271/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Gottwald Kranebitter in der 57. Sitzung vom 16. Februar 2016

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 70. Sitzung am 11. Mai 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Gottwald Kranebitter nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-­UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

Wien, 2016 05 11

 

                  Gabriel Obernosterer                                           Doris Bures

                           Schriftführer                                                                         Vorsitzende

 



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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

57. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Dienstag, 16. Februar 2016

Gesamtdauer der 57. Sitzung

10.10 Uhr – 20.58 Uhr

Lokal VI

 


Befragung der Auskunftsperson Dr. Gottwald Kranebitter

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Kranebitter, Sie haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Vertrauensperson mitzunehmen. Ich möchte Sie aber auch darauf aufmerksam machen, dass zu Ihrer Linken Herr Dr. Pilgermair als Verfahrensrichter und Herr Dr. Hoffmann als Verfahrensanwalt sitzen. Herr Dr. Hoffmann hat nach der Verfahrensordnung darauf zu achten, dass Ihre Grund- und Persönlichkeitsrechte gewahrt werden. Wenn Sie sich im Zuge der Befragung mit dem Verfahrensanwalt beraten wollen, werde ich Ihnen diese Möglichkeit jederzeit geben und Ihnen auch die erforderliche Zeit dafür zur Verfügung stellen. Diese Beratungen sind vertraulich, Sie können sich also jederzeit an Herrn Dr. Hoffmann wenden, der Ihnen als Verfahrensanwalt zur Verfügung steht.

Herr Dr. Pilgermair wird eine Erstbefragung vornehmen und vor allem auch noch einmal eine Rechtsbelehrung durchführen. In diesem Sinne erteile ich Ihnen, Herr Dr. Pilgermair, das Wort.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Guten Morgen, Herr Dr. Kranebitter, guten Morgen, Herr Dr. Themmer. Ich darf den beiden Herren zuerst das Personaldatenblatt geben und darum bitten, dass Sie diese Daten noch einmal auf ihre Richtigkeit hin prüfen. Trifft das so zu? (Die Auskunftsperson und die Vertrauensperson bestätigen die Richtigkeit der Daten.) – Ja, bei beiden Herren.

Herr Dr. Kranebitter, Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung in allen Details über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie über den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. In dieser Belehrung waren auch die Aussageverweigerungsgründe im Einzelnen angeführt. Sollte einer dieser Gründe bei einer Frage, die an Sie gerichtet wird, vorliegen, ersuche ich Sie, darauf hinzuweisen. Ein genereller Aussageverweigerungsgrund kann nämlich nicht geltend gemacht werden.

Sie haben das Recht, den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen sowie Beweisstücke und Stellungnahmen vorzulegen und deren Veröffentlichung oder deren Klassifizierung zu beantragen.

Die folgende Belehrung gilt sowohl für die Auskunftsperson als auch für die Vertrauensperson und betrifft das Strafgesetzbuch und das Informationsordnungsgesetz. Auskunftspersonen haben die vornehmliche Pflicht, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann so wie die Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels nach dem Strafgesetzbuch vom Strafgericht mit Freiheitsstrafe geahndet werden.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Jede Person, die nach dem Informationsordnungsgesetz Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch noch nach der Beendigung der Befragung und nach der Tätigkeit dieses Untersuchungsausschusses. Solche Informationen dürfen keinesfalls an unbefugte Personen weitergegeben werden. Wenn Ihnen, Herr Dr. Kranebitter, klassifizierte Unterlagen vorgelegt werden, erkennen Sie diese am entsprechenden Aufdruck. Bitte nehmen Sie im Nachhinein nicht versehentlich eine solche Unterlage mit! Von klassifizierten Dokumenten dürfen weder Fotos noch Auszüge oder Notizen angefertigt werden.

Herr Dr. Kranebitter, haben Sie noch Fragen zu dieser Rechtsbelehrung? (Die Auskunftsperson verneint dies.) Sie können aber auch jederzeit noch später eine solche Frage stellen.

Gründe für einen Ausschluss der beigezogenen Vertrauensperson, Dr. Wolfram Themmer, sind mir nicht bekannt. Ich ersuche die anwesenden Mitglieder des Ausschusses, mitzuteilen, ob gegen die Beiziehung von Herrn Dr. Wolfram Themmer als Vertrauensperson für Dr. Kranebitter Einspruch erhoben wird. – Das ist nicht der Fall.

Dann weise ich ein weiteres Mal darauf hin, dass Gründe für einen Ausschluss einer Vertrauensperson auch noch während der Befragung der Auskunftsperson vorgebracht werden können.

Herr Dr. Themmer, Ihre Aufgabe als Vertrauensperson ist die Beratung der Auskunftsperson. Sie dürfen jedoch keine Erklärungen vor dem Untersuchungsausschuss abgeben und auch nicht anstelle der Auskunftsperson antworten.

Bei Verletzungen der Verfahrensordnung oder Eingriffen in die Grund- oder Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson können Sie sich, wie Sie bereits von der Frau Vorsitzenden belehrt worden sind, unmittelbar an mich oder den Verfahrensanwalt-Stellvertreter wenden.

Gibt es Fragen Ihrerseits? (Die Vertrauensperson verneint dies.) – Nein.

Dann darf ich Sie abschließend im Rahmen der Rechtsbelehrung fragen, Herr Dr. Kranebitter, ob Sie von dem allen Auskunftspersonen zustehenden Recht Gebrauch machen wollen, vorweg eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die bis zu 20 Minuten dauern kann. (Die Auskunftsperson bejaht dies.) – Dann lade ich Sie dazu ein.

Dr. Gottwald Kranebitter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im April 2010 beruft mich der Aufsichtsrat zum Vorstandsvorsitzenden der Hypo Alpe-Adria.

Gemeinsam mit meinen Kollegen im Vorstand machen wir eine Bestandsaufnahme, reorganisieren die Bank für den Abbau und eine spätere Privatisierung der lebensfähigen Teile und reduzieren das Risiko in den dreieinhalb Jahren meiner Tätigkeit um 15 Milliarden €.

Nach der Bestandsaufnahme bin ich überzeugt, dass unsere Aufgabe nur mit Abtrennung einer Bad Bank nach den erfolgreichen Vorbildern in Deutschland, Spanien oder Irland bestmöglich lösbar ist, dringe aber mit meinen Vorschlägen nicht durch.

Auf Drängen des Aufsichtsratspräsidiums stelle ich mich einer zweiten Vorstandsperiode in der Erwartung, dass dem von der EU angedrohten Zerschlagungsszenario mithilfe der österreichischen Politik wirksam entgegengetreten und endlich eine Bad Bank eingerichtet würde.

Kurz darauf muss ich zur Kenntnis nehmen, dass aufgrund der sich abzeichnenden EU-Entscheidung eine Zerschlagung unter vermögensvernichtendem Zeitdruck droht. Dafür will ich nicht zur Verfügung stehen und kündige im Juni 2013 meinen Rückzug an. Ich schließe die Arbeiten am EU-Umstrukturierungsplan und den Verkauf der österreichischen Tochterbank noch ab und lege im August 2013 meine Funktion zurück. Der Schritt, ein hervorragendes Vorstandsteam und eine Vielzahl hochmotivierter und engagierter Mitarbeiter zu verlassen, fällt mir sehr schwer.

Lassen Sie mich im Folgenden auf einige wesentliche Themenbereiche kurz eingehen und mit meiner Tätigkeit im Rahmen der Verstaatlichung beginnen:

Anfang Dezember 2009, also knapp zwei Wochen vor der Verstaatlichung, beauftragt mich die Bank in meiner damaligen Funktion als Berater der KPMG, sie in einer existenzbedrohenden Krisensituation zu unterstützen. Die damalige Lage ist durch Liquiditätsabflüsse in Milliardenhöhe und drohende Geschäftsaufsicht gekennzeichnet.

Öffentliche Haftungen in Höhe von 22 Milliarden € schränken den Handlungsspielraum ein. Die Situation ist dramatisch. Mitte Dezember ist die Bank verstaatlicht. Der Ruf in den Vorstand kommt, ohne dass ich mich dafür beworben hätte. Aufgrund meiner fachlichen Expertise mit Banken und Restrukturierungssituationen und meiner Führungserfahrung in Leitungsgremien der KPMG entscheidet der Aufsichtsrat einstimmig. Meine Zeit bei der KPMG beende ich selbstverständlich mit einem klaren Schnitt.

Mit Amtsantritt als Vorstand ist mir bewusst, dass die Sanierung der Bank nur mit harter Arbeit und konjunkturellem Rückenwind gelingen könne und Schwerstarbeit sein würde. Die Ausgangslage ist mehr als widrig:

Die Bank hat über viele Jahre ein gänzlich ungeeignetes Geschäftsmodell betrieben: billiges Geld aus Österreich, das die Bank ohne Landeshaftung niemals bekommen hätte und auch nicht bekommen hätte sollen, wird mit atemberaubender Geschwindigkeit in den Nachkriegsmarkt Ex-Jugoslawiens und in andere schwierige Märkte gepumpt, und das zu einem großen Teil in Fremdwährung.

Mangelhafte Risikobegrenzung, Malversationen und das Unvermögen, sich in fremden Kulturen und Rechtssystemen zurechtzufinden, schaffen die Voraussetzungen für notleidende Kredite, die fünfmal so hoch sind wie bei vergleichbaren Banken.

Davon abgesehen hat die Bank in ihrer Geschichte niemals ausreichend Geld verdient, hat eine notorisch dünne Kapitaldecke und eine Finanzierungsstruktur, die bei ernsthafteren Problemen das Aus bedeutet: während nachhaltig refinanzierte Banken auf 1 € Spareinlagen 1 € Kredit geben, waren es bei der Hypo Alpe-Adria 5 € Kredit. 4 € mussten also mit Landeshaftungen finanziert werden. 2007 war diese Möglichkeit zu Ende, weshalb in letzter Minute die Landeshaftungen nochmals um 5 Milliarden € aufgestockt wurden. Kärnten bekam über die Jahre 150 Millionen € an Haftungsprovisionen.

Dennoch bin ich zu Beginn meiner Vorstandstätigkeit zuversichtlich, dass die Sanierung gelingen könne:

Einerseits hat der Vorgängervorstand glaubhaft bescheinigt, dass die Bank nach zweieinhalb Jahren Zugehörigkeit zur fünfmal so großen BayernLB funktionsfähig und nach dem PwC-Asset-Review 2009 risikobereinigt sei, und es einer geschrumpften Bank gelingen könne, sich mittelfristig wieder selbständig zu refinanzieren, andererseits prognostizieren die internationalen und nationalen volkwirtschaftlichen Stellen ab 2011 wieder einen Wachstumsaufschwung, und der neue Eigentümer vermittelt den Eindruck, er wolle für die Bank Rahmenbedingungen schaffen, innerhalb derer der vermögensschonende Abbau des schlechten Teils und das Gesundschrumpfen der lebensfähigen Bankteile möglich sind.

Tatsächlich zeigt sich bei der Bestandsaufnahme, die meine Kollegen und ich im Jahr 2010 durchführen, dass die Bank in einem noch katastrophaleren Zustand ist, und zwar in nahezu allen Bereichen:

Die bisherigen Angaben über faule Kredite sind um ein Drittel, und Forderungen, die keine Zinsen bringen, sogar um 100 Prozent höher als bisher angenommen. 45 Prozent aller Kredite sind ausfallgefährdet oder ausgefallen. Die Ertragskraft der Bank ist um 200 Millionen € pro Jahr niedriger als angenommen. Der von der BayernLB eingeführte Kreditprozess funktioniert nicht, er ist ein potemkinsches Dorf. De facto müssen alle Risikofunktionen von Grund auf reorganisiert werden.

Statt einem gibt es fünf verschiedene EDV-Kernbankensysteme und ein halbfertiges, viel zu teures EDV-Umstellungsprojekt. Der Vertrieb, seit Jahren nur auf Wachstum ohne Bremse ausgelegt, ist den veränderten Marktbedingungen nicht gewachsen. Auch Bereiche wie Revision, Recht und Compliance, Personal oder Beteiligungsmanagement sind der Komplexität und Größe der Bank bei Weitem nicht angemessen.

Der prognostizierte Wirtschaftsaufschwung kommt nicht. Auf einen kurzen Zwischenaufschwung folgt die Eurokrise und in Südosteuropa ein nie dagewesener Einbruch. Die tatsächliche Entwicklung hinkt zwischen 2010 und 2013 den Prognosen bei Verstaatlichung um mehr als 10 Prozent hinterher, die Arbeitslosigkeit verdoppelt sich in Südosteuropa auf über 20 Prozent, und in gleicher Weise erhöhen sich die faulen Kredite. Wer keine Arbeit mehr hat, kann seinen Kredit nicht mehr zurückzahlen. Auch der Immobilienmarkt wird immer illiquider.

Im Vergleich mit einer normalen Geschäftsbank trägt die Hypo Alpe-Adria eine Vierfachbelastung. Neben der Bewältigung eines enormen Restrukturierungsbedarfs im eigentlichen Bankgeschäft ist ein EU-Beihilfeverfahren zu bewältigen, 10 Milliarden € an faulen Krediten sollen abgebaut und hunderte von Beteiligungen und Immobilien sollen verkaufsfähig gemacht und abgestoßen werden. Und die Vergangenheit der Bank ist aufzuarbeiten.

Trotz grenzwertiger Belastung bestehender und neu in die Bank geholter Mitarbeiter ist der enorme Arbeitsaufwand nur mit hohen Beratungskosten zu bewältigen. Nach den Restrukturierungsjahren 2010 und 2011 gelingt immerhin eine Halbierung der Beratungskosten.

Bei den Verkäufen von Beteiligungen im Tourismus- und Industriebereich können bereits 2010 erste Erfolge erzielt werden. Bis Ende 2012 haben die Nicht-Bank-Beteiligungen mit wenigen Ausnahmen neue Eigentümer.

Wir wollen die von der EU vorgegebenen Kompensationsmaßnahmen zügig umzusetzen und führen bereits 2010 erste Sondierungsgespräche mit möglichen Käufern der Banken in Österreich und Italien. Doch zeigt sich schnell, dass die wenigen Interessenten der Banken vor einem Erwerb eine Bereinigung der Banken um die faulen Kredite und eine andere Finanzierungsstruktur, also mehr Einlagen, verlangen. Damit ist klar, dass wir uns auf einen längeren Prozess einstellen müssen, wenn das Vermögen nicht verschleudert werden soll.

Für die sechs Banken in Südosteuropa gibt es kaum Chancen für rasche Lösungen: Eine könnte mit der EBRD gelingen, die wir nach einer ersten Ablehnung im Herbst 2010 doch zu einer Due Diligence motivieren können. Die EBRD kann sich Minderheitsbeteiligungen an einigen der SEE-Banken vorstellen, fordert aber hohe Kapitaleinschüsse und Rückkaufgarantien und empfiehlt eine Bad Bank. Am Ende reduziert sich das Interesse der EBRD nur mehr auf die Finanzierung der kroatischen Bank.

Bereits 2011 werden die Verkaufsprozesse für die Banken in Österreich und Italien und für das Südosteuropa-Netzwerk auch formal eingeleitet. Österreich kann planmäßig im Mai 2013 verkauft werden, auch wenn durch die öffentliche Diskussion des 1,5 Milliarden-€-Kapitalbedarfs Interessenten verloren gehen, und trotz massiver Einlagenabflüsse infolge der Zerschlagungsdiskussion nach dem Brief von Kommissar Almunia an das BMF.

Ich komme zur Strategieanpassung nach der Befundaufnahme, zum Kapitalbedarf und zur Bad Bank:

Im zweiten Quartal 2011 ist die Befundaufnahme über die Bank weitgehend abgeschlossen. Die Ergebnisse daraus, die weitaus schlechteren volkswirtschaftlichen Entwicklungen und die Erkenntnisse aus den ersten Privatisierungsversuchen machen es offensichtlich: eine Abtrennung des Abbauteiles der Bank ist unumgänglich. Der Rucksack ist einfach zu schwer.

Im Sommer 2011 schreibt die FMA 1,5 Milliarden € zusätzliches Kapital vor. An die 80 Prozent davon betreffen den Abbauteil, für den wie für eine normale Geschäftsbank Kapital vorzuhalten ist. Termin ist Ende 2012.

Die Bank trägt dieser Situation mit einer internen Trennung in vier Organisationseinheiten, drei davon für die lebensfähigen Banken Österreich, Italien und Südosteuropa und eine für die abzubauenden Forderungen, Beteiligungen und Geschäftseinheiten, Rechnung. Die Banken sollen verkauft werden, sobald sie verkaufsfähig sind und es Käufer gibt.

Bereits zuvor, nämlich im August 2010, wird an ersten Bad-Bank-Überlegungen gearbeitet. Der Eigentümer ist ablehnend.

Einen zweiten Anlauf nehmen wir im August 2011, Vorbild ist die deutsche Hypo Real Estate. Dort hat man innerhalb eines Jahres nach Ausbruch der Krise eine Bad Bank in Form einer Anstaltslösung eingerichtet. Die Bad Bank kann sich so kostengünstig refinanzieren und ohne Kapitalanforderungen das Portfolio in Ruhe abbauen. Ohne vermögensvernichtenden Zeitdruck kann verkauft, gehalten oder restrukturiert werden, je nachdem, was wirtschaftlich am besten ist.

Um wenigstens Kapitalzuschüsse aus Österreich in die Tochterbanken zu vermeiden, werden Bad Banks in denen einzelnen Ländern geschaffen. Den von der FMA vorgeschriebenen Kapitalbedarf für die gesamte Gruppe reduziert das freilich nicht, weil auch der Abbauteil immer noch zur Vollbank gehört.

Die österreichische Bank wird im Mai 2012 gespalten. Trotz des anhaltenden Widerstandes der BayernLB gelingt es damit, den Weg für den Verkauf freizumachen.

Im Sommer 2012 gibt es einen nächsten Anlauf für eine Bad Bank. Der Eigentümer lehnt ab. Einen letzten Versuch einer Bad-Bank-Lösung unternehmen mein Kollege Wolfgang Edelmüller und ich Anfang 2013; die Zustimmung des Eigentümers bleibt uns wieder verwehrt.

Eine frühzeitig eingerichtete Bad Bank hätte geholfen, die Kapitaleinschüsse der Republik stärker zu begrenzen, das Beihilfeverfahren bei der EU-Kommission zu beschleunigen und positiv zu beeinflussen und die Privatisierungsperspektive der lebensfähigen Banken zu unterstützen.

Freilich sind auch die Nachteile evident: Die Bad Bank wird nach Maastricht-Kriterien in die Staatsschuld eingerechnet.

Ich kommen zur Beteiligung Dritter:

Bereits zum Zeitpunkt der Verstaatlichung ist offensichtlich, dass die enormen Tilgungsverpflichtungen von 2 bis 2,5 Milliarden € pro Jahr und sogar 5 Milliarden € im Jahr 2017 nur dann bewältigbar sein würden, wenn für den Abbau rechtzeitig Käufer gefunden werden können. Andernfalls müsste die Republik einspringen, wenn eine Insolvenz vermieden werden soll.

Zur Bewältigung der enormen Verpflichtungen ist die Beteiligung von Gläubigern am Kapital- und Liquiditätsbedarf der Hypo schon frühzeitig Thema. So wird 2012 mit dem Rückkauf und der Tilgung von Ergänzungs- und Hybridkapital eine Gläubigerbeteiligung von 150 Millionen € erreicht.

Darüber hinausgehend wird auch der Rückkauf von Schuldverschreibungen vom Markt mit einem Abschlag geprüft, aber verworfen, weil dazu Liquidität erforderlich ist, die die Bank nicht hat.

Die Finanzierungen der BayernLB an die Hypo Alpe-Adria werden auf Eigenkapitalersatz geprüft. Ende Dezember 2012 werden die Zahlungen an die BayernLB eingestellt und Rückforderungen in Milliardenhöhe angemeldet. Das erstinstanzliche Urteil in München und die letztlich 2015 getroffene Einigung zeigen, wie unwägbar die komplexen Rechtsfragen sind.

Erst 2015 sind mit dem Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken – BaSAG – die Voraussetzungen für eine umfassende Gläubigerbeteiligung ohne das Risiko des Schlagendwerdens der Haftungen des Landes Kärnten gegeben.

Ich komme zur CSI Hypo:

Die politische Ankündigung in der Verstaatlichungsnacht, jeden Zettel zweimal umdrehen zu lassen, führt in der Folge zu unterschiedlichen Auffassungen und Konflikten bei der Umsetzung. Die Notwendigkeit der Aufklärung steht für uns im Vorstand und im Aufsichtsrat außer Zweifel. Als Verantwortliche der Bank müssen wir jedoch den wirtschaftlichen Nutzen der enormen Beratungskosten im Auge behalten. Der Blockade und Verängstigung der Mitarbeiter in der Bank und der potenziellen Beschädigung der Verkaufs- und Abbauprojekte müssen wir entschieden entgegentreten.

Bemerkenswert ist, dass es heute keine CSI Hypo und keinen beauftragten Koordinator mehr gibt. Auch die Satzungsbestimmung, mit der die Aufarbeitung der Vergangenheit sogar in den Geschäftsgegenstand der Hypo aufgenommen wurde, ist inzwischen gestrichen.

Abschließend komme ich zum EU-Beihilfeverfahren:

Das EU-Beihilfeverfahren zieht sich in die Länge, bis Februar 2012 wird es als gemeinsames Verfahren mit der BayernLB geführt. Ende 2012 eskaliert das Verfahren. Der Beihilfeantrag für den von der FMA vorgeschriebenen Kapitalbedarf von 1,5 Milliarden € erfolgt so spät, dass dem Kommissar nur wenige Tage für die Genehmigung der Beihilfe bleiben. In der Folge werden Geschäftseinschränkungen erlassen, von denen selbst die EU weiß, dass sie objektiv unerfüllbar sind. Mitte März 2013 droht die EU mit einer Zerschlagungsentscheidung. Mitten in den Endverhandlungen des Österreich-Bank-Verkaufs trifft uns das besonders hart. Infolge der desaströsen öffentlichen Diskussion verliert die Bank innerhalb kurzer Zeit 3 500 Kunden und 150 Millionen € an Einlagen und verliert damit täglich an Wert.

Mit dem kurz nach meinem Ausscheiden im September 2013 genehmigten Umstrukturierungsplan werden die Vorgaben der Wettbewerbsbehörde weitgehend widerstandslos erfüllt. Die monatelangen Bemühungen der Bank, der angeordneten Vermögensvernichtung entgegenzuwirken, finden kaum Gehör. Der Vergleich mit über 50 anderen Beihilfefällen lässt die Vermutung aufkommen, dass an der Hypo ein Exempel statuiert werden soll.

Der marktfremde Zeitplan und die massiven Geschäftseinschränkungen kommen einer verlustmaximierenden Zerschlagungsanordnung gleich und helfen vor allem denen, die künftig ein Schnäppchen machen werden. Es ist Hypo-Ausverkauf.

Die Strategie eines geordneten Abbaus über die Zeit und der Privatisierung der Banken ohne wertvernichtenden Zeitdruck ist damit endgültig außer Kraft gesetzt.

Zusammenfassend halte ich fest, dass ich wie Sie und alle Österreicherinnen und Österreicher betroffen bin vom Ausmaß des Schadens, der durch eine ungebremste Geldverteilungsmaschine aufgebaut und in der Folge nicht stärker reduziert wurde. Ich bin überzeugt, dass trotz des katastrophalen Zustandes der Bank bei Verstaatlichung und des jahrelangen konjunkturellen Gegenwindes mit einer frühzeitigen Herauslösung einer Bad Bank und einem chancenwahrenden Abbau ohne Zeitdruck die Verluste um Milliarden geringer ausgefallen wären.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und darf Sie vor Beginn der Befragung noch darauf hinweisen, dass ich von der HETA vom Geschäftsgeheimnis nur eingeschränkt entbunden bin und auf meine Verpflichtung zur Einhaltung des Bankgeheimnisses ausdrücklich hingewiesen wurde.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, Herr Dr. Kranebitter, für Ihre einleitende Stellungnahme.

Wir kommen zur Erstbefragung.

Sie sind eine außerordentlich interessante Auskunftsperson. Um die Themen, die Sie betreffen, auch nur annähernd abzudecken, müsste man mehr als einen ganzen Arbeitstag Zeit haben. Ich habe jetzt für diese Erstbefragung 15 Minuten und möchte mit meiner ersten Frage nur ganz kurz streifen: Wie lange waren Sie als Berater für die Hypo tätig?

Dr. Gottwald Kranebitter: Im Zuge der Verstaatlichung hat die Beauftragung durch die Bank ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das haben Sie in der einleitenden Stellungnahme gesagt. (Auskunftsperson Kranebitter: Mit November ...!) Wann hat das überhaupt begonnen? Wann war Ihre erste Beratungstätigkeit für die Hypo? Wie lange kennen Sie die Hypo als Berater? Das meinte ich.

Dr. Gottwald Kranebitter: Es gibt eine Vortätigkeit, die die Hypo betrifft. Ich war im Team der KPMG, das Anfang 2007 für die anstehende Kapitalerhöhung beziehungsweise Beteiligung von Kingsbridge, dem damaligen Partner von Berlin & Co, beauftragt wurde. Das war eine Tätigkeit, die etwa von Jänner bis April 2007 lief und eine steuerliche und eine finanzielle Due Diligence umfasste.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Eine Due Diligence war das, ja. Und dann, nach 2007, was war dann das Nächste?

Dr. Gottwald Kranebitter: Drei Jahre später, etwa drei Jahre später, war die nächste Berührung: die Beauftragung, im Zusammenhang mit der Krisensituation an der Erarbeitung eines Restrukturierungsplans mitzuwirken.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das war dann Dezember 2009?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das war Dezember 2009.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hatten Sie damals auch mit Dr. Schilcher zu tun?

Dr. Gottwald Kranebitter: Es war so, dass der Erstkontakt mit mir sogar von Dr. Schilcher aufgenommen wurde, der die KPMG und mich offensichtlich dem Vorstand der Bank für die wirtschaftliche Begleitung dieser Situation vorgeschlagen hatte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Welche Rolle haben Sie bei den Verstaatlichungsverhandlungen innegehabt?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich war drei Mal, nämlich am 7. Dezember, am 10. Dezember und in der Verstaatlichungsnacht von 13. auf 14. Dezember, persönlich in Besprechungen anwesend, die ich als Teil der damaligen Fortbestandsbemühungen und letztlich der Verstaatlichung sehen würde.

In die Verhandlungen in der Nacht von 13. auf 14. war ich nicht involviert. Ich war im 11. Stock  11. oder 12. Stock (Verfahrensrichter Pilgermair: 11. oder 12., ja!) – des Bundesministeriums für Finanzen mit allen anderen Beratern und auch mit dem Vorstand der Bank.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt hat Dr. Schilcher, der schon bei uns war, erzählt, dass er einiges in die Verhandlungen eingebracht hat. Wie war das bei Ihnen? Konnten Sie etwas einbringen, und wenn ja, welche Standpunkte?

Dr. Gottwald Kranebitter: Wenn ich zwei Punkte herausgreife, die die Verstaatlichungsnacht selbst betreffen, dann ist das zum einen, dass ich vom Rechtsanwalt der Republik, Präsident Peschorn, nach einem Gewährleistungskatalog gefragt wurde und nach Bedingungen, unter denen die Republik Österreich in die gemeinsamen Verhandlungen mit den damaligen Eigentümern eintreten könne. Dieser Gewährleistungskatalog wurde geliefert. Ansonsten war die Situation im Aufenthaltsbereich von Vorstand und Beratern eher eine abwartende, mit dem Zusatz, dass es engen Kontakt mit der Oesterreichischen Nationalbank gegeben hat, die im Zusammenhang mit der alternativen Geschäftsaufsicht auch bestimmte Unterlagen verlangt hat, die sich primär um die Liquidität und die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit gedreht haben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt waren Sie also schon 2007 im Rahmen der Due Diligence mit der Suche nach den wahren Werten der Hypo befasst. Mit der Übernahme des Vorstandsvorsitzes haben Sie sich auch auf die Suche nach den wahren Werten begeben.

Wie war, aus der Ex-post-Sicht, der Wissensstand um den tatsächlichen, den realen finanziellen, wirtschaftlichen Zustand der Hypo zum Zeitpunkt der Verstaatlichung?

Dr. Gottwald Kranebitter: Sie erlauben mir, dass ich doch auch den ersten Teil Ihrer Einleitung kurz streife (Verfahrensrichter Pilgermair: Gerne!): Der wahre Wert der Hypo Ende 2006, Anfang 2007 war nicht mein Auftragsgegenstand. Das haben schon andere gemacht.

Ich muss auch dazusagen, dass drei Jahre vor der Verstaatlichung die Hypo noch ganz anders ausgesehen hat. Sie hat in den Jahren der Bayerischen Landesbank ein enormes Wachstum hingelegt. Also sie hatte Ende 2006 20 Milliarden € Kundenforderungen und am Ende der Ära der Bayerischen Landesbank 30 Milliarden, also ein Wachstum von 50 Prozent. Und ich würde meinen, dass es nicht die gesündesten Kredite waren, die in dieser Phase hereingenommen wurden. Außerdem ist in der Phase der Bayerischen Landesbank doch auch erhebliches Geld in die Hypo geflossen. Also die Bank war nicht vergleichbar zwischen den beiden Zeitpunkten.

Sie haben mich aber nach dem Wissen zum Zeitpunkt der Verstaatlichung gefragt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Die Frage war: ex post. Sie sind ja dann ganz intensiv hineingekommen, haben sich sehr intensiv damit befasst. Und jetzt möchte ich gerne fragen: Was war die Abweichung zwischen dem, was man im Dezember 2009 im Zuge der Verstaatlichungsverhandlungen gesehen hat, und dem, was Sie danach in Ihrer Zeit aufgearbeitet und gesehen haben?

Dr. Gottwald Kranebitter: Es war ganz offensichtlich, dass die Annahmen, mit denen man im Jahr 2009 in die Verstaatlichung gegangen ist, nicht zugetroffen haben. Die Annahmen waren aber auch aus meiner heutigen Sicht durchaus fundierte. Der PwC-Asset-Review aus dem Herbst 2009 war zum Zeitpunkt der Verstaatlichung sehr aktuell, war auch für die Verhältnisse dieser komplexen Bank sehr tiefgehend. Man hat damals fast 50 Prozent des Kreditportfolios untersuchen lassen, und die Untersuchung war eine, die nicht vom Schreibtisch aus erfolgt ist, sondern die Mitarbeiter von PwC waren vor Ort in den einzelnen Banken. Das heißt, man hatte, wenn man so will, zum Zeitpunkt der Verstaatlichung eine sehr fundierte Außensicht über das größte Risiko der Bank, nämlich das Kredit- und Leasingportfolio.

Man hatte zudem eine aus meiner Sicht durchaus nachvollziehbare Einschätzung des Vorstands, der für den Jahresabschluss 2009 offensichtlich sogar der Meinung war, übervorsichtig zu sein. Es gibt – das ist auch für mich außergewöhnlich – in der Vollständigkeitserklärung des Vorstands für die Bilanz 2009 den ungewöhnlichen Hinweis, dass die Vermögenswerte besonders vorsichtig angesetzt sind.

Also ich habe keine Hinweise darauf, dass der Vorstand es besser wusste, aber es gibt ganz klare Hinweise, dass man hinterher gesehen hat, dass man, wenn Sie so wollen, zwar durch die Brille geschaut hat, aber die Brille zu wenig Dioptrien hatte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt waren Sie sehr verständnisvoll, ich fragte Sie aber konkret nach den Abweichungen. Sie haben ja, wie sich aus Ihrer einleitenden Stellungnahme leicht erschließen lässt, doch Abweichungen festgestellt, nicht? Und jetzt bitte ich Sie, zur Sache zu kommen!

Dr. Gottwald Kranebitter: Gerne. In Zahlen ausgedrückt waren die Kreditrisikovorsorgen des Jahres 2010 1,7 Milliarden €, und das war weit mehr als dreimal so viel, wie man im Businessplan, der der Verstaatlichung zugrunde gelegen ist, vermutet hatte. Und jetzt muss man dazusagen, dass das Normalrisiko einer Bank dieser Größenordnung eher bei 150 Millionen bis 200 Millionen liegt. Das heißt, wir befinden uns in einer Größe des Achtfachen oder sogar mehr eines Normalrisikos.

Die Vorgangsweise des Vorstands nach der Verstaatlichung war aber auch eine grundsätzlich andere als die zuvor. Zuvor hat der Vorstand das Risiko von PwC anschauen lassen – danach hat der Vorstand eine Organisation aufgebaut, die in der Lage war, das Risiko selbst zu begreifen. Also ich würde durchaus sagen, dass der Vorstand vor der Verstaatlichung sein Portfolio wahrscheinlich selbst nicht gut genug kannte und es daher fremdbegutachten hat lassen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wer hat bei Ihnen diese Abteilung aufgebaut?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das ist maßgeblich unter der Verantwortung von Mag. Edelmüller, der der Risikovorstand war, geschehen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Vergangenheitsaufarbeitung ist sicher sinnvoll und für einen neuen Vorstand wahrscheinlich auch sehr wichtig, auch zur Abgrenzung von Zuweisungen. Sie haben sich schon zur CSI geäußert. Hätten Sie eine andere Form der Aufarbeitung präferiert?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe eine andere Form der Aufarbeitung präferiert und habe das auch sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Ich war, und zwar einheitlich mit dem gesamten Vorstand und dem gesamten Aufsichtsrat, der Meinung, dass das immer nach einer wirtschaftlichen Messlatte zu prüfen ist, ob ein Fall nach einer Erstanalyse tief untersucht werden und straf- oder zivilrechtlich zu Anzeigen führen sollte. Wenn Sie so wollen, war mein Ansatz, eine Investitionsentscheidung zu treffen: Bringt die Aufarbeitung etwas für eine bessere Rückführung von Mitteln? Dazu müssen Sie auch erheben, ob der, gegen den Sie vorgehen, überhaupt die wirtschaftliche Möglichkeit hat, Geld zurückzuführen.

Das ist tatsächlich anders passiert, war aber insofern ein fast naturgegebener Konfliktstoff, als die Bank ja in vielen Verträgen mit der Republik Österreich zur Aufarbeitung der Vergangenheit verpflichtet war – die Satzungsbestimmung hat es sogar zum Geschäftsgegenstand gemacht –, und war hier aus heutiger Sicht fast zwangsläufig Gegenstand von Konflikten zwischen der uneingeschränkten und von wirtschaftlichen Kriterien losgelösten Aufarbeitung auf der einen Seite und auf der anderen Seite der Bank, die gesagt hat, Messlatte ist die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit.

Was dazukommt, ist, dass große Teile der Mitarbeiter de facto in einer Doppelfunktion agieren mussten. Sie mussten auf der einen Seite Restrukturierungserfolge bringen, auf der anderen Seite sollten sie aber quasi in einer Anklägerfunktion agieren. Das hat auch dazu geführt, dass sich viele Mitarbeiter überlegt haben, wie sie sich verhalten müssen, damit es ihnen nicht selbst einmal so ergehen würde. Dass das für das Fortkommen einer Bank nicht förderlich ist, war damals klar und ist auch im Rückblick nicht anders zu beurteilen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hat die Tätigkeit der CSI zu substanziellen neuen Erkenntnissen geführt, und wenn ja, zu welchen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die Erkenntnisse würde ich keinesfalls in Abrede stellen. Es gibt große Fälle, die intensiv untersucht und auch weitergetrieben wurden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich meine jetzt weniger in der Einzelfallarbeit, sondern ob es ein Muster, ein System des Verhaltens gab und ob die Tätigkeit der CSI hilfreich war, solche Erkenntnisse zu gewinnen? Ich meine jetzt weniger konkrete Einzelfälle.

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich glaube, dass mehrere Muster im Zuge der Aufarbeitung erkannt und auch verfolgt wurden. Das Grundmuster war letztlich darin begründet, dass nicht nur die Anschaffungskosten eines durch Kredit zu finanzierenden Grundstücks, eines Projekts, einer Fabrik finanziert wurden, sondern auch die Zukunftserwartung, auch die künftigen Gewinne, und zwar ohne jeden echten Eigenkapitalbeitrag des Kreditnehmers, denn der wurde meist in Form des Kreditbetrages schon vorweg abgesaugt. Wenn man so will, war das Grundmuster die zwischen der Bank und dem Kreditnehmer vereinbarte gemeinsame Spekulation auf künftiges Wachstum, und das war mit der Krise 2007 zu Ende.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt haben Sie in Ihrer einleitenden Stellungnahme mehrfach das Thema Bad Bank angesprochen, von Ihren mehrfachen Bemühungen auch über mehrere Jahre hindurch gesprochen. Das war Ihnen ein zentrales Anliegen. Mit wem von den realpolitisch Zuständigen haben Sie darüber gesprochen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Primäre Ansprechpersonen für die Bank waren auf politischer Ebene die Kabinettsmitarbeiter und auf Beamtenebene der für Banken zuständige Spitzenbeamte im Finanzministerium. Es hat aber auch ... (Verfahrensrichter Pilgermair: Das war?) – Lejsek. (Verfahrensrichter Pilgermair: Lejsek, ja!)

Es gab diesbezüglich naturgemäß auch Kontakte mit dem Bundeskanzleramt. Und es war, ich habe ausgeführt, 2010 der erste Anlass ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Im BKA waren die Hauptansprechpersonen wer?

Dr. Gottwald Kranebitter: Auf politischer Ebene Ostermayer und Gruber.

Naturgemäß hat es auch im Finanzministerium zu Schieder und zu Imhof Kontakt gegeben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie mit Minister/Ministerin auch gesprochen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe ausgeführt, dass die Bad-Bank-Überlegungen so richtig evident nach abgeschlossener Bestandsaufnahme wurden, also im Jahr 2011. Mein erster Kontakt mit Frau Bundesminister Fekter war erst im Oktober 2011, und in der Folge im Laufe des Jahres 2012, als wir die Bad-Bank-Überlegungen auch mit gehörigem Nachdruck betrieben haben, ist die Haltung der Ministerin auch medial bekannt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie mit der Ministerin mehrfach gesprochen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich glaube, mich an drei bis vier Gespräche mit der Ministerin zu erinnern.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: In welchem Zeitraum in etwa?

Dr. Gottwald Kranebitter: Erstmals, wie gesagt, etwa sechs Monate nach ihrem Amtsantritt im Oktober, Ende Oktober, und letztmals im Beisein von Aufsichtsratspräsident Liebscher im Juni 2013.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist die Haltung der Ministerin gleich geblieben oder hat sie sich verändert, und was waren ihre Argumente?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich muss dazusagen, dass Hauptansprechpartner gegenüber der Ministerin naturgemäß der Aufsichtsratsvorsitzende und nicht der Vorstand war.

Die Haltung der Ministerin habe ich so verstanden, dass sie ein Ansteigen der Maastricht-Schulden unter allen Umständen vermeiden will und aus diesem Grund eine Bad Bank ganz grundsätzlich ablehnt, nicht nur für die Hypo Alpe-Adria, sondern auch für andere Banken.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Gab es noch andere Gegenargumente vonseiten der Ministerin oder war das das wesentliche, das zentrale?

Dr. Gottwald Kranebitter: Kein weiteres, das ich wahrgenommen hätte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Dr. Kranebitter, die Zeit der Erstbefragung ist leider abgelaufen. Ich bedanke mich für Ihre Antworten. (Auskunftsperson Kranebitter: Danke!)

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Kranebitter. Danke vielmals, Herr Dr. Pilgermair, für die Erstbefragung.

Bevor wir in die Befragung einsteigen, gibt es eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung. – Bitte, Herr Klubobmann Ing. Lugar.

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Da wir das im Vorfeld jetzt nicht klären konnten, noch einmal kurz zu diesem Kameraschwenk: Es hat von einigen Medienvertretern eine Beschwerde gegeben.

Es gibt ein Schreiben der Parlamentsdirektion vom 2. April, und zwar „Organisatorische Information für Medien“, und da steht eindeutig drin, dass bei Personen des öffentlichen Interesses, insbesondere bei führenden Wirtschaftstreibenden – Herr Kranebitter kann da sicher als führender Wirtschaftstreibender bezeichnet werden –, die Einholung einer Zustimmung zur Bildaufnahme im Zuge eines Kameraschwenks grundsätzlich nicht erforderlich ist. – So steht es drin. Das wurde von Ihrer Seite ausgeschickt.

Und jetzt meine Frage, warum man davon abgegangen ist, warum man jetzt plötzlich auch bei solchen Personen die Frage nach einem Kameraschwenk stellt, obwohl von der Parlamentsdirektion in Richtung Pressevertreter am 2. April eben Gegenteiliges ausgeschickt wurde.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Klubobmann Lugar, wir hatten diese Debatte schon, und ich habe großes Verständnis dafür, dass wir bei diesem Ausschuss natürlich auch Transparenz haben wollen. Ich weiß nicht, ob wir das Kommuniqué schon haben, weil es natürlich nur Sinn macht, dass wir genau das, was wir auch damals als Information gegeben haben, ihnen jetzt identisch noch einmal geben. Dazu erteile ich Herrn Dr. Pilgermair das Wort.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Es hat sich gezeigt, dass die Stärkung der Verfahrensrechte, die die Auskunftspersonen durch die neue Verfahrensordnung erfahren haben, auch dazu geführt hat, dass deren Wunsch nach Beachtung, wenn sie keinen Kameraschwenk haben wollen, Folge zu leisten war. Das ist eine Entwicklung der Interpretation der neuen Verfahrensordnung, wie gesagt, mit deren gestärkten Rechten für Auskunftspersonen.

Dazu gab es bereits ein ausführliches Schreiben des Herrn Parlamentsdirektors Dr. Dossi im Auftrag der Frau Nationalratspräsidentin an den Herrn Vorsitzenden der Vereinigung der ParlamentsredakteurInnen, Herrn Mag. Wolfgang Sablatnig. Das ist ein mehrseitiges Schreiben – ich tue es Ihnen jetzt nicht an, das vorzulesen –, das allseits bekannt ist, und in diesem Schreiben sind die Gründe, die ich in der Kurzfassung auch erwähnt habe, ausführlich dargestellt.

Das ist meiner Meinung nach auch nicht umkehrbar. Wir haben diese Wünsche von Auskunftspersonen rechtlich zu beachten.

Vorsitzende Doris Bures: Dieses Schreiben haben alle Fraktionen, aber ich werde es noch einmal allen Fraktionen zur Verfügung stellen.

Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Darmann.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Es ist kein Geheimnis, dass auch ich damals diese neue Verfahrensordnung mit verhandelt habe. Es ist unbestritten, und nicht umsonst steht es so drinnen, dass diese teilweise auch überhaupt keine Interpretation zulässt, in welcher Art und Weise mit Personen des öffentlichen Interesses umgegangen wird; und dass es sich bei Herrn Dr. Kranebitter um eine solche Person handelt, wird er ja wohl hoffentlich selber nicht ausschließen.

Zu viel Medienpräsenz hat er in den letzten Jahren auch proaktiv gehabt. Dass er nunmehr den Ausschuss und vor allem die Medienvertreter und dahinter stehend die ganze österreichische Öffentlichkeit wissen lässt, dass er nunmehr keine Person des öffentlichen Interesses sein soll, obwohl es hier um den Kern der Causa Hypo geht, das wird wohl niemandem zu erklären sein.

Deswegen schlage ich, auch um Zeit zu sparen, vor, Frau Präsidentin – denn Sie haben die Entscheidung getroffen, das ist nun einmal leider in dieser Form vonstattengegangen –, dieses Thema auch in einer Präsidiale zu besprechen, da es in weiterer Folge natürlich nicht einreißen darf, dass Dinge in die Verfahrensordnung hineininterpretiert werden, die allein aufgrund, wenn man das schon so sagen will, der Wortinterpretation, nämlich der engsten Auslegung, überhaupt nicht möglich sind, denn das Wort für sich genommen, nämlich jede Formulierung in der Geschäftsordnung beziehungsweise in der Verfahrensordnung, zeigt eindeutig, dass es zu einem Kameraschwenk hätte kommen müssen und keine Fragestellung in Richtung Auskunftsperson notwendig gewesen wäre, ob sie einen solchen will oder nicht.

In anderen Worten: Die Auskunftsperson hätte es, auch wenn sie es verweigern wollte, erdulden müssen, denn die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Transparenz. – Danke schön.

Vorsitzende Doris Bures: Wenn es noch mehrere Wortmeldungen dazu gibt, dann würde ich darum bitten, dass wir das vielleicht in einer Fraktionsführersitzung besprechen, damit das nicht auf die Befragungszeit geht.

Ich möchte nur noch einmal festhalten, Herr Mag. Darmann, dass sich nicht die Frage stellt, ob man eine Person öffentlichen Interesses ist oder nicht, sondern die Frage ist – und daher werde ich dieses Schreiben auch noch einmal allen übermitteln –, was die rechtliche Beurteilung nach der Verfahrensordnung ist. Diese sieht an sich vor, dass selbst in medienöffentlichen Sitzungen Bild- und Tonaufnahmen nicht zulässig sind und dass es keinen Zwang geben kann.

Aber – vielleicht kürzt das jetzt die Debatte in diesem einen Fall ab – Dr. Kranebitter hat gesagt, er hat keinen Einwand, wenn es jetzt doch einen Kameraschwenk und Fotoaufnahmen gibt.

Ich bitte die Fraktionsvorsitzenden, sich bei der nächsten Besprechung dieses Themas noch einmal anzunehmen und das auch auf Basis dieser rechtlichen Beurteilung vielleicht in Absprache mit Herrn Dr. Pilgermair noch einmal zu erläutern.

In diesem Sinne danke, Herr Dr. Kranebitter – würde ich jetzt einmal diesen Kameraschwenk machen lassen, damit auch die Medien das nötige Bildmaterial haben können. Ich unterbreche für einen Kameraschwenk kurz die Sitzung.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 11.06 Uhr unterbrochen und um 11.08 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

11.08

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Besteht Einvernehmen, dass wir in die Befragung einsteigen können? – Gut, danke vielmals.

Dann gehe ich in der vereinbarten RednerInnenreihenfolge vor.

Bitte, Frau Abgeordnete Tamandl.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Dr. Kranebitter! Ich möchte nach der Verstaatlichung beginnen und Sie fragen: Hat Ihre Beratertätigkeit nach dem Verstaatlichungswochenende 13., 14. Dezember 2009 geendet?

Dr. Gottwald Kranebitter: Nein, die hat nicht geendet, sondern es waren in der Folge der Verstaatlichungsnacht eine Reihe von Nacharbeiten zu tätigen. Es sind die Umsetzungen der Zusagen der Alteigentümer und auch der Republik Österreich in der Bank zu implementieren gewesen. Es hat zahlreiche Fragen gegeben, die mit der Oesterreichischen Nationalbank zu klären waren, und es war in der Folge der Beihilfe, die die Bank vom Land Kärnten und von der Republik Österreich im Zuge der Zusagen der Verstaatlichung bekommen hat, auch in einen Umstrukturierungsplan einzuarbeiten. Und an diesen Tätigkeiten habe ich auch im Rahmen meiner Beratertätigkeit bei KPMG mitgewirkt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Was genau haben Sie da gemacht?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die unmittelbaren Tätigkeiten nach der Verstaatlichung haben Fragen der Wiederherstellung der Mindesteigenmittelerfordernisse beinhaltet, Fragen der Wiedereinräumung der Liquiditätslinien durch die Bayerische Landesbank, die zuvor gekündigt waren, die Berücksichtigung in den Liquiditäts- und Kapitalplänen und die Berücksichtigung in den Restrukturierungsplänen, die von der EU-Kommission verlangt wurden.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Welche Schritte hat das BMF nach der Verstaatlichung eingeleitet, die Ihnen unmittelbar aus Ihrer Wahrnehmung her bekannt waren – gleich, sofort nach dem Wochenende?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die unmittelbare Aktivität war nach meiner Erinnerung vor allem die Herstellung der notwendigen Mindestkapitalbeihilfe für die Bilanzierung des Jahres 2009. Es ist damals um eine Bürgschaft, eine Art Garantievereinbarung für einen Pool an Forderungen gegangen, mit dem etwa 100 Millionen € an Kapital geschaffen werden sollten, um sicherzustellen, dass die Mindesteigenmittelerfordernisse erfüllt sind. Das war der eine Teil.

Ansonsten ist mir erinnerlich, dass mit der Erstellung der Kaufverträge, mit denen die Alteigentümer ihre Anteile an die Republik Österreich abgegeben haben, in erster Linie die Finanzprokuratur befasst war.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Die KPMG hatte ja damals den Prüfungsauftrag nicht. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, war das ja ein Joint Audit zwischen PwC und Deloitte. Waren Sie in die Erstellung des Jahresabschlusses 2009 als Berater eingebunden?

Dr. Gottwald Kranebitter: Nein.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Haben Sie eine Wahrnehmung über die Zusammenarbeit zwischen dem Finanzministerium und Ihrem Vorgänger Pinkl? War die gut?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe dazu nur sehr eingeschränkte Wahrnehmungen, eher Mutmaßungen. Mein Eindruck war, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Vorgängervorstand, insbesondere Pinkl, und dem Finanzministerium tragfähig war.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wann wurde denn mit diesem Restrukturierungsplan begonnen? Wurde da gleich unmittelbar danach begonnen? Wer war denn da zuständig in der Bank?

Dr. Gottwald Kranebitter: Der erste Restrukturierungsplan – auch wenn er nicht so geheißen hat – war ja ein Plan, der nach der ersten Beihilfe Ende 2008, nämlich dem Partizipationskapital von 900 Millionen €, begonnen wurde. Dieser Bericht hat Viability Report geheißen und ist nach meiner Erinnerung mit maßgeblichem Zutun von BCG, Boston Consulting, entstanden, die auch das Projekt „HypoFit 2013“ gemeinsam mit der Bank noch unter maßgeblichem Einfluss der BayernLB durchgeführt haben. Dieser Plan war auch die Grundlage für den Stand der Planungsrechnungen zum Zeitpunkt der Verstaatlichung und auch im Vorfeld, im Dezember 2009. Auf dem haben auch wir, hat auch die KPMG damals aufgebaut. Verantwortlich dafür in der Bank war – ohne das jetzt ressortmäßig genau abzugrenzen –, würde ich vermuten, Finanzvorstand Peter.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Habe ich das jetzt richtig mitbekommen: Die KPMG hatte den Auftrag, diesen Restrukturierungsplan für die Bank beziehungsweise gemeinsam mit der Bank zu erstellen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Erstellung ist insofern nicht zutreffend, als es ja zu dem Zeitpunkt, zu dem wir in die Bank gekommen sind, einen Plan gab, einen sehr umfassenden und ausgefeilten Plan. Die Aufgaben der KPMG haben sich in den wenigen Tagen vor der Verstaatlichung darauf konzentriert, die Planungsannahmen in diesem Plan zu hinterfragen, also insbesondere zu hinterfragen, ob die damals vorgesehene etwa eine Milliarde Euro Kapitalzuführung genügen würde, um die Bank langfristig zu stabilisieren. In aller Kürze und Unschärfe der Abschätzungen in der Phase, in der kurzen Zeit, die wir hatten, war unsere Conclusio, dass der Kapitalzuschuss mindestens das Doppelte sein müsste.

Ich glaube, es waren am Ende zwei Szenarien mit 2,1 Milliarden an der oberen Bandbreite, um die Bank nicht nur mit dem Mindestkapital auszustatten, sondern sie in den Zustand zu versetzen, dass sie auch mittelfristig sich selbst refinanzieren konnte, was ja besonders wichtig war, weil man schon damals wusste, dass Ende 2017 die landesbehafteten Finanzierungsmöglichkeiten wegfallen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Bei diesem Betrag, den Sie nennen, scheint es ja so zu sein, als hätte man da auf diesen Asset Review, auf diesen Report, Bezug genommen. Da standen auch in etwa diese 2 Milliarden € drinnen.

Dr. Gottwald Kranebitter: Das ist auch durchaus zutreffend. Die Ergebnisse des Asset Review, die der Vorstand damals als besonders vorsichtig eingeschätzt hat, waren auch Grundlage für den Kapitalbedarf. Das war also der wesentliche Treiber für die Frage, wie viel man brauchen würde, um die Lücke aufzufüllen – damals immer noch unter der Annahme, dass die Bank operativ funktionieren würde und damit das Risiko auch bereinigt ist.

Die 2,1 Milliarden Kapitalbedarf, die den Alteigentümern auch ganz und gar nicht geschmeckt haben, haben sich aber vielmehr darauf bezogen, dass unsere Einschätzung damals die war, dass es für die langfristige Stabilisierung der Bank erforderlich sei, dass die Bank mindestens 10 Prozent echtes Kernkapital, echtes Eigenkapital hat, und zwar im Vergleich mit anderen Banken, die zwar nicht in einer ähnlichen Situation sind, aber die auch vom Kapitalmarkt abhängen. Wir haben etwa 50 andere Banken untersucht und die Frage, wie viel man braucht, um langfristig refinanzierungsfähig zu sein, wie viel man an Eigenkapital braucht, damit einem der Kapitalmarkt ohne Landeshaftung Geld gibt. Das Ergebnis dieser Untersuchung waren dann die etwa 2,1 Milliarden €.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben jetzt ein Stichwort geliefert, Sie haben gesagt, unter der Voraussetzung, dass die Bank operativ gut funktioniert. Als Sie im April 2010 dann in die Bank gekommen sind – zuerst waren Sie Berater und dann sind Sie in die Bank gekommen –, haben Sie plötzlich selbst die Verantwortung getragen. Was würden Sie sagen: Hat die Bank funktioniert? Oder: Hat es in der Bank funktioniert? Haben die einzelnen Stellen – Interne Revision, Kreditmanagement, Risikomanagement – funktioniert?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die Bank hat in allen wesentlichen Bereichen ganz schwere Defizienzen gehabt, die ich aber im April 2010 nicht sofort erkannt habe. Ich habe, gemeinsam mit meinen Kollegen, ein Jahr gebraucht, um die Situation so einzuschätzen, wie ich sie heute beschreiben kann, nämlich eine Situation mit einer sehr langen Mängelliste in allen wesentlichen Bereichen. Ich würde heute sagen, dass diese Mängel bis 2007, möglicherweise auch bis 2008, durch die wirtschaftliche Entwicklung, durch den Wirtschaftsaufschwung, vor allem in den Kernländern der Hypo, überdeckt waren, dass aber dann, als die Rezession kam, als die Wirtschaftskrise kam, offensichtlich wurde, dass die Bank eben nicht funktioniert.

Das ist meines Erachtens der wesentliche Kernmangel: dass das Geschäftsmodell, landesbehaftetes Geld durch eine Bank ohne funktionierendes Risiko in eine Region zu geben, in der man eigentlich besonders vorsichtig sein müsste, dem Grunde nach falsch ist und, wenn man einmal in der Krise ist, das große Risiko birgt, dass man aus der Krise nicht mehr herauskommt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Und als Sie noch als Berater tätig waren, ist Ihnen nicht bekannt gewesen, dass in der Bank in Wirklichkeit überhaupt nichts funktioniert?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich sage noch einmal, ich habe mit meinen Kollegen – und die waren allesamt Profis – ein Jahr gebraucht, um das Ausmaß der Bank zu begreifen, um auch das Ausmaß der Mängel zu begreifen, um einen Überblick zu haben, um fundiert mit der Restrukturierung zu beginnen und weiter voranzukommen.

In den wenigen Tagen vor der Verstaatlichung und auch danach war es mir nicht möglich, auch nur ansatzweise zu erkennen, wo sich die Bank befindet. Sie müssen sich, wenn Sie wenig Zeit haben, letztlich auch auf die verlassen, die die Bank seit Jahren kennen und begleiten.

Es gab Wirtschaftsprüfer, die die Bank über Jahre sehr gut kannten – nicht nur einen: Sie haben völlig zutreffend gesagt, es war Deloitte und PwC – also wenn man so will: Gürtel und Hosenträger –, es war Boston Consulting. Das alles sind durchaus sehr erfahrene und bankerfahrene Berater. Es gab die Oesterreichische Nationalbank, die zum Kapitalbedarf von 2,1 Milliarden € Stellung genommen hat und diesen Kapitalzuschuss auch für geeignet erklärt hat, die Bank langfristig zu stabilisieren.

Ich würde sagen, die Meinungsbildung derer, die die Bank um ein Vielfaches besser kannten als ich und meine Kollegen, war eindeutig, und die hat nicht den Schluss zugelassen, dass die Bank in einem derart desaströsen Zustand ist.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sind Sie der Meinung, dass in diesen Bereichen sehr viel verschleiert wurde oder dass man Ihnen da die Wahrheit nicht gesagt hat, dass man sich da etwas vorgemacht hat und allen Zuständigen immer wieder auch Unwahrheiten aufgetischt hat, beispielsweise der Aufsicht, den Wirtschaftsprüfern? Denn wir kennen ja die Vergangenheit: Wir kennen das Zurückziehen des Testats seitens Deloitte seinerzeit, als die Swapverluste aufgetaucht sind.

Das heißt, was war da Ihre Wahrnehmung? – Sie haben gesagt, ein Jahr haben Sie gebraucht, bis Sie die Situation richtig einschätzen konnten, und ich meine, das ist eigentlich für einen Profi wie Sie, da Sie gesagt haben, Sie sind als Profi gekommen, ein Wahnsinn! War Ihre Einschätzung, dass da eigentlich sehr viel Unwahrheiten und sehr viel Verschleierungstaktik und Unter-der-Decke-Halten passiert sind?

Dr. Gottwald Kranebitter: Frau Tamandl, Sie müssen bedenken, dass die Bank alleine in Südosteuropa sechs Tochterbanken hatte. Sie hatte eine Bank in Italien und eine Bank in Österreich und dazu die Holding, die selbst auch eine Bank hatte, und eine Vielzahl von Leasinggesellschaften. Allein im Hypo-Geschäftsfeld wurden zwölf verschiedene Sprachen gesprochen, es gab zwölf verschiedene Rechtsnormen, Geschäftsaufsichten, und für die Größe der Bank – also damals etwas über 40 Milliarden € Bilanzsumme – war die Bank ausgesprochen komplex. Ich glaube, das ist mit ein Grund.

Man hat in einigen Ländern große Risken angesammelt. Gerade in diesen Ländern hat man die Sprache nicht gesprochen, man hat die Rechtssysteme nicht verstanden und musste sich auf Menschen vor Ort verlassen. Und wenn ich sage, wir haben ein Jahr gebraucht, um die Situation zu verstehen, dann heißt das auch, dass wir nicht andere gefragt haben, wie es dort ist, sondern wir haben uns die großen Kreditfälle selbst angesehen und uns selbst ein Bild gemacht. Wir haben uns selbst auch in den Tochterbanken in Aufsichtsratsfunktionen informiert und haben eine völlig neue Leitung, Governance für die Tochterbanken eingerichtet. Und erst wenn Sie sich im Detail mit den Themen beschäftigen, dann verstehen Sie auch die Problematik.

Ich gebe Ihnen nur ein Beispiel – es geht um ein großes Hotelprojekt, das zuerst ein Kreditfall war, dann ins Eigentum der Bank übergewechselt ist und dann verkauft werden sollte –: Wenn Sie sich das dann vor Ort anschauen, dann stellen Sie fest, dass in den Apartments und in den Nobelhäusern, die verkauft werden sollen, die Palmen wachsen – aber nicht in Töpfen, sondern am Boden –, die Scheiben zersprungen sind und die Bäder gebrochen sind. Das sehen Sie nicht am Papier, das sieht möglicherweise auch PwC nicht am Papier.

Und wenn Sie das alles so hergestellt haben, dass Sie es verkaufen können, dann bekommen Sie als Bank eine Klage von der ehemaligen Ehefrau des Kreditnehmers, die sagt, dass sie bei der Pfandrechtseinräumung nicht mitunterschrieben hat. Das kroatische Gericht gibt der dann auch noch recht, und Sie stellen fest, dass etwas, wovon Sie geglaubt haben, dass es Ihnen gehört, Ihnen gar nicht gehört oder nur teilweise gehört.

Also die Fälle sind so gewesen, dass, ja, wir ein Jahr gebraucht haben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Kommen wir zur Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium! – Wie intensiv war denn der Kontakt zwischen der Bank und dem Finanzministerium ab dem Zeitpunkt, als Sie dann übernommen haben, denn da ging es ja darum, mit der Europäischen Kommission erste Gespräche zu führen? Vielleicht können Sie uns sagen, wann dieses erste Konzept eines Restrukturierungsplanes präsentiert worden ist und wie intensiv die Gespräche mit dem BMF gelaufen sind.

Dr. Gottwald Kranebitter: Also das Verfahren vor der Europäischen Kommission, das Beihilfeverfahren, ist ein Verfahren, das von der Republik Österreich geführt wird. Ich glaube sogar, dass formal nicht einmal das BMF, sondern ein anderes Ministerium zuständig ist, aber materiell ist es das Bundesministerium für Finanzen.

Die Bank ist Auskunftsperson, und es war ihr gar nicht gestattet, einen Direktkontakt zu Brüssel zu haben. Es hat informelle Gespräche gegeben, aber ein Direktkontakt war unerwünscht und nicht vorgesehen. Das Verfahren selbst ist nach meiner Wahrnehmung materiell vom zuständigen Beamten im Bundesministerium geführt worden, der auch die wesentlichen Kontakte nach Brüssel gepflegt hat.

Das Bundesministerium hat bezüglich der Umstrukturierungspläne regelmäßig Anforderungen an die Bank gestellt beziehungsweise die Anforderungen der Europäischen Kommission an die Bank weitergeleitet und war, wenn Sie so wollen, die letzte Kontrollinstanz der von der Bank eingelieferten Unterlagen und auch diejenige, die die Unterlagen versandt hat an das sogenannte Case Team in Brüssel.

Die Zusammenarbeit und die Intensität der Zusammenarbeit betreffend: Die Zusammenarbeit war eine laufende, nicht nur mit dem genannten Beamten, sondern mit seinem gesamten Team, und darüber hinaus hat sich das Bundesministerium auch der Finanzprokuratur – vor allem hinsichtlich rechtlicher Fragestellungen – und der FIMBAG im Zusammenhang mit verschiedenen Fragestellungen bedient. Das heißt, unser Kontakt war zumindest die drei Stellen Bundesministerium, FIMBAG und Finanzprokuratur umfassend.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben gesagt, es hat einen hohen Beamten gegeben, der dieses Verfahren geführt hat. Wer war denn das? (Auskunftsperson Kranebitter: Mag. Lejsek!) – Ja.

Ich möchte Ihnen gerne das eine oder andere, das Sie sagen, insofern widerlegen: Sie haben gesagt, die Verhandlungen hat das Finanzministerium geführt oder das Finanzministerium hat das für den Eigentümer in Parteienstellung geführt. Am 15. Februar 2011 haben Sie das auch noch gesehen? Da gab es einen Mailverkehr – ich kann Ihnen das Mail gerne vorlegen, es hat die Nummer 4766. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Da wurde eben mit Herrn Mag. Lejsek und der Bank vereinbart, dass die direkte Kommunikation über das BMF mit der Europäischen Kommission funktionieren soll. Es wird von Frau Maria Mittermair-Weiss ... Wer war denn Frau Mittermair-Weiss: War das Ihre Assistentin?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das war eine Mitarbeiterin der Kommunikationsabteilung, die vor allem den Kontakt zwischen der Bank und dem Bundesministerium für Finanzen und dem Bundeskanzleramt geführt hat.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Da wird also noch mitgeteilt: ja, selbstverständlich, man halte sich daran, dass die Kommunikation mit der Kommission seitens des BMF geführt wird.

Später ist es aber dann ein bisschen anders, nämlich im Juli 2011: An dem Tag führen Sie eine Telefonkonferenz mit der Europäischen Kommission, teilen das aber dem Finanzministerium beispielsweise im Vorfeld gar nicht mit. Was hat da die Haltung verändert? Warum haben Sie sich da plötzlich eingeschaltet, obwohl das Finanzministerium in Permanenz Unterlagen urgiert hat, auch die Europäische Kommission Unterlagen zum Restrukturierungsplan urgiert hat? Wie kam es zu den Gesprächen zwischen Ihnen und der Kommission, obwohl das ja eigentlich – Sie haben es ja selbst auch gesagt – die Aufgabe des Finanzministeriums gewesen wäre?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe in der Beantwortung Ihrer ersten Frage schon gesagt, dass es ein Verfahren ist, das das Bundesministerium für Finanzen materiell geführt hat. Die Bank war Auskunftsperson, aber es hat selbstverständlich zwischen der Bank und der Kommission Kontakte gegeben. Aus meiner Erinnerung kenne ich keinen Fall, wo die Bank ohne Abstimmung im Vorfeld – in Einzelfällen vielleicht auch im Nachgang – mit der Kommission alleine Kontakt gehabt hätte, ich kann aber auch nicht ausschließen, dass der Leiter des Case Teams in einzelnen Fragen direkt auf die Bank zugekommen ist und Klärungen haben wollte. Das ist durchaus denkbar.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Na, jedenfalls kann man aufgrund des Mailverkehrs herausfinden, dass das Finanzministerium erstens einmal nicht besonders erfreut war und zweitens einmal im Vorfeld nicht informiert war.

Es wurde dann also Besserung versprochen, und es wurde versprochen, zwischen der Bank und dem BMF eine bessere Abstimmung zustande zu bringen. Wie kam es aber dann dazu, dass das Finanzministerium der Meinung war – und auch das geht aus einem Mailverkehr hervor –, dass die Bank erstens einmal Unterlagen nicht zeitgerecht liefere und zweitens Unterlagen auch sehr fehlerhaft und, ich würde fast sagen, sehr schludrig liefere, Unterlagen, die ständig mit irgendwelchen Fehlern behaftet sind, die man immer wieder zurückschicken müsse?

Und auch die Kommission hat beim Finanzministerium schon per Mail urgiert: Also was ist jetzt?! Wir brauchen da jetzt endlich einmal die Tabellen! – Und das Finanzministerium schreibt zurück ... (Zwischenruf des Abg. Hable.) – Ja, das kann ich gerne hergeben, das hat die Nummer 6216. Ich kann Ihnen das auch gerne vorlegen lassen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das Finanzministerium teilt der Kommission auch mit: Na ja, wir urgieren das eh ständig, aber die Unterlagen sind ein paar Mal fehlerbehaftet gekommen. – Wie erklären Sie sich das?

Dr. Gottwald Kranebitter: Darf ich Sie bitten, mir zu helfen, worauf Sie sich konkret beziehen?

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das ist ein Mail von Herrn Lejsek an Herrn Soukup von der Kommission, und ich zitiere: 

„Sie haben vollkommen Recht, es dauert leider viel zu lange. Prozedural mussten wir heute die x.te Version der Liste der Bank retournieren, da anstelle von EUR 200 Mio. der Betrag von EUR 209 Mio. als Ersparnis ...“ und blablabla.

Was kommt also letztendlich dabei heraus? – Das Finanzministerium war schon selber entnervt, weil die Unterlagen fehlerhaft oder gar nicht vorhanden waren und gegenüber der Kommission das ständig hin- und hergegangen ist, aber die Bank offenbar keine brauchbaren Unterlagen geliefert hat. Wie erklären Sie sich das?

Dr. Gottwald Kranebitter: Also ich teile Ihre Schlussfolgerung aus einem Mail, in dem eine Abweichung zwischen 200 und 209 Millionen urgiert wird, dass die Bank in diesem Verfahren schlecht gearbeitet hat, in keinster Weise.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Na ja, aber das Finanzministerium würde nicht an die Kommission schreiben, dass man die Liste zum x-ten Mal retourniert hat. Anderenfalls hätte man gesagt, man hat einmal die Liste retourniert, weil der Betrag falsch war. – Das heißt, man kann schon davon ausgehen, dass es sich da nicht um eine Retournierung handelt.

Dr. Gottwald Kranebitter: Das ist ein Mail des BMF an die Kommission und nicht eine Nachricht der Kommission an das BMF, und ich kann nur wiederholen, ich teile Ihre Schlussfolgerung nicht. Die Bank hat alles in ihrer Möglichkeit Stehende getan, um Zahlen zu liefern, die korrekt waren. Dass es da auch zu Fehlern gekommen ist, das will ich gar nicht bestreiten.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wir waren vorhin gerade noch im Sommer des Jahres 2011. – Ich kann Ihnen ein weiteres Mail vorlegen, nämlich das mit der Nummer 36162. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Wir befinden uns bereits im Dezember 2011, nämlich am 30. Dezember 2011, wo Ihnen Herr Mag. Lejsek schreibt, dass er Sie wieder einmal an die Zusage betreffend die Informationsübermittlung an die Europäische Kommission erinnern möchte. – Da sind jetzt also einige Monate verstrichen, aber es dürften immer noch nicht die nötigen Unterlagen gekommen sein, um diese Sache weiterzubringen.

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich kann das dem Mail, das Sie mir vorlegen, nicht entnehmen. Hier steht völlig unaufgeregt:

„Ich darf auf unsere E-Mails sowie die sonstige schriftliche und mündliche Kommunikation in den vergangenen Wochen zurückkommen und an die Zusagen der Informationsübermittlung an die Europ. Kommission erinnern.“

Das ist völlig unaufgeregt, da steht auch nicht ein „wieder einmal“, sondern das ist eine Unterlage, die ich als völlig normale Kommunikation zwischen Bank und Bundesministerium für Finanzen in einer Causa sehe, die nicht immer ganz einfach war und wo Sie möglicherweise in vier Jahren noch fünf Mails finden werden, die zeigen: Das war ein komplexes Verfahren, in dem auch das Bundesministerium und auch die Bank in höchstem Maße gefordert waren.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Und den dritten Punkt, wo Folgendes steht – ich zitiere –:  „3. Restliche Daten der Anforderung vom Juli 2011 (...)“ – und das im Dezember –, das finden Sie auch nicht irgendwie als Hinweis, dass es sich doch ziemlich lange hinzieht?! Ich meine, die Freundlichkeit von Herrn Lejsek in Ehren, aber ich glaube trotzdem, dass es sich hier um längst fällige Unterlagen gehandelt haben muss.

Dr. Gottwald Kranebitter: Das ist eine Schlussfolgerung, die jedenfalls mit diesem Mail in keinster Weise untermauert ist. Soweit ich mich erinnere, waren das umfangreichste Templates, umfangreichste Listen mit Einzelkrediten, die die Bank zu liefern hatte, um beispielsweise Restlaufzeiten der Kredite für die Europäische Kommission direkt zugänglich machen zu können. Da ging es auch um Themen wie Bankgeheimnis, und die Kommission hat auch erwartet, dass aktuelle Daten geliefert werden. Aus dem Mail ist ... In der Anforderung könnte auch drinnen gestanden sein: Liefern sie die Daten per Dezember! – Ich kann es nicht sagen, ich weiß es nicht. Wenn Sie mir die Anforderung vorlegen, kann ich vielleicht konkreter darauf antworten.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): In dieser Runde lege ich Ihnen noch ein Dokument vor, und zwar das Dokument mit der Nummer 466407 von der Oberstaatsanwaltschaft.

Da können Sie auf Seite 1 unten lesen: „Sie legte auch dar, dass es untragbar sei, dass teilweise Unterlagen, die bereits vor 2 Jahren angefordert worden seien, immer noch nicht vorlägen.“ Sind Sie jetzt immer noch der Meinung, dass das halt ein bisschen gedauert hat, aber eigentlich nicht unbedingt eine große Aufregung war, dass die Unterlagen nicht zeitgemäß gekommen sind?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich darf darauf verweisen, dass Ihre Unterlage, die Sie mir hier vorlegen, mit einem ganz anderen Themenbereich zu tun hat. Es geht hier offensichtlich um einen Vermerk über ein Gespräch in der Staatsanwaltschaft Klagenfurt zwischen Dr. Peschorn, Oberstaatsanwalt Höbl, Riffel, Redl sowie der nach meinem Informationsstand damals von der sogenannten SOKO Hypo beigezogenen Bankenexpertin Dr. Wohlschlägl-Aschberger. Und der Absatz, den Sie hier zitieren – ich darf ihn vorlesen, denn ich kenne dieses Dokument nicht, ich sehe es zum ersten Mal –, heißt: „Von Dr. WOHLSCLÄGL-ASCHBERGER wurden grundsätzlich Bedenken hinsichtlich der Eignung Mag. BÖHLERs im Hinblick auf den Interessenskonflikt des Genannten als ehemaliges SOKO-Mitglied zu seiner nunmehrigen Tätigkeit in der Bank geäußert. Sie legte auch dar, dass es untragbar sei, dass teilweise Unterlagen, die bereits vor 2 Jahren angefordert worden seien, immer noch nicht vorlägen.“

Wenn sie sich bezieht auf Unterlagen, die vor zwei Jahren angefordert worden seien, dann ist ein Vermerk vom 10.1.2012 jedenfalls vor meiner Amtszeit, und ich kann ... Ich habe keine eigenen Wahrnehmungen, welche Unterlagen sie meint.

Was ich aus eigener Wahrnehmung weiß, ist, dass die Staatsanwaltschaft Klagenfurt vor allem im Wege der Frau Dr. Wohlschlägl-Aschberger sehr viele Anfragen gestellt hat und die Bank größte Bemühungen hatte, diese Anforderungen zu erfüllen. Auf welche Anforderungen sie hier Bezug nimmt, kann ich nicht sagen. Sicher ist nur, es hat nichts mit Ihren vorherigen Ausführungen zur Arbeit zwischen dem Bundesministerium für Finanzen und der Bank zu tun.

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie haben nur mehr eine Frage in dieser Runde.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, also erstens einmal, der 10.1.2012 liegt nicht vor Ihrer Amtszeit, weil ...

Dr. Gottwald Kranebitter: Entschuldigen Sie, zwei Jahre vorher ist der 10.1.2010, das liegt vor meiner Amtszeit.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, aber zwei Jahre müssen nicht unbedingt 24 Monate sein, und im April 2010 sind Sie in die Bank gekommen, das ist einmal das Erste, und das Zweite ist: Es beweist eindeutig, dass die Bank die Anforderungen, die man an die Bank gestellt hat, nicht ernsthaft genug betrieben hat, und wenn Sie jetzt sagen, das bezieht sich auf einen anderen Vorgang: Das werden wir in der dritten Runde gerne noch einmal herausarbeiten, aber ich möchte darauf hinaus – und ich glaube, das hat sich jedenfalls bestätigt –, dass die Bank die Anforderungen und die Informationen, die man von ihr verlangt hat, nicht rechtzeitig geliefert hat und dass es in der Bank halt wahrscheinlich auch nach dieser ganzen Phase der Verstaatlichung nicht immer mit ordentlichen Zahlen und mit ordentlicher Arbeit vor sich gegangen ist. Ich werde in der dritten Runde weiterfragen. – Danke.

Dr. Gottwald Kranebitter: Darf ich das trotzdem zurückweisen? Ich möchte dazu sagen: Wenn Sie damit sagen wollen, dass Sie auch in meinen dreieinhalb Jahren Tätigkeit in einer Bank mit 7 000 Mitarbeitern Unterlagen finden werden, aus denen hervorgeht, dass die Bank Fehler gemacht hat, dann ist das zweifellos zutreffend. Ich übernehme auch die Verantwortung für diese Fehler, die gemacht wurden.

Ihre Schlüsse, die Sie daraus ziehen, dass die Mitarbeiterin der SOKO Hypo behauptet, Unterlagen vor meiner Amtszeit angefordert zu haben, die sie nicht bekommen hat: Dazu kann ich etwas sagen, wenn Sie mir die Unterlagenanforderung vorlegen können, und auch dann fürchte ich, dass ich zu dem konkreten Fall keine persönlichen Wahrnehmungen habe.

Was ich für die gesamte Bank vom Vorstand bis zum Mitarbeiter an der Kasse in Anspruch nehme, ist, dass die Bank und alle ihre Mitarbeiter höchst angestrengt waren, die Vielfalt an Anforderungen, die alle Stellen – öffentliche und nichtöffentliche – hatten ... Ich darf auch darauf hinweisen: Es hat nicht nur eine Bankaufsicht gegeben, sondern es hat sieben Bankaufsichten gegeben, alle wollten etwas von der Bank, und die Mitarbeiter haben Tag und Nacht gearbeitet, um das alles zu erfüllen, und ja, dabei sind auch Fehler passiert, und ja, Sie werden sicher bei gezielter Suche noch ein paar Unterlagen finden, die diese Fehler nachweisen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Guten Tag auch von meiner Seite, Sie haben sicher recht, das war alles nicht sehr leicht, aber können Sie dem Ausschuss sagen, wer die sieben Aufsichts... – fast möchte ich sagen: Aufsichtszwerge – waren?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ja, also die Bank war mit Tochterbanken vertreten in Slowenien, Kroatien, Serbien, Montenegro, war mit einer Tochterbank in Österreich vertreten, und in einigen Ländern, in denen die Bank nur mit Leasinggesellschaften vertreten war, wie zum Beispiel in Mazedonien, in Deutschland, in Ungarn, in der Ukraine und in Bulgarien ... Ich hoffe, dass ich jetzt so gut wie alles genannt habe. In einigen Ländern waren auch Leasinggesellschaften der Aufsicht unterworfen, anders als Österreich, und jede dieser Aufsichtsbehörden hatte natürlich auch ganz spezifische Anforderungen an die jeweilige Tochter. Also der kroatische Regulator beispielsweise: Dessen Aufgabe war es, auf die Stabilität der kroatischen Bank zu achten, und vice versa gilt das für alle anderen Länder.

Das heißt, wir mussten auch jeweils lokal nicht nur Informationsanforderungen der Regulatoren erfüllen, und ich kann Ihnen auch sagen, dass ich in so gut wie allen Ländern mit den Regulatoren persönlichen Kontakt halten musste, weil die Regulatoren erwartet haben, dass der Vorstand aus Klagenfurt, der Vorstand der Holding, auch Kontakt hält und zum Beispiel informiert über die Verstaatlichung, informiert über das Beihilfeverfahren, und vor allem darüber informiert, was mit den jeweiligen Banken weiter passieren wird.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Danke schön. Jetzt ist mir klar, wie Sie das meinten. So gesehen könnte man auf noch mehr als sieben kommen.

Wir sollten für die Chronologie und für den Ausschussbericht ein paar Dinge nachtragen.

Der Herr Verfahrensrichter hat schon kurz auf die verschiedenen Beziehungsgeflechte hingewiesen. Sagen Sie, wie sind Sie zur Beauftragung seitens Kingsbridge für die Due Diligence gekommen? Wer hat Sie denn da angesprochen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich wurde gar nicht angesprochen. Der Auftrag kam über meinen damaligen KPMG-Steuerkollegen Mühlehner, und der hat mich und mein Team für die nichtsteuerlichen Fragen beigezogen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wurde in der Gruppe weitergereicht, der Auftrag?

Dr. Gottwald Kranebitter: Wurde in der Gruppe weitergeleitet, ja.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Die nächste Frage war, wie Sie Ende November 2009 in das Beratungsvertragsverhältnis zur Hypo gekommen sind. Da haben Sie gerade vorher gesagt, der Herr Schilcher hat Sie angesprochen. Na ja, aber deshalb sind Sie es ja noch nicht.

Dr. Gottwald Kranebitter: Da haben Sie völlig recht, also meiner Wahrnehmung nach war es so, dass Schilcher von der Bank, von Pinkl, beauftragt wurde und Schilcher bei seiner Beauftragung festgestellt hat, dass die Fragen, die er lösen sollte, nicht nur rein rechtlicher Natur sind, sondern er auch einen bankerfahrenen Wirtschaftsberater braucht, und ich gehe davon aus, dass er mich Pinkl vorgeschlagen hat, und nachdem mich Schilcher kontaktiert hat und mir den Anruf angekündigt hat, hat mich Pinkl kontaktiert.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Hat Herr Pinkl jemals darüber gesprochen – so wie die BayernLB-Manager das behaupten –, dass sowohl Schilcher als auch Ihre Person auf Anraten des Dr. Peschorn sozusagen die Ansprache des Pinkl hervorgerufen haben?

Dr. Gottwald Kranebitter: Dazu habe ich keine Wahrnehmung.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber die schreiben das, die Bayern.

Dr. Gottwald Kranebitter: Das ist möglich. Ich wüsste nicht, wo sie das schreiben ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das kann man ihnen später noch vorlegen. Es ist ja nur, damit wir da immer alle Beziehungen sozusagen beisammen haben, das ist ja auch nichts Ehrenrühriges. Vielleicht war das ja gescheit ...

Dr. Gottwald Kranebitter: Nein, wäre es nicht. Ich würde das auch durchaus bestätigen, wenn ich diese Wahrnehmung hätte. Meine Wahrnehmung ist, und ich kann mich daran noch sehr gut erinnern, dass mich Schilcher vorinformiert hat und mich Pinkl im Anschluss daran angerufen hat, und es war auch ganz klar ein Auftragsverhältnis zur Bank und mit niemand anderem.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das war klar. Genau. Später stellt sich dann die Frage, das ziehen wir gleich zusammen, wie Ihr Verhältnis zu Herrn Peschorn war. Auch daran ist wieder nichts Ehrenrühriges. Peschorn wirft man ja vor, er hätte sich da alleine durch Nacht und Nebel navigiert, jetzt hat er aber eh mit Schilcher und Ihnen – so, wie es hier in den Akten erscheint – zumindest den Versuch gestartet, sich beraten zu lassen, allerdings über das Ticket der Hypo. Es soll nichts Schlimmeres passieren, sage ich. Jetzt ist nur genau das die Frage gewesen: Wie kommt es dazu, dass Sie Herrn Peschorn unmittelbar ein paar Wochen später im Zuge dieser Verhandlungen und Ihre Dienste anbietend mailen und mit „Dein Gottwald“ unterschreiben?

Dr. Gottwald Kranebitter: Also zur Frage der persönlichen Beziehung darf ich festhalten, dass man in 25 Jahren Beratung, wenn man in beratendem Beruf tätig ist, am obersten Juristen der Republik nicht vorbeikommt. Dass ich mit vielen Menschen auch im beruflichen Umfeld per Du bin, halte ich für keine Besonderheit. Es liegt vielleicht daran, dass ich Tiroler bin und mir mit dem Sie immer schwergetan habe. Das Du ist, glaube ich, in Österreich auch kein zwingendes Zeichen für Freundschaft.

Meine Wahrnehmung zur Beauftragung, und zwar nicht nur zur formalen, sondern auch zur materiellen Beauftragung, habe ich dargelegt. Ich bin vor, während und nach der Verstaatlichung immer und ausschließlich im Auftrag der Bank tätig gewesen. Das habe ich auch immer so verstanden. Es entspricht aber auch meiner Wahrnehmung, dass Präsident Peschorn zu Pinkl einen sehr engen Kontakt gepflegt hat und dieser Kontakt in der Phase, in der es um die Frage Fortbestand oder Geschäftsaufsicht für die Bank geht, auch ein ganz wesentlicher ist. Immerhin war die Republik Österreich ja bereits mit Partizipationskapital involviert. Und wenn Sie mir die Bemerkung erlauben, die Republik Österreich ist nicht durch die Verstaatlichung Eigentümer geworden, sondern sie war es wirtschaftlich schon Jahre zuvor.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ganz meine Rede – und zwar unter seltsamen Umständen, mit denen Sie sich dann noch herumschlagen mussten. Das führt mich zur Frage, wie Sie dann Vorstandsmitglied und Vorstandsvorsitzender der dann bereits zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes befindlichen Bank wurden. Sie hatten dem Herrn Verfahrensrichter geantwortet, Sie hätten sich nicht beworben. Ja, eh, dann stellt sich aber erst recht die Frage: Wie sind Sie das dann geworden?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die Antwort ist ganz einfach. Nach meiner Wahrnehmung war es so, dass nach Einsetzen des neuen Aufsichtsrats unter dem Präsidium von Ditz und Scholten kurz nach der Verstaatlichung im Jahr 2010 zunächst vorgesehen war, dass noch der bestehende Vorstand, jedenfalls aber Generaldirektor Pinkl, im Amt bleiben soll. Warum die Aufsichtsräte zur Überzeugung gekommen sind, dass das nicht mehr zwingend so sei, dazu habe ich keine Wahrnehmung. Möglicherweise waren sie nicht zufrieden mit der Arbeit des Vorstands, aber das ist eine reine Mutmaßung.

Tatsache ist, dass die Positionen dann ausgeschrieben wurden, und ich habe im Zuge meiner Vorbereitung festgestellt, dass es sogar eine Pressemitteilung oder eine Druckmeldung[1] von Pinkl gab, in der er feststellt, dass er sich im Rahmen der Ausschreibung nicht bewerben würde, und ich würde es etwa mit Mitte bis zweite Hälfte Februar datieren, dass Ditz und Scholten auf mich zugekommen sind und mich gefragt haben, ob ich mir diese Funktion vorstellen könne.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Parallel zur laufenden Ausschreibung, sozusagen.

Dr. Gottwald Kranebitter: Das kann ich zeitlich nicht einordnen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber beide sind auf Sie zugekommen, Ditz und Scholten?

Dr. Gottwald Kranebitter: Beide sind auf mich zugekommen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Und haben was gesagt?

Dr. Gottwald Kranebitter: Und haben mich gefragt, ob ich mir vorstellen könne, diese Funktion zu übernehmen. Ich habe an die Übernahme der Funktion, die für mich ja eher überraschend kam, drei Voraussetzungen geknüpft. Die erste Voraussetzung war: Ich wollte bis zur Bestellung darüber nichts in den Medien lesen, weil mein eigentlicher Plan war, dort zu bleiben, wo ich war. Die zweite Voraussetzung war, dass man mich hinsichtlich der anderen Mitglieder des Vorstands hören würde. Und die dritte Voraussetzung war die, dass ich nur dann zur Verfügung stünde, wenn es im gesamten Aufsichtsrat einhellig und ohne Bedenken die Meinung gäbe, dass man mir das zutrauen wolle.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Hat Ditz ins Treffen geführt, dass es ja ein Argument für Sie geben könnte, dass Sie die Bank durch die Beratungstätigkeit schon kennen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Er hat ins Treffen geführt, dass meine Tätigkeit ab Dezember 2009 vorteilhaft ist. Offensichtlich hat er den Eindruck gehabt, dass ich zumindest einen ersten Einblick habe, der besser war als der Einblick, den andere hatten.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Kommen wir zu dieser Tätigkeit, im Sinn der Chronologie: Die Hypo musste ja ein Fortführungskonzept erstellen. Da gibt es ein Positionspapier. Das muss ungefähr die Zeit gewesen sein, als man Sie angeheuert hat. Beim ersten Entwurf dieses Positionspapiers waren Sie noch nicht beteiligt?

Dr. Gottwald Kranebitter: Nein. Das erste Konzept war eines, das uns bei Beginn der Tätigkeit vorgelegt wurde, Ende November, Anfang Dezember 2009. Das war ein Papier, das nach meiner Erinnerung eine Fortentwicklung des sogenannten Viability Reports aus dem April 2009 war und das als wesentliche Änderung des Viability Reports, ohne den grundsätzlich infrage zu stellen, die Erkenntnisse aus dem PwC-Asset-Review mit etwa bis zu 1,7 Milliarden € Wertberichtigungen beinhaltet hat, und die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen hinsichtlich des Kapitalbedarfs.

Eine zweite ganz wesentliche Änderung in diesem Papier im Vergleich zum Viability Report war, dass die Bank in den Tagen vor der Verstaatlichung über eine Milliarde Euro an Liquidität verloren hat, nämlich Kundeneinlagen verloren hat, überwiegend in Österreich, und darüber hinaus auch die Bayerische Landesbank Linien abgezogen beziehungsweise nicht mehr ausnutzen hat lassen und die Bank zunehmend in eine liquiditätsmäßig kritische Situation gekommen ist. Das heißt, das war die Ausgangssituation, und dieses Positionspapier wurde dann zwischen Anfang Dezember und, ich würde sagen, einige Tage vor der Verstaatlichung überarbeitet.

Es wurden Szenarien dargestellt. Es wurde aber vor allem der Kapitalbedarf deutlich höher – nämlich um etwa 1 Milliarde höher – eingeschätzt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Bleiben wir im Sinn der Schwerpunktsetzung beim Kapitalbedarf – die Liquidität ist ja natürlich immer ein großes Drama – von ursprünglich 1,2, dann circa 2,1 Milliarden! Das wird ja zum Teil Ihnen zugeschrieben – Klammer auf: ich sehe darin eher etwas Positives; Klammer zu –, dass man sich in diesen Werten sozusagen bewegt hat.

Jetzt kommen wir schon ein bisschen zu den Verhandlungstaktiken: Hat man erkannt, dass die Vertreter der BayernLB schon in dieser Phase Anfang Dezember ausdrücklich bemüht waren, den Kapitalbedarf als niedriger darzustellen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Es gab für mich am 7. Dezember eine erste eigene Wahrnehmung dazu. An diesem Tag hat ein Treffen zwischen den Alteigentümern der Bank ohne Republik Österreich, aber eben mit Bayerischer Landesbank, Landesholding, Land Kärnten, GRAWE, Mitarbeiter Privatstiftung und der Bank stattgefunden. An dieser Besprechung habe ich gemeinsam mit Dr. Schilcher und zwei Kollegen – einem aus seiner Kanzlei und einem von KPMG – teilgenommen; und in diesem Treffen wurde erstmals – meiner Wahrnehmung nach erstmals – die versammelte Runde der Alteigentümer mit einem Kapitalbedarf in der Größenordnung von 2,1 Milliarden und auch damit konfrontiert, dass ein erheblicher Teil des Kapitalbedarfs von den Alteigentümern zu stemmen sei.

Ich habe die Reaktion so in Erinnerung, dass die Höhe auf erbitterten Widerstand gestoßen ist, rundweg abgelehnt und auch jede Beteiligung – in erster Linie von der Bayerischen Landesbank – dezidiert ausgeschlossen wurde. Als Bank – es war damals auch der Vorstand der Bank vertreten, jedenfalls durch Generaldirektor Pinkl und uns als seine Berater – konnten wir das nur zur Kenntnis nehmen, und wir haben das auch gemeinsam noch am selben Tag dem Bundesministerium so berichtet.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Genau; zuerst war das Eigentümergespräch mit Vorstandsbeteiligung und Beratern, dann ging es ins BMF.

Ein Mirakel ist für die Chronologie noch zu klären: Wer hat denn dann als Erster in diesem Rahmen, den Sie, glaube ich, sehr präzise beschrieben haben, geistig mit der Idee hantiert, dass ja der Bund alle Anteile übernehmen könnte, vulgo Verstaatlichung via Anteilserwerb?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ja, Sie werden nicht erfreut sein, wenn ich Ihnen sage, dass ich dazu keine Wahrnehmung habe. Ich weiß es schlicht und einfach nicht.

Das, was ich bei der Vorbereitung für den heutigen Ausschuss allerdings festgestellt habe, ist, dass es die Idee offensichtlich schon früher gegeben haben muss. Immerhin gibt es am, ich glaube, 3. Dezember einen Zeitungsartikel – ich kann es jetzt nicht genau zuordnen, vielleicht war es „Die Presse“ –, in dem ausdrücklich in der Überschrift von einer Verstaatlichung der Bank gesprochen wurde. Von wem die Information stammt oder ob das vielleicht einfach nur ein Journalist war, der zufälligerweise die richtige Vorausahnung hatte, kann ich nicht sagen.

Dass die Frage der Verstaatlichung eine Option war, ergibt sich, glaube ich, aus den Umständen dieser spezifischen Situation. Der Bund war, wenngleich stimmrechtlos, aber doch mit bestimmten Rechten ausgestattet, ja bereits Miteigentümer mit dem Partizipationskapital in der Höhe von 800 Millionen € – oder 900 Millionen €. Wenn Sie davon ausgehen, dass die Bank zum Zeitpunkt der Verstaatlichung null wert war, dann könnte man durchaus mit Fug und Recht sagen – ich wiederhole mich da –, die Bank hat spätestens zu dem Zeitpunkt ohnehin schon der Republik gehört. Jedenfalls hatte die Republik oder die österreichische öffentliche Hand mit den Landeshaftungen, mit den Bundeshaftungen und mit dem Partizipationskapital das gesamte wirtschaftliche Risiko oder jedenfalls einen überproportionalen Teil des wirtschaftlichen Risikos. Also es ist für mich nicht verwunderlich, dass jemand, der das wirtschaftliche Risiko trägt, auch sagt: Ich will das Sagen haben.

Für mich ist also die Übernahme der Anteile – die im Übrigen ja auch durch eine Zwangsverstaatlichung erfolgen können hätte – nichts Außergewöhnliches, sondern – ich würde sagen – fast die logische Folge dessen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das ist alles eine Erklärung, aber keine Wahrnehmung. Das haben Sie ja vorher selbst gesagt.

Ich frage Sie zu einer anderen Wahrnehmung: Der Bund hätte Rechte gehabt. Das meinen wir auch. Was haben Sie Ende November, Anfang Dezember 2009 davon feststellen können, wie der Bund seine Rechte bis dahin ausgeübt hat?

Dr. Gottwald Kranebitter: Keine Wahrnehmung.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Keine Wahrnehmung?

Dr. Gottwald Kranebitter: Nein.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ihnen sind überhaupt keine ausgeübten Rechte aufgefallen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Welche Rechte der Bund bis dahin ausgeübt hat, war weder Gegenstand meines Auftrags noch hatte ich dazu irgendeine Wahrnehmung. Meine Wahrnehmung beschränkt sich auf die Zeit nach dem 3. Dezember 2009, weil ich da das erste Mal in der Bank war.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Na ja, man kann ja Spuren entdecken. Sie haben keine Spuren einer besonderen Rechtsausübung entdeckt?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe, wenn Sie so wollen, festgestellt, dass die Republik Österreich zu dem Zeitpunkt Partizipationskapital gegeben hatte, und später habe ich festgestellt, welche Rechte der Republik Österreich aus dem Partizipationskapital zustehen. Ich habe natürlich auch festgestellt, dass in der Folge des PwC-Asset-Reviews die Nationalbank umfangreiche Prüfungen vorgenommen hat; aber welche Rechte die Republik im Wege der Finanzprokuratur oder im Wege des Bundesministeriums ausgeübt hat, dazu habe ich tatsächlich keine Wahrnehmungen.

Vorsitzende Doris Bures: Wir kommen jetzt in die zweite Runde.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, genau – und wir zur speziellen Verstaatlichungsnacht, wie das gerne genannt wird:

Sie erhalten von Herrn Peschorn am 13.12. um 22.50 Uhr ein Mail, in dem er um übliche Gewährleistungsklauseln bittet. Sie antworten und schicken dann Garantiebestimmungen – denn auf die Gewährleistung musst du ja aktiv verzichten – und haben auch noch die Due Diligence auf Ihrer Liste, die sozusagen verzeichnet, was seitens der Republik Österreich sinnvollerweise in dieser Punktation Term Sheets verankert werden sollte.

Vorsitzende Doris Bures: Würden Sie dieses Dokument vorlegen, Herr Abgeordneter?

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das Dokument können wir genau gar nicht vorlegen, denn das ist in der Klassifizierungsstufe 2. Ich erwähne es aber, weil genau diese Tatsachen auch in der ...

Vorsitzende Doris Bures: Kann man natürlich trotzdem, aber halt in einem vertraulichen Teil.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, nachher dann, aber ich habe nicht die Absicht, hier geheime Verhandlungen zu inszenieren. Diese Umstände sind aber auch in der öffentlichen Befragung schon immer wieder genannt worden. Davon können Sie sich im Protokoll überzeugen.

Die Fragestellung lautet jetzt aber – das ist ja alles erwiesen –: Wie haben Sie die Fortentwicklungen dieser Verhandlungsnacht wahrgenommen? Sie schicken eine Gewährleistungsaufrechterhaltung, Sie schicken Garantiebestimmungsbestandteile und immer noch die Anforderung einer Due Diligence. Das ist aus meiner Sicht alles sehr richtig. Was haben Sie für eine Wahrnehmung darüber, wie in der Verhandlungsnacht mit diesen von Ihnen bestellten Anregungen umgegangen wurde?

Dr. Gottwald Kranebitter: Also ich habe im Nachgang – nicht in der Verhandlungsnacht selbst, aber im Nachgang – dazu erfahren, dass es Term Sheets gab, in denen diese oder vergleichbare Gewährleistungsbestimmungen berücksichtigt waren; und ich habe im Nachgang erfahren, dass diese Gewährleistungsbestimmungen offensichtlich entfallen sind.

Was der Vorgang dazu war, wie die Verhandlungen geführt wurden und was dazu geführt hat, dass im Endergebnis Gewährleistungen und Garantien aufgegeben wurden, dazu habe ich keine Wahrnehmung.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Gut, wir müssen das noch beschleunigen. Dort, wo Sie aber allen bisherigen Zeugenaussagen nach schon dabei waren – ich wusste das vorher so nicht –, war, als man sich in der Früh dann noch einmal getroffen hat, um die Dinge den Beschreibungen nach auf Flipcharts festzuhalten. Übereinstimmend wird behauptet, dass Sie dort den Stift geführt haben. Ist das richtig?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das trifft zu, es gab ein Flipchart und es gab den Wunsch ... Man hat uns in der Früh – ich kann es zeitlich nicht genau einordnen, aber es wird wohl vermutlich nach 6.00 Uhr gewesen sein –, also mich, meinen Kollegen Dr. Schilcher und seinen Kollegen, in den Verhandlungssaal geführt und ersucht, sozusagen reihum, Eigentümer für Eigentümer die Zusagen festzuhalten. Diese Zusagen sind aber meiner Erinnerung nach ausschließlich die finanziellen Zusagen gewesen, also wer wie viel Kapital gibt, wer wie viel Liquidität gibt und wer worauf verzichtet. Fragen der Garantien oder Gewährleistungen waren nicht Gegenstand.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Waren nicht Gegenstand. Aha, das ist interessant. Auf eine Gewährleistung muss man ja aktiv verzichten. War das an diesem Morgen in dem Raum in irgendeiner Form ein Gesprächsthema, auch dann, wenn Sie es nicht auf das Flipchart geschrieben haben?

Dr. Gottwald Kranebitter: Meiner Erinnerung nach nein.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Es bleibt ein Mirakel, wie die Gewährleistung verschwunden ist.

Die Einschätzung des Risikos der BayernLB: Sie haben bei Gelegenheit mitgeteilt, dass das 0,7 bis 0,9 Milliarden ausmachen sollte. Können Sie sich daran erinnern, dass Sie gegenüber Herrn Peschorn eine Einschätzung zum Risiko – ein dehnbarer Begriff – gemacht hätten?

Dr. Gottwald Kranebitter: Haben Sie eine Unterlage dazu?

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber dafür müssen wir auf die vertrauliche Sitzung warten – die rege ich noch nicht an –; aber haben Sie so eine Erinnerung?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe keine Erinnerung. Dass es damals Einschätzungen gegeben hat, wer welches Risiko in welchem Fall trägt, halte ich für wahrscheinlich. 0,7 oder eine Zahl in der Größenordnung halte ich für relativ unwahrscheinlich, denn die Bayerische Landesbank hatte zu dem Zeitpunkt etwa 3 Milliarden an Eigenkapital in der Bank, und ich würde sagen, es gab 4,5 Milliarden an Fremdfinanzierung. Das heißt, ein Risiko von unter 1 Milliarde € kommt mir jetzt etwas niedrig vor. Ich kann aber auch nicht ausschließen, dass bestimmte Fragestellungen zu dem Betrag gekommen sind.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das Letzte zu diesem Komplex ist die Frage – weil Sie genau diese Kreditlinien beschreiben – nach allfälligen Eigenkapital ersetzenden Umständen. Hat das in den Beratungen Schilcher, Peschorn, Kranebitter und dann vielleicht vorne in der ersten Reihe, Lejsek und Pröll, eine Rolle gespielt?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich muss für mich ins Treffen führen, dass ich zum Zeitpunkt der Verstaatlichung kein Eigenkapitalersatz-Spezialist war; das wurde ich erst Ende 2012. Ich habe aus der Phase keine Erinnerung daran, dass da die Thematik Eigenkapitalersatz eine Rolle gespielt hätte. Das, was ich später erfahren habe, ist – aber das ist Medienwissen –, dass Präsident Peschorn im Kärntner Untersuchungsausschuss gesagt haben soll, dass er guten Gewissens sagen kann, dass das kein Eigenkapitalersatz war.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das ist alles später, das hilft uns nicht weiter.

Wir wissen da so viel – auch für die Kollegenschaft –, dass Schilcher und Peschorn – das waren separate Mail-Verkehre – sich sehr wohl über den Eigenkapitalersatz unterhalten haben, allerdings zurückgerudert sind. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – das sage ich jetzt nur für das Protokoll und die ZuhörerInnen –, dass man, weil die Notenbank das vorher als non-distressed begutachtet hat, das Ganze jetzt nicht weiter verfolgen soll. So ergibt ein Fehler den anderen, aber das war nur eine Bemerkung meinerseits.

Kommen wir in der verbleibenden Zeit zur Frage der Bad Bank!

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch in dieser Runde.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Gouverneur Nowotny behauptet, dass er schon am zweiten Tag nach der Verstaatlichung die Bad-Bank-Variante empfohlen hätte – da waren Sie noch nicht Vorstand –, meine Frage im Kontext der Befragung durch den Verfahrensrichter ist also: Wer hat sich überhaupt wann und in welcher Reihenfolge mit der Bad-Bank-Idee auseinandergesetzt? Was können Sie zu Herrn Gouverneur Nowotny, zum damaligen Herrn Finanzminister Pröll und zu Herrn Höllerer sagen? Die sind ja noch nicht gefallen, aber das sind ja die ersten Adressaten in dieser Zeit – auch ab April 2010.

Dr. Gottwald Kranebitter: Meine Wahrnehmung beschränkt sich darauf, wann sich die Bank damit beschäftigt hat, und zwar erstmals 2010 nach Aufforderung der Europäischen Kommission, die der Meinung war, dass man diese Möglichkeit jedenfalls prüfen müsse, dann 2011 und verstärkt 2012 als valide Möglichkeit, um außerhalb der Regulierung den von der OeNB auferlegten Kapitalbedarf zu vermeiden. Ich kenne die Aussage von Nowotny wenige Tage nach der Verstaatlichung nicht, ich habe dazu keine Wahrnehmung, ich glaube sogar sagen zu können, dass ich das noch nie gelesen habe. Das, was ich weiß, ist – und das entspricht auch meiner Wahrnehmung –, dass Nowotny den ab 2011, aber vermehrt ab 2012 vorgetragenen Bad-Bank-Überlegungen auch persönlich positiv gegenübergestanden ist. (Zwischenruf des Abg. Kogler.)

Vorsitzende Doris Bures: Ich muss Sie auf die nächste Runde verweisen. (Abg. Kogler: Ich habe aber eine Frage gestellt, und er sagt nichts dazu!)

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich beantworte sie gerne, wenn ich darf. Darf ich?

Vorsitzende Doris Bures: Sie haben als Einschränkung bei der Beantwortung nur das, was dann ein Abgeordneter ... Bitte? (Abg. Kogler: Pröll und Höllerer wollte er noch beantworten!)

Dr. Gottwald Kranebitter: Keine Wahrnehmung dazu.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Kranebitter, ich habe mir die Chronologie und auch die Dokumente sowie die Unterlagen genau angesehen, und das, was auffällt, ist, dass mit Ihrem Auftreten auf der Bühne plötzlich diese 1-€-Übernahme und das Insolvenzszenario geboren werden. War das Ihre Idee?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich kann mir nicht erklären, aus welchen Beobachtungen Sie diese Schlussfolgerungen ziehen. Ich habe schon erwähnt, dass meine Rolle eine beratende in einer existenzbedrohenden Situation der Bank war und dass die Verstaatlichung offensichtlich bereits vor meiner Involvierung thematisiert wurde. Der zweite Teil meiner Antwort ist, dass die Übernahme der Bank durch den Staat für mich eine logische Konsequenz dessen ist, dass der Staat oder die öffentliche Hand einschließlich des Landes Kärnten alle Risken trug.

Für die Frage der Übernahme durch den Staat, die ja auch dafür maßgeblich war, dass die Bank im Jahr 2010 wieder stabilisiert werden konnte, für die Überlegung, dass der Staat da neuer Eigentümer werden solle, hat es mich nicht gebraucht, und – selbst, wenn ich es für gut gehalten hätte – die Vaterschaft für diese Idee muss ich leider zurückweisen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist mir auch klar, denn es hat auch vor Ihrer Zeit ein 300-Millionen-Angebot seitens der Bayern Richtung Finanzministerium gegeben, das abgelehnt wurde. (Auskunftsperson Kranebitter: Entschuldigen Sie! 300 Millionen?)

Genau! Die Bayern wollten um 300 Millionen die Bank verkaufen, das wissen Sie ja. Das war vor Ihrer Zeit. Die Frage ist nur, wo dieser eine Euro herkommt. Ich habe den erst am 7.12. zum ersten Mal gelesen, und zwar in einem Protokoll. Ich kann es Ihnen vorlegen, wenn Sie wollen, 5668, und zwar ist das eine Besprechung, bei der auch Sie dabei sind, und da werden Sie zitiert, dass eben der Bund um einen Euro übernehmen soll, auf der Seite 4.

Und das höre ich da zum ersten Mal, und das aus Ihrem Mund. Also ist das jetzt von Ihnen gekommen dieser Vorschlag mit dem einen Euro?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich wiederhole mich noch einmal: Ich kann die Vaterschaft dafür nicht in Anspruch nehmen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer war der Vater?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das Strukturpapier, das einen Vorschlag unterbreitete, um den Alteigentümern der Bank die Dramatik der Situation klarzumachen und klarzustellen, die Bank braucht über 2 Milliarden, die müssen aufgebracht werden und wie sie aufgebracht werden können, ist im Vorfeld zum 7. Dezember entstanden, und zwar waren da der Vorstand der Bank als Auftraggeber, Rechtsanwalt Dr. Schilcher und ich und Kollegen von uns involviert.

Die Konsequenz oder der eine Euro ergibt sich schlicht und einfach aus der Tatsache, dass nach meiner damaligen Einschätzung die Bank nichts mehr wert war. Und nichts mehr wert heißt letztlich, dass das Eigentum der Alteigentümer auf einen Euro abzuschreiben ist, eine Tatsache übrigens, die von allen Alteigentümern, insbesondere von der Bayerischen Landesbank, aber auch von der Kärntner Landesholding und vom Land Kärnten in der Sitzung am 7. Dezember vehement bestritten wurde. Ich erinnere mich daran, dass das Land Kärnten damals ins Treffen geführt hat, dass man die Beteiligung ganz sicher nicht um einen Euro abgeben könne, weil man der Meinung sei, dass der Bankanteil einen Wert habe und man das erst gutachterlich feststellen müsse.

Ein Euro bedeutet nicht mehr als: Die Bank ist nichts wert.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, jetzt haben Sie gerade gesagt, dass es doch von Ihnen gekommen ist, weil Sie der Meinung waren, dass die Bank nichts wert ist.

Dr. Gottwald Kranebitter: Nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Woher kommt dann dieser eine Euro?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich bin sicher, dass Vorstandsvorsitzender Pinkl und sein Team einen Diskussionsvorschlag nicht unterbreitet hätten, wenn sie das nicht vorher mit dem Ministerium abgestimmt hätten, und dass die Verstaatlichung vorher schon ein Thema war, das entnehmen Sie dem, dass das sogar medial schon Tage vorher kolportiert wurde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber meine Frage bleibt ja im Raum: Wie kommt dieser eine Euro zustande? Wenn Sie sagen, Sie wissen es nicht: Wer hat es Ihnen gesagt, dass es ab jetzt nur mehr um einen Euro in den Verhandlungen geht?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich wiederhole mich an der Stelle: Der Vorschlag, der die Bayerische Landesbank und die anderen Eigentümer daran erinnern sollte, dass die Bank nichts wert ist, dass sie 2,1 Milliarden Kapitalbedarf hat und dass der aufzubringen ist, wurde zwischen dem Vorstand der Bank, Anwalt Schilcher und mir erarbeitet. Mit wem die Bank als Auftraggeber und Verantwortlicher das rückbestätigt hat, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich würde davon ausgehen, dass das der Fall war, aber ich habe dazu keine eigenen Wahrnehmungen. Meine Aufgabe war, den Vorstand dabei zu unterstützen, dass die Bank nicht untergeht, und in einer Situation, in der sie 1 Milliarde ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Kranebitter, das ist ja gar nicht die Frage. Herr Kranebitter, Sie sind der Erste, der diesen einen Euro in den Mund nimmt, und zwar bei der Sitzung am 7.; ich habe Ihnen das Dokument vorgelegt. Jetzt meine Frage, ganz einfach: Wenn Sie es nicht sind, der sich diesen einen Euro hat einfallen lassen, wer dann?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das, was Sie mir vorlegen, ist ein Protokoll, das ich nicht kenne und das die Schlussfolgerung, dass ich der Erste bin, der das in den Mund nimmt, gar nicht zulässt. Das Papier ist vorher entstanden. Ich habe Ihnen die Rollenverteilung erklärt. Ich gehe davon aus, dass die Bank, deren Interesse das Überleben war, die Variante Verstaatlichung mit der Republik Österreich vorher besprochen hat, aber ich habe dazu keine Wahrnehmung und ich kann Ihnen nicht sagen, wer als Erster die Möglichkeit der Verstaatlichung in Erwägung gezogen hat – offensichtlich schon Tage vorher, denn sonst könnten die Medien gar nicht darüber berichten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Kranebitter, Sie sind ja sozusagen als Chefsanierer in die Sache reingegangen, und Sie sagen jetzt, dass Sie gar nicht genau wissen, wer diese Vorschläge gebracht hat, aber Sie haben diese Vorschläge vertreten.

Dr. Gottwald Kranebitter: Das ist meine Aufgabe, meinen Auftraggeber zu vertreten. Mein Auftraggeber war die Bank, der Vorstand der Bank, und selbstverständlich war es mein Auftrag, meine Expertise dafür einzusetzen, dass die Bank überlebt, und dafür war die Verstaatlichung in einer Situation der höchsten Krise, der möglichen Geschäftsaufsicht und des Risikos, dass 22 Milliarden € schlagend werden, eine absolut valide Position, die ich in derselben Situation auch heute vertreten würde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, die Bank hatte ein Interesse daran, die Bank als wertlos darzustellen. Das ist ja eigenartig. Die Bank nimmt Sie als Berater für die Sanierung und will dann, dass Sie die Bank als wertlos darstellen, obwohl Sie noch kurz davor angeblich 300 Millionen wert war?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich kenne das 300-Millionen-Angebot, auf das Sie sich beziehen, nicht. Ich kenne auch die Berechnungsgrundlagen nicht. Wie unsicher Werte in einer solchen Krisensituation sind, sehen Sie daran, dass die Bayerische Landesbank offensichtlich einen Milliardenbuchwert in den Büchern stehen hatte, dass das Land Kärnten der Meinung war, den Bankanteil nicht abgeben zu können und dass es letztlich doch zu einer Übertragung der Anteile im Verhandlungsweg um einen négligeablen Wert von einem Euro gekommen ist.

Ich kann Ihnen weder zu den Wertfeststellungen etwas sagen noch dazu, wer die Verstaatlichung als Erstes als Möglichkeit in den Raum gestellt hat. Ich kann Ihnen eines bestätigen: dass ein Unternehmen an der Kippe zur Insolvenz oder zur Geschäftsaufsicht keinen relevanten Unternehmenswert mehr hat; das ist meine Erfahrung aus 25 Berufsjahren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, das Insolvenzszenario kommt ja auch mit Ihnen mit ins Spiel. Wer hat zuerst das Insolvenzszenario oder die Insolvenzdrohung in den Raum gestellt? Wer war da der Erste?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich weise Ihre Unterstellung entschieden zurück. Das Insolvenzszenario kommt nicht mit mir ins Spiel, ich bin auch kein Insolvenzexperte, dafür hat es einen Anwalt gegeben. Es ist aber jedenfalls so, dass eine Bank, der die Liquidität bei der Tür rausrinnt, die mit Geschäftsaufsicht bedroht ist, die eine Kapitalisierungslücke jenseits der Milliarde, für eine normale Kapitalisierung von über 2 Milliarden, hat, insolvenzbedroht ist und es Aufgabe des Vorstands ist, die Insolvenz abzuwenden. Das ist so. Das Insolvenzszenario ist nicht mit irgendjemandem ins Spiel gekommen, sondern das Insolvenzszenario war die Konsequenz dessen, dass Kunden Einlagen abgezogen haben und die Bank mit der Erkenntnis der Kapitallücke unterkapitalisiert war.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es ist nicht ganz so, und zwar haben die Bayern in internen Papieren auch durchblicken lassen, dass sie die Bank niemals in Konkurs hätten gehen lassen. Trotzdem ist mit Ihrem Auftauchen aber plötzlich das Konkursszenario im Raum gestanden, und die Gegenseite, nämlich das Finanzministerium, hat immer wieder gesagt, dieses Konkursszenario war der Grund, warum man notverstaatlicht hat.

Dr. Gottwald Kranebitter: Können Sie bitte eine Unterlage vorlegen, mit der Sie mir zeigen, dass das Konkursszenario mit mir aufs Tapet gebracht wurde?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was ich Ihnen vorgelegt habe, also alle Dokumente vom 7.12.; ich kann Ihnen noch ein zweites vorlegen.

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich meine die konkrete Frage. Ich darf sagen, ich weise das entschieden zurück. Die Frage der Insolvenz eines Unternehmens, und Sie sind ja selbst Unternehmer, ist nicht eine Frage, ob irgendjemand das für möglich hält, sondern ob die Voraussetzungen gegeben sind: Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Und bei der Überschuldung gibt es noch eine dynamische Betrachtung. Und die Bank war am Rande der Zahlungsunfähigkeit. Es ist so. Und buchmäßig war sie überdies überschuldet[2], weil mit Einbuchen der Kreditrisiken aus dem PwC-Asset-Review die faktische Unterkapitalisierung festgestellt war, weil, wie Sie wissen, Banken Mindestkapitalvorschriften erfüllen müssen. Die Konsequenz wäre die Geschäftsaufsicht gewesen. Dazu hat es niemanden gebraucht, sondern es war einfach die rechtliche Konsequenz der faktischen Umstände.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nur, es war so, dass die Gegenseite vom Finanzminister abwärts sich bedroht gefühlt hat von diesem Insolvenzszenario, das hier aufgebaut und auch artikuliert wurde von Herrn Emisch ... (Auskunftsperson Kranebitter: Entschuldigen Sie! Von wem?) Von Herrn Emisch. (Auskunftsperson Kranebitter: Ermisch!) Entschuldigung, Ermisch! Und das war auch der Grund, warum man hier eine Notverstaatlichung gemacht hat. Und wenn Sie jetzt sagen, der Grund war der Liquiditätsabfluss, dann war der ja von den Eigentümern bewusst herbeigeführt. Haben Sie sich Richtung Bayern beschwert, dass man hier Liquidität abgezogen hat und gegen Ihren Auftrag agiert hat, nämlich die Bank zu retten?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das sind jetzt mehrere Fragen auf einmal. Also zum einen ist es, glaube ich, sehr wichtig, zu verstehen, dass die Bank – aus welchen Gründen auch immer, ich komme noch zu Ihrer Frage – von Illiquidität bedroht war und die Kapitalvorschriften nicht mehr erfüllt hat.

Nach meiner Erinnerung ist es so, dass ein Regierungskommissär, der der Bank im Rahmen der Geschäftsaufsicht zur Seite gestellt wird, bereits benannt war. (Abg. Lugar: Das wissen wir alles, ja!) Das heißt, die Aufsichtsbehörden haben die für den Fall gesetzlich vorgeschriebenen Schritte unternommen und, wäre es zu keiner Einigung gekommen – das war zumindest meine Wahrnehmung –, hätte der Bank die Geschäftsaufsicht gedroht, mit allen Konsequenzen einschließlich des Schlagendwerdens der Landeshaftungen.

Zur Frage der Herbeiführung der Illiquidität der Bank, da gebe ich Ihnen recht. Ein Faktor der zunehmend enger werdenden Liquiditätssituation war, dass die Bayerische Landesbank Refinanzierungslinien im Vorfeld der Verstaatlichung abgezogen hat und mit diesem Abzug der Refinanzierungslinien der Spielraum immer enger wurde. Die Bank – nicht ich, weil Sie mich angesprochen haben, aber die Bank – hat darauf meiner Erinnerung nach auch reagiert und hat sowohl gegen den Abzug der Stresslinie als auch gegen die Aufrechnung von Banklinien protestiert. Welche Konsequenzen das hatte, dazu habe ich keine eigene Wahrnehmung. Wahrnehmung habe ich dazu, dass beide Maßnahmen, also sowohl der Abzug der Linien als auch der Abzug der Stresslinie, nach der Verstaatlichung von der Bayerischen Landesbank rückgängig gemacht wurden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist aber nicht meine Frage. Wenn Sie als Sanierer in die Bank kommen und sehen, dass die Bank bewusst vom Eigentümer in Schieflage gebracht wird, um ein Insolvenzszenario aufzubauen, um vielleicht in einer Verhandlung besser dazustehen, dann müssen Sie doch aktiv werden und sagen: Was ist da los? So geht das nicht! Das ist ja gegen die Intention.

Dr. Gottwald Kranebitter: Herr Lugar, ich bin nicht als Sanierer in die Bank gekommen, sondern ich bin wenige Tage vor der Verstaatlichung als Berater beim Restrukturierungsplan in die Bank gekommen. Es trifft zu, dass ich im Zuge meiner Tätigkeit völlig außerhalb meines eigentlichen Aufgabenbereiches von dem Abzug der Linien erfahren habe und auch davon erfahren habe, dass die Bank Gegenmaßnahmen ergriffen hat. Im Übrigen glaube ich, mich erinnern zu können, dass die Aktivitäten der Bayerischen Landesbank diesbezüglich auch dem Bundesministerium für Finanzen und der Aufsichtsbehörde, der OeNB, zur Kenntnis gebracht wurden.

Dass das ein Ereignis war, das Druck ausgelöst hat und das die Sanierungsbemühungen nicht unterstützt hat, ist ein Faktum.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nur, das Problem ist, dass dieses Faktum von Ihnen nie angesprochen wurde. Ich finde keine einzige Unterlage, in der das jemals von Ihnen angesprochen wurde. Warum ist das so? Warum haben sie alles Mögliche angesprochen, aber das nicht?

Dr. Gottwald Kranebitter: Sie werden viele Unterlagen finden, in denen Sie feststellen, dass ich irgendetwas nicht angesprochen habe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist aber doch ein wichtiger Faktor! Wenn Sie auf der einen Seite Druck auf die Republik ausüben und auf der anderen Seite die Ursache nicht beleuchten, in den unzähligen internen Besprechungen nicht beleuchten, dann ist das ja eigenartig, oder?

Dr. Gottwald Kranebitter: Herr Lugar, ich weise noch einmal mit aller Deutlichkeit zurück, dass ich irgendeinen Druck auf die Republik ausgeübt hätte. Es war nicht meine Aufgabe, mich mit der Frage der Linien der Bayerischen Landesbank auseinanderzusetzen. Das hat die Bank aber selbst auch in dem ihr möglichen Umfang getan. Es würde mir auch heute nicht einfallen, was die Bank – außer, zu protestieren und der Aufsichtsbehörde und dem Bundesministerium entsprechend Bericht zu erstatten, damit das Bundesministerium diese Umstände in den Verhandlungen mit der Bayerischen Landesbank auch würdigen kann – anderes hätte tun können.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Möglicherweise aber die Republik. Dass die Republik darauf aufmerksam macht, dass, wenn die Bayern schon die Bank bewusst in Schieflage bringen, sie ihre Verantwortung wahrzunehmen haben und das lassen sollen, denn genau das war ja das Problem, das durch diesen Kapital- beziehungsweise Liquiditätsentzug entstanden ist. – Das haben Sie ja selbst gesagt, dass das das mitunter auch Problem war.

Dr. Gottwald Kranebitter: Dazu habe ich keine Wahrnehmung, wie die Republik das verarbeitet hat, aber sie wusste es jedenfalls.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was mich dann noch besonders interessiert, ist: Sie waren ja immer dafür, dass die Republik das Ganze übernimmt – das haben Sie ja selbst gesagt –, weil das für Sie die beste Variante war, um die Bank am Leben zu erhalten. – Ist das so richtig?

Dr. Gottwald Kranebitter: Nein, das ist nicht richtig. (Abg. Lugar: Aha! Wie ist es dann richtig?) Es war jedenfalls eine Variante, die der Hypo Alpe-Adria ermöglicht hat, wieder stabil zu werden. Auch ein stabiler neuer Eigentümer in Form der Republik ist ein probates Mittel, um Liquiditätsabflüsse der Kunden zum Versiegen zu bringen. Das war aber mit Sicherheit nur eine der Möglichkeiten, aber nicht die einzige.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie wussten aber aufgrund Ihrer Due Diligence, die Sie damals beim Einstieg der Bayern gemacht haben, dass die Bank sehr marod war. Sie haben es auch in allen Farben ausgeführt, dass die Bank in Wirklichkeit eine wilde Zockerbude war. Jetzt ist, nachdem die Österreicher das übernommen haben, ja nur das Problem gewandert. Zuerst war das Problem bei den Bayern, dann war das Problem bei den österreichischen Steuerzahlern. Konnten Sie das mit ruhigem Gewissen verantworten, dass das dem österreichischen Steuerzahler umgehängt wird?

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen jetzt dann in die zweite Runde. (Auskunftsperson Kranebitter: Darf ich das noch beantworten?) Ja. Herr Dr. Kranebitter, das ist immer nur eine Information an den Fragesteller.

Dr. Gottwald Kranebitter: Also zum einen darf ich Sie noch einmal darauf hinweisen: Der Einstieg der Bayerischen Landesbank und meine Tätigkeit dort war drei Jahre früher. Die Bank war damals eine andere Bank. Die Bank war zumindest um ein Drittel, substanziell kleiner und in einem ganz anderen Zustand – kapitalmäßig, liquiditätsmäßig und eigentümermäßig.

Weil Sie mich wiederholt darauf ansprechen, möchte ich Ihnen dazu auch ergänzend sagen, dass die Tätigkeit der KPMG Anfang 2007 den wesentlichen Bereich, nämlich die Prüfung des Kredit- und Leasingportfolios, nicht umfasst hat. Das war ausgeschlossen von unserer Tätigkeit. Sie erlauben mir die Anmerkung, dass ich mich mit dem Thema Kredit- und Leasingportfolio, das zu untersuchen niemals im Auftrag der KPMG war, nicht beschäftigt habe.

Das heißt, Ihre Mutmaßung, ich hätte bereits damals gewusst, dass die Bank marod sei, muss ich leider enttäuschen. Es war nicht so! Das geht auch aus dem Due-Diligence-Bericht der KPMG hervor, in dem es viele kritische Anmerkungen gab: zum Businessplan, zum Wachstumskurs, auch zu den Risikokosten, zu den Verwaltungskosten und deren Verläufen, aber nicht zum Kredit- und Leasingrisiko, denn das war nicht Gegenstand unseres Auftrags, das war vom Auftraggeber ausdrücklich ausgeschlossen. – Das zu 2007. Zu Ihrer Frage, dass mit der Verstaatlichung nur sozusagen das Problem von der Bayerischen Landesbank zur Republik Österreich gewechselt sei, erlaube ich mir die Anmerkung, dass ich nicht Ihrer Meinung bin. Ich begründe das wie folgt: Die Lastenverteilung, die Risikoverteilung, in die Sie selbstverständlich auch die Haftungen der öffentlichen Hand miteinbeziehen müssen, war so stark zulasten des Landes Kärnten und der Republik Österreich, dass – ich drücke das jetzt wirtschaftlich aus – mit dem Partizipationskapital und mit in Summe 22 Milliarden Haftungen der wirtschaftliche Eigentümer schon lange vor der Verstaatlichung – vielleicht 2005 oder 2006 – in Wirklichkeit die öffentliche Hand war. Und es war klar, dass, würde es zu einer Krise kommen, das Schlagendwerden der Haftungen droht, die Republik Österreich und das Land Kärnten gemeinsam sehen würden, dass sie in Wirklichkeit wirtschaftliche Eigentümer sind. Der Wechsel der Eigentümerschaft von der Bayerischen Landesbank und den anderen Alteigentümern zur Republik Österreich ist auch aus meiner heutigen Sicht nicht ein Wechsel des Problems, sondern ist schlicht und einfach das Faktum, dass der, der das Risiko trägt, auch das Sagen hat.

Stellen Sie sich vor, die Republik Österreich hätte nach 2008 ein weiteres Mal Partizipationskapital eingeschossen, ohne sich die Eigentümerrechte an der Bank zu sichern! Das wäre doch eine Situation, die zumindest in meinem wirtschaftlichen Verständnis nicht wirklich nachvollziehbar wäre. Aber Sie haben völlig recht, natürlich wäre es eine Alternative gewesen, dass die Bayerische Landesbank neu und erheblich zugeschossen hätte. Ob ihr das aus ihrem eigenen Beihilfeverfahren möglich war, kann ich nicht sagen.

Und eine abschließende Bemerkung: Wenn ich rechnerisch richtig liege, hat die Bayerische Landesbank gut 5 Milliarden € mit der Hypo Alpe-Adria verloren. Sie können berechtigt sagen, es hätte eigentlich mehr sein sollen. Faktum ist, sie hat 5 Milliarden € für ein vergleichsweise kurzes Engagement von nicht einmal drei Jahren in Österreich verloren. Also zu sagen, da sei nur das Problem gewechselt, entspricht zumindest nicht meiner Sicht der Dinge.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Um Ihre Rolle zu verstehen: Das heißt, Sie haben diesen Eigentümerwechsel präferiert, weil Sie ja sagen: In Wirklichkeit waren sie ja schon Eigentümer. Kann man das so sagen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Nein, das kann man nicht so sagen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was haben Sie präferiert? Was war Ihre Präferenz?

Dr. Gottwald Kranebitter: Nein, nein, nein! Ich weise das zurück.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na was, „nein“? Sie hatten keine Präferenz, oder was?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich war in einer beratenden Rolle, nicht in einer entscheidenden Rolle.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich rede von Präferenz. Sie kennen das Wort, oder?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich glaube nicht, dass ich zu meinen Präferenzen Wahrnehmungen haben muss. Tatsache war ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Müssen Sie! Natürlich müssen Sie das, als Berater.

Dr. Gottwald Kranebitter: Herr Lugar, Tatsache war, dass in einer Situation, in der nach meiner Wahrnehmung alle Alteigentümer gesagt haben, wir wollen nicht oder wir können nicht, die Verstaatlichung der Bank eine valide Option zur Vermeidung der ansonsten drohenden Geschäftsaufsicht war.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also war das Ihre Präferenz? Ihre beste Wahl?

Dr. Gottwald Kranebitter: Es war genauso, wie ich es Ihnen jetzt gesagt habe, und ich kann es nicht besser formulieren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay. Dann halten wir fest, dass das genau das Gegenteil von dem war, was alle anderen wollten. Es wurde nämlich vom Finanzminister abwärts hier ausgesagt, dass man eben diese Notverstaatlichung nicht wollte und das nur zum Schluss, weil die anderen nicht wollten, wie Sie sagen, oder nicht konnten, machen musste. Das heißt, man ist gegen seinen Willen, gegen den Willen der Republik, zu etwas genötigt oder zumindest gezwungen gewesen. Und derjenige, der diesen Vorschlag präferiert hat, und das waren Sie, wird dann nachher als Belohnung zum Vorstandsvorsitzenden gemacht. Das ist ein bisschen eigenartig. Wie würden Sie das sehen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Herr Lugar, ich weise noch einmal Ihre Unterstellung zurück, die Sie zum fünften Mal wiederholen. Ich kann Ihnen dazu folgende Wahrnehmung sagen, die Ihnen vielleicht hilft: Nach meiner Wahrnehmung war die Frage der Lastenverteilung, die Frage von Verstaatlichung Ja oder Nein, die Rolle der Republik als Eigentümer oder Teileigentümer oder Nichteigentümer bis zuletzt offen. Nach meiner Wahrnehmung ist die Entscheidung zur Verstaatlichung erst sehr spät in der Verstaatlichungsnacht gefallen. Ich weiß nicht, wann. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Es hat einen einzigen Besuch des Ministers Pröll im 11. oder 12. Stock gegeben, der war um etwa 4 Uhr in der Früh, und zu diesem Zeitpunkt waren alle Optionen offen.

Es ist keinesfalls so, dass nach meiner Wahrnehmung zu einem Zeitpunkt vorher die Verstaatlichung mehr als eine der Optionen gewesen wäre, sondern sie war eine von mehreren. Warum es zur Verstaatlichung gekommen ist und wann genau, kann ich nicht sagen, weil ich nicht anwesend war. Aber was ich Ihnen sagen kann, und ich habe keinen Zweifel, dass das auch tatsächlich so richtig ist, ist, dass bis in die Morgenstunden des 14. Dezember 2009 die Frage Verstaatlichung Ja oder Nein und die Verteilung der Lasten völlig offen war und es erst sehr spät entschieden wurde, dass es zu einer Verstaatlichung kommt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber man kann trotzdem zusammenfassen, dass Sie diesen Vorschlag gebracht haben und dieser Vorschlag dann eins zu eins umgesetzt wurde.

Dr. Gottwald Kranebitter: Herr Lugar, das kann man nicht so zusammenfassen (Abg. Lugar: Doch, kann man!), und ich weise das auch entschieden zurück.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und wie man das zusammenfassen kann! Dann sagen Sie mir, wo es von Ihrer Präferenz abgewichen hat? Wo hat das Ergebnis von Ihrer Präferenz abgewichen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Weder die Präferenz ist – außer in Ihren Zusammenfassungen – vorgekommen noch der Vorschlag. Ich kann Ihnen dazu wiederholend sagen, dass eine der Möglichkeiten die Verstaatlichung war, dass ich auch heute der Meinung bin, dass es eine valide Möglichkeit war. Es war nicht meine Aufgabe, Präferenzen zu haben, sondern es war meine Aufgabe, Konsequenzen aufzuzeigen. Es war meine Aufgabe, aufzuzeigen, was die Bank braucht – 2,1 Milliarden –, und es war meine Aufgabe, zu zeigen, wie man das verteilen könnte. Es war meine Aufgabe – und dazu stehe ich auch –, durchaus meine Einschätzung abzugeben, dass die Bank in einer insolvenzbedrohten Situation keinen Unternehmenswert mehr hatte, und es war nicht meine Aufgabe, Präferenzen zu haben oder Vorschläge zu haben.

Ich kann nur wiederholen: Das zeigt sich schon daran, dass die Frage der Verstaatlichung zu einem viel späteren Zeitpunkt im Rahmen von Verhandlungen gefallen ist. Und zu den Beweggründen für die letztlich durchgeführte Verstaatlichung kann ich Ihnen auch keine Auskünfte geben.

Aber ich weise zurück, Präferenzen gehabt zu haben, ausgedrückt zu haben, und ich weise auch zurück, die Verstaatlichung oder, wie Sie auch gemeint haben, die Insolvenz als Erster aufs Tapet gebracht zu haben. Dazu hat es mich nicht gebraucht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, jetzt hatten wir schon eine mehrfache Wiederholung. Der Herr Klubobmann hat sein Statement wiederholt, und die Auskunftsperson hat ihre Ablehnung dagegen auch mehrfach deutlich wiederholt. Ich denke, das kann man jetzt dabei bewenden lassen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein, kann man nicht, nein! Und zwar deshalb, weil, wenn ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Dann wird darauf hinzuweisen sein, dass die Frage bereits hinreichend geklärt ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, dann weisen Sie darauf hin, da habe ich kein Problem. Da können Sie so viel hinweisen, wie Sie wollen! Wenn ein ...

Vorsitzende Doris Bures: Herr Klubobmann! (Zwischenrufe des Abg. Lugar.) Ich bin jetzt am Wort! Herr Klubobmann, ich verstehe die Aufregung jetzt gar nicht. Wir haben eine Verfahrensordnung. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Lugar.) Jetzt bin ich am Wort! Herr Klubobmann! (Abg. Lugar: Zur Geschäftsordnung!) Nein, ich bin am Wort, Herr Klubobmann! Herr Dr. Pilgermair hat darauf hingewiesen, dass Sie zum dritten Mal eine unterstellende Äußerung abgegeben haben. Herr Klubobmann, Sie können ja, und das ist Ihnen unbenommen, Ihren Standpunkt formulieren. Was aber nicht geht, ist, in diesen Zusammenfassungen etwas zu unterstellen. Das sieht § 41 eindeutig vor:

„Fragen dürfen nicht unbestimmt, mehrdeutig, verfänglich, (...) unterstellend sein“, und Fragen sind unzulässig, „in denen eine von der Auskunftsperson nicht zugestandene Tatsache als bereits zugestanden angenommen wird.“

Darauf hat er jetzt mehrfach hingewiesen. Im Sinne der Aufklärungsarbeit und der Befragung ersuche ich Sie, diesen richtigen Hinweis des Verfahrensrichters Dr. Pilgermair auch ernst zu nehmen und in Ihrer Befragung auch so fortzuschreiten. – Bitte, zur Geschäftsbehandlung.

*****

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Wenn ich einen Berater frage, was er denn beraten hat und welchen Standpunkt er in der Beratung eingenommen hat, und er mir weismachen will, dass er keinen Standpunkt eingenommen hat, und ich dann sage: Was haben sie dann beraten?, und er dann irgendwelche Antworten gibt auf Fragen, die ich nicht stelle, dann ist das keine Wiederholung, sondern das ist mein anscheinend hoffnungsloser Versuch, aus einem Berater die Antwort herauszubringen, was er denn um Himmels Willen beraten hat. Jeder Berater muss einen Standpunkt einnehmen, sonst ist er ja kein Berater. Also wenn ich mir einen Berater nehme und ihn frage: Was ist Ihr Standpunkt? Wie beraten sie mich?, und er sagt: Ich kann keine Präferenz einnehmen!, dann frage ich mich, ob ich im falschen Film bin.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, es ist Ihnen unbenommen, Ihren Standpunkt hier zu formulieren, es ist aber nicht möglich, dass Sie aus Ihrem Standpunkt der Auskunftsperson etwas unterstellen. Das ist der Punkt. Sie können die Fragen stellen, bitte stellen Sie sie konkret, nicht unterstellend, und gehen wir in der Befragung weiter!

*****

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gut, dann muss ich jetzt die Frage ein viertes, fünftes Mal stellen, und zwar: Was war Ihre Präferenz in der Beratung? Wie haben Sie wen beraten, und war es so, dass das, was letztlich von Ihnen beraten wurde, auch umgesetzt wurde? Das ist eine ganz einfache Frage! Und wo ist die Abweichung?

Dr. Gottwald Kranebitter: Meine Aufgabe war, den Vorstand dabei zu unterstützen, dass die Bank nicht insolvent wird, und mit ihm gemeinsam Möglichkeiten aufzuzeigen, wie das funktionieren könnte. Ich wiederhole mich noch einmal, weil Sie wieder das Wort Präferenz in den Mund nehmen: Es war nicht meine Aufgabe, Präferenzen auszudrücken, sondern Sachverhalte darzustellen, Konsequenzen aufzuzeigen. Und im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass mein Auftraggeber die Bank war und nicht die Republik Österreich oder jemand Dritter.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, das bringt mich immer noch zur gleichen Frage: Wie haben Sie beraten? Was haben Sie gesagt? Haben Sie gesagt, wir sollen das eine anstreben oder das andere anstreben, und wo war die Abweichung zwischen dem, was Sie beraten haben, was Sie empfohlen haben, und dem, was tatsächlich rausgekommen ist? Können Sie mir die Abweichung erklären?

Dr. Gottwald Kranebitter: Herr Lugar, wenn Ihre Meinung darin besteht, dass ein Berater ausdrücken würde, ob er gerne das eine oder das andere hätte, dann ist Ihnen das unbenommen. Das entspricht nicht meiner Beratungserfahrung und das entspricht nicht dem, wie ich in den letzten 30 Jahren gearbeitet habe.

Aufgabe war es, Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, Sachverhalte festzustellen, aufzuzeigen, welchen Kapitalbedarf die Bank hat, aufzuzeigen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Bank zu stabilisieren, und letztlich auch aufzuzeigen, was es bedeutet, wenn die Bank insolvent wird, welche Auswirkungen das für die schlagend werdenden Haftungen hat und haben kann. Sie entschuldigen, wenn ich mich wiederhole: Es ist und war nicht meine Aufgabe, Präferenzen zu haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na, dann sagen Sie die Lösungsvorschläge! Sie haben gesagt, Sie haben Lösungsvorschläge angeboten. Welche waren das?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die Lösungsvorschläge bestanden insbesondere darin, den Kapitalbedarf von 2,1 Milliarden € aufzuteilen. Der konkrete Vorschlag, der zwischen Pinkl, Schilcher und mir im Vorfeld der Sitzung ausgearbeitet wurde, sah, wenn ich das jetzt zahlenmäßig richtig in Erinnerung habe, vor, dass die Bayerische Landesbank 1,3 Milliarden oder 1 Milliarde und die Republik Österreich 800 Millionen beisteuert, und im Übrigen die Bayerische Landesbank kapitalwirksam das gesamte Nichtkerngeschäft, Leasinggeschäft und die Bank in Montenegro übernimmt und die Haftungen für die Refinanzierung, und die Kärntner Landesholding beziehungsweise das Land Kärnten den Tourismuskomplex KHBAG übernimmt. Damit sollte gemeinsam mit ergänzenden Liquiditätsmaßnahmen auf der einen Seite die Kapitalisierung, die Rekapitalisierung geschaffen werden und auf der anderen Seite auch der Liquiditätsbedarf abgedeckt werden. Das war der einzige konkrete Vorschlag, der gemeinsam mit der Bank ausgearbeitet wurde, der auch den versammelten Eigentümern am 7. Dezember als Diskussionsgrundlage unterbreitet wurde und der – wie Sie ja wissen – abgelehnt wurde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer hat den abgelehnt? Wissen Sie das noch?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ja, ich erinnere mich daran, dass der Vorschlag von der Bayerischen Landesbank, aber auch von der Kärntner Landesholding und dem Land Kärnten abgelehnt wurde. Hinsichtlich der Grazer Wechselseitigen Versicherung und der Mitarbeiter Privatstiftung bin ich mir nicht mehr sicher. Die Mitarbeiter Privatstiftung war ja durch den Generaldirektor Pinkl vertreten. Ich glaube aber auch, dass die GRAWE den Vorschlag abgelehnt hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, letztlich ist es dann die Totalverstaatlichung geworden, was nachweislich niemand wollte – außer Ihnen vielleicht. Das wissen wir nicht, das haben wir nicht herausgefunden. Das haben wir nicht herausgefunden, Sie haben sich ja nicht festgelegt. Deswegen bleibt trotzdem die Frage, warum man um Gesamtkosten von über 300 000 € über 120 Personen für den Vorstandsvorsitz castet und dann Sie nimmt, ohne dass Sie sich überhaupt beworben haben. Das ist ja doch etwas eigenartig. Wie würden Sie das einschätzen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Herr Lugar, da müssen Sie den Aufsichtsratsvorsitzenden und seinen Stellvertreter, das Präsidium befragen. Für meine Auswahl – mit Verlaub – bin ich nicht zuständig.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber haben Sie sich jemals den Kopf darüber zerbrochen, warum man Sie denn wollte und parallel ein Casting gemacht hat, das viel Geld gekostet hat und das man dann einfach verworfen hat und Sie freihändig besetzt hat? Das ist eigenartig, oder?

Vorsitzende Doris Bures: So, jetzt hat sich Herr Dr. Hoffmann zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Lugar: Den hab ich schon vermisst!)

*****

Verfahrensanwalt-Stellvertreter Dr. Klaus Hoffmann: Ja, ich möchte mich jetzt einmal zu Wort melden. Ich habe das jetzt die ganze Zeit verfolgt, Herr Abgeordneter. (Abg. Lugar: Ja, das hoffe ich!) Ich muss im Interesse der Auskunftsperson sagen, dass Sie mit persönlichen Unterstellungen arbeiten, die in die Richtung eines unehrenhaften Verhaltens gehen. Wenn Sie sagen, er hat ein persönliches Interesse, er sei später durch ein Vorstandsmandat belohnt worden, hat das mit einer seriösen Untersuchung nichts zu tun. (Abg. Lugar: Sie haben nicht aufgepasst!) Das ist unterstellend und greift in Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson ein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung): Ich verwehre mich da auf das Entschiedenste! Also ich finde das eine Zumutung, dass Sie das behaupten, wo ich das nachweislich nicht gesagt habe. Sie können sich gerne das Protokoll anschauen! Das habe ich in keinster Weise so gesagt, wie Sie das hier behaupten, und das ist von Ihrer Seite eine Zumutung; und wirklich eine Zumutung.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Klubobmann Lugar, was Ihre Fragestellungen betrifft, schließe ich mich der Meinung des Verfahrensanwalts an. Ich habe das auch vorher schon ausgeführt. Ich verweise noch einmal auf die Verfahrensordnung, die für alle Mitglieder dieses Ausschusses gilt.

Sie haben jetzt noch eine halbe Minute Fragezeit. Ich würde Sie bitten und fordere Sie auf, dass Sie die Ausführungen des Verfahrensanwalts und des Verfahrensrichters ernst nehmen und diese Fragestellungen, die unterstellend und beleidigend sind, nicht mehr formulieren. Bitte, Sie haben noch eine halbe Minute Zeit, um Fragen zu stellen!

*****

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich werde jetzt keine Frage stellen, sondern eine Zusammenfassung machen.

Vorsitzende Doris Bures: Ihrer Meinung!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Erstens unterstelle ich niemandem irgendetwas, sondern ich vermute gewisse Dinge und versuche in der Befragung, meine These zu untermauern, und nichts anderes tun wir hier im Untersuchungsausschuss. Wir haben eine These, die wir zu untermauern versuchen. Und meine These ist ganz einfach, dass Herr Kranebitter geholt wurde, um etwas zu tun. Das wurde dann auch getan, und letztlich wurde er dann in den Vorstand berufen, und das Ganze schaut aus meiner Sicht nicht gut aus. Das ist die Frage, die ich gestellt habe. Der Herr Kranebitter hat das in Abrede gestellt. Das soll so sein, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich die Dinge anders sehe, und es ist mein gutes Recht, das anders zu sehen.

Vorsitzende Doris Bures: Nächster Fragesteller: Herr Abgeordneter Dr. Hable.

Dr. Gottwald Kranebitter: Entschuldigen Sie, Sie erlauben mir, dass ich dazu etwas ergänze?

Es ist Ihr gutes Recht, meine Qualifikation infrage zu stellen. (Zwischenruf des Abg. Lugar.) Ich möchte dazu Folgendes sagen: Es hat in den dreieinhalb Jahren meiner Tätigkeit als Vorstand vom dazu berufenen Gremium, nämlich dem Aufsichtsrat, der, wie Sie wissen, auch durchaus wechselnd besetzt war, zu dem auch neue Personen dazugekommen sind – und ich schließe da den Betriebsrat mit ein –, nicht ein einziges Mal eine Situation gegeben, in der an meiner Person Zweifel geäußert wurden, und das ist zumindest für mich im Rückblick ein Beweis dafür, dass von den dazu berufenen Personen die Beurteilung meiner Person so war, wie ich sie Ihnen beschrieben habe.

Ich möchte jede Unterstellung, aus bestimmten Erwägungen, die nichts mit meiner Qualifikation zu tun haben, in den Vorstand berufen worden zu sein, entschieden zurückweisen. Es war nicht so.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Kranebitter, kommen wir zur Phase III, beginnend mit dem Jahr 2010! Sie waren Mitglied des Lenkungsausschusses der CSI Hypo. Sie werden auch von Herrn Peschorn im Buch von Richard Schneider mit der Aussage, mit den Worten – also kritisch zum Aufklärungswillen – zitiert: eine die Bank lähmende Fokussierung auf Gestriges.

Sie haben das auch heute im Eingangsstatement in ähnlicher Form wiederholt, Sie haben von einer Beschädigung von Verkaufsprojekten – so, glaube ich, haben Sie es genannt – durch diese Aufklärung gesprochen. Meine erste Frage: Was haben Sie gegen die Tätigkeit der CSI Hypo? Was haben Sie gegen die Aufklärung der Malversationen der Vergangenheit?

Dr. Gottwald Kranebitter: Gar nichts. Ganz im Gegenteil, es liegt auch in meiner Vorstandsverantwortung – das habe ich auch immer so gesehen –, die Vergangenheit aufzuklären und die Ursachen des Vermögensverfalls zu beschreiben.

Der Widerspruch oder der Konflikt war auch gar nicht in der Grundintention begründet, sondern in der Umsetzung, und die Umsetzung hat meines Erachtens zwei grundlegend unterschiedliche Absichten gezeigt: die Absicht der CSI Hypo unter der Leitung der Finanzprokuratur – sie hatte nun einmal den Auftrag, die Vergangenheit lückenlos aufzuklären, hat dazu ein sehr, sehr enges Raster entwickelt, mit dem klar war, dass über 1000 Fälle zu untersuchen sein würden –, und die Bank und auch ich persönlich, gestützt durch meine Vorstandskollegen und den Aufsichtsrat, waren der Ansicht, dass der wirtschaftliche Maßstab wesentlich ist, also die Frage: Was kommt heraus, wenn ich einen Euro einsetze, ob das jetzt Mitarbeiter sind oder ob das Beratungskosten sind? Was kann dabei herauskommen? – Ich sehe es – ich wiederhole mich da noch einmal – als Investitionsentscheidung.

Die Sichtweisen und die Aufträge der Finanzprokuratur einerseits und der Bank andererseits waren da unterschiedliche. Ich glaube, dass der Konflikt, wenn man so will, leider vorprogrammiert war, letztlich auch nicht lösbar war. Ich habe mich auch regelmäßig in der Situation befunden, dem Aufsichtsrat Rede und Antwort stehen zu müssen für die Beratungskosten, die anfallen, für die Mitarbeiter, die dafür abgestellt werden.

Ich stehe aber voll und ganz für eine Aufklärung mit wirtschaftlicher Vernunft. Ich habe das auch mehrfach bewiesen. Wenn Sie die Aufsichtsratsprotokolle gerade im Jahr 2010 und 2011 lesen, dann werden Sie feststellen, dass ich derjenige war, der das Projekt CSI Hypo gegenüber dem Aufsichtsrat auch vertreten und in manchen Fällen auch verteidigt hat, weil der Aufsichtsrat da noch eine deutlich schärfere Position vertreten hat, und ich möchte bei der Gelegenheit auch erwähnen, dass ich auch ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Kranebitter, ich muss Sie unterbrechen! (Auskunftsperson Kranebitter: Bitte!) Ich bitte, das auch nicht auf meine Redezeit anrechnen zu lassen, das ist eher eine Meldung zur Geschäftsbehandlung. Ich bitte Sie darum – ich wollte es schon am Anfang machen –, die Fragen, soweit möglich, kurz und prägnant zu beantworten.

Die Sitzung hat knapp nach 10 Uhr begonnen, jetzt ist es 13 Uhr, fast drei Stunden sind vorbei, und meine Fraktion ist die vierte von sechs in der ersten Runde. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Wenn wir in dem Tempo weitermachen, dann müssen Sie noch ein zweites und ein drittes Mal kommen, also es wird sich für Sie auch nichts ändern. Ich bitte also, sofern es geht, kürzer und prägnanter zu antworten. (Auskunftsperson Kranebitter: Ich werde mich bemühen!) – Bitte. (Die Auskunftsperson schweigt.) – Also Antwort fertig? (Die Auskunftsperson bejaht dies.) – Gut, hat geholfen, danke. (Heiterkeit.)

Wie oft oder in wie vielen Fällen haben Sie denn dann gesagt: Bitte nicht verfolgen, denn es zahlt sich wirtschaftlich nicht aus!?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die Nichtverfolgung oder Verfolgung war Aufgabe des Lenkungsausschusses, nicht des Vorstands allein. Das heißt, da ist kollektiv entschieden worden, und ich kann mich an keinen einzigen Fall erinnern, in dem gegen den Willen der CSI Hypo eine sinnvoll erscheinende Aufarbeitung vom Vorstand unterbunden worden wäre.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Oder gebremst zumindest? (Auskunftsperson Kranebitter: Bitte?) – Oder ist es gebremst worden?

Dr. Gottwald Kranebitter: Nicht ein einziges Mal.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also, es ist eh schön, wenn es so gewesen ist. Ob es so war, werden wir ohnehin noch in der Phase III ausreichend beleuchten, aber ich stelle mir schon die Grundsatzfrage, warum man überhaupt gegen die Tätigkeit der CSI Hypo argumentiert. Frau Griss hat das ja auch gemacht, nämlich mit demselben Argument wie Sie: Man müsste ja ausrechnen, ob es sich auszahlt, die Bankräuber zu verfolgen.

Also dass das aus rechtsstaatlichen Gründen überhaupt eine absurde Idee ist, die Bankräuber nicht zu verfolgen, lasse ich mal dahingestellt, aber die Rechnung selbst kann ich auch nicht nachvollziehen, denn wir wissen ja, zumindest nach heutigem Stand, aber auch nach damaligem Stand – also nach heutigem Stand mindestens 15 Milliarden Schaden, damals war auch sicherlich schon klar, dass es Milliarden sind, die da auf dem Spiel stehen, wovon ein signifikanter Anteil aufgrund von Malversationen verloren gegangen ist –: Das sind ja Milliarden, die da zurückzuholen sind. Wie kann sich das denn nicht auszahlen? Wie können Sie aus dem normalen Geschäftsbetrieb der Bank das verdienen, was Sie bei diesen Milliarden, die Sie von den Bankräubern zurückholen können, holen könnten?

Dr. Gottwald Kranebitter: Herr Dr. Hable, zum einen: Ich stimme Ihnen uneingeschränkt zu, Bankräuber sind zu verfolgen. Die Strafverfolgung ist aber nicht Aufgabe der Bank, sondern der dazu berufenen Organe des Staates, und nicht jeder, der einen Kredit vergeben hat, der später notleidend wurde, ist ein Bankräuber, nicht jeder, der das gemacht hat, ist untreu gegenüber der Bank. Das heißt, auch da ist selektiv vorzugehen, und ja, ich stehe zu meiner Aussage: Ich halte es für notwendig, wirtschaftlich sinnvoll vorzugehen.

Die Milliarden, die man zurückholen könnte, die Sie ansprechen, fürchte ich, sehe ich nicht. Das wirtschaftliche Ergebnis der Aufarbeitung der Vergangenheit ist überschaubar. Ich stehe zu jeder Aktivität der Aufarbeitung, ich stehe aber auch dazu, dass ich ab dem Zeitpunkt, an dem ich festgestellt habe, dass die Bank – und die Restrukturierung der Bank – darunter leidet, eine Aufarbeitung mit wirtschaftlicher Vernunft gefordert habe.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel, bevor Sie mich ob der Länge mahnen: Auch die große deutsche Bad Bank HETA Real Estate hatte die Vergangenheit aufzuarbeiten. Ich habe den Vorstand gefragt: Wie haben denn Sie das gemacht?, und er hat gesagt: Ganz einfach, wir haben ein Jahr lang einen großen internationalen forensischen Berater beauftragt, der hat sehr viel Geld bekommen – ich kann mich an den Betrag nicht mehr erinnern –, das Konvolut haben wir der Staatsanwaltschaft übergeben.

Auch das ist ein zulässiger Weg. In der Hypo Alpe-Adria ist ein anderer Weg beschritten worden, und ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Warum ist denn ein anderer Weg beschritten worden?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe es in meinem Einleitungsstatement ausgeführt: Meiner Wahrnehmung nach gab es in der Verstaatlichungsnacht oder nach der Verstaatlichung ein politisches Versprechen, jeden Beleg zweimal umzudrehen, und das ist von der Leitung der Finanzprokuratur – sicher in bestem Wollen – ausgeführt worden. Aber dort, wo es nicht zum Nutzen der Bank war, musste ich meine Vorstandsfunktion wahrnehmen und habe das auch getan.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie haben recht, die Strafverfolgung ist an sich nicht Aufgabe der Bank, allerdings können die Behörden auch ohne Unterlagen der Bank nichts machen. Meine Frage daher: Sind der CSI Hypo oder den entsprechenden Behörden immer vollständig alle Unterlagen von der Bank zur Verfügung gestellt worden, damit diese ihre Tätigkeit erfüllen können?

Ich frage das auch vor dem Hintergrund, weil die Hypo – jetzt HETA – bis heute dem Untersuchungsausschuss jedes signifikante Dokument verweigert, also: Hat die Hypo schon damals das gemacht, was sie heute beim Untersuchungsausschuss macht?

Dr. Gottwald Kranebitter: Herr Dr. Hable, immer alles vollständig, das gibt es in der realen Welt nicht und das hat es auch in der Hypo nicht gegeben, dazu war sie zu groß, zu komplex und hatte zu viel Historie.

Was ich versucht habe und was streckenweise auch gut gelungen ist, ist, das Mögliche zu tun, wozu wir mit den Ressourcen, die wir hatten, in der Lage waren. Ich darf Ihnen dazu nur eine Zahl nennen: Wir hatten Ende 2011 60 Mitarbeiter, die mittelbar und unmittelbar mit der Aufarbeitung der Vergangenheit beschäftigt waren. Das ist viel Geld, das ist Geld des Steuerzahlers, das ist auch sehr viel Störung für die Restrukturierung der Banken.

Sie dürfen nicht vergessen: 1 000 Fälle, das heißt zig oder möglicherweise Hunderte von Verfahren, in die die Bank verfangen ist, und Sie werden nicht verwundert sein, wenn ich Ihnen sage, dass auch bei den Verkaufsbemühungen, die wir hatten – ob das Österreich betraf, ob das Südosteuropa betraf –, die Verfangenheit der Bank in viele Verfahren nicht förderlich war. Ein neuer Käufer will mit dem Thema nichts zu tun haben, weshalb eine meiner Überlegungen – oder sagen Sie: Forderungen – auch darin bestand, die Tätigkeit der CSI Hypo auf den Abbauteil zu konzentrieren, möglicherweise, wenn man eine Bad Bank vorher eingerichtet hätte, auf die Bad Bank zu konzentrieren.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie liefern mir das Stichwort. Dazu komme ich jetzt. Sie haben das auch in Ihrem Einleitungsstatement ausgedrückt: Ihre erste Priorität wäre die Bad Bank gewesen. Aber vielleicht vorab noch: Also, Sie haben die Hypo Alpe-Adria vor dem Beginn des Vorstandsmandates beraten. Was hat diese Beratungstätigkeit in diesen ersten Monaten des Jahres 2010 umfasst?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die ersten Monate des Jahres 2010 haben sich auf die Folgewirkungen der Verstaatlichung in Kapitalsicht, in Liquiditätssicht, Kommunikation mit den Aufsichtsbehörden konzentriert und das hat auch die Erstellung beziehungsweise Berücksichtigung der Folgen der Verstaatlichung und der Kapitaleinschüsse im Umstrukturierungsplan mit umfasst, der im März 2010 der Europäischen Kommission vorzulegen war.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das heißt, Sie haben zu diesem Umstrukturierungsplan beraten. Das war ein Teil Ihrer Tätigkeit? (Auskunftsperson Kranebitter: Ja!) – Gut, dann lege ich jetzt ein Dokument mit der Nummer 3543 vor, das ist die Seite 2, und bitte um Durchsicht und Rückmeldung, wenn Sie fertig sind; dann mache ich weiter. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Gottwald Kranebitter: Bitte, ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Es geht also genau um die Frage: Was war die Intention, was war die Hauptoption mit der Bank? Was tut man mit der Bank? Diese Seite ist, wie gesagt, ein Auszug aus diesem Umstrukturierungsplan oder dessen, was vorher intern dazu vorbereitet worden ist, zu dem Sie ja, wie Sie gerade bestätigt haben, beraten haben.

Da sind fünf Optionen genannt, was denn mit der Bank jetzt zu tun ist, und aus diesem Dokument geht ganz klar hervor, dass die Nummer-eins-Option, die „Hauptoption“, der Fortbestand ist und die Bad Bank keine Option ist, und zwar auch insoweit keine Option ist, weil hier schon in der Legende dieser Grafik festgehalten ist: Das wäre eine Option, die würden wir der Europäischen Union gar nicht mitteilen, deswegen ist sie auch nicht grün markiert, also im EU-Bericht nicht dargestellt. Grün markiert ist das, was man als Option verfolgt und was man auch der EU-Kommission mitteilt.

Wie passt das jetzt zusammen mit Ihrer Aussage, dass Sie von Anfang an die Variante Bad Bank verfolgt haben, wenn doch hier laut diesem Dokument genau das Gegenteil verfolgt wird, nämlich der Fortbestand, und die Bad Bank ausgeschlossen wird?

Dr. Gottwald Kranebitter: Darf ich Sie noch einmal fragen, welches Datum das Dokument trägt?

Vorsitzende Doris Bures: Zweite Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): 26. März 2010.

Dr. Gottwald Kranebitter: Ja, und hat das Dokument einen Titel? (Abg. Hable: „Umstrukturierungsplan“!) – „Umstrukturierungsplan“ heißt das Dokument. Haben Sie die Titelseite da? (Abg. Hable: Sie müssten sie ohnehin sehen, nur umdrehen!) – Ah (das Schriftstück umdrehend), entschuldigen Sie! Okay! Ich kann überhaupt keinen Widerspruch zu dem, was ich ausgeführt habe, erkennen. Ich habe, glaube ich, in meinem Einleitungsstatement sehr deutlich gemacht, dass die Frage der Bad Bank oder meine Überzeugung – nicht nur meine, sondern auch die Überzeugung des gesamten Vorstands –, dass die Bank auch gesellschaftsrechtlich geteilt werden müsse, nach der Bestandsaufnahme, das heißt, frühestens im zweiten Quartal 2011, gereift ist.

Ich habe – darauf haben Sie sich möglicherweise bezogen – auch gesagt, dass es 2010 erste Überlegungen gab, aber nicht, weil ich überzeugt war, auch das habe ich gesagt, sondern weil die EU als Teil der abzuarbeitenden Fragen von der Bank verlangt hat, dass sie neben dem Fortbestand auch andere Szenarien, wie Sie sie hier sehen, unter anderem die Bad Bank ... Das ist eine ausdrückliche Frage des EU-Fragenkataloges, der musste beantwortet werden. Und ja, damals war die Sicht auch der Bank – im März 2010 –, dass die Kreditrisken so bevorsorgt worden wären, dass ein Fortbestand der Bank und ein paralleler Abbau ohne gesellschaftsrechtliche Abtrennung möglich sei.

Das hat im Kern damit zu tun, dass man damals davon ausgegangen ist, dass man kein zusätzliches Kapital brauchen würde und dass das Neugeschäft – das gute Neugeschäft – das schlechte Altgeschäft in der Fortentwicklung der Bank kompensiert. Das war damaliger Erkenntnisstand, und der ist hier korrekt wiedergegeben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich lege ein Dokument mit der Nummer 22366 vor, Seite 15. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Ich bitte wieder um Durchsicht, dann mache ich weiter – Randziffer 65 und 66. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Gottwald Kranebitter: Bitte, Herr Dr. Hable.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Es handelt sich um ein Dokument der Europäischen Kommission, datiert vom Dezember 2009, unmittelbar nach der Hypo-Übernahme, in dem die Kommission im Rahmen des Beihilfeverfahrens unmissverständlich feststellt, dass sie große Zweifel hat, was die Lebensfähigkeit der Hypo Alpe-Adria betrifft, und dass man ernsthaft in Erwägung ziehen soll, die Bank einfach abzuwickeln.

Ein paar Wochen später kommt dann dieser Umstrukturierungsplan, wo genau das nicht gemacht wird, sondern man geht von Fortbestand aus. Wie kommen Sie zu einem völlig anderen Bild als die Kommission, die das ja schon damals ganz genau durchschaut hat?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich kenne das Dokument nicht. Ich sehe das – zumindest erinnerlich – zum ersten Mal, und die Wortwahl der serious concerns ist eine, die kommissionstypisch ist. Aus der Sicht der Kommission war die Bereinigung – wenn Sie so wollen, die Eliminierung eines Beihilfeempfängers – die präferierte Variante, zumal die Bank ja wiederholt Beihilfeempfängerin war, und das hat sie zum Ausdruck gebracht.

Nichtsdestotrotz war es die Aufgabe der Bank, eine Variante vorzuschlagen, die auf den Fortbestand der lebensfähigen Teile Bezug genommen hat. Der Restrukturierungsplan des Jahres 2010 ist ja auch ein schwerer Einschnitt. Er sieht etwa eine Halbierung der Bank bis Ende 2014 vor, auf eine Bilanzsumme von etwas über 25 Milliarden €, was im Übrigen auch schon Ende 2013 erreicht wurde. Also: Massive Einschnitte Ja, aber es hat nicht nur in Österreich, sondern auch in ganz Zentral- und Osteuropa, jedenfalls dort, wo die Bank eine Rolle gespielt hat, gegensätzliche Intentionen gegeben, nämlich ein Fortbestand der Marktteilnehmer ... Orderly Wind-Down oder die Möglichkeit eines – ich glaube, so heißt es – Orderly Wind-Down der Bank kann die Intention der EU gewesen sein, die Intention der Republik Österreich kann es nicht gewesen sein, wenn ich daran erinnern darf, dass in allen Beihilfeverträgen der Republik, in allen Kapitalmaßnahmen die Ausrichtung der Bank auf Nachhaltigkeit ausdrücklich festgeschrieben ist. Das heißt, die Bank hatte gar nicht die Möglichkeit zu sagen: Nein, wir erfüllen die Verträge nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das Beihilfeverfahren ist ja kein Wunschkonzert. Die Republik Österreich kann ja nicht sagen: Es interessiert uns nicht, was die Kommission sagt!, sondern die Kommission hält sich an die Rechtsgrundlagen. Und die Rechtsgrundlagen sind sehr klar: Wenn diese Bank nicht lebensfähig ist, dann dürfen dort keine weiteren Beihilfen hineinfließen, weil sie sonst den ganzen Markt verzerren. Sie schädigen den ganzen Bankensektor. Und deswegen ist die Frage, ob die Bank lebensfähig ist, die zentrale Frage überhaupt.

Dr. Gottwald Kranebitter: Darf ich dazu nur eine Anmerkung machen? – Von den acht Banken ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Eine Frage wollte ich dazu jetzt noch anhängen. (Auskunftsperson Kranebitter: Bitte, ja!) Trotz all dieser negativen Berichte – OeNB-Bericht, PwC-Asset-Review, Europäische Kommission hält das Ding für nicht lebensfähig –: Auf welcher Grundlage – Zahlen, Daten und Fakten – sind dann Sie als Vorstandsvorsitzender mit dem Fortbestand losgestartet?

Dr. Gottwald Kranebitter: Darf ich mir doch noch eine Anmerkung zu Ihrem Statement von vorhin erlauben? – Von den acht Banken, mit denen die Hypo Alpe-Adria in die Verstaatlichung gestartet ist, sind alle Banken, mit Ausnahme der italienischen Bank, verkauft worden, und zwar als Fortbestandsbanken – zweifellos extrem geschrumpft, aber die Fortführungsfähigkeit unter neuen Eigentümern ist ohne Zweifel ein Nachweis dafür, dass ein geschrumpfter Kern der Banken fortführungsfähig ist. Das wird man vielleicht in fünf Jahren anders sehen, aber die Einschätzung war nicht falsch, sondern sie war treffsicher richtig.

Und zu Ihrer Frage der Annahmen, mit denen der neue Vorstand gestartet ist: Die Annahmen haben sich darauf bezogen, dass glaubhaft eine vollständige Risikobereinigung durch den Asset Review vorgenommen wurde, haben sich auf die Einschätzung des Vorgängervorstands bezogen, der sehr deutlich gemacht hat, dass er sogar meint, dass überbevorsorgt sei, haben sich darauf bezogen, dass ich durchaus davon ausgegangen bin, dass zweieinhalb Jahre Führung unter der Bayerischen Landesbank mit neuen Kreditprozessen Erfolge gezeitigt haben, und ich bin auch davon ausgegangen – und konnte auch davon ausgehen –, dass die Bank im Kern funktionsfähig ist, Restrukturierungsbedarf hat, aber der Restrukturierungsbedarf so ist, dass die Bank im Kern bestehen bleiben kann.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Kranebitter, Ihr Argument zieht nicht. Die Südosteuropa-Töchter sind nicht verkauft worden, sie sind verschenkt worden, und sehr viel österreichisches Steuergeld wird gerade und wird auch noch in Zukunft nachgeschossen, denn die Käufer haben sich nämlich tatsächlich einen Gewährleistungskatalog hineinverhandelt. Also das ist – sorry, das muss ich sagen – kein Argument für mich.

Aber wenn wir schon beim Thema SEE-Netzwerk sind: Da hat es ja damals dann im Mai oder im Jahr 2011 Verkaufsbestrebungen gegeben, auch eine Due Diligence des potenziellen Käufers, nämlich der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und der Weltbank, wo es ...

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich mache Sie auf die Redezeit aufmerksam. Sie müssen jetzt die Frage formulieren.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich bin am Ende der zweiten Runde?

Vorsitzende Doris Bures: Ja, aber wir gehen in eine dritte Runde. (Abg. Hable: Ja, das ist aber ...! Zwischenruf des Abg. Matznetter. – Abg. Angerer: Bei der nächsten Ladung!)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, dann kann ich jetzt schon ankündigen, Herr Dr. Kranebitter: Sie müssen zumindest noch einmal kommen, denn das hat so wirklich wenig Sinn, um alles durchzubringen.

Aber können Sie uns einmal schildern, was denn das Ergebnis dieser Due Diligence von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und der Weltbank war?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die EBRD und die Weltbank haben sich die Südosteuropa-Banken mit Ausnahme von Slowenien angesehen und haben festgestellt, dass sie in diese Banken erstens nur mit Minderheitsbeteiligungen und zweitens nur nach einem Kapitalzuschuss einsteigen würden. Sie haben auch zusätzliche Wertberichtigungen verlangt und am Ende klargemacht, dass sie auch nur mit Rückkaufgarantien – wenn nicht innerhalb einer gewissen Zeit Verkäufe an einen strategischen Partner erfolgen würden – einsteigen werden. Am Ende hat sich das Interesse der EBRD auf eine Finanzierung der kroatischen Bank beschränkt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Vielleicht darf ich noch nachschießend ergänzen, was diese Due Diligence ergeben hat.

Vorsitzende Doris Bures: Aber nur kurz!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Bitte nur für das Protokoll ein, zwei Sätze im Anschluss, Frau Präsidentin: Die Kreditkultur ist eine Katastrophe, die Kreditqualität ist eine Katastrophe. Weltbank und Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung verstehen nicht, warum nach wie vor Leute in der Bank tätig sind, die unter anderem für 46-prozentige Ausfallsquoten verantwortlich sind. Das heißt, die Leute, die das alles verbrochen haben, sitzen weiter in der Bank, nämlich auch im Jahr 2011 noch.

Also spätestens dann – wenn nicht, wie Sie sagen, Anfang 2010 – müssten Sie ja die Katastrophe gesehen haben. Warum sind Sie da nicht auf den Gedanken gekommen, erstens die Leute auszutauschen und zweitens die Bank zuzusperren?

Dr. Gottwald Kranebitter: Zum einen, um es zeitlich richtig einzuordnen: Die EBRD hat ihre Due Diligence im vierten Quartal 2010 gemacht und nicht 2011. Die Mängel, die aufgelistet werden, die wir zu einem Teil genau so gesehen haben – nicht in allen Fällen, aber zu einem Teil –, sind alle aufgegriffen worden. Und soweit es möglich war, soweit wir die Mängel auch als solche erkannt haben, haben wir auch agiert.

Ihre Frage, warum ich die Bank nicht zugesperrt habe, kann ich nur so beantworten, dass das Zusperren der Bank weder mit dem Auftrag der Republik in Einklang zu bringen gewesen wäre, noch eine wirtschaftlich vernünftige Lösung gewesen wäre mit ... (Abg. Hable: Was war der Auftrag der Republik?) – Bitte? (Abg. Hable: Was war der Auftrag der Republik?) – Der Auftrag der Republik – ich habe es schon ausgeführt –: In allen Kapitalmaßnahmen, die die Republik gesetzt hat, angefangen mit dem ersten Partizipationskapital, war die Ausrichtung der Bank jene auf Nachhaltigkeit, und unter Nachhaltigkeit verstehe ich nicht Zusperren, eine ausdrückliche Auflage. Wenn Sie mit Zusperren Insolvenz meinen – denn nur das kann es ja bedeuten, denn in dem Moment, in dem Sie sagen, Sie sperren zu, fließen Einlagen ab, sind Sie zahlungsunfähig –, hätte ... (Abg. Hable: Wind-Down?) – Ja, Wind-Down ... Herr Dr. Hable, mehr als die Hälfte der Bank, weit mehr als die Hälfte der Bank war auf Wind-Down gestellt, und damit sind auch die Anforderungen der Europäischen Kommission diesbezüglich erfüllt worden: kein Leasinggeschäft mehr, in den meisten Banken nur mehr sehr reduziertes Neugeschäft.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Dr. Kranebitter, ich möchte gleich dort fortsetzen, wo wir in der Befragung von Kollegen Hable angefangen haben.

Als Sie die Vorstandsfunktion im Jahr 2010 übernommen haben – das haben Sie vorher ausgeführt –, hat es ein Jahr gedauert, um festzustellen, was in der Bank wirklich schiefläuft. Was war denn davor? – Sie sind ja nicht der erste Vorstand gewesen.

Dr. Gottwald Kranebitter: Ja, ich weiß nicht, ob ich da der richtige Befragte bin. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Ich würde darauf so antworten, dass man bis Ende 2007, wahrscheinlich bis Ende 2008, der Meinung war, dass in der Region unbegrenztes Wachstum und unbegrenzte Geschäftsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, dass man die Risken schlicht und einfach nicht gesehen hat.

Die Bayerische Landesbank hat vermutlich eher eine Fernsteuerung vorgenommen, als vor Ort zu sein und sich ihre Tochterbank wirklich anzusehen. Und mit dem Asset Review durch PwC in der zweiten Jahreshälfte 2009 war man der Meinung, alles erfasst zu haben.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Wie hat sich aus Ihrer Sicht dann die Verschärfung der Situation dargestellt? – Ich darf daran erinnern, dass Sie in öffentlichen Aussagen noch Mitte 2010 sehr optimistisch waren, was die mögliche Restrukturierung der Bank, insbesondere einen möglichen Verkauf des SEE-Netzwerkes bis Mitte 2012 betrifft, um insgesamt einen Preis erzielen zu können, der die damals 1,5 Milliarden, die der Bund zur Verfügung gestellt hat, wieder hereinbrächte. Wann mussten Sie diesen Optimismus beenden?

Dr. Gottwald Kranebitter: Den Optimismus, den ich zweifellos hatte – 2010 war auch operativ durchaus ein vernünftiges Jahr, allerdings mit der Erkenntnis, dass die Assets weit riskanter waren als gedacht –, habe ich Mitte 2011 nach Vorliegen der Jahresbilanz 2010 begraben, was den Zustand der Bank anbelangt. Nicht begraben habe ich den Optimismus, was die Fortführung der Geschäftstätigkeit anbelangt, weil 2011 auch noch ein konjunkturell vergleichsweise gutes Jahr war.

Die wirklichen Einbrüche der Wirtschaft in Südosteuropa und die Probleme, die sich infolge der Staatsschuldenkrise gezeigt haben, waren dann erst im Laufe des Jahres 2012 zu spüren. Aber mit Mitte 2011 oder nach Vorliegen der Bilanz 2011 war klar: mehr Risiko als gedacht und mehr Restrukturierungsaufwand als gedacht.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Wie ist Ihrer Einschätzung nach der Einfluss dieses Beihilfeverfahrens und der Stellungnahme der Kommission vom damaligen Kommissar Almunia abwärts zu bewerten? Hätte es die Auflagen und die Einschränkungen im Beihilfeverfahren nicht gegeben, wäre diese Restrukturierung gelungen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das ist sicher nur ein Faktor, und dieser eine Faktor, würde ich sagen, hätte nicht gereicht. Die Bank ist sicher mit dem Kapitalbedarf, der im September 2011 von der Finanzmarktaufsicht verkündet wurde, in eine Situation gekommen, aus der sie sich aus eigener Kraft nicht befreien konnte.

Die Bank musste für den Abbauteil genauso wie für die Banken Kapital vorhalten. Damit war das – wenn nicht rasche Verkäufe gelingen würden, was auf dem Markt nicht möglich war – ein zwangsläufiger nächster Beihilfefall. Und das hat uns vor der Europäischen Kommission in eine Situation der Ausweglosigkeit gebracht.

Wir haben auch versucht, ob allenfalls eine nicht gesellschaftsrechtlich abgetrennte Bad Bank, sondern eine interne Bad Bank vom Regulator die Zustimmung finden würde, ohne Kapitalunterlegung auszukommen. Das war aber nicht der Fall. Die OeNB hat gesagt: Bank ist Bank.

Damit war der Weg vorgezeichnet: Wir brauchen wieder Kapital!, und die Europäische Kommission hat dem Umstand, dass wir ohnehin weit mehr als die Hälfte aus dem Markt genommen haben – also das war gar nicht mehr wettbewerbsrelevant –, nicht Rechnung getragen oder nicht Rechnung tragen können.

Durch den sogenannten Almunia-Brief hat sich zweifellos die Situation dramatisch verschärft, da damit auch klar war, dass die Europäische Kommission auf Verkäufe in einer Zwangssituation, auf eine Ausverkaufssituation hin drängt, und jeder weiß, wenn Sie unter Druck verkaufen, verkaufen Sie zu einem schlechten Preis. Das ist auch ein maßgeblicher Grund für die heute schon dargestellte wirtschaftliche Komponente des Südosteuropa-Verkaufs.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich setze gleich mit den Konsequenzen daraus fort: Was das Verbot des Neugeschäfts betrifft, war ja eine der entscheidenden Fragen, ob die Töchter noch Fremdwährungskredite – nämlich aus der Sicht der Zielländer –, also Eurokredite als Beihilfenmaßnahme ausgeben dürfen. Ich habe es nicht verstanden, warum eine solche Maßnahme vorgeschrieben wird, denn das kann nicht beihilfenrelevant sein, weil alle anderen Mitbewerber ebenfalls Eurokredite ausgeben. Das würde ja eine umgekehrte Form von Wettbewerbsnachteil nach sich ziehen. Wie ist da Ihre Einschätzung?

Dr. Gottwald Kranebitter: Es war nicht nur dieses Verbot, es gab auch noch Eingriffe ins Mortgage-Loan-Geschäft, es gab Eingriffe ins Public-Finance-Geschäft, aber Ihr Beispiel ist ein schwerwiegendes. Es wurde uns – wie ich heute überzeugt bin – aufgrund eines Fehlers, eines schlichten Schreibfehlers verboten, in Serbien Eurogeschäft zu machen, und das in einer Situation, in der drei Viertel des Bankgeschäftes in Serbien in Euro abgewickelt wird. Wir haben auf den Fehler aufmerksam gemacht. Es war nur leider schon zu spät – die einzige Ausnahme, die gemacht wurde, war Kroatien –, die Kommission war nicht mehr bereit, diese Neugeschäftsrestriktion zu verändern, diese Anpassung zu machen, und es war so, dass diese Restriktionen bis zum Verkauf des Südosteuropa-Netzwerkes auch aufrecht waren. Das hat nicht nur Serbien betroffen, es hat auch Bosnien-Herzegowina betroffen, in einer ähnlichen Situation. Wenn Sie kein Neugeschäft mehr machen, beschädigen Sie die Bank zwangsläufig, und damit auch den Wert.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Bevor wir zur Beratertätigkeit rund um den Dezember 2009 zurückspringen, habe ich noch eine Frage. Sie schreiben in dem Abschiedsbrief vom 2. Juli 2013, der, glaube ich, öffentlich war, daher brauchen wir ihn nicht vorzulegen, in einem Absatz: „Seit Mitte März 2013 ist die Bank immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die öffentliche Diskussion von Schließungsszenarien und undifferenzierten Kostenspekulationen hat massiven Schaden verursacht und leider in wenigen Wochen große Teile der Sanierungsarbeit der vergangenen drei Jahre beschädigt. Damit wurde auch die wirtschaftliche Situation gesunder Bankteile in Mitleidenschaft gezogen.“

Teilen Sie im Rückblick immer noch diese Einschätzung, und wenn ja, welche öffentliche Diskussion war das?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich teile diese Einschätzung ganz uneingeschränkt. Es ist so, sowohl für das normale Bankgeschäft als auch für Verkaufssituationen brauchen Sie Ruhe, Sie brauchen gerade keinen Druck, Sie brauchen keine mediale Begleitung, da Sie mit jeder medialen Begleitung dem Bankkunden oder dem Käufer signalisieren, dass Sie ein mögliches Problem für ihn sind. Kein Bankkunde will Kunde einer Bank sein, die täglich in der Zeitung steht. Das geht selbst anderen, gesünderen großen Banken in Österreich so. Kein Käufer will ein Asset kaufen, wenn er damit in der Zeitung steht.

Das war eine Begleiterscheinung, mit der wir in der Bank über eine lange Phase leben mussten. Ab Mitte 2013 war es aber so, dass sich, initiiert durch den Almunia-Brief, der ja auch medial kommentiert wurde, einfach sehr viele gefragt haben, ob die Bank in Konkurs geht. Wenn Sie in der Phase Bankkunde sind, gehen Sie weg, wenn Sie in der Phase zum Beispiel die österreichische Bank kaufen wollen, dann stellen Sie die Frage, ob Sie nicht besser von Ihrem Kaufinteresse zurücktreten. Und die plakativste Konsequenz war die, dass die österreichische Bank in eigentlich wenigen Wochen Tausende von Kunden und – ich erinnere mich – 150 Millionen € an Einlagen verloren hat, und das in einer Situation, in der eine Bank ohne Einlagen nichts wert ist.

Das heißt, wir haben tatsächlich eine erhebliche Beschädigung erlebt, gegen die zu halten ganz, ganz schwierig war, bis dazu, dass Mitarbeiter gesagt haben: Da wollen wir nicht mehr arbeiten!

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): War das, was hier mit Öffentlichkeit gemeint war, die Kombination aus öffentlich gemachtem Brief der Kommission und der innerösterreichischen Diskussion?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das habe ich gemeint, ja.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Aber ist nicht Deutschland zum Beispiel, wo die Hypo Real Estate einen viel größeren Teil abzuwickeln hatte, unter Umständen besser unterwegs gewesen, indem man das dort das nicht in diesem Ausmaß diskutiert hat, sondern zuerst versucht hat, das zu sanieren und zu bereinigen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich glaube, das kann man auch heute noch verfolgen, ich verweise wieder auf die Bad Bank der Hypo Real Estate. Das ist aber nicht der einzige Fall. Wenn Sie heute einen Geschäftsbericht von dort in die Hand nehmen, dann werden Sie feststellen, dass die Hypo Real Estate in Ruhe und ohne mediale Aufregung abbaut, genau so, wie das der Markt ermöglicht, und nicht unter Zwangsszenarien und nicht mit Zeitdruck, und daraus auch gute Erfolge erzielt und auch öffentlich positiv wahrgenommen wird. Ich glaube, vielleicht besteht auch heute noch dafür die Möglichkeit. Einer der Vorteile der Hypo Alpe-Adria ist, dass es sehr viele Immobilien und Immobilienkredite gibt, und Immobilien haben den Vorteil, dass sie nicht davonlaufen, und es kann durchaus vernünftig sein, sich die Optionen – Halten, Restrukturieren oder Verkaufen – offenzuhalten und zu entscheiden, was gerade wirtschaftlich vernünftig ist.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Nachdem wir der EU-Kommission keine Rechnung schicken können, und auch nicht jenen, die dann täglich von Konkurs gesprochen haben, bleibt sozusagen als ein Problemkreis: Eine intensive Beschäftigung, die darauf hinausläuft: Morgen gibt es keine Zukunft!, schädigt den Steuerzahler in einer solchen Situation, weil der Verwertungserlös geringer ist. Kann man das so sagen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das würde ich voll unterschreiben.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Gut, danke.

Ich möchte noch einmal zur sogenannten Verstaatlichung zurückkommen. Ich halte sie nicht für eine Verstaatlichung, da die Mehrheiten nur von diversen Gebietskörperschaften auf andere übergingen – zuerst Kärnten, dann der Freistaat Bayern, dann die Republik Österreich. In diesem Fall ist es sozusagen ein Übergang.

Sie haben uns vorher gesagt, in Wirklichkeit lag das wirtschaftliche Risiko bereits längst bei der öffentlichen Hand. Aus der Kombination Partizipationskapital, Haftungen vom Bund und vor allem Land Kärnten lag ja das faktische Risiko bei der österreichischen öffentlichen Hand. Das heißt, die Inanspruchnahme der Anteile im Sinne der Gestaltungsform ist dann logische Konsequenz. Habe ich das so richtig verstanden – ich habe schon das volle Risiko, deshalb möchte ich auch mitreden?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das scheint mir ein nachvollziehbarer Zugang, das habe ich so gesagt.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Dann möchte ich noch einmal zurück. Ich weiß schon, dass wir uns jetzt im Übergang von Phase II auf Phase III unseres Untersuchungsausschusses befinden. Wie ist Ihre Einschätzung, wenn ein solcher Wechsel der Steuerung stattfindet, aber nichts an wirtschaftlichem Risiko wegfällt – sprich der Verkauf der Anteile 2007, wo Sie ja beratend für einen Teil der Gruppe tätig waren? Ist dort nicht eine Absurdität passiert, dass der Wechsel der Entscheidungsbefugnis auf eine andere, nämlich ausländische Gebietskörperschaft, Freistaat Bayern, übergeht, ohne dass geregelt ist, wie das wirtschaftliche Risiko der Haftungen ist? Wäre nicht zumindest eine Schad- und Klagloserklärung des Freistaates Bayern erforderlich gewesen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine solche, zweifellos wirtschaftlich sinnvolle Erklärung durchsetzbar gewesen wäre, aber der Grundsatz, dass es gut wäre, auch die Haftungen des Voreigentümers auf den Neueigentümer zu übertragen, ist zweifellos richtig. Ob man damals bedacht hat, dass die Haftungen auch schlagend werden könnten oder einen wesentlichen Entscheidungsfaktor darstellen würden, das kann ich nicht beurteilen.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Darf ich die Frage anders stellen?

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen in die Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich stelle sie jedem Berufskollegen, der hier sitzt, an dieser Stelle noch einmal: Haben Sie jemals im Rahmen Ihrer jahrzehntelangen Beratungstätigkeit im Zusammenhang mit einem Verkaufsvertrag mitgewirkt oder beraten, bei dem der Verkäufer einer Sache weiter die Haftung hat und es im Verkauf keine Bestimmungen über die Schad- und Klagloshaltung durch den Übernehmer gibt, falls diese in Anspruch genommen wird?

Dr. Gottwald Kranebitter: Na ja, ich würde mutmaßen, ohne es zu wissen, dass bei allen Landes-Hypos, die einen Dritteigentümer haben – also Steiermark, Salzburg, Vorarlberg, möglicherweise in Resten auch noch Bank Burgenland –, die Haftungen weiterbestanden haben, und ich glaube nicht, dass für Salzburg und für die Steiermark – ohne es zu wissen, ich glaube es nicht – Raiffeisen die Länder klaglos gehalten hat.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Haben Sie dabei beraten – auch wenn das unter Verschwiegenheit steht? Denn ich habe Sie jetzt gefragt, ob Sie jemals einen solchen Fall in Ihrer Berufstätigkeit hatten. Das frage ich nämlich alle.

Dr. Gottwald Kranebitter: Ja, das unterliegt der Verschwiegenheit, von der bin ich nicht entbunden.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Aber anonym kann man es sagen: Hat es so einen Fall gegeben, ja oder nein?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich war vor vielen Jahren in einen dieser Fälle involviert, aber mit der Haftungsfrage nicht befasst.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich hoffe, dem damaligen Verkäufer ging es besser als dem armen Land Kärnten.

Habe ich noch Befragungszeit, Frau Präsidentin?

Vorsitzende Doris Bures: Noch 4 Minuten.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich möchte noch einmal auf die Beratungsstellung im Dezember 2009 zurückkommen. Kollege Lugar hat zuvor etwas sonderbarer Art gesagt, da er der Meinung war, Berater müssten immer eine Präferenz haben. Ich habe es nicht ganz verstanden. Wir hoffen, dass er keinen Kühlschrank kaufen geht, denn sonst glaubt er auch, dass der Kundenberater eine Präferenz für eine Type haben muss und nicht beraten kann, wie der Energieverbrauch ist oder wie viel Füllmenge vorhanden ist, wenn er nicht für eine Type voreingenommen ist. Wir hoffen und wünschen es ihm. (Zwischenruf des Abg. Lugar.)

Aber zu dieser Beratungsfrage zurückkommend: Sie waren als KPMG vom Vorstand der Bank mit der Zielsetzung beauftragt, in dieser schwierigen Situation ein mögliches Modell für das Überleben der Bank denkbar zu machen. Habe ich das so richtig verstanden? Der Auftrag war, zu erarbeiten: Welche Möglichkeit der Umstrukturierung gibt es, damit die Bank überleben kann?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das würde ich so nicht sagen, das hat sich im Laufe der Auftragsabwicklung so entwickelt, auch in der Dramatik der Situation. Die Ausgangssituation war Mitwirkung an einem Restrukturierungsplan, der im Konzept schon vorlag. Die Situation hat sich dann in den folgenden Dezembertagen so zugespitzt, dass es dann letztlich darauf hinausgelaufen ist, zumindest für diesen Teil der Beratung.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Wir missbrauchen immer jene, die aus dem Expertenbereich kommen, indem wir nicht nur Auskunft verlangen, sondern uns auch Expertise einholen. Eine lautet: Sie haben vorher ausgeführt, dass ja in Wirklichkeit die Zahlungsunfähigkeit per se ein Insolvenzgrund ist. Dann gab es hier immer wieder Zweifel, sozusagen den Glauben, es muss immer beides zusammentreffen: Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit. Wir haben es bisher nicht geschafft, manchen in ihrer Lernkurve klarzumachen, dass es alleine reicht, zahlungsunfähig zu sein.

Eine diesbezügliche Bestätigung würde uns helfen, denn irgendwann einmal ...

Dr. Gottwald Kranebitter: Diese Bestätigung gebe ich Ihnen gerne hiermit.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Gut, damit können wir uns der Frage widmen: Was bedeutet eine Geschäftsaufsicht? Und jetzt greife ich nochmals zurück auf Ihre Expertise: Ein paar Jahre waren Sie auch Vorstand einer großen Bank. Was bedeutet es, wenn in der Zeitung steht, die Bank, bei der ich meine Einlagen habe, steht unter Geschäftsaufsicht? Was bedeutet das für den Bankkunden und welches Verhalten legt er an den Tag?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich muss dazusagen, ich habe selbst noch keinen solchen Fall beratend erlebt; soweit mir wissentlich ist, gibt es keinen Fall, in dem eine – ich beschränke es jetzt auf Österreich – österreichische Bank in Geschäftsaufsicht gekommen und wieder aus der Geschäftsaufsicht herausgekommen ist. Möglicherweise gibt es eine, ich glaube aber nicht, dass es eine gibt. Daher würde ich meinen: Geschäftsaufsicht bedeutet das Ende der Bank.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich möchte es nur konkretisieren. Wenn an diesem 15. Dezember 2009, glaube ich (Auskunftsperson Kranebitter: Der 14.!) – dem 14. –, 8 Uhr, die eingesetzten Aufsichtskommissäre da sind und 10 Prozent der Bankkunden, und zwar nicht nur in Österreich, sondern in all den Ländern, hingehen und ihr Guthaben abheben wollen, was wäre Ihre Schätzung, wann die Zahlungsunfähigkeit eintritt, da in der Kassa kein Geld mehr ist?

Dr. Gottwald Kranebitter: Innerhalb weniger Tage.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Super, Sie sind viel optimistischer als ich. Ich hätte nämlich angenommen, dass bis 11 Uhr Schluss ist. Würden Sie meine These, dass die Bargeldvorräte selbst bei Nachlieferung durch die OeNB in zwei bis drei Stunden aus sind, als richtig einschätzen? (Abg. Lugar: Das ist eine Suggestivfrage!) – Gut, keine Suggestivfrage: Wie lange würde das Bargeld reichen? – Kollege Lugar glaubt nämlich, dass man das selbst druckt in der Bank, deswegen weiß er das nicht so genau. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Er glaubt, dass man zurückgeht zum Drucker und dann kommen wieder Scheine heraus.

Meine Frage, noch einmal gestellt: Nach Ihrer Einschätzung kann eine österreichische Geschäftsbank zwei bis drei Tage durchhalten, wenn 10 Prozent der Kunden ihre Einlagen abheben? (Abg. Lugar: Eine Wahrnehmung ...!)

Dr. Gottwald Kranebitter: Das ist auch nicht eine Frage nach der Wahrnehmung, sondern der Einschätzung.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Wir haben es noch nicht real gehabt. (Abg. Lugar: Das ist reine Spekulation, Frau Präsidentin!)

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich glaube nicht, dass es eine reine Spekulation ist. Die Bank hatte meiner Schätzung nach grob größenordnungsmäßig etwa 8 oder 9 Milliarden € an Einlagen. Das heißt, 10 Prozent sind eine Milliarde, die sind schon im Vorfeld der Verstaatlichung verloren gegangen. Wenn das noch einmal passiert wäre, ist wohl davon auszugehen, dass die Zahlungsunfähigkeit eingetreten wäre.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich habe diese Frage nur deshalb zu diesem Thema gestellt, damit wir in der Beurteilung die Geschäftsaufsicht nicht von der Frage der Konsequenzen der Insolvenz zu trennen brauchen, sondern Geschäftsaufsicht heißt, in kurzer Zeit tritt auch die Insolvenz ein. Das heißt, dieser Fall an möglichem Szenario heißt nicht, Geschäftsaufsicht und nächste Variante Insolvenzverfahren, sondern heißt, Geschäftsaufsicht ist gleich – wenn auch nach einer möglichen zeitlichen Verzögerung um Stunden oder Tage – Insolvenz. Ist das auch Ihre Einschätzung?

Dr. Gottwald Kranebitter: Also die Rechnungen dazu habe ich nicht angestellt, aber ich würde jedenfalls auch heute davon ausgehen, dass eine Bank, über die Geschäftsaufsicht verhängt wird, nicht mehr aus der Geschäftsaufsicht zurückkommt. Das heißt, dass die Bank kridamäßig abgewickelt werden muss, also insolvenzmäßig abgewickelt werden muss, wobei die zentrale Frage, die im Vorfeld der Verstaatlichung vor allem von den Anwälten – aber ich habe diese Beobachtung auch – diskutiert wurde, ist, ob die Haftungen durch die Verhängung der Geschäftsaufsicht schlagend geworden wären. Und soweit ich mich erinnern kann, war die klare Einschätzung der Juristen, dass das so sein würde.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich hebe mir meine bescheidene Restzeit für eine mögliche zweite Fragerunde auf.

Vorsitzende Doris Bures: Das sind dann 20 Sekunden, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Kranebitter, da wir jetzt leider nach vier Stunden das erste Mal zum Befragen drankommen, sehr viele Fragen an Sie haben und Sie auch sehr viele Fragen aufgeworfen haben, ist es für uns eigentlich sicher, dass Sie noch einmal vor dem Untersuchungsausschuss erscheinen werden, da zu viel offen ist, um das jetzt in der Kürze zu diskutieren.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, es gibt den Wunsch, eine Pause zu machen. Wollen Sie die Antwort auf Ihre Frage jetzt gleich? (Abg. Angerer verneint dies.) Wir beginnen dann auch noch einmal mit der Zeit.

Somit unterbreche ich jetzt die Sitzung für eine kurze Pause bis 14.10 Uhr.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 14 Uhr unterbrochen und um 14.12 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

14.12

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und erteile Herrn Abgeordnetem Angerer das Wort. – Bitte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Kranebitter, die kurze Unterbrechung und der Wiederstart waren nicht das, was ich mit einer nochmaligen Ladung hier im U-Ausschuss gemeint habe. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Wir gehen davon aus, dass wir Sie noch einmal laden müssen, weil einfach zu viele Fragen offen sind.

Aber steigen wir gleich in das Thema Ihrer Tätigkeit im November, Dezember 2009 ein! Sie haben heute erwähnt: Im Zuge Ihrer damaligen Beauftragung durch die Hypo gab es einen umfassenden Plan. Sie haben gemeint, es gab einen umfassenden Plan. Was war dieser umfassende Plan?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das war aufbauend auf dem Viability Plan, April 2009, ein sogenanntes Positionspapier, erstellt von der Bank gemeinsam mit Boston Consulting.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Als umfassenden Plan haben Sie nicht das gemeint, was Sie dann am 7. Dezember den Mitaktionären vorgestellt haben, sondern den Viability Report?

Dr. Gottwald Kranebitter: Es gab ein drittes Dokument, das hat sich Positionspapier bezeichnet. Das war ein – würde ich schätzen – 30-, 40-seitiges Dokument. Das ist nicht das Papier vom 7. Dezember.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist das Papier vom 7.12. gewesen, oder?

Dr. Gottwald Kranebitter: Nein, das war nicht das Papier vom 7.12.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das war davor?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das war ein lebendes Dokument, das schon im November existierte und dann fortentwickelt wurde.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Zu Ihrer damaligen Beauftragung: Jetzt wissen wir, die drei Du-Freunde, Peschorn, Kranebitter und Schilcher, wurden zufällig von Herrn Pinkl engagiert, um ein Konzept auszuarbeiten – durch einen Anruf. War das so?

Dr. Gottwald Kranebitter: Es war so, wie ich es Ihnen schon geschildert habe. Schilcher hat mich angerufen, mir den Anruf von Pinkl angekündigt, und Pinkl hat mich im Anschluss angerufen und mir den Auftrag erteilt, als KPMG-Berater am Restrukturierungsplan mitzuarbeiten.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Schilcher hat uns gesagt, er kennt Herrn Dr. Peschorn schon über 20 Jahre und ist deshalb mit ihm sehr gut befreundet und per Du. Ist das bei Ihnen ähnlich?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich kenne Herrn Dr. Peschorn nicht seit 20 Jahren, aber ich würde sagen, seit etwa 10 Jahren, und wir sind per Du.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben heute die Übernahme aller Aktien um einen Euro erwähnt. War damals – Sie wollten sich erinnert haben – am 3.12.2009 erstmals in den Medien auch zu lesen. – War das auch Teil Ihres Konzeptes oder Ihrer Präsentation vor den Mitaktionären am 7.12.?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die Übernahme der Aktien um einen Euro ist in diesem Papier vermerkt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Es war Teil Ihrer Präsentation am 7.12. vor den Mitaktionären?

Dr. Gottwald Kranebitter: Es war Teil einer Überlegung, die von der Bank gemeinsam mit den Beratern erstellt wurde.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Schilcher hat gesagt, es gab nur eine Überlegung.

Dr. Gottwald Kranebitter: Das kann ich aus eigener Wahrnehmung nicht sagen. Ich gehe davon aus, dass die Bank auch andere Überlegungen hatte und auch die Republik. Aber dazu habe ich keine Wahrnehmungen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nein, an diesem 7.12.! Es gab nur ein Konzept, das Sie präsentiert haben – oder gab es mehrere?

Dr. Gottwald Kranebitter: Am 7.12. hat eine Eigentümerrunde stattgefunden, in der das Hauptaugenmerk darauf lag: 2,1 Milliarden Kapitalbedarf – wie kann er aufgebracht werden?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ja, aber der erste Punkt dieses Konzeptes, wie lautete der?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das weiß ich nicht, wie der erste Punkte lautete.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): An das konnte sich Herr Dr. Schilcher auch nicht mehr erinnern. Das war die Übernahme aller Aktien durch den Bund um einen Euro. Kann das so sein, dass das der erste Punkt dieses Konzeptes war?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das kann ich nicht ausschließen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben das damals erstellt als Wirtschaftsberater und können nicht ausschließen, dass der Bund die Bank um einen Euro übernehmen würde?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das ist ein Papier, das von der Bank erstellt wurde, gemeinsam mit den genannten Beratern, und es ist durchaus denkbar, dass das der erste Punkt ist. Mir ist die Reihenfolge nicht erinnerlich.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber es war einer der Punkte?

Dr. Gottwald Kranebitter: Es war einer der Punkte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Gut. Gab es im Vorfeld zwischen den drei Du-Freunden – sage ich jetzt noch einmal –, Peschorn, Kranebitter, Schilcher, regelmäßige Abstimmungen, das heißt, zwischen Ende November 2009 und diesem 7.12.2009?

Dr. Gottwald Kranebitter: Mir ist primär Kontakt mit Pinkl und Schilcher bewusst. Ob es Abstimmungen mit Peschorn gegeben hat, das kann ich aus meiner Erinnerung nicht sagen. Ich gehe aber davon aus, dass die Bank, namentlich Herr Pinkl, mit Herrn Peschorn enger abgestimmt war.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dann darf ich Ihnen ein Dokument mit der Nummer 1198964 vorlegen – das ist die Aussage von Herrn Wolfgang Peter, damals Vorstand in der Hypo, vor der Staatsanwaltschaft Klagenfurt – und bitte Sie, die Seite 3 von 5 aufzuschlagen. Dort gibt es den Punkt 2, zweiter Absatz: Es beginnt 16.11.2009 mit der Aufsichtsratssitzung, die stattgefunden hat. Der nächste Absatz danach ist dann sehr interessant:

„Es gab“ – ab diesem Zeitpunkt – „einen laufenden Kontakt insbesondere seitens des Vorstands-Vorsitzenden PINKL mit der FMA, mit dem Bundesministerium für Finanzen, insbesondere Hrn PESCHORN, sowie auch der Notenbank. Es gab auf Initiative des Vorstandes tägliche Telefonkonferenzen, an denen der Vorstand, einige Ressortleiter sowie dann in der Folge auch der Anwalt Dr. SCHILCHER von KOSCH & Partner sowie Dr. KRANEBITTER von der KPMG regelmäßig teilnahmen. Diese Telefonkonferenzen waren in der Regel immer am Abend, jeden Tag und 7 Tage in der Woche. Hier wurden offen alle Themen besprochen, Entscheidungen getroffen welche nächsten Schritte zu tun sind und diese Themen betrafen alles was in dieser kritischen Phase zu beachten war.“

Das heißt, Sie haben laut der Aussage von Herrn Peter tägliche Telefonkonferenzen abgehalten mit den drei Du-Freunden und Herrn Pinkl, an die Sie sich nicht mehr erinnern können?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe das nicht in Abrede gestellt, es hat ab dem Zeitpunkt der Beauftragung Ende November tatsächlich regelmäßige Telefonkonferenzen gegeben. An welchen ich teilgenommen habe, daran kann ich mich tatsächlich nicht erinnern. Ich war am 3. Dezember zum ersten Mal in der Bank, weil ich vorher eine Woche im Ausland war. Es ist durchaus denkbar, dass ich vom Ausland aus teilgenommen habe, es ist aber auch denkbar, dass mein Kollege Kammerlander daran teilgenommen hat. Ich sehe darin aber nichts Unanständiges, das ist selbstverständlich.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Was für uns irgendwie komisch ist und nicht zusammenpasst, ist, dass die Bank einen Juristen, einen Wirtschaftsberater beauftragt, ein Fortführungskonzept auszuarbeiten, in dem steht, dass die Republik die Bank um einen Euro übernimmt, das laufend mit dem Juristen der Republik, mit Herrn Dr. Peschorn, in Telefonkonferenzen abgestimmt wird, und dann am 7.12.2009 erstmals den Mitaktionären so präsentiert wird.

Dr. Gottwald Kranebitter: Was ist Ihre Frage?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Meine Frage ist: Warum hat das so stattgefunden? Warum war Herr Dr. Peschorn von Anfang an in diese Dinge mit involviert, und warum haben Sie sich abgestimmt?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das müssen Sie Herrn Dr. Peschorn fragen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ihre Wahrnehmungen dazu?

Dr. Gottwald Kranebitter: Meine Wahrnehmung ist, dass die Bank, namentlich der Vorstand, schon allein aufgrund der Rolle der Republik als Partizipationskapitalgeber umfangreiche Verpflichtungen hatte, Informationspflichten hatte, und Herr Pinkl ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist schon klar, aber Ihr Vorschlag am 7.12.2009, den Sie im Vorfeld ... – soweit ich das aus den Dokumenten recherchieren und nachvollziehen kann – war, dass die Republik die Bank um einen Euro übernimmt, die Aktien von allen Aktionären um einen Euro übernimmt. Diesen Vorschlag haben Sie am 7.12.2009 gemeinsam mit Herrn Pinkl den anderen Aktionären präsentiert, und diesen Vorschlag haben Sie im Vorfeld mit der Finanzprokuratur abgestimmt. (Auskunftsperson Kranebitter: Woraus schließen ...?) Das ist die Aktenlage, so lese ich das aus den Akten heraus.

Dr. Gottwald Kranebitter: Wenn Sie mich ansprechen, woraus schließen Sie das?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aus den ganzen Fragen, die ich Ihnen vorher gestellt habe. Sie sind Ende November 2009 beauftragt worden, gemeinsam mit Herrn Schilcher, und haben sich dann bis zu dieser Aktionärsversammlung – bis 7.12.2009 – laufend telefonisch abgestimmt, alles besprochen, und dann am 7.12.2009 den Aktionären diesen Vorschlag unterbreitet.

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe es schon ausgeführt: Ich gehe davon aus, dass der Vorstand der Bank jeglichen Vorschlag in Richtung Altaktionäre mit dem Eigentümer abgestimmt hat, schon aus seinen Verpflichtungen aus dem Partizipationskapital heraus, ich habe dazu aber keine Wahrnehmung. Der Kern des Gesprächs am 7. Dezember war nicht die Frage, wer die Aktien übernimmt, sondern der Kern der Gespräche war, wer die Last der 2,1 Milliarden trägt. – Dazu gibt es einen Vorschlag.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, erstens möchte ich Sie darüber informieren, dass Sie bereits in der Redezeit der zweiten Runde sind, und zweitens möchte ich darauf aufmerksam machen, dass die vereinbarte Soll-Befragungsdauer von drei Stunden bereits überschritten ist. – Herr Abgeordneter Angerer, Sie sind noch am Wort.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke. Ich habe schon Angst gehabt, ich habe etwas falsch gemacht. (Heiterkeit.)

Herr Dr. Kranebitter, vielleicht können Sie mir erklären, warum ein Aktionär – die BayernLB im Speziellen – bei all diesen Besprechungen, Gesprächen und Vorabstimmungen dabei ist, und die anderen drei Aktionäre bis 7.12.2009 über keine dieser Aktivitäten und Überlegungen informiert wurden.

Dr. Gottwald Kranebitter: Dazu habe ich keine Wahrnehmungen. (Abg. Matznetter: Die haben sie schon früher übernommen!)

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Matznetter offensichtlich schon. (Abg. Matznetter: Die haben sie schon früher übernommen, die Bayern ...!) – Na ja, wir werden Herrn Megymorez am Nachmittag fragen können.

Wir gehen weiter: Am 7.12.2009 – das Dokument ist Ihnen schon von Herrn Lugar vorgelegt worden – gibt es am Nachmittag diese Besprechung im Finanzministerium, bei der genau dieses Konzept vorgestellt wird, also das der Übernahme. Das war das Dokument, ich wiederhole es noch einmal, Nummer 5668, das Protokoll von der Besprechung am 7.12.2009 im Finanzministerium. Interessant ist hier, dass vonseiten der HGAA Herr Pinkl, der Herr Span, der Herr Knett, der Herr Dörhöfer, Herr Peter, Frau Sumper dort sitzen, auch Wolf Theiss, die rechtliche Vertretung, also alles BayernLB-Leute, keiner der Mitaktionäre, Sie von der KPMG mit Herrn Kammerlander, Herr Schilcher, Herr Lentsch, und dann eben die Vertreter von der Finanzprokuratur und vom Finanzministerium. Warum hat man zu diesem Gespräch die Mitaktionäre nicht mitgenommen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das weiß ich nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben dort dieses Konzept präsentiert – also nochmals zur Wiederholung –: Der Bund übernimmt von allen Aktionären die Anteile, die Aktien um einen Euro. Was war die Reaktion des Finanzministeriums oder der Finanzprokuratur? Die müssten das ja dort zum ersten Mal gehört haben.

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich verweise auf das, was ich schon gesagt habe: Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Vorstand der Bank dieses Papier nicht im Vorfeld mit der Republik abgestimmt hat, dass die Verstaatlichung eine Möglichkeit war, konnte man Tage zuvor sogar in der Zeitung lesen. Für mich war in der damaligen Situation maßgeblich: 2,1 Milliarden € Kapitalbedarf – wer deckt den?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber seien Sie mir nicht böse, die 2,1 Milliarden € auf Aktionäre aufzuteilen – 67 Prozent, 20 Prozent, 12 Prozent, 0,12 Prozent –, das macht ein Hauptschüler in der vierten oder in der zweiten oder vielleicht schon in der ersten Klasse. Dazu brauche ich ja keinen Wirtschaftsberater und keinen hochrangigen Juristen.

Dr. Gottwald Kranebitter: Das überlasse ich Ihnen, welcher Qualifikation es dazu bedarf. Tatsache ist, dass die Hauptintention dieser Eigentümerversammlung darin bestand, die Beiträge der Eigentümer oder den notwendigen Gesamtbeitrag zu beziffern. Die Überlegungen haben sich nicht auf die Division der Beiträge nach den Eigentümern reduziert, sondern haben umfasst, dass die Bayerische Landesbank den gesamten Leasingteil, den Nicht-Kernteil und die Refinanzierung übernehmen sollte und die Kärntner Landesholding den Tourismusbereich KHBAG übernehmen hätte sollen. Leider, muss ich aus heutiger Sicht sagen, ist es dazu nicht gekommen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben auch gesagt, dass alle Aktionäre, auch die Kärntner, das abgelehnt haben. Ist das so?

Dr. Gottwald Kranebitter: Meine Erinnerung an dieses Treffen ist, dass es eine ablehnende Haltung gab, besonders massiv von der Bayerischen Landesbank.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Obwohl die Bayern bei den Verhandlungen immer dabeigesessen sind?

Dr. Gottwald Kranebitter: Noch einmal: Dazu habe ich keine Wahrnehmungen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich darf Ihnen noch einmal ein Schreiben der Kärntner Landesholding vorlegen: Dokument Nummer 14220. Ich bitte Sie, sich das anzuschauen. (Der Auskunftsperson wird ein Dokument vorgelegt. – Auskunftsperson Kranebitter: Bitte!)

Dieses Schreiben der Kärntner Landesholding nimmt Bezug auf den 7.12.2009. Unter Punkt 1 schreiben Herr Megymorez und Herr Xander, also die Vorstände, sie wurden am 7.12.2009 erstmals – erstmals! – über dieses Konzept informiert, dass die Übernahme aller Aktien um einen Euro vorsieht und so weiter. Diese einzelnen Punkte möchte ich jetzt der Zeitökonomie halber nicht noch einmal vorlesen. Ich nehme dazu sofort Stellung: Das aus unserer Sicht Wesentliche ist, dass man hier, auf Grundlage Ihres Vorschlags, den Sie gemeinsam mit Herrn Pinkl und Herrn Schilcher unterbreitet haben, sehr wohl Gesprächsbereitschaft signalisiert hat und gesagt hat, wir können über all diese Punkte reden, auf Basis Ihres Konzeptes.

Dieses Schreiben geht am 9.12.2009 an den Vorstand, Herrn Dr. Pinkl. Wurde das mit Ihnen besprochen? Ich vermute, dazu haben Sie keine Wahrnehmung.

Dr. Gottwald Kranebitter: Wurde was mit mir besprochen?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dieses Schreiben, dieses Angebot.

Dr. Gottwald Kranebitter: Das ist mir nicht mehr erinnerlich, wobei ich dem Schreiben entnehme, dass es da eine Reihe von Voraussetzungen gibt. Eine, die mir nicht ganz unwesentlich erscheint, ist, dass die Kärntner Landesholding das Thema Ausfallbürgschaft geklärt haben will, und eine nicht weniger unwesentliche (Abgeordneter Angerer: Genau das, was Herr Matznetter vorher angesprochen hat! Ist das richtig?), dass sie ihren Bilanzwert – ich nehme an, den Bilanzwert der Hypo-Anteile – bei der Kärntner Landesholding abgegolten haben will. Also ich würde in diesem Bedingungskatalog jetzt nicht zwingend Einverständnis sehen, aber Sie haben recht, im Brief steht auch, dass man grundsätzlich verhandlungsbereit sei. (Abgeordneter Angerer: Genau!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine kurze Frage noch in dieser Runde, dann verweise ich Sie auf die nächste.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das wird schwierig.

Vielleicht noch zu Ihrer Rolle – das war bei Herrn Dr. Schilcher auch sehr fragwürdig für uns –, die kann man ja bis hierhin noch verstehen, aber was war Ihre Rolle am Sonntag, in der Verstaatlichungsnacht, als die Mitaktionäre mit dem Bund verhandelt haben? Wer hat Sie ins Finanzministerium gerufen? – Bitte.

Dr. Gottwald Kranebitter: Die Bank hat mich mitgenommen, so wie auch Herrn Dr. Schilcher. Der Vorstand der Bank war auch vollzählig anwesend. Und die Rolle war, auf eingehende Anfragen, die kamen – wie zum Beispiel zur Frage der Gewährleistung, zu Fragen, die die Nationalbank in dieser Nacht für den Geschäftsaufsichtsantrag hatte –, möglichst schnell, auch in Kontakt mit der Bank, fachlich fundierte Antworten zu finden. Es war primär eine wartende Rolle.

Vorsitzende Doris Bures: Damit kommen wir zur dritten Runde, da in der zweiten Runde die Redezeit aller Fraktionen – bis auf ein paar Sekunden, auf die Herr Abgeordneter Dr. Matznetter verzichtet – bereits ausgeschöpft ist. Die dritte Runde eröffnet Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Strasser. – Bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Geschätzter Herr Dr. Kranebitter, ich möchte dort anschließen, wo Sie mit Frau Kollegin Tamandl das Gespräch beendet haben, rund um das EU-Beihilfeverfahren. Also wir haben in unseren Unterlagen, in den E-Mails, durchaus Indizien, dass die Europäische Kommission und auch das Finanzministerium sozusagen mit der Qualität der Unterlagen aus der Bank und mit der Geschwindigkeit von deren Bereitstellung nicht zufrieden ist. Das stellt zumindest die Europäische Kommission – und auch die Bank – so fest, Sie haben das schon erläutert.

Ich habe ein Interview mit Ihnen aus der „Kärntner Tageszeitung“ vom 26.3.2010, daraus darf ich Sie zitieren: „Der neue Vorstand ist für die Zukunft da. Diese hängt vom Gelingen des EU-Beihilfeverfahrens ab.“ Das war vor Ihrem Amtsantritt, und ich möchte Sie fragen: Wie wichtig war in Ihrem Maßnahmenportfolio das EU-Beihilfeverfahren?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das war eines von mehreren sehr wichtigen Themen. Ich habe heute schon ausgeführt: Vordringlich waren natürlich die Führung und die Restrukturierung der Bank, die Herstellung einer Organisation, die den neuen Herausforderungen Rechnung tragen kann. Beim Beihilfeverfahren waren wir zwar das Objekt und der zentrale Informationslieferant, aber Geschwindigkeit und Vorgangsweise war nicht bei uns, weil wir das Verfahren nicht geführt haben, aber dass das ein wichtiger Komplex war, steht außer Frage.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Aus unseren E-Mails – Finanzministerium und auch Europäische Kommission – geht eine gewisse Unzufriedenheit hervor, dass man das vielleicht etwas ehrgeiziger, auch von Ihrer Seite, lösen hätte können.

Es gibt eine zweite Stelle in diesem Interview, wo Sie festhalten: „In drei Jahren soll der Geldeinsatz des Staates zurück sein.“ Sie haben das zuerst Kollegen Matznetter mit diesem Optimismus, der da war und der dann geschwunden ist, beschrieben. War das nicht etwas zu optimistisch, diese Einschätzung? Da haben Sie ja das Amt noch gar nicht angetreten gehabt.

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich war zu dem Zeitpunkt bestellt, ich bin am 24. bestellt worden, und im Rückblick ist man immer klüger.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Absolut. Aber dass man jetzt sozusagen eine gewisse Erwartungshaltung in der Öffentlichkeit und auch bei den politischen Entscheidungsträgern geweckt hat, da pflichten Sie mir schon bei?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich pflichte Ihnen bei, dass die Voraussetzungen damals so waren, dass man von einem deutlich besseren Fortgang ausgehen konnte. Ich brauche nicht noch einmal zu wiederholen, welche Entwicklung die Wirtschaft genommen hat, ganz unabhängig vom Zustand der Bank.

Meine Aufgabe als Vorstand war es aber auch nicht, Trübsal zu blasen, sondern einer Bank und ihren Mitarbeitern, die durch viele Jahre der Krise gegangen sind – die Hypo hat mit den Swapverlusten schon zu wackeln begonnen –, wieder neuen Mut zu geben, und so habe ich auch meine Worte gewählt.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Diesen Sachverhalt würde ich noch gerne mit einigen Zitaten, die von Ihnen kommen und protokolliert sind, aufarbeiten. Das erste Zitat ist aus der außerordentlichen Hauptversammlung am 5. Mai 2010, und die zweite Aussage von einem FIMBAG-Protokoll aus einer Besprechung vom 18. März 2011, sozusagen knapp ein Jahr später.

Sie sprechen 2010 von einem Jahresverlust von 260 Millionen € und müssen dann 2011 über einen Jahresverlust von 984 Millionen berichten. Wie ist es dazu gekommen, vor allem vor dem Hintergrund, da Sie ja schon 2006 im Rahmen einer Due Diligence in der Bank beschäftigt waren?

Dr. Gottwald Kranebitter: Zum einen: Ich war mit der Frage des Kredit- und Leasingrisikos nie befasst und konnte mich damit vor meiner Tätigkeit als Vorstand auch nicht befassen. Und so ist auch wiederholt darauf hinzuweisen: 2007, Anfang 2007 war die Bank eine andere als zum Zeitpunkt der Verstaatlichung, aber auch für diese andere Bank kannte ich das Kreditrisiko nicht.

Meine Aussage in der außerordentlichen Hauptversammlung im Mai 2010 müsste ich mit der Frage abgleichen. Ich kenne die Frage nicht, auf die ich das geantwortet habe, aber Tatsache ist, dass ich zu dem Zeitpunkt nichts Besseres hatte als die vorliegenden Pläne – die haben offensichtlich die von Ihnen genannten Zahlen beinhaltet –, und die Analyse des Risikos in der Bank, primär durch den Risikobereich, durch den Chief Credit Officer, hat erst im Mai/Juni 2010 begonnen, und das volle Ausmaß der Situation haben wir nach Vorliegen des Jahresabschlusses 2010 erkannt.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Ich möchte Ihnen eigentlich gar keinen persönlichen Vorwurf machen, sondern wenn man sich diese Informationskette anschaut – sozusagen von den Organen der Bank bis in den Vorstand rein, vielleicht dann auch zum Ministerium hin –, dann ist das eben eine sehr zeitverzögerte, und das ist vielleicht auch eine Erklärung, warum die Katastrophe immer größer geworden ist. Können Sie dem beitreten?

Dr. Gottwald Kranebitter: Nein. Die Informationskette zu den verschiedenen Stellen war eine sehr rasche. Was mich anbelangt: Zu dem Zeitpunkt, zu dem ich das gesagt habe, war ich davon überzeugt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich werde da anschließen und bei unseren Unterlagen kurz ein bisschen umstellen.

Im Jahr 2011 – ich kann Ihnen das gerne bringen lassen (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt) –, Anfang 2011, werden Sie auch noch in der „Kleinen Zeitung“ zitiert, in einem langen Interview. Das habe ich dann im Ohr, dass das noch länger so gegangen ist: „heuer“ – also 2011 – „den Turnaround schaffen“.

Das ist gleich in der Überschrift. Im unteren Drittel finden Sie:

„Kranebitter: Unsere Weihnachtsbotschaft an die Mitarbeiter“ war klar: „Hypo is back to business.“

Was ist das für eine Weihnachtsbotschaft?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die Bank oder die Banken der Hypo-Gruppe haben spätestens seit 2006 unter fortgesetzten Katastrophen gelitten. Die Insolvenzbedrohung des Jahres 2009, Ende 2009, war erstmals eine ernst zu nehmende Fortbestehensbedrohung, mit der auch Kunden weggegangen sind. Die Herausforderung für die Bank war neben allem anderen, dass wieder Geschäft am Markt gemacht wird. Das heißt, dass Kundenberater wieder Kunden beraten und die Bank sich nicht mit sich selbst beschäftigt.

Das war die Botschaft, die ausdrücken sollte: In den Banken der Hypo-Gruppe muss wieder ein ernst zu nehmendes Dienstleistungsgeschäft gemacht werden, um die Banken auch am Leben zu erhalten.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, das schon. Aber das Ganze bezieht sich ja vor allem auch auf die Ertragsrechnungen, und der Turnaround sozusagen auf das Jahr 2011, und 2012 schon ein Gewinn – der Interviewer legt Ihnen das ja fast in den Mund: 2012 ein Gewinn.

Wenn Sie dann auf der zweiten Seite unten schauen: Sie beziehen sich dann auf Herrn Ditz, den Aufsichtsratschef. Außerdem seien Sie hier „auf einer Linie“.

Jawohl, und mir geht es ja um etwas anderes als um Weihnachten. Nämlich: War das jetzt eine taktische Information der Öffentlichkeit? – Dafür hätte ich ja Verständnis; wer redet denn schon gerne immer von einer kaputten Bank!

Auffällig ist auch, dass es in internen Protokollen, die ich jetzt und heute gar nicht mehr alle vorhalten will oder kann, sehr ambivalent ist, wie weit man sich selber suggeriert hat – als Vorstand, aber auch als Aufsichtsrat –, dass das alles ohnehin wieder etwas wird. Genau, wie Sie es jetzt gesagt haben: dass sich das mit dem Neugeschäft, sozusagen ohne die alten Leichen – wovon Sie am Anfang noch nicht einmal genau gewusst haben, wie voluminös das wird –, alles ausgehen kann.

Also meine Frage: Hat der gesamte Vorstand, Sie an der Spitze, tatsächlich zu Beginn 2011 noch daran geglaubt, dass das alles zum Guten zu wenden ist? – Im Sinn von: ohne weiteren staatlichen Kapitalzuschuss. Wir haben jetzt die 450 Millionen der Verstaatlichungsnacht hinter uns. Es geht ja immer darum, ob das ohne weiteres Geld geschehen kann – und die Auflagen der Union!

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich glaube, da muss man klar unterscheiden. Es hat spätestens nach den Befundaufnahmen des Jahres 2010 die Klarheit gegeben, dass ein ganz wesentlicher Teil der Bank Abbau ist. Ich habe es schon eingangs erwähnt: Es waren nicht 7,5, sondern es waren 10 Milliarden oder 10,5 Milliarden an Non-Performing Loans, und es war vieles, was einfach nicht mehr marktfähig war.

Dass das nicht ins Gute gewendet werden könnte, war vollkommen klar. Da ging es darum: Mit welcher Geschwindigkeit und mit welchen Anstrengungen, die die Bank unternimmt, kann ich das halten, restrukturieren und zum richtigen Zeitpunkt verkaufen? – Da ging es darum, möglichst wenig Geld zu verlieren und die Organisation so auszustatten, dass sie das Menschenmögliche tut, um den höchstmöglichen Preis zu erzielen.

Das, worauf Sie sich beziehen und worauf ich mich bezogen habe, ist: Es gab auch und gibt nach wie vor einen lebensfähigen Teil, nämlich heute sieben Banken. Die mussten Neugeschäft machen, die mussten Dienstleistungen am Kunden erbringen. Hätte man das nicht belebt, hätte man das nicht wieder bei Mitarbeitern und Kunden verstärkt, wären diese Banken schlicht und einfach untergegangen.

Untergang oder Insolvenz ist auch nach meiner heutigen Sicht der größere Schaden als der zum Teil in schwierigem Umfeld gelungene Versuch, diese Banken auch wieder zu motivieren, Geschäft zu machen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber das führt ja dazu, nämlich der erste Teil Ihrer Antwort, dass Teile nicht nur eine quasi Bad Bank, sondern in eine eigentliche Bad Bank abzuspalten gewesen wären. Da behaupten Sie durchaus nachvollziehbar, dass es dann Bemühungen in diese Richtung gegeben hat.

Haben Sie quantifizieren können, wie hoch dieser Bedarf wäre? – Gerade vorhin haben Sie von 10 Milliarden geredet. Womit ist denn die Politik, also das Ministerium, das Kabinett, der Herr und die Frau Ministerin ...

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Womit sind denn die Politik, also das Ministerium, das Kabinett, der Herr und die Frau Ministerin, konfrontiert worden, wenn sie sich so davor gefürchtet haben – mit welchen Summen, vom Bad-Bank-Volumen her? – Faktum ist ja, dass man die noch intern mitgeschleift hat. Das ist eine ganz seltsame Bad Bank.

Vorsitzende Doris Bures: Ich mache Sie auf Ihre Redezeit aufmerksam.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, ja, genau. – Und jetzt ist genau das die Frage, wie zunächst Pröll und dann Fekter dem gegenübergetreten sind. Sie haben das bis jetzt sehr allgemein geschildert. Wenn alles so war, wie Sie es jetzt gesagt haben, dann stellt sich die Frage so: Warum haben die nicht mitgestimmt?

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, wenn Sie ohne Mikrofon weiterreden, dann ist das auch fürs Protokoll ganz schwierig. Aber wir haben eine Redezeit vereinbart, und an die wollte ich Sie jetzt auch erinnern.

Sie haben die Frage verstanden, Herr Dr. Kranebitter?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe die Frage verstanden. Ich kann sie auch gerne beantworten.

Vorsitzende Doris Bures: Bitte, dann antworten Sie, und dann gehe ich weiter.

Dr. Gottwald Kranebitter: Meine Wahrnehmung dazu ist folgende: Vollkommen richtig, die Bank ist intern aufgeteilt worden: etwa 12 oder 13 Milliarden € Südosteuropa, jeweils 5 bis 6 Milliarden Italien und Österreich, und der Rest Abbau. Das heißt, wir bewegen uns in einer Größenordnung zwischen 10 und 15 Milliarden €, die hier in Rede standen.

Wie ich in meinem Eingangsstatement erwähnt habe, ist meine Wahrnehmung die, dass man vor der Maastrichtschulden-Wirksamkeit dieses Blockes Respekt hatte und das aus diesem Grund nicht gewollt hat. Das war auch von mir zu respektieren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nachdem Sie Herr Matznetter, ein ausgewiesener Experte für den Kauf von Kühlschränken, gefragt hat, wie das bei der Geschäftsaufsicht gewesen wäre, haben Sie gesagt, dass da höchstwahrscheinlich eben die Landeshaftungen sofort schlagend geworden wären beziehungsweise ein Konkurs gedroht hätte.

Wie sind Sie zu dieser Einschätzung gekommen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Zunächst einmal: Diese Einschätzung ist zu dem Zeitpunkt keine persönliche gewesen, sondern ich wiederhole hier, was die dazu viel befugteren Anwälte sagen.

Wir haben auch – das ist jetzt eigene Wahrnehmung – im Zuge der Eigenkapitalersatzuntersuchungen im zweiten Halbjahr 2012 die Frage untersucht beziehungsweise untersuchen lassen. Die Einschätzung war dieselbe, nämlich, dass die bloße Geschäftsaufsicht bereits die Inanspruchnahme der Haftungen für die Gläubiger ermöglicht hätte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Können Sie Namen nennen, wer Ihnen das gesagt hat?

Dr. Gottwald Kranebitter: Soweit mir erinnerlich ist, war das Einschätzung von Präsident Peschorn. Soweit mir erinnerlich ist, war das auch Einschätzung von Schilcher. Soweit mir erinnerlich ist, war das Einschätzung von Heidinger/Wolf Theiss.

Später, in der Vorbereitung Eigenkapitalersatz, waren verschiedene Anwälte involviert, um die Haftungen nach unterschiedlichen Rechtslagen und Vertragstypen zu prüfen. Ich habe die Namen der Berater jetzt nicht präsent, aber es waren mehrere.

Die Einschätzung, die ich mitgenommen habe, war: Ja, die Haftungen wären schlagend geworden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist interessant, denn ich habe mir die Mühe gemacht, das BWG in diesem Punkt, § 83, durchzulesen. Da steht gleich im ersten Absatz:

„Kreditinstitute, die überschuldet oder zahlungsunfähig sind, können, wenn die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit voraussichtlich wieder behoben werden kann, bei dem für die Konkurseröffnung zuständigen Gericht die Anordnung der Geschäftsaufsicht beantragen. Diesen Antrag kann auch die FMA stellen.“

Das heißt, es steht genau das Gegenteil drin! Es steht drin: Eben nur dann, wenn diese Zahlungsunfähigkeit voraussichtlich wieder behoben werden kann, kann man diese Geschäftsaufsicht beantragen, ansonsten nicht! Das heißt, da sprechen wir eher von der Feuerwehr und nicht von dem Mann mit dem Benzinkanister.

Das heißt: Wie kommen Sie zu der Einschätzung, dass die Geschäftsaufsicht genau den gegenteiligen Effekt gehabt hätte, als er im Gesetz verankert ist?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich glaube nicht, dass die Frage des Schlagendwerdens der Haftungen aus § 83 BWG lösbar ist. Aber ich bin da kein Experte, der Ihnen hier fundiert etwas entgegenhalten kann.

Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Frage, was in dem Fall passieren würde, dass die Bank Schulden nicht mehr bedient – was in der Geschäftsaufsicht der Fall ist –, eingehend geprüft wurde und die überwiegende Meinung war, dass sich Gläubiger direkt an das Land Kärnten wenden können.

Ich schließe nicht aus, dass es gegenteilige Meinungen gibt. Mir wurde das jedenfalls so mitgeteilt, dass das der Fall sein würde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Auch von Herrn Schilcher?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe ihn erwähnt als eine der Quellen. Ob er sich dazu geäußert hat, weiß ich nicht, aber ich gehe davon aus.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich gehe genau vom Gegenteil aus! Wir haben ihn hier befragt, und er hat gesagt: Das Schlagendwerden der Haftungen wurde nicht überlegt beziehungsweise wurde nicht geprüft oder in irgendeiner Form bewertet. Das heißt, er wusste es einfach nicht.

Dr. Gottwald Kranebitter: Kann durchaus sein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja. Aber Sie wussten es? (Auskunftsperson Kranbitter: Bitte?) Aber Sie wussten es?

Dr. Gottwald Kranebitter: Nein. Ich habe Ihnen eingangs schon gesagt, das ist nicht mein Fachgebiet, nicht meine Expertise. Ich kann Ihnen nur sagen, was ich von den dazu befugten Experten, den Juristen, dazu gehört habe. Ich kann nur wiedergeben, ich kann dazu nicht einmal eine eigene Meinung äußern.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie werden mir darin recht geben, dass, wenn man eine Entscheidung auf einer Prämisse trifft, die falsch ist, dann möglicherweise auch die Entscheidung falsch sein könnte?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich weiß nicht, ob die Entscheidung auf dieser Prämisse getroffen wurde. Aber theoretisch haben Sie recht: Falsche Prämisse – falsche Entscheidung.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau. Das heißt, wenn man davon ausgeht, dass die Geschäftsaufsicht, die ja gedroht hat, letztlich zu einem Konkurs beziehungsweise zu einem Schlagendwerden der Haftungen führen kann, dann ist man natürlich eher genötigt, gewisse Entscheidungen zu treffen, um genau das zu verhindern, als wenn man gewusst hätte, dass das nicht der Fall wäre?

Dr. Gottwald Kranebitter: Wenn man das gewusst hätte, dann hätte man möglicherweise andere Erwägungen auch mit einbezogen, aber das ist rein theoretisch. Ich kann dazu gar nichts sagen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Um vielleicht noch einmal auf Ihre Rolle als Berater zurückzukommen: Ich habe noch nicht ganz herausgefunden, welche Position Sie eingenommen haben.

Jetzt sagen Sie, Sie haben gar keine Position eingenommen, Sie haben nur irgendwelche Fakten aufgezählt, und die Entscheidung haben andere getroffen. Kann man das so zusammenfassen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das kann man genau so zusammenfassen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie haben sich da relativ herausgehalten. Sie haben auch keine Wahrnehmungen darüber, wer welche Position eingenommen hat, wer sich wo, wann, wie durchgesetzt hat, sondern Sie waren da mehr in einer abwartenden Beraterposition. Kann man das so sagen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das kann man so sagen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Haben Sie das Gefühl, dass Sie bei dieser ganzen Sache irgendwie stark involviert waren?

Dr. Gottwald Kranebitter: Mit Sicherheit nicht in der Entscheidungsfindung, wie letztlich die Lastenverteilung auf die Eigentümer ausfällt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Angesichts dessen: Wie können Sie sich erklären, dass Sie dann unbedingt Vorstandsvorsitzender werden sollten, gegen jede Vernunft? – Wenn man um 300 000 € ein Casting macht, angeblich mit über hundert Bewerbern, und parallel dazu mit Ihnen das ausschnapst, ist das eigenartig.

Vorsitzende Doris Bures: Sie müssen die Frage formulieren – Redezeit.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie können Sie sich das erklären, wenn Sie in dieser Verstaatlichung gar keine große Rolle gespielt haben? Warum wollte man Sie unbedingt?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich würde Sie bitten, die Frage an Dr. Ditz und Dr. Scholten zu richten. (Abg. Lugar: Machen wir sicher!)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Kranebitter, wir haben – um es noch einmal zusammenzufassen – in der letzten Runde festgestellt, die Europäische Kommission hat 2009 nicht an die Lebensfähigkeit der Bank geglaubt. Dann haben wir aus dem Jahr 2010 das Interesse der Europäischen Entwicklungsbank und der Weltbank, die sich die Bank im Detail anschauen. Dazu lege ich jetzt der Vollständigkeit halber das Dokument mit der Nummer 36154 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Wir haben in der letzten Runde begonnen, das zu besprechen. Es ist ein vernichtendes Zeugnis, das Europäische Entwicklungsbank und Weltbank nach ihrer Due Diligence hier ausstellen.

Die Frage stellt sich tatsächlich: Warum sind zum Beispiel – so wie hier die beiden angeben – nicht die Verantwortlichen aus der Bank entfernt worden, zum Beispiel Leute, die, wie hier auf Seite 2 festgehalten ist, 46 Prozent Ausfallsquote verantworten, aber weiterhin in ihrer Funktion verbleiben? Warum sind diese Leute nicht ausgetauscht worden?

Dr. Gottwald Kranebitter: Es sind in der Phase nach der Verstaatlichung bis etwa Mitte/Ende 2011 60 Führungspersonen ausgetauscht worden. Die Konsequenzen sind gezogen worden; nicht bei jeder Person, die hier möglicherweise von der EBRD genannt wird, weil wir uns als Vorstand auch selbst mit der Frage beschäftigt haben und eigene Einschätzungen hatten. Aber es ist umfangreichst Personal ausgetauscht worden.

Wir haben – wenn ich Sie daran erinnern darf – nach Bekanntwerden einer Malversation den gesamten Vorstand der Hypo Bank Slowenien und der Hypo Leasing Slowenien ausgetauscht. Ich möchte also hier die unterstellte Untätigkeit entschieden zurückweisen, ganz im Gegenteil: neue Menschen, neue Kultur, aber dass das auch Zeit braucht, ist schlicht und einfach reales Leben. Es sind auch Personen erst zu einem sehr späten Zeitpunkt ausgetauscht worden, weil man vorher die Qualität ihres Handelns nicht richtig eingeschätzt hat.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Die Europäische Entwicklungsbank und Weltbank haben das sehr schnell einschätzen können. Sie erwarten sich – und das ist auf Seite 3 schon der erste Teil ihrer Schlussfolgerung – zuerst starke Signale im Austausch des derzeitigen Managements der Osteuropa-Töchter. Sie müssen also nicht mir das Gegenteil beweisen, sondern das sind hier Experten, internationale Organisationen, die regelmäßig mit solchen Fällen zu tun haben. Das ist ihr Zeugnis, und das ist vernichtend!

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich kenne weder das Schreiben, noch war ich bei der Besprechung anwesend. Ich glaube auch, dass keiner meiner Vorstandskollegen bei der Besprechung anwesend war. Ich kenne auch die Antwort der Republik Österreich dazu nicht. Ich habe auch nie die Möglichkeit gehabt, dazu Stellung zu nehmen.

Ich kann das nur so hinnehmen, aber es wird dadurch nicht wahrer.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wollen Sie den Inhalt bestreiten?

Dr. Gottwald Kranebitter: Noch einmal: Ich sage Ihnen ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wollen Sie bestreiten, dass das das Zeugnis dieser beiden Interessenten war?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich will gar nicht bestreiten, was die EBRD schreibt. Ich will nur sagen, ich habe bis heute weder die Möglichkeit gehabt, an der Besprechung teilzunehmen, noch die Möglichkeit gehabt, dazu Stellung zu nehmen. Wenn ich sie gehabt hätte, hätte ich es gemacht, hätte ich mich möglicherweise in manchen Punkten der Einschätzung angeschlossen und in anderen Punkten der Einschätzung nicht angeschlossen. Es ist ein Papier, das ich heute zum ersten Mal sehe.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie wollen uns ernsthaft sagen, dass Sie als Vorstandsvorsitzender in Gespräche mit den potenziellen Käufern nicht eingebunden waren, davon keine Ahnung gehabt haben?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich will Ihnen genau das sagen, was ich gesagt habe: dass ich in diese Besprechung nicht eingebunden war.

Sie sehen vielleicht auch den Verteiler, Herr Dr. Hable. Typischerweise bekommen Gesprächsteilnehmer auch die Unterlage. Da sind angeführt: Peschorn, Höllerer, Wieser, Lejsek, Schiller, Schlögl, Schöner. Ich kann hier weder einen Aufsichtsrat noch einen Vorstand erkennen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, bei diesem Termin. Nur, es ist völlig unplausibel, dass Sie als Vorstandsvorsitzender davon überhaupt nichts gewusst haben. Und widerlegt ist das ja auch auf Seite 2. Ich zitiere: „Hr. Malige“ – das ist der Herr von der Europäischen Entwicklungsbank – „betonte, die Ergebnisse der DD in gleicher Weise wie mit dem BMF auch mit dem Vorstand der Bank (2.5.2011, vormittags) besprochen zu haben.“

Dass Sie von den Inhalten hier nichts wissen, das ist völlig unglaubwürdig.

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe nicht gesagt, dass ich von den Inhalten nichts weiß. Ich habe Ihnen gesagt, dass ich an der Besprechung nicht teilnehmen konnte, weil ich auch zur Besprechung nicht eingeladen war.

Tatsache ist, dass die EBRD ihr zunächst geäußertes Interesse, im Oktober geäußertes Interesse, zurückgezogen hat, wobei sich das Interesse erstaunlicherweise am Ende doch auf die kroatische Bank bezogen hat, aber auch da nicht mit einer Beteiligung, sondern nur mit einer Finanzierung. Der Abbruch der Gespräche mit der EBRD ist meines Erachtens beziehungsweise ist nach meiner Überzeugung nicht auf ein Fehlverhalten der Bank zurückzuführen, sondern darauf, dass die EBRD sich als Finanzinvestor gesehen hat, Minderheiten kaufen wollte, Rückgaberechte haben ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Kranebitter, das war alles nicht meine Frage.

Faktum ist, die EBRD hat sich zurückgezogen, und aus guten Gründen. Und der Inhalt, und um den geht es, ist hier dokumentiert.

Meine nächste Frage wäre, ob Sie das Dokument mit der Bezeichnung Reprivatisierung und geordneter Abbau vom Juni 2011 kennen. Ist Ihnen das bekannt?

Dr. Gottwald Kranebitter: Würden Sie es mir bitte vorlegen?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dazu kommen wir noch, wenn wir den Inhalt besprechen, aber ich möchte wissen, ob Ihnen das bekannt ist.

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe dazu keine aktuelle Erinnerung, aber vermutlich werde ich es kennen.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, dann legen wir es vor. Das ist das Dokument mit der Nummer 11657, Seite 31. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzende Doris Bures: Sie müssen dann wirklich kurz die Frage dazu formulieren, weil Ihre Redezeit aufgebraucht ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Präsidentin, wirklich! Also, das ist ja heute ein typisches Beispiel, dass der U-Ausschuss so nicht funktioniert. Das ist unpackbar!

Vorsitzende Doris Bures: Die Fraktionsvorsitzenden oder die Referenten habe ich schon mehrfach gebeten: Es gibt eine Einigung darauf, und meine Aufgabe ist es, Sie darauf aufmerksam zu machen. Das machen wir jetzt seit 57 Sitzungen so. Ich bin jederzeit offen, eine neue Redezeitvereinbarung zu übernehmen und dann auf deren Einhaltung zu achten.

Eine Frage noch, und dann gebe ich das Wort an den Herrn Abgeordneten Dr. Matznetter weiter. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Kennen Sie das Dokument?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe es vor mir. Ich nehme an, dass ich es kenne, ja. –

Bitte, ich habe es gelesen. Was ist Ihre Frage?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Meine Frage war, ob Sie es kennen und was der Hintergrund dieses Dokuments ist.

Dr. Gottwald Kranebitter: Können Sie mir die Titelseite zeigen?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, nachdem Sie das wieder nicht machen wollen, muss es auf meine Redezeit gehen – oder auf das, was noch davon übrig ist.

Dr. Gottwald Kranebitter: Nein, gerne, stellen Sie Ihre Frage, Herr Dr. Hable! Ich habe zehntausende Dokumente gehabt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich habe es schon genannt: Reprivatisierung, geordneter Abbau aus dem Juni 2011. Auf dem Titelblatt steht auch noch CEO Gottwald Kranebitter. Also, das ist Ihr Dokument!

Und das Wichtigste ist eh, was ganz oben steht: das, was nämlich Ihre Conclusio aus dieser Überprüfung ist, die Sie selbst in der Bank vorgenommen haben. Und das beschreiben Sie. Ich zitiere: „Ausgangssituation – Höhe des Kreditrisikos nicht erkennbar, weil Organisation, Prozesse und Methoden völlig unzureichend“.

Dr. Gottwald Kranebitter: Genau das ist, was ich Ihnen beschrieben habe.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie haben die Redezeit weit überzogen. Ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht. Und ich lade Sie wirklich ein, noch einmal unter den Fraktionsvorsitzenden zu diskutieren, ob man eine andere Regelung bei der Redezeit vornimmt. (Abg. Hable: Wir müssen über den ganzen Untersuchungsausschuss diskutieren ...!)

Dr. Gottwald Kranebitter: Stellen Sie die Frage! Nein, schauen Sie: Dieses Dokument zeigt ganz genau, was ich beschrieben habe, nämlich: Wir haben ein Jahr gebraucht, um das Portfolio der Bank und die Organisation der Bank zu überprüfen und zu sehen, wo die Bank steht. Hier steht der Wertberichtigungsbedarf des Jahres 2010 aufgrund des Review Rush. Und es steht hier punktuell aufgegliedert, dass die Risikoorganisation der Bank zum Zeitpunkt der Verstaatlichung nicht funktioniert hat.

Und ja, wir haben ein Jahr gebraucht dafür. Und ja, das ist auch der Grund, warum die EBRD im vierten Quartal 2010 festgestellt hat: Es ist noch nicht alles in Ordnung.

Vorsitzende Doris Bures: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Matznetter. (Abg. Hable: ...! Das ist eine Schrottbank!) Vielleicht kann Herr Abgeordneter Dr. Matznetter das ohnedies aufnehmen, aber das liegt an ihm.

Herr Abgeordneter Dr. Matznetter, Sie sind am Wort.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Dr. Kranebitter, ich möchte zu der eigentlichen Frage zurückkommen, die uns jetzt schon für die Phase III berührt: Wie schaut das aus mit der Bad-Bank-Struktur? Ist es nicht so, dass, nachdem die Bereitschaft im BMF nicht gegeben war, eine Sonderstruktur möglichst ohne Bankkonzession, nämlich so wie eine echte Bad Bank ausschaut, zu machen, dennoch innerhalb der Hypo Alpe-Adria in Ihrer Amtszeit als Vorstand durch das Brushing in Wirklichkeit eine interne Bad-Bank-Struktur hergestellt wurde?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das sogenannte Projekt Brush war eine Notlösung, die zwei Komponenten hatte. Erste Komponente: Wir wollten sicherstellen, dass wir kein Geld in die südosteuropäischen Banken schicken müssen. Das hätten wir ansonsten aufgrund der Auflagen der Regulatoren tun müssen. Und die zweite Komponente war eine organisatorische: Wir haben versucht, den Abbau von den Fortbestehensbanken möglichst sauber zu trennen, denn sie haben völlig unterschiedliche Aufgaben, sie brauchen unterschiedliche Mitarbeiter, sie brauchen ein anderes Entlohnungsschema, sie brauchen ein anderes Motivationsschema, und es geht einfach um etwas anderes. Ein Autoverkäufer ist nicht zwingend ein guter Automechaniker und umgekehrt. Und das war der Versuch, das dadurch herzustellen. Das ist zum Teil gelungen.

Was der wesentliche Nachteil war, ist darin zu sehen, dass der Kapitalbedarf auf der Gesamtbankebene ... (Abg. Matznetter: Gleich bleibt!) – gleich bleibt und sich nicht ändert.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Am Ende des Tages ist ja die HETA-Struktur das Ergebnis dieser doch mehrjährigen Tätigkeit, die Toxic Assets innerhalb der HBInt zusammenzufassen. Habe ich das so richtig verstanden?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die HETA, so wie sie sich heute darstellt, ist die Fortsetzung genau dieser eingerichteten Struktur.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Aber bevor wir das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz hatten, wäre die Lösung ja nur eine Spaltung gewesen, wenn man das Ziel einer echten Bad Bank betrieben hätte. Hätte da nicht die Haftungsproblematik trotzdem weiterbestanden, weil ja auch die Bad Bank sozusagen, wenn sie abgespalten ist, zwar vielleicht keine Bankkonzession mehr hat und das Eigenkapital nicht braucht, aber trotzdem nachlaufend fünf Jahre entsprechende Haftung aus der Spaltung heraus fortbestanden hätte?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das ist wohl so.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Heißt das, dass in Wirklichkeit, bevor wir das Gesetz hatten – die zugrundeliegende Richtlinie ist ja erst sehr spät vonseiten der Union gekommen; der Nationalrat hat eh sehr schnell gehandelt in der Beschlussfassung, aber wir konnten ja das Gesetz nicht früher machen, weil wir die Richtlinie nicht hatten –, die Herstellung der Bad Bank nur mit dem Risiko der spaltungsgeborenen Folgehaftung, die weiter bestanden hätte, möglich war?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich bin kein Gesellschaftsrechtler, aber prima vista würde ich das so sehen, ja.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Mir geht es dabei um etwas anderes, nämlich um den möglichen Verkauf der SEE-Bank, die am Ende ... Jetzt haben wir die Bad Bank in Form der HETA und wir haben den Verkauf von Südosteuropa mit entsprechender auch natürlich Garantiestellung für die Käufer. Aber wäre das Problem in der Zeit ohne Sanierungs- und Abwicklungsgesetz nicht noch viel stärker gewesen – denn da hätten wir ja die Spaltungshaftung auch noch gehabt, die der Käufer hätte übernehmen müssen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich mutmaße, dass ein Käufer sich dieses Risiko hätte absichern lassen.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Sodass wir in Wirklichkeit die Bad Bank sozusagen doppelt hätten absichern müssen: einerseits durch die Haftung, damit überhaupt weiterhin die Finanzierung gewährleistet ist, und zweitens indirekt, indem man noch einmal als Republik Österreich eine Haftung nach Südosteuropa hätte geben müssen.

Dr. Gottwald Kranebitter: Das kann man so sehen.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Gut. Ich komme zurück zu der Fragestellung der Assets selber, dieser Toxic Assets. Ist es nicht so, dass die Qualität vor allem dort, wo es um Immobilienfinanzierungen, aber auch Beteiligungsfinanzierungen und Ähnliches geht, selbst bei den Mobilienfinanzierungen, so ist, dass je schlechter es dem Gläubiger geht, in dem Fall der Bank, die es finanziert hat, umso mehr Möglichkeiten aus der Drucksituation die Schuldner haben, in entsprechenden Verhandlungen günstigere Konditionen zu bekommen, oder Käufer der Assets, billigere Preise zu erzielen? Sehe ich das richtig so?

Dr. Gottwald Kranebitter: Es ist nicht nur die Kondition der Bank, sondern es ist auch die Öffentlichkeit, die de facto jeden Buchwert und jeden erwarteten Veräußerungswert publik gemacht hat für potenzielle Käufer und dadurch die Bank in eine sehr schlechte Verhandlungsposition gehievt hat. Der größte Nachteil ist aber sicher die Drucksituation: Der Käufer weiß, die Bank muss verkaufen, und der Käufer weiß nicht nur das zeitliche Limit, sondern er weiß auch, dass es ganz wenige Käufer gibt.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Das heißt, die Notverkaufssituation, ausgelöst in Wirklichkeit durch die Auflagen der Kommission, hat uns Steuerzahlern einen bedeutenden wirtschaftlichen Schaden gebracht.

Dr. Gottwald Kranebitter: Das würde ich so sehen.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Danke, liebe Kommission! Danke, Frau Präsidentin.

Vorsitzende Doris Bures: Damit erteile ich Herrn Abgeordnetem Angerer das Wort und informiere Sie darüber, dass ich die Befragung in 9 Minuten für beendet erklären werde.

Sie haben aber jetzt drei Minuten Fragezeit. – Bitte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Die werden wir zeitoptimiert nutzen.

Herr Dr. Kranebitter, zu Ihrem Eingangsstatement habe ich mir einige Fragen notiert. Die Bad-Bank-Lösung wurde verzögert.  Stimmt das?

Dr. Gottwald Kranebitter: Der Eigentümer hat offensichtlich die Nachteile schwerwiegender gesehen als die Vorteile.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Von wem wurde die Bad-Bank-Lösung verzögert?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich spreche nicht von einer Verzögerung, sondern ich spreche von einer Abwägung von Vor- und Nachteilen. Zuständig war dafür aus meiner Sicht die Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Finanzen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Die Frau Minister Fekter?

Dr. Gottwald Kranebitter: War eine der MinisterInnen in meiner Phase.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie hat die Entscheidung getroffen, dass keine frühere Bad-Bank-Lösung zustande gekommen ist?

Dr. Gottwald Kranebitter: Sie hat in ihrer Amtszeit sehr klar gesagt, dass sie dafür nicht zur Verfügung steht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben gesagt, bei einer früheren Bad-Bank-Lösung wären die Verluste um Milliarden geringer gewesen. Können Sie das nochmals bestätigen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das ist eine Komponente, nicht die einzige, aber ich hätte eine Bad-Bank-Lösung ... und halte sie auch heute für die richtige Lösung. Im Übrigen zeigt ja die Fortentwicklung, dass wir heute eine solche Bad Bank haben.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nächster Punkt ist Klage Eigenkapitalersatz-Gesetz. Haben Sie Wahrnehmungen dazu: Hat man das 2009 bei der Verstaatlichung auch schon überlegt, oder warum hat man es nicht überlegt?

Dr. Gottwald Kranebitter: Warum man es nicht überlegt hat, dazu habe ich keine Wahrnehmungen. Ich habe heute schon ausgeführt, dass berufenere Experten offensichtlich der Meinung waren, dass Eigenkapitalersatz kein Thema ist.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wer war das, die berufeneren Experten?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich habe aus Medieninformationen die Wahrnehmung, dass Präsident Peschorn das im Kärntner Untersuchungsausschuss so gesagt hat (Abg. Angerer: Der Herr Peschorn?), dass Präsident Peschorn das im Kärntner Untersuchungsausschuss so gesagt haben soll. Darüber hinaus habe ich keine Wahrnehmung, dass Eigenkapitalersatz im Rahmen der Verstaatlichung ein Thema war.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Warum war es dann 2012 plötzlich ein Thema?

Dr. Gottwald Kranebitter: Es war nicht plötzlich ein Thema, sondern nachdem mit vorliegender Bilanz 2010 und Abschluss unserer Befundaufnahme – Herr Dr. Hable hat mir die Unterlage gerade vorgehalten – klar war, dass die Bank in einem viel schlechteren Zustand übernommen wurde, als man das gedacht hat, wurde gutachterlich von Dr. Kleiner die Ära BayernLB untersucht. Er hat das Thema Eigenkapitalersatz als Möglichkeit und möglichen Untersuchungsgegenstand aufgeworfen.

Das Thema ist sehr intensiv in allen Aspekten untersucht worden. Ende 2012 sind alle Gremien – Vorstand, Aufsichtsrat, Eigentümer, aber auch Regulator und FIMBAG – zur Überzeugung gekommen, dass man in allen Rechtsunsicherheiten überwiegend von vorliegendem Eigenkapitalersatz ausgehen kann. Die rechtlichen Konsequenzen waren klar, wir haben die Zahlungen eingestellt, und wir haben bereits erfolgte Zahlungen zurückgefordert.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Vielleicht noch ganz kurz: Was war die Begründung des Gerichts, warum gegen Österreich entschieden wurde?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das können Sie in den Notes zum Halbjahresabschluss 2015 nachlesen, das ist auch meine Informationsquelle. Ich bitte um Verzeihung, wenn ich das jetzt nicht korrekt wiedergebe, aber ich glaube mich zu erinnern, dass das erstinstanzliche Gericht in München dazu gesagt hat, dass der Bank der Nachweis des Vorliegens der Krise nicht gelungen sei.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dann ganz kurz zum nächsten Thema: CSI. Sie haben gemeint, die CSI wurde in die Geschäftstätigkeit mit aufgenommen, also als Aufgabe der Bank, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Wer hat das veranlasst, dass das mit aufgenommen wurde?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die Satzungsänderung wird immer vom Eigentümer beschlossen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also im Grunde auch wieder das Ministerium?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die Republik Österreich, vertreten durch das Ministerium.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Diese CSI hat in ihrer Arbeit mit 60 Mitarbeitern die Bank nicht nur viel Geld gekostet, sondern sie auch in der täglichen Arbeit behindert. Stimmt das so?

Dr. Gottwald Kranebitter: Noch einmal: Aufarbeitung Ja, mein Credo war wirtschaftliche Vernunft, und ich habe es als meine Aufgabe gesehen, dafür zu sorgen, dass dort, wo das nicht der Fall ist, die wirtschaftliche Vernunft als Messlatte eingeführt wird. (Abg. Angerer: Also ja?!) – So, wie ich es gesagt habe, möchte ich es gerne beantworten.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): In weiterer Folge hat es dann Herrn Mag. Krakow gegeben. Was haben Sie von ihm für Wahrnehmungen oder Erinnerungen?

Dr. Gottwald Kranebitter: Die besten.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Die besten! – Jetzt haben Sie mich überrascht.

Dr. Gottwald Kranebitter: Wenn Sie Ihre Frage vielleicht konkretisieren.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Was war die Aufgabe des Herrn Mag. Krakow?

Dr. Gottwald Kranebitter: Seine Aufgabe war es, als Koordinator die Aufarbeitung der Vergangenheit und spezifische Themen wie zum Beispiel Aufarbeitung Eigenkapitalersatz voranzutreiben. Er hat, wenn Sie so wollen, Teile der Aufgaben der Finanzprokuratur übernommen und war darüber hinaus ein Bindeglied zwischen dem Bundesministerium für Finanzen einerseits und der Bank andererseits.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Hat Herr Mag. Krakow Sie in Ihrer operativen Arbeit unterstützt, oder hat er Sie behindert?

Dr. Gottwald Kranebitter: Meine operative Arbeit hat natürlich Schnittstellen mit seiner Tätigkeit gehabt, und ich habe ihn konstruktiv erlebt, er konnte mich aber in meiner Arbeit weder unterstützen, noch hat er mich behindert.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also es ist auszuschließen, dass Herr Mag. Krakow Ihrer Meinung nach Dinge wahrgenommen hat, die eigentlich in Ihren Tätigkeitsbereich gefallen wären?

Dr. Gottwald Kranebitter: Das ist nie auszuschließen, wenn jemand Bindeglied zwischen dem Eigentümer und dem Vorstand ist. Er hat satzungs- und geschäftsordnungsmäßig umfangreiche Befugnisse gehabt, und die hat er wahrgenommen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Waren die Entscheidungen des Herrn Mag. Krakow aus Ihrer Sicht wirtschaftlich sinnvoll und haben sie der Bank genützt und in weiterer Folge damit dem Steuerzahler?

Dr. Gottwald Kranebitter: Da müsste man eine Rechnung der Kosten und der Erträge gegenüberstellen. Ich denke, dass er maßgeblich an der Untersuchung Eigenkapitalersatz mitgewirkt hat, und da können Sie Ihre eigene Einschätzung treffen, ob der Vergleich, der mit der BayernLB abgeschlossen wurde, zum Vorteil oder zum Nachteil der Republik Österreich ist.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Noch ein Punkt, den ich gerne ansprechen würde: 2013, haben Sie erwähnt, hat die EU damit gedroht, die Bank zu zerschlagen. Damit drohte der Ausverkauf der Bank, Frau Griss hat in ihrem Bericht geschrieben, damit wurde der Schaden für den Steuerzahler maximiert. Würden Sie das auch so empfinden?

Dr. Gottwald Kranebitter: Ich sehe jede Situation, in der Sie verkaufen müssen und nicht die Entscheidung haben, ob Sie das jetzt oder besser zu einem späteren Zeitpunkt tun, als eine Situation, in der Sie den Schaden erhöhen und nicht reduzieren. Ich glaube, jede Verkaufsdrucksituation, jeder zeitlich beschränkte Ausverkauf ist schädlich, und so war auch dieser Druck, der durch die Aktivitäten der Kommission entstanden ist, definitiv schädlich.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Angerer, ich muss Ihnen mitteilen: Die vier Stunden Befragungsdauer sind erreicht, und daher werde ich die Befragung jetzt, wie vorher angekündigt und in der Verfahrensordnung vorgesehen, für beendet erklären.

Herr Dr. Kranebitter, ich bedanke mich, dass Sie dem Ausschuss zur Verfügung gestanden sind. Ich bedanke mich auch bei Ihnen, Herr Dr. Themmer, als Vertrauensperson, dass Sie dem Ausschuss beigewohnt haben.



[1] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: "Adhoc-Meldung“ anstelle von „Druckmeldung"

 

[2] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson:unterkapitalisiert“ anstelle von „überschuldet“