247/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny in der 45. Sitzung vom 3. Dezember 2015

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 62. Sitzung am 9. März 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Univ. - Prof  Dr. Ewald Nowotny nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO­UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

Wien, 2016 03 09

 

 

            Mag. Maximilian Unterrainer                                     Doris Bures

                           Schriftführer                                                                         Vorsitzende

 

 


 

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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

 

45. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Donnerstag, 3. Dezember 2015

Gesamtdauer der 45. Sitzung

9.07 Uhr – 19.15 Uhr

Lokal VI


Befragung der Auskunftsperson Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny

Vorsitzende Doris Bures: Herr Gouverneur Nowotny, Sie haben eine Vertrauensperson mitgenommen und Herr Dr. Pilgermair wird auch noch die Rechtsbelehrung vornehmen, trotzdem möchte auch ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass zu Ihrer Linken Verfahrensanwalt Professor Binder sitzt, der darauf zu achten hat, dass Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen gewahrt werden und gesichert sind. Wann immer Sie sich mit Ihrer Vertrauensperson oder mit dem Verfahrensanwalt beraten wollen, werde ich die dafür erforderliche Zeit selbstverständlich zur Verfügung stellen. Für sonstige Fragen zum Verfahren stehe auch ich als Vorsitzende Ihnen zur Verfügung. Wenn Sie eine kurze Sitzungsunterbrechung haben möchten, werde ich diesem Wunsch Folge leisten.

Das wollte ich Ihnen eingangs noch sagen.

Zur Erteilung der Rechtsbelehrung und anschließenden Erstbefragung übergebe ich nun Herrn Dr. Pilgermair das Wort. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Einen guten Nachmittag, Herr Gouverneur! Ich ersuche Sie, dass Sie vorerst einen Blick auf das Personaldatenblatt werfen. Stimmen die Daten? (Auskunftsperson Nowotny: Jawohl, sie stimmen!)

Herr Professor Nowotny, Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie über den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. In dieser Belehrung waren auch die Aussageverweigerungsgründe im Einzelnen angeführt. Sollte einer dieser Gründe bei einer Frage, die an Sie gerichtet wird, vorliegen, ersuche ich Sie, darauf hinzuweisen. Ein genereller Aussageverweigerungsgrund kann nicht geltend gemacht werden.

Vor Ihrer Befragung muss ich Sie über die Pflicht von Auskunftspersonen zur Angabe der Wahrheit und die strafrechtlichen Folgen einer Falschaussage belehren. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 3 des Strafgesetzbuches wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden. Die Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels kann gemäß § 293 Abs. 2 des Strafgesetzbuches auch bei einem Verfahren vor einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr strafgerichtlich geahndet werden.

Sie haben als Auskunftsperson das Recht, Beweisstücke und Stellungnahmen vorzulegen und deren Veröffentlichung oder deren Klassifizierung zu beantragen. Darüber wird dann der Untersuchungsausschuss entscheiden.

Sie haben weiters das Recht, den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen. Diese ist auszuschließen, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit, der Auskunftsperson oder Dritter dies gebieten, wenn es zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen notwendig ist oder der Ausschluss im Interesse der Erlangung einer wahrheitsgemäßen Aussage erforderlich zu sein scheint.

Abschließend muss ich Sie noch nach dem Informationsordnungsgesetz belehren: Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Besonderer Schutz gilt für die nach dem Informationsordnungsgesetz klassifizierten Unterlagen. Jede Person, die Zugang zu solchen Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet. Nur befugte Personen dürfen Zugang zu klassifizierten Informationen haben und BesitzerInnen einer solchen Information sein. Daher dürfen klassifizierte Informationen keinesfalls – weder schriftlich noch mündlich – an unbefugte Personen weitergegeben werden. Die Verschwiegenheitsverpflichtung besteht auch nach der Beendigung der Befragung oder der Tätigkeit dieses Ausschusses. Schließlich dürfen Kopien, Notizen, Auszüge und Übersetzungen von solchen Unterlagen weder von einer Auskunftsperson noch von der Vertrauensperson angefertigt werden.

Herr Professor, haben Sie Fragen zur Rechtsbelehrung? (Auskunftsperson Nowotny: Nein, danke!) – Nein.

Sie haben als Vertrauensperson Herrn Univ.-Prof. Dr. Hengstschläger beigezogen. Ich begrüße Sie, Herr Professor, ein weiteres Mal hier im Ausschuss und bitte Sie, dass auch Sie den gewohnten Blick auf das Personaldatenblatt werfen. (Vertrauensperson Hengstschläger: Ist richtig!)  Danke.

Gründe für den Ausschluss der beigezogenen Vertrauensperson gemäß § 46 Abs. 4 der Verfahrensordnung sind mir nicht bekannt. Ich ersuche die anwesenden Mitglieder des Ausschusses, mitzuteilen, ob gegen die Beiziehung von Herrn Univ.-Prof. Dr. Johannes Hengstschläger als Vertrauensperson Einspruch erhoben wird. – Das ist nicht der Fall. Ich weise aber darauf hin, dass Gründe für einen Ausschluss der Vertrauensperson auch noch während der Befragung vorgebracht werden können.

Herr Prof. Dr. Hengstschläger, Sie haben bereits wiederholt die Belehrung als Vertrauensperson erhalten, und ich denke, Sie haben keine weiteren Fragen! Wären noch welche dazu? (Vertrauensperson Hengstschläger: Nein!) – Das halten wir fest.

Ich darf Ihnen, Herr Professor Nowotny, abschließend mitteilen, dass allen Auskunftspersonen das Recht zusteht, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die bis zu 20 Minuten dauern kann. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen? (Auskunftsperson Nowotny: Ja, ich würde gerne davon Gebrauch machen!) – Dann bitte ich Sie darum.

Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny: Frau Präsidentin! Hoher Ausschuss! Danke für die Gelegenheit, hier ein Eingangsstatement abzugeben. Ich werde zunächst auf meine persönliche Tätigkeit eingehen und dann auf einige allgemeine Aspekte.

Ich wurde 2008 als Nachfolger von Dr. Klaus Liebscher zum Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank bestellt. Gemäß der Geschäftsordnung des Direktoriums ist der Gouverneur Sprecher des Direktoriums. Mit Ausnahme der Bereiche, wo eine Genehmigung des Gouverneurs einzuholen ist, erledigt laut Geschäftsordnung jedes Mitglied des Direktoriums die in seinen Wirkungskreis fallenden Angelegenheiten selbständig. Dieser Wirkungsbereich wird jeweils vom Generalrat festgelegt. Als Gouverneur bin ich im Wesentlichen direkt zuständig für die Hauptabteilungen Volkswirtschaft sowie Öffentlichkeitsarbeit, Organisation und Personal.

Ich wurde am 1.9.2008 Gouverneur der OeNB. Am 15.9.2008 kam es in New York zum Zusammenbruch des Bankhauses Lehman und dadurch zu einer massiven Verschärfung der weltweiten Finanzkrise. Die amerikanische Regierung hatte vorher in der Finanzkrise schon einige Banken gerettet. Unter politischem Druck wurde Lehman nicht gerettet, was dann zum Konkurs von Lehman und zu einem massiven weltweiten Vertrauensverlust im Finanzsektor geführt hat. In der Folge mussten dann gewaltige Mittel aufgewendet werden, um die größten amerikanischen Banken wieder zu verstaatlichen, auch Versicherungen wie AIG, die größte Versicherung der Welt.

Die Krise hat dann rasch auf Europa übergegriffen. Große Banken mussten mit gewaltigen Geldmitteln aufgefangen werden; in Deutschland war das insbesondere der Bereich der Landesbanken.

In dieser Situation haben Notenbanken und Ministerien und Regierungen eine ganz klare Perspektive gehabt: Die Fehler der 1930er-Jahre dürfen sich nicht wiederholen, der Zusammenbruch von Banken muss verhindert werden, um nicht wie in den Dreißigerjahren eine Kettenreaktion auszulösen, die man dann gesamtwirtschaftlich nicht mehr bewältigen kann.

Wir haben 2008/2009 in der Tat einen finanziellen Tsunami erlebt, aber im Gegensatz zu Fukushima hat in Österreich der Schutzwall, den wir um das österreichische Bankensystem und um die Ersparnisse der Sparerinnen und Sparer gelegt haben, gehalten.

In Österreich wurden konkret unter diesem Eindruck mit Inkrafttreten vom 27.10.2008 das Finanzmarktstabilitätsgesetz und gleichzeitig eine Erhöhung der Einlagensicherung beschlossen; insgesamt ein Bankenpaket von 100 Milliarden €. Das waren, wie Sie ja sicher wissen, einstimmige Beschlüsse des Hohen Hauses, und ich meine, es waren verantwortungsbewusste Beschlüsse, die Schaden von der Republik abgewendet haben.

Am 3.11.2008 musste als Erstes die Notverstaatlichung der Kommunalkredit AG vorgenommen werden. In dieser Situation war es für fast alle Banken in Österreich, jedenfalls für fast alle großen Banken, erforderlich, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, staatliches Partizipationskapital aufzunehmen. Dazu wurde die OeNB vom Finanzministerium um eine Stellungnahme ersucht. Ich war zu diesem Zeitpunkt erst etwa drei Monate im Amt, aber ich bin der Meinung, dass auch im Fall der Hypo Alpe-Adria diese Stellungnahme inhaltlich angemessen war. Mein für die Bankenaufsicht zuständiger Kollege, Vizegouverneur Ittner, hat ja Gelegenheit gehabt, hier darüber ausführlich zu sprechen; ebenso wie andere Kollegen aus der Nationalbank.

Die schwere Finanzkrise hat sich im Jahr 2009 in Europa vertieft und in vielen Fällen dann Verstaatlichungen erzwungen; in Deutschland beginnend mit der Hypo Real Estate 2009, in Belgien, Frankreich – die riesige Dexia –, Irland – gewaltige Größen –, Spanien und so weiter. Diese Krise war zu einem großen Teil eine Vertrauenskrise, und es war unter diesem Aspekt in Gesamteuropa praktisch jede mittlere und größere Bank als systemrelevant zu betrachten. Dazu kam im Fall der Hypo Alpe-Adria dann noch die Haftung des Landes Kärnten von damals mehr als 19 Milliarden €.

Es war die klare Politik der EZB und der europäischen Staaten, dass man es nicht riskieren dürfe, eine Bank in Konkurs schlittern zu lassen, da das zu wesentlich höheren Kosten auf nationaler und internationaler Ebene führen könnte. Insgesamt kam es in den EU-Staaten zwischen 2008 und 2012 zu Hilfsmaßnahmen für den Bankenbereich in der Höhe von 492 Milliarden €.

Für Rekapitalisierungsmaßnahmen allein wurden in Österreich in diesem Zeitraum 9,85 Milliarden € aufgewendet – das sind 3,2 Prozent des BIP –, in Deutschland waren es 144 Milliarden – das sind 5,5 Prozent des BIP –, das heißt, Deutschland hat hier noch intensiver eingegriffen als Österreich. In Österreich kam zu diesem Zeitpunkt dazu, dass das Engagement der österreichischen Banken in Ost- und Südosteuropa international unter heftiger Kritik stand; Sie werden sich daran erinnern. An den Finanzmärkten spiegelte sich diese kritische Haltung gegenüber Österreich in stark steigenden Zinsspreads wider. Es wurden beispielsweise im Frühjahr 2009 österreichische Staatsanleihen zu ähnlichen Risikoaufschlägen gehandelt wie spanische und italienische, zeitweise sogar so wie griechische. Regierung und Notenbank waren damals in höchstem Einsatz, das Vertrauen in das österreichische Bankwesen zu stabilisieren. Wir haben damals die Vienna Initiative entwickelt, wobei ich insbesondere auch den großen Einsatz des damaligen Finanzministers Pröll hervorheben möchte.

Vor diesem Hintergrund ist dann die weitere Entwicklung der Hypo Alpe-Adria zu sehen. Die Bank stand seit Oktober 2007 im Mehrheitseigentum der Bayerischen Landesbank, wobei aber die Haftungen bei Kärnten verblieben sind. So wie andere Landesbanken kam auch die Bayerische Landesbank unter Druck. In den Jahren 2008 und 2009 gab es massive Finanzhilfen des Freistaates Bayern und damit auch ein Bewilligungsverfahren durch die Wettbewerbsbehörde der Europäischen Kommission. Und das hat dann offensichtlich letztlich zur innenpolitischen Entscheidung geführt, sich um jeden Preis von der Hypo Alpe-Adria zu trennen.

Jedenfalls stand die Republik am Wochenende vom 12. und 13. Dezember 2009 vor der Konstellation, dass ein Konkurs der Hypo Alpe-Adria unmittelbar zu befürchten war. Die Bank war schon wochenlang im Gerede, es war zu erheblichen Abflüssen von Einlagen gekommen, zum Teil auch Einlagen der Eigentümer, und die FMA hatte bereits einen Regierungskommissär designiert und nach Klagenfurt geschickt. Ich nehme an, das wird ja noch im Detail besprochen werden.

Ich möchte hervorheben, dass das eine Situation war, in der es nicht nur um Bankenaufsicht in engerem Sinn ging, sondern um gesamtwirtschaftliche Finanz- und Wirtschaftsstabilität in Österreich und auch um mögliche große Auswirkungen in Osteuropa, und ich daher in diesem Fall unmittelbare Verantwortung zu übernehmen hatte. Ich bekenne mich auch zu dieser Verantwortung, und im Sinne dieser Verantwortung habe ich dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Finanzminister dringend geraten, einen Konkurs der Hypo Alpe-Adria zu verhindern. Es wurden verschiedene Wege diskutiert, wie das zu erreichen wäre. Letztlich hat sich in der Nacht vom 13. auf 14. Dezember die Verstaatlichung ergeben, wo bei den Verhandlungen dann auch erhebliche Beiträge der BayernLB erreicht werden konnten.

Es hat auch Interventionen vom Präsidenten der EZB, Jean-Claude Trichet, gegeben.

Für Österreich kam neben diesem allgemeinen Stabilitätsargument noch hinzu, dass das Land Kärnten zu diesem Zeitpunkt mit über 19 Milliarden für ausstehende Anleihen der Hypo Alpe-Adria haftete, die im Konkursfall unmittelbar fällig geworden wären.

An diesem Wochenende habe ich an verschiedenen Treffen teilgenommen, insbesondere auch an Gesprächen mit österreichischen Banken. Die OeNB war aber selbstverständlich nicht in die Verhandlungen betreffend die vertragliche Ausgestaltung der Kaufvereinbarung zwischen der Republik Österreich und der BayernLB eingebunden, was ja auch nicht die Aufgabe einer Aufsicht ist; wir hatten ja keine Eigentümerfunktion. Das ist übrigens auch im Griss-Bericht ganz korrekt wiedergegeben.

Schon am Tag nach der Verstaatlichung habe ich mich auch öffentlich dafür eingesetzt, so vorzugehen, wie das in Europa und speziell in Deutschland üblich war, nämlich: Trennung in eine weitergeführte Bank, die dann möglichst rasch zu verkaufen ist, und eine Bad Bank, wo die problematischen Aktiva sukzessive abgebaut werden sollen. Ich nehme an, das wird in einem späteren Teil dieses Ausschusses auch noch zu behandeln sein.

Hoher Ausschuss! Bitte gestatten Sie mir, anschließend noch ganz kurz einige persönliche Bemerkungen und Beobachtungen in diesem Eingangsstatement hinzuzufügen.

Zunächst: Alle Fakten, die vorliegen, zeigen meines Erachtens klar, die OeNB war nicht Brandstifter, sondern Feuerwehr. Jetzt kann man natürlich im Nachhinein auch bezüglich der Feuerwehr die Frage stellen, ob sie genügend gut ausgerüstet war, ob sie ihre Arbeit wirklich perfekt gemacht hat, aber die Kausalitäten sollten, meine ich, klar sein.

Zweitens: Wir haben ein grundlegendes Problem: dass die Bankenaufsicht sich auf die Feststellung der beeideten Wirtschaftsprüfer, die die Bankenbilanzen testieren, verlassen muss. Die Aufsicht ist kein Ersatz für den Vorstand, die interne und externe Revision und den Aufsichtsrat. In dieser Kette sind in der Tat große Fehler geschehen – in einem Ausmaß, das ich so eigentlich nicht für möglich gehalten hätte.

Im Prinzip gilt aber dieses Problem für jede Aufsichtsinstitution, auch für die Europäische Zentralbank, die ja jetzt die Aufsicht über die großen europäischen Banken übernommen hat. Bevor sie diese Aufsicht übernommen hat, hat sie im Jahr 2014 eine direkte Prüfung der testierten Bilanzen durch dritte Wirtschaftsprüfer veranlasst, was ja de facto ein Misstrauensvotum gegenüber den bestellten Bilanzprüfern darstellt.

Dieser Asset Quality Review der EZB hat einen riesigen Aufwand verursacht, kann deshalb auch nicht laufend wiederholt werden. Das Asset Screening für die Hypo Alpe-Adria erfolgte in Abstimmung mit der Aufsicht schon viel früher, das erste Mal im zweiten Halbjahr 2009 und – Sie haben das ja, glaube ich, schon mehrfach gehört – mit erheblichen Kosten.

Drittens: Ich habe in meinem Leben und speziell bei meinen Bankerfahrungen gelernt, dass es am Ende immer auf die fachliche und – vielleicht noch wichtiger – auf die menschliche Qualität und moralische Integrität der handelnden Personen ankommt. Das geht vom Eigentümer bis zum Kreditreferenten, die ja auch vielfältigen Versuchungen ausgesetzt sein können. Alle großen Problemfelder der österreichischen Bankenlandschaft würde ich unter diesem Aspekt betrachten.

Viertens: Ich war nicht immer dieser Meinung, aber meine Lebenserfahrung hat mich gelehrt, dass es gerade bei Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, wie eben auch bei Geschäftsbanken gefährlich ist, wenn politisch bestimmte Eigentümer in ein Unternehmen hineinregieren können. Hier gibt es meines Erachtens in Österreich nach wie vor Verbesserungsbedarf.

Fünftens und letztens: Das Besondere der Hypo Alpe-Adria war und ist ja die Verknüpfung eines Bankproblems mit dem Problem von Landeshaftungen. Da geht es zunächst um die Frage der rechtzeitigen und korrekten Erfassung im Rahmen der Rechnungslegungsvorschriften. Diese Frage ist, wie ja auch der Rechnungshof betont, leider noch immer nicht voll geklärt. Und zweitens besteht in Bezug auf die Länder nach wie vor erhebliche Rechtsunsicherheit. Wir haben bis heute zwar ein Insolvenzrecht für Gemeinden, aber keine Insolvenzregelung für Bundesländer.

Ich meine daher insgesamt, Frau Präsidentin, hoher Ausschuss, dass die Bedeutung dieses Untersuchungsausschusses weit über den Einzelfall der Hypo Alpe-Adria hinausgeht. Ich möchte mich sehr bemühen, sowohl als Gouverneur als auch als interessierter Staatsbürger zu einer erfolgreichen Arbeit dieses Ausschusses beizutragen, und bedanke mich für die Gelegenheit zu diesem Statement.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, Herr Professor Nowotny, für Ihre einleitende Stellungnahme.

Kommen wir zur Erstbefragung!

Was war Ihr Erstbild von der Hypo, nachdem Sie am 1.9.2008 Ihre Funktion angetreten haben?

Dr. Ewald Nowotny: Es ist so, dass ja die Hypo schon vorher keine Unbekannte war. Wie Sie wahrscheinlich wissen, hatte ich auch vorher eine Funktion im Bankwesen, und ich hatte vorher als Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank schon mit dieser Bank zu tun. Die Hypo Alpe-Adria hatte den Ruf, eine sehr ambitionierte Bank zu sein, speziell auch ihr Generaldirektor. Sie hatte natürlich schon auch den Ruf, dass sie sehr stark unter politischem Einfluss steht, aber sie war insgesamt eine Bank, die man durchaus als eine, ich würde sagen, ordentliche Bank im Rahmen der österreichischen Bankenlandschaft betrachtet hat, also sie war kein – wie soll ich sagen? –, kein Paria[1] zu dieser Zeit.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich komme jetzt nicht auf das Partizipationskapital zu sprechen, sondern frage Sie: Was waren Ihre Hypo-Milestones des Jahres 2009?

Dr. Ewald Nowotny: Sie gestatten – ich habe mir doch ein paar Unterlagen mitgebracht, denn mit Daten ist das immer ein bisschen so eine Sache –, dass ich mir das anschaue. (Die Auskunftsperson blättert in einem Ordner.) Wir sprechen vom Jahr 2009? (Verfahrensrichter Pilgermair: 2009, ja!) – Im Jahr 2009. Ich habe hier auch eine gewisse Aufstellung, was die Zeit betrifft. Soll ich schon mit Jänner beginnen?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie erzählen bitte die Milestones aus dem Jahr 2009, die für Sie wichtig waren.

Dr. Ewald Nowotny: Ich habe hier von meinen Mitarbeitern eine Zusammenstellung, da geht es zunächst …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich glaube, die wird sehr sorgfältig erstellt worden sein. Ich möchte Sie um die wichtigsten Milestones bitten.

Dr. Ewald Nowotny: Es ist nämlich so, wir hatten natürlich praktisch in jedem Direktorium sozusagen einen Teil Banken, und da war die Hypo natürlich immer irgendwo dabei, aber sozusagen als wirklich großen Punkt hat es am 25. August 2009 einen Besuch des bayerischen Ministers Fahrenschon, des Dr. Kemmer, des damaligen Generals Pinkl gegeben. Die waren bei der FMA, die waren dann auch bei uns. Und hier sind – wir haben das ja auch vorbesprochen – vor allem die Eigentümer, also Vertreter der bayerischen Regierung, sehr stark hingewiesen worden, dass der Eigentümer der Bank eine Verpflichtung hat. Das wurde auch in dieser Form zur Kenntnis genommen und akzeptiert.

Wir hatten dann, wie gesagt, wieder eine Reihe von Direktoriumssitzungen, in denen es um diese Fragen gegangen ist. Ich habe hier eine Liste von Sitzungen, bei denen ich nicht dabei war, wo aber Kollege Ittner dabei war. Ich nehme an, das ist hier ja schon besprochen worden.

Wir hatten dann am 25. November ein OeNB-Direktorium, und da sind Hypo-Alpe-Adria-Fragen besprochen worden. Ich selbst war an diesem Tag im Finanzausschuss, ich glaube aber nicht, dass dort sehr viel über die Hypo gesprochen wurde.

Eine wichtige Sitzung war am 26. November, da war ich selbst nicht dabei, aber das war das Bankenforum, denn bei dieser Gelegenheit wurden – so wie ich hier vermerkt habe – das erste Mal sozusagen Szenarien entwickelt, was man im Falle von Problemen ..., also wie die Sache weitergehen kann.

Wir hatten dann am 7. Dezember eine Sondersitzung des OeNB-Direktoriums zu Fragen Hypo, und dort wurde dann das Schreiben festgelegt, das wir ja dann auch an die Finanzprokuratur geschickt haben, in dem die Kosten einer Insolvenz der Hypo quantifiziert und die verschiedenen Varianten gezeigt wurden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist das diese Briefing-Unterlage? (Der Verfahrensrichter hält ein Schriftstück in Richtung Auskunftsperson in die Höhe.) Vom Dezember 2009.

Dr. Ewald Nowotny: Ich nehme an, dass es das ist, ja. Darf ich noch ...?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wollen Sie es anschauen? – Bitte. (Der Auskunftsperson wird das Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Ewald Nowotny: Ich kann es nur von innen anschauen. (Die Auskunftsperson blättert in der Unterlage.)

Da haben wir diese drei verschiedenen Varianten drinnen. Ja, richtig, also das sind die drei Szenarien. Das eine Szenario ist Insolvenz, das zweite Szenario Verstaatlichung und das dritte Szenario Burden Sharing.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Genau. Das ist jene Unterlage, die heute Vormittag Herr Abgeordneter Darmann auch schon Herrn Dr. Duchatczek gezeigt hat.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, also das ist diese Unterlage von ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Diese Unterlage meinen Sie mit Schreiben an die Finanzprokuratur?

Dr. Ewald Nowotny: Und auf dieser Basis ist dann das Schreiben – oder das war, glaube ich, vielleicht sogar das Schreiben direkt an die Finanzprokuratur.

Dann hat es am 9. Dezember ein Treffen im Bundeskanzleramt mit Staatssekretär Ostermayer gegeben, wo wir über dieses Thema auch gesprochen haben, zur Information; im Prinzip dieselbe Information, die wir an die Finanzprokuratur gegeben haben.

Und dann wurden die Dinge natürlich schon sozusagen sehr akut.

Es hat dann am Samstag, den[2] 12. Dezember, um 14 Uhr eine … Entschuldigung! Es hat am 4.12., sehe ich hier (die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen), eine Besprechung im Finanzministerium gegeben, an der ich aber nicht teilgenommen habe, die ich nur protokollmäßig kenne, bei der wieder die Frage gestellt wurde: Was sind die Daten zur Hypo Alpe-Adria?, und bei der dann auch diese berühmte Aussage war, die OeNB möge sich quasi nicht hineinmischen, von uns werden keine strategischen Optionen erwartet, oder es wird erwartet, dass wir keine liefern.

Wir hatten dann am 12. Dezember 2009 um 14 Uhr die Vorbesprechung mit der FMA. Inzwischen sind die Dinge ja akut geworden, es hat sich der Besuch der Delegation aus Bayern angekündigt. Da war also zuerst FMA/OeNB, dann anschließend eine Besprechung im Finanzministerium unter Teilnahme des Herrn Bundesministers und des Herrn Staatssekretärs und daran anschließend dann eine Besprechung, bei der Minister Fahrenschon dabei war. Das war Samstag, der 12.

Am Sonntag, den 13.[3], war es so, dass wir einerseits Vorbesprechungen hatten, an denen ich teilgenommen habe, zuerst im Bundeskanzleramt selbst – also nur Bundeskanzler und, ich glaube, auch Staatssekretär, damals Staatssekretär Ostermayer –, anschließend gab es dann eine Besprechung, bei der auch der Herr Finanzminister dabei war, dann hat es den Beginn des offiziellen Gesprächs mit der bayerischen Seite gegeben, in der OeNB hatten wir dann um 17 Uhr noch eine Krisensitzung, weil ich zwischendurch noch berichtet habe, was sich hier getan hat.

Wir hatten gleichzeitig an diesem Tag auch noch eine informelle Telekonferenz des EZB-Rates, wo ich angerufen wurde, aber die anderen Gouverneure zugeschaltet waren, was denn da in Österreich los ist. Es hat dann auch das Telefonat von Präsident Trichet gegeben, eines an mich, eines an den Herrn Bundeskanzler, vielleicht auch an den Herrn Finanzminister, das weiß ich nicht.

Dann waren diese Beratungen im Ministerium. Da ist es so, dass ich an den eigentlichen Beratungen klarerweise nicht teilgenommen habe, dass ich aber an der Eröffnungssitzung teilgenommen habe, bei der es um die gesamtwirtschaftliche Einschätzung gegangen ist, und dass ich dann gebeten wurde, ein Gespräch mit einer Bankenrunde zu führen, das leider nicht erfolgreich war.

Am Abend hat sich für mich keine weitere Funktion ergeben. Ich bin nach Hause gegangen und wurde dann am Montag um etwa 6 Uhr früh angerufen, mit dem Hinweis, es wird jetzt quasi ernst, ich möge bitte ins Ministerium kommen. Gleichzeitig haben wir für 7 Uhr in der OeNB eine Sondersitzung angesetzt, weil wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten, wie die Sache ausgeht.

Eigentlich war mein Gefühl zu dieser Zeit noch, es kommt zu einem Konkurs, es wird keine Einigung geben. Daher hat sich die OeNB vorbereitet, was man liquiditätsmäßig hier alles machen muss. Diese Sitzung hat in der OeNB um, glaube ich, 7 Uhr begonnen, und um etwa drei viertel sieben ist die Information an mich gekommen – da war ich schon im Ministerium –, es gibt eine Einigung, und ich habe in diesem Sinn die OeNB angerufen. Das war im Wesentlichen der Verlauf.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke. Ich habe noch die Dokumentennummer 24145 für diese Briefing-Unterlage HGAA vom Dezember 2009 nachzutragen.

Sie sind von Ihren Mitarbeitern für das Treffen mit Fahrenschon sehr ordentlich vorbereitet und gebrieft worden; einen Monat vor dem Treffen ist die Briefing-Unterlage gekommen. – Hat man das zu diesem Zeitpunkt schon ernst genommen, dass der bayerische Staatsminister für Finanzen extra nach Wien fährt, um etwas zu deponieren?

Dr. Ewald Nowotny: Nein. Also was natürlich bekannt war, war, dass …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Warum macht er sich auf die Fahrt nach Wien?

Dr. Ewald Nowotny: Weil er Eigentümervertreter ist und weil sich gezeigt hat, dass ein zusätzlicher Kapitalbedarf besteht. Die Botschaft, die uns Fahrenschon nach meiner Erinnerung zu dieser Zeit gegeben hat, war die: Die Bayern sind bereit zu einem Kapitaleinschuss, aber nur, wenn es alle sind.

Sie wissen, es hat ja noch drei oder zwei größere Miteigentümer gegeben (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja, ja! Die wollten nicht!), und die zentrale Botschaft, die ich damals mitgenommen habe, war die: Ja, die Bayern sind bereit, etwas zu machen, aber die anderen müssen mitziehen. Das war, glaube ich, der wesentliche Grund seiner Sache.

Unsere Position als OeNB war die, dass wir gesagt haben: Ja, das ist ein Problem, das die Eigentümer zu lösen haben. Und das heißt natürlich primär der größte Eigentümer, die Bayerische Landesbank.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt hat sich das weiterentwickelt. Ab wann gab es ernste Anzeichen dafür, dass sich die Bayern von der Bank trennen wollen, dass sie aufgrund der Entwicklungen, ihrer eigenen und auch der … Es ist ja dann das Asset Screening vonstattengegangen, die Nationalbank hat ihre Vor-Ort-Prüfung gemacht. Ab wann gab es für Sie ernste Anzeichen dafür, dass die Bayern die Bank weggeben wollen?

Dr. Ewald Nowotny: Diese Frage habe ich mir im Nachhinein auch gestellt, denn natürlich sind vielleicht manche Dinge nicht unmittelbar sichtbar, die dann erst im Nachhinein in voller Bedeutung sichtbar geworden sind. Ich habe hier den 28., 29.11., da war noch ein Verwaltungsrat der Bayerischen Landesbank, bei dem die Bayern bei ihrer Position geblieben sind – da war ich nicht dabei, das weiß ich nur protokollmäßig –, dass sie es nicht allein machen. Sie sind gegen eine alleinige Stärkung. Aber es war natürlich noch immer die Frage, dass man bereit ist, an einem Gesamtkonzept mitzuwirken. Wie Sie wissen, sind dann auch laufend Termine für Hauptversammlungen gesetzt worden, bei denen es zu einer solchen Kapitalstärkung hätte kommen sollen.

Der wirkliche Zeitpunkt, glaube ich, an dem es aus meiner Sicht besonders heikel geworden ist, ist der 8.12. Da hat es eine Sitzung im Finanzministerium gegeben, bei der mitgeteilt wurde, dass die bayerische Landesregierung nicht bereit ist, neues Geld hineinzugeben. Meine Interpretation – aber das ist klarerweise nur eine Interpretation – ist die, dass da inzwischen ein politischer Umschwung erfolgt ist und es ja eine politische Entscheidung war. Mein Eindruck – ich muss dazusagen, Eindruck – war, dass der Vorstand der Bayerischen Landesbank selbst sehr wohl dafür gewesen wäre, eine konsensuale Lösung zu erreichen. Aber das war eine ganz eindeutige politische Handlung, ich würde fast sagen, vielleicht sogar eine politische Kurzschlusshandlung, die da gegeben war.

Diese Sitzung am 8.12. ist ja auch ohne Ergebnis abgebrochen worden, da hat es kein Ergebnis gegeben, und ab dann sind sozusagen die feindlichen Handlungen der Bayerischen Landesbank erfolgt, nämlich Kündigung der Darlehen und so weiter.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann haben Sie Ihre Sicht der Alternative Lastenteilung/Burden Sharing entwickelt?

Dr. Ewald Nowotny: Wie ich vorhin gesagt habe: Das erste Mal haben wir dieses Szenario am 26. November eingebracht, aber das ist eine interne Sitzung gewesen, des Einzelbankenforums. Dabei[4] waren OeNB und FMA, ich glaube auch nicht, dass das Finanzministerium dabei war, und da sehe ich aus dem Protokoll, dass es diese Überlegung gegeben hat. Ich muss sagen, auf der Ebene zum Beispiel des Direktoriums der OeNB haben wir zu diesem Zeitpunkt diese Überlegung noch nicht gehabt. Da waren wir noch eher der Meinung, es wird dazu kommen, dass die Bayern auch wieder bereit sind, Geld einzuschießen, dass es aber wichtig sein wird, dass das alle Beteiligten machen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie ein Faible für diese Alternative gehabt?

Dr. Ewald Nowotny: Ich glaube, das wäre auch die vernünftigere Variante gewesen – das glaube ich nach wie vor –, also das, was wir dann quasi unter Burden Sharing sehen, denn das hätte erlaubt, diese Bank in Ordnung abzuwickeln, genau das zu machen, was ja auch in anderen Fällen geschehen ist, nämlich Teilung in eine Bad Bank und in eine Bank, die dann eben entsprechend kapitalisiert ist.

Das hätte letztlich, glaube ich, auch für die Bayern die bessere Lösung bedeutet, war aber, glaube ich, politisch nicht mehr durchsetzbar, weil natürlich – und das muss man sehen – die Bayern ja selbst in einem EU-Wettbewerbsverfahren waren und aus dem heraus, glaube ich, der politische Druck dann sehr stark war, quasi kein Geld mehr nach Österreich zu schicken.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann haben Sie die Variante der Lastenteilung in Österreich in die politische Diskussion hineingebracht?

Dr. Ewald Nowotny: Das war, glaube ich, schon in diesem Schreiben am[5] 7. Dezember, das Sie ja gesehen haben (Verfahrensrichter Pilgermair: In dem Sie die Alternative ausgeführt haben!), weil wir da ja diese drei Varianten auch explizit ausgeführt haben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das ist damit auch dem BMF zur Kenntnis gelangt?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, weil das ein Schreiben an die Finanzprokuratur war.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: An die Finanzprokuratur, ja.

Wann hat die Nationalbank – weil ab und zu auch ein Kritikpunkt war, dass keine Szenarien entworfen worden wären – erstmals Szenarioarbeit geleistet?

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, wie ich gerade gesagt habe, wir haben ja Szenarien …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Eben, deswegen möchte ich es gerne jetzt von Ihnen noch einmal hören.

Dr. Ewald Nowotny: Wir haben ja Szenarien entworfen. Es hat vielleicht ein bisschen etwas Skurriles gegeben, aber auch das kann ich nur aus den Protokollen wiedergeben, da war ich nicht selbst dabei, weil das auf der Beamtenebene war. Das ist diese Besprechung am 4.12. im Finanzministerium gewesen, wo uns vom Finanzministerium aus gesagt wurde, die OeNB soll Daten liefern, aber wir sind nicht dazu da, strategische Optionen zu entwickeln.

Also es war sozusagen etwas, das ja – das muss man ganz ehrlich sagen – formal auch richtig ist, weil wir ja auch nicht Eigentümer sind; also insofern ist das formal richtig. Trotzdem haben wir uns dann doch Gedanken gemacht, was längerfristig im Sinne der Finanzstabilität relevant ist.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Schlussfrage: Ist so ein aufwendiges Asset Screening, wie es die Bayern schon im Sommer mit der Hypo über PwC gemacht haben, nicht schon ein ernstes Anzeichen, dass sich da etwas in der Einstellung ändert?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das glaube ich nicht, weil das Asset Screening …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Tut man sich 50 Millionen einfach so unterm Jahr an?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das Asset Screening ist ja massiv auf unseren Druck, also auf Druck von OeNB und FMA, durchgeführt worden, weil wir natürlich vor dem Problem gestanden sind, dass sozusagen jedes Mal, dass jeder neue Wirtschaftsprüferbericht wieder einen höheren Wertberichtigungsbedarf ergeben hat. Da haben wir gesagt: Also so geht das quasi nicht, offensichtlich funktionieren diese Wirtschaftsprüfer in der Form nicht. Es wurde ja dann bekanntlich ein Externer, also eben nicht der, der unterschrieben hat, beauftragt. Also das war eigentlich eher im Sinne, dass man sozusagen Sicherheit haben will – belastbare Zahlen –, aber da ist die Initiative von FMA und OeNB ausgegangen. Das würde ich nicht sehen als eine Vorbereitung für ein Problem der Bayern.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt habe ich die Sollzeit schon überschritten – danke für Ihre Antworten, Herr Professor! (Auskunftsperson Nowotny: Danke!)

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals für die Erstbefragung.

Nach der Redeordnung beginnt jetzt Herr Klubobmann Lugar die erste Fragerunde. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich habe die erste Frage zum PartKapital, und zwar geht es um die Systemrelevanz. Es gibt ja dieses Gutachten, und in diesem Gutachten werden eben verschiedene Kriterien herangezogen. Es wird dann auch ausgeführt, was systemrelevant ist und was nicht. Frau Hrdlicka hat sich sehr schwergetan, mir zu erklären, nach welchen Kriterien diese Systemrelevanz sozusagen bescheinigt wurde.

Jetzt haben Sie in Ihrer Eröffnungsrede gesagt, dass das ganz klar war, dass jede mittlere bis kleinere Bank in dieser Situation systemrelevant war, weil alles so angespannt war. Das heißt, für Sie war sonnenklar, dass die Hypo systemrelevant war.

Dr. Ewald Nowotny: Also ich würde sagen, nicht nur für mich (Heiterkeit der Auskunftsperson), sondern eigentlich war es für jeden in Europa, der zu dieser Zeit die Bankenlandschaft betrachtet hat, vollkommen klar, dass in dieser sensiblen Situation eine Bank mittlerer Größe nicht zusammenbrechen darf.

Ich darf Sie daran erinnern, wir sind da ja – und ich nehme an, Sie kennen auch das internationale Umfeld – nicht allein. Wir haben in Irland massive Bankenrettungen gehabt, wir haben in Deutschland Bankenrettungen gehabt. Ich komme übrigens gerade aus Frankfurt, wir haben noch gestern über vier kleinere italienische Banken und deren Systemrelevanz diskutiert, weil wir noch immer in einer sensiblen Situation sind. Das war also vollkommen klar, dass das systemrelevant ist, da hätte es überhaupt keine kritische Diskussion gegeben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Hrdlicka hat es nicht geschafft, uns in irgendeiner Form näherzubringen, warum die Bank systemrelevant war. Wenn das so sonnenklar ist, wie Sie sagen, warum haben Sie dann nie mit ihr darüber gesprochen, warum ist sie darüber im Unklaren gewesen, dass die Bank ja ohnehin systemrelevant war und dieses ganze Gutachten in Wirklichkeit in diesem Umfang nicht notwendig war?

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, man muss zwei Dinge unterscheiden. Das eine ist sozusagen der rechtliche Prozess, und der war ja von Frau Hrdlicka abzuwickeln. Da sind natürlich bestimmte Kriterien drin, wie zum Beispiel das Rating und so weiter, und das hat auch die Hypo Alpe-Adria erfasst. Das ist die formale Seite.

Daneben ist aber der Bereich, der mich interessiert hat und der letztlich der wichtigere ist, die Frage der Finanzstabilität, und, wie gesagt, da hat es eine ganz klare Linie gegeben: dass in Europa zu diesem Zeitpunkt keine Bank in Konkurs gehen soll. Ich darf vielleicht zitieren, wenn ich es rasch finde, eine Aussage, die von Präsident Trichet erst diesen Sommer bei einem Vortrag im Juridicum gekommen ist. Herr Abgeordneter Kogler war – Respekt! – dabei und hat sich das auch angehört, als Präsident Trichet noch einmal ganz deutlich gesagt hat, dass es zu diesem Zeitpunkt unmöglich war, eine kleinere, eine mittlere oder größere Bank in Konkurs gehen zu lassen. Das war die große Lehre, die wir aus den Fehlern der Dreißigerjahre gezogen haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, für Herrn Trichet und Sie war ganz klar, die Hypo ist systemrelevant; ohne groß ins Detail zu gehen, das war einfach ganz klar.

Dr. Ewald Nowotny: Also für jeden, der sich die Sache angeschaut hat, ja, aber natürlich ist das die eine Seite, die ökonomische Seite. Daneben, für diese spezielle Frage der Vergabe von Partizipationskapital, ist das natürlich ein rechtlich geregelter Prozess. Da müssen sozusagen – und das ist auch gemacht worden – bestimmte rechtliche Vorgaben erfüllt werden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, man hat hier eben für die Kommission, die von der europäischen und von der nationalen Notenbank unabhängig ist, einfach ein Gutachten gebraucht, um das auch irgendwie formell zu bescheinigen, aber gewusst haben Sie es schon vorher, dass diese Bank systemrelevant ist.

Dr. Ewald Nowotny: Also, wie gesagt, das war die gesamteuropäische Politik; deshalb hat man ja auch diese Maßnahmen geschaffen.

Was man nicht machen wollte, ist, dass irgendwelche ganz kleine oder ganz problematische Banken erfasst werden, aber es ist ganz klar – und immerhin, Sie wissen es, war die Hypo Alpe-Adria die fünftgrößte Bank Österreichs, hat, glaube ich, ungefähr 8 000 Beschäftigte und eine erhebliche Bilanzsumme gehabt –, dass diese Bank unter systemrelevant einzustufen ist. Das war europäischer Konsens.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben jetzt Zahlen angesprochen. Wo liegt denn die Grenze für diese Zahlen, die Sie angesprochen haben, 8 000 Mitarbeiter zum Beispiel?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das war ein Beispiel.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sind 4 000 nicht systemrelevant?

Dr. Ewald Nowotny: Das habe ich ja gerade versucht, Ihnen zu erklären (Heiterkeit der Auskunftsperson), dass das eine Frage ist. Der wirklich entscheidende Punkt der Systemrelevanz ist immer folgender: Hätte der Zusammenbruch dieser Bank Auswirkungen auf andere?

Diese Auswirkungen können entweder unmittelbar materieller Art oder in Bezug auf negative Erwartungen sein. Das ist ja genau das Problem von Lehman. Das Bankhaus Lehman war – weltweit gesehen – ein mittelgroßes Bankhaus, aber der Zusammenbruch dieser Bank hat dazu geführt, dass eine massive Vertrauenskrise entstanden ist, auch gegenüber Banken, die mit Lehman überhaupt keine Geschäftsbeziehung hatten. Das ist der zentrale Punkt, um den es bei der Bewältigung dieser Krise gegangen ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na ja, aber dann ist ja jede Bank systemrelevant. (Auskunftsperson Nowotny: Nein, eben nicht!) Wieso nicht? Wo ist die Grenze?

Dr. Ewald Nowotny: Jede, von der man annehmen muss, dass ihr Zusammenbruch zu einer Vertrauenskrise führen kann, und das ist … (Abg. Lugar: Ab welcher Größe?) – Entschuldigung?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ab welcher Größe muss man das annehmen, ab wie vielen Mitarbeitern, ab welcher Bilanzsumme? (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Dr. Ewald Nowotny: Zum Beispiel … (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Ich versuche noch einmal, es Ihnen zu erklären. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Krainer.) Ich habe es ja gelernt, aber ... (Abg. Lugar – in Richtung des Abg. Krainer –: Was hat er gelernt?) – Die Pädagogik. (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Lugar: Ach so! Das ist aber ganz lieb, sehr charmant!)

Ich darf noch einmal wiederholen: Das Entscheidende – und das ist eben dieses Beispiel Lehman, das das zeigt – ist die Frage, welche Wirkungen das auf das Vertrauen in das Bankensystem haben kann. Das ist eine Beurteilung, die dann eben vonseiten einer Notenbank, auch vonseiten der Europäischen Zentralbank und auch vonseiten der Kommission getroffen werden muss.

Dafür gibt es einige Anhaltspunkte, aber das ist nur beispielhaft und nicht ausschließlich.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie waren nicht – oder waren Sie eingebunden in diese Expertise? Sie waren nicht eingebunden (Auskunftsperson Nowotny: Richtig!) und haben auch nicht unterschrieben, weil Sie nicht da waren, nicht?

Dr. Ewald Nowotny: Nicht persönlich, aber sozusagen als Notenbank natürlich.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist mir schon klar, aber Sie waren persönlich nicht eingebunden. Das heißt: Was für Sie klar war, musste nicht zwangsläufig für Frau Hrdlicka klar gewesen sein, oder?

Dr. Ewald Nowotny: Ich glaube, das sind zwei verschiedene Dinge. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Meine Aufgabe ist die Finanzstabilität. Frau Hrdlicka, die ich sehr schätze, ist eine Juristin, und die hatte dann die konkrete juristische Abwicklung zu machen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Woher wussten Sie, dass das rauskommt, was für Sie von Anfang an klar war? – Das konnten Sie nicht wissen. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Dr. Ewald Nowotny: Da ich – wie es mein Beruf ist – die europäische Bankenszene beobachte, glaube ich, mir zumuten zu können, zu wissen, welche Banken auf europäischer Ebene als relevant zu sehen sind oder nicht. Und das, wie gesagt …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Haben Sie das denen, die das erarbeitet haben, vorher mitgeteilt?

Dr. Ewald Nowotny: Ich würde Sie wirklich einladen, sich vielleicht bei Ihrem Nachbarn, dem Herrn Abgeordneten Kogler, zu erkundigen. Präsident Trichet hat das vielleicht noch besser erklärt, als ich es kann.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Entschuldigen Sie, aber wir reden jetzt von zwei verschiedenen Dingen. Das, was Herr Trichet weiß, und das, was Sie wissen, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass jemand diesen Bericht gemacht hat und bei diesem Bericht eben das herausgekommen ist, was Sie von Anfang an gewusst haben … (Auskunftsperson Nowotny: Nein! Entschuldigung!) – Ich bin noch nicht fertig mit der Frage. Jene, die diesen Bericht gemacht hat, konnte mir nicht erklären, nach welchen Kriterien sie zu dieser Auskunft gekommen ist.

Dr. Ewald Nowotny: Es ist das herausgekommen, was richtig ist. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Da ich erwartet habe …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Meine Frage ist jetzt: Warum ist das herausgekommen?

Dr. Ewald Nowotny: Na weil es richtig war.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist doch … Schauen Sie, jetzt versuche ich einmal, Ihnen etwas zu erklären. (Allgemeine Heiterkeit. – Auskunftsperson Nowotny: Gerne! – Abg. Krainer: Bitte!)

Wenn ich einen Arzt frage, welches Organ systemrelevant ist, und ich zum Beispiel Niere, Leber und Milz aufzähle, dann hat die Milz weniger Systemrelevanz wie die Leber. Da werden Sie mir recht geben, oder?

Dr. Ewald Nowotny: Das ist ein sehr interessantes Beispiel, nur ist in dem Fall leider nicht alles, was hinkt, ein Vergleich. (Zwischenruf der Abg. Tamandl.) Da geht es ja nicht um eine Summierung von einzelnen Mikrofragen, sondern das Entscheidende – und deshalb habe ich ja versucht, Ihnen das am Beispiel Lehman zu erklären – ist die Frage: Welche Wirkungen hat es auf das Vertrauen in den Finanzmarkt?

Das heißt, wenn man davon ausgehen kann, dass es zum Beispiel aus dem Zusammenbruch einer Bank dazu kommt, dass auch bei anderen Banken ein Run auf diese Bank entsteht, wenn man davon ausgehen kann, dass der Geldmarkt zusammenbricht, dass es für andere Banken schwierig wird, sich zu refinanzieren, dann kenne ich die Problemfelder; aber es ist nicht so, dass ich das jetzt sozusagen auf eine Dezimalstelle genau berechnen kann. Lehman hätten Sie auch nicht auf die Dezimalstelle genau berechnen können.

Das heißt, man muss genau unterscheiden: Das eine ist die juristische Abarbeitung, aber – und Gott sei Dank – es ist, glaube ich, so – und ich würde da keinen Gegensatz sehen –, dass auch juristische Abarbeitungen zu dem Ergebnis kommen, das auch ökonomisch vernünftig ist. Ich finde das vollkommen in Ordnung.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Meine Frage ist trotzdem eine andere, und zwar: Jene, die diesen Bericht geschrieben haben, haben anscheinend von Ihnen keinen Auftrag bekommen, eine Systemrelevanz festzustellen. Das heißt, es hätte auch in die andere Richtung laufen können und Sie hätten keinen Einfluss darauf gehabt. Oder sehe ich da irgendetwas falsch?

Dr. Ewald Nowotny: Das eine ist, dass es ja von mir keinen Auftrag gegeben hat, sondern es hat ein Ersuchen des Finanzministeriums gegeben, das bei uns im Bereich der Bankenaufsicht abgearbeitet wurde. Ich hätte, wenn ich dieses Gutachten dann gesehen hätte, wahrscheinlich sonst Probleme gehabt und hätte gesagt: Freunde, ihr seht das juristisch zu eng, man muss es makroökonomisch sehen!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie haben es ja nicht gesehen. Man hat es Ihnen nicht gezeigt, weil Sie nicht da waren.

Dr. Ewald Nowotny: Ich habe es nicht unterschrieben, weil ich in Frankfurt war; aber selbstverständlich ist das eine so wichtige Stellungnahme, dass ich sie mir natürlich im Nachhinein durchgelesen habe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nachdem es unterschrieben war. Oder wie?

Dr. Ewald Nowotny: Ich habe es bekanntlich nicht unterschrieben, weil ich nicht …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wann genau haben Sie es gesehen?

Dr. Ewald Nowotny: Ich bin am nächsten Tag – das war am Freitag, glaube ich – gekommen, und dann habe ich es auf meinem Tisch gefunden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber dann ist es ja schon beim Finanzministerium gewesen.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, dann hätte man halt, wenn es wirklich ein großes Problem ist, sagen müssen: Freunde, da ist noch etwas Zusätzliches zu berücksichtigen! Aber, wie gesagt, das ist …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie? Also es war schon abgeliefert, und dann hätte man es noch revidieren können, oder wie?

Dr. Ewald Nowotny: Wenn es wirklich in eine massiv falsche Richtung gegangen wäre, aber es ist nicht in die falsche Richtung gegangen …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber das wussten Sie nicht. Das konnten Sie nicht wissen!

Dr. Ewald Nowotny: Sobald ich es gelesen habe, habe ich es gewusst, dass es nicht in die falsche Richtung ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber da war es schon beim Finanzministerium.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, dann hätte man halt noch sagen müssen (Abg. Lugar: Aha! Okay!): Freunde, das ist ein Problem! (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Entschuldigung, so …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Der Grund, warum ich so insistiere, ist der: Ich vermute, dass Sie von Anfang an gesagt haben, diese Bank ist systemrelevant, und jetzt machen Sie das einfach plausibel – das wäre ja auch möglich gewesen –, und damit haben Sie nicht die Angst gehabt, dass das Falsche herauskommt.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das habe ich nicht gesagt. (Abg. Lugar: Eh nicht, aber ich habe es gesagt!) Ich habe ja von diesem Auftrag in dem Sinn auch gar keine Kenntnis gehabt, aber es ist genau das, was in der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zu erwarten war – die Sie sicherlich auch verfolgt haben, nehme ich an. (Abg. Lugar: Ja!) Ich glaube, Sie haben auch verfolgt, wie die gesamtwirtschaftliche Entwicklung zu dieser Zeit war.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, ich war zu dem Zeitpunkt auch schon im Nationalrat und auch im Finanzausschuss, natürlich. (Auskunftsperson Nowotny: Eben!)

Gehen wir jetzt weiter zur Notverstaatlichung. Sie haben gesagt, dass eine Insolvenz ganz schlimme Auswirkungen gehabt hätte. Jetzt würde ich Ihnen aber gerne einen Bericht von Frau Hrdlicka vorlegen – Nummer 24179 –, und zwar ein Protokoll über die Sitzungen vom 12. bis 14. Dezember, bei denen Sie und andere anwesend waren. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da findet sich auf der Seite 6 Folgendes – Entschuldigung, haben Sie es? (Auskunftsperson Nowotny: Ja!) –:

„Gouv. Nowotny führt aus, dass laut Präs. Weber die BayernLB einen Konkurs der HGAA alleine stemmen könnte.“

Das heißt, der deutsche Notenbankpräsident sagt, dass ein Konkurs von den Bayern zu stemmen wäre?

Dr. Ewald Nowotny: Ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben gesagt, dass dieser Konkurs unter allen Umständen verhindert werden muss. Warum sieht das Herr Weber in dem Fall anders?

Dr. Ewald Nowotny: Die Frage war eine andere. Die Frage, um die es hier gegangen ist, war quasi die: Bluffen die Bayern, ja oder nein? Sie wissen, das ist ein großes Thema. Wie ernst ist die Konkursdrohung durch die Bayern zu nehmen? Daher war das natürlich eine relevante Frage: Können sich die Bayern sozusagen einen Konkurs überhaupt leisten? Die Antwort war: Ja, es hat natürlich Kosten für sie, aber sie können …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer hat diese Antwort gegeben?

Dr. Ewald Nowotny: Das ist genau das, was Sie gerade vorgelesen haben; der Präsident der Deutschen Bundesbank, Weber. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Wenn ich Ihnen das noch einmal vorlesen darf:

„dass (…) die BayernLB einen Konkurs der HGAA alleine stemmen könnte.“

Das heißt übersetzt, sie könnte ihn sich leisten.

Das war genau der Punkt, der natürlich für unsere Strategie oder für unsere Überlegungen nicht ohne Bedeutung war. Dass der Konkurs als solcher ein Problem ist, das ist vollkommen klar. Er wäre ein Problem für die Bayern gewesen, er wäre ein Problem für uns gewesen, aber für uns leider ein noch größeres Problem. Daher war es ja auch die klare Politik der OeNB und auch meine persönliche – das habe ich ja vorhin auch gesagt –, dass ich mich massiv gegen einen Konkurs ausgesprochen habe.

Ich möchte schon hinzufügen, dass ich nicht der Einzige bin, der das gesagt hat. Es waren eigentlich praktisch die meisten ökonomischen Experten zu diesem Zeitpunkt – oder auch heute – der Meinung, dass ein Konkurs die falsche und gefährliche Option gewesen wäre. Ich darf daran erinnern: Das war Professor Felderer, das waren andere Ökonomen.

Aber vielleicht ist für Sie – wenn ich das darf, Frau Präsidentin – auch das hier interessant. (Die Auskunftsperson hält ein Schriftstück in die Höhe.) Ich habe ja auch einen Brief von Frau Professor Griss bekommen, weil ich ihr geschrieben hatte, ob bestimmte Daten – meines Erachtens – wirklich berücksichtigt sind. Dann hat sie mir zuerst einmal geschrieben:

„Vielen Dank für Ihr Schreiben (…)“ – Wenn ich das jetzt wortwörtlich zitieren darf, und wenn Sie wollen, kann ich dann eine Kopie dieses Schreibens weitergeben:

„Ihrer Auffassung, dass die Insolvenz keine Alternative gewesen wäre, kann ich nur zustimmen. Auch wenn es im Bericht nicht ausdrücklich gesagt wird, so kann es doch erschlossen werden; jedenfalls habe ich aber nach der Präsentation des Berichts mehrmals ausdrücklich darauf hingewiesen.“

Also ich glaube, es war unter all jenen, die sich mit der Sache beschäftigt haben, Konsens, dass ein Konkurs, eine Insolvenz keine sinnvolle Alternative wäre.

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen jetzt in die Fragezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wenn Sie sagen, dass die Deutschen den Konkurs hätten stemmen können, also ihn auch hätten akzeptieren können, Sie aber sagen, dass es für Sie, auch für Herrn Trichet und für alle anderen undenkbar war, warum konnten Sie dann glauben, dass die Deutschen das zulassen würden? Die haben ja die gleichen Probleme wie wir gehabt.

Es hat übrigens auch Herr Pröll im gleichen Protokoll auf der Seite 4 gesagt: „Für die Bayern sei die Situation vergleichbar schwierig.“ „Vergleichbar schwierig“ wie für uns. – Wenn wir schon nicht wollten, warum haben Sie dann geglaubt, dass die wollten?

Dr. Ewald Nowotny: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt hier wieder unterscheiden zwischen mikro und makro. Die Frage, die hier gestellt war, ist: Ist das sozusagen betriebswirtschaftlich überhaupt zu schaffen? Das heißt – natürlich, Sie wissen es, führt der Konkurs zu einem erhöhten Wertberichtigungsbedarf –: Ist er bilanziell überhaupt darstellbar? – Antwort: bilanziell ja.

Das sagt natürlich noch immer nichts darüber, dass es massive gesamtwirtschaftliche Probleme gegeben hätte; genauso wie auch in Österreich. Ich meine, in Österreich haben wir das noch akzentuiert durch diese unseligen Haftungen. Aber worum es hier geht: betriebswirtschaftlich ja, gesamtwirtschaftlich ist es natürlich auch für die Bayern ein Riesenproblem. Aber auf die Frage: Ist es ein reiner Bluff, ja oder nein?, ist die Antwort: Nein, technisch können sie es leisten!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich würde Ihnen gerne das Dokument mit der Nummer 29482 vorlegen. (Auskunftsperson Nowotny: Danke schön! – Abg. Tamandl: Nummer!) – Ich habe die Nummer eh schon gesagt. Und zwar schreibt Herr Höllerer an den Empfängerkreis:

„Lieber Michael, anbei wie gestern zwischen HVK und HG besprochen die möglichen Kosten im Insolvenzfall der HGAA.“

Das heißt, Sie haben mit Pröll die möglichen Kosten im Insolvenzfall besprochen, und zwar nach der Notverstaatlichung. – Können Sie uns das erklären?

Dr. Ewald Nowotny: Sowohl nachher wie vorher. Wir haben – ich habe das Datum jetzt nicht im Kopf, aber ich habe es vorhin genannt – das erste Mal in einem Brief an die Finanzprokuratur festgehalten, was die Kosten einer Insolvenz sind.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Die weichen aber ab von den Kosten auf dieser Liste.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, dazu werde ich gleich kommen. Wir haben dann diese Tabelle weiter verfeinert. Das sind ja alles Zahlen, die erst erhoben werden müssen. Das ist nicht so, dass ich das irgendwo aus einer Datei abholen kann. Auf Basis dieser Verfeinerung hat sich eine wesentliche Änderung ergeben, nämlich in Bezug auf die ausstehenden Haftungen des Landes Kärnten, beziehungsweise wie viele Bonds sind draußen.

Da hatten wir zuerst von der Hypo Alpe-Adria eine falsche Information bekommen, dann haben wir die Information von 19,3 bekommen, und das war – ich glaube, wir sprechen hier von derselben Sache – dann das, was wir auch im Direktorium besprochen haben, und das war auch die wesentliche Grundlage für meine Gespräche mit dem Bundeskanzler und mit dem Herrn Finanzminister vor der Verstaatlichung. Dann wollte nachher die Finanzprokuratur das noch einmal sozusagen in einer quasi fixierten Form, und dann haben wir das noch einmal geschickt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber, entschuldigen Sie, warum treffen Sie sich mit Herrn Pröll, nachdem die Insolvenz so mühsam abgewendet wurde, und besprechen die Kosten im Insolvenzfall, wenn die Insolvenz praktisch ausgeschlossen ist in der Situation?

Dr. Ewald Nowotny: Nein. Also ob das ein Treffen war, daran kann ich mich nicht erinnern.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Doch, da steht es: „anbei wie gestern zwischen (...)“

Dr. Ewald Nowotny: Ja, aber das war sozusagen ein Teil eines gesamten …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Zwischen Vizekanzler und Ihnen.

Dr. Ewald Nowotny: Aber wir haben uns nicht wegen dem getroffen, sondern es war die Frage, wie jetzt die Strategie weitergeht. Und in dem Zusammenhang wurde die von uns fixierte endgültige Fassung übergeben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Entschuldigung Sie, aber da steht: „Lieber Michael, anbei wie gestern zwischen HVK und HG besprochen die möglichen Kosten im Insolvenzfall der HGAA.“

Also – gestern, das wäre der 17. Dezember gewesen – warum treffen Sie sich am 17. mit Herrn Pröll, um die möglichen Kosten im Insolvenzfall zu besprechen (Auskunftsperson Nowotny: Darf ich noch einmal ...!), wenn der Insolvenzfall ja ausgeschlossen ist durch Ihr Handeln?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, aber das war ja auch nicht das Thema dieser Besprechung. Das Thema dieser Besprechung war: Wie geht es jetzt weiter? Aber in dem Zusammenhang wurde dann noch gebeten, dass jetzt eine endgültige Kostenaufstellung gegeben wird. Und das ist diese Aufstellung, die sich übrigens von dem, was wir vorher gemacht haben, ganz unwesentlich nur unterscheidet. Der wirklich große Unterschied war die Frage: Wie groß sind die ausstehenden Haftungen des Landes Kärnten? Das sind diese fast 2 Milliarden. Das andere war eine relativ kleine Sache mit Hypothekenbanken. Also das waren keine wesentlichen Punkte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es könnte aber auch sein, dass Sie im Nachhinein versucht haben, noch einmal für die Öffentlichkeit ein größeres Drohpotenzial im Insolvenzfall zu skizzieren, und das deshalb noch einmal besprochen und an alle ausgeschickt haben.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das muss ich energisch zurückweisen! Das sind Zahlen, die vor der Verstaatlichung von uns …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Diese Zahlen wusste aber vorher keiner, zumindest nicht in der Ausprägung.

Dr. Ewald Nowotny: Oh ja, natürlich! Natürlich, das waren Zahlen, die wir gegenüber dem Bundeskanzler verwendet haben, das waren Zahlen, die wir gegenüber dem Finanzminister verwendet haben, das waren Zahlen, die ursprünglich – bis auf diese eine Sache eben mit den 2 Milliarden Haftungen – im Brief an die Finanzprokuratur waren. Das waren keine geheimen Zahlen, sondern das hat natürlich … Und, wie gesagt, bei diesem einen war eine Änderung dadurch, dass die Information durch die Hypo unvollständig war.

Aber was mich beunruhigt hätte, wäre, wenn wir sozusagen dadurch einen falschen Rat gegeben hätten. Es hat sich nur gezeigt, dieser Rat war vollkommen richtig, den wir gegeben haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also Sie haben das nicht im Nachhinein plausibilisiert? (Auskunftsperson Nowotny: Nein, sicher nicht!) – Gut.

Eine Frage habe ich noch, und zwar: Es gibt die Vermutung, oder es gibt auch die Aussage von einigen, dass Sie mit Herrn Faymann in der Nacht der Notverstaatlichung telefoniert haben, um ihn noch zu überzeugen, doch zuzustimmen, da der Herr Faymann nicht so begeistert war von dieser Notverstaatlichung. – Können Sie das bestätigen?

Dr. Ewald Nowotny: Ich kann sogar bestätigen, dass wir nicht telefoniert haben, sondern dass ich physisch zu einem Gespräch im Bundeskanzleramt war. Es ist richtig, der Herr Bundeskanzler war sehr skeptisch gegenüber der Hypo. Wenn Sie sich erinnern, sie war natürlich damals in den Zeitungen, alle möglichen Berichte über Boote und Flugzeuge und so weiter und so fort. Natürlich war die Begeisterung, sich für eine solche Bank zu engagieren, gering. Noch dazu – das ist ja auch ein Thema dieses Ausschusses gewesen – haben sich einige reiche Leute beim Ankauf durch die Bayern auch noch eine Menge Geld geholt.

Das war also eine sehr skeptische Betrachtung, und die kann ich auch voll nachvollziehen. Was ich dann dem Herrn Bundeskanzler sagen musste, war, dass das alles zwar richtig ist – das ist quasi keine sympathische Bank –, aber dass es massive gesamtwirtschaftliche Interessen gibt, dass diese Bank nicht in Konkurs geht. Und diese Interessen einerseits – eben aus dem, was wir gerade diskutiert haben, dass hier auf die gesamteuropäische Stabilität Bezug genommen wurde –, das war ja eben auch im Sinne dessen, weswegen Trichet angerufen hat. Und zum Zweiten hat es natürlich diese massiven Haftungen gegeben.

Am Ende dieses Gespräches hat der Herr Bundeskanzler gesagt, ja …

Es ist übrigens noch ein dritter Punkt bezüglich dieser Haftungen dazugekommen. Es war auch die Frage, weil das Kärntner Haftungen sind: Ist der Bund dadurch irgendwie betroffen? Es wurde auch der Verfassungsdienst gefragt, und es war keine eindeutige Antwort, aber es war nicht auszuschließen, dass der Bund betroffen werden kann.

Und aus all dem ist der Herr Bundeskanzler zum Schluss gekommen – obwohl er sozusagen Bedenken im Einzelfall hat –, aus gesamtwirtschaftlichem Interesse ist er bereit, dafür einzutreten, dass es nicht zu einer Insolvenz kommt.

Ich sage ganz offen, ich war beeindruckt, weil das für mich eigentlich einer der wenigen Fälle war, wo ich gesehen habe, dass jemand sozusagen gesamtwirtschaftliches Interesse höher stellt als eigenes. Natürlich wäre es für ihn viel bequemer gewesen, zu sagen: Ich will mit der ganzen Sache nichts zu tun haben!, aber dann wäre die Bank in Konkurs gegangen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also Sie haben ihn überredet, das zu tun. – Kann man das so sagen? (Auskunftsperson Nowotny: Bitte?) Sie haben ihn überredet, weil er nicht wollte.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, also es war ein Gespräch. Er hat das natürlich zuerst anders gesehen, und dann war er bereit, auf wirklich gesamtwirtschaftliche Überlegungen einzugehen. Ich war sehr beeindruckt, dass jemand so viel gesamtwirtschaftliche Verantwortung zeigt, obwohl er es damit natürlich schwerer hat, als wenn er sagt: Ich will mich da gar nicht einlassen!

Ich glaube, es war die richtige Entscheidung.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay. Das heißt, das war aber auch ein bisschen gegen Ihre eigene Überzeugung, denn Sie waren ja noch kurz davor für dieses Burden Sharing, wo man die Bayern auch stark einbindet. Herausgekommen ist dann eine hundertprozentige Belastung der österreichischen Steuerzahler. – Wie ist dieser Schwenk zustande gekommen?

Dr. Ewald Nowotny: Herr Abgeordneter, ich darf Sie noch einmal bitten, das ist mir sehr wichtig – und ich habe das auch versucht, in meinem Eingangsstatement zu sagen –: Man muss zwei Dinge unterscheiden. Das eine ist, dass man dagegen ist, dass es zu einer Insolvenz kommt. Und das ist meine Position. Das Zweite ist dann, welche Schlussfolgerungen man aus dem zieht. Und natürlich wäre es aus meiner Sicht auch günstiger gewesen, wenn es ein Burden-Sharing-Modell gegeben hätte, um die Insolvenz zu verhindern.

Das Erste ist sozusagen die Grundlage: keine Insolvenz. Das Zweite ist: Welche Schlüsse ziehe ich daraus? Und natürlich wäre meine Präferenz gewesen, dass es hier eine Lösung gibt, wo auch die Bayern noch stärker einbezogen sind.Allerdings hat sich eben dann gezeigt, dass die Verhandlungsbasis der Republik halt natürlich eine sehr viel schlechtere war, weil die Republik Österreich, wie gesagt, vor allem auch durch die Haftungen sehr viel mehr hätte verloren, als die Bayern verloren hätten, und daher ist zum Schluss diese Variante herausgekommen; wobei diese Variante – vielleicht wird das später noch besprochen werden –, die herausgekommen ist, ja auch ein gewisses Burden Sharing beinhaltet. Insgesamt hat ja die Bayerische Landesbank natürlich dann – entgegen den ursprünglichen Plänen – doch etliches dazugezahlt. Also Herr Minister Pröll hat durchaus Verhandlungen geführt, die zu einem gewissen Ergebnis geführt haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben in diesem Schreiben auch eine Empfehlung abgegeben, Sie haben gesagt, eine Entkonsolidierung – das heißt dann Übernahme durch den Steuerzahler – der Bank sollte man sich gegebenenfalls gegen Liquiditätsunterstützung durch die BayernLB abkaufen lassen.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, wie gesagt: Man muss sich ja bei solchen Dingen eben immer sozusagen verschiedene strategische Optionen überlegen. Die erste wäre eben genau dieses Burden Sharing. Das Zweite war aber – die Bank hat ja zwei Probleme, das eine Problem ist das Kapitalproblem, und das andere Problem ist das Liquiditätsproblem –, wenn ich schon im Kapitalproblem nicht weiterkomme, muss ich zumindest schauen, dass ich das Liquiditätsproblem entschärfe, weil ich eben sonst tatsächlich in die Insolvenzproblematik hineinkomme.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber in dem Fall …

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also wenn der Staat das übernimmt, kann der Staat auch für Liquidität sorgen, denn das Problem ist ja in dem Fall nicht die Liquidität, sondern das Kapital, das den Steuerzahler etwas kostet. Liquidität kostet den Steuerzahler nichts.

Dr. Ewald Nowotny: Also so würde ich das nicht sagen. Die Liquidität muss der Staat ja auch irgendwo aufnehmen. Das würde dann sozusagen zusätzliche Staatsverschuldung bedeuten. Also so leicht würde ich das nicht nehmen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Gouverneur Nowotny, Sie haben schon – ich weiß nicht, war es die Erstbefragung oder Ihr Einleitungsstatement – von einem Misstrauensvotum gegenüber den bestehenden Bilanzprüfern der Hypo Alpe-Adria gesprochen. – Können Sie noch näher erläutern, wie Sie zu diesem Urteil gekommen sind?

Dr. Ewald Nowotny: Ja. Wie gesagt, ich bin erst im September 2008 als Gouverneur angetreten und habe dann sozusagen Kontakt mit der Hypo Alpe-Adria quasi von der Innenseite gehabt. Das, was mich schon irritiert hat, war, dass sozusagen quasi jede neue Bilanz massiven unerwarteten Wertberichtigungsbedarf gebracht hat. Jetzt muss man das natürlich unterschiedlich sehen. Es kann sein, dass das auch der Ausdruck ist, dass ich jetzt endlich einmal ein seriöses Rechnungswesen bekomme. Die Deutsche Bank etwa hat heuer, ich glaube, 6 Milliarden Wertberichtigung gebracht – als Zeichen quasi: Wir bringen unser Haus in Ordnung!

Also ein einmaliger zusätzlicher Wertberichtigungsbedarf muss noch kein negatives Beispiel sein. Aber wenn das Ganze sozusagen systematisch geht – da hatte ich ein großes Misstrauen gegen die Werthaltigkeit dieser Bilanzen, die natürlich, wie gesagt, nicht so einfach zu erstellen sind, weil das natürlich eben in vielen Ländern ist und weil es zum Teil – wenn ich an den Leasingbereich denke – ausgegliederte Bereiche waren. Aber mein Anspruch wäre schon gewesen, dass Wirtschaftsprüfer hier vielleicht doch intensiver geprüft hätten; das hätte auch vielleicht mehr Geld erfordert.

Ich glaube, dass wir hier sicherlich einen Verbesserungsbedarf haben, der, in Klammer gesagt, aber nicht nur bei der Hypo Alpe-Adria ist. Sie wissen, wir haben jetzt eine eigene sogenannte Bilanzpolizei eingerichtet, die dafür sorgen soll, dass Bilanzen überprüft werden, das heißt, dass die Arbeit von Wirtschaftsprüfern noch einmal überprüft wird. Das ist ein bisschen ein gesamtösterreichisches Problem, mit dem wir hier leider konfrontiert waren.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also Sie sehen ein grundsätzliches Problem in der Bilanzierung oder sozusagen in der Bestätigung dieser Bilanzen durch die Wirtschaftsprüfer, zumindest bei Banken?

Dr. Ewald Nowotny: Ja also wie gesagt, die sogenannte Bilanzpolizei gilt ja nicht nur für Banken. Es ist ein generelles Problem, und das hat, wie gesagt, auch dazu geführt – es ist nicht nur ein österreichisches Problem –, dass die Europäische Zentralbank, bevor sie die Verantwortung für die Prüfung der 120 größten europäischen Banken übernommen hat, gesagt hat: Die Bilanzen, wie sie mir jetzt vorgelegt werden, die schaue ich mir noch einmal an, die nehme ich nicht sozusagen zum Nennwert, und ich beauftrage externe zusätzliche Prüfer mit diesem sogenannten Asset Quality Review.

Das heißt, wir haben offensichtlich ein gesamteuropäisches Problem, dass die beeideten Bilanzen ein gewisses Glaubwürdigkeitsproblem haben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Haben Sie so etwas schon einmal in vergleichbarer Weise erlebt, dass sich innerhalb weniger Monate, also ab Ende 2008, dass sich in kurzen Abständen die Bilanzzahlen so dramatisch verschlechtern?

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, wie ich vorhin gesagt habe, das kann zwei Ursachen haben: Das kann ein gutes oder ein schlechtes Zeichen sein. Ein gutes Zeichen kann es sein, wenn man sagt: Jetzt ist einmal sauber gemacht worden und jetzt bringe ich sozusagen den Laden in Ordnung! Also ich glaube, hoffe zumindest, dass das das ist, was etwa jetzt bei der Deutschen Bank geschehen ist mit diesen Milliardenabschreibungen, dass man sagt, jetzt schaue ich mir einmal alles an.

Es kann aber natürlich auch ein schlechtes Zeichen sein, dass man sagt: Jetzt ist mir wieder etwas aufgefallen!, aber es ist nicht eine grundlegende Verbesserung. Bei der Hypo Alpe-Adria ist ja eigentlich die grundlegende Verbesserung dann der Asset Quality Review gewesen, der ja bekanntlicherweise auch wieder von einem externen Wirtschaftsprüfer gemacht wurde, auf Wunsch und Anregung der OeNB und der FMA, aber eben durch das Risikomanagement der Bayerischen Landesbank.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, dann sind wir eh schon im Jahr 2009 mit dem Asset Quality Review durch PwC, beziehungsweise hat es im Jahr 2009 ja auch eine Prüfung durch die Oesterreichische Nationalbank gegeben.

Was waren Ihre Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen dieser beiden Prüfungen?

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, wie Sie wissen, hat dieser Asset Quality Review einen erheblichen zusätzlichen Kapitalbedarf gezeigt, und daraus ist dann die ganze weitere Problematik entstanden. Es ist dann die Frage gewesen: Wie ist dieser Kapitalbedarf abzudecken? – Und da hat eben dann die Bayerische Landesbank gesagt: Ja, wir sind bereit, aber nicht allein! Also das heißt, das eine hängt mit dem anderen zusammen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich meine jetzt: Was war Ihre Interpretation über den Zustand der Bank? Was waren Ihre Schlussfolgerungen, wie es aufgrund dieser beiden Untersuchungen tatsächlich um die Hypo steht?

Dr. Ewald Nowotny: Wie gesagt, der unmittelbare Ansprechbereich war der Bereich Bankenaufsicht, und das ist nicht mein unmittelbares Ressort, aber wir haben das natürlich auch im Direktorium diskutiert, und unsere Sicht im Direktorium war, dass wir zwar einerseits schon sehen, dass die Bayerische Landesbank eine Verbesserung im Risikomanagement gebracht hat – und das war ja eigentlich auch unsere grundlegende Hoffnung –, denn immerhin hat die Bayrische Landesbank, eine der größten deutschen Banken, an sich einen guten Ruf in Bezug auf Risikomanagement gehabt, und die Hoffnung war, dass sie diese Systeme dann eben auf die Hypo Alpe-Adria übertragen und somit dort für größere Effizienz sorgen.

Daher hat man zum Teil gesagt: Okay, das ist die Folge dessen, dass das jetzt strenger angeschaut wird, daher gibt es jetzt auch höhere Wertberichtigungen. Das andere war, dass man halt doch auch wieder etwas schockiert war, wie hoch der Unterschied war, das heißt, wie tief dann der Ausgangspunkt war, von dem man da ausgegangen ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): War aus Ihrer Sicht, aufgrund dieser Ergebnisse, die Bank zu diesem Zeitpunkt noch zu retten?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, also das glaube ich absolut, dass die Bank sozusagen ... Wie gesagt, das Dilemma war ja, dass eigentlich … Also von der bayerischen Seite wurden neue Risikosysteme eingesetzt, natürlich sind dann eben im Spätherbst 2008 Lehman und der ganze Einbruch der Finanzmärkte dazugekommen, die massive Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in Südosteuropa, es war sozusagen ein massiver Einbruch, aber die Bank als solche war meines Erachtens zu diesem Zeitpunkt durchaus lebensfähig.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wobei der Bericht der OeNB ja im November 2009 gekommen ist. (Auskunftsperson Nowotny: Bitte?) – Der Bericht der OeNB ist im November 2009 fertiggestellt worden. Also zu diesem Zeitpunkt sind Sie auch noch davon ausgegangen, dass die Bank zu retten ist?

Dr. Ewald Nowotny: Wenn sie die entsprechenden Eigenkapitalzuschüsse bekommt, ohne die natürlich nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wem haben Sie diese Ergebnisse dann kommuniziert, vor allem auch die Ergebnisse der Prüfung der Notenbank?

Dr. Ewald Nowotny: Da gibt es sozusagen ein reguläres Verfahren. Das ist, wie gesagt, zunächst einmal natürlich vor allem mit der FMA diskutiert worden; wir haben das ja im Auftrag der FMA gemacht. Dann gibt es die gemeinsamen Gremien mit dem Finanzministerium auf Expertenebene. Ich selbst habe aber dann – da war ich zusammen mit dem Kollegen Ittner – einen quasi regulären oder regelmäßigen Termin beim Herrn Finanzminister gehabt, und da haben wir ihn schon auf die Probleme hingewiesen, die sich aus diesem Asset Quality Review ergeben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut, das war aber innerhalb der Aufsicht. Wem haben Sie sie sonst noch kommuniziert?

Dr. Ewald Nowotny: Das ist der Weg, wie wir kommunizieren. Wir haben sonst keine Kommunikationsmöglichkeiten.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ist es das Finanzministerium?

Dr. Ewald Nowotny: Natürlich, ja. Finanzministerium, klar.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wem genau?

Dr. Ewald Nowotny: Verschieden: auf der Expertenebene Experten mit Experten, Kollege Ittner und ich mit dem Finanzminister.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Kommen wir zum 4.12. Da haben Sie ein Treffen mit dem Finanzministerium angeführt, wo Ihnen ausgerichtet worden ist: Daten gerne, aber keine Strategien.

Was ist Ihnen denn vom Finanzministerium sonst noch an Informationen gegeben worden?

Dr. Ewald Nowotny: Also zunächst einmal muss ich sagen, das war auch ein Treffen auf Beamtenebene. Ich selbst war nicht dabei, ich habe das jetzt sozusagen nur protokollmäßig erlebt. Dann hatten wir, wie gesagt, das Schreiben der Finanzprokuratur, wo es um die Einschätzung von Daten und Optionen gegangen ist, und da haben wir – das ist das, was vorhin auch hier angeführt wurde – drei Optionen von unserer Seite aufgestellt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und auch kommuniziert? (Auskunftsperson Nowotny: Bitte?) – Und auch ans Finanzministerium kommuniziert?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, ja, konkret an die Finanzprokuratur.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann haben wir dieses Treffen am 8.12. Da waren Sie selbst auch nicht dabei, aber was ist Ihnen mitgeteilt worden, was Gegenstand dieses Treffens am 8.12. im Finanzministerium war?

Dr. Ewald Nowotny: Also am 8.12., das war ein Treffen, wo die Vertreter der Bayerischen Landesbank dabei waren, und da war es nach den Unterlagen, die ich hier habe, so, dass der damalige Generaldirektor Kemmer eben gesagt hat, es gibt einen politischen Beschluss in Bayern, dass kein neues Geld gegeben wird, und von der österreichischen Seite – ich beziehe mich jetzt wieder auf die Unterlagen, die ich bekommen habe; wie gesagt, ich war nicht selbst dabei – war es so, dass man eine Art gemeinsame Finanzierung, also ein Burden Sharing, vorgeschlagen hat. Das Ganze wurde aber dann ohne Ergebnis abgebrochen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich möchte mich jetzt gar nicht auf die Diskussion einlassen, ob Insolvenz ja oder nein, ob das eine gute oder schlechte Idee war, ich lasse das jetzt einmal so im Raum stehen, denn ich möchte vor allem diskutieren, was denn die anderen Optionen waren.

Wenn man einmal sagt, Insolvenz: Nein! – Welche Optionen gibt es? Mich interessiert: Wann wurden welche Alternativoptionen zur Insolvenz diskutiert?

Dr. Ewald Nowotny: Also wie gesagt, vonseiten der Oesterreichischen Nationalbank wurde das das erste Mal quasi erwähnt oder ins Spiel gebracht in diesem Einzelbankenforum, und zwar am 26. November 2009. Das ist ein Treffen OeNB und FMA gewesen – ich müsste jetzt noch einmal nachschauen, ob auch das Finanzministerium dabei war –, da sind das erste Mal diese drei Szenarien gekommen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Können Sie für das Protokoll einmal wiederholen, welche drei Szenarien das waren?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, die drei Szenarien sind: Das eine ist eben die Insolvenzvariante, das Zweite ist die Verstaatlichungsvariante, und das Dritte ist das Burden Sharing, das heißt, dass dieser Kapitalbedarf gemeinsam abgedeckt wird.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und über welche Optionen ist Ihres Kenntnisstandes nach dann konkret gesprochen worden?

Dr. Ewald Nowotny: Also wie gesagt, das war eigentlich eher eine Darstellung von möglichen Optionen. Wir sind als OeNB – aber dasselbe gilt auch für die FMA – auch nicht Eigentümer dieser Bank. Das heißt, wir können nicht die Strategie entwickeln, und das ist uns dann auch vom Finanzministerium gesagt worden. Hier ist es eigentlich eher darum gegangen, dass man sagt, was quasi denkbar ist und was die möglichen Varianten sind. Und das, was aus unserer Sicht dann gezeigt wurde, ist, dass eben die Insolvenzvariante die teuerste und gefährlichste ist und daher davon aus unserer Sicht auf jeden Fall abzuraten ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Lassen wir die Insolvenzvariante einmal beiseite. Das habe ich schon verstanden, dass das die Sichtweise der OeNB war.

Mich interessiert Ihre Wahrnehmung beziehungsweise auch die der OeNB-Beamten, die offensichtlich bei den Treffen dabei oder teilweise dabei waren. Welche konkreten Optionen sind von österreichischer Seite aus mit Bayern diskutiert worden? Welche und wann, wer mit wem?

Dr. Ewald Nowotny: Also mit den Bayern haben wir ja kein Mandat zu diskutieren, denn, wie gesagt, wir sind ja nicht Eigentümer, mit den Bayern konnte nur das Finanzministerium diskutieren.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das weiß ich schon. Aber welche Informationen über solche Verhandlungen sind Ihnen in der OeNB zugekommen?

Dr. Ewald Nowotny: Wie gesagt, ich glaube, das war eben dieses Gespräch am 8.12. Ob es vorher schon spezielle Gespräche gegeben hat, das kann ich nicht sagen. Also ob es sozusagen direkte Gespräche Finanzministerium und Bayerische Landesbank gegeben hat, bei denen wir nicht dabei waren, das kann ich nicht sagen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Mich interessieren natürlich die Treffen, wo Sie dabei waren oder Vertreter … 

Dr. Ewald Nowotny: Das ist das, nach meinen Unterlagen … 

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nur das am 8.12.? (Auskunftsperson Nowotny: 8.12.!) – Okay.

Wann ist Ihrer Wahrnehmung nach die Verstaatlichungsoption auf den Tisch gekommen? Ich meine damit jetzt konkrete Verhandlungen.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, also die konkreten Verhandlungen haben ja, wie Sie wissen, dann an diesem Wochenende stattgefunden, also 12., 13. Es hat eine Vorbesprechung gegeben, zuerst zwischen OeNB und FMA allein, dann zwischen OeNB, FMA und Ministerium, und in dieser Phase waren wir uns, glaube ich, alle einig, dass wir uns bemühen wollen, eine Burden-Sharing-Variante zu erreichen. Das war sicherlich – ich glaube nach wie vor für beide Seiten, auch für die Bayern wahrscheinlich – sogar die bessere Variante. Es hat sich dann gezeigt, dass das aber offensichtlich nicht durchsetzbar war.

Ich selbst bin – wie ich vorhin gesagt habe, da ich ja dort sozusagen keine Funktion auszuüben hatte – in der Nacht vom 13. auf den 14. einfach nach Hause gefahren und wurde dann um etwa 6 Uhr früh am Montag angerufen, ich möge bitte ins Ministerium kommen, sozusagen nach dem Motto quasi: Man glaubt, man hat eine Einigung.

Aber zu diesem Zeitpunkt war, zumindest so, wie ich das Telefonat verstanden habe, noch keine volle Einigung. Die war dann offensichtlich erst eine halbe Stunde später oder so, denn dann ist es quasi verkündet worden, und dann haben mich auch meine Kollegen in der OeNB angerufen, dass jetzt eine Einigung in dem Sinne … Das heißt, da gab es konkrete Punkte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Schon, aber wann konkret ist über die Verstaatlichung, also über die Übernahme der Bank durch Österreich verhandelt worden?

Dr. Ewald Nowotny: Offensichtlich in der Nacht vom 13. auf den 14.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Früher nicht?

Dr. Ewald Nowotny: Soweit ich das sehe, über diesen ganz konkreten Punkt vorher nicht, denn vorher war der Versuch, noch andere Lösungen zu finden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut.

Dann legen wir ein Dokument vor. Es ist schwer, die Nummer zu lesen, es ist, glaube ich, 14278. – Bitte um Durchsicht und Rückmeldung, wenn Sie fertig sind!

Dr. Ewald Nowotny (nach einer kurzen Pause): Ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Zur allgemeinen Erklärung: Das ist ein Schreiben der Bayerischen Landesbank an den Herrn Lejsek vom Finanzministerium, in dem die Bayern Befremden über die Aussagen von Minister Pröll in der Öffentlichkeit äußern, da Pröll gesagt haben soll, es liege kein schriftliches Angebot vor, die Verhandlungen seien noch gar nicht aufgenommen worden.

Wie die Bayern hier festhalten, stimmt das doch nicht, denn es ist unter anderem schon am 8.12. verhandelt worden, und – und das zeigt ja auch das Term Sheet im Anhang – es ist ganz konkret über die Verstaatlichung, also über die Übernahme der Hypo durch Österreich, verhandelt worden. Term Sheet nennt sich dieses Dokument, in dem die Bedingungen der Übernahme sämtlicher Anteile durch Österreich festgehalten sind.

Wie ordnen Sie das jetzt ein? Ihr Kenntnisstand war, man hat erst in der letzten Nacht darüber gesprochen, dieses Dokument zeigt, nicht erst am Wochenende, sondern schon Tage davor, nämlich am 8.12., ist ganz konkret über die sogenannte Verstaatlichung verhandelt worden. – Wie sehen Sie das?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das ist ganz offensichtlich die Sitzung, von der ich ja vorhin gesprochen habe, am 8.12., wo ich ja gesagt habe, hier hat es ein Gespräch gegeben, aber auf Beamtenebene. Soweit ich weiß, war der Herr Minister nicht dabei, sondern das war ein technisches Gespräch. Dort wurden von den Bayern bestimmte Vorstellungen vorgelegt.

Diese Verhandlungen sind ohne Ergebnis abgebrochen worden. Das heißt, Verhandlungen zwischen quasi Abschlussberechtigten haben nicht stattgefunden. Das war sozusagen ein Wunsch.

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind schon in der zweiten Runde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Über welche anderen Optionen hat man sonst noch gesprochen?

Dr. Ewald Nowotny: Wie gesagt, ich selbst war bei diesem Gespräch nicht dabei, aber ich glaube, von der österreichischen Seite – ich habe das vorhin erwähnt – wurden Varianten eines Burden Sharing vorgeschlagen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Welche zum Beispiel?

Dr. Ewald Nowotny: Ja dass es offensichtlich zu einem größeren finanziellen Einsatz der Bayern kommt, soweit ich das aus den Unterlagen gesehen habe, dass es eine gewisse Filetierung der Hypo Alpe-Adria gibt. Das heißt, bestimmte Länder werden direkt von den Bayern übernommen, und damit auch die Verantwortung für diese Länder.

Wie gesagt, Details kann ich nicht aus eigenem Erleben sagen, aber die Information, die ich bekommen habe, war: Die österreichische Seite hat Burden Sharing versucht, die bayerische Seite hat das vorgelegt, was Sie hier haben. Das Ganze ist ohne Ergebnis auseinandergegangen; war aber keine Verhandlung zwischen bevollmächtigten Verhandlern, sondern auf Expertenebene.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Können Sie sich dann erklären, warum es keine Dokumente zu dieser Burden-Sharing-Option gibt und warum wir nur Dokumente mit Term Sheets zur Verstaatlichung finden? Vielleicht finden wir noch eines in den Weiten des Datenraumes, aber es gibt keine Dokumente zur Option Burden Sharing, es gibt nur Dokumente zur Verstaatlichung, und das nicht nur vom Wochenende oder von der letzten Nacht, sondern Tage zuvor. – Können Sie sich das erklären?

Dr. Ewald Nowotny: Also wie gesagt, das war nicht unsere Aufgabe als OeNB, so etwas vorzubereiten. (Abg. Hable: Ich frage nach Ihrer Wahrnehmung!) Aber soweit ich in Erinnerung habe, hat es schon von Dr. Peschorn Vorschläge gegeben. Ob und in welcher Weise die schriftlich niedergelegt worden sind, das kann ich jetzt nicht sagen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wer hat denn dann von österreichischer Seite konkret die Verhandlungen am Wochenende geführt?

Dr. Ewald Nowotny: Am Wochenende dann? (Abg. Hable: Ja!)

Am Wochenende war sozusagen die unmittelbare Verhandlungsführung klarerweise beim Herrn Bundesminister zusammen mit dem Herrn Staatssekretär auf der österreichischen Seite. Auf der bayerischen Seite war es Minister Fahrenschon. Es war dann noch Herr Kemmer dabei von der …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Mich interessiert nur die österreichische Seite. Von wem sind Pröll und Schieder unterstützt worden? Wer war da sonst noch dabei, außer der Minister und der Staatssekretär?

Dr. Ewald Nowotny: Also soweit ich das hier habe, sind dabei gewesen: Minister, Staatssekretär, dann vonseiten der Finanzprokuratur Herr Dr. Peschorn, der noch jemanden auch aus der Finanzprokuratur als Unterstützung dabei hatte. Es hat dann von der österreichischen Seite gegeben – allerdings sozusagen mit wechselnden quasi Varianten – den Landeshauptmann von Kärnten, den Generaldirektor der GRAWE, es hat …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich meine konkret die Verhandlungen. Haben die auch an den Verhandlungen teilgenommen? (Auskunftsperson Nowotny: Nein, aber ...!)

Wer hat konkret mit den Bayern kontinuierlich verhandelt?

Dr. Ewald Nowotny: Also kontinuierlich verhandelt haben das Minister, Staatssekretär, unter Unterstützung von Peschorn.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sonst noch irgendwelche Experten, Anwälte, Investmentbanker, Spitzenbeamte?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, ich nehme an – aber, wie gesagt, das hat sich dann etwas zerfleddert –, Herr Dr. Lejsek[6] wird sicherlich auch dabei gewesen sein. Ob er kontinuierlich dabei war, kann ich jetzt nicht sagen. Es war auch Herr Kranebitter dort, in seiner Eigenschaft noch für die KPMG, also als Wirtschaftsberater, Wirtschaftstreuhänder. Es war dort Herr Dr. Gruber, Thomas Gruber, der wirtschaftspolitische Berater des Bundeskanzlers. Aber ob die jetzt sozusagen die Verhandlungen unmittelbar geführt haben, das weiß ich nicht. Die waren sozusagen dort. Aber die Verhandlungen selbst haben sie ja dann in einem sehr kleinen Raum geführt, da war ich nicht dabei.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und wann hat jetzt Trichet angerufen?

Dr. Ewald Nowotny: Trichet hat am Sonntagnachmittag angerufen, wenn ich das richtig im Kopf habe.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Bei wem genau, und was hat er gesagt?

Dr. Ewald Nowotny: Also er hat einmal bei mir angerufen und hat mir angekündigt, dass der EZB-Rat eine Sondersitzung, also eine Telefonkonferenz einberuft, weil er tief beunruhigt ist über die Perspektive, dass in dieser sensiblen Situation eine europäische Bank, die noch dazu ja auch Auslandsverflechtungen hat, in Konkurs gehen könnte, und hat ganz klar erklärt, dass das aus seiner Sicht nicht nur für Österreich, sondern auch für die europäische Perspektive negativ ist.

Ich habe ihn daraufhin gebeten, dass er in dem Sinn auch auf die bayerische Seite und auf die deutsche Seite einwirkt. Soweit ich weiß, hat Trichet auch mit der deutschen Seite gesprochen. Ich glaube auch, aber das kann ich jetzt nicht genau sagen, dass der Bundeskanzler mit Kanzlerin Merkel gesprochen hat. Ich habe auf jeden Fall auch noch mit dem Präsidenten der Bundesbank Axel Weber gesprochen.

Die haben sich dann auch auf die Bayerische Landesbank sozusagen quasi draufgesetzt, und daraufhin ist ein bisschen eine Bewegung gekommen. Wie gesagt, vorher war die Bayerische Landesbank überhaupt nicht bereit, sich hier zu beteiligen. Damit ist dann eine gewisse Bewegung eingetreten.

Wie gesagt, Trichet hat bei mir angerufen, er hat beim Herrn Bundeskanzler angerufen. Ich glaube, aber das kann ich jetzt nicht genau sagen, dass er auch beim Finanzminister angerufen hat. Und er hat, wie gesagt, insgesamt auch noch eine Telefonkonferenz der EZB einberufen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Trichet wird, denke ich, darauf hingewiesen haben, dass es einen Beschluss auf europäischer Ebene gibt, nämlich im ECOFIN-Rat, dass keine systemrelevanten Banken in Konkurs gehen sollen.

Wie ist dann … (Auskunftsperson Nowotny: Das kann ich bestätigen!) – Ja, politische Einigung.

Jetzt verstehe ich nicht: Wie in Gottes Namen können die Bayern dann mit Konkurs drohen? Das Wort Konkursdrohung haben Sie auch in den Mund genommen. (Auskunftsperson Nowotny: Ja, das war ja ...!) Wie können die mit Konkurs drohen, wenn politisch von Anfang an – wir sind jetzt noch gar nicht bei den Finanzen; dazu kommen wir noch, wie die finanzielle Lage zu bewerten ist, jetzt bin ich erst einmal auf der politischen Ebene ...

Es gibt auf europäischer Ebene – auch aus gutem Grund in der damaligen Situation – eine klare politische Einigung, von allen Finanzministern aller EU-Staaten getroffen: Es wird keine systemrelevante Bank insolvent! (Auskunftsperson Nowotny: Da haben Sie völlig recht!) – Wie können die Bayern mit Konkurs drohen? Das geht gar nicht!

Dr. Ewald Nowotny: Nein, Moment! Da haben Sie vollkommen recht! Das Problem ist natürlich, dass die Hypo Alpe-Adria eine österreichische Bank war, die in Österreich ist. Und das war …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, eine bayerische Bank.

Dr. Ewald Nowotny: Im bayerischen Eigentum.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Im bayerischen Eigentum. (Auskunftsperson Nowotny: Ja, im bayerischen Eigentum!) Das ist das Entscheidende.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, nein, aber sozusagen natürlich mit einer österreichischen Lizenz klarerweise; und das ist eine Frage, die auf der europäischen Ebene massiv diskutiert wurde, denn es gibt ein ganz ähnliches Problem in Irland. In Irland war nämlich genau derselbe Fall: Banken in deutschem Eigentum, und auch dort war die Situation, dass die irische Regierung einspringen musste, und zwar in gewaltigen Größenordnungen, bis zu 40 Prozent des Sozialprodukts.

Also hier ist man ganz formal vorgegangen. Die unmittelbare Verantwortung liegt in dem Land, in dem die Bank ihre Lizenz hat. Da ist Österreich kein Sonderfall, sondern das ist das Prinzip.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine Frage noch in dieser Runde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber das beantwortet die Frage nicht. Wie kann man mit Konkurs drohen, egal wer, ob von bayerischer oder österreichischer Seite, wenn ein Konkurs politisch vollkommen ausgeschlossen ist? Wie soll das gehen? Die Drohung kann ja keiner ernst nehmen.

Dr. Ewald Nowotny: Nein. Es ist sozusagen aus dieser Sicht eine primäre Verantwortung Österreichs, so wie es in dem Fall eine Verantwortung Irlands war, und die Österreicher haben sich bemüht, an die Bayern zu appellieren, ihrer Verantwortung als Eigentümer …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Es geht nicht um Verantwortung, es geht um eine politische Einigung! (Auskunftsperson Nowotny: Nein, aber …!) Da muss ich nicht appellieren an die Verantwortung (Auskunftsperson Nowotny: Entschuldigung, …!), da muss ich sagen: Liebe Leute, liebe Bayern – oder wenn Kanzler Faymann eh bei Kanzlerin Merkel angerufen hat –, wir haben uns politisch geeinigt! Wollt ihr jetzt ernsthaft diese politische Einigung brechen?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, Entschuldigung, noch einmal: Jeder ist verantwortlich für seine Banken, und das geht nach der Frage: Wo sind diese Banken, mit welcher Lizenz arbeitet diese Bank? In dem Sinn ist natürlich die Hypo Alpe-Adria eine österreichische Bank gewesen, genauso wie die Banken in Irland irische Banken waren, obwohl sie deutsche Eigentümer gehabt haben.

Das ist ja auch vollkommen logisch. Eine Bank kann sozusagen auch fünf verschiedene Eigentümer haben. Es kann ja nur nach dem Land gehen, in dem sie ihre Lizenz hat; alles andere ist undenkbar, rein technisch schon.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Stimmt es, dass die Kommunalkredit im Eigentum – zu 50 Prozent, glaube ich – der Dexia war? (Auskunftsperson Nowotny: Richtig, ja!) – Die Dexia war doch eine belgisch-französische Bank, oder? (Auskunftsperson Nowotny: Ja!) – Die haben sie aber nicht gerettet. (Zwischenruf des Abg. Kogler.)

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, wie gesagt, das ist dieselbe Situation, wobei die Dexia ja auch selbst in Probleme gekommen ist.

Aber laut Zuordnung, es ist eine österreichische Bank, musste sie auf österreichischer Seite – wenn man will – gerettet werden, also in dem Fall verstaatlicht werden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist Ihnen bekannt, dass bei der Genehmigung des österreichischen Bankenpakets von der Europäischen Kommission dem Finanzministerium ausdrücklich mitgeteilt wurde, dass alle Banken, die eine österreichische Lizenz haben, Zugang zum Partizipationskapital haben müssen, unabhängig vom Eigentümer?

Dr. Ewald Nowotny: Aber das war kein österreichisches Spezifikum, das sind die europäischen Regeln.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dies unterstreicht nur Ihr Argument. (Auskunftsperson Nowotny: Ja, natürlich!) Auch wenn manche das jetzt nicht wahrhaben wollen, gibt es gewisse Wahrheiten, die man eben auch aussprechen muss. Finde ich in Ordnung.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, ich glaube, das ist leicht nachvollziehbar, man muss sich nur die europäischen Regeln anschauen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja eh, ergibt ja auch einen Sinn. Eigentümer der Hypo Alpe-Adria war ja, glaube ich, auch nicht der Freistaat Bayern, sondern eine private Bank, die zu 50 Prozent dem Freistaat Bayern gehört hat und zu 50 Prozent den Sparkassen. (Auskunftsperson Nowotny: Den Sparkassen, dem Sparkassensektor!) – Okay, das erklärt ja auch einiges dahinter.

Dr. Ewald Nowotny: Und da war natürlich das Problem – das ist, glaube ich, vorhin einmal gesagt worden –, dass ja auch die BLB nicht der 100-Prozent-Eigentümer war, sondern dass es insbesondere eine relativ große – immerhin über 25 Prozent – Beteiligung der GRAWE gegeben hat.

Das war ja in den Anfangsverhandlungen, also wie gesagt, bei diesem ersten Gespräch im Sommer mit dem bayerischen Finanzminister, glaube ich, ein ganz zentraler Punkt, dass nämlich die österreichischen Eigentümer erklärt haben, sie können oder wollen sich nicht beteiligen. Natürlich ist es dann umso schwieriger, sozusagen von den Bayern zu erreichen, dass sie sich an der Finanzierung einer österreichischen Bank beteiligen, wenn die österreichischen Aktionäre das nicht mitmachen. Das heißt, das hat die Sache natürlich massiv erschwert.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben vorhin die Vienna Initiative erwähnt. (Auskunftsperson Nowotny: Bitte?) Sie haben vorhin die Vienna Initiative erwähnt, wo es darum gegangen ist, dass man, sage ich einmal, sich committet, dass die Banken in Osteuropa von den westeuropäischen Banken nicht in Konkurs gelassen werden, sondern dass die zu dem Eigentum stehen. Ist das vereinfacht gesagt …?

Dr. Ewald Nowotny: Das ist sozusagen der Kern dieser Vienna Initiative. Der Gedanke war der, dass man sagt: Es ist die Gefahr da, dass für jede einzelne Bank natürlich dann irgendwo der Anreiz ist: Ich verschwinde aus diesem Land und mache die Tür zu! Wenn das allerdings dann alle machen, habe ich einen massiven Einbruch genau à la Dreißigerjahre, und das sollte verhindert werden. Und das ist es ja auch: Die Vienna Initiative war, glaube ich, ein anerkannter großer Erfolg.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Welche Länder oder Banken haben diese Initiative unterstützt, unterzeichnet, sind ihr beigetreten? (Auskunftsperson Nowotny: Von Österreich aus?) – Insgesamt.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, also ich meine, wie gesagt, der Gedanke war für die Banken – wie der berühmte Ausdruck heißt –: We stay on board! Das heißt also, die bleiben dort. Gleichzeitig kriegen diese Länder zusätzliche Kredite von der Weltbank und von der Europäischen Investitionsbank und dann auch von der EU-Kommission, und aus diesem Paket wird dann ein Stabilisierungspaket gemacht. Aber ein ganz wichtiger Punkt war der, dass die Banken, die dort vor Ort sind, auch bleiben und nicht in Konkurs gehen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gibt es noch eine Bank außer der Bayerischen Landesbank, die sich nicht an diese – in Anführungszeichen – „Initiative“ gehalten hat?

Dr. Ewald Nowotny: Also das kann ich jetzt so unmittelbar nicht sagen. Wie gesagt, die prinzipielle Regelung war, keine Bank darf in Konkurs gehen, und es ist in dieser Zeit auch keine Bank in Europa in Konkurs gegangen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber „We stay on board!“ und „Es darf keine in Konkurs gehen!“ sind zwei Paar Schuhe. We stay on board!, heißt: we stay on board, und das haben ja die Bayern nicht gemacht.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, die Bayern haben sich – und das ist leider das Problem –, natürlich speziell aus innenpolitischen Gründen, aber natürlich auch im Zusammenhang mit dem EU-Verfahren, geweigert, an der weiteren Finanzierung teilzunehmen.

Es ist übrigens so – das ist aber zu einem früheren Zeitpunkt gewesen; das war schon ein bisschen das Problem mit der Bayerischen Landesbank –, dass das halt eine sehr stark politisch bestimmte Bank war oder vielleicht auch noch ist und es daher zum Teil sehr abrupte Entscheidungen gibt.

Ein Punkt, der uns auch beunruhigt hat in diesen Tagen, war, dass wir gewusst haben, dass sich die Bayerische Landesbank schon einmal sozusagen abrupt von einer Bank verabschiedet hat, nämlich von der Rijecka Bank in Kroatien. Sie hat gedroht, diese Bank in Konkurs gehen zu lassen – und das war dann sehr ähnlich wie in Österreich: Sie ist dann um 1 € oder damals wahrscheinlich um 1 D-Mark vom kroatischen Staat übernommen worden. Allerdings waren damals die ökonomischen Zeiten noch besser, und sie konnte dann an die Erste Bank weiterverkauft werden. Sie ist auch heute noch im Besitz der Ersten Bank und hat sich dann gut entwickelt. Aber sozusagen dieses abrupte Abgeben, das war nicht das erste Mal von Bayern.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, die Bayern hatten ein Track-Record, dass sie tatsächlich bereit sind, Banken in Konkurs gehen zu lassen?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, das war ja das, was uns nervös gemacht hat!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und dieser Hinweis der Deutschen Bundesbank, die Bayern können den Konkurs allein stemmen, hat sich bezogen auf das Risiko, das die Bayern selbst hatten?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, also das heißt, sie würden, wenn es zu einem Abschreibungsbedarf kommt, noch immer sozusagen eine Bilanz erstellen können.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und Abschreibungsbedarf wäre gewesen?

Dr. Ewald Nowotny: Der Abschreibungsbedarf im Konkursfall wäre gewesen einerseits aus der Beteiligung der Bayern (Abg. Krainer: 2,7 Milliarden!), zum anderen aus der Liquidität (Abg. Krainer: 2,4!), die die Bayern in der Hypo Alpe-Adria stehen haben. Zu dem Zeitpunkt war das etwas mehr als 2,4. (Abg. Krainer: Stimmt, da waren es 3,4!) – Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und wie viel mussten sie dann tatsächlich abschreiben? Das war ja quasi … (Auskunftsperson Nowotny: Insgesamt …!) Im Insolvenzfall war ihr Risiko, glaube ich, laut Ihrem Papier 6,1 Milliarden.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, wobei ich da wieder ein bisschen eine Korrektur machen muss. In diesem Papier ist noch sozusagen eine Liquiditätslinie drin, die die Bayern schon gekürzt hatten. Das sind ungefähr 550 Millionen – ich muss es dann nachschauen –, die muss ich wegrechnen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, das Risiko war in Wahrheit 5,5 oder 5,45 oder so?

Dr. Ewald Nowotny: 5,5, 5,6, so etwas ungefähr. Das heißt, das wäre das, was das Risiko der Bayern gewesen wäre.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Risiko ist nicht immer gleich Verlust, sondern Risiko.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, aber Abschreibungsbedarf. (Abg. Krainer: Ja!) Es hätte de facto Verlust bedeutet, weil die Bayerische Landesbank nicht so profitabel war, aber zunächst einmal ist es ein Abschreibungsbedarf. (Abg. Krainer: Ja, ja!)

Es gibt jetzt eine Aufstellung, wie viel das Ganze die Bayern insgesamt gekostet hat. Wenn ich Zeit habe oder es finde (die Auskunftsperson blättert in Unterlagen), aber das habe ich ungefähr im Kopf: Ungefähr 5,5 Milliarden haben die Bayern aus dem Ganzen sozusagen abgelegt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist jetzt inklusive Vergleichskosten?

Dr. Ewald Nowotny: Da sind die Vergleichskosten drin.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, die Bayern haben am Ende des Tages in etwa gleich viel verloren, wie sie im Konkursfall verloren hätten?

Dr. Ewald Nowotny: Aber sozusagen zeitlich gestaffelt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Okay.

Das heißt … (Auskunftsperson Nowotny – in Unterlagen blätternd –: Entschuldigung!) – Lassen Sie sich Zeit, ich glaube, das interessiert uns alle.

Dr. Ewald Nowotny: Also nach der Unterlage, die ich hier habe, sind die Kosten der Bayerischen Landesbank etwas unter 5 Milliarden. Dabei ist der Verlust auf die halbe Milliarde, die sich aus diesen Vereinbarungen ergeben hat, inkludiert. (Die Auskunftsperson blättert weiter in ihren Unterlagen.) Ich habe allerdings noch eine detailliertere, aber das ist jetzt das, was ich hier habe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das Risiko für Österreich oder für verschiedene Player in Österreich war allerdings deutlich höher?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, das war erheblich höher. Das war ja die zentrale Aussage der Unterlage, die wir sowohl dem Kanzler als auch dem Finanzminister vorgelegt haben. (Die Auskunftsperson blättert weiter in ihren Unterlagen.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (ein Schriftstück in die Höhe haltend): Das ist diese Briefing-Unterlage?

Dr. Ewald Nowotny: Mit der Tabelle, die wir vorhin hier gezeigt haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (auf das Schriftstück in seiner Hand zeigend): Dieses „Streng vertraulich“, das Ihnen schon der Verfahrensrichter gezeigt hat?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, und daraus ergibt sich ein Gesamtrisiko von 27,7 Milliarden für die österreichische Seite. Und das war natürlich das Problem.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist das schon die korrigierte Zahl?

Dr. Ewald Nowotny: Das ist die korrigierte Zahl. Das ist, wo ich das Land Kärnten drinnen habe: Haftungen von 19,3 Milliarden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und nicht die 17,3. (Auskunftsperson Nowotny: Ganz genau!)

Das heißt, bei der Notverstaatlichung selbst sind Sie von einem Risiko von 25,7 Milliarden ausgegangen?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, ich bin schon mit dieser korrigierten Fassung hineingegangen. (Abg. Krainer: Okay!) Das war nur in dem Brief an Peschorn. Diese Tabelle, die ich hier habe, das war die Tabelle, die dann bei uns dem Direktorium vorgelegt wurde.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt das Risiko von Österreich, das heißt Kärnten, Republik selbst, Banken, Hypothekensektor – ohne GRAWE, nehme ich an.

Dr. Ewald Nowotny: Die GRAWE ist drin. (Abg. Krainer: Die war auch dabei!) Aber was nicht drin ist, das sind weitere allfällige Einleger aus dem Versicherungssektor. Das ist nicht drin. (Abg. Krainer: So Zweitrundeneffekte sind nicht drin?) – Diese Zweitrundeneffekte sind alle nicht drin.

Auch nicht drin: die Gefahr – und das war eine erhebliche Gefahr –, die im Fall des Konkurses besteht, dass dann die Töchter der Hypo Alpe-Adria in den ost-, südosteuropäischen Staaten verstaatlicht werden und damit natürlich der Beteiligungsansatz wegfällt. Also das ist nicht drin.

Das sind die Erstrundeneffekte, und die würden …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und da war das Risiko 27,7 Milliarden für uns (Auskunftsperson Nowotny: Ja!) und für die Bayern 5,5 oder 5,6?

Dr. Ewald Nowotny: Ja. Und daher war natürlich die Ausgangslage für eine Verhandlung eine sehr schwierige.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. Und realisiert haben die Bayern ein bisschen weniger als die 5,6, nämlich 5, und auf unserer Seite wurde bis heute auch ein ähnlicher Betrag realisiert.

Dr. Ewald Nowotny: Also bis heute sind die Kosten ungefähr auch 5,5 Milliarden oder so etwas. (Zwischenruf des Abg. Kogler.) – Aus der Hypo Alpe-Adria, Zahlungen Österreich für Hypo Alpe-Adria.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Heute – aber es ist ja noch kein Ende in Sicht!

Dr. Ewald Nowotny: Wie gesagt – bekanntlicherweise haben wir jetzt überhaupt ein ganz anderes Verfahren –, das, was bis jetzt konkret gezahlt wurde; inklusive Garantien, das kommt dazu, inklusive Garantien.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also gar nicht nur Cash, sondern auch Garantien? (Auskunftsperson Nowotny: Auch Garantien!) Gut.

Es war heute auch noch eine Diskussion über Systemrelevanz, und da wurde das ein bisschen interessant diskutiert, nämlich: Wie definiert man Systemrelevanz? Wann ist ein Institut systemrelevant? – Frage!

Dr. Ewald Nowotny: Wir hatten ja schon diese Diskussion. Wie gesagt, es gibt hier zwei Ansätze. Der eine ist eben der rein formaljuristische, den man zum Beispiel für PartKapital braucht. Aber der, der natürlich relevant ist unter dem Aspekt der Finanzstabilität, ist der: Ein Institut ist dann systemrelevant, wenn der Konkurs dieses Institutes negative Vertrauenseffekte im Finanzmarkt hätte. Also das ist der berühmte Lehman-Effekt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Jetzt habe ich eine, tut mir leid, blöde Frage, aber die wurde heute öfter gestellt: Ein Institut, das nicht vor dem Konkurs steht, ist also nicht systemrelevant?

Dr. Ewald Nowotny: Nein (Heiterkeit der Auskunftsperson), sondern ein Institut, wenn es in Konkurs ginge, das ist sozusagen … (Abg. Krainer: Das ist die Prämisse quasi?) – Das Kriterium.

Also wie gesagt, am Beispiel Lehman zeigt sich: Wenn dieses Institut in Konkurs geht, dann hat das massive Vertrauenseffekte. (Abg. Krainer: Aber Lehman ist ja wirklich in Konkurs gegangen!) Natürlich war Lehman schon vorher systemrelevant, aber die Systemrelevanz hat sich bewiesen in dem Moment, als sie in Konkurs gegangen sind. Die Systemrelevanz besteht natürlich vorher, das ist genau der Sinn der Sache.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, bei Systemrelevanz geht es, vereinfacht gesagt, um die Frage: Hat diese Bank im Konkursfall systemische oder lokal begrenzte Auswirkungen?

Dr. Ewald Nowotny: Würde sie, ja. Ich muss sozusagen jedes bestehende Institut darauf abtesten, was geschehen könnte, wenn dieses Institut in Konkurs ginge.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Auch wenn diese Bank überhaupt nicht in der Nähe des Konkurses ist – zu dem Zeitpunkt, wo ich diese Frage stelle? (Auskunftsperson Nowotny: Natürlich! – Heiterkeit der Auskunftsperson.) – Das war heute Streitpunkt, deswegen frage ich da jetzt nach.

Dr. Ewald Nowotny: Ich würde fast sagen, umgekehrt. Natürlich, je größer ein Institut ist, desto systemrelevanter ist es klarerweise.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut.

Nur vom Zeitablauf her: Am 26.11., haben Sie gesagt, sind im Zuge des Einzelbankenforums zwischen der FMA und der OeNB das erste Mal diese drei oder eigentlich vier Szenarien – es wird immer gesagt, es sind drei, aber in Wirklichkeit sind es ja vier, denn die Verstaatlichungsvariante hat ja zwei Subvarianten, nämlich Going Concern und Abwicklung; also in Wirklichkeit sind es, behaupte ich einmal, immer vier Varianten (Auskunftsperson Nowotny: Kann man sagen!) ...

Aber die am 26.11.: Von wem hatten Sie da den Auftrag, das zu machen, nämlich sich Gedanken zu machen über Strategien?

Dr. Ewald Nowotny: Bei diesem Einzelbankenforum? (Abg. Krainer: Ja!) – Bei dem Einzelbankenforum geht es ja darum: Das ist im Wesentlichen eine Besprechung zwischen OeNB und FMA über die Bankenlandschaft. Und natürlich gehört dazu, dass man sagt: Wo gibt es quasi Problemfälle oder mögliche Problemfälle – und Hypo Alpe-Adria war natürlich ein möglicher Problemfall – und welche Möglichkeiten gibt es, dem zu begegnen?

Soweit ich weiß – wie gesagt, ich war bei dieser Sitzung selbst nicht dabei, ich kenne sie nur aus Protokollen –, hat es keinen spezifischen Auftrag dafür gegeben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, das machen OeNB und FMA gewohnheitsmäßig?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, das ist eine reguläre, also gewohnheitsmäßig ... (Heiterkeit der Auskunftsperson.) In festen Abständen – ich weiß jetzt nicht, jedes Quartal oder so – gibt es diese Aussprache, und das ist ein Überblick über die österreichische Bankenlandschaft, klarerweise mit besonderer Berücksichtigung der potenziellen Problemfälle.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Werden da auch regelmäßig so Insolvenzszenarien erstellt oder wirklich nur in – unter Anführungszeichen – „ganz konkreten Verdachtsfällen“?

Dr. Ewald Nowotny: Wie gesagt, ich bin nicht Teilnehmer dieses Forums, aber ich gehe davon aus, dass sie nur in besonderen Verdachtsfällen oder wenn Dinge als problematisch gesehen werden, diskutiert werden. (Abg. Krainer: Gut!)

Aber ich darf hinzufügen: Das ist der Stand zu dieser Zeit. Jetzt haben wir natürlich ein anderes System, weil man in Österreich aus dem Hypo-Alpe-Adria-Fall ja gelernt hat – in anderen Fällen auch –, dass es eben tatsächlich ein Problem ist, wenn die Sachen ernst werden, zu wissen, wie überhaupt die Verflechtung und damit eben auch die systemische Verflechtung dieser Bank ist. Und da haben wir jetzt das System nach dem BaSAG, also nach dem neuen Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, dass die Banken quasi von sich aus sogenannte Living wills erstellen müssen. Das heißt, sie müssen quasi von sich aus Abwicklungsmodelle erstellen, in denen eben genau all diese Verflechtungen gezeigt werden.

Das ist eine neue Entwicklung, das war zu der Zeit noch nicht relevant. Man hat das jetzt eben gemacht, weil man genau gesehen hat, dass es im Ernstfall sehr wichtig ist, so etwas rasch zur Verfügung zu haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay, gut.

Wie ist das dann weitergegangen? Sie haben gesagt, das erste Mal am 26.11.2009, Einzelbankenforum. Wie haben Sie von diesen Szenarien Kenntnis erlangt?

Dr. Ewald Nowotny: Also zu diesem Zeitpunkt habe ich noch keine Kenntnis davon gehabt. Das habe ich erst zu einem späteren Zeitpunkt erfahren, als dann sozusagen (Abg. Krainer: Eine Woche später oder so in etwa?) die Hypo Alpe-Adria als Problem gekommen ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay.

Zu dieser Briefing-Unterlage, die Sie für Peschorn gemacht haben: Sie haben gesagt, Sie hätten das ein paar Tage später auch dem Bundeskanzler sehr ähnlich übermittelt?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das nicht. An den Bundeskanzler übermittelt worden ist diese Tabelle mit den Kosten. (Die Auskunftsperson zeigt ein Schriftstück.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also nur die?

Dr. Ewald Nowotny: Nur das, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay.

Ich meine, das ist schon eine Analyse, denn im Griss-Bericht steht ja, dass es keine Strategie, kein Strategiepapier, keine Analyse und auch keine Einschätzung gegeben hätte, was die Bayern für eine Verhandlungsposition hätten oder wo sie Stärken oder Schwächen haben. – Haben Sie das der Griss-Kommission nicht übermittelt?

Dr. Ewald Nowotny: Also ich weiß nicht, ob es von uns übermittelt wurde. Auf jeden Fall ist mir bei der Lektüre des Griss-Berichts aufgefallen, dass das eigentlich sozusagen aus meiner Sicht nicht beachtet wurde. Daraufhin habe ich ja eben Frau Professor Griss geschrieben und gesagt: Bitte, ich will Ihnen nur schicken, dass wir solche Sachen auch gemacht haben. Und die Antwort war dann, ja, das habe sie auch gehabt, das kenne sie.

Und im zweiten Absatz stand das, was ich vorhin vorgelesen habe: Aber es ist ja auch klar, die Insolvenz wäre nie eine sinnvolle Alternative gewesen.

Man muss das ja auch im Zusammenhang mit der Formulierung im Griss-Bericht sehen (Abg. Krainer: Jedenfalls in ihrer Ausgestaltung nicht alternativlos!) – richtig! –, wo es also zum Schluss nicht heißt: Die Verstaatlichung war nicht alternativlos!, sondern es heißt: Die Verstaatlichung, jedenfalls in dieser Ausgestaltung, war nicht alternativlos!

Das heißt also – das ist jetzt meine Interpretation –: Es ist nicht so sehr um die Verstaatlichung gegangen, sondern es ist um die Art der Verstaatlichung gegangen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, die Oesterreichische Nationalbank hat sich a) frühzeitig mit verschiedenen Szenarien beschäftigt, b) diese auch bewertet, wo das Risiko der einzelnen Player liegt, hat auch abgeklopft, ob das, was die Bayern machen, glaubhaft ist?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, und vor allem haben wir auch Zahlen bereitgestellt. Also es war nicht nur verbal, sondern das war auch in Zahlen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, Sie haben auch schon die Risiken dargestellt, die die einzelnen Gruppen tragen, aber auch hinterfragt, ob Drohungen der Bayern glaubwürdig sind oder nicht, über die Deutsche Bundesbank beziehungsweise ...

Dr. Ewald Nowotny: Dieses Gespräch, diese Intervention durch Axel Weber ist erst später gekommen. Also die ist dann in Vorbereitung der unmittelbaren Verhandlungen gekommen. (Abg. Krainer: Ja, ja, okay!) Das war zu einem späteren Zeitpunkt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut, das wäre es für die erste Runde. – Danke.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Gouverneur, ich möchte noch einmal kurz auf das Thema von Herrn Kollegen Krainer mit den 27 Milliarden und 6 Milliarden € zu sprechen kommen. Wenn Sie das als Schaden darstellen, erklären Sie mir bitte, wie man diese 27 und 6 Milliarden € im Falle eines Konkurses sehen soll! Heißt das, dass die Bank null Wert hat, oder was heißt das? Ist so eine Darstellung seriös?

Dr. Ewald Nowotny: Ich denke schon, aber ich kann es Ihnen auch im Detail schildern. Also hier wurden die verschiedenen Akteure angesehen.

Erster Punkt: Was würde ein Konkurs für die Bayerische Landesbank bedeuten? – Was die Bayerische Landesbank verliert, ist unmittelbar die Liquiditätslinie. Also die BayernLB hat ja Liquidität in die Hypo Alpe-Adria hineingegeben, im Falle des Konkurses wäre diese verloren; das sind 3 Milliarden.

Zweitens hat die Bayerische Landesbank als Eigentümer einen Beteiligungsbuchwert in ihrer Bilanz, der mit 2,3 Milliarden angegeben wird.

Und dann hat sie auch noch Ergänzungskapital gezeichnet, und das sind dann 314 Millionen.

Das heißt, insgesamt komme ich auf ungefähr 5,6 Milliarden. So würde sich ein Konkurs in der Bilanz der Bayerischen Landesbank auswirken. Das ist die eine Seite.

Die zweite Seite …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich darf Sie kurz unterbrechen! Wenn man die Rechnung so macht, dann müssen wir jetzt noch das Investment beim Kauf und die Kapitalerhöhung dazurechnen (Auskunftsperson Nowotny: Na ja, das ist der Beteiligungsansatz!); 1,6 plus 1,2 Milliarden in etwa, also noch einmal zirka 2,6 Milliarden.

Dr. Ewald Nowotny: Die habe ich genannt; 2,3. (Abg. Angerer: 2,3!) 2,3, das ist der Beteiligungsansatz, wie in der Bilanz, den habe ich genannt.

Nächster Akteur ist das Land Kärnten. Das Land Kärnten ist zunächst einmal betroffen klarerweise durch die Inanspruchnahme der Haftung. Das sind zu diesem Zeitpunkt 19,3 Milliarden gewesen. Dann gibt es Einlagen der Kärntner Landesholding, das waren zu diesem Zeitpunkt 43,8 Millionen. Ich möchte vielleicht in Klammer hinzufügen: Die waren früher höher! Das Land Kärnten hat selbst … Das war ja das Problem, dass quasi schon ein Run auf die Bank eingesetzt hat. Ein Drittel der Einlagen hat die Hypo Alpe-Adria in der letzten Woche verloren, und da hat der Eigentümer selbst auch noch Kapital abgezogen. (Abg. Angerer: So wie die Bayern auch!)  So wie die Bayern auch, genau; die Bayern natürlich sogar viel massiver. (Abg. Angerer: Massiver!)

Das heißt, das sind insgesamt 19,8 Milliarden, die sich für Kärnten ergeben.

Der nächste Punkt ist der Bereich der Hypothekenbanken.

Erster Punkt hier ist der Einlagensicherungsfall, also wenn der Konkurs eintritt. Die Hypo Alpe-Adria hat ja Einlagen, und der Einlagensicherungsfall ist in Österreich so konstruiert, dass ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Schon klar, aber dem Ganzen stehen ja Assets gegenüber. Die Bank hat ja zu dem Zeitpunkt ein Bilanzvolumen von 41 Milliarden € gehabt. Wenn ich das jetzt dagegenstellen würde, dann stellen Sie null dagegen. Da ist ja ein Wert dahinter. (Auskunftsperson Nowotny: Nein, das ist …!) Ich kann ja nicht sagen, das ist ein Schaden von 27 Milliarden, das heißt, die Bank ist null wert! (Auskunftsperson Nowotny: Nein, sondern sie …!) Im Konkursfall wird sie ja abgewickelt.

Dr. Ewald Nowotny: Aber Sie wissen, wie ein Konkurs zustande kommt. Wir haben das ja leider gerade jetzt auch im Lebensmittelhandel gesehen. Zunächst einmal ergibt sich der Konkurs, wenn ein Unternehmen oder eine Bank illiquid ist. Also eine Bank – jedes Unternehmen – kann eine Zeit lang Verluste machen, wenn sie genügend Eigenkapital hat. Aber in dem Moment, wo eine Bank illiquid ist, das heißt, ihre Spareinlagen nicht zurückzahlen kann, Zinsen auf ihre Bonds nicht zahlen kann, in dem Moment ist die Bank von uns zu sperren. Das ist der Konkursfall.

Im Konkurs selbst wird dann festgestellt, und das ist eben dann die Aufgabe des Konkursverwalters: Wie hoch sind die Aktiva? Was ist die Quote? – Das ergibt sich aber erst im Nachhinein. (Abg. Angerer: Ja, klar!)

Daher – und das ist das Teuflische bei diesen Garantien gewesen –: Zunächst einmal ist Kärnten im vollen Ausmaß betroffen. Und das heißt aber …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Jetzt haben Sie es richtig gesagt: zunächst einmal! (Auskunftsperson Nowotny: Ja!) Aber in weiterer Folge muss man ja den Konkurs abwickeln, und dann steht ja ein Wert dagegen. Aber da sind wir eh am Punkt.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, Entschuldigung! Das „zunächst“ ist das, was jetzt unmittelbar eintritt, und das heißt, dass Kärnten daher auch unmittelbar in Konkurs ginge, weil es ja auch unmittelbar Zahlungen zu leisten hat. Dann hat Kärnten, zu einem späteren Zeitpunkt, vielleicht Regressansprüche gegen die Konkursmasse, aber Sie wissen, so etwas dauert … (Abg. Angerer: Wir können das aber, glaube ich, jetzt abkürzen, Herr Professor!) So etwas kann vier oder fünf Jahre dauern, das heißt, inzwischen ist Kärnten schon dreimal bankrott.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben die Situation zum Zeitpunkt des Konkurses dargestellt, mit den 27 Milliarden, und ich sehe eben die Gesamtabwicklung, wo dann natürlich auch ein Wert dahintersteht bei der Konkursabwicklung. (Auskunftsperson Nowotny: Ja, aber nach fünf oder sechs Jahren, wenn der Konkurs abgeschlossen ist!) Aber deswegen ist der Gesamtschaden nicht 27 Milliarden €.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, nein, aber wenn der Konkurs abgeschlossen ist (Abg. Angerer: Ja klar!) – und inzwischen ist Kärnten schon bankrott. Das bekomme ich dann sozusagen nur in die Konkursmasse von Kärnten hinein, und das ist, glaube ich, nicht das, was wirtschaftspolitisch sinnvoll wäre. (Abg. Angerer: Gut, danke!)

Wollen Sie, dass ich Ihnen das noch weiter erkläre?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nein, das ist mir klar! Ich glaube, das ist schon klar.

Ich möchte Ihnen ein Dokument vorlegen, und zwar ist es Ihr Protokoll zu Ihrem Gespräch mit Frau Griss. Dieses Protokoll haben wir eigentlich – unter Anführungszeichen – „zufällig“ erhalten, es war bei einem Akt dabei, auf eine Anfrage von unserem Abgeordneten Elmar Podgorschek an die Oesterreichische Nationalbank hin, welche Vereinbarungen es mit Frau Griss gibt.

Dasselbe ist auch der Finanzmarktaufsicht übermittelt worden. Bei den Unterlagen, bei den Dokumenten, die Sie uns von der Oesterreichischen Nationalbank übermittelt haben, ist dieses Dokument dabei; also einmal unser Dokument, und dann auch Ihr Protokoll. Bei der Finanzmarktaufsicht finden wir weder unser Schreiben noch ein Protokoll, also gar nichts im Aktenschrank. Das ist für uns eigentlich ein Hinweis darauf, dass wir offensichtlich nicht alle Unterlagen bekommen.

Unabhängig davon werden wir, was den Griss-Bericht betrifft, alle Griss-Protokolle anfordern – die haben wir auch nicht im Aktenkonvolut bei uns –, denn ich glaube, dass diese Gespräche, sprich diese Protokolle, inhaltlich sehr interessant sind, weil Frau Griss ja ausschließlich auf die wirtschaftliche Situation hingewiesen hat und Aussagen, die in die politische Richtung gehen und die politische Verantwortung betreffen, die für uns wichtig sind, im Griss-Bericht nicht genannt werden. Deshalb werden wir versuchen, alle Protokolle zu bekommen. Frau Griss hat gesagt, es sind zirka 40 Gespräche, die sie persönlich geführt hat, und zehn Gespräche von anderen Personen aus der Griss-Kommission. Das Dokument hat die Nummer 12654.

Herr Nowotny, ich glaube, Sie werden es kennen, ich möchte jetzt nur ein paar Punkte mit Ihnen durchgehen, weil es eine schöne Chronologie ist über die Geschehnisse in der Hypo, vom PartKapital weg bis hin zur Verstaatlichung und in weiterer Folge danach.

Zum ersten Thema gleich auf Seite 11 – ein Auszug aus diesem Dokument –, PartKapital: Es werden hier 700 Millionen € von Ihnen erwähnt. Das ist die im Jahr 2008 von den Bayern durchgeführte Kapitalerhöhung. Und Sie sagen, zu diesem Zeitpunkt war die Bank „ausreichend kapitalisiert“. Das steht im dritten Absatz am Schluss, letzter Satz: „Die Bank war aber ausreichend kapitalisiert.“

Warum – diese Frage haben wir heute auch schon mehrfach diskutiert – hat die Bank dann zusätzlich Partizipationskapital von 900 Millionen € erhalten, obwohl gestern Herr Berlin gesagt hat, sie hätten das nicht gebraucht?

Dr. Ewald Nowotny: Die Bank war ausreichend kapitalisiert, weil vorher vonseiten des Eigentümers, also in dem Fall der Bayerischen Landesbank, 700 Millionen eingeschossen wurden. Damit hat die Bank ihr Mindesteigenkapital erfüllt, und daher war sie eben auch nicht als distressed zu bezeichnen. Aber trotzdem ist ja die ganze Idee des PartKapitals – wäre die Bank nicht ausreichend kapitalisiert gewesen, wäre sie konkursgefährdet gewesen, dann hätte man ja kein PartKapital geben können –, dass ich Banken in einer schwierigen Situation ökonomisch stärke. Das heißt, sie erfüllt die Kriterien, aber die Kapitalquote ist zu gering in Bezug auf die Anforderungen des Marktes. Die rechtlichen Kriterien sind erfüllt, die Markt-Kriterien sind nicht erfüllt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber Herr Berlin hat gesagt, nach der Zusage und nachdem sie das PartKapital erhalten haben, also diese 900 Millionen € vonseiten Österreichs, war die Bank so kapitalisiert, wie noch nie vorher mit Kapital ausgestattet.

Dr. Ewald Nowotny: Das spricht nur leider gegen die Bank. (Abg. Angerer: Er hat das nur festgestellt! Das ist ja nicht schlecht!) Das heißt, dass sie bis jetzt immer knapp am unteren Rand herumgeschrammt ist. (Abg. Angerer: Er hat das so gesagt!) Ja, aber das ist leider ein schlechtes Zeichen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Warum ist dieser Druck ausgeübt worden? Und von wem ist dieser Druck, dieses PartKapital zu geben, gekommen? Oder wer hat das nachdrücklich gefordert, wenn der Vorstandsvorsitzende gestern sagt, er hat es nicht gefordert?

Dr. Ewald Nowotny: Dann hat er offensichtlich seine eigene Bank nicht ordentlich unter Kontrolle, denn ohne Antrag der entsprechenden Bank gibt es natürlich kein PartKapital. Selbstverständlich muss es einen Antrag gegeben haben, es wird ja niemand dazu gezwungen!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also Sie sagen, die Bank hat es angefordert. Herr Berlin als Vorstandsvorsitzender sagt, er hat es nicht gemacht. – Ist das über die bayerischen Eigentümer gekommen? (Auskunftsperson Nowotny: Nein!) Nicht?

Dr. Ewald Nowotny: Der Gesprächspartner in diesem Fall muss natürlich die Hypo Alpe-Adria sein, und das muss ein Antrag dieser Bank gewesen sein. Sie wissen – ich habe das ja in meinem Einleitungsstatement gesagt –: Die Republik Österreich hat die Möglichkeit geschaffen, PartKapital zu vergeben. Das ist auf Antrag geschehen. Es gibt, wie Sie wissen, von den Großbanken eine Bank, nämlich die Bank Austria, die keinen Antrag gestellt hat, alle anderen haben einen Antrag gestellt.

Das heißt, ohne Antrag hätte es natürlich kein PartKapital gegeben. – Also es ist ein bisschen ein schlechtes Zeichen für Herrn Berlin, wenn er nicht weiß, was seine eigene Bank gemacht hat.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Jetzt gehen wir weiter! Ganz unten in Ihrem Protokoll sagen Sie – und Sie sagen ja hier auch, offensichtlich ist die Bank schlecht geführt worden; Sie sagen hier auch, dass Herr Berlin offensichtlich ein schlechter Manager war –:

„Auf die Frage, ob das Geschäftsmodell wegen der extremen Expansion nicht sehr riskant gewesen sei: Alle österreichischen Banken haben damals massiv mit Zuwächsen von 30 bis 40 % pro Jahr expandiert. Es gab kein Problembewusstsein, nicht nur bei der Hypo, sondern allgemein.“

War dem so?

Dr. Ewald Nowotny: Also in der Fassung, die Sie mir gerade vorgelegt haben, habe ich das korrigiert: „Es gab kein ,ausgeprägtes‘“  (in dem Schriftstück handschriftlich ergänzt) – „Problembewusstsein, (...)“

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay. Das ist Ihre Handschrift?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, genau, das ist meine Handschrift. Das habe ich noch korrigiert.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also es gab kein „ausgeprägtes Problembewusstsein“.

Dr. Ewald Nowotny: Genau, und das stimmt auch. Es hat natürlich eine Phase gegeben, wo ich Zuwächse von 30, 40 Prozent gehabt habe. Das war genau die Situation, die wir kritisiert haben und die es ja heute auch nicht mehr gibt.

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind schon in der zweiten Runde, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Auf der nächsten Seite, auf Seite 12, geht es um die Systemrelevanz. Da nennen Sie den Herrn „Krugman“, der damals eine der – unter Anführungszeichen – „meistgehassten“ Person in Österreich in der Bankenwelt war.

„In einem gewissen Sinn“ – sagen Sie hier – „war die Hypo an diesem Verstaatlichungswochenende für ganz Europa relevant.“

„Trichet hat gesagt, dass die Hypo auf keinen Fall in Konkurs gehen darf.“

Weiter unten:

„Bei Trichet war das Hauptargument, dass in Europa keine Bank pleite gehen darf.“

Jetzt bin ich bei Herrn Hable. Wenn heute diese Vorgaben von Europa kommen, keine Bank darf pleitegehen, und die Bayern sich eine Lizenz in Österreich kaufen – so wie Sie es vorhin erklärt haben – und dann sagen: Ich fahre diese Bank jetzt an die Wand, denn das Problem hat sowieso Österreich, weil es eine österreichische Lizenz ist!, dann war das ein Freifahrtschein für jeden ausländischen Investor, sich eine Lizenz von einer Bank zu kaufen, diese in den Konkurs zu fahren und dann dem jeweiligen Staat umzuhängen.

Dr. Ewald Nowotny: Ich gehe schon davon aus, dass man eine Bank nicht kauft, um sie in Konkurs zu fahren. Aber richtig ist, dass es natürlich eine Fülle von Problembereichen gegeben hat und dass die große Angst war, dass, wenn eine Bank sozusagen in Konkurs geht, das einen Ketteneffekt auslösen kann, den man dann nicht mehr kontrollieren kann.

Das hat Präsident Trichet in diesem Sommer in einem Vortrag noch einmal bestätigt. Herr Abgeordneter Kogler war auch dabei und hat das, glaube ich, auch gehört. Ich halte das auch für richtig. Das ist eine der Lehren – und das ist mir wichtig –, die man aus dem massiven Versagen der Wirtschaftspolitik in den 1930er-Jahren gezogen hat. Und diese Lehre ist hier realisiert.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja, ich will nur nicht, dass so viel Zeit draufgeht, Herr Gouverneur, Entschuldigung! Sie haben vorhin gesagt, oder hier steht – und das bestätigen Sie auch –, Europa sagt, Trichet sagt, keine Bank darf pleitegehen. Das gilt ja wohl dann auch in Deutschland, nicht nur in Österreich. Dann fragt Sie Herr Hable: Es war ohnehin klar, dass es keinen Konkurs geben kann. – Warum ist dieses Konkursszenario überhaupt diskutiert oder in den Raum gestellt worden? Es war ja auch für die Bayern klar, dass die Bank nicht in Konkurs gehen darf. Dann haben Sie argumentiert: Das ist ja das Problem der Österreicher, weil es eine österreichische Lizenz ist.

Dr. Ewald Nowotny: Darauf habe ich eben auch hingezeigt, das ist die Struktur, die in Europa aufgestellt wurde: Relevant ist, wo diese Lizenz[7] ist! Ich habe das Beispiel – das ist ein noch viel größeres Volumen – in Irland, wo Banken, die im deutschen Eigentum standen, aber eben in Irland domiziliert waren, von der irischen Regierung gerettet werden mussten.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja, aber das ist jetzt nicht die Frage.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, aber es ist dasselbe Prinzip.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Noch einmal die gleiche Frage – ich muss jetzt wie Herr Hable ein bisschen energisch dahinter sein –: Wenn dieses Szenario Konkurs sowieso nicht möglich war, sowohl für Deutschland als auch für Österreich – jetzt nehmen wir diese beiden europäischen Staaten –, warum ist das dann überhaupt Thema in diesen ganzen Verhandlungen (Auskunftsperson Nowotny: Nein, das ...!) und das Drohpotenzial der Bayern?

Dr. Ewald Nowotny: Aber wenn man nichts gemacht hätte, dann wäre es natürlich schon zum Konkurs gekommen! Das heißt, es ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Der war ja ausgeschlossen, von allen!

Dr. Ewald Nowotny: Ja, aber er war deshalb ausgeschlossen: nicht sozusagen aus Naturgesetz, sondern weil man davon ausgegangen ist, dass eben jede Regierung dafür verantwortlich ist – das war ja auch eine Vereinbarung der Finanzminister –, dass sie darauf schaut, dass es zu keinem Konkurs kommt. Von selbst hätte es natürlich sehr wohl einen Konkurs geben können! Es ist darum gegangen, dass man das eben durch aktives Eingreifen verhindert.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dann würde ich gerne einen Satz hier herausnehmen, und zwar im untersten Teil, im vorletzten Absatz. Da sagen Sie:

„Die Botschaft intern war, dass die Bayern bereit seien, die Bank in Konkurs gehen zu lassen.“

Was heißt das, „die Botschaft intern“?

Dr. Ewald Nowotny: Die Botschaft war, dass natürlich die Bayern ... Und das ist auch etwas, das mich sehr geärgert hat! Das sage ich ganz offen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Was heißt „intern“? Wer ist „intern“?

Dr. Ewald Nowotny: „Intern“ heißt, dass es die Botschaft ist, die offensichtlich von der bayerischen Innenpolitik gekommen ist. Das ist das, was ich auch vorhin gesagt habe: dass die Entscheidung der Bayern, sich von dieser Bank zu lösen, aus meiner Sicht eine innenpolitisch motivierte war.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Da steht: „Die Botschaft intern war, dass die Bayern bereit seien, die Bank (...)“

Dr. Ewald Nowotny: Das ist damit gemeint. Vielleicht ist das etwas unklar ausgedrückt, aber die Meinung ist: Es war eine innenpolitische Entscheidung der Bayern, diese Bank nicht zu unterstützen.

Deshalb war es auch so abrupt! Vorher hatte man ja andere Botschaften bekommen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Es kann also nicht so heißen, dass man einfach gesagt hat: Man muss sagen, die Bayern könnten die Bank in Konkurs gehen lassen!, um die Verstaatlichung zu argumentieren?

Dr. Ewald Nowotny: Welches Interesse sollten sie daran haben?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wenn wir dann weitergehen, kommen wir vielleicht darauf. Jetzt kommen wir zur nächsten Seite, Seite 14: „Es musste zuerst ein Konsens innerhalb der Bundesregierung (...)“

Da geht es jetzt um das Thema, wo Sie offensichtlich den Herrn Bundeskanzler wirklich überreden mussten, dass er dem zustimmt. Er war für dieses Burden Sharing, das ja bis dorthin auch von allen verfolgt wurde, zumindest von denen, die sich mit der Bank intern beschäftigt haben. Da haben Sie in einem Vier-Augen-Gespräch – und dann in einem Sechs-Augen-Gespräch mit Herrn Ostermayer – den Herrn Bundeskanzler davon überzeugt, dass er dem Finanzminister zustimmt, dass hier verstaatlicht wird.

Das war so?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, das ist das, was ich auch vorhin schon geschildert habe. Der Herr Bundeskanzler war natürlich auch sehr stark unter dem Eindruck der Zeitungsartikel, die es ja damals gegeben hat über alle möglichen Dinge – wie gesagt, mit Jachten, Booten und Flugzeugen, und auch diese ganze Sache mit der Finanzierung, wo bestimme Gruppen, darunter auch ein ehemaliger Finanzminister, profitiert haben –, beeinflusst und hatte daher eine sehr schlechte Meinung von dieser Bank, die meines Erachtens völlig nachvollziehbar war.

Meine Aufgabe war, anhand genau dieser Tabellen, die wir vorhin diskutiert haben, zu zeigen, dass es massiv ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ihre Rolle haben wir heute ja schon ausführlich diskutiert, oder wir haben dazu noch die Gelegenheit.

Mich würde interessieren, wie Herr Ostermayer hier argumentiert hat oder was seine Rolle war.

Dr. Ewald Nowotny: Herr Ostermayer hat als Berater des Bundeskanzlers teilgenommen. Also das ist ja ... (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Auf Basis welcher Informationen war Herr Ostermayer dabei? Hat er die Bank gekannt?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, wie Sie wissen, ist Herr Ostermayer Staatssekretär im Bundeskanzleramt gewesen – jetzt ist er Minister – und hat daher natürlich mitgewirkt an der Tätigkeit des Bundeskanzlers.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay.

Dann gehen wir einen Absatz weiter, da geht es um die Landeshaftungen:

„Es wurde dann diskutiert, ob es Auswirkungen auf den Bund gibt, wenn Kärnten insolvent ist. Die allgemeine Meinung war, dass der Bund einspringen müsse; das hat sich mittlerweile offenbar geändert.“

Was meinen Sie damit?

Dr. Ewald Nowotny: Das ist eine interessante Fragestellung. (Abg. Angerer: Ja, für mich auch!) Der Punkt ist der: Gibt es sozusagen eine Ausfallshaftung des Bundes für die Länder?

In Deutschland gibt es aufgrund von Urteilen des Bundesverfassungsgerichts tatsächlich eine solche subsidiäre Haftung des Bundes für die Länder. Mit dem Argument: Sicherung der Lebensfähigkeit von Bundesländern.

Ich habe ja schon gebeten gehabt, ob wir eine Antwort vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts bekommen. Es hat sich gezeigt: Eine wirklich eindeutige Antwort war bis zu diesem Zeitpunkt nicht verfügbar und gibt es auch heute nicht.

Die Grundlinie heute ist die, dass man sagt: Es gibt keine eindeutige, es gibt keine gesetzliche Regelung, die eine Ausfallshaftung des Bundes für die Länder vorsieht, aber es ist natürlich nicht auszuschließen, dass es so wie in Deutschland ein potenzielles Urteil des Verfassungsgerichtshofs gibt. Was es auf jeden Fall nicht gibt, ist, dass es für die Länder ein klares Insolvenzrecht gibt, während es für die Gemeinden nach der Gemeindeordnung sehr wohl eine Insolvenzordnung gibt. Das habe ich auch vorhin erwähnt.

Das heißt – und das ist einer der Punkte, weshalb das so schwierig ist –, die rechtlichen Grundlagen sind unklar. Worauf ich hingewiesen habe, ist: Wenn Kärnten in Konkurs geht, wird es dem Bund nicht möglich sein, sich einfach voll zu absentieren. Das zeigt sich auch, die Diskussionen, die wir jetzt haben, sind genau in der Richtung: dass der Bund natürlich aufgerufen ist, auch dann, wenn es keine klare rechtliche Verpflichtung gibt, doch etwas zu machen, um Kärnten quasi zu helfen.

Genau das ist die Situation.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay.

Jetzt kommen wir zum Thema Verstaatlichung! Dazu möchte ich Ihnen zwei Dokumente vorlegen; das eine ist heute ohnehin schon mehrfach genannt worden, das ist das Dokument aus Ihrem Haus mit der Dokumentennummer 24145, das andere Dokument hat die Nummer 1171228. (Der Auskunftsperson werden Schriftstücke vorgelegt.)

Das Dokument, das ich zuerst genannt habe, ist aus Ihrem Haus, eben die Darstellung der Hypo und der unterschiedlichsten Szenarien, die auch sehr detailliert ist. Das andere Dokument ist ein Dokument, das in der Verwaltungsratssitzung in Bayern am 28. und 29. November, also fast zeitgleich ein paar Tage vorher, präsentiert wurde. In beiden Dokumenten gibt es aus meiner Sicht sehr viele Überschneidungen.

Wenn Sie jetzt zum Beispiel im Dokument von den Bayern die Seite 11 – rechts oben nummeriert – aufschlagen, dann sind hier die vier Szenarien, die sich die Bayern angeschaut haben. Dazu gehört:

1. BayernLB macht „allein“ weiter

„2. Sanierung durch BayernLB mit Beitrag der Republik“

„3. Abgabe an die Republik“, sprich Österreich

„4. Insolvenz“

Vorsitzende Doris Bures: Ich muss Sie auf Ihre Redezeit aufmerksam machen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nächster Punkt – dann bin ich fertig –, nächste Seite, Seite 13, vielleicht noch als letzte Frage in dieser Runde: Variante Insolvenz. Auf Seite 13 im bayrischen Dokument sagen die Bayern:

„Variante 4, Insolvenzszenario:

– Hohes Reputationsrisiko für die BayernLB“

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen jetzt zur Frage kommen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich bin sofort fertig.

„– Die unvorhersehbaren negativen Auswirkungen (...)“

Also sowohl die Bayern als auch Österreich könnten einen Konkurs nicht riskieren. Das heißt, es war auch für die Bayern ganz klar – so wie für unsere Seite –: Konkurs ist ausgeschlossen!

Dr. Ewald Nowotny: Also ich kann zu dem bayerischen Dokument jetzt unmittelbar nichts sagen, weil ich es nicht kenne, aber so, wie ich es jetzt sehe, unterstreicht das meine Meinung.

Ich glaube, dass aus der Sicht der Bayerischen Landesbank selbst es durchaus Bestrebungen gegeben hat, zu einer Einigung mit Österreich zu kommen. Es war aber dann der Druck der bayerischen Regierung – es war Innenpolitik –, der dazu geführt hat, dass die Bayern gesagt haben: Es gibt keinen Euro mehr! – Damit ist dann natürlich keine andere Variante mehr möglich.

Also das würde, glaube ich, zu dem passen, was mein Gefühl ist. Ich kann es nicht beweisen, denn ich war nicht dabei, aber meine Annahme ist, dass lange Zeit eigentlich von der Bayerischen Landesbank her durchaus eine, wenn man so will, Sharing-Lösung versucht wurde. Die bayerische Regierung hat dann aus innenpolitischen Gründen aber gesagt: Kein Euro mehr!

So würde ich das interpretieren. Aber, wie gesagt, ich kann es nur interpretieren, denn dabei war ich nicht.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Gouverneur, vielleicht nur einmal zur Klarstellung: Die Verwaltungsrats-Klausur der Bayerischen Landesbank vom 28./29. November 2009, wo eindeutig die Rede davon war, dass man sich von der Bank trennen würde – hat man das zum damaligen Zeitpunkt, als diese ganzen Geschehnisse waren und die Verhandlungen geführt wurden, schon gewusst? Oder haben Sie das auch selbst erst voriges Jahr aus der Zeitung erfahren?

Dr. Ewald Nowotny: Also ich kann jetzt nur von mir sprechen, aber ich glaube, das ist repräsentativ für die Bank, für die OeNB insgesamt: Das haben wir nicht gewusst!

Wie ich überhaupt sagen muss: Das war ja für mich das Interessante beim Studium des Griss-Berichtes, zu sehen, was sozusagen auf der bayerischen Seite alles so quasi geplant war, gemacht wurde. Von dem habe zumindest ich – und ich glaube, auch meine Kollegen, die unmittelbar für Bankenaufsicht zuständig sind – nichts gewusst.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich möchte trotzdem noch zum Partizipationskapital kommen und möchte vorerst einmal diese Frage mit Ihnen klären: In welcher Rolle hat sich die Nationalbank da eigentlich gesehen?

Ich meine, das Finanzministerium ist an die Nationalbank schon Anfang Dezember herangetreten, um überhaupt einmal einen Plan dafür auszuarbeiten, unter welchen Bedingungen Partizipationskapital vergeben werden kann; dann konkret die Anfrage oder der Antrag der Hypo fürs Partizipationskapital und dann die Analyse beziehungsweise die Stellungnahme der Nationalbank. – War das üblich, dass die Nationalbank zu so etwas befragt wird und so eine Analyse oder Stellungnahme abgibt?

Dr. Ewald Nowotny: Ja. Also wie gesagt, das ist sogar im Gesetz vorgesehen, dass die OeNB eine Stellungnahme vor der Vergabe abgeben muss. Die Vergabe selbst erfolgt durchs Finanzministerium, und es ist im Gesetz vorgesehen, dass die OeNB dazu eine Stellungnahme machen muss.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): In welcher Rolle hat sich die Nationalbank hier gesehen? Als Berater? Als Gutachter? – Nicht nur in dieser Frage, sondern insgesamt, in der gesamten Frage, wenn es darum ging, ein Briefing für einen Bundesminister zu machen, oder eben hier bei der Vergabe des Partizipationskapitals.

Einige Ihrer Mitarbeiter haben hier ausgesagt, als Gutachter beziehungsweise als unabhängiger Sachverständiger. – Würden Sie das bestätigen?

Dr. Ewald Nowotny: Ja. Ich glaube, das ist genau unsere Rolle, und dafür haben wir ja auch diese qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Jetzt ist es ja evident, dass es nur vier Tage Zeit gegeben hat, um diese Stellungnahme zu machen. Gestern hat Herr Berlin – es wurde schon angesprochen; also er hat natürlich das Partizipationskapital als Vorstandsvorsitzender beantragt – etwas Bemerkenswertes gesagt. Er hat gesagt: Eigentlich wäre das Partizipationskapital gar nicht notwendig gewesen. Er weiß nicht, warum das noch im Jahr 2008 hat zugezählt werden müssen.

Dr. Ewald Nowotny: Also wie gesagt, das ist an sich eine Frage, die unmittelbar von den Kollegen aus dem Bereich der Bankenaufsicht behandelt werden kann. Ich nehme an – aber wie gesagt, da war ich nicht unmittelbar involviert –, dass es schon war, um für die Bilanz dieses Jahres eine entsprechende Quote herzustellen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Kann es sein, dass es damit im Zusammenhang gestanden ist, dass die Bayerische Landesbank 700 Millionen an Kapital zugeschossen hat und das auch die Bedingung war, dass die Bayern von der Republik Partizipationskapital beantragen?

Dr. Ewald Nowotny: Ich glaube, es war umgekehrt. Die Tatsache, dass man das überhaupt positiv beurteilen kann, war bedingt dadurch, dass die Bayerische Landesbank diese 700 Millionen eingeschossen hat.

Wie Sie wahrscheinlich wissen, ist es ja so, dass zu einem späteren Zeitpunkt die EU-Kommission im Rahmen dieses Wettbewerbsverfahrens dann Probleme gehabt hat, weil diese 700 Millionen aus der Unterstützung des Landes Bayern für die Bayerische Landesbank gekommen sind.

Daher ist eben gefragt worden: Hätten wir das ohne diese 700 Millionen als non-distressed oder dann als sound gesehen? – Und die Antwort war sehr eindeutig: Ohne diese 700 Millionen hätte diese Bank als distressed betrachtet werden müssen. Das heißt, so ist die Kausalität.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie sind selbst im Gouverneursrat der EZB; Sie haben das heute auch schon angesprochen. Ist es nicht so, dass man hier wollte, dass Banken einheitlich bewertet werden? Und ist es nicht so, dass in Wirklichkeit dann die Bewertung als nicht notleidend, also als not distressed, nicht eine schematische Bewertung war?

Dr. Ewald Nowotny: Also der Ausgangspunkt war, dass man eben verhindern will, dass systemisch relevante Banken in Konkurs gehen. Das war ja, wie gesagt, vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise und der Finanzkrise.

Die Frage der Bewertung – ob sound oder nicht – war ja primär eine Frage, die sich auf die Konditionen bezogen hat. Das heißt, auch eine Bank, die ich als nicht sound gesehen hätte, hätte trotzdem PartKapital bekommen können, nur eben zu einem höheren Zinssatz, und dann ...

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Und mit einem Umstrukturierungsplan.

Dr. Ewald Nowotny: Richtig, mit einem Umstrukturierungsplan! In diesem Umstrukturierungsplan wäre eben zum Beispiel eine Begrenzung der Dividendenauszahlung dringewesen. Es wären zum Beispiel auch Begrenzungen für das Entgelt der Vorstandsmitglieder und so weiter dringewesen. Das heißt, das sind qualitative Unterschiede. Aber dass ich sozusagen diese Banken unterstützen will, das hat quer durch gegolten.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Jetzt wissen wir, dass es ein Team in der Notenbank gab, das diese Stellungnahme erstellt hat. Sie haben jetzt auch selbst angesprochen, welche Konsequenzen es gehabt hätte, wäre die Bank als distressed bezeichnet worden. Man hat sich dann natürlich auf die 700 Millionen € bezogen, die von der Bayerischen Landesbank gekommen sind.

Aber ich meine, Sie wussten ja, man wusste ja im November 2008, dass die Bank immer mit extremer Unterkapitalisierung zu tun hat. Es gab auch ein Verfahren von der Finanzmarktaufsicht. Es gab von Ihnen, von der Nationalbank, eine Analyse dazu. Es war immer klar: Die Hypo war unterkapitalisiert.

Ist es nicht so – also ich sehe das so –, dass diese 700 Millionen quasi wie ein Tropfen auf dem heißen Stein waren, und super: Mit den 700 Millionen kann diese Bank jetzt nicht als distressed bezeichnet werden!? War das nicht zu unvorsichtig – wenn man schon die Nationalbank in diesem Fall als Gutachter bezeichnet –, war das nicht zu unvorsichtig, der Bank nicht einen Umstrukturierungsplan und eben Maßnahmen bei der Dividendenauszahlung, die Sie soeben angeführt haben, aufzuerlegen?

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, das ist, muss ich ganz ehrlich sagen, ein Punkt, wo man vielleicht ein bisschen unterscheiden muss zwischen dem Erkenntnisstand, den man zu dieser Zeit hatte, und Dingen, die sich dann später ergeben haben.

Wie gesagt, ich war nicht unmittelbar, sozusagen vor Ort, da dran, aber wir haben das natürlich im Direktorium diskutiert. Die Grundlinie im Direktorium war die, dass man gesagt hat: Ja, diese Bank hat – im Gegensatz zu früher, als sie ja eine sehr problematische Eigentümerschaft hatte und das Land Kärnten natürlich überhaupt keine Möglichkeit hatte, sozusagen mehr Kapital dort hineinzugeben; die GRAWE war nicht bereit, sie hätte das vielleicht machen können, aber sie wollte nicht – jetzt einen Eigentümer, der bereit ist, auch tatsächlich Geld einzubringen – es hat ja vor diesen 700 Millionen auch schon 600 Millionen an Kapitalzuschuss gegeben –, und bei dem man davon ausgehen kann, dass er auch ein besseres Risikomanagement bringt.

Es hat ja einen neuen Risikovorstand gegeben, der ist von der Bayerischen Landesbank gekommen. Das waren Leute mit hoher Reputation. Also sozusagen die Grundauffassung oder Hoffnung – aus meiner Sicht, ich kann das jetzt nur als Teilnehmer an Direktoriumssitzungen sagen – war die, dass man sagt: Diese Bank hat jetzt durch die Eigentümerschaft der Bayerischen Landesbank eine neue Chance, eine gut geführte Bank zu werden. Und das hat sich darin ausgedrückt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Der Herr ehemalige Vorstandsvorsitzende Berlin hat gestern auch gesagt, die Bayern hätten sich das Partizipationskapital erschlichen. – Wie sehen Sie das?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, ich wüsste nicht, was er unter erschlichen versteht. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Das war ein gesetzlicher Prozess. Also ehrlich gesagt, das ist die zweite eigenartige Aussage, die ich heute von Herrn Berlin höre.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich habe vorhin gesagt, es gab das Team, das diese Stellungnahme erstellt hat. Sie haben jetzt auch gesagt, dass im Direktorium darüber gesprochen worden ist, ob die Bank als distressed zu bezeichnen ist oder wie man die Bank bezeichnen soll.

Inwiefern waren Sie denn in diese ganzen Gespräche und in die Erstellung dieser Stellungnahme eingebunden?

Dr. Ewald Nowotny: Um das klarzustellen: Über die exakte Formulierung ist meines Wissens keine Diskussion im Direktorium erfolgt. Die exakte Formulierung – wenn ich mich an die E-Mails, die da herumgegangen sind, erinnere – ist ja erst, glaube ich, was weiß ich, um 1 Uhr früh oder so gekommen, wo ich zum Beispiel gar nicht im Lande war, sondern in Frankfurt.

Das heißt, die exakte Formulierung ist weder im Direktorium noch mit mir besprochen worden. Aber was wir natürlich immer wieder im Direktorium besprochen haben – da haben wir einen Abschnitt, wo wir sozusagen die österreichischen Banken quasi durchgehen –, war die Hypo Alpe-Adria in dem Sinn, wie ich es Ihnen eben gerade zu zeigen versucht habe.

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind in der zweiten Runde, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Hätten Sie nicht als Mitglied des Gouverneursrates der EZB darauf drängen müssen, dass man da eine einheitliche Formulierung findet? Hätten Sie damals nicht sagen müssen: Not distressed ist nicht Fisch und nicht Fleisch?

Dr. Ewald Nowotny: Ja (Heiterkeit der Auskunftsperson), ich darf Sie darauf hinweisen: Das ist keine Frage der EZB. Zu der Zeit hatte die EZB keine Funktion in der Bankenaufsicht. Das war eine Frage der Kommission. Und es ist richtig – das ist, wenn ich das richtig im Kopf habe, auch im Griss-Bericht gesagt worden –, dass es dort keine exakte Definition von distressed oder sound gegeben hat.

Aber ich glaube, das war in dem Sinn auch wieder gerechtfertigt, weil man das eben sozusagen nicht auf so ganz enge rechtliche Begriffe runterbrechen kann, sondern da geht es auch eben sehr viel um Erwartungen und um Marktstellung. Ich glaube, es war sogar bewusst, dass man da einen gewissen Spielraum einräumen wollte. Aber das glaube ich, ich war dort nicht dabei. Ich kann auch die Kommission nicht interpretieren. Aber es war auf jeden Fall nicht eine Frage der EZB, sondern eine Frage der Kommission.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Jetzt haben Sie vorhin, wie wir gesehen haben, zu Ihrem Protokoll, das Sie mit Frau Griss angefertigt haben, einige Anmerkungen gemacht; meines Wissens aber keine dazu, dass Frau Griss vorwirft, dass man da keine genaue Definition gefunden hat.

Dr. Ewald Nowotny: Das Protokoll, das Sie haben, das ist mein Gespräch mit Frau Griss gewesen, das ist ja sozusagen nicht der Bericht. Der Bericht ist von Frau Griss geschrieben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben vorhin gesagt, dass Sie diese Stellungnahme im Nachhinein gelesen haben. Jetzt ist es so: Sie waren ja nicht hier, Sie waren, glaube ich, im Ausland (Auskunftsperson Nowotny: Ja!), und der damalige Vizegouverneur Duchatczek hat die Stellungnahme unterschrieben. – Haben Sie ihn vorher gebrieft? Haben Sie mit Ihren Mitarbeitern darüber gesprochen, was in dieser Stellungnahme drinsteht? Man unterschreibt ja grundsätzlich nichts blind, oder? Wie ist denn das vor sich gegangen?

Dr. Ewald Nowotny: Also ich unterschreibe in der Tat grundsätzlich nichts blind. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Ich habe es auch nicht unterschrieben, aber nicht deshalb, weil ich damit nicht einverstanden bin, sondern einfach, weil ich es nicht gekannt habe. Wäre es zu mir zum Unterschreiben gekommen, hätte ich es natürlich vorher durchgelesen. Ich unterschreibe sicherlich nicht etwas, das ich nicht kenne.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Haben Sie mit dem damaligen Vizegouverneur Duchatczek geredet, bevor er das unterschrieben hat? Oder haben Sie nur gesagt: Unterschreib das, und gut ist es!?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, ich glaube, es war einfach … (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Wie Sie wissen, ist das Ganze unter Zeitdruck geschehen. Ich war in Frankfurt, er war dann in Wien. Er war halt da zum Unterschreiben. Er hat auch keine Weisung oder einen Auftrag von mir bekommen, sondern es mussten eben zwei Vorstandsmitglieder unterschreiben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Na ja, Duchatczek hat gemeint, er hätte mit Ihnen gesprochen. – Haben Sie mit ihm nicht gesprochen?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, also dass jetzt dieses Gutachten kommt, aber gesehen habe ich es natürlich nicht.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, Sie haben über den Inhalt überhaupt nicht geredet?

Dr. Ewald Nowotny: Nur in dem Sinne, dass ein Gutachten für die Gewährung von PartKapital unterwegs ist. Den Inhalt habe ich nicht gekannt. Der Inhalt, wie Sie wahrscheinlich aus dem E-Mail sehen, ist ja erst in der Nacht vorher quasi entstanden. Also da, wie gesagt, hatte ich überhaupt keinen Zugang dazu.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ist das nicht gefährlich?

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, ja! (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich meine, seien Sie mir nicht böse, aber die Konsequenzen tragen jetzt wir! Die Konsequenzen trägt der Steuerzahler. (Auskunftsperson Nowotny: Aber …!) Die Konsequenzen tragen jetzt wir hier im Ausschuss. Und ich stelle mir schon grundsätzlich die Frage: Ist das nicht gefährlich, etwas bei Nacht und Nebel fertigzustellen, jemanden zu bitten, die Unterschrift darunterzusetzen, und sich inhaltlich nicht darüber auszutauschen?

Dr. Ewald Nowotny: Nein. Also erstens glaube ich, Sie sollten dieses Gutachten nicht überbewerten. (Zwischenruf des Abg. Kogler.) Das hat sozusagen für die Frage, ob da Geld geflossen ist – Ja oder Nein – überhaupt keinen … Der Unterschied war in der Frage der Konditionen, der Unterschied war, ob ein paar zusätzliche Bedingungen – aber man soll das nicht überbewerten.

Zweiter Punkt: Das ist … (Abg. Kogler: Restrukturierungsplan!) – Ja, natürlich, das sage ich ja, aber …

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie haben sich am Vormittag über Zwischenrufe beklagt! (Abg. Krainer: Das war der siebte, ich mache Stricherl!)

Dr. Ewald Nowotny: Den Restrukturierungsplan, auch den soll ich nicht überbewerten. Das Geld wäre … (Abg. Krainer: Sieben!)

Zweiter Punkt: Das ist natürlich ein Prozess – wir haben ja eine Vielzahl solcher Gutachten gemacht –, der primär im Bereich des Ressorts Bankenaufsicht abläuft. Das heißt, dort hat natürlich eine massive inhaltliche Prüfung zu erfolgen.

Wo schon eine gewisse Gefahr ist – da gebe ich Ihnen recht –, ist, dass das unter sehr großem Zeitdruck erfolgt ist. Jetzt kann man überlegen, ob man hätte sagen sollen: Also bitte, wir akzeptieren diesen Zeitdruck nicht! Umgekehrt hätte das natürlich wieder negative Folgen auch für das betroffene Unternehmen und damit eventuell auch für die österreichische Kreditwirtschaft gehabt. Das ist immer eine etwas schwierige Entscheidung. Die Entscheidung im Rahmen der Bankenaufsicht war in dieser Weise.

Also das ist, glaube ich, schon der richtige Punkt. Aber ich darf Sie schon darauf hinweisen: Es gibt natürlich wie in jeder großen Organisation auch eine Arbeitsteilung. Also ich kann nicht jede Studie sozusagen aus dem Aufsichtsbereich lesen. Diese Studie habe ich deshalb gelesen, weil sie mich für die künftigen Fragen interessiert hat. Aber in die Entscheidung selbst war ich natürlich nicht eingebunden.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich möchte trotzdem noch einmal quasi aus Ihnen herausholen: Hätten Sie selbst unterschrieben?

Dr. Ewald Nowotny: Ja!

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie hätten Sie dann reagiert? (Auskunftsperson Nowotny: Na …!) Sie haben vorhin gesagt, dass Sie nichts blind unterschreiben. Und ich glaube, wenn da ein Antrag auf Partizipationskapital gestellt wird – Sie haben ja sicherlich die Summe gewusst, fast 1,5 Milliarden €; sie sind es dann nicht geworden, es sind nur 900 Millionen geworden, aber der Antrag hat grundsätzlich auf fast 1,5 Milliarden gelautet ...

Wenn Sie selbst unterschrieben hätten, hätten Sie das dann vorher gelesen oder hätten Sie sich einen Mitarbeiter geholt, auch am Telefon von mir aus oder irgendwie, der Ihnen die Eckpunkte erläutert hätte?

Dr. Ewald Nowotny: Ich kann Ihnen als ganz klare Antwort geben: Ja, ich hätte unterschrieben! Und mein Hauptargument, warum ich unterschrieben hätte, wäre genau der Punkt gewesen, dass es vorher vom Eigentümer, der Bayerischen Landesbank, einen Kapitaleinschuss von 700 Millionen gegeben hat. Das wäre für mich ein ganz starkes Indiz gewesen, dass es einen starken Eigentümer gibt, der hinter dieser Bank steht, und dass daher die Vergabe von Partizipationskapital gerechtfertigt ist.

Das wäre meine ganz klare Begründung. Und wie gesagt: Nach einem halben Jahr, als die EU-Kommission uns diese Frage gestellt hat, war das auch genau die Antwort. Ohne die 700 Millionen hätten wir nicht zugestimmt, mit den 700 Millionen schon. – Ich glaube, das ist eine ganz klare und nachvollziehbare Verhaltensweise.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Die Nationalbank hatte ja Erfahrungen mit der Hypo. Die Nationalbank hat ja nicht das erste Mal mit der Hypo zu tun gehabt, sondern hatte Erfahrungen mit der Hypo. Die Nationalbank wusste, aber ich habe das vorhin eh schon gesagt ...

Im November 2008 hat man sich Gedanken über die Eigenkapitalsituation gemacht. Nur, 700 Millionen € zuzuschießen und zu sagen, dass eh alles so super ist, ist, glaube ich, für diese Bank, die wirklich problematisch war – das kann man aus vielen Protokollen und Berichten herauslesen, dass die Bank wirklich problematisch war, gerade was die Eigenkapitalsituation betroffen hat; abgesehen von allen anderen Dingen wie Risikomanagement, Kreditmanagement und so weiter –, ...

Ist es nicht der Anspruch eines Verantwortlichen, der in Wirklichkeit für das Gesamthaus verantwortlich ist – und sei es nur der Vizegouverneur, weil Herr Dr. Duchatczek ja gemeint hat, er hätte mit Ihnen geredet, Sie hätten das besprochen und er hätte das dann unterschrieben – ...

Nur frage ich mich, warum – wenn ich diese Sache zu verantworten habe – ich mir da keinen Mitarbeiter hole und sage: Jetzt sagt mir bitte, wie ihr darauf kommt, dass ihr mit diesen 700 Millionen zufrieden seid, wo wir ganz genau wissen, dass die Bank die ganze Zeit marod ist, und wir in Wirklichkeit immer sehr kritische Berichte, immer sehr desaströse Eigenkapitaldecken vorfinden, et cetera. – Ich verstehe es nicht.

Dr. Ewald Nowotny: Aber das kann ich Ihnen (Abg. Tamandl: Ich versteh’ es nicht!), Frau Abgeordnete, wirklich leicht erklären. Wir haben ja auch als Notenbank nie gesagt, dass diese Bank so super ist, sondern natürlich haben wir darauf hingewiesen, dass diese Bank eine ganze Reihe von Problemen im Risikomanagement und so weiter hat.

Der entscheidende Punkt war der, dass diese Bank gegenüber früher einen neuen Eigentümer hatte. Dieser Eigentümer war eine der größten deutschen Banken und dieser Eigentümer hatte die Reputation, dass er ein effizientes Risikomanagement hat. Auf dieser Basis war die Meinung – und zu der stehe ich –, dass man diese Bank daher nicht als distressed bezeichnen kann. (Zwischenruf des Abg. Kogler.)

Sie müssen ja wissen, was das heißt. Das ist ja auch genau gesagt worden: nicht distressed im Sinne des unmittelbaren Kapitalbedarfs. Sonst hätte es geheißen, dass diese Bank vor dem Konkurs steht. Das ist sie nicht gestanden, daher gab es rechtlich überhaupt keine andere Möglichkeit, als das zu machen.

Das heißt aber nicht, dass die Notenbank gesagt hat: Wunderbar, wir schauen nicht mehr hin! – Sie wissen ganz genau, dass die Bank natürlich dann weiterhin sehr genau angeschaut wurde und dass also dann Weiteres, zum Beispiel eben genau der Asset Quality Review durchgeführt wurde. Also es ist nicht so, dass das ein Persilschein ist.

In dieser ganz konkreten Situation hat man gesagt, die Bedingungen für die Gewährung von PartKapital sind erfüllt. Deshalb hat man das ja auch gemacht, hat das Parlament ja auch dieses Gesetz beschlossen, dass man eben Banken in dieser Situation PartKapital geben kann. Also ich glaube, ich würde eigentlich kaum eine andere Variante als logisch möglich sehen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Na ja, manche haben es ja auch als Vorsorge genommen. (Zwischenruf des Abg. Kogler.) Es waren ja nicht alle in einer schlechten Situation.

Aber ich stelle mir halt die Frage: War das immer so, dass, wenn die Nationalbank ein Gutachten, eine Stellungnahme beispielsweise für das Finanzministerium gemacht hat, das aus dem Haus gegangen ist, ohne dass Sie sich das vorlegen haben lassen?

Dr. Ewald Nowotny: Also normalerweise ist das eine Frage, ein Bereich, der nicht in meiner Kompetenz liegt, sondern das ist eine Frage, die im Bereich der Aufsicht liegt. Ich meine, ich habe Ihnen vorhin geschildert, was meine speziellen Kompetenzen sind. Ein großes Haus muss eine Arbeitsteilung haben. Also normalweise sind das Dinge, die nicht zu mir kommen.

In diesem ganz speziellen Fall habe ich es mir dann genommen und zu meiner eigenen Information durchgelesen. Es war nicht so, dass ich mich in dieses Verfahren einmischen wollte, weil das Verfahren selbst eines wäre, das im Aufsichtsbereich abzuwickeln war.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wer war dann derjenige, der verantwortlich war, es genau zu überprüfen, durchzulesen, bevor das in das Finanzministerium gegangen ist? Das heißt, dass es nicht immer der Gouverneur ist, sondern es ist wer?

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, das kommt darauf an, um welches Gebiet es sich handelt. In diesem Fall war das natürlich das Ressort Bankenaufsicht, wie Sie wissen mit dem Kollegen Ittner an der Spitze. Dann gibt es einen Direktor, das war und ist in dem Fall Herr Reading, und dann gibt es sozusagen einen Abteilungsleiter. Da gibt es eine ganz klare Hierarchie, die dafür zuständig ist.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Und diese klare Hierarchie hat da durchgeschlagen? Somit war es in Ordnung, dass Herr Direktor Ittner das gelesen und der andere, in dem Fall Herr Duchatczek, das blind unterschrieben hat? – Kurz gefasst!

Dr. Ewald Nowotny: Ich glaube, Sie wissen doch, wie Abläufe in großen Institutionen sind. Wenn man jedes von vornherein einzeln liest, bräuchte man eigentlich sonst nur mehr einen Mann, der das Ganze schupft. Das ist, glaube ich, nicht realistisch.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie viel Zeit habe ich noch?

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Noch eine abschließende Frage – schon überleitend zum Jahr 2009 –: Jetzt wissen wir, dass die Bank noch nie so gut kapitalisiert war: 1,6 Milliarden €, 700 Millionen von der Bayerischen Landesbank, 900 von der Republik Österreich. Bereits im zweiten Halbjahr 2009 war alles wieder ganz anders, und die Bank ist eigentlich fast schlechter dagestanden als vorher. – Wie erklärt man sich das?

Dr. Ewald Nowotny: Ich habe das schon gesagt: Das ist natürlich genau auch einer der Punkte, der mich irritiert hat. Der wesentliche Punkt war ja der, dass eben in der Zwischenzeit im Jahr 2009 auch aufgrund des Wunsches der FMA und der OeNB ein spezieller Asset Quality Review durchgeführt wurde, und zwar von einem Wirtschaftsprüfer, der eben nicht der Bankprüfer war, und dort hat sich dann ein erheblicher zusätzlicher Bedarf ergeben. Das ist genau der Punkt. Das war eben genau einer der Punkte, weshalb ich besorgt war – und bin – über die Aussagekraft der testierten Bilanzen.

Aber wie gesagt: Wir als Notenbank sind ja nicht der Ersatzwirtschaftsprüfer, wir können die Bilanz nicht selbst erstellen. Dafür gibt es eben einen beeideten Wirtschaftsprüfer. Diese testierten Bilanzen haben offensichtlich doch grobe Fehler gehabt. Es ist offensichtlich auch die Umstellung auf neue Risikosysteme langsamer gegangen, als wir das erwartet haben. Und das hat dann genau zu diesem Problem geführt. Aber Sie haben recht, das hat uns alle in der Bank sehr beunruhigt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Anschließend daran, Herr Gouverneur …

Dr. Ewald Nowotny (in Richtung Vorsitzende Bures): An sich hätte ich jetzt ganz gerne eine Pause gemacht, aber wir können auch … (Abg. Kogler: Bitte, gerne, kein Problem!)

Vorsitzende Doris Bures: Ja selbstverständlich, das ist gar kein Problem.

Ich unterbreche die Sitzung für 10 Minuten bis 17.15 Uhr.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 17.06 Uhr unterbrochen und um 17.16 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

17.16

Vorsitzende Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und erteile Herrn Abgeordnetem Mag. Kogler das Wort. Bitte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Gouverneur, ich komme jetzt zurück zum 12.12.2009; ein Tag, den Sie in der Abfolge schon beschrieben haben. Nur zur Orientierung: Gespräche, wo Sie dabei waren, zuerst mit den Aufsichtsbehörden, dann die Vorbesprechung für das Gespräch mit Fahrenschon – auf das beziehe ich mich dann – und dann quasi die Runde mit den Bayern.

Es liegt uns eine Art Protokoll vor, und ich lasse es Ihnen bringen. (Der Auskunftsperson werden Schriftstücke vorgelegt.)

Da steht – also Sie werden zitiert –, dass Sie davon abraten, „…dass die BayernLB ihre Anteile komplett abgibt und ausschließlich der Bund die Beteiligungen an der HGAA hält“.

Das ist auf der Seite 5, drittletzter Punkt, und die Nummer wieder einmal: 24179. (Die Auskunftsperson liest in den ihr vorgelegten Schriftstücken.)

War das Ihre Haltung zu diesem Zeitpunkt?

Dr. Ewald Nowotny: Natürlich war das meine Haltung zu diesem Zeitpunkt. Und ich glaube auch, das wäre sicherlich eine bessere Variante gewesen, weil – wie gesagt – wir ja auch eigentlich davon ausgegangen sind, dass man versuchen sollte, ein Burden Sharing zu erreichen (Abg. Kogler: Ja!), und das wäre ja konkret so ein Burden Sharing gewesen. Es hat sich halt dann leider herausgestellt, dass das offensichtlich nicht zu erreichen war. Aber als Zielsetzung wäre das oder war das meine Haltung, ja.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber immerhin, ich meine, das ist ja quasi eineinhalb Tage oder einen Tag vorher, bevor sich das Blatt so dramatisch wendet. Das muss man jetzt einmal erklären, denn gleichzeitig sagen Sie, Sie haben dann den Herrn Kanzler davon überzeugt – und dafür loben Sie ihn noch –, dass er das gesamtwirtschaftliche Interesse in den Vordergrund stellt – wir werden alles im Protokoll lesen –, für irgendetwas, das Sie knappe Zeit vorher noch als überhaupt nicht wünschenswert darstellen. Davon überzeugen Sie anschließend den Kanzler.

Dr. Ewald Nowotny: Nein, darf ich noch einmal auf … Das versuche ich jetzt schon ein paar Mal, aber offensichtlich nicht mit großem Erfolg: Man muss genau unterscheiden. Das eine ist die Frage Insolvenz, und davon habe ich den Kanzler überzeugt. Das war meine Position und das ist auch eine Position – und ich habe das vorhin gezeigt –, die, glaube ich, von allen ernst zu nehmenden Ökonomen und Ökonominnen geteilt wird: dass eine Insolvenz der Hypo Alpe-Adria für Österreich die schlechteste Lösung wäre.

Das Zweite ist dann ausgehend von dieser Frage: Was bleibt mir dann an Optionen? Und dann hätte ich sozusagen eine erste Option, die ein Burden Sharing ist. Wenn ich diese erste Option nicht verwirklichen kann, dann bleibt mir natürlich nur mehr die Verstaatlichungsoption, aber man muss diese zwei Dinge unterscheiden.

Ich habe auch mit dem Kanzler nicht über die Frage: Verstaatlichung – ja oder nein?, gesprochen, sondern ich habe über die Frage gesprochen: Insolvenz – ja oder nein? Da ist es ja quasi um die Frage gegangen: Engagiere ich mich oder nicht? Wenn sich der Kanzler nicht engagiert hätte, wäre es automatisch zur Insolvenzlösung gekommen.

Klar, denn dann hätten sozusagen beide Teile die maximale Drohstrategie durchgesetzt. Die Bayern hätten auf Insolvenz gespielt, die Österreicher hätten auf Insolvenz gespielt, die Österreicher hätten 27 Milliarden verloren und die Bayern fünfeinhalb, und daher war es klar, dass natürlich die Österreicher – in dem Fall das Verhandlungsteam um Minister Pröll – die schlechteren Karten hatten, und ich glaube, das muss man auch fairerweise hier sagen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Klar ist das nicht, sonst würde Frau Griss nicht so urteilen, wie sie es tut, und der Rechnungshofbericht nicht so ausfallen, und wir würden jetzt nicht hier sitzen. (Auskunftsperson Nowotny: Entschuldigen Sie, darf ich ...!) Wenn es Ihnen so klar ist – wir versuchen ja gerade, an dieser Klarheit teilzuhaben.

Dr. Ewald Nowotny: Herr Abgeordneter, noch einmal, weil Sie Frau Griss angesprochen haben – Sie haben das sicherlich mindestens genauso gut gelesen wie ich –: Es ist eine differenzierte Formulierung. Es heißt ja dort nicht, dass es die Verstaatlichung alternativlos ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, ja, ich weiß schon: zumindest in ihrer Ausgestaltung ...

Dr. Ewald Nowotny: Ja, aber wenn Sie Frau Griss zitieren, dann bitte ich Sie, korrekt zu zitieren.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Trotzdem bleibt ja auch dort die andere Interpretation mindestens so offen. Wir haben schon kapiert, dass Sie meinen, eine Insolvenz ist zu verhindern. Und die andere Geschichte ist, es gibt bessere Lösungen, als dass sich Österreich sozusagen diese ganze Krot allein einverleibt. Das ist ja, das würden wir auch von Ihnen erwarten.

Aber wenn Sie zu diesem Zeitpunkt sagen, Sie raten jedenfalls davon ab – im Übrigen: jedenfalls, das hieße ja normalerweise: für jeden Fall, nebenbei bemerkt, das Protokoll haben Ihre Leute geschrieben, die Frau Hrdlicka –, also Sie raten jedenfalls davon ab – ist ja auch noch egal –, da insinuieren Sie ja offensichtlich, dass zu dem Zeitpunkt die Pleitedrohung noch nicht im Raum war.

Und ich komme jetzt zu diesem Punkt: Wieso hat man sich dann plötzlich vor dieser so fürchten müssen? Glauben Sie nicht, dass die Bayern auch ein Risiko gehabt hätten? Erklären Sie dem Ausschuss einmal, wie Bundesminister Pröll in dieser Besprechung die Sitzung selbst bestritten hat! Er hat ja ein Eröffnungsstatement gehalten. – Können Sie sich erinnern?

Dr. Ewald Nowotny: Also ich habe darüber keine Protokolle, ich kann das jetzt wirklich nur sozusagen für den Einleitungsteil sagen, wo ich dabei war; in den eigentlichen Verhandlungen war ich ja nicht dabei. Bei diesem Einleitungsstatement ist es in der Tat darum gegangen, dass man davon ausgegangen ist: Beide Seiten – beide Seiten! – sollten ein Interesse daran haben, dass ein Konkurs vermieden wird.

Pröll hat appelliert – wenn ich mich richtig erinnere – an die Verantwortung der Eigentümer, und das sind ja drei Eigentümergruppen: also Bayern, GRAWE und Kärntner Landesholding. Es hat dann – ich glaube, das ist in diesem sehr aufschlussreichen Buch enthalten, das Frau Graber mit einem Mitarbeiter geschrieben hat  einen kontroversiellen Wortwechsel gegeben, auch zwischen mir und dem, der von den Bayern mitgenommen wurde, der dann später Generaldirektor wurde, weil der sozusagen hier sehr forsch aufgetreten ist und gesagt hat: Die Bayern geht das alles nichts an!

Das waren sozusagen die Einleitungsschüsse.

Im Weiteren hat sich das dann in verschiedene Teilbereiche aufgeteilt. Wie dort die Verhandlungen waren, das kann ich Ihnen nicht sagen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Na gut, man muss sich ja nicht gleich vor jeder forschen Lederhose fürchten. (Auskunftsperson Nowotny: Eben, deshalb habe ich ja auch ...!) Das sagt ja auch Minister Pröll.

Schauen Sie, Minister Pröll sagt in dem gleichen Meeting, dass die Eigentumsübernahme keine Option ist. Und außerdem sagt er, und darauf kommt es mir an: „Für die Bayern sei die Situation vergleichbar schwierig.“ Vergleichbar schwierig!

Wissen Sie, wir wollen nicht immer ein paar Jahre später dann im Rechtfertigungstango hören, dass das vollkommen klar war, dass die Bayern das mit Sicherheit gemacht hätten. Und deshalb diskutiere ich nicht über die Folgen einer Insolvenz, sondern ich diskutiere darüber – wenn Sie es schon so anlegen, gesprächsweise, weil da sonst Fragen-Antwort-Spiele gemacht werden; nur damit Sie sich orientieren –, dass die Bayern selbst ein sehr, sehr hohes Risiko gehabt hätten, auch wenn Sie da mit unterschiedlichen Quantitäten tun.

Ich lasse Ihnen etwas vorlegen – nein, das haben Sie schon von der freiheitlichen Fraktion – zur Frage des Reputationsrisikos. Es geht im Übrigen nicht nur um fünfeinhalb Milliarden, die Bayern selbst gehen ja von achteinhalb Milliarden Schaden aus, sie nehmen ja hier Investment mit hinein, und sie reden selbst in ihren eigenen Dokumenten von einem hohen Reputationsrisiko. – Glauben Sie nicht, dass das bestanden hat?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, ich glaube, dass das bestanden hat. Es ist nur leider so, dass ich Indizien hatte, dass die Bayern leider bereit sind, so ein Risiko in Kauf zu nehmen, und ich habe diesen Fall ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Welche Indizien haben Sie gehabt?

Dr. Ewald Nowotny: Das wollte ich Ihnen gerade erzählen! Das war der Fall der Rijecka Bank in Kroatien, wo die Bayern eine Bank, sobald ein kleines Problem aufgetreten ist, sofort sozusagen abgegeben haben; genau mit der Drohung: Konkurs oder Übernahme um 1 D-Mark. (Abg. Kogler: Ja!) – Darf ich das noch fertig sagen, weil es – glaube ich – ganz interessant ist, wie das weitergegangen ist?!

Das war nämlich genau der Grund, weshalb dann, als die Bayerische Landesbank die Hypo Alpe-Adria übernommen hat, die kroatische Notenbank (Abg. Kogler: Ich weiß!) massiv dagegen war und die kroatische Notenbank daher auch verlangt hat, dass die Hypo Alpe-Adria Kroatien eine massive, hohe Kapitalquote von 20 Prozent hat. Das heißt, hinter all diesen Dingen stehen schon ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Gouverneur, das kennen wir, das haben wir mit anderen Auskunftspersonen durchgekaut.

Dr. Ewald Nowotny: Darf ich noch ausreden, bitte! Hinter all diesen Dingen stehen reale Erfahrungen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Sie missverstehen da etwas! Das ist keine Frage von Gesprächen und Ausreden, wir sind hier angehalten, die Befragung selbst zu leiten, weil das vorne nicht passiert.

Ich wollte Sie zurückführen auf dieses Dokument, das Ihnen die freiheitliche Fraktion vorgelegt hat.

Da heißt es erstens: „hohes Reputationsrisiko (...)“.

Zweitens: „Die unvorhersehbaren negativen Auswirkungen“ können vom „Freistaat Bayern nicht riskiert werden“. – Im Übrigen auch nicht von Österreich.

Drittens: Die unbesicherten Linien – da geht es um die strittigerweise 3 Milliarden oder mehr, dreieinhalb, je nachdem, wie man das halt rechnet  „würden die BayernLB schwer treffen“.

Das heißt, die beschäftigen sich selbst in einer Tour damit, wie ihnen die Trümmer um die Ohren fliegen würden.

Jetzt müssen Sie nicht dabei gewesen sein – das wissen wir ja –, aber Sie können auch nicht erklären, dass die nicht selbst um ihre großen Schäden für solch einen Schritt gewusst hätten.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, bevor der Herr Gouverneur antwortet, möchte ich Sie erstens noch einmal davon in Kenntnis setzen, dass wir die Form der Befragung im Ausschuss gemeinsam, einvernehmlich vereinbart haben.

Und zum Zweiten informiere ich Sie ... (Zwischenruf des Abg. Kogler.) – Ja, die haben Sie, und ich sage Ihnen jetzt, dass Sie schon längst in der Redezeit der zweiten Runde sind.

Herr Gouverneur, jetzt sind Sie am Wort.

Dr. Ewald Nowotny: Ich habe mich schon bemüht, die Problematik hier zu zeigen. Ja, ich glaube, diese Aussagen sind authentisch, sie stammen von der Bayerischen Landesbank. Was dann geschehen ist – und das ist, glaube ich, der wesentliche Grund, weshalb es hier einen Wechsel gegeben hat –, ist, und das ist meine Interpretation, eine innenpolitische Entscheidung in Bayern; zusammen zu sehen mit der Tatsache, dass die Bayerische Landesbank vom Freistaat Bayern massive – das sind ungefähr 10 Milliarden – Staatshilfe bekommen hat. Daraufhin ist ein Wettbewerbsverfahren gegen den Freistaat Bayern erfolgt, und in dem Zusammenhang hat es dann offensichtlich die innenpolitische Entscheidung gegeben, dass Bayern die Hypo fallen lässt.

Ich glaube nicht, dass es vom Management selbst gekommen ist. Es ist ja auch kein Zufall, dass die Verhandlung in Wien die letzte Aktivität war, die Herr Kemmer machen durfte. Er musste nachher sofort zurücktreten. Das heißt, da hat es sicherlich keine ganz einheitliche Linie gegeben.

Das, was sich aber dort durchgesetzt hat, war die Linie des bayerischen Finanzministers, und es hat ja auch – wie Sie sicher wissen – sogar Gespräche mit dem bayerischen Ministerpräsidenten gegeben. Das heißt, das war dann alles auf höchster Ebene amtsgehandelt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber man muss sich auch vor einer hochgehängten Lederhose noch nicht fürchten.

Ich lasse Ihnen ein weiteres Dokument vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da geht es um eine Korrespondenz der Landesbank mit dem Staatsministerium, und das ist noch eindeutiger.

Da heißt es nämlich: „In der Aussprache …“ – das finden Sie, also bei mir steht Seite 1 von 1, das ist jetzt seltsam, aber Sie haben, glaube ich, die richtige Seite aufgeblättert. Das Dokument hat keine Nummer; es ist uns von den Bayern zugespielt worden. Das müssen wir Ihnen noch schicken, das geistert aber überall herum.

Vorsitzende Doris Bures: Das müssen wir dann nur allen Fraktionen vorlegen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne):  Ja, ja, das sage ich ja gerade.

Nun zum Zitat: „In der Aussprache (...)“ – und so weiter – „(...) Möglichkeit einer Insolvenz (…) vollkommen ausgeschlossen (...) (wörtlich):“

– Kemmer wieder –

„Mit einer derartigen Entscheidung würde die BayernLB den ganzen Balkan anzünden (…)!“

Dieses Zitat ist nicht neu.

Es ist dann noch von einem Konsens die Rede, dass man diesen Schritt nicht setzen wird.

Ihre einzige Rechtfertigung ist: Fahrenschon kommt daher, haut auf den Tisch, und alle fürchten sich. – Das scheint uns immer noch nicht plausibel zu sein.

Wie hat sich Herr Fahrenschon benommen – Sie waren ja dann in der nächsten Runde dabei –, dass das plötzlich die Sache, dass die Republik die Anteile nur ja nicht allein erwerben soll, so gedreht hat?

Dr. Ewald Nowotny: Wie gesagt, ich kann es nur noch einmal klarstellen: Ich glaube schon, dass das, was Herr Kemmer sagt, sicherlich auch seine Meinung war, aber am Ende des Tages war seine Meinung nicht ausschlaggebend, sondern es war ein klarer Beschluss der bayerischen Regierung: Keinen einzigen Euro mehr für die Hypo Alpe-Adria! Und das war auch genau die Aussage des Herrn Fahrenschon, der erklärt hat, er steht unter einem sozusagen klaren Regierungsbeschluss: Es gibt kein Geld mehr!

Daher ist, wenn die Bayerische Landesbank nicht bereit ist, dort Geld hineinzugeben, die logische Folge, dass es ... (Abg. Kogler: Na Moment, was glauben Sie denn …? – Abg. Krainer: Bitte, ausreden lassen!)

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Entschuldige! Wir haben mit dieser Art von ... Wir sind mit der ersten Durchgangsrunde noch nicht einmal richtig fertig, und wir haben dann drei Viertel der gesamten Befragungszeit verbraucht. (Abg. Krainer: Ja, aber ich würde trotzdem eine Antwort zu Ende hören, und zu lange wird nicht geantwortet!) Ja, doch!

Ich wollte Sie fragen: Was hat denn Herr Trichet gesagt über mögliche Gespräche, die er ja mit den Bayern geführt hat? Die haben Sie angedeutet. Es ist doch allen völlig unplausibel, dass Trichet auf die Bayern nicht auch einwirkt! Die waren ja schon staatlicher Eigentümer.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja natürlich! Das war ja mein Bestreben, dass er einwirkt, und da ist es ja dann auch letztlich gelungen, von den Bayern zusätzliche Geldmittel zu bekommen, ohne … Die Bayern sind ja sozusagen hineingegangen mit null, herausgegangen sind sie, dass sie eben doch sowohl Kapital als auch Liquidität bereitstellen.

Ich spreche jetzt nicht für mich, denn ich war dort nicht der Verhandler, sondern ich spreche als Beobachter, und ich glaube, man soll die Leistung des Ministers Pröll nicht unterschätzen. Immerhin war das eine schwierige Situation. Ich glaube, im Nachhinein ... Dem Kiebitz ist kein Einsatz zu hoch (Abg. Kogler: Na ja!), aber realistisch gesehen, glaube ich, ist dort erreicht worden, was erreicht werden konnte.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, nur eine Frage noch in der Runde, dann verweise ich Sie auf die nächste.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Fest steht, dass dort ein massives Schadensrisiko – vom Reputationsrisiko reden wir gar nicht – auch für die Bayern gegolten hat. Jetzt mögen Sie rechnen, das österreichische war höher, deshalb bessere Karten. Trotzdem: Wenn wir beide verhandeln, und es droht, ein Ereignis A einzutreten für einen bestimmten Fall unserer Verhandlungsergebnisse, und das geht so, dass ich Ihnen jetzt damit drohe, dass ich mir selbst zuerst einen Fuß abschneide auf das, dass Sie riskieren, dass Sie zwei Füße abgeschnitten bekommen – Sie kennen diesen Vergleich –, das ist doch völlig unplausibel. Es ist doch völlig unplausibel, dass die Bayern sagen: Holladaro, die Österreicher haben das größere Risiko, und deshalb riskieren wir jetzt auch einmal 8 Milliarden. Das ist doch fern jeder vernünftigen Annahme!

Dr. Ewald Nowotny: Nein, aber ich will jetzt nicht spieltheoretisch werden, aber Sie brauchen ja nur die Logik ... Der Extremfall ist: Jeder kann den anderen in Konkurs schicken, die Bayern können Konkurs machen, die Österreicher können Konkurs machen. Wenn einer nichts macht, ist der Konkurs. (Abg. Kogler: Den keiner wollte! – Vorsitzende Bures: Herr Abgeordneter! In der nächsten Runde!) Das Risiko der Österreicher ist bei 27, das Risiko der Bayern ist bei 5,6. (Abg. Kogler: Die Zahlen bezweifle ich auch!) Es ist ganz klar, dass die Verhandlungsposition der Österreicher die schlechtere ist. Das würde auch so sein, wenn wir zwei miteinander zu verhandeln hätten.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur zweiten Fragerunde. In der zweiten Fragerunde hat nur mehr die sozialdemokratische Fraktion eine Restredezeit von knapp 3 Minuten. – Herr Abgeordneter Krainer, bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich finde dieses Bild eh nicht uninteressant. Das heißt, die Bayern haben quasi gesagt, sie hacken sich den linken Fuß ab, unterm Knie, 5,5 Milliarden, und sie haben ihn sich dann nur in der Mitte der Wade abgehackt, denn sie haben ja 3,7 gleich liegen lassen. Dann haben sie auch gleich das restliche Stück bis zum Knie abgehackt. Das haben sie nur liegen lassen, und die Österreicher haben versprochen, das bekommen sie wieder. Und davon bekommen sie jetzt die Hälfte, vom Vergleich. – Habe ich das in etwa richtig verstanden? (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Die Bilder von Kogler sind ja sehr angenehm, denn die muss man dann nur in die Realität übersetzen, was dann tatsächlich geschehen ist.

Dr. Ewald Nowotny: Das sind sehr blutrünstige Vergleiche, aber im Prinzip stimmt es.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, die Bayern haben sich dann tatsächlich auch wirklich das Bein abgehackt. Einen Teil davon, haben sie gesagt, den könnt ihr gleich wegwerfen, aber den anderen Teil vom Bein bekomme ich wieder. Was sie dann damit machen nach ein paar Jahren, weiß ich nicht, aber von dem Teil, den sie dort gelassen haben und von dem es geheißen hat, dass sie den wieder bekommen, haben sie auch nur die Hälfte bekommen. – So in etwa. (Auskunftsperson Nowotny: Ja!) Okay, nur dass ich das Bild richtig verstanden habe.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, wie gesagt, das kann ich so stehen …

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich glaube, wir drehen uns langsam im Kreis. – Herzlichen Dank fürs Kommen!

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur dritten Fragerunde.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Gouverneur, ich beginne mit einer Frage zu dem Dokument, das Kollege Kogler Ihnen vorhin vorgelegt hat, zu dem Protokoll der FMA vom 12. Dezember. Das wurde dann erst am 6. Jänner zur Kontrolle ausgeschickt, um allfällige Änderungen zu machen. – Haben Sie irgendeine Ahnung oder können Sie sich erklären, warum das erst so spät ausgeschickt wurde?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das kann ich jetzt unmittelbar nicht erklären. Ich nehme an, es ist so gewesen: Wir hatten sozusagen dieses ziemlich hektische Verhandlungswochenende, und nachher mussten dann sozusagen quasi die Dinge in Ordnung sortiert und katalogisiert werden, und in dem Zusammenhang, glaube ich, ist das gemacht worden, aber ich weiß nicht genau, was ...

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Aber grundsätzlich ist das ja nicht üblich. Wenn man ein Protokoll schreibt, wird das ein, zwei Tage nach der Sitzung ausgeschickt, um das dann auch fertigen zu können und abzulegen, damit das dokumentiert wird.

Dr. Ewald Nowotny: Da müssen Sie die entsprechende Abteilung fragen, das entzieht sich meiner Kenntnis.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Dann würde ich gerne dort anschließen, wo wir auch schon waren, und zwar die Stellungnahme der Nationalbank zum Partizipationskapital betreffend, bei der Sie eben nicht dabei waren, bei der Sie im Ausland waren und die Ihr Stellvertreter dann unterzeichnet hat.

Warum hat es da so einen Zeitdruck gegeben? Warum konnte nicht gewartet werden, bis Sie wieder zurück waren?

Dr. Ewald Nowotny: Das ist eine richtige Frage! Der Zeitdruck hat deshalb bestanden, weil es eigentlich schon an dem Tag, von dem ja auch das Datum ist, ins Finanzministerium geschickt werden musste, damit dieser ganze Prozess mit dem Partizipationskapital noch rechtzeitig eingeleitet werden kann.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Wer hat da den Druck gemacht? Von wem ist der Druck gekommen?

Dr. Ewald Nowotny: Soweit ich das – aber das kann ich jetzt auch nicht authentisch selbst sagen – mitbekommen habe, ist der Druck aus dem Zeitablauf gewesen, damit das PartKapital in diesem Jahr, also im Jahr 2008, noch zugezählt werden kann.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Ja, aber war das unbedingt notwendig? Hat es da einen konkreten Punkt gegeben: Wir müssen das jetzt da machen, denn sonst ist Feuer am Dach!?

Dr. Ewald Nowotny: Das war zumindest die Information, die ich vom Aufsichtsbereich bekommen habe. (Abg. Schenk: Von wem?) Vom Aufsichtsbereich!

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Und welche Folgen hätte es gehabt, wenn das zu dem Zeitpunkt nicht geschehen wäre, also nicht am 18., 19.12.? Können Sie das irgendwie beurteilen?

Dr. Ewald Nowotny: Wie gesagt, ich kann es nicht authentisch sagen, weil das nicht mein unmittelbarer Bereich ist, aber ich nehme an, dass es dann ein Problem gegeben hätte, das PartKapital rechtzeitig auszuzahlen, und es damit auch für die Bilanz dieses Jahres eben nicht mehr verfügbar gewesen wäre.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Man hätte dann nicht bilanzieren können?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, bilanzieren hätte man schon können, aber die Bilanzrelationen wären schlechter gewesen.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Es hat – ich komme jetzt auf die Nacht der Verstaatlichung –, es hat ja im Vorfeld dieses Datums, 13. auf 14.12.2009, diverse Gespräche, diverse Gruppentreffen gegeben. So hat es auch am 13. Dezember 2009 ein Treffen gegeben mit dem Bundeskanzler, mit Ihnen, mit dem damaligen Staatssekretär Schieder. Dann war ein Herr Gruber dabei und ein Herr Szemeliker. – Wer waren die beiden Herren, Gruber und Szemeliker, waren die aus dem Bankenbereich?

Dr. Ewald Nowotny: Nein! Herr Gruber war zu diesem Zeitpunkt der wirtschaftspolitische Berater des Bundeskanzlers, und Herr Szemeliker war der Pressesprecher. (Abg. Schenk: Vom Berater oder vom Bundeskanzler?) Vom Bundeskanzler (Heiterkeit der Auskunftsperson), Berater haben noch keine Pressesprecher.

Abgeordnete Martina Schenk (Stronach): Na ja, was weiß man! Es ist alles möglich.

Wissen Sie, ob es auch gemeinsame Treffen mit Kanzler und Vizekanzler gegeben hat, im Vorfeld der Verstaatlichung, mit Ihnen, in Ihrem Beisein?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, wenn ich mich recht erinnere, hat es anschließend an dieses Treffen mit dem Kanzler dann ein Treffen gegeben, bei dem auch der Vizekanzler dabei war.

Abgeordnete Martina Schenk (Stronach): Am 13.? (Auskunftsperson Nowotny: Am Samstag, das ist der 13., glaube ich!) Der Sonntag ist der 13., der Samstag war der 12.

Dr. Ewald Nowotny: Das kann ich jetzt nicht genau sagen, aber es hat auf jeden Fall anschließend an dieses Treffen ein Treffen gegeben, nach meiner Erinnerung auch mit dem Vizekanzler, weil der vorher bei irgendeiner Veranstaltung war und von dort dann hingekommen ist.

Abgeordnete Martina Schenk (Stronach): Bei dem gemeinsamen Treffen mit Kanzler, Vizekanzler und Ihnen, was haben Sie da erinnerlich besprochen, worum ging es da, welche Positionen haben Kanzler und Vizekanzler vertreten?

Dr. Ewald Nowotny: Da man ja gewusst hat, dass am Nachmittag die Verhandlungen weitergehen, ist es dabei um die strategische Seite gegangen, und der entscheidende Punkt ist immer der: Jede Regelung muss nach der österreichischen Gesetzeslage von Kanzler und Finanzminister unterschrieben werden. Und daher sind bei dieser Sitzung, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, der Kanzler und der Vizekanzler übereingekommen, dass sie eben zum Ersten auf keinen Fall einen Konkurs riskieren wollen und sich daher zum Zweiten eine Reihe von Optionen freihalten. Das hat von Burden Sharing bis zur Frage der Verstaatlichung gereicht. Das heißt, diese strategische Grundausrichtung wurde meines Wissens bei dieser Sitzung getroffen.

Abgeordnete Martina Schenk (Stronach): Und die beiden waren sich dann einig?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, offensichtlich.

Abgeordnete Martina Schenk (Stronach): Das hat sich dann im Nachhinein wieder anders herausgestellt. – Gut.

Kommen wir zur weiteren Sitzung an diesem Tag! Welche Bankenvertreter, welche Banken oder welche Personen waren dann beim späteren Gespräch dabei?

Dr. Ewald Nowotny: Es war so, dass ich vom Herrn Finanzminister gebeten wurde, mit den Banken ein Gespräch zu führen (Abg. Schenk: Mit welchen Banken?) – das sage ich sofort – bezüglich einer Kostenbeteiligung der Banken. Das hat es ja gegeben im Fall der Constantia. Wir hatten ja neben der Kommunalkredit auch noch einen anderen Problemfall, die Constantia. Dort ist es gelungen, das durch ein Arrangement mit den Banken aufzufangen. Daher wurden die Vertreter der großen Banken eingeladen. Das war Raiffeisen, ich nehme an, das war Kollege Rothensteiner, das war die Bank Austria, das war die Erste Bank, und ich glaube, es war auch jemand vom Hypothekenbankensektor direkt dabei. Die waren sicherlich dabei, ob sonst noch …

Abgeordnete Martina Schenk (Stronach): Also vier. (Auskunftsperson Nowotny: Bitte?) Vier haben Sie jetzt genannt.

Dr. Ewald Nowotny: Aber ich habe mehr in Erinnerung, da sind mehr herumgesessen, aber ich könnte jetzt nicht mehr genau sagen, wer.

Faktum ist auf jeden Fall, dass dort erklärt wurde, was die Problemlage ist. Es war eine eindeutige Positionierung, dass auch aus Sicht der Banken ein Konkurs zu vermeiden ist. Es war zum Zweiten eine prinzipielle Bereitschaft, sich an Kosten zu beteiligen. Allerdings haben die Banken[8] alle gesagt, sie sind jetzt als Generaldirektor da, und für so etwas brauchen sie natürlich Gremienbeschlüsse. Und auf dieser Basis ist man dann auseinandergegangen.

In der Folge hat sich leider gezeigt, dass eine wirkliche Beteiligung nicht zustande gekommen ist, was eine gewisse Enttäuschung für mich war.

Abgeordnete Martina Schenk (Stronach): Und was, glauben Sie, war ausschlaggebend dafür, dass das nicht zustande gekommen ist? Haben Sie da nähere Informationen?

Dr. Ewald Nowotny: Die Banken sind nicht bereit gewesen, dazu zu stehen. Die Angst der Banken war natürlich die: Im Falle eines Konkurses hätten die Banken ja im Wege der Einlagensicherung mitzahlen müssen. Da aber jetzt der Konkurs vermieden war, war ganz offensichtlich dann die Bereitschaft der Banken, sich zu beteiligen, deutlich geringer.

Abgeordnete Martina Schenk (Stronach): Die Bankenbeteiligung oder die Bereitschaft dazu, das ist ein gutes Stichwort, darauf wollte ich auch noch zu sprechen kommen. Sie haben gesagt, eine Bank retten kann der Staat nur, wenn die Bank in dem Staat tätig ist. Wir wissen, dass die Hypo am Balkan tätig war, in Slowenien, Kroatien, Serbien et cetera. – Warum hat es denn dort keinen Bankenrettungsbeitrag gegeben aus diesen Ländern, was die Hypo betrifft? Haben Sie da Informationen oder können Sie sich das irgendwie erklären, denn der Logik folgend, die Sie dargestellt haben, hätten sich diese Länder auch an der Hypo beteiligen müssen?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, da war es ja umgekehrt! Da war unsere Befürchtung, dass im Falle, dass die Hypo in Konkurs geht, die Banken in diesen Ländern – also nehmen wir an Kroatien – von den dortigen Aufsehern beziehungsweise von den dortigen Regierungen verstaatlicht werden. Das heißt, dass die nicht bereit sind, die Banken zu retten, sondern dass sie sie verstaatlichen und sich selbst holen und damit natürlich … Für die Hypo Alpe-Adria ist das ein doppeltes Problem, denn einerseits ist der Beteiligungsansatz weg, zweitens ist aber auch Liquidität in diesen Banken drin. Das heißt also, damit wäre der Wert der Hypo natürlich massiv gesunken.

Abgeordnete Martina Schenk (Stronach): Aber wenn man das salopp sagt, hätte zum Beispiel dann Kroatien das Problem gehabt und nicht Österreich, denn die Hypo war in Kroatien genauso tätig wie in Slowenien oder in Serbien.

Dr. Ewald Nowotny: Der Unterschied ist der, dass die kroatische Hypo – ich habe das vorhin erwähnt – eine Bank mit einer Eigenkapitalquote von 20 Prozent war. Das heißt, die hätten kein Problem gehabt, sondern die hätten ein wertvolles Asset gehabt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Gouverneur Nowotny, wir sind stehen geblieben bei der Konkursdrohung der Bayern beziehungsweise bei der Frage der Glaubwürdigkeit dieser Konkursdrohung, wo doch auf europäischer Ebene klar festgehalten und vereinbart wurde, dass eben keine systemrelevanten Banken in Konkurs gehen können. Das war irgendwie bemerkenswert, dieser Schwenk, den Sie vorgenommen haben, denn Sie haben an früherer Stelle noch gesagt, dass die Nationalbank gewisse Aufgaben hat, gewisse Hilfestellung geben kann, aber dass die Hauptverantwortung beim Eigentümer einer Bank liegt. Hier, bei dieser Frage, haben Sie eigentlich gesagt: Den Eigentümer der Bank trifft keine Verantwortung, sondern es kommt darauf an, wo die Lizenz zu Hause ist. Das passt aus meiner Sicht nicht zusammen.

Und nur ergänzend: Die Hypo war natürlich eine Staatsbank, deswegen ist der Terminus Verstaatlichung vollkommen falsch. Sie war nämlich schon vorher eine Staatsbank, und zwar eine bayerische Staatsbank, und die Beteiligungsverhältnisse, um Kollegen Krainer zu korrigieren, waren nicht 50 Prozent, sondern zu diesem Zeitpunkt 94 Prozent. Also eine bayerische Staatsbank!

Warum aber diese Diskrepanz? Einmal sagen Sie, die Eigentümer sind verantwortlich, das andere Mal werden die Eigentümer vollkommen aus der Verantwortung entlassen, auf einmal wäre die Lizenz ausschlaggebend.

Dr. Ewald Nowotny: Sie haben natürlich recht, da ist tatsächlich eine Spannung drin. Daher hat ja auch die österreichische Seite an die Bayern appelliert, ihrer Verantwortung als Eigentümer nachzukommen. Und das war ja auch genau einer der Punkte, warum ich sowohl Präsidenten Weber von der Deutschen Bundesbank wie auch Präsidenten Trichet gebeten habe, den Bayern das zu erklären.

Faktum ist nur, dass es keine Möglichkeit, keine rechtliche Möglichkeit gibt, die Bayern zu zwingen, Geld einzuschießen. Ich kann sozusagen niemanden dazu zwingen, Geld für eine Bank herzugeben, ich kann ihn nicht einmal zwingen, Geld für die eigene Bank herzugeben. Wenn jemand eine Bank in Konkurs treiben will, dann kann er sie in Konkurs treiben. Dann besteht nur die Möglichkeit, dass der Staat eingreift, aber in diesem Fall muss es der österreichische Staat sein, der das macht, das ist nicht der bayerische Staat.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Welche rechtliche Möglichkeit hat es denn gegeben, Österreich zu zwingen, die Bank zu übernehmen? (Auskunftsperson Nowotny: Nein, das sage ich ja!) Auch nicht, oder?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das ist ja genau das, was ich vorhin gesagt habe. Natürlich hätte auch Österreich sozusagen diese Bank in den Konkurs treiben können. Nur Österreich hätte darunter sehr viel mehr gelitten als die Bayern. Also beide hatten die Option. Die Bayern konnten die Bank in den Konkurs treiben, die Österreicher konnten die Bank in den Konkurs treiben. Durch Nichtstun ist die Bank im Konkurs. Aber das Risiko für die Österreicher war wesentlich größer als für die Bayern, und deshalb ist dieses Ergebnis gekommen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dazu kommen wir gleich, da bin ich auch anderer Meinung.

Aber folgen wir einmal Ihrem Gedanken, dass es nicht um die Eigentümerschaft geht, sondern um die Banklizenz! – Wo hat denn die Hypo Italien ihre Banklizenz? (Auskunftsperson Nowotny: Ja!) Ist das eine italienische oder ist das eine österreichische?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das ist eine italienische Bank, eine italienische Banklizenz. Auch in diesem Fall ist es so, dass die Hypo natürlich – und die Diskussion besteht ja auch – im Zweifel sagen kann: Bitte, wir würden diese Bank in Konkurs gehen lassen!, allerdings hat die Hypo dort derartige Verpflichtungen in einer direkten Form, dass das für sie de facto nicht möglich ist. Aber wie gesagt, das Hypo-Italien-Thema ist ein Thema im Gesamtthema der Hypo Alpe-Adria insgesamt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich meine ja nicht an sich die Problematik dort, sondern die Lizenzfrage, die Sie aufgeworfen haben.

Ich folge noch einmal Ihrer Argumentation, das betrifft nämlich die Hypo-Tochter Kroatien ganz genauso. (Auskunftsperson Nowotny: Ja!) Welche Lizenz ist es, eine österreichische oder eine kroatische? – Das ist eine kroatische. (Auskunftsperson Nowotny: Ja, aber …!) Also wenn ich Ihrer Argumentation folge, dann liegt ja das Hauptproblem der Verantwortung auch wieder nicht bei Österreich. (Auskunftsperson Nowotny: Nein!) Ich habe jetzt nur die beiden größten Tochterbanken herausgenommen, nämlich Italien und Kroatien. Dann liegt die Verantwortung nämlich beim italienischen Staat und beim kroatischen Staat. (Auskunftsperson Nowotny: Ja, und ich habe das ja …!) Also wie kann man … (Auskunftsperson Nowotny: Entschuldigung, Herr Abgeordneter, das habe ich …!) Egal, ob man jetzt die Eigentümerschaft als Argumentationskriterium herannimmt oder die Banklizenz, ich komme nie und nimmer dort hin, dass die Hauptverantwortung beim österreichischen Staat liegt.

Dr. Ewald Nowotny: Sie müssen das – ich habe das gerade mit Ihrer Frau Kollegin geklärt – ... Natürlich wäre es in Kroatien durchaus möglich gewesen, dass man sagt: Lieber Staat Kroatien, wir wollen mit der Bank nichts mehr zu tun haben, übernimm sie! Das ist ja auch zum Beispiel geschehen. Die Bayern – ich habe das ja vorhin gesagt – sind in dem Fall Riječka banka weggegangen, um 1 D-Mark hat der kroatische Staat diese Bank übernommen und sie dann weiterverkauft an die Erste Bank.

Nur, diese Bank in Kroatien war eine wertvolle Bank. Das heißt, das wäre ein Verschenken gewesen, und das hätte eine Verschlechterung für die Hypo Alpe-Adria … Das ist der Unterschied, ob ich sozusagen eine Bank habe, die wertvoll ist oder nicht. (Abg. Kogler: Wo schon 15 Milliarden …!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Kogler, ich habe Sie schon vorgemerkt.

Dr. Ewald Nowotny: In dem Fall war das genau eines der Risken, die wir gesehen haben, dass die Kroaten sehr wohl diese Bank verstaatlichen würden. Das wäre ein Risiko gewesen, kein Vorteil!

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in der Runde, Herr Abgeordneter Hable!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Eine Frage noch, da geht sich nicht viel aus.

Der Einwand ist natürlich vollkommen richtig, denn jetzt haben wir 15 Milliarden mindestens, das Ende der Fahnenstange ist nicht erreicht. Also diese Argumentation kann ich auch nicht nachvollziehen, dass man hier etwas hergeschenkt hätte. (Auskunftsperson Nowotny: Eine Bank mit 20 Prozent Eigenkapital?)

Zusammenfassend gesagt: Entweder nimmt man das Argumentationskriterium der Eigentümerschaft oder das der Banklizenz. Aber wie man auch argumentiert, ich komme einfach nicht dort hin, dass die Konsequenz daraus die Übernahme durch Österreich ist. Aber ich setze dann in der nächsten Runde fort. – Danke.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Na ja, vielleicht kann man das schon vor der nächsten Fragerunde aufklären. In diesem ganzen Hypo-„Gewirr“ – unter Anführungszeichen – gibt es ja, glaube ich, zwei Banken mit Lizenz in Österreich: die HBInt und die HBA, also die Hypo-Bank Österreich, die in der Zwischenzeit, glaube ich, Anadi Bank heißt, und die HBInt. Und dann gab es die HBC und so weiter.

Gab es irgendwelche Haftungen für Banken außer diesen beiden Banken, also der HB Österreich und der HB International? Gab es sonst noch Haftungen des Landes Kärnten für eine andere Tochterbank?

Dr. Ewald Nowotny: Unmittelbar. Die Haftungen des Landes Kärnten sind ja Haftungen für Bonds, also für Anleihen, die die Hypo Alpe-Adria, und zwar in der ursprünglichen Form sowohl als HBInt als auch als HB Österreich, ausgegeben hat. Sonst hat es, soweit ich weiß, keine Haftungen des Landes Kärnten gegeben, die da relevant gewesen wären.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, das System hat so funktioniert, dass im Wesentlichen die HBInt, zu einem kleinen Teil noch die HBA, sich Geld ausgeborgt hat und dieses Geld dann intern weiterverliehen hat an die Tochterbanken in Italien, in Kroatien und dergleichen.

Dr. Ewald Nowotny: Das war das, was ich vorhin auch erwähnt habe (Abg. Krainer: Ja, ja!), dass ja Liquidität in diesen Banken gesteckt hat. Das ist genau das Geld, das sie sich vorher ausgeborgt haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. Das heißt, selbst wenn man die Töchter in Osteuropa in Konkurs gehen lässt und sagt, die gehen uns nichts an, erspart uns das ja eigentlich nichts, weil die Haftungen ja nach wie vor da sind, und allein die Haftungen machen ja den Großteil von allem aus, vom Schaden.

Dr. Ewald Nowotny: Vor allem ist es so, wie gesagt: Die Liquidität ist weg. (Abg. Krainer: Ja, ja! Es ist noch schlimmer!) Also ich habe die Haftung, die Haftung ist da, aber das Geld ist weg.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut, das heißt, das wäre eigentlich eine Maximierung des Schadens gewesen?

Dr. Ewald Nowotny: Deshalb waren wir ja auch kritisch dazu.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. Danke fürs Kommen noch einmal.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Gouverneur Nowotny, ich möchte noch einmal auf die beiden Dokumente zurückkommen, die ich Ihnen vorhin vorgelegt habe; das eine von der Präsentation vorm bayerischen Verwaltungsrat und das andere aus der Nationalbank, aus Ihrem Haus.

Beim Dokument vom bayerischen Verwaltungsrat, also von der BayernLB, bitte ich Sie, die Seite 21 aufzuschlagen, da geht es um eine Planrechnung für die Hypo über die Jahre 2009 bis 2013, und im Dokument von der Nationalbank, also von Ihrem Haus, bitte die Seite 22.

Jetzt sind das Planrechnungen, die jeweils sehr detaillierte Informationen aus der Bank, aus der Hypo, zum selben Zeitpunkt haben. Also Ihr Dokument ist von Anfang Dezember, das Dokument von den Bayern ist von Ende November, und wenn ich mir die Planrechnungen anschaue, so sind hier die Zahlen auf den Euro genau identisch. – Ich möchte das nur gerne erklärt haben. Vielleicht gibt es eine logische oder einfache Erklärung, warum das so ist. Also Sie haben eigentlich jede Information gehabt, die auch Bayern hatte.

Dr. Ewald Nowotny: Ich war bei der Erstellung dieser Dinge natürlich nicht dabei. Ich nehme an, die Zahlen kommen beide von der Hypo Alpe-Adria selbst. (Abg. Angerer: Nehme ich auch an, ja! Es geht um die Bank!) Und daher sind sie identisch.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also Sie haben die von der Bank bekommen?

Dr. Ewald Nowotny: Ich weiß es nicht, ich war bei der Erstellung nicht dabei. Das ist eine Sache, die in der Aufsicht geschehen ist.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber das ist ja bei Ihnen in der Aufsichtsratssitzung präsentiert worden. Sie werden ja wohl hinterfragt haben: Wo habt ihr die Zahlen her? Oder sind für Sie die Zahlen einer Bank nicht interessant?

Dr. Ewald Nowotny: Schon, aber es ist nicht die Aufgabe des Gouverneurs, die Zahlen in einer Aufsichtsratssitzung der Hypo Alpe-Adria zu überprüfen. Das ist eine Frage, die die zuständigen Organe zu prüfen haben, und dann möglicherweise im Bereich der Aufsicht. Das erreicht sicherlich nicht den Gouverneur.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber es ist unbestritten, dass Sie das Dokument kennen und es Ihnen präsentiert worden ist?

Dr. Ewald Nowotny: Das österreichische kenne ich, das bayerische kenne ich nicht. Das kenne ich jetzt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das von der Nationalbank, das meine ich, ja. (Auskunftsperson Nowotny: Ja!) Ihres, Ihr Dokument.

Dr. Ewald Nowotny: Natürlich, das österreichische.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Es sind identische Zahlen drin. (Auskunftsperson Nowotny: Ja!) Also wir gehen davon aus …

Dr. Ewald Nowotny: Daher nehme ich an, dass sie in beiden von der Hypo Alpe-Adria kommen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wissen Sie, wer dieses Dokument dann von Ihnen in weiterer Folge erhalten hat? Wem haben Sie das noch präsentiert? Ist das nur intern in der Nationalbank präsentiert worden? Oder wem ist dieses Dokument weitergegeben worden?

Dr. Ewald Nowotny: Das kann ich jetzt auch nicht genau sagen, für welchen Zweck das gemacht wurde. Hier steht Briefing-Unterlage. Es könnte sein, dass das eine Unterlage für eine Direktoriumssitzung war. (Abg. Angerer: Für?) Für eine Direktoriumssitzung. Aber ich weiß es nicht, das kann ich nicht sagen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wenn in weiterer Folge Verstaatlichungsverhandlungen stattfinden oder eine Bank, in dem Fall ein Unternehmen, übernommen wird, kein kleines Unternehmen, und dann jemand die Entscheidung trifft für diese Übernahme: Sind solche Unterlagen aus Ihrer Sicht dann informativ und hilfreich in so einer Situation?

Dr. Ewald Nowotny: Also ich würde sagen: Das ist eine Vorstufe. Das würde in solche Verhandlungen nicht eingehen. Das, was in solche Verhandlungen dann letztlich eingeht, sind die Gesamtzahlen. Das heißt: Was ist das Gesamtrisiko für die Hypo Alpe-Adria? Was ist das Gesamtrisiko für die Bayern? Da gehen diese Zahlen ein.

Aber das sind Vorarbeiten, die nicht in die Verhandlungen eingehen. Das ist ja auch, wie gesagt, nicht etwas, das verhandlungs…, das ist offensichtlich aus[9] einer Klausurtagung geschehen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also das verstehe ich jetzt nicht. Jetzt haben Sie sehr detaillierte Informationen aus einem Unternehmen, Sie wollen das Unternehmen übernehmen, Sie verzichten im Zuge der Verstaatlichungsverhandlungen auf eine Due Diligence, Sie schauen sich diese Informationen nicht an – auf welcher Grundlage sind dann die Entscheidungen gefallen, dass man die Bank übernimmt?

Dr. Ewald Nowotny: Ich darf Sie bitten: Diese Fragen müssen Sie an die stellen, die die Verhandlungen geführt haben. Wir als OeNB haben in keiner Weise auf eine Due Diligence verzichtet, weil wir nicht die Verhandler waren. Wir konnten nicht verzichten, und wir konnten sie auch nicht fordern. Das sind Dinge, die nicht in die Kompetenz der OeNB fallen. Daher bitte ich Sie, das an die kompetenten Stellen zu richten.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wäre es aus Ihrer Sicht vernünftig gewesen, dass die Verhandler zum Zeitpunkt der Übernahme der Bank und dieses Verhandlungsmarathons, der am Schluss gelaufen ist, die Personen und die Organisationen beiziehen, die gewusst haben, wie die Bank ausschaut?

Dr. Ewald Nowotny: Schauen Sie, ich bin vielleicht der Einzige in diesem Raum, der schon einmal Verhandlungen führen musste, eine Bank zu verkaufen. Und natürlich, wenn man diese Verhandlungen konkret führt, gibt es eine Fülle von Informationen. Deshalb hat man ja – und das ist das Übliche bei solchen Dingen – dafür etwa eine Investmentbank oder vielleicht sogar mehrere Investmentbanken. Das heißt, das ist nicht etwas, das die Verhandler selbst … Ich hatte ja, wie gesagt, das praktisch schon einmal gemacht. Natürlich, der Verhandler selbst schaut sich diese Zahlen nicht an, er hat eine Investmentbank, die das für ihn anschaut, und von der bekommt er dann die Hinweise: Da ist es kritisch, dort ist es nicht kritisch. Ob das in diesem Fall geschehen ist, kann ich nicht beurteilen, ich war nicht Teil dieser Verhandlung.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das haben Sie selbst ja auch in Ihrem Protokoll gesagt, das ich jetzt auch noch zitieren könnte, wo Sie selbst sagen, Sie sind verwundert, dass man keine rechtliche Beratung beigezogen hat, dass es keine Rechtsberatung offensichtlich gegeben hat, dass es keine Experten gegeben hat, die die Bank gekannt haben. Das sagen Sie ja selbst in Ihrem Protokoll, das hat Sie verwundert.

Dr. Ewald Nowotny: Jetzt muss ich natürlich dazusagen, man muss hier fair sein. Da hat es ganz offensichtlich einen erheblichen Zeitdruck gegeben, aber ich habe das, wie gesagt, verglichen mit den Verhandlungen, die ich selbst zu führen hatte. Natürlich sind die nicht ganz vergleichbar, aber da war es natürlich schon so: Da hatten wir Beratung von Investmentbanken, wir haben vorher sehr sorgfältig in einem sozusagen Beauty Contest unter mehreren eine Investmentbank ausgewählt, wir hatten natürlich eine ganze Armada von Anwälten rund um uns.

Ich kann es nicht beurteilen, vielleicht hat das Finanzministerium diese gehabt. Mir sind sie nicht zu Gesicht gekommen, daher war ich etwas erstaunt, das ist richtig.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nur noch zu diesem Zeitdruck: Jetzt haben Sie gesagt, das hat man alles gehabt, aber diesen Zeitdruck, den Zeitdruck verstehe ich nicht. Da hätte ich noch ganz gerne eine Antwort, denn von der Genehmigung des PartKapitals Ende 2008 bis zur Verstaatlichung hat der Staat massive Rechte gehabt – die Institutionen des Staates, Sie, die Finanzmarktaufsicht –, entsprechende Maßnahmen einzuleiten, Due Diligence zu machen, die Bank zu prüfen, was auch immer. Warum ist das nicht gemacht worden?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, das ist ja auch geschehen! (Abg. Angerer: Wo?) Wie gesagt, das ist ja gerade dieser Asset Quality Review, der in großem Maß geschehen ist. Das heißt, diese Zeit ist sehr wohl genutzt worden. Unter Due Diligence verstehe ich eine Due Diligence, die unmittelbar zum Verkaufszeitpunkt stattfindet. Ob das geschehen ist, kann ich nicht beurteilen, ich kenne sie nicht.

Aber natürlich in der Zeit, als sozusagen eine normale – wenn man will – Aufsichtstätigkeit war, ist genau das geschehen, und das hat – wie Sie wissen von PwC – eben dann diese zusätzliche hohe Belastung ergeben.

Vorsitzende Doris Bures: Wir haben in der Verfahrensordnung die Festlegung, dass die Befragungsdauer 3 Stunden nicht überschreiten soll. Es sind jetzt genau 3 Stunden, zu Ihrer Information. Ich werde die Befragung spätestens nach 4 Stunden für beendet erklären.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tamandl.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Gouverneur, hatten Sie jemals den Eindruck – weil das ja auch von Frau Griss behauptet wurde, aber auch von anderen immer wieder behauptet wird –, dass hier schlechte Vorbereitungen getroffen worden sind an diesem Verstaatlichungswochenende?

Dr. Ewald Nowotny: Also das kommt darauf an, was man unter schlechter Vorbereitung versteht. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Finden Sie, dass die Verhandler gut vorbereitet waren?

Dr. Ewald Nowotny: Also so wie ich vorhin gesagt habe, es ist mir als Beobachter schon aufgefallen, dass eben die bayerische Seite mit Investmentbankern und Anwälten, sozusagen Top-Anwälten, gekommen ist, die österreichische Seite hat sich – soweit ich das beurteilen kann, aber vielleicht sehe ich das falsch – primär auf die Finanzprokuratur gestützt, die sicherlich hoch qualitativ ist, aber vielleicht für diese speziellen Bereiche nicht exakt dieses Know-how in vollem Umfang hat. Also in dem Sinn – und ich glaube, das ist auch das, was im Griss-Bericht angeführt wird – hat es da vielleicht sozusagen stärkere Waffen auf der bayerischen Seite gegeben. Das heißt aber nicht, dass deshalb die österreichische Seite qualitativ schlechter war; also das traue ich mich nicht zu beurteilen. Nur einfach zahlenmäßig und – wenn man will – reputationsmäßig haben natürlich die Bayern da Dinge aufgebracht; die Österreicher haben sich auf das eigene Haus verlassen, aber das eigene Haus hat ja eine gute Qualität.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Na ja, nicht nur das eigene Haus, sondern ja auch die Nationalbank, wie Sie und auch andere Leute Ihres Hauses uns hier glaubhaft versichern.

Ich möchte Ihnen ein Dokument vorlegen mit der Nummer 24179. Es ist das Protokoll über die Vorbesprechungen zu den Verhandlungen des Bundes hinsichtlich einer Lösung für die HGAA vom 12. bis 14. Dezember 2009, wo für meine Begriffe sehr detailliert auch angeführt ist, welche Szenarien eintreten könnten und welche Szenarien beispielsweise welche Folgewirkungen haben. Es wird hier alles aufgezeigt. Es wird hier aufgezeigt, was im Falle eines Konkurses ist; es wird aufgezeigt, dass die Republik einen Regierungskommissär einsetzen muss, wenn an diesem Wochenende keine Lösung erfolgt.

Vielleicht können Sie uns erklären – Sie haben ja selbst gesagt, qualitativ jedenfalls gut vorbereitet; ob da jetzt zehn Investmentbanker dabei sitzen oder ob fundierte und qualifizierte Mitarbeiter beispielsweise der Oesterreichischen Nationalbank und der Gouverneur selbst, denn Sie waren ja auch bei diesen Vorbesprechungen anwesend, dabei sind –, können Sie uns erklären, was das für ein Szenario gewesen wäre, wenn am Montag in der Früh die Bank nicht aufgesperrt worden wäre, der Regierungskommissär eingesetzt worden wäre und er quasi dort die Hoheit über die Bank gehabt hätte, was das bedeutet hätte?

Dr. Ewald Nowotny: Ausgangspunkt dieser Besprechung war, dass es ja ganz offensichtlich eine laufende Verschlechterung in der Lage der Hypo Alpe-Adria gegeben hat. Wir haben massive Abflüsse gesehen. Man hat gesehen: Wenn diese Abflüsse in dieser Form weitergehen, dann kommt es zu einem massiven Liquiditätsproblem der Hypo Alpe-Adria, und damit ist die Hypo Alpe-Adria nicht lebensfähig.

Das hat dazu geführt – und das ist die Verantwortung einer Notenbank und eigentlich in dem Fall speziell auch der FMA –, dass man hier vorbeugende Maßnahmen treffen muss, nämlich die Entsendung eines Regierungskommissärs.

Dieser Regierungskommissär – und da wurde auch schon eine konkrete Person ernannt – wurde bestellt und hatte die Aufgabe, wenn es bis Montag früh keine Lösung gibt, dann hat er seine Funktion in der Bank anzutreten. Der Regierungskommissär hat auch gleichzeitig schon den Kontakt mit dem Konkursrichter aufgenommen.

Unmittelbar heißt das, dass die Einrichtung eines Regierungskommissärs de facto die Vorstufe eines Konkursverfahrens bedeutet, weil es sofort darum geht – und das ist jetzt das Grundproblem bei jedem Konkursverfahren –: Gläubigergleichbehandlung. Ich darf sozusagen nicht einem etwas auszahlen und dem anderen nicht. Daher habe ich dann als erstes einmal einen Auszahlungsstopp. Dieser Auszahlungsstopp heißt dann natürlich, es ist unmittelbar noch nicht das Konkursverfahren, aber dann ist eine Bank nicht mehr zu retten, wenn ich in diesen Auszahlungsstopp komme. Das muss dann extra wieder vom Konkursrichter genehmigt werden.

Es heißt gleichzeitig, dass mit der Einsetzung des Regierungskommissärs der Einlagensicherungsfall eintritt. Das heißt, die Einlagen sind dann sozusagen nicht mehr behebbar, sondern nur mehr im Rahmen der Einlagensicherung mit den Obergrenzen, die es ja gibt.

Das heißt zweitens, dass ab dem Zeitpunkt, wo eine Zinszahlung auf einen ausstehenden Bond nicht geleistet werden kann, diese Bonds insgesamt, da es ja eine Querverflechtung gibt, alle fällig werden. Das heißt, dann bin ich sozusagen im Maximal-GAU drinnen.

Das war, weshalb diese Sitzung eine Vorbereitung für den Ernstfall war. Es ist auch die Verantwortung einer Notenbank, das zu machen, weil wir natürlich vor allem die große Angst gehabt haben, was a) geschieht, wenn es dadurch zu einer Weiterwirkung auf andere Banken kommt. Wenn sich dann Schlangen vor der Hypo Alpe-Adria in Klagenfurt bilden, werden sich möglicherweise auch Schlangen vor anderen Banken in Klagenfurt bilden, weil die Leute sagen: Nichts ist mehr sicher. Nehmen wir an – das Ganze war noch dazu vor Weihnachten –, wenn ein Unternehmen kein Geld mehr hat, um Ware zu kaufen, kommt der Anschlusskonkurs. Das heißt, ich löse damit eine riesige Lawine aus.

Unser Bemühen war: Wie kann ich versuchen, das auch im ärgsten Fall ein bisschen abzugrenzen? Daher haben wir gesagt: Wir sichern höhere Liquiditätsversorgung für andere Banken. Das heißt, dass denen, wenn ein Run auf andere Banken kommt, das Geld nicht ausgeht.

Viel mehr andere Varianten haben wir nicht gehabt. Das heißt, das wäre de facto die Konkursvariante gewesen, mit all den Folgen, die wir gezeigt haben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, dramatische Auswirkungen – eigentlich schon fast wie in Griechenland vor Kurzem.

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, Griechenland ist ein ganzes Land, aber …

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich meine, was die Banken betrifft, dass man kein Geld bekommen hat.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, es wäre genau die Situation gewesen. Ein Run auf die Banken heißt natürlich, dass ein Bankensystem zugrunde gehen kann.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie uns die Rolle des Herrn Landeshauptmannes Dörfler und die Rolle der damals regierenden FPÖ in Kärnten darstellen? Herr Dörfler war ja auch bei dieser Vorbesprechung dabei, er hat ab 17 Uhr teilgenommen. – Können Sie sich noch erinnern, wie da seine Rolle war?

Dr. Ewald Nowotny: Wie gesagt, ich war nicht in allen Gesprächen dabei. Ob ich das jetzt unmittelbar erlebt habe oder ob es mir berichtet wurde, das kann ich nicht genau sagen, aber es war ganz klar, Herr Dörfler war natürlich ein massiver Advokat für eine Verstaatlichung, weil das natürlich für das Land Kärnten die größte Sicherheit war, die man ihm geben kann. Also das war eine ganz eindeutige ...

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, die regierende FPÖ in Kärnten und die FPÖ insgesamt war für die Verstaatlichung?

Dr. Ewald Nowotny: Es hat auch schon früher, schon vor diesem Wochenende, Aussendungen von FPÖ-Abgeordneten gegeben, die für eine Verstaatlichung eingetreten sind. Aber das ist auch ganz klar (Heiterkeit der Auskunftsperson), denn, wie gesagt, für das Land Kärnten war das …

Es hat einen Sonderpunkt gegeben, der, glaube ich, im Griss-Bericht oder im Buch enthalten ist, denn da habe ich eine Frage gestellt: Was ist jetzt eigentlich mit der Haftungsprovision? Das Land Kärnten hat ja für diese Haftungen eine Provision bekommen. Diese Haftungen haben sich ja offensichtlich als Problem erwiesen, und jetzt ist die Frage: Für das Problem soll ich auch noch etwas zahlen? Und da hat es dann offensichtlich ein Gespräch auf politischer Ebene gegeben mit dem Ergebnis: Ja, die Haftungsprovision wird weitergezahlt.

Sie wissen vielleicht, es hat sich ja dann später die Hypo Alpe-Adria geweigert, das zu zahlen. Es hat ein Gerichtsurteil gegeben, und die Hypo Alpe-Adria hat verloren, weil natürlich die Bestimmung tatsächlich war, die Haftungsprovision wird weiter gezahlt. Das war ein Punkt, über den ich mich ein bisschen gewundert habe. Aber das war eben ein politisches Gespräch.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Hat es Interventionen seitens der FPÖ-Politiker in Kärnten oder seitens des Herrn Landeshauptmanns gegeben, dass man jedenfalls die Bank ja nicht in Konkurs schicken darf, sondern dass die Republik sie jedenfalls mit Steuerzahlergeld übernehmen muss?

Dr. Ewald Nowotny: Bei mir sicher nicht, bei mir hat es überhaupt keine Interventionen gegeben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Aber hatten Sie Wahrnehmungen über solche?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, nicht unmittelbar. Aber natürlich, Herr Dörfler war ja an dem Tag im Finanzministerium. Welche Gespräche es dort gegeben hat, das weiß ich nicht.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Kann man zusammenfassend sagen, die FPÖ wollte die Verstaatlichung, war voll dafür?

Dr. Ewald Nowotny: Also auf jeden Fall (Heiterkeit der Auskunftsperson) wollten das die FPÖ-Vertreter Kärntens, denn natürlich – das Interesse war ganz eindeutig auf ihrer Seite.

*****

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Zuerst zur Geschäftsordnung – also aus dieser Redezeit herausstoppen. Wir haben mehrere Hinweise, dass die Befragung anschließend an Dr. Pilgermair knapp vor 15 Uhr begonnen hat. Die Sitzungsunterbrechung hat mindestens 15 Minuten gedauert. Ich habe jedes Mal geschaut. Das heißt, es kann nicht vor 19.10 Uhr zu Ende sein. Sie haben aber rund um 18 Uhr erklärt, dass die Soll-Befragungszeit von 3 Stunden erreicht ist. Da stimmt etwas nicht! Ich vermute, dass Sie die Pause nicht richtig herausgerechnet haben.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich habe in 45 Ausschusssitzungen die Erfahrung gemacht, dass die Beamtinnen und Beamten der Parlamentsdirektion hier wirklich sehr (Abg. Kogler: Es darf ja einmal ein Irrtum passieren!) – ja, genau, lassen Sie mich ausreden – gewissenhaft die Zeitmessungen vornehmen. Aber ich lasse das jetzt noch einmal kontrollieren, es lässt sich ja leicht rekonstruieren. Am Zeiger wurde meinerseits jedenfalls nicht gedreht, das ist da auch gar nicht möglich. Es wurde nicht an der Uhr gedreht.

Ich habe jetzt auch konkret die Information mit der Minutenangabe: Wir haben nach dem einleitenden Statement und der Erstbefragung, die nicht angerechnet wurde, um 14.54 Uhr die Befragung gestartet. Die Unterbrechung war von 17.06 Uhr bis 17.16 Uhr. Damit endet die Befragungszeit von 4 Stunden um 19.04 Uhr, und um 18.04 Uhr habe ich bekannt gegeben, dass 3 Stunden bereits vorbei sind. Damit sind wir in dieser Zeit. Ich habe das jetzt gerne noch einmal kontrollieren lassen, aber die Zeitnehmung wird da wirklich gewissenhaft vorgenommen.

*****

Sie sind jetzt am Wort.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Zum Vorgang 2008 mit sound oder nicht und so weiter, Sie kennen ja auch schon alles: Sie sagen aber – das ist Ihnen ja schon vorgelegt worden – im Gespräch, wie Sie das bezeichnen, mit Frau Dr. Griss – Sie sind da zitiert –, erstens, dass man sound nicht sagen konnte, das haben Sie auch begründet, und in weiterer Folge noch einmal: sound nicht sagen.

Die ganze Vorgeschichte weggelassen: Ihr Kollege Duchatczek unterschreibt am Donnerstag[10], den 19., am Morgen. Sie wissen ja, dass an diesem Tag eine Besprechung erstens mit den Bayern und mit der Hypo Alpe-Adria über die Bedingungen und die Gewährung dieses Dings stattgefunden hat. Um 9 Uhr gibt es dazu eine interne Vorbesprechung der österreichischen Vertreter.

Können Sie irgendetwas sagen, dass Sie davon wissen, wie diese Gespräche verlaufen sind? (Auskunftsperson Nowotny: Nein!) – Gar nichts? (Auskunftsperson Nowotny: Ich war nicht dabei!) Das wissen wir. (Auskunftsperson Nowotny: Und ich habe auch keine Information darüber!) – Null? Aber irgendwann werden Sie ja einmal eine Information darüber bekommen haben? (Auskunftsperson Nowotny: Ich habe dann die Gesamtinformation bekommen!) – Genau. Wie war die?

Dr. Ewald Nowotny: Aber nicht spezifisch über diese Besprechung, sondern die Information, die ich bekommen habe, war, dass jetzt der Prozess für die Vergabe des PartKapitals abgeschlossen ist.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Genau. Aber Sie sagen bei Griss mehrmals: sound nicht sagen, sound nicht sagen. Die Mitarbeiter Ihres Hauses schicken Mails herum: auf keinen Fall fundamentally sound, und so weiter und so fort. Und das Erste, was bei der Vorbesprechung und dann in den jeweiligen Sitzungsunterbrechungen passiert, ist, dass die Vertreter – jetzt nicht Ihres Hauses, sondern des Finanzministeriums und der Prokuratur – automatisch davon ausgehen, dass die Bank gesund ist.

Wir haben mehrere Dokumente, wo genau drinsteht, dass hier zu Konditionen von sound vergeben wird, beziehungsweise sammelt überhaupt die Prokuratur – die erste Eintragung in deren Protokoll – hard facts zu sound bank – Doppelpunkt –, und dann geht’s dahin.

Haben Sie jemals davon etwas mitbekommen, dass Ihr mehr oder weniger löblicher Kampf, das nicht zu sagen – dann halt non-distressed und mit allen Argumenten –, sofort in sound umgemünzt wurde?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, wie gesagt, das hat sich ja auf der technischen Ebene abgespielt. Was uns mitgeteilt wurde, ist, dass eben der Prozess der Vergabe dann abgeschlossen wurde. Das heißt also …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber Sie werden sich ja interessiert haben, zu welchen Bedingungen.

Dr. Ewald Nowotny: Wir sind davon ausgegangen, dass es die Bedingungen von sound sind, das ist uns ja gesagt worden. Aber das war das Ergebnis, das war nicht etwas … (Abg. Kogler: Ja, und haben Sie dann …?)

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in der Runde, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Haben Sie sich dann einmal beim Herrn Minister oder bei sonst jemandem gerührt und gesagt: Wie könnt ihr?, Wir sagen nicht sound, und ihr geht her und verkauft Brüssel das als sound!, und überhaupt und sowieso?

Dr. Ewald Nowotny: Schauen Sie, das ist ja ein Prozess gewesen, es haben ja fast alle größeren österreichischen Banken Partizipationskapital bekommen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber Sie wollten nicht sound, und die machen sound. Die schreiben das sogar noch nieder.

Dr. Ewald Nowotny: Aber, wie gesagt, für uns war relevant – und das habe ich einfach tabellarisch bekommen –, dass das jetzt abgeschlossen ist. Die Details sind uns nicht mitgeteilt worden, nicht als Direktorium.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Auch gut.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur vierten Fragerunde, und ich frage in der Fraktionsreihenfolge: Frau Abgeordnete Schenk? – Bitte.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Gouverneur, ich hätte noch eine Frage zur Verstaatlichung. – Warum wurde eigentlich zu 100 Prozent verstaatlicht?

Dr. Ewald Nowotny: Wie Sie wissen, war ja der Gedanke, dass wir sozusagen ein Risk- und auch ein Burden Sharing haben. Dann war aber der Punkt der – und ich glaube, wie gesagt, ich war nicht unmittelbar dabei, aber ich glaube, dass das Argumente waren –: Wenn jetzt schon der Bund eine Verantwortung für diese Bank übernimmt, dann soll er sie voll übernehmen und damit auch voll agieren können.

Die zwei anderen … Es wäre ja nur darum gegangen, dass auch die GRAWE und das Land Kärnten, die Landesholding, da dringeblieben wären, die Bayern waren ja nicht bereit, drinnen zu bleiben. Es hat sich gezeigt, dass das ja keine sehr – wie soll man sagen? – engagierten Eigentümer sind, die in der Vergangenheit gezeigt haben, dass sie sich eigentlich für dieses Unternehmen nicht engagieren. Ich nehme daher an, dass die Überlegung die war, dass, wenn es der Bund macht, er volle Freiheit haben soll, dort zu agieren. Das entspricht auch ein bisschen dem Modell von Verstaatlichungen in anderen Staaten, wo es dann, wenn verstaatlicht wurde, der Staat ganz gemacht hat[11].

Aber das ist jetzt meine Überlegung, ich war bei diesem Prozess nicht unmittelbar dabei.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Es ist in dem Zusammenhang auch interessant, weil Dr. Berlin das gestern auch in diese Richtung gestellt hat und auch nicht klären konnte, warum zu 100 Prozent verstaatlicht wurde.

Dr. Ewald Nowotny: So würde ich es interpretieren, aber, wie gesagt, ich kann es nicht beobachten[12].

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Okay.

Noch einmal zur Nacht der Verstaatlichung: Sie haben ja vorhin die Banken, die dabei waren, auch die Hypothekenbank Niederösterreich, erwähnt. – War bei der Sitzung Herr Harold anwesend? Können Sie sich da noch erinnern?

Dr. Ewald Nowotny: Das kann sein, aber ich kann es nicht bestätigen, ich weiß es nicht.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Also Sie können jetzt nicht Ja oder Nein sagen?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, ich habe keine Liste der Teilnehmer.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Okay. Und er ist Ihnen demzufolge auch nicht in Erinnerung geblieben?

Dr. Ewald Nowotny: Also dass die Landeshypothekenbank dabei war, das glaube ich, ja. Wer für sie dort war, das könnte ich jetzt nicht bestätigen.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Noch einmal zur Verstaatlichung: Hat es Ihrer Erinnerung nach Gespräche oder Ideen gegeben, was mit der verstaatlichten Hypo hätte passieren sollen?

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, meine Vorstellung war die, dass wir so vorgehen, wie das ja auch in anderen Ländern, also speziell auch in Deutschland, geschehen ist. Dort hat es ja auch eine Reihe von Verstaatlichungen gegeben, und der nächste Schritt nach der Verstaatlichung war dann immer der, dass ich diese Bank teile, in eine Bad Bank, dort kommen eben die problematischen Assets hinein, werden über einen längeren Zeitraum abgebaut, und in eine sound bank, eine gute Bank, wobei ich versuche, sie möglichst rasch zu verkaufen.

Ich bin mit dieser Position ja auch am selben Tag, also am Montag nach der Verstaatlichung – ich glaube, beim ORF an einem Runden Tisch war das –, nach außen gegangen und ich glaube, das wäre auch der richtige Weg gewesen. Er wurde aber dann leider nicht gewählt.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Mit wem haben Sie über diesen Ihren Weg gesprochen? Haben Sie mit den Banken darüber gesprochen, oder mit wem haben Sie darüber gesprochen?

Dr. Ewald Nowotny: Das habe ich also am Montag selbst in der Öffentlichkeit als mein Konzept dargelegt und dann bei anderen Gelegenheiten, auch in den Gesprächen im Finanzministerium und so weiter, als das von uns als Notenbank präferierte Konzept dargestellt.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Also Sie haben es vorher für sich in der Notenbank fertiggestellt und dann sind Sie damit an die Öffentlichkeit gegangen und mit Banken oder anderen Dritten haben Sie erst nach der Präsentation in der Öffentlichkeit über dieses Ihr Modell gesprochen. – Habe ich Sie richtig verstanden?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, also wie gesagt, wir haben da jetzt kein sozusagen Feinmodell gehabt, sondern die Überlegung war ganz einfach die: Da gibt es ja Erfahrungen. Die Hypo Alpe-Adria ist ja nicht die einzige Bank in Europa gewesen, die ein Problem gehabt hat. Es haben hunderte Banken in Europa Probleme gehabt, es hat hunderte Banken mit Verstaatlichungen gegeben und es hat dort Erfahrungen gegeben. Und eine Erfahrung war die, dass es dann günstig ist, eben diese Trennung zu machen, und diese Trennung haben wir vorgeschlagen.

Jetzt kann ich dazusagen: Das Finanzministerium war deshalb nicht dafür, weil natürlich diese Bildung einer Bad Bank bedeutet, dass das dann sofort in die Staatsschuld geht, und die Staatsschuld wäre dann mit einem Schlag gestiegen. Das ist ja auch in Deutschland so gewesen. Zum Beispiel sind die Staatsschulden in Deutschland in einem Jahr um 6 Prozentpunkte gestiegen, aber dann halt wieder zurückgegangen.

Deshalb hatte das Finanzministerium, vor allem Sektionschef Steger, Bedenken, was auch ein bisschen verständlich ist, denn Österreich war insgesamt in einer sensiblen Situation. Wir wurden ja sozusagen gerade – ich habe das ja vorhin erwähnt – mit Osteuropa und so weiter zum Teil als Risikoland gesehen. Das wollte man nicht riskieren. Also ich sage ja nicht, dass das völlig unbegründet war, im Nachhinein aber glaube ich, dass es trotzdem besser gewesen wäre, diesen Weg zu gehen. Aber, wie gesagt, das war nicht  – wenn man will – Dummheit, sondern das war halt eine andere Strategie.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Sie haben das Finanzministerium angesprochen, dass es da kein Einverständnis gegeben hat. – Hat es da einen Gegenvorschlag gegeben, der Ihnen dann unterbreitet, respektive besprochen wurde?

Dr. Ewald Nowotny: Na ja, der Gegenvorschlag ist das, was ja dann auch gemacht wurde: dass man davon ausgegangen ist, man könne die neue Hypo Alpe-Adria, also die HBInt, so entwickeln, dass diese Bank als Ganzes wieder profitabel wird und als Ganzes wieder verkauft werden kann. Das war ja dann der Unternehmensauftrag für das neue Management.

Wenn ich nicht irre – aber das ist auch etwas, wo ich nicht sicher bin –, waren auch die Managementverträge so, dass die Incentive-Struktur in der Richtung gewesen ist, die gesamte Bank sozusagen zu verbessern. Da hat es ja dann eine lange Diskussion gegeben, bis hin zu massiven Konflikten zwischen Finanzministerium und Bank. Es ist ja dann damals auch der Aufsichtsratsvorsitzende Ditz zurückgetreten. Auf jeden Fall hat sich die Strategie per saldo dann eben leider nicht durchführen lassen.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Stichwort Finanzministerium: Welches Verhältnis hatten Sie zu Sektionschef Lejsek? Haben Sie öfter Kontakt zu ihm gehabt? Können Sie ...

Dr. Ewald Nowotny: Ja, Herr Sektionschef Lejsek ist einer der wichtigsten Beamten im Ministerium für den Bankenbereich. Es hat früher eine Bankensektion gegeben, da war er der Leiter. Jetzt gibt es ja keine eigene Bankensektion, aber er ist innerhalb dieses Bereichs für den Bankenbereich zuständig und war bei allen wichtigen Verhandlungen dabei. Er ist ein Mann mit sehr hoher Qualifikation und auch sehr großer Arbeitsbereitschaft.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Haben Sie Gespräche mit ihm geführt, respektive hat er Werbung gemacht oder Sie daraufhin beeinflusst, dass die Hypo das Partizipationskapital bekommt?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, Lejsek ist für mich ein Urbild eines korrekten Beamten, der einfach sozusagen den gesetzlichen Anforderungen entsprechend vorgegangen ist.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Also er hat mit Ihnen darüber nicht gesprochen? (Auskunftsperson Nowotny: Bitte?) – Er hat mit Ihnen darüber nicht gesprochen, betreffend Partizipationskapital?

Dr. Ewald Nowotny: Ich war in die Einzelheiten der Partizipationsfrage überhaupt nicht … Das ist sozusagen nicht in meinem Bereich abgehandelt worden, das war nicht mein Thema.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): In einem Protokoll der Aufsichtsratssitzung der Hypo Alpe-Adria vom 11.12.2008 sagt Lejsek – Berlin sagt das, Lejsek war auch anwesend –, dass man mit Nationalbank und FMA im Kontakt sei und das Partizipationskapital eben wohlwollend gesehen wird.

Dr. Ewald Nowotny: Aber ich nehme an, das ist der Aufsichtsbereich, der hier angesprochen ist? (Abg. Schenk: Genau!) – Also nicht mein Bereich.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Okay.

Es gibt einen Masterplan von der Kanzlei Wolf Theiss betreffend Kapitalstärkungsmaßnahmen der Hypo Group, wie man eben zu Partizipationskapital kommt, et cetera, und hier wird unter anderem ein Punkt angeführt, mit welchen Personen man sprechen sollte, um die Unterstützung sicherzustellen, und hier werden auch Sie als Gouverneur der Nationalbank genannt.

Sind hier Lobbyisten an Sie herangetreten, Personen an Sie herangetreten, um mit Ihnen darüber zu sprechen?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, ist mir nicht bewusst. Ehrlich gesagt kenne ich auch diesen Masterplan nicht. Ich weiß nicht, wo das registriert ist, aber auf jeden Fall ist es mir nicht bewusst, nein.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Okay, das sagt Ihnen nichts.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Gouverneur, Sie haben gesagt, ein wesentlicher Grund, der die Verstaatlichung notwendig gemacht hat, waren die Landeshaftungen. Da frage ich mich, wenn ich Bilanz ziehe: Was ist besser geworden, indem man aus einer bayerischen Staatsbank eine österreichische Staatsbank gemacht hat – nämlich in Hinblick auf die Landeshaftungen? Was ist dadurch besser geworden?

Dr. Ewald Nowotny: Besser ist geworden, dass es zu keinem Konkurs gekommen ist, und damit auch zu keinem Konkurs des Landes Kärnten.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Meine Bilanz ist, wenn ich mir das ansehe: Vor Dezember 2009 – Landeshaftungen, Kärnten bedrohend; nach Dezember 2009 – Landeshaftungen, Kärnten bedrohend in unverändertem Ausmaß, plus Hypo. (Auskunftsperson Nowotny: Ja, aber …!) Aus meiner Sicht ist das keine positive Bilanz.

Hat sich dadurch, dass man aus der bayerischen Staatsbank eine österreichische gemacht hat, in Bezug auf die Landeshaftungen irgendetwas geändert?

Dr. Ewald Nowotny: Wie gesagt, man muss ja sehen: Wofür sind die Landeshaftungen? – Die Landeshaftungen sind gegeben für ausstehende Bonds. Wenn Bayern weiterhin die Hypo Alpe-Adria geführt hätte, dann hätte sich nichts geändert. Aber wenn Bayern einen Konkurs der Hypo Alpe-Adria in Kauf genommen hätte, dann wären die Landeshaftungen schlagend geworden – ganz einfach.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und die können jetzt nicht mehr schlagend werden?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, aber es ist jetzt eben kein Konkurs gekommen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Von Kärnten? (Zwischenruf des Abg. Darmann.)

Dr. Ewald Nowotny: Sind Sie informiert, dass es einen Konkurs gibt? – Ich nicht!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, noch nicht, ich sehe nur, dass es keine Verbesserung gegeben hat, denn Kärnten ist im Moment – das wissen wir ja alle – genauso von der Pleite bedroht wie damals schon. Also es hat sich dadurch, dass man den Bayern die Hypo abgenommen hat, was die Situation Kärntens betrifft überhaupt nichts geändert! (Auskunftsperson Nowotny: Na ja, …!) Die Landeshaftungen sind genauso da, die waren vorher da und die sind nachher da. Deswegen hat sich auch an der Situation für Kärnten nichts geändert, und deswegen ist Kärnten jetzt, Jahre später, in derselben Situation. Man hat nur mit sehr viel Steuergeld Zeit verzögert. (Auskunftsperson Nowotny: Nein, …!) Daher stelle ich mir schon die Frage: Was ist jetzt besser geworden?

Dr. Ewald Nowotny: Also das, was Sie sagen, da würde ich, wenn ich mich bemühe, sozusagen einen harten Kern herausschälen. (Abg. Hable: Ja, für den Steuerzahler!) Der Gedanke ist natürlich schon der: Ich habe a) den Konkurs der Hypo und damit den sofortigen Konkurs Kärntens vermieden. So, damit habe ich eine Möglichkeit geschaffen, dass ich tatsächlich die Last der Landeshaftungen reduziere, indem ich sozusagen die Bedienbarkeit der Kredite verbessere. Das war ja auch der Gedanke, über den wir vorher gesprochen haben, dass ich der Meinung war, man soll jetzt diese Chance nutzen, um diese Bank zu teilen – in eine Bad Bank und in eine, sozusagen, good bank –, und auf diese Weise dann tatsächlich die Bedienbarkeit der ausstehenden Anleihen zu gewährleisten, und dann habe ich natürlich tatsächlich kein Problem der Landeshaftungen.

Wenn das von der ökonomischen Seite nicht so funktioniert, dann ist tatsächlich weiterhin ein Problem gegeben, und das ist genau die Diskussion, die jetzt geführt wird.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Mit wessen Geld sind denn die landesbehafteten Hypo-Anleihen zurückgezahlt worden seit 2009?

Dr. Ewald Nowotny: Indem sozusagen in einer kontinuierlichen Weise die Aktiva der Hypo Alpe-Adria realisiert werden. Das ist ja genau die bilanzielle Gegenposition …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, Herr Gouverneur, das sind die Steuermilliarden, die hineingeschüttet worden sind! Die haben Sorge getragen, dass die Anleihen weiter bedient werden, sonst nichts!

Dr. Ewald Nowotny: Aber der Grundgedanke ist natürlich nicht, dass das aus Steuergeldern finanziert wird, sondern der Grundgedanke war, dass ich dieser Bank die Chance gebe, selbst eine geordnete Abwicklung zu machen. Ob das jetzt gelungen ist oder nicht, das können wir derzeit noch gar nicht sagen, das wird sich in der nächsten Zeit erweisen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann schließe ich an die Frage der Kollegin Tamandl an, nämlich: Was wäre passiert, wenn es eben keine Übernahme durch Österreich gegeben hätte? Das haben Sie ohnehin richtig ausgeführt: Regierungskommissär, Geschäftsaufsichtsverfahren, Zahlungsstopp. Das erinnert mich jetzt an irgendetwas. (Auskunftsperson Nowotny: Nein!) Das erinnert mich genau an das, was wir jetzt haben. (Auskunftsperson Nowotny: Nein, …!) Das ist genau dieselbe Situation! Der einzige Unterschied ist, Herr Gouverneur, dass wir es jetzt mit europarechtlichen Grundlagen machen, und damals wären es andere, nämlich österreichische, rechtliche Grundlagen gewesen (Auskunftsperson Nowotny: Herr Abgeordneter …!), aber es hat sich nichts geändert. (Auskunftsperson Nowotny: Entschuldigung!) Man hat nur sechs Jahre lang Steuergeld hineingeschossen und dadurch nichts erreicht.

Das, was wir jetzt haben, nämlich das Zahlungsmoratorium, Zwischenfinanzierungen durch den Bund, eine De-facto-Insolvenz von Kärnten – das hätten wir damals auch schon alles haben können, und es ist nichts besser geworden. Die ganzen Probleme haben wir jetzt schon. Der einzige Unterschied ist: Sechs Jahre später sind Milliarden an Steuergeld hineingeflossen, und es ist nichts besser geworden.

Vorsitzende  Doris Bures: Wenn Sie noch eine Frage formulieren wollen (Auskunftsperson Nowotny: Darf ich …?), dann müssten Sie das jetzt machen (Auskunftsperson Nowotny: Aber darf ich darauf …?), weil Ihre Redezeit ausgeschöpft ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, Frage habe ich keine mehr, ich bin sozusagen mit meinem Statement am Ende. (Auskunftsperson Nowotny: Ja, aber …? – Heiterkeit der Auskunftsperson.) Genau diese Punkte, die wir damals gehabt hätten, wenn es diese Übernahme nicht gegeben hätte – Zahlungsmoratorium, wie geht es mit Kärnten weiter, Quasi-Insolvenz, Insolvenz –, es ist dadurch nichts gelöst worden. Es ist genau dasselbe, was damals schon hätte gemacht werden können.

Dr. Ewald Nowotny: Wenn Sie gestatten, Herr Abgeordneter, dann darf ich Ihnen empfehlen, dass Sie die entsprechenden Passagen im Griss-Gutachten lesen. Dort sehen Sie nämlich sehr genau die rechtliche Fundierung, und die ist natürlich völlig anders als bei einem Moratorium. Bei einem Moratorium gibt es keinen Einlagensicherungsfall. Bei einem Moratorium werden die Anleihen nicht sofort fällig – also die zwei Dinge sind nicht zu vergleichen. Ich würde Sie wirklich bitten, sich da rechtlich zu informieren. (Abg. Hable: Das ist keine Antwort!)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, das ist vielleicht eine Antwort, die dem Kollegen Hable nicht gefällt, aber es ist eine Antwort. Er ist halt nicht Ihrer Meinung, doch nur, weil jemand nicht Ihrer Meinung ist, heißt das noch lange nicht, dass das keine Antwort ist.

Ich finde, das war sehr plausibel, und ich danke dem Gouverneur fürs Kommen. Ich glaube, wir drehen uns im Kreis, und wir können das dann langsam beenden. – Danke schön. (Zwischenruf des Abg. Hable.)

Vorsitzende Doris Bures: Es liegen mir aber noch Wortmeldungen vor.

Nächster Fragesteller: Abgeordneter Angerer.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Hable liegt nicht so schlecht in seiner Analyse – vielleicht nicht in allen Punkten, aber damals hat halt Bayern Kärnten mit dem Konkurs gedroht, und jetzt macht es der Bund.

Vielleicht noch eine Klarstellung, Herr Gouverneur: Sie haben vorhin gesagt: Herr Landeshauptmann Dörfler, FPÖ. – Damals war noch das BZÖ in Kärnten, er war BZÖ-Landeshauptmann und hat das damals vertreten. (Zwischenruf der Abg. Tamandl.) – Nein, weil es so hervorgestrichen worden ist. Es hat auch eine FPÖ gegeben. Also wir sind so fair und sagen das zumindest dazu. (Zwischenruf des Abg. Darmann. – Abg. Tamandl: Aber nur den Dörfler dann wieder …, und der sitzt im Bundesrat für euch! – Zwischenruf des Abg. Krainer. – Zwischenruf des Abg. Darmann.) – Das geht jetzt leider auf meine Zeit.

Vorsitzende Doris Bures: So, jetzt kann das Protokoll gar nichts aufnehmen – weder eine Frage noch einen Zwischenruf! (Zwischenrufe der Abgeordneten Krainer und Tamandl.)

Herr Abgeordneter Angerer, bitte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Meine Frage, wenn ich darf, zu Ihren Wahrnehmungen: Sie haben ja gesagt, Sie waren nur teilweise oder gar nicht anwesend bei den Verhandlungen. – Hat Herr Dörfler das Ihnen gegenüber so gesagt und zum Ausdruck gebracht oder in einer Runde? Wann war das?

Dr. Ewald Nowotny: Meinen Sie das jetzt in Bezug auf die Haftungsprovision?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nein, die Verstaatlichung. Sie haben gesagt, er hat massiv die Verstaatlichung gefordert.

Dr. Ewald Nowotny: Also ich glaube nicht, dass ich ein persönliches Gespräch mit ihm hatte. Das war der Eindruck aus den Verhandlungen, aber ich war da selbst nicht dabei.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Eindruck – dass Sie es gehört haben, oder …?

Dr. Ewald Nowotny: Genau. Das habe ich auch so gesagt: Ich kann das nicht aus eigener Wahrnehmung bestätigen. (Abg. Angerer: Nicht aus eigener Wahrnehmung …!) Nein, ich kann nur bestätigen, dass das so berichtet wurde, aber ich habe es selbst nicht … (Abg. Angerer: Von wem berichtet wurde?) – Das kann ich jetzt auch … Das war sozusagen die Diskussion, die sich ergeben hat. Aber schauen Sie, Sie müssen wissen: Da waren die Verhandlungen, und daneben war ein großer Raum, wo dann die Leute eben gewartet haben, und …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also Sie persönlich haben es nicht wahrgenommen und können es auch nicht bestätigen?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, ich persönlich habe es nicht wahrgenommen, ich möchte da auch völlig fair sein. (Abg. Angerer: Sie kennen es nur vom Hörensagen und von Gerüchten!) Das wurde berichtet, aber ich habe es nicht persönlich wahrgenommen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay, danke.

Dann ein wichtiger Punkt: Sie haben heute auf die Frage: Warum 100 Prozent?, gesagt, die Verstaatlichung hat den Grund gehabt, dass man damit das alleinige Sagen in der Bank hat. – Jetzt erklären Sie mir bitte, warum die Bayern bei allen Dingen, die in der Bank heute geschehen, das Mitspracherecht haben! Sie verwundert das ja selbst laut Ihrem Protokoll.

Dr. Ewald Nowotny: Ja (Heiterkeit der Auskunftsperson), das ist in der Tat etwas Ungewöhnliches. Das hängt damit zusammen, dass offensichtlich in den Verstaatlichungsvertrag und Übernahmevertrag das alte Master Loan Agreement mit aufgenommen wurde. Das ist das Agreement, das offensichtlich geschaffen wurde, als die Bayerische Landesbank die Hypo Alpe-Adria übernommen hat, und in diesem Master Loan Agreement sind eine Fülle von Mitwirkungsrechten genannt. Das ist in der Tat eine Einschränkung der Verfügbarkeit, hat sich auch in einigen Fällen ganz konkret gezeigt.

Sie haben mich richtig zitiert, ich war etwas verwundert darüber, aber wie gesagt, ich kann nicht erklären, warum es so gekommen ist, denn ich war bei diesen Verhandlungen nicht dabei.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber es führt Ihr Argument ad absurdum, dass man zu 100 Prozent das Sagen in der Bank hat (Auskunftsperson Nowotny: Nein, aber …!) – weil man es nicht hat.

Dr. Ewald Nowotny: Ja, also wie gesagt, es ist umgekehrt (Heiterkeit der Auskunftsperson), ich würde sagen: Anzustreben wäre, dass man tatsächlich 100 Prozent hat (Abg. Angerer: Wir haben es nicht!), aber das wurde nicht voll erreicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja, passt.

Dann vielleicht noch einmal zurück zu Ihrem Papier mit den drei Szenarien – ich glaube, ich brauche es Ihnen nicht vorzulesen, Sie werden es auswendig können –: Insolvenz, Verstaatlichung und das Burden Sharing, das ja eigentlich das Sinnvollste gewesen wäre. Bei Verstaatlichung steht:

„Defacto Enteignung der Aktionäre (Land Bayern)

Marktbereinigung bei Abwicklung (...)“

Was heißt „Marktbereinigung bei Abwicklung“?

Dr. Ewald Nowotny: Marktbereinigung bei Abwicklung heißt, dass, wenn es in dieser Form kommt, wie ich das vorhin erwähnt habe – nämlich Trennung der Bank, das heißt eine Bad Bank und eine andere Bank, die verkauft wird –, dann die Perspektive die ist, dass es nach einer gewissen Zeit keine Hypo Alpe-Adria in dieser Form mehr gibt. Das ist die Marktbereinigung.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also dass halt eine Bank weniger am österreichischen Markt ist und die dann ... (Auskunftsperson Nowotny: Richtig, ja!) Okay.

Dann vielleicht noch zurück zu Ihrem Protokoll, noch einmal zu den Verstaatlichungsverhandlungen:

„Die Republik Österreich war nicht anwaltlich beraten.“ – Ich zitiere jetzt aus Ihrem Protokoll

„Peschorn war teilweise anwesend. Nach dem, was ich im Nachhinein erfahren habe, waren die Bayern sehr gut beraten. Ich denke, es gab schon Vorbereitungen, aber nur im BMF. Man wollte das aber offenbar geheim halten.“

Vor wem wollte man das geheim halten? Wir kennen die Vorbereitungen heute auch noch nicht. Will man das vor uns auch heute noch geheim halten?

Dr. Ewald Nowotny: Wie gesagt, das sind alles Eindrücke, das kann ich nicht als objektive Feststellung sagen. Was mir aufgefallen ist, ist in der Tat, dass also eben die Bayerische Landesbank sich eine große anwaltliche Vertretung gesichert hat, auch von sehr renommierten Kanzleien aus dem Wiener Platz. Die österreichische Seite war primär vertreten durch die Finanzprokuratur, die ja eine sehr hoch qualifizierte Einrichtung ist, aber, zumindest soweit ich beobachten konnte, es hat dann keine starken zusätzlichen …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): „Man wollte das offenbar geheim halten.“ – Das, was aus dem Ministerium gekommen ist. (Auskunftsperson Nowotny: Nein, ich glaube …!) Was wollte man geheim halten, was haben Sie damit gemeint?

Dr. Ewald Nowotny: Ich glaube, geheim halten wollte man diese Verhandlungen, um nicht einen Run auf die Bank auszulösen. Das ist mir vollkommen klar, dass man solche Dinge nicht in der Öffentlichkeit zelebrieren kann, weil ja das Gefährliche bei einer Bank immer ist, wenn die Öffentlichkeit das Vertrauen in die Bank verliert.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Entschuldige, das ist ja damals leider passiert, deswegen ist ja der Geldabfluss passiert und der Banken-Run (Auskunftsperson Nowotny: Na, aber erst zu …!), weil man ja entsprechende Ad-hoc-Meldungen rausgegeben hat. Aber Sie sagen ganz klar …

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke.

Eine letzte Frage noch, ich muss es noch einmal wiederholen, tut mir leid, weil ich keine Antwort kriege:

„Ich denke, es gab schon Vorbereitungen. Man wollte das offenbar geheim halten.“ – Sie beziehen sich auf die Vorbereitungen und „Man wollte das offenbar geheim halten.“. Deshalb nochmals die Frage: Was wollte man geheim halten?

Dr. Ewald Nowotny: Ich glaube eben, so wie ich gesagt habe: Man wollte geheim halten, dass man in Verhandlungen ist über sei es jetzt den Verkauf, die Verstaatlichung oder was immer der Bank, um nicht Unsicherheit auszulösen. Wie Sie richtig sagen, hat es dann in den letzten Tagen sowieso schon einen massiven Abfluss von Einlagen gegeben, aber der wäre natürlich sehr viel größer gewesen, wenn das … Es hat in den Zeitungen auch schon Berichte darüber gegeben. Das Ganze wäre natürlich sehr viel gefährlicher gewesen, wenn das schon früher eingesetzt hätte.

So interpretiere ich das.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Also für alle politischen Chamäleons hier im Ausschuss: Orange und blau ergibt grün, vielleicht gibt es noch einen Anlauf (Abg. Kogler: Nein!), vielleicht hat man irgendwann einmal noch eine andere Parteifarbe.

Herr Gouverneur Nowotny! Ich möchte Ihnen ein Dokument vorlegen mit der Nummer 9304. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist ein Protokoll der Direktoriumssitzung vom 22. Dezember 2009, wo das Thema auch die Hypo Group Alpe-Adria war, und ganz unten befindet sich ein Absatz, hier steht:

„Gouverneur Nowotny führt an, dass bei dieser Sitzung keine Partei“ – ich werde auf diese Sitzung noch zu sprechen kommen – „die Rettung der HGAA kritisierte, jedoch vom Rechnungshof die Frage betreffend die Haftungen der Länder aufgeworfen wurde.“

Es handelt sich konkret um eine Sitzung der Fraktionsführer der Finanzsprecher im Parlament, wo Sie anwesend waren, wo die beiden Vorstände der FMA – Pribil und Ettl – anwesend waren, wo der Herr Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser anwesend war, und der Vorsitzende des Finanzausschusses Günter Stummvoll hat diese Sitzung damals einberufen.

Können Sie sich noch erinnern, was dort besprochen worden ist, wie die einzelnen Fraktionen im Hohen Haus …, erstens einmal, wer dabei war, wer die Finanzsprecher damals waren, ob die vielleicht auch hier im Ausschuss Mitglied sind – beispielsweise der Herr Abgeordnete Kogler –, und wie die Positionen der Finanzsprecher zur Verstaatlichung waren?

Dr. Ewald Nowotny: Diese Sitzung hat eben nach der Verstaatlichung stattgefunden, weil es, glaube ich, ein legitimes Interesse des Finanzausschusses gegeben hat, darüber quasi aus erster Hand informiert zu werden. Wie gesagt, der Vorsitzende war der Abgeordnete Stummvoll, wer sonst noch konkret dabei war, weiß ich nicht; ich habe dieses Protokoll (die Auskunftsperson deutet auf das ihr überreichte Schriftstück), aber ich habe nicht das Protokoll des Ausschusses.

Ich habe berichtet – und das war jedenfalls der Eindruck, den ich gehabt habe –, dass es in dieser Sitzung keine Kritik an der Verstaatlichung gegeben hat, von keiner der teilnehmenden Fraktionen. (Abg. Hable: Neos waren nicht dabei! Um das hier festzuhalten – nicht dabei!) – Ja, Sie waren nicht dabei. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Die damalige Opposition hat bestanden aus dem BZÖ, aus den Grünen und wahrscheinlich damals auch aus der FPÖ, keine Ahnung, das war damals nicht nachvollziehbar, wer gerade wo gestanden ist. Das heißt aber, die Opposition hat damals keine Kritik an der Verstaatlichung geübt?

Dr. Ewald Nowotny: Das ist meine Erinnerung. Wie gesagt, ich habe das hier berichtet aus näherer Nähe, an Genaueres kann ich mich nicht erinnern, aber wenn ich es so berichtet habe, dann gehe ich davon aus, dass es auch tatsächlich so geschehen ist.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie sich in diesem Zusammenhang an weiterführende Gespräche erinnern? Ist dann immer informiert worden, hat man immer Gespräche geführt über die Hypo, oder war da nur einmal dieses Gespräch, wo man über die Verstaatlichung gesprochen hat?

Dr. Ewald Nowotny: Das war eine Sondersitzung. Wie Sie sicherlich wissen, haben wir die Regelung, dass wir in regelmäßigen Abständen als Notenbank zum Finanzausschuss kommen. Das ist gerade diese Woche ja auch erst wieder einmal geschehen, da sind wir für alle Fragen offen. Ich kann es jetzt nicht konkret bestätigen, aber ich nehme an, dass sicherlich immer wieder Fragen zur Hypo Alpe-Adria gekommen sind.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Jetzt wissen wir, das Bankenpaket wurde hier einstimmig beschlossen. Wir haben ja wirklich gut reagiert auf diese Bankenkrise, die mit der Insolvenz von Lehman Brothers im September 2008 über Europa gerollt ist und darüber hinaus.

Wie war die allgemeine Stimmung, was die Verstaatlichung betroffen hat? Denn heute stellen sich die Oppositionsparteien gerne hin und wissen im Nachhinein alles besser, aber damals war ja jeder froh, dass diese Szenarien, die gedroht haben, … Wir haben das vorhin, in der letzten Runde, ja bereits angesprochen, wo ich Sie gefragt habe, was der Regierungskommissär für Konsequenzen gehabt hätte. Da bin ich vorhin nicht mehr dazugekommen, aber es wäre schon interessant, was es damals auch an Kosten für die Republik bedeutet hätte, wenn beispielsweise erstens einmal mehr Unternehmen in Konkurs gegangen wären, wenn Kredite fällig geworden wären, beziehungsweise: Können Sie sich noch erinnern, wie hoch damals der Betrag war, der sofort schlagend geworden wäre, was die Einlagensicherung betrifft?

Dr. Ewald Nowotny: Ich habe schon bei meinem Einleitungsstatement darauf hingewiesen, dass es zu dieser Zeit in ganz Europa das Bestreben gegeben hat, einen Sicherheitsschutz zu geben. Das ist unter Bankenpakete genannt worden[13], in Wirklichkeit waren das natürlich Bankenpakete, um die Realwirtschaft zu sichern.

Das Wichtigste für uns war die Frage der Einlagensicherung – es hat ja kein einziger Österreicher, keine Österreicherin auch nur einen Euro verloren in dieser schwierigen Zeit, weil eben auch in dieser Hinsicht keine Konkurse geschehen sind. Es hätte natürlich auch Wirkungen gehabt auf den ganzen übrigen Wirtschaftsbereich. Es war auch ein großer Konsens, und ich habe das ja auch mit Dank vermerkt, dass es eine einstimmige Entscheidung des Hohen Hauses war, dieses Bankenpaket – immerhin, wenn man alles zusammenrechnet, dann sind es 100 Milliarden, um die es da gegangen ist – hier zu beschließen, und ich glaube, es war auch erfolgreich. Ohne das hätte Österreich möglicherweise in Situationen kommen können, die durchaus denen von südlichen Ländern entsprechen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, eh alles super! Wir haben ja damals mitverhandelt, und da ist es ja genau darum gegangen. Im Übrigen waren 15 Milliarden Kapitalmaßnahmen, und der Rest waren Liquiditätslinien von den 100 Milliarden. Wir haben uns auch mit Brüssel, soweit gegangen, abgestimmt. Und da ist es genau dann immer, was auch die Verordnungen und die Vereinbarungen mit den Banken betrifft – das hat das Gesetz überhaupt nicht geregelt –, darum gegangen, wie man das gescheit macht. Und von dort weg ist es ja auf die schiefe Ebene geraten. Das war auch der Grund, warum wir von vornherein eine Rechnungshofkontrolle wollten und alles. Da haben wir uns halt nicht durchgesetzt. Trotzdem war es vernünftig.

Ich weiß ja nicht, in welche Debatten man sich da noch versteigen will. Tatsächlich hören wir uns Ihre Aussagen ja immer bei allen möglichen Aussprachen an.

Ich komme auf ein Dokument vom 7.12.2009 zurück, wo Peschorn Ihnen ja abverlangt, erstens einmal eine Rechtfertigung, warum ein Jahr vorher alles schon ganz anders gewesen sein soll, wie der Vermögensverfall eingetreten ist, und dann zum aktuellen Kapitalbedarf.

Und Ihr Haus schreibt auf Seite 6 unten,

auch eine längerfristige Restrukturierung würde eine Kapitalerhöhung von immerhin 2 Milliarden

– vorher waren es ja noch weniger –

ausreichen. – Zitatende.

Heute wissen wir, dass wir mit 15 Milliarden Miese dastehen. Wie erklären Sie sich das? – Nachdem ich hier noch die Dokumentennummer gesagt habe: 9672; das ist eh ein allgemein bekanntes.

Haben Sie sich da im Nachhinein nicht auch wieder getäuscht gefühlt? Der Peschorn hat ja recht in gewisser Weise. Er verlangt, Wie kann das passieren?, ein Jahr vorher dieses und jenes, Bank wird von uns als gesund eingestuft – auf Grundlagen von Ihnen. Dann, ein Jahr später, ist alles eine Katastrophe. Und plötzlich reden wir von 2 Milliarden. Das ist eh schon sehr hoch gegriffen. Und heute sitzen wir da mit 15. Und dazwischen ist immer auch die Notenbank als Berater.

Dr. Ewald Nowotny: Ich bin auf dieses Thema ja schon ein bisschen eingegangen. Das Problem war, …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Da fehlen uns noch 13.

Dr. Ewald Nowotny: … dass es nicht auf Grundlage von uns, sondern auf Grundlage von testierten Bilanzen erfolgt ist. Und in der Tat war es so, dass diese testierten Bilanzen – testiert bekanntermaßen von beeideten Wirtschaftsprüfern – in vielen Fällen nicht die richtige ökonomische Lage wiedergegeben haben. Da sehe ich in der Tat als ein Problem.

Wir haben uns als OeNB und FMA zusammen bemüht, diesem Problem in der Form entgegenzutreten, als wir dann von der Bayerischen Landesbank, als sie das übernommen hat, ja verlangt haben, dass sie einen Asset Quality Review durchführt. Und dieser Asset Quality Review hat dann in der Tat ja dazu geführt, dass sich hier ein weiterer Wertberichtigungsbedarf gezeigt hat. (Abg. Kogler: Das haben Sie schon gesagt!) Und aus dem kommen diese 2 Milliarden, die Sie hier haben. (Abg. Kogler: Genau!)

Und aus diesen 2 Milliarden hat sich ja dann im Weiteren die Frage ergeben: Wie kann ich diesen Kapitalbedarf abdecken?

Ja, das hat uns alles beunruhigt. Ich habe Ihnen schon erklärt, dass eben genau durch Maßnahmen der OeNB und auch – muss man immer fairerweise sagen – der FMA hier größere Transparenz geschaffen wurde. Aber die Voraussetzungen waren schlecht, das ist richtig.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Gouverneur, Sie haben ja auch Ihre Nebenverhandlungsrolle erwähnt, um die österreichischen Banken einzubinden. Sie zeigen sich im Nachhinein enttäuscht. Pröll wäre empört gewesen, erklären Sie der Frau Griss.

Können Sie – ich habe nur mehr diese eine Frage – dem Ausschuss schildern, was erstens der Sinn war – ich meine, ich kann es mir gut vorstellen, da gibt es einen guten Sinn dafür –, die österreichischen Banken einzubinden bei einer Auffanglösung – wenn ich es so sage, vulgär –, und wie sich zweitens dieser Art Angesprochene dann verhalten haben, denn am Schluss ist nicht einmal eine Liquiditätsunterstützung übrig geblieben, was Sie ja selbst kritisieren? Aber erklären Sie, wie diese Bankenmeetings gelaufen sind und mit welchem Mandat sie dort hingegangen sind und von wem mandatiert!

Dr. Ewald Nowotny: Also der Finanzminister hatte die Banken eingeladen, am Rande der Verhandlungen zusammenzukommen. Und da der Finanzminister ja selbst mit den Bayern verhandelt hat, hat er mich gebeten, dass ich diese Verhandlungen mit den Banken führe.

Das Modell dafür war ein Modell, das wir ja schon einmal gehabt hatten, nämlich bei der Constantia Bank, wo in der Tat die Banken ein Konsortium gebildet haben, das einen Sanierungsbeitrag geleistet hat. Das haben die Banken auch eingesehen. Die Banken[14] waren im Prinzip auch sehr interessiert, dass es zu keinem Konkurs der Hypo Alpe-Adria kommt, weil sie auch ihre Engagements in Osteuropa hatten, haben aber erklärt, sie können jetzt nichts Verbindliches zusagen, weil sie das alles erst in ihren Gremien beschließen müssen.

Das ist formal natürlich richtig, dass ein Generaldirektor allein so etwas nicht zusagen kann, was mich aber in der Tat geärgert hat, war, dass in der Folge dann eigentlich nicht mehr sehr viel weitergegangen ist. Vielleicht hätte man das noch etwas stärker dann sozusagen nachverfolgen sollen.

Ich habe hier meiner Enttäuschung Ausdruck gegeben.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Die Frage war anders: Wie sind die aufgetreten?

Dr. Ewald Nowotny: Zu dem Zeitpunkt sind sie sehr interessiert aufgetreten und haben gesagt, ja, also das ist alles ganz wichtig, und im Prinzip wollen sie auch mitwirken, weil es ihnen ja auch bewusst ist.

Sie haben ja zwei Dinge: Sie haben einerseits natürlich das Problem für ihr Ostengagement, und zum Zweiten sind sie auch unmittelbar betroffen, wenn es ein Einlagensicherungsfall wird. Also daher haben sie auch ein unmittelbares ökonomisches Interesse. Das haben sie auch alles eingesehen. Sie haben gesagt: Ja, wir werden etwas machen und wir werden entsprechend in unsere Gremien gehen.

Wenn ich richtig[15] – aber das könnte ich jetzt nicht bestätigen – ..., sind sogar Summen genannt worden über die Beiträge, die die einzelnen Banken sozusagen leisten sollen. Aber die könnte ich jetzt hier nicht wiedergeben.

Es ist allerdings kein Protokoll darüber gewesen[16], oder zumindest ist mir keines zugänglich, und in der Folge hat es dann keine Weiterführung gegeben. Und das habe ich bedauert.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals.

Ich frage jetzt in der Fraktionsreihenfolge – ich habe schon Wortmeldungen, aber ich frage trotzdem in der Fraktionsreihenfolge –: Frau Abgeordnete Schenk? – Bitte.

Vielleicht eine Information noch: In 7 Minuten sind die 4 Stunden Befragungsdauer ausgeschöpft, und ich werde dann die Sitzung und Befragung für beendet erklären – die medienöffentliche Sitzung; wir haben nachher noch eine vertrauliche.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Gouverneur, Sie haben gesagt, dass Herr Pröll Ihnen gesagt hat, Sie sollen mit den Banken verhandeln. – Hat er Ihnen ein spezielles Mandat dafür gegeben? Hat er Ihnen vorgegeben, was Sie mit den Banken verhandeln sollen, oder haben Sie das aus Ihrer eigenen Erfahrung und mit irgendwelchen Beratern zusammengestellt, das Programm oder die Punkte, die mit den Banken verhandelt wurden? Term Sheets wurden ja auch nicht vorgelegt, respektive unterschrieben, also war das alles ziemlich nebulos.

Dr. Ewald Nowotny: Nein. Die Aufgabe, Frage, Bitte, wie immer man das nennen will, war, dass die Banken einen Beitrag leisten sollen, und zwar einen doppelten, einerseits Kapital und andererseits Liquidität. Also das war die Zielsetzung.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Die Sie mit Pröll vereinbart haben?

Dr. Ewald Nowotny: Wo ich gebeten wurde, in der Richtung mit den Banken zu verhandeln. Das ist von den Banken im Prinzip auch zugesagt worden. Nur, diese Zusagen – es hat dazu dann kein fixes, unterschriebenes Protokoll gegeben. Wer auch dabei war, glaube ich zumindest, war Herr Dr. Höllerer, Mitarbeiter des Finanzministeriums. Es könnte sein, dass der eine Unterlage gemacht hat. Aber auf jeden Fall ist nichts weiter verfolgt worden.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Und wie viele Banken waren das jetzt konkret? Waren das jetzt vier oder waren das mehr?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, ich glaube, es waren sechs, sieben Banken, so etwa.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Und welche zusätzlich waren das noch? Können Sie sagen, welche Banken das waren?

Dr. Ewald Nowotny: Also ich glaube, dass es, wie gesagt, die vier großen waren, ich glaube, es waren dann eben aus dem Hypothekensektor ... Ob die BAWAG dabei war, weiß ich nicht, kann ich jetzt nicht mehr genau sagen – wahrscheinlich eher nicht.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Also sechs bis sieben Banken, haben Sie jetzt gesagt?

Dr. Ewald Nowotny: Ja, sechs oder sieben, glaube ich. Aber ich habe mehr eine optische Erinnerung. Um einen Tisch sind sie gesessen, aber ob das fünf oder sechs oder sieben waren, könnte ich jetzt nicht mehr sagen.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Es hat mit allen gemeinsam stattgefunden und nicht nach der Reihe mit jedem einzeln?

Dr. Ewald Nowotny: Nein, da sind alle um einen Tisch gesessen.

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Mit Beamten vom Finanzministerium Ihrer Erinnerung nach?

Dr. Ewald Nowotny: Es war sicherlich ein Beamter ... Ich glaube, es war Herr Dr. Höllerer.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann nehme ich die Gelegenheit noch wahr für eine letzte Frage zu einem Statement, Herr Gouverneur Nowotny, das Sie heute abgegeben haben, nämlich dass Österreich sehr viel mehr verloren hätte als Bayern damals.

Diese Rechnung stimmt ja nur, wenn man die Ausfallshaftungen von Kärnten in voller Höhe miteinrechnet, also die zirka 19 Milliarden €, die damals noch aushaftend waren. Daher ist meine Frage: Wie kann man so eine Rechnung aufstellen, denn das Ausfallsrisiko von Kärnten ist ja nicht 100 Prozent gewesen? Die Ausfallsquote war ja nicht 100 Prozent. Das würde bedeuten, dass die ganzen Vermögenswerte der Hypo Alpe-Adria nach damaligem Wissensstand null wert waren. Also diese Rechnung kann nicht stimmen!

Welche Rechnung eher stimmt, haben Sie ja schon angedeutet. Man ist damals ausgegangen von einem weiteren Kapitalbedarf von 2 Milliarden €. Das war der damalige Kenntnisstand. Heute wissen wir, dass es schlimmer ist, aber damals hat man das gewusst. Also kann man daraus schließen, dass auch das zirka im Fall des Falles das Risiko für Kärnten gewesen wäre. Also keine Rede davon, dass das Risiko für Kärnten und damit auch für Österreich 19 Milliarden war, sondern viel weniger. Und damit stimmt die Rechnung natürlich auch nicht, dass das Risiko für Österreich viel höher war als das von Bayern.

Dr. Ewald Nowotny: Entschuldigung, Herr Abgeordneter, ich fürchte, da verwechseln Sie zwei Dinge! Die 2 Milliarden sind der unmittelbare Kapitalbedarf der Hypo Alpe-Adria. Die 19 Milliarden ergeben sich dann, wenn die Haftungen für die ausstehenden Bonds schlagend werden, das ist ja etwas völlig anderes.

Das heißt, wenn es zu einem Konkurs kommt, würden natürlich die Anleihen, für die es eine Garantie gibt, sofort fällig werden. Das heißt, das sind zwei Dinge, die man überhaupt nicht miteinander vergleichen kann.

Wo Sie recht haben, ist, dass es natürlich in einem Konkursverfahren dann, wenn dieses Verfahren abgewickelt ist, eine gewisse Quote gibt. Aber das ist am Ende des Konkursverfahrens, das kann fünf, sechs Jahre dauern. Zunächst einmal würde Kärnten im vollen Ausmaß der Haftungen herangezogen werden, und das würde Kärnten nicht überleben. Daher hätte Kärnten dann unmittelbar einen Konkurs. In die Konkursmasse für Kärnten würden dann die Ansprüche für die Hypo hineingehen, da wo in fünf Jahren vielleicht, wenn der Konkursverwalter seine Tätigkeit abgeschlossen hat, dann gewisse Rückflüsse sind. Aber davon hätten die Kärntner nur sehr wenig gehabt, weil inzwischen wären sie schon in Konkurs gegangen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber deswegen ist ja das Risiko auch nicht 19 Milliarden für Kärnten, sondern das Risiko ist letztlich der Ausfall. Deswegen heißt es ja Ausfallshaftung. Hier schließt sich der Kreis, hier beißt sich die Katze …

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie kriegen dann keine Antwort mehr. Nur damit wir nicht wieder … Ich habe vorhin angekündigt, wir haben 1 Minute, Sie können jetzt 1 Minute … (Auskunftsperson Nowotny: Kann ich dann noch antworten?)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann kann man nichts machen, ich bin noch nicht fertig. Denn hier, Herr Gouverneur Nowotny, beißt sich die Katze in den Schwanz, denn: Was haben wir denn gelöst? – Nichts! Vor derselben Situation stehen wir doch heute, an der Situation von Kärnten hat sich nichts geändert, Kärnten steht wieder vor der Pleite. Jetzt wird wieder eine Lösung gesucht, mit Gläubigerverhandlungen, mit Zwischenlösungen, mit Zwischenfinanzierungen des Bundes. Es hat sich letztlich nichts geändert!

Dr. Ewald Nowotny: Ich mache es ganz kurz: Die Frage haben Sie ja schon einmal gestellt, ich habe sie beantwortet.

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals. Damit haben wir gemäß § 37 Abs. 4 der Verfahrensordnung die 4 Stunden Maximalbefragungszeit erreicht, und damit erkläre ich die Befragung für beendet.

Herr Gouverneur Professor Nowotny, ich bedanke mich recht herzlich, dass Sie dem Ausschuss zur Verfügung gestanden sind; auch bei Ihnen, Herr Professor Hengstschläger. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.

 

 

 



[1] Ursprünglicher Text: […] wie soll ich sagen? –, kein Parier zu dieser Zeit.

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: …, kein Paria zu dieser Zeit“ statt „kein Parier zu dieser Zeit“

[2] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: am Samstag, dem 12. Dezember“ statt „am Samstag, den“

[3] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: „Am Sonntag, dem 13 ..“ statt „Am Sonntag, den ..“

[4] Ursprünglicher Text: […] das Einzelbankenforum. Da waren […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson:des Einzelbankenforums. Dabei waren…

[5] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: …in diesem Schreiben vom 7. Dezember …

 

[6] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: Mag. statt Dr. Lejsek

[7] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: Relevant ist, wo diese Lizenz, bzw. die Haftung, ist

[8] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: … haben die Bankenvertreter (statt „die Banken“) alle gesagt …

[9] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: … das ist offensichtlich auf (statt „aus“) einer Klausurtagung geschehen

[10] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: der 19. Dezember 2008 war ein Freitag

[11] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: wo dann (statt wo „es“ dann), wenn verstaatlicht wurde, der Staat alles übernommen (statt „ganz gemacht“) hat.

[12] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: belegen (statt „beobachten“).

[13] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: Diese sind als Bankenpakete bezeichnet worden, … (statt „Das ist unter Bankenpakete genannt worden, …“)

[14] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: Die Bankenvertreter (statt „Die Banken“)

[15] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: Wenn ich mich richtig erinnere (statt „Wenn ich richtig“)

[16] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: Es ist allerdings kein Protokoll darüber erstellt worden (statt „gewesen“)