wir auch in der Form nicht gefunden, nicht im Aktenstand und sonst auch in keiner Aussage. (Auskunftsperson Reading: Ja!)

Sie haben weiter zum Thema Due Diligence vorhin gesagt: Ein ordentlicher Kaufmann führt beim Erwerb eines Unternehmens eine Due Diligence durch. – Habe ich das vorhin richtig verstanden?

Mag. Philip Reading: Ja, sinngemäß ja.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Sinngemäß, gut.

Die BayernLB hat ja beim Erwerb der Hypo Alpe-Adria zwei Due-Diligence-Prüfungen durchgeführt. (Auskunftsperson Reading: Ja!) Damit kann man sagen, dass sie zumindest versucht haben, wie ein ordentlicher Kaufmann, sich beim Erwerb der Hypo Alpe-Adria einen Überblick zu verschaffen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Dass die SPÖ immer irgendwie nervös ist! Jetzt ist einmal Kollege Krainer nicht da mit seinen Zwischenrufen, schon ist Kollege Matznetter da, der da hereinplärrt. Es ist nicht zu glauben! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Aber bitte lassen Sie sich nicht ablenken, Herr Magister!

Mag. Philip Reading: Ich würde Sie nur bitten, die Frage noch einmal zu wiederholen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich fasse noch einmal zusammen: Sie haben gesagt, ein ordentlicher Kaufmann führt bei einem Erwerb eines Unternehmens eine Due Diligence durch. Die Bayern haben beim Erwerb der Hypo Alpe-Adria zwei dieser Due-Diligence-Prüfungen durchgeführt.

Kann man das auch so zusammenfassen, dass sie sich – in Ihrem zitierten Sinne – als ordentlicher Kaufmann versucht haben?

Mag. Philip Reading: Ja, sicherlich haben sie einen Prozess durchlaufen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Jetzt hat die Republik Österreich beziehungsweise die Politik seinerzeit die Hypo zu 100 Prozent an sich genommen, das heißt verstaatlicht. Sie hat sie gekauft, hat aber keine Due Diligence durchgeführt. Ist das auch richtig?

Mag. Philip Reading: Ja.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Das heißt – ich fasse jetzt einmal von Ihren zwei Aussagen zusammen –: Es gab keine Empfehlung von Expertenseite für die Verstaatlichung, aber es gab auch beim Kauf der Hypo durch die Republik Österreich keine Due Diligence, die Politik hat zum einen gegen die Empfehlung der Experten gehandelt, weil es ja auch keine Empfehlung in dieser Art gegeben hat. – Es hat keine Empfehlung zu einer 100-Prozent-Verstaatlichung gegeben, haben Sie gerade vorhin gesagt. Warum schütteln Sie jetzt den Kopf?

Mag. Philip Reading: Man kann nicht gegen eine Empfehlung handeln, die es nicht gibt.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Es hat andere Empfehlungen gegeben. Dann hat die Politik nicht im Sinne der Empfehlungen der Experten gehandelt. – Ist das für Sie eher ausführbar?

Mag. Philip Reading: Wir haben keine Empfehlungen an die Republik gegeben. Wir haben Szenarien und Konsequenzen dargestellt, und wir haben natürlich die Sorge vor einer Insolvenz gehabt.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich weiß schon, dass es für Sie nicht allzu leicht ist, eine Analyse meinerseits, die ich jetzt von mir gebe, zu unterschreiben. Es hat jedoch Szenarien gegeben, die keine 100-Prozent-Verstaatlichung vorgesehen haben, und die Politik hat es trotzdem gemacht und nicht auf die anderen durchgerechneten Szenarien zurückgegriffen.

Ist das jetzt etwas, das Sie unterschreiben können? – Ich vermute, ja.

Mag. Philip Reading: Wobei es ja mehr passiert ist, als dass sie es gemacht hat.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Es ist passiert? Es ist der Politik passiert? (Auskunftsperson Reading: Der Politik …!) – Die Politik hat ja den Kauf entschieden.

Mag. Philip Reading: Der Minister hat an diesem Verhandlungswochenende dieses Ergebnis in den Verhandlungen mit Bayern erzielt.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): „Es ist passiert“ ist eine interessante Formulierung. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Herr Kollege Matznetter, mit dir hat kein Mensch geredet. (Abg. Matznetter: Landeshauptmann Dörfler von den Freiheitlichen!) Es ist ja wirklich so. Du bist ja nicht so oft da, also wenn du wüsstest, wie wir miteinander reden, dann wüsstest du auch, dass du nicht so oft dazwischenrufen solltest, weil es dann immer ein Feedback von meiner Seite gibt. (Abg. Krainer: Es gibt auch andere …!) – Noch immer so nervös, die SPÖ, das ist echt spannend.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Krainer.) – Herr Abgeordneter Krainer! Wir haben bis jetzt wirklich eine relativ gute Sitzungsdisziplin gehabt, finde ich. Wir sollten versuchen, diese noch bis zum Schluss beizubehalten. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Es ist halt immer so: Wenn die Zwischenrufe kommen, dann bin ich meistens auf dem richtigen Weg (Zwischenruf des Abg. Krainer), und die Zwischenrufe vonseiten der SPÖ gibt es halt sehr oft.

Zweite Analyse meinerseits: Da beim Kauf der Hypo keine Due Diligence durch die Republik durchgeführt wurde, haben sich – um in Ihren Worten zu sprechen – die Republik Österreich und die Politik nicht als ordentlicher Kaufmann geriert, weil sie keine Due Diligence durchgeführt haben. Ich weiß, das können Sie auch nicht so unterschreiben, weil es ein bisschen schwierig ist, aber es ist die …

Mag. Philip Reading: Sicher nicht. Sie hatte keine Gelegenheit dazu.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Sie hatte die Gelegenheit!

Mag. Philip Reading: Es war ja eine Notverstaatlichung.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Das ist jetzt spannend, jetzt wird es lustig.

Jetzt haben wir in zwei Tagen herausgearbeitet, dass die Republik Österreich seit Dezember 2008 mit der Erteilung des Partizipationskapitals das Recht gehabt hat, eine Due Diligence bis hin zur Verstaatlichung durchzuführen – und es hat niemand in der Republik daran gedacht, das einmal zu tun! (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen. – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Dann ist man kurz vor der Verstaatlichung draufgekommen: Es wäre schön, wenn wir noch die zwei Wochen nutzen und eine machen würden. Dann sagen die Bayern: Nein – das Dokument haben wir –, das erlauben wir nicht! Und die Republik akzeptiert das. Sie macht keine Due Diligence und kauft die Bank trotzdem – nicht wie ein ordentlicher Kaufmann. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) – Danke. (Abg. Tamandl: … Dörfler! – Abg. Obernosterer: Auf Empfehlung der Freiheitlichen in Kärnten! – Weitere anhaltende Zwischenrufe der Abgeordneten Tamandl, Obernosterer, Darmann und Krainer.)

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Frau Dr. Lichtenecker gelangt nun zu Wort, und Herr Kollege Krainer möge sich mit den Zwischenrufen einbremsen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Bitte kein Bundesländermatch gegen Kärnten. (Anhaltende Zwischenrufe.)

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Am Wort ist Frau Dr. Lichtenecker! – Bitte, Frau Abgeordnete. (Zwischenruf des Abg. Darmann.)

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich komme noch einmal auf dieses Protokoll zu sprechen und auf Ihre Aussage, dass es jetzt um Schadensbegrenzung geht.

Herr Mag. Reading, was haben Sie in dieser Situation, in dieser Sitzung im Konkreten mit Schadensbegrenzung gemeint? Wie hätte die Ihrer Meinung nach aussehen sollen? (Die Auskunftsperson liest in einem Schriftstück.)

Mag. Philip Reading: Das ist jetzt 2009. Es ging ja um den Unterschied der Ergebnisse 2008 zu 2009. Ich glaube, da war gemeint, dass die Bank ihre Prozesse so verbessern sollte, dass sie ihre Kreditfälle besser dokumentiert, besser absichert und insofern eine Schadensbegrenzung vornimmt.

Es ging ja, wenn ich das jetzt richtig sehe, um die Erkenntnisse der Vor-Ort-Prüfungen, wo eben auch die Risikomanagementsysteme beleuchtet und als fehlerhaft erkannt wurden. Ich habe da offenbar erwähnt, dass für die Bank die Schadensbegrenzung wichtig ist. So würde ich das jetzt lesen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ist es nicht im Konkreten darum gegangen, wie die weitere Ausrichtung sein wird, welche nächsten Schritte – auch politischer Natur – gesetzt werden?

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bevor Sie antworten, Herr Mag. Reading, weise ich darauf hin, dass die Befragungsdauer bereits mehr als drei Stunden beträgt und ich die Befragung nach längstens vier Stunden jedenfalls beenden werde. – Bitte.

Mag. Philip Reading: Da geht es um Bewertungsfragen, also eher bilanzielle Dinge, nicht um Strategien, glaube ich.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Dann komme ich noch einmal auf die vorige Seite:

„Lt . OeNB gäbe es drei Optionen

a) Insolvenz

b) Verstaatlichung

c) burden sharing“

(Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Das ist die Sitzung vom 4. Dezember (Auskunftsperson Reading: 2009!), wo diese Alternativen präsentiert worden sind.

Am 26.11. hat es eine Sitzung des Einzelbank Forum-Managements gegeben – das Treffen zwischen FMA und OeNB, wo Ettl, Pribil, Ittner und auch Sie, Herr Mag. Reading, teilgenommen haben, und andere –, wo de facto die Empfehlung ausgesprochen wurde, dass das Szenario Burden Sharing als weitere Vorgangsweise anzustreben ist. Das war de facto …

Mag. Philip Reading: Das war das Ergebnis des EBFM, ja.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Wie intensiv wurde dann das Burden Sharing tatsächlich von OeNB und FMA weiterverfolgt, wenn dann letztendlich kurze Zeit später bei einer Sitzung wiederum alle Szenarien im Spiel sind?

Mag. Philip Reading: Wir haben da Szenarien im Sinne einer gedanklichen Strukturierung möglicher Vorgänge gezeichnet, die wir aber nicht aktiv beeinflussen konnten. Ob es ein Burden Sharing, eine Insolvenz oder eine Verstaatlichung gibt, war das Ergebnis von Verhandlungen zwischen den Parteien. Wir haben da letztlich Planspiele gezeichnet, mögliche Outcomes zu überlegen versucht.

Wir haben aber jetzt nicht sozusagen selbst ein Burden Sharing in dem Sinn betreiben können. Das war ja letztlich Sache der Parteien, wobei ich nicht ausschließen will, dass der Gouverneur in seinen Gesprächen natürlich dafür, in diese Richtung argumentiert haben wird. Es lag jedoch nicht an uns, zu entscheiden, ob es ein Burden Sharing gibt oder nicht, sondern das lag letztlich in der Entscheidung der betroffenen Parteien.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber die Experten und Expertinnen der Oesterreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht haben sich ganz klar für Burden Sharing ausgesprochen.

Mag. Philip Reading: Ja, das war wohl das Ergebnis dieses EBFM.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ich möchte Sie, da Sie heute schon mehrmals das Thema Systemrelevanz angesprochen haben, noch ein paar Dinge dazu fragen.

Bei dieser Festlegung der Systemrelevanz, gibt es da unterschiedliche Abstufungen bei den verschiedenen Banken? Oder heißt es einfach, systemrelevant – aus, Ende der Durchsage?

Mag. Philip Reading: In diesem Kontext gab es das nicht. Wir haben da einfach dargelegt, dass die betroffenen Banken systemrelevant sind. Wie vorhin schon gesagt, es gibt da keine sehr genaue Skala, obwohl es seither im Rahmen der neuen Bankenregulierung für das Pufferregime – also für das Kapitalpufferregime im Rahmen der makroprudenziellen Aufsicht –, sagen wir einmal, zumindest mehr Anhaltspunkte für die Eigenschaft Systemrelevanz gibt.

Da gibt es auch Abstufungen, da werden Institute in ihrer Systemrelevanz abgestuft und entsprechend unterschiedliche Kapitalpuffer verordnet. Aber das ist eine methodische Entwicklung, die einfach in den letzten paar Jahren passiert ist, aber damals noch nicht vorhanden war.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): 2009 hat es das Kriterium gegeben, systemrelevant oder nicht, und aus?

Mag. Philip Reading: Ja, und systemrelevant war sehr stark eine Einschätzungsfrage, nicht eine sozusagen mit letzter Sicherheit messbare Sache, sondern da musste man mehrere Kriterien in der Gesamtheit würdigen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Legt die Oesterreichische Nationalbank die Systemrelevanz fest, oder arbeitet da auch die Finanzmarktaufsicht mit, oder wie funktioniert das?

Mag. Philip Reading: Da gibt es keinen festgelegten Prozess.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Noch immer nicht?

Mag. Philip Reading: Na ja, wir reden jetzt von damals.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Okay, bleiben wir bei 2009.

Mag. Philip Reading: Jetzt gibt es inzwischen das Finanzmarktstabilitätsgremium, und da gibt es einen sehr strukturierten Prozess mit verschiedenen …

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber anno dazumal war es die Entscheidung der Nationalbank?

Mag. Philip Reading: Damals ja, in diesem Kontext, ja.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ab welchem Zeitpunkt hat die OeNB überhaupt mit dem Thema Systemrelevanz gearbeitet? War das 2008/2009 neu, oder hat es das davor auch schon gegeben?

Mag. Philip Reading: Ich denke, das muss es davor auch schon gegeben haben, wobei ich selbst natürlich erst seit 2008 beteiligt war. Ich glaube aber, bereits der Krisenfall BAWAG P.S.K. im Jahr 2006 muss ähnliche Vorgänge ausgelöst haben, auch beihilferechtlich, so wie dann das Bankenpaket und dann auch die Verstaatlichung 2009. Das heißt, es war sicherlich damals auch schon ein Thema.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Hat die Wertung Systemrelevanz auch Auswirkungen auf die Prüfaktivitäten der OeNB gehabt?

Mag. Philip Reading: Ja, also das Gesetz schreibt ja vor, dass für die systemisch wichtigen Banken ein jährlicher Prüfrhythmus vorzusehen ist.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ja, aber jetzt zurückgehend auf 2009, 2008 und vorher. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Hat es da auch die entsprechenden Auswirkungen auf die Aufsicht gegeben?

Mag. Philip Reading: Ja, ja, zum Beispiel diese Auswirkungen über die Vor-Ort-Prüfungsfrequenz. (Abg. Lichtenecker: Bitte?) – Die Frequenz von Vor-Ort-Prüfungen war für die systemisch wichtigen Banken höher als für andere Banken, nämlich jährlich. Das war eine Auswirkung auf die konkrete aufsichtliche Tätigkeit.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Nobert Hofer: Für die siebte Fragerunde hat sich bis jetzt Herr Abgeordneter Krainer zu Wort gemeldet.

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Frau Dr. Lichtenecker. Sonst kann ich keine weiteren Wortmeldungen erkennen.

Herr Abgeordneter Krainer, bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nur für das Protokoll, Sie sprechen nämlich immer so ein bisschen in Abkürzungen: Da war öfters die Frage nach der Einschätzung; es geht um diese gemeinsame Sitzung von FMA und OeNB und die Präsentation der Folien.

Mag. Philip Reading: Ich habe das EBFM genannt, Einzelbank Forum-Management.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Genau, Einzelbank Forum-Management, EBFM. (Auskunftsperson Reading: Ja!)

Nur dass wir das einmal fürs Protokoll haben: Wenn EBFM gesagt wird, heißt das immer Einzelbank Forum-Management.

Mag. Philip Reading: Ja, das ist also ein Abstimmungsforum zwischen OeNB und FMA, wo auf Managementebene Fälle besprochen werden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Als Sie Kenntnis davon erlangt haben, dass es mit der Hypo schlecht aussieht, also ganz schlecht aussieht … Das ist ja auch bei dieser selben Sitzung präsentiert worden, dass die Hypo im Scoring noch weiter abgestürzt ist. Das war ja bei derselben Sitzung? (Auskunftsperson Reading: Ja!)

Wer hat da den Auftrag gegeben, sich diese Szenarien Insolvenz, Verstaatlichung, Burden Sharing zu überlegen?

Mag. Philip Reading: Das ist sicher aus dem Direktorium gekommen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist der Auftrag an Sie gegangen?

Mag. Philip Reading: Ja, also ich kann jetzt nicht den genauen Weg nachzeichnen, aber normalerweise gehen Aufträge über mich an die Abteilungen oder, wenn ich gerade nicht erreichbar bin, an die Abteilungen und in Kopie an mich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und wie hat der Auftrag gelautet?

Mag. Philip Reading: Sinngemäß: Überlegt euch mögliche Szenarien, wie das da mit der Hypo weitergehen könnte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wer hat sich die überlegt?

Mag. Philip Reading: Das waren die mit der Einzelbankaufsicht betrauten Analysten, also dieselbe Truppe, die mehr oder weniger auch das Thema Partizipationskapital bearbeitet hat.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Lang, Breyer, Turner, Hrdlicka? (Auskunftsperson Reading: Ja!) – Okay.

Und die haben vier Szenarien berechnet und entworfen?

Mag. Philip Reading: Ich glaube drei.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Drei? Welche drei waren das?

Mag. Philip Reading: Das waren … Hat jemand das Protokoll? Da steht es ja drin. Es war das Burden Sharing, die Insolvenz und die Verstaatlichung.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, aber bei der Verstaatlichung waren ja zwei Varianten: Da waren die Variante Going Concern und Variante Abwicklung. (Auskunftsperson Reading: Ja, okay!)

Das sind ja dann vier. Also ich zähle halt vier. (Auskunftsperson Reading: Ja, bitte!)

Aufgrund der Diskussion waren sich die Teilnehmer zwischen FMA und OeNB einig, dass die beste oder die zukunftsweisendste Variante oder die „preferred“ oder, ich weiß nicht, wie ihr das nennt …

Mag. Philip Reading: The best likely outcome, also die beste unter den Umständen erreichbare Möglichkeit. (Abg. Krainer: Das Burden Sharing?) – Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war zum Zeitpunkt Ende November? (Auskunftsperson Reading: Ja!)

Hat sich diese Einschätzung Ihrer Wahrnehmung nach geändert? (Auskunftsperson Reading: Nein!) – Nie?

Mag. Philip Reading: Die Einschätzung – unsere Einschätzung?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Sie haben gesagt, es gab nie eine Empfehlung. Das hat sich ein bisschen anders angehört.

Gestern war Herr Breyer da, der hat gesagt, Sie waren eingeladen, und Frau Hrdlicka war auch dort am 4. Dezember. Die sind mit diesen Unterlagen ins Finanzministerium gegangen – Peschorn und andere –, und die haben geglaubt, jetzt wird es um Strategiefragen gehen. Die vom BMF haben aber gesagt: Strategie besprechen wir nicht mit euch! (Auskunftsperson Reading: Genau, ja!) – Ja. Das war auf dieser technischen Ebene.

Mag. Philip Reading: Ja, ich war, soweit ich weiß, auch dabei, ja. (Abg. Krainer: Okay, ja!)

Ja, es wurde uns beschieden, dass man nicht interessiert war an unseren …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie es trotzdem übergeben?

Mag. Philip Reading: Weiß ich nicht mehr.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war ja am 4. Dezember, da waren es ja nur noch zehn Tage bis zur Notverstaatlichung.

Waren Sie irgendwann Zeuge, dass diese Szenarien jemals überhaupt irgendwelchen Entscheidungsträgern übermittelt worden wären?

Mag. Philip Reading: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Waren Sie jemals Zeuge davon, dass es dann von der OeNB irgendwelche Empfehlungen gegeben hätte?

Mag. Philip Reading: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben das auch nicht in den Zeitungen wahrgenommen, dass Vertreter der OeNB öffentlich gesagt haben, sie haben Entscheidungsträgern etwas empfohlen?

Mag. Philip Reading: Das habe ich sicher gelesen, ja. Aber das ist etwas anderes, als Zeuge sein, nicht?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, ja, ja, das ist schon klar.

Was haben Sie da gelesen?

Mag. Philip Reading: Ich habe geantwortet, wenn es in den Medien gestanden ist, werde ich es wohl sicher auch gelesen haben. Aber ich kann mich jetzt nicht an einen konkreten Artikel erinnern.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, so haben Sie nicht geantwortet.

Mag. Philip Reading: So war es aber gemeint. (Abg. Krainer: Was?) – So war es aber gemeint.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ach so! Ja, ist eh okay. (Auskunftsperson Reading: Ja!) – Ich bin ja nicht bei der Polizei oder so. Aber gesagt haben Sie es nicht so, gesagt haben Sie es anders.

Mag. Philip Reading: Wie habe ich es gesagt?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Natürlich habe ich es g’les’n. – Also nicht mit dem Dialekt von mir jetzt.

Mag. Philip Reading: Also ich gehe davon aus: Wenn es in den Medien gestanden ist, werde ich es wohl gelesen haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber Sie haben keine Erinnerung daran? (Auskunftsperson Reading: Nein!)

Ist das OeNB-intern? (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) Hat es da nachher nicht einen Follow-up gegeben? Waren Sie bei den Verhandlungen dabei oder waren Sie im BMF am 13./14. Dezember?

Mag. Philip Reading: Nein. Also ich war … Nein, war ich nicht. (Abg. Krainer: Waren Sie nicht?) – Im BMF war ich nicht, nein. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wo waren Sie dann?

Mag. Philip Reading: Wir hatten irgendeine Vorbesprechung, glaube ich, in der FMA. Aber im BMF bei den Verhandlungen war ich nicht dabei.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es waren aber Leute von der OeNB im Haus? (Auskunftsperson Reading: In der OeNB?) – Nein. Personen aus der OeNB waren im Finanzministerium oder in Kontakt mit politischen Entscheidungsträgern?

Mag. Philip Reading: In Kontakt möglicherweise, ja. Ich meine, der Gouverneur hat – daran kann ich mich sehr gut erinnern – in der Früh des 14. Dezember angerufen. Ich glaube, er war unterwegs. Und er hat noch geäußert, es sieht schlecht aus für eine Lösung. Also da hatten wir noch geglaubt, wir müssten den Regierungskommissär einsetzen. Und eine halbe Stunde später kam dann die Lösung. Das heißt, der Gouverneur war in diesem Stadium – aber ich glaube, nur telefonisch – eingebunden. Ich kann jetzt nicht genau sagen, wer wann im Ministerium war. Aber es gab sicherlich Informationsgespräche – wahrscheinlich telefonisch.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Mag. Reading, in der BRD hat es 2009 bei der Systemrelevanz von Banken drei Kategorien gegeben, eine Differenzierung in niedrig, mittel und hoch. Wir haben heute von Ihnen gehört, dass es in Österreich eine Kategorie gegeben hat, nämlich systemrelevant oder nicht systemrelevant.

Jetzt ist die Frage: Wie würden Sie, wenn Sie die deutsche Kategorisierung heranziehen, die Hypo zu dem Zeitpunkt einstufen, als hoch, mittel oder niedrig systemrelevant?

Mag. Philip Reading: Ich muss leider sagen, ich kenne die Kriterien nicht, die die Deutschen da anwenden. Wenn ich fundiert auf diese Frage antworten sollte, müsste ich einige Zeit Arbeit in diese Frage stecken. Das kann ich jetzt hier nicht aus dem Stegreif tun.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Die Deutschen beziehen sich auch auf das Dokument der Europäischen Kommission und geben das genauso an wie die Österreicher – mit Bilanzsumme, Einlagenintensität, Wirkung auf den Markt, Effekte in der Volkswirtschaft. Das dürfte also sehr ähnlich sein wie bei uns. (Auskunftsperson Reading: Aha!) – Genau.

Wenn man jetzt davon ausgeht, dass sie dieselben Kriterien haben: Wo würden wir dann mit der Hypo im Jahr 2009 landen?

Mag. Philip Reading: Ich müsste Sie trotzdem bitten, einen deutschen Kollegen dazu zu befragen, wo er die Hypo einordnen würde. Es wäre damals sogar gar nicht so weit weg von seiner Verantwortung gewesen, weil die Deutschen die konsolidierende Aufsichtsbehörde waren.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Interessant wäre die österreichische Perspektive beziehungsweise Expertise auch gewesen.

Mag. Philip Reading: Ja, aber ich möchte so etwas nicht improvisieren, sonst ist es keine Expertise.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Die systemrelevanten Banken und die Aufsicht: Sie haben gesagt, bei denen gibt es halt einen höheren Rhythmus der Prüfung, man versucht es jährlich.

Gibt es noch andere Auswirkungen, wenn man eine Bank als systemrelevant einschätzt, in Bezug auf das Reporting und so weiter?

Mag. Philip Reading: Also das hängt vielleicht nicht an dem Wort systemrelevant, aber es sind dann in der Regel die Großbanken, die auch meinetwegen in regelmäßigen Direktoriumsberichten in mehr Details als die anderen auf jeden Fall berichtet werden. In puncto aufsichtliche Tätigkeit in der Bank ist die Frequenz der Vorortprüfung[6] eigentlich das hervorstechendste, spürbarste Merkmal.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Von den systemrelevanten Banken und den entsprechenden Auswirkungen hat es natürlich auch politische Implikationen gegeben. Werden die entsprechenden wichtigen Berichte auch ins Finanzministerium reportet?

Mag. Philip Reading: Wir reporten nicht an das Finanzministerium. (Abg. Lichtenecker: Aber wenn …!) – Der Gouverneur und der Vizegouverneur reporten dem Nationalrat, ich glaube, zwei Mal im Jahr im Finanzausschuss. Aber wir haben …

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Ja, aber über die systemrelevanten Banken haben wir das noch nicht gehabt. Aber da gibt es eine spezifische Verpflichtung.

Mag. Philip Reading: Ja, aber wir haben keine Reporting-Beziehung zum Finanzministerium.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber wie landen zum Beispiel Zahlen, Fakten und Daten, die von den systemrelevanten Banken erhoben werden, im Finanzministerium? (Auskunftsperson Reading: In der Regel gar nicht!) – Das heißt, ich habe eine systemrelevante Bank, die auf den Abgrund zusteuert – ich entwerfe nur ein Szenario –, und das Finanzministerium weiß de facto nicht Bescheid. – Heißt es das?

Mag. Philip Reading: Wenn solche Ereignisse drohen, dann gibt es einen Prozess zum Beispiel im Finanzmarktkomitee, dass da gefährdende, auch möglicherweise systemgefährdende Vorgänge vorgehen. Dann schon, aber es gibt kein Routine-Reporting über die Banken an das Finanzministerium.

Aber wenn eine bedeutende Bank in eine Schieflage gerät, die eben systemische Konsequenzen haben könnte, dann würde das im Finanzmarktkomitee erörtert. Und bei Gefahr in Verzug, wenn man nicht auf das nächste tourliche Finanzmarktkomitee warten kann, wird dann natürlich vorher eine Information, ein Ad-hoc-Meeting oder irgendetwas einberufen.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber würde es nicht Sinn machen, dass in Bezug auf systemrelevante Banken regelmäßig reportet wird, darüber, wie sie sich entwickeln, wie sie dastehen und so weiter?

Mag. Philip Reading: Es war ja das Finanzministerium bis 2002 die Aufsichtsbehörde, seit dieser Aufsichtsreform gehen diese Dinge an die FMA und nicht mehr ans Finanzministerium.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Ich bitte nun um Wortmeldungen für die achte Fragerunde. – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Reading, wir müssen noch das Verhältnis zu Herrn Dr. Peschorn, Finanzprokurator, durchgehen. Das geistert ja nicht nur durch die Medien. Er hat ja hier im Rechnungshofausschuss auch schon zum Bankenpaket und zur Hypo-Verstaatlichung ausgesagt.

An diesem 4.12., der hier erwähnt wurde und wo Ihnen auch ein Protokoll vorgelegt wurde, haben wir den Umstand – auch das berichte ich Ihnen gleich und frage Sie nicht –, dass besagter Peschorn sich schon zwei Tage davor bei mehreren, aber unter anderem bei der Notenbank rührt und sagt: So, Burschen, was ist los? Hinten und vorne brennt die Bude ab, und jetzt wollen wir von der FMA, von X, Y und Z, aber auch von der Notenbank einmal im Speziellen wissen – an Sie gerichtet sozusagen als Institution –, wie das vor einem Jahr mit diesem Not-distressed-Gutachten war.

So geht das dahin. (Auskunftsperson Reading: Mhm!) Also er macht schon Druck, das ist bekannt. Auch ersichtlich ist, dass das am 4.12., wo Ihnen schon das Protokoll vorliegt, offensichtlich ein grimmiges Verhältnis und eine grimmige Stimmung gewesen sein muss. Ich steige also jetzt dort wieder ein.

Peschorn fragt sozusagen alle ab, was los ist. Dann passiert Folgendes: Hysek von der FMA zum Beispiel – das ist alles in der gleichen Sitzung – meldet sich oder wird gefragt und merkt an, dass die FMA schon 2006 gemerkt hätte, dass es einen Verbesserungsbedarf im Risikomanagement gäbe. – Zitatende; Hysek 2006.

Sie sind genau mit diesem Satz zitiert worden. Ich überspringe die anderen, denn das Spiel ist nun: Jeder hat schon immer gewusst, wie schlecht die Hypo ist. Das ist plötzlich das Spiel.

Und Herr Reading sagt – es ist Ihnen schon vorgehalten worden –, dass „2008 das Ausmaß der wirtschaftlichen Verschlechterung zu ahnen war“.

Na super! Das ist ja vorhin schon zur Sprache gekommen.

Können Sie dem Ausschuss schildern, wie das Verhältnis zu Herrn Peschorn war, und was er in der Folge noch von Ihnen verlangt hat? Plötzlich kommt die Finanzprokuratur und spielt nicht den Verhandler für die Republik, sondern geht zunächst einmal auf die eigenen Institutionen los. So viel ist ersichtlich.

Mag. Philip Reading: Ja, also er wollte eine Darstellung, warum sich die Lage der Hypo Alpe-Adria seit der Partizipationskapitalgabe so dramatisch verschlechtert hat, wie sie sich damals, Ende November, darstellte. Wir haben ihm eine ausführliche Stellungnahme geschickt, und da ging es auch um die Frage der Systemrelevanz.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Jetzt sind Sie, glaube ich, Ihrer Zeit voraus. Wir haben den Vorteil einer Chronologie der von uns ausgewerteten Akten, die Sie so vielleicht gar nicht haben. Sie als Notenbank haben erst am 7.12. diese Stellungnahme endgültig übermittelt, zwischendurch sind Entwürfe herumgegeistert. (Auskunftsperson Reading: Genau!) – Das ist unser Kenntnisstand.

Sie bemühen sich, das war erkennbar, Ihr Haus bemüht sich. Aber mir geht es eher um das Verhältnis zu Dr. Peschorn. Plötzlich – das wird ihm ja von anderen vorgehalten – kommt er daher und sagt: So, ihr singt jetzt alle vor, was da alles schiefgelaufen ist! Dann wird er ohnehin darauf aufmerksam gemacht: Gescheiter wäre es, wenn wir uns darum kümmerten, wie der zukünftige Schaden abgewendet werden könnte. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Die Frage ist, wie das in dieser Sitzung weitergegangen ist. Haben Sie selbst noch eine Erinnerung dazu oder wollen Sie in das Protokoll schauen?

Mag. Philip Reading: Ich muss leider in das Protokoll schauen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Vielleicht erinnern Sie sich dann noch an etwas, denn er gibt ja weiter Gas: Peschorn reloaded. Schauen Sie sich das an! (Die Auskunftsperson liest in einem Schriftstück.)

Mag. Philip Reading: Ja, also man will sich vor weiteren Zahlungen des Bundes Klarheit verschaffen. (Abg. Kogler: Bitte?) – Man wollte sich durch uns über die Situation Klarheit verschaffen, bevor weitere Zahlungen des Bundes erfolgen. So steht das im Protokoll.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Der Ordnung halber frage ich: Gibt es für die neunte Fragerunde – außer von Herrn Mag. Kogler – Wünsche?

Wir sind an die Grenze der Bürokratie gelangt, weil wir nur sieben Spalten haben. Wir haben schon die neunte Runde, aber wir werden das schaffen. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wir haben am ersten Befragungstag auch schon zehn Runden gehabt! (Abg. Krainer: Da waren es 22 Runden und die letzten 17 hat Kogler gemacht! – Allgemeine Heiterkeit.) – Das war aber sehr hilfreich, weil wir damals schon von den Staatskommissärinnen erfahren haben, wie es in den Aufsichtsratssitzungen der HBInt zugegangen ist und wie Dr. Berlin schon den Überfall auf das österreichische Steuergeld vorbereitet hat. Das war damals für viele noch nicht zu erahnen, aber äußerst nützlich. (Abg. Krainer: Ich erspare mir jetzt einen Zwischenruf!) – Ja. Ich nicht, ich wende mich der Auskunftsperson zu.

Das Ganze endet ja damit (aus einem Schriftstück vorlesend), dass Dr. Peschorn Ihnen gegenüber sitzend ankündigt, er werde jetzt aber einen Brief an die OeNB schreiben und die Beantwortung der für den Bund wichtigen Fragen verlangen.

Könnten Sie das Ende dieser Sitzung ein wenig beschreiben? Also ich bin jetzt Peschorn, Sie vertreten die Notenbank, und wir reden schon die ganze Zeit darüber: Sagt einmal alle, was ihr da die letzten Jahre so gemacht habt. Außerdem habe ich euch am 2. Dezember schon angerufen. Ihr sollt nun einmal liefern, möglicherweise beichten.

Dann diskutieren wir eine Zeit lang, und auf einmal sage ich: So, ich sage es Ihnen jetzt, liefern Sie einmal Daten!, und im Übrigen schreibe ich Ihnen noch einen Brief, in dem steht, dass ich von Ihnen alles Mögliche verlange.

Gleichzeitig – ich kürze ja ab – weist er unmittelbar vorher darauf hin, dass auch der Rechnungshof noch kommen wird.

Das ist doch der Aufbau einer Drohkulisse, das ist ganz eindeutig!

Ich frage Sie noch einmal: Wie hat die Notenbank darauf reagiert, dass die Finanzprokuratur auf einmal daherkommt … Es geht nämlich nicht nur – das wäre ja vernünftig – um die weitere Feststellung, ob die Hypo noch systemrelevant ist oder nicht. Das haben wir hundertmal diskutiert, davon mag man halten, was man will. Es geht auch nicht nur um den Sachstand Liquidität oder mögliche Szenarien und Insolvenz und was weiß ich, sondern es geht auch darum, dass er offensichtlich ankündigt: Wir sind jetzt in diesem Zustand, wo sich jeder wird rechtfertigen müssen.

Das sagt er doch, weil er sonst nicht mit dem Rechnungshof zu drohen braucht. Der ist in dieser Republik ein reines Ex-post-Organ und sonst gar nichts, das wissen alle Beteiligten. Die Drohung mit dem Rechnungshof kann ja nur bedeuten: Alles, was wir da getan haben, oder auch, was ihr getan habt, und was wir jetzt in dieser Stunde tun werden, werden wir vom Rechnungshof geprüft bekommen – also bitte alle anschnallen!

Ich frage Sie noch einmal, aufgrund dieser unserer Eindrücke – auch medial ist dieses Missstimmungsverhältnis schon öfter so dargestellt worden –: Wie hat es sich zwischen der Notenbank und der Finanzprokuratur zugetragen?

Er hat Sie immerhin so auf Trab gehalten, dass Sie drei Tage danach lauter Entwürfe hin und her schickten. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Mag. Philip Reading: Es war ja auch eine durchaus schon als ernst zu erkennende Situation. Herr Dr. Peschorn hat – ich habe das immer auf seine Rechtsanwaltsvergangenheit zurückgeführt – oft eine recht antagonistische Gesprächsführung an den Tag gelegt in …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): War sie ungefähr so unhöflich, wie ich hier gewöhnlich bin? War das so wie vorher?

Mag. Philip Reading: Na, unhöflich … Er war halt relativ fordernd und kritisch. (Abg. Kogler: Fordernd? Sehr gut!)

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Eine Runde zehn gewünscht? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Haben Sie dann noch Wahrnehmungen darüber, wie Peschorn … (Abg. Krainer: … pro Runde eine Frage gestellt wird?)

Mag. Philip Reading: Ich kann Ihnen dazu leider kein weiteres Kolorit geben.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Haben Sie Wahrnehmungen – wie Peschorn Ihrer Institution gegenübergetreten ist, haben wir ja schon aus dem Protokoll herausgearbeitet –, aber haben Sie Wahrnehmungen, wie die Finanzprokuratur anderen Institutionen gegenüber aufgetreten ist, zum Beispiel gegenüber der Finanzmarktaufsicht oder der FIMBAG? Haben Sie da etwas mitbekommen?

Mag. Philip Reading: Ich würde sagen, er ist der Finanzmarktaufsicht nicht anders als uns entgegengetreten; bezüglich der FIMBAG kann ich mich gar nicht erinnern.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Der Rechnungshof ist wirklich gekommen – wir machen einen Cut –, und das Finanzministerium erklärt in seiner Stellungnahme gegenüber dem Rechnungshof, dass man zumindest im Nachhinein – das muss man fairerweise dazusagen – die damalige Arbeit in der Stellungnahme der OeNB für völlig verfehlt erachtet. Das ist offiziell im Mai dieses Jahres zugestellt worden, Sie müssten es intern im Haus früher gehabt haben.

Ist heuer im Frühjahr, zwischen Februar und Juni, in der Notenbank darüber gesprochen worden, dass das BMF sozusagen mit der – Anführungszeichen – „Weisheit der Distanz“ die Notenbank dafür verantwortlich macht, dass damals – das bezeichnet das Ministerium mittlerweile als Fehler – die Notenbank diese Stellungnahme abgegeben hat, dessen Inhalt jetzt zwei Tage hier Gegenstand im Ausschuss war? Haben Sie darüber in der Notenbank einmal geredet?

Mag. Philip Reading: Nein, also die Gespräche in der Notenbank bezüglich der Einschätzung durch den Rechnungshof haben …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nein, das ist ein Missverständnis. Das Finanzministerium ist angehalten – so wie alle anderen, die im Kontext dieses Vorgangs überprüft worden sind –, eine Stellungnahme abzuliefern. Das Erste, das im Rechnungshofbericht zitiert wird – da gibt es immer den Absatz 3, wo die überprüften Stellen zitiert werden –, ist, dass das BMF die Stellungnahme der Notenbank für völlig verfehlt erachtet.

Es kann ja auch sein, dass Sie nichts davon mitgekriegt haben. (Auskunftsperson Reading: Nein, das …!) Die Frage hat sich darauf bezogen, ob Sie im Haus über diese, wenn Sie so wollen, Anschuldigung des BMF diskutiert haben. (Auskunftsperson Reading: Nein!) Haben Sie nicht?

Mag. Philip Reading: Ich kann mich nicht erinnern, nein.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das war’s. Danke.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Ich kann keinen Wunsch nach einer weiteren Wortmeldung erkennen.

Da die nach der Verfahrensordnung vorgesehene Befragungsdauer knapp nicht ausgeschöpft ist, frage ich abschließend den Herrn Verfahrensrichter, ob er noch ergänzende Fragen an die Auskunftsperson richten möchte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, nein.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Da keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, erkläre ich die Befragung der Auskunftsperson für beendet. Ich bedanke mich für Ihr Erscheinen, Herr Mag. Reading.

 



[1] Ursprünglicher Text: […] mit den Vorprüfern zu […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: Falsch: Vorprüfern; Richtig: Vorortprüfern

 

[2] Ursprünglicher Text: […] ein systemisches Moment […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: Falsch: Ein systemisches Moment; Richtig: Einen systemischen Moment

[3]  Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: Falsch: Basel I Kapitalanforderungen; Richtig: Säule I Kapitalanforderungen

[4] Ursprünglicher Text: […] Vorspielungsgespräch […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: Falsch: Vorspielungsgespräch; Richtig: Vorstellungsgespräch

 

[5] Ursprünglicher Text: […] einer der Mitarbeiter […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: Falsch: einer der Mitarbeiter; Richtig: eines des Mitarbeiter

 

[6]  Ursprünglicher Text: […] Vorabprüfung […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: Falsch: Vorabprüfung; Richtig:Vorortprüfung