274/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Wolfgang Edelmüller in der 58. Sitzung vom 17. Februar 2016

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 70. Sitzung am 11. Mai 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Mag. Wolfgang Edelmüller nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-­UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

Wien, 2016 05 11

 

                  Gabriel Obernosterer                                           Doris Bures

                           Schriftführer                                                                         Vorsitzende

 



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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

58. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Mittwoch, 17. Februar 2016

Gesamtdauer der 58. Sitzung

9.09 Uhr – 14.32 Uhr

Lokal VI

 


Befragung der Auskunftsperson Mag. Wolfgang Edelmüller

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrter Mag. Edelmüller! Sie haben von Ihrem Recht, eine Vertrauensperson mitzunehmen, Gebrauch gemacht. Bevor ich nun Herrn Verfahrensrichter Dr. Pilgermair das Wort zur Rechtsbelehrung und Erstbefragung übergebe, möchte ich Sie darüber in Kenntnis setzen, dass zu Ihrer Linken Verfahrensanwalt-Stellvertreter Dr. Hoffmann sitzt, der ebenfalls darauf zu achten hat, dass die Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson gewahrt und gesichert sind. Wann immer Sie sich mit Ihrer Vertrauensperson oder mit dem Herrn Verfahrensanwalt beraten wollen, werde ich die dafür erforderliche Zeit zur Verfügung stellen.

Für sonstige Fragen zum Verfahren stehe auch ich als Vorsitzender gerne zur Verfügung. Wenn Sie eine kurze Sitzungsunterbrechung wollen, werde ich diesem Wunsch gerne folgen.

Zur Erteilung der Rechtsbelehrung und anschließenden Erstbefragung übergebe ich nun Herrn Dr. Pilgermair das Wort. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Guten Morgen, Herr Mag. Edelmüller und Herr Dr. Themmer! Ich begrüße Sie und gebe Ihnen das jeweilige Personaldatenblatt mit der Bitte um Prüfung der Aktualität der darin eingetragenen Personaldaten. Stimmt es so? (Die Auskunftsperson und die Vertrauensperson bestätigen die Richtigkeit der Daten.) – Danke.

Herr Mag. Edelmüller! Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung in allen Details über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie über den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. In dieser Belehrung waren auch die Aussageverweigerungsgründe im Einzelnen angeführt. Sollte einer dieser Gründe bei einer Frage, die an Sie gerichtet wird, vorliegen, ersuche ich Sie, darauf hinzuweisen. Ein genereller Aussageverweigerungsgrund kann nämlich nicht geltend gemacht werden.

Sie haben das Recht, wie alle Auskunftspersonen, bei Vorliegen gewisser Umstände den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen sowie Beweisstücke und Stellungnahmen vorzulegen und deren Veröffentlichung oder deren Klassifizierung zu beantragen.

Auskunftspersonen vor dem Untersuchungsausschuss haben die Pflicht, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann, so wie die Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels, nach dem Strafgesetzbuch vom Strafgericht mit Freiheitsstrafe geahndet werden.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Jede Person, die nach dem Informationsordnungsgesetz Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch noch nach der Beendigung der Befragung und nach der Tätigkeit dieses Untersuchungsausschusses. Solche klassifizierten Informationen dürfen keinesfalls an unbefugte Personen weitergegeben werden.

Wenn Ihnen, Herr Mag. Edelmüller, klassifizierte Unterlagen vorgelegt werden, erkennen Sie diese am entsprechenden Aufdruck. Bitte nehmen Sie nach Beendigung der Befragung nicht versehentlich eine solche Unterlage mit. Von solchen klassifizierten Dokumenten dürfen auch weder Fotos noch Auszüge oder Notizen angefertigt werden. Herr Mag. Edelmüller, haben Sie Fragen zur Rechtsbelehrung? (Die Auskunftsperson verneint dies.)

Herr Dr. Themmer, ich schließe daran an, was wir gestern an Rechtsinformationen ausgetauscht haben, und halte das auch heute Ihnen gegenüber aufrecht. Keine Fragen dazu? (Die Vertrauensperson verneint dies.) 

Gründe für den Ausschluss der beigezogenen Vertrauensperson gemäß § 46 Abs. 4 Verfahrensordnung sind mir nicht bekannt. Ich ersuche die anwesenden Mitglieder des Ausschusses, mitzuteilen, ob gegen die Beiziehung von Herrn Dr. Wolfram Themmer als Vertrauensperson Einspruch erhoben wird. – Das ist nicht der Fall.

Dann weise ich darauf hin, dass Gründe für den Ausschluss der Vertrauensperson auch noch während der Befragung der Auskunftsperson vorgebracht werden können.

Herr Mag. Edelmüller, allen Auskunftspersonen steht das Recht zu, vorweg eine einleitende Stellungnahme vor dem Ausschuss abgeben zu können, die bis zu 20 Minuten dauern kann. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen? (Die Auskunftsperson bejaht dies.) Dann bitte ich Sie darum.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe von 19. April 2010 bis 28. Februar 2014 als Konzernrisikovorstand der Hypo Alpe-Adria fungiert und in meiner zusätzlichen Rolle als stellvertretender Vorstandsvorsitzender im Zeitraum von September bis Dezember 2013 auch die Aufgaben eines Acting CEO wahrgenommen. Länderbezogen war ich als Verwaltungsratsvorsitzender für Serbien und Liechtenstein zuständig, Aufsichtsratsmandate hatte ich darüber hinaus in den Regionalbanken in Österreich, Slowenien, Kroatien und zeitweilig auch in Italien und Bosnien-Herzegowina.

Mein Vorstandsmandat habe ich, nach Ankündigung im Juli 2013, Ende Februar 2014 vorzeitig zurückgelegt, weil das vom Vorstand erarbeitete strategische Abwicklungskonzept mit der Beihilfenentscheidung der Europäischen Kommission vom 3. September 2013 endgültig obsolet geworden war.

Die Befähigung für die Funktion des Risikovorstandes einer mittelgroßen Bank mit massivem Restrukturierungs- und Sanierungsbedarf beziehe ich aus meiner akademischen Ausbildung als Ökonom und den Erfahrungen einer mehr als drei Jahrzehnte dauernden Berufslaufbahn in der Bank Austria, davon gut 15 Jahre in leitenden Funktionen des Risikomanagement mit Schwerpunkt Kreditrisikomanagement.

Ich bin nach Abschluss meines Studiums in die damalige Länderbank eingetreten und habe die Merger-Prozesse, aus denen ab 1991 – über mehrere Bankenzusammenschlüsse – die UniCredit Bank Austria in ihrer heutigen Gestalt hervorgegangen ist, zumeist auf Abteilungsleiter- und Bereichsleiterebene mitvollzogen. Ich konnte dabei wertvolle praktische Erfahrungen auf den Gebieten zielgerichteter Projektarbeit, Reorganisation, Integration und Neustrukturierung gewinnen. Diesen spezifischen Erfahrungshintergrund, kombiniert mit mehrjährigen Führungsaufgaben im Risk Management, habe ich 2010 in meine neue Funktion mitgebracht.

Für die Funktion des Hypo-Risikovorstandes habe ich mich nicht aktiv beworben, sondern ich wurde beworben. Nach reiflicher Überlegung habe ich das Mandat angenommen, weil ich aufgrund meiner vorbereitenden Recherchen die Chance sah, eine defaultierte Bankengruppe mit überregionaler Marktausrichtung im Kern zu erhalten, indem man sie von den Altlasten befreit, strategisch neu ausrichtet und reprivatisiert, um die Bürde der Republik aus dem stabilitätspolitischen Akt der Verstaatlichung zu begrenzen.

Die Aufgabe war für einen berufserfahrenen Banker reizvoll, die Aussicht, einen Beitrag zur Bewältigung dieses nicht nur gravierenden, sondern auch krassen Krisenfalls im österreichischen Bankensektor im Auftrag und im Dienste der Republik zu leisten, sehr motivierend. Den persönlichen Ausschlag gab letztlich aber die Leitung des Vorstandsteams durch Gottwald Kranebitter, dessen Expertise ich aus seiner KPMG-Bankenprüfertätigkeit und als Geschäftsführer der KPMG Advisory sehr gut kannte.

Ich habe jedes Verständnis für die berechtigte Empörung über das Ausmaß der Verluste der Hypo-Abwicklung, die in einem wirtschaftlichen Debakel endet, das die Budgets der öffentlichen Hände massiv und anhaltend belasten wird. Ich kann Ihnen aber auch versichern, dass das Vorstandsteam unter der Leitung von Gottwald Kranebitter – samt einer Vielzahl hoch motivierter und weit über zumutbare Leistungsgrenzen hinaus engagierter Mitarbeiter – stets sein Bestes gegeben hat, um die Verluste aus diesem zunehmend zur Mission Impossible anwachsenden Auftrag einzugrenzen.

Schadensminimierung für die Republik, die Steuerzahler und für die Finanzwirtschaft in den Marktregionen der Hypo war unser oberstes Ziel. Das mag angesichts des manifesten Schadensausmaßes schwer begreiflich sein, daher möchte ich in ein paar Schwerpunkten und Meilensteinen die Bemühungen für den Abwicklungszeitraum von Mitte 2010 bis Ende 2013 kurz zusammenfassen: Die Bilanzsumme der Hypo wurde um 15 Milliarden abgebaut – von 41 Milliarden auf 26 Milliarden –, das entspricht einer Reduktion um zirka 37 Prozent. Kaum eine Abwicklungsbank mit einem vergleichbar heterogenen und vertrackten Portfolio in ausgeprägten Krisenmärkten kann dieses Abbautempo vorweisen. Unterstützt wurde dieser Bilanzsummenabbau von einem NPL-Exit durch Kreditrestrukturierung und Workout im Ausmaß von 4,6 Milliarden, mit einem Cash-Rückfluss von ungefähr 1,7 Milliarden, in einem wert- und kapitalschonenden Modus, also im Rahmen der gebildeten Wertberichtigungen und ohne wesentliche Direktabschreibungen.

Als Folge der raschen Redimensionierung der Hypo-Portfolien konnte das Volumen der Kärntner Landeshaftungen von knapp unter 20 Milliarden um zirka 8 Milliarden auf knapp unter 12 Milliarden verringert werden, das entspricht einer Reduktion um zirka 40 Prozent. In dem erwähnten Zeitraum wurden Vertriebs- und Risikomanagement der Hypo von Grund auf reorganisiert, sodass in Verbindung mit einer gestrafften Operation spätestens ab 2012 die Basis für die Privatisierung der fortbestandsfähigen Regionalbanken gelegt war. Ohne diese gewaltigen Anstrengungen – aus einer expansionsgetriebenen und fehlgesteuerten Geldverteilungsmaschine marktfähige Banken zu generieren – wären alle Verkaufsbemühungen schon im Ansatz gescheitert.

Klar unterstützt wurden die Verkaufsvorhaben vom Aufbau einer internen Bad Bank, nachdem uns die Errichtung einer regulären Bad Bank verwehrt blieb. Sie stellt noch heute den organisatorischen Unterbau der HETA ASSET RESOLUTION dar und hat als Auffangbecken für die peripheren Leasingbeteiligungen und die Brush-Gesellschaften die Entwicklung der Verkaufsfähigkeit durch Portfoliobereinigung der Kernbanken erst ermöglicht. Dadurch ist es auch möglich geworden, die österreichische Hypo Ende 2013 an die indisch-britische Anadi-Gruppe zu veräußern und die Privatisierung der SEE-Netzwerkbank zielgerichtet voranzutreiben. Der Verkauf der marktfähigen HBI-Teile, also der italienischen Bank, wurde durch die Abwicklungsanordnung der Europäischen Kommission verhindert.

Darüber hinaus wurden mit dem Verkauf sämtlicher Industriebeteiligungen wesentliche Verlustquellen beseitigt, der Vertrieb der eingezogenen Mobilienleasinggüter wurde neu aufgesetzt, um das Sammelsurium dieses hochgradig notleidenden Bauchladens bestmöglich loszuwerden. Das heterogene Immobilienerbe der Hypo wurde neu gebündelt, um entlang der Marktgängigkeit professionelle Verkaufsvorbereitungen zu treffen. Mit der Probus-Immobiliengruppe war eine eigene Division damit befasst, ein schwer vermarktbares Portfolio sukzessive abzubauen.

Lassen Sie mich abschließend zu diesem Punkt noch anführen, dass die mit der Aufarbeitung der Vergangenheit beauftragte CSI Hypo – trotz des konfliktanfälligen Umfelds – umfassende Aufklärungsarbeit initiiert und geleistet hat, die sich beispielsweise in knapp unter hundert straf- und zivilrechtlichen Anzeigen und Sachverhaltsdarstellungen mit den bisher bekannten Ergebnissen manifestiert.

Und schließlich war die Reorganisation der Hypo mit der Bewältigung einer Vielzahl von komplexen Projekten, einem umfassenden Führungskräfteaustausch, ausgedehnten Personalrekrutierungen, einem hohen Reporting- und Kommunikationsaufwand mit Shareholdern und Stakeholdern in einem extrem knappen Zeitkorsett verbunden. Wenn daher in der veröffentlichten Meinung gelegentlich der Vorwurf der Untätigkeit oder gar Verlustmaximierung gegen die nach der Verstaatlichung verantwortlichen Hypo-Organe erhoben wurde, so trifft das ganz sicher nicht für den Vorstand und Aufsichtsrat im erwähnten Abwicklungszeitraum zu, die in enger Abstimmung kommuniziert und zusammengearbeitet haben. Der heute so mühevolle Kampf um eine faire und verursachungsgerechte Verteilung der hohen Liquidationsverluste hat seine Gründe in einer Vorgeschichte, die von einem abenteuerlichen Geschäftsmodell geprägt war, das ich als finanzwirtschaftlichen Paradefall für spekulative Expansion bezeichnen würde.

Meine Kernzuständigkeit im erwähnten Zeitraum betraf das Risikomanagement, das ich, mit Ausnahme des Marktrisikomanagements, in einem hochgradig defizienten Zustand vorgefunden habe. Dabei wurde ab 2008 eine Reihe von sinnvollen und notwendigen Initiativen gesetzt – wie beispielsweise der „Kreditprozess neu“ –, die aber in dieser bereits krisengeschüttelten Organisation nicht mehr auf den Boden gebracht werden konnten. Wir mussten daher das Group Risk Office weitgehend umbauen, um auf Basis eines Risk Controlling, Credit Management, Rehabilitation Management – also Restructuring und Workout – und Credit Processing umfassenden Organisationsmodells alle wesentlichen Risikomanagementfunktionen anzupassen oder neu zu installieren, damit wir den regulatorischen Anforderungen für das Risk Management einer Bank mit einer geradezu sensationellen Portfolioschieflage einigermaßen gerecht werden konnten.

Beispielsweise konnte mit herkömmlichen Restrukturierungs- und Workout-Prozessen das gigantische NPL-Portfolio nicht gemanagt werden, daher wurden die Konzentrationsrisken auf eine eigens aufgestellte Taskforce übertragen. Auf diese Weise wurden alle Risk-Management-Funktionen entlang der Anforderungskette – Methoden, Instrumente, Prozesse, Organisation und Ressourcen – überprüft, restrukturiert, neu ausgerollt und operationalisiert. Die gröbsten Defizite wurden bis Ende 2011 behoben, bis 2012 war das umfangreiche Projektportfolio im Risk Management weitgehend abgearbeitet und auf Schiene, sodass die Risikofunktionen und -systeme über laufende Verbesserungen allmählich stabilisiert werden konnten. Die Oesterreichische Nationalbank hat diesen Umstrukturierungsprozess, der zweifellos auch einige Kosten verursacht hat, kritisch begleitet, was man in den umfangreichen Findings ihrer Berichte nachlesen kann. Ohne ein funktionierendes Risikomanagement wären Altlastenabbau und Privatisierung der marktfähigen Regionalbanken der Hypo nicht möglich gewesen.

Die Besonderheit des Hypo-Portfolios war ein hohes NPL-Volumen – von zirka 7,5 Milliarden in der Verstaatlichungsbilanz, wenn ich das so bezeichnen darf – und ausgeprägte Unsicherheiten über Werthaltigkeit und Migrationsverhalten vor dem Hintergrund der Eurokrise und einsetzender Stagnations- und Rezessionstendenzen in den Hypo-Kernmärkten auf dem westlichen Balkan. Bereits das PwC-Asset-Screening-Update für die Halbjahresbilanz 2010 hat ein massives, zusätzliches Wertberichtigungserfordernis auf der Höhe des gesamten EWB-Jahresbudgets ergeben, sodass eine detaillierte, nochmalige Risikoüberprüfung des Gesamtportfolios – sowohl in Corporate als auch in Retail – unumgänglich war.

In zwei Workstreams, die wir Review Rush und Due Diligence nannten, wurden auf Einzelfallbasis mit externer Ressourcenunterstützung das Corporate- und, methodisch gesondert, das Retailportfolio nach den wesentlichsten Risikokriterien zwischen September 2010 und Jänner 2011 überprüft. Das Ergebnis war durchaus erschütternd und beinhaltete folgende Überraschungen: erstens die Erkenntnis über massive Defizite in den Kreditsystemen, zweitens wurde das NPL-Portfolio durch Ratingrichtigstellungen bis Mitte 2011 mit einem Migrationsschub von 3 Milliarden auf einen Höchststand von 10,5 Milliarden katapultiert, und drittens war ein Wertberichtigungszugang für 2010 von ungefähr 1,8 Milliarden – davon 1,6 Milliarden Einzelwertberichtigungen – unumgänglich, wovon nach Auflösung und Unwinding 1,2 Milliarden, die Sie in der GuV der Bilanz finden, den Jahresverlust von etwa einer Milliarde verursacht haben.

Zudem ist das Watch-Loan-Portfolio gegenüber Ende 2009 um 3 Milliarden auf 7 Milliarden angewachsen, woraus sich auch für das performante Corporate- und Retailportfolio ein höchst prekäres Risikoprofil ergab. Für dieses Portfolio hatte die Hypo im BLB-Konzern zwischen 2007 und 2009 Wertberichtigungszuführungen von in Summe 2,9 Milliarden verbucht, in der darauffolgenden Periode – also in meiner Mandatsperiode –, von 2010 bis 2013, wurden weitere Zuführungen in der Höhe von 5 Milliarden allokiert, sodass die Hypo zum Zeitpunkt meines Mandatsrücktritts einen Vorsorgestand für Kreditrisken von etwa 4 Milliarden aufgewiesen hat.

Diese problematische Portfoliostruktur erklärt auch, warum wir so vehement auf eine deregulierte Bad Bank gedrängt haben, nämlich um die Privatisierungsperspektive der Fortbestandsbanken zu sichern und Verluste des NPL-Portfolioabbaus, der ja unumgänglich war, budgetschonend zu absorbieren.

Der bereits erwähnte NPL-Exit in Höhe von 4,6 Milliarden wurde vor dem Hintergrund der anhaltenden Wirtschaftskrise in den Westbalkanländern durch die hohe NPL-Migrationsdynamik dieses risikoanfälligen Hypo-Portfolios teilweise kompensiert, sodass Ende 2013 das konsolidierte NPL-Portfolio noch immer 9,7 Milliarden betrug, allerdings bevorsorgt mit 4 Milliarden Risikorückstellungen und besichert mit weiteren 4 Milliarden effizienten Sicherheiten zu aktuellen Marktwerten, abzüglich interner Haircuts. Vorsorgen und aktuelle Sicherheitenmarktwerte haben daher eine weitgehende Deckung des NPL-Exposures ergeben.

Die organisatorische Auftrennung der Gruppe in eine Fortbestandsbank und in eine Abbaubank hat die Privatisierungsperspektive der marktfähigen Regionalbanken – also der österreichischen Bank, der italienischen Bank und der SEE-Netzwerkbank – erhalten, und schließlich zum Verkauf der HBA, also der österreichischen Bank, und der Netzwerkbank[1] geführt. Die frühe Verweigerung einer deregulierten Bad Bank mit sondergesetzlichem Kapitalregime hat die Begrenzung der Verluste aus dem Wind Down deutlich erschwert, vor allem aber hätte man den budgetbelastenden Kapitalerhaltungsbeitrag der Republik, entlang der JRAD-verordneten Eigenmittelerfordernisse, signifikant niedriger ansetzen können.

Lassen Sie mich daher abschließend zu den Konfliktthemen kommen, die da sind: CSI Hypo, Bad Bank und EU-Verfahren. An der Notwendigkeit der Aufarbeitung und Aufklärung der Vergangenheit der Hypo gab es aus mehreren guten Gründen nie einen Zweifel, an der Umsetzung haben sich aus unterschiedlichen Motiven viele Konflikte entzündet. Der entscheidende Streitpunkt war aber der Gegensatz zwischen einer pragmatischen Fokussierung auf schadenersatzfähige Causen, unter Beachtung von Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit auf der einen Seite, und einer allumfassenden Aufarbeitung ohne zeitliche und kostenmäßige Begrenzung auf der anderen Seite. Beide sind berechtigte Ansätze, aber die Überlagerung einer ohnehin komplexen Bankensanierung mit allumfassender Aufarbeitung der Vergangenheit ist nach unseren Erfahrungen erfolgsgefährdend. Das BKO-Modell hat keine Lösung des Konflikts gebracht, aber mehr Effizienz und Entscheidungsbereitschaft bewirkt, der Zeit- und Ressourcenverbrauch bleibt dennoch hoch.

Im Endeffekt hat die CSI Hypo trotz aller Widrigkeiten eine Ermittlungswelle in Gang gesetzt, die entscheidend zur Aufklärung und rechtsstaatlichen Aufarbeitung des Hypo-Debakels beitragen konnte. Für eine deregulierte Bad Bank gab es aus den bereits erwähnten Gründen in unterschiedlichen Varianten vier Anläufe des Vorstands und des Aufsichtsrates:

Mitte 2010 vor dem Hintergrund des Umstrukturierungsplanes aus dem Februar 2010, den Verhandlungsinputs, die aus Brüssel gekommen sind, und der Unsicherheit über die Werthaltigkeit des Portfolios; ab Mitte 2011 vor dem Hintergrund der Ergebnisse aus dem Review Rush und der Due Diligence, also dieser Portfolioüberprüfung auf Einzelfallbasis, die eine Bad Bank fast zwingend erforderlich machten[2]; ab Mitte 2012 vor dem Hintergrund der aus dem JRAD-Verfahren hervorgegangenen Eigenmittelvorschreibungen, die ja in Summe 1,5 Milliarden umfasst haben; und ein letzter Rettungsversuch Anfang 2013, als auf Basis eines Informationspapiers von Gottwald Kranebitter und mir vor den Folgen einer anhaltenden Verweigerung einer Bad-Bank-Struktur gewarnt wurde.

Eine Bad Bank hätte geholfen, die Verluste einzudämmen und die Kapitaleinschüsse der Republik stärker zu begrenzen. Der frühe Einsatz dieses Instruments hätte das Beihilfeverfahren bei der Europäischen Kommission beschleunigt und positiv beeinflusst. Das EU-Verfahren hat sich über mehrere Umstrukturierungspläne in die Länge gezogen, das Parallelverfahren der BLB hatte zumindest bis Anfang 2012 offensichtlich Vorrang bei der EU-Wettbewerbsbehörde. Der finale Umstrukturierungsplan samt Zusagenkatalog, der unter Aufsicht der von der Regierung eingesetzten Taskforce erstellt wurde, trug schon deutlich die Handschrift der Vorgaben der Wettbewerbsbehörde und war gegen die Intentionen unseres strategischen Abwicklungsplans gerichtet, für den wir keine ausreichende Eigentümerunterstützung hatten.

Ein marktfremder Privatisierungszeitplan, der auch durch geschäftseinschränkende Verhaltensanordnungen erzwungen wurde, und die operative Einengung der Restrukturierungsoptionen für die Abbaubank haben unsere Befürchtung aus dem Informationspapier in Bezug auf Zerschlagungsfolgen leider bestätigt. Das primäre Ziel, die marktfähigen Regionalbanken eigenmittelstark und aus der Position wiedergewonnener Profitabilität in die Zielgerade der Privatisierung zu bringen, um in einem ohnehin illiquiden Bankenmarkt substanzielle Erlöse zu erzielen, war nicht mehr erreichbar, ebenso wenig wie das Ziel, auf gesicherter Liquiditätsbasis und unter sondergesetzlichem Kapitalregime – lange vor der europäischen Bankenrestrukturierungs- und -abwicklungsrichtlinie und dem daraus resultierenden BaSAG – eine Bad-Bank-Struktur für eine langfristige und wertsichernde Restabwicklung zu konstruieren.

Daher meine Rückzugsankündigung an den Aufsichtsrat am 15.7.2013 mit der Bereitschaft für eine Übergangszeit zur Verfügung zu stehen, um eine geordnete Überleitung in eine neue, vom Bescheid der Europäischen Kommission vorgegebene Abwicklungsphase zu ermöglichen. In diesem Übergang habe ich dann noch die lähmende Insolvenzdiskussion aus der Eigentümersphäre miterlebt.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und darf noch hinzufügen, dass ich von der HETA, der Nachfolgegesellschaft der HBInt, mit einer eingeschränkten Entbindungserklärung bezüglich des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses ausgestattet wurde. An das Bankgeheimnis bin ich bis ans Ende meiner Tage gebunden. – Danke schön.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, Herr Mag. Edelmüller, für Ihre einleitende Stellungnahme.

Dann kommen wir zur Erstbefragung.

Der neue Vorstand hat eine Bestandsaufnahme gemacht. Nach welcher Zeit hatte man die Eckdaten dieser Bestandsaufnahme zur Verfügung?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich würde das so beantworten: Zunächst einmal war eine Phase, die bis zur Vorlage der Halbjahresbilanz 2010 gegangen ist. Das war Ende August 2010. In dieser Phase von etwa Ende April bis Ende August haben wir zunächst einmal einen groben Eindruck davon bekommen, wie sich vor allem die Portfoliosituation – wenn ich das jetzt aus der Sicht des Risikovorstands betrachte – darstellt. Der Eindruck ist im Wesentlichen daraus entstanden, dass ja Einzelfälle vorgelegt worden sind, dass viele Fälle auch ins Kreditkomitee gekommen sind, das in einer ganz eigenwilligen Art organisiert war – ich war dort nur Gast und nicht Vorsitzender –, und schließlich auch aus der Unsicherheit heraus, welche Vorsorgen wir tatsächlich für das Halbjahr 2010 bilden sollten – angesichts der Erkenntnisse aus den Einzelvorlagen –, weshalb wir dann die PwC, die ja Ende November oder Anfang November 2009 bereits einen Asset-Screening-Report geliefert hat, aufgefordert haben, dieses Asset Screening mit einem Update-Bericht zu versehen.

Aus diesem Update-Bericht ist hervorgegangen, dass auf dem Corporate-Sektor zusätzliche Wertberichtigungen – im selben Prüfungssample, also dem, welches die PwC schon überprüft hatte – von 350 Millionen erforderlich werden und dass im Retail-Bereich, der auch noch einmal gesondert überprüft wurde, ungefähr 50, 60 Millionen erforderlich waren.

Das war also sozusagen der erste Eindruck, den wir vom Portfolio bekommen haben. Von dort weg haben wir dann überlegt, wie wir das für das Jahresende bewältigen können.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Zu diesem ersten Eindruck, den Sie jetzt geschildert haben: Inwieweit und in welchem Umfang waren diese Zahlen, die Sie da erhoben haben, auch schon 2009 sichtbar und erfassbar?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also ich würde sagen, wenn man sich die Darstellung der Wertberichtigungen – wenn ich das wiederum so ein bisschen auf das Risiko fokussieren kann – für 2009, als ein sehr, sehr hoher Wertberichtigungsaufwand verbucht wurde, vor Augen führt, dann erkennt man, dass sich das sehr stark auf die Ergebnisse des PwC-Asset-Screenings bezogen hat.

Da uns so quasi ein halbes Jahr später dieselbe PwC, die ja auch die Bilanz 2009 mit testiert hat – wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe –, für ein Prüfungssample, das sich im Wesentlichen im ursprünglichen Prüfungsfokus bewegt hat, weitere Wertberichtigungen angekündigt hat, muss man schon davon ausgehen, dass eben eine rapide Verschlechterung auch auf den Märkten stattgefunden hat und man diese Zusatzwertberichtigungen 2009 nicht erkennen konnte oder jedenfalls sozusagen aus Eigenem heraus nicht erkennen konnte, denn das Risk Management war offensichtlich insuffizient. Man hätte sonst ja auch die PwC nicht beauftragen müssen, um festzustellen, welche tatsächliche Werthaltigkeit gegeben ist.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Können Sie uns in etwa die Differenz angeben? In welchem Ausmaß hätte ein suffizientes Risk Management schon 2009 etwas darüber hinaus, was erkannt und festgestellt wurde, erkennen können?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, das ist einigermaßen schwierig, aber ich würde sagen, dass man zumindest das, was im PwC-Asset-Screening-Report vorhanden war, möglicherweise schon erkennen hätte können[3].

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie haben in Ihrer einleitenden Stellungnahme von vier Anläufen in Richtung Bad Bank gesprochen – von Mitte 2010 bis Anfang 2013. Wem sind diese Anläufe im Ministerium kommuniziert worden? Wem hat man das zur Kenntnis gebracht? Bitte schildern Sie uns das – wenn möglich, aus der Erinnerung –, auf jeweils einen dieser Anläufe bezogen.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also der erste Anlauf 2010 war ja sehr stark motiviert durch den Umstand, dass das Case-Team der Europäischen Kommission auf den Umstrukturierungsplan aus dem April 2010 mit einem umfangreichen Fragenkatalog reagiert hat. Da war auch eine Frage enthalten, die die Bad Bank betraf – deswegen natürlich auch der Versuch, die Bad-Bank-Überlegungen zu forcieren.

Das Zweite war, dass eben – wie schon vorhin geschildert – eine Unsicherheit über Werthaltigkeit respektive Migrationsverhalten im Portfolio gegeben war. Daher hat man, so beginnend, glaube ich, von Anfang August bis in den September hinein, solche Strukturüberlegungen einmal intern angestellt. Es wurden auch, glaube ich, bereits ein Investmentbanker und eine Anwaltskanzlei beauftragt, um das sozusagen einigermaßen gut abzusichern. Das ist auch dem Ministerium kommuniziert worden – ich war bei dieser Sitzung nicht dabei –, und es gab auch eine Reaktion des Ministeriums, die im Wesentlichen darauf abgestellt war, dass man gesagt hat, das hat im Moment keine Priorität. Also das ist, glaube ich, ziemlich klar artikuliert worden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wissen Sie noch, wem das im Ministerium kommuniziert wurde?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Die Kommunikation im Ministerium hat eigentlich immer so ziemlich dieselben Adressaten betroffen. Das waren Herr Mag. Lejsek und Herr Präsident Dr. Peschorn. Also ich gehe davon aus, dass das auch so war. Ich war, wie gesagt, nicht dabei, aber ich weiß …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist die Ablehnung dann auch von dieser Seite zurückgekommen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, das ist zurückkommuniziert worden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War das bei allen vier Anläufen so, dass man das mit diesen beiden kommuniziert hat?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ob der Präsident? – Ja, der Präsident war eigentlich immer dabei bei den Besprechungen, die ich, … Als ich im Finanzministerium dabei war, war der Präsident eigentlich immer am Tisch. Ich gehe davon aus, dass das immer dieser Kreis war – ja.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Lejsek auch?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Lejsek, glaube ich, wird auch dabei gewesen sein.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und jetzt (Auskunftsperson Edelmüller: Wobei ich …!): Bei welchem dieser Anläufe hat man mit dem Kabinett kommuniziert?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also dass mit dem Kabinett in dem Sinne kommuniziert wurde, dass Vertreter aus dem Kabinett der Bundesministerin dabei waren, halte ich für ziemlich wahrscheinlich, weil solche Besprechungen meinem Eindruck nach auch immer mit dem Kabinett abgestimmt worden sind und daher Kabinettsvertreter dabei waren.

Bei vielen der Gespräche, die geführt worden sind, sind auch Vertreter des Bundeskanzleramts dabei gewesen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sind Ihnen von diesen beiden Einrichtungen des Bundes, vom Kabinett und dann vom Bundeskanzleramt, Namen in Erinnerung, wer da dabei war?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Dr. Höllerer ist mir natürlich in Erinnerung. Aus dem BKA war zu dieser Anfangszeit Herr Dr. Gruber häufig bei solchen Besprechungen dabei. Konstante Teilnehmer waren eben Herr Mag. Lejsek und Herr Präsident Peschorn.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hat Kranebitter auch mit der Ministerin – allenfalls sie mit ihm – gesprochen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich glaube nicht. Also ich ganz sicher nicht; und Gottwald Kranebitter, glaube ich, hat auch erst relativ spät Kontakt zur Frau Bundesministerin bekommen, die übrigens ja erst ab April 2011 oder so amtierte – das weiß ich jetzt nicht genau –, aber in dieser frühen Phase …

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hat man mit dem Vorgänger in dieser Sache kommuniziert?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Glaube ich nicht – nein.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Glauben Sie nicht? (Abg. Tamandl: Können Sie bitte ein bisschen besser ins Mikrofon sprechen? Man versteht Sie so schlecht!)

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich werde mich bemühen. – Pardon!

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Warum wurde die Bad Bank seitens des Ministeriums verwehrt? Wie haben sie sich ausgedrückt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also ich gehe davon aus, dass der Maastricht-Effekt ein wesentliches Motiv war, um das Thema Bad Bank hintanzuhalten.

Möglicherweise hat es auch gewisse Vorbehalte dagegen gegeben, dass in einer Bad Bank dieses gesamte extrem notleidende Portfolio zusammenzufassen war und dass das so quasi eine staatliche Bad Bank war, die dann der Republik vor die Füße fällt. Also da, glaube ich, hat es auch gewisse kritische Vorbehalte dagegen gegeben, dass man so quasi die guten Banken privatisiert und den schlechten Teil der Hypo dann bei der Republik lässt. Ich glaube aber, das primäre Motiv war Maastricht, also der Maastricht-Effekt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist Ihnen das so kommuniziert worden?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das ist in den Diskussionen, die wir im Ministerium geführt haben, nicht nur rund um die Bad Bank zum Ausdruck gekommen, das hat auch im Zusammenhang mit dem Brush-Konzept eine Rolle gespielt; das hat auch im Zusammenhang mit der Forcierung einer internen Bad Bank, also einer Internal Restructuring Unit, eine Rolle gespielt, weil das unter Umständen alles Anhaltspunkte dafür sein hätten können[4] , dass so quasi ein Teil dieser Bank oder ein Teil der Schulden der Bank der Republik durch einen Leverage Upstream quasi zugerechnet werden müssten.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Beim vierten Anlauf zur Bad Bank Anfang 2013 haben Sie gemeinsam mit Kranebitter ein Informationspapier mit dem Aufzeigen der Folgen des Unterbleibens vorgelegt. Haben Sie dieses Papier zufällig in Ihrer Unterlagenmappe dabei? (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.)

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das habe ich jetzt nicht in dieser Handmappe, kann ich Ihnen aber zur Verfügung stellen, wenn Sie wollen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Falls es sich nicht in den Unterlagen befindet, könnten Sie es zur Verfügung stellen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, gerne.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: In welche Richtung gingen denn die Ihnen kommunizierten Eigentümerinteressen, und wer hat die artikuliert?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Im Direktkontakt mit dem Bundesministerium für Finanzen wurde das von der obersten Beamtenschaft immer sehr deutlich kommuniziert, also von den Leuten, mit denen wir Kontakt hatten. Natürlich sind auch aus der Kommunikation des Aufsichtsratspräsidiums, also in erster Linie von Herrn Dr. Ditz und Herrn Dr. Scholten, entsprechende Rückmeldungen über Positionen zu Einzelfragen, Einzelproblemen und auch Konflikten rückkommuniziert worden, sodass wir schon eine sehr deutliche Orientierung hatten, was der Eigentümer wünscht und bezweckt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist der Vorstand mit dem Aufsichtsrat im Wesentlichen d’accord gewesen oder gab es gröbere Differenzen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Zur Frage der Bad Bank gab es im Herbst 2011, als eben wiederum ein Konzept vorgestellt wurde, noch Zurückhaltung im Aufsichtsrat – auch mit dem Hinweis, das im Moment nicht zu priorisieren –, und Anfang 2012 – auch vor dem Hintergrund der laut JRAD induzierten Kapitalerfordernisse –, glaube ich, gab es dann aber einen umfassenden Konsens zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, dass eine Form der Bad Bank, die es ermöglicht, ein quasi dereguliertes, nicht BWG-verankertes Kapitalregime zu haben, zweckmäßig wäre.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie haben in Ihrer einleitenden Stellungnahme auch das frühere Geschäftsmodell und den Umgang mit den Risken erwähnt. Können Sie die Kritikpunkte daran noch einmal ganz kurz zusammenfassen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich habe das als einen Paradefall für spekulative Expansion bezeichnet, weil man ganz einfach auf Basis eines durch die Haftung des Landes Kärnten souverän besicherten Refinanzierungsmodells am Kapitalmarkt vergleichsweise viele Mittel einsammeln konnte – langfristig einsammeln konnte –, was schon einmal den Nachteil hat, dass sozusagen die Primärmittelstrategie deutlich unterentwickelt war. Normale Banken achten darauf, dass das Verhältnis zwischen Primärmitteln und Kreditausreichung einigermaßen balanciert ist, also dass das Loan-To-Deposit-Ratio, wie das die Banker nennen, halt möglichst ausgeglichen ist.

Das war in der Hypo völlig entzerrt und dafür war eben ein Grund, dass man sich über den langfristigen Kapitalmarkt refinanziert hat. Dann hat man in der Ost- oder Südost-Euphorie diese Mittel ziemlich unkontrolliert auf Basis spekulativer Erwartungen, die sich in den Einzelprojekten auch wirklich nachvollziehen lassen, in diesen Markt gepumpt – in der Erwartung, diese ja zweifellos hohen Wachstumsraten, die durch den wirtschaftlichen Aufholprozess gegeben waren, würden sich ad calendas graecas fortsetzen.

In dem Augenblick, als die Finanzkrise ab Mitte 2007 deutlich Auswirkungen in diesen Märkten gezeigt hat, die Immobilienmärkte stark zurückgegangen sind, ist dieses Geschäftsmodell geplatzt. Ich bin aber überzeugt, das wäre auch ohne Finanzkrise gegen die Wand gefahren.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Eine abschließende Frage: Wodurch ist die Erfüllung Ihrer Aufgabe zunehmend zu einer Mission Impossible geworden? Was waren die Gründe dafür?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Eines der schwerwiegenden Probleme war eben, dass wir ursprünglich ja angetreten sind – ich habe das ja auch einleitend gesagt –, um sozusagen die Bürde der Republik, die diese Bank aus stabilitätspolitischen Gründen verstaatlicht hat, auch tatsächlich zu begrenzen. Es hat sich aber sehr schnell gezeigt, dass die dazu notwendigen Instrumente, nämlich das Auftrennen der Gruppe in eine regulierte Bankengruppe, die wir entwickeln und dann privatisieren können – was ja am Ende auch passiert ist, aber mit deplorablem Ergebnis –, nicht wirklich umsetzbar waren, weil der Regulator – also im Konkreten die Nationalbank und die FMA – diese vollregulierte Bank mit diesem exorbitanten NPL-Erbe eben auch mit Sonderkapitalausstattung ausgestattet hat. Das Ziel, bei der Aufarbeitung der Republik Geld zu ersparen, ist dann zunehmend infrage gestellt gewesen.

Es kamen dann natürlich viele Ereignisse dazu. Im zweiten Halbjahr 2013, also am Ende meines Mandats, hat es dann auch noch eine öffentlich geführte Insolvenzdiskussion gegeben, was natürlich sehr problematisch ist, weil Primärmittel abgeflossen sind und weil wir im Closing-Stadium für die österreichische Regionalbank waren, also in einer sehr kritischen Phase. Es war dann also zunehmend schwierig, dieses Ding mit allen Managementanstrengungen halbwegs auf Kurs zu halten.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, Herr Mag. Edelmüller, für Ihre Antworten im Rahmen der Erstbefragung.

*****

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Besten Dank, Herr Verfahrensrichter, für die Durchführung der Erstbefragung.

Ich erteile nun im Sinne der Redeordnung Klubobmann Lugar als Erstem das Wort. – Bitte, Herr Klubobmann.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Edelmüller! Einmal zum Aufwärmen: Wie schaut denn das mit Ihrer Vorbereitung aus? Wie haben Sie Ihre Vorbereitung für den heutigen Auftritt bestritten?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Im Wesentlichen dadurch, dass ich mir die Zeitleiste meiner Tätigkeit ein wenig durchgesehen – so quasi wann die wesentlichen Ereignisse stattgefunden haben – und dann versucht habe – aber das natürlich nur eingeschränkt, weil es für die kurze Zeit ein ungeheuerlich großes Volumen war –, gewisse Schlüsseldokumente noch einmal zu überfliegen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Haben Sie sich bei der Vorbereitung helfen lassen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich habe diese Unterlagen ja nicht zur Verfügung gehabt und habe daher die HETA ersucht, mir solche Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Also insofern habe ich mir helfen lassen, ja, aber gelesen habe ich selber.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Welche Unterlagen, in welchem Umfang, hat die HETA Ihnen zur Verfügung gestellt? Was haben Sie da bei der HETA angefragt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, ich weiß nicht, die Jahresfinanzberichte, die Umstrukturierungspläne, verschiedene Reports aus dem Risiko, Quartalsrisikoberichte und dergleichen mehr, die ich natürlich irgendwann einmal genau gelesen habe, aber nicht mehr so erinnerlich hatte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hat Gaisberg Consulting Ihnen bei der Vorbereitung geholfen? (Auskunftsperson Edelmüller: Wer?) – Gaisberg Consulting oder sonst irgendeine Consulting-Firma? (Auskunftsperson Edelmüller: Nein!) Hat Ihnen jemand von der HETA geholfen, gerade bei Ihrem Eingangsstatement? Hat Ihnen das jemand aufgeschrieben, oder haben Sie das selbst verfasst?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein, das habe ich selbst verfasst.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das haben Sie selbst verfasst? (Auskunftsperson Edelmüller: Selbst verfasst, ja!) – Ich habe nämlich versucht mitzuschreiben, es war sehr schwer, es waren so viele Zahlen, so viele Fakten, so viele Details. Das haben Sie alles so präsent?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Davon können Sie ausgehen, dass ich das bis ans Ende meines Lebens präsent habe, ja. (Abg. Lugar: Aha!) Das sind sehr signifikante Zahlen, die ich genannt habe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay, alles klar. Eine Frage noch: Die HETA hat Ihnen ja den Anwalt gestellt, oder? Ist das richtig? Also die Vertrauensperson? (Auskunftsperson Edelmüller: Nein!) – Nein? Wer hat Ihnen die Vertrauensperson zur Seite gestellt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das ist mein Anwalt seit vielen Jahren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha, okay – und den bezahlen Sie auch selbst, nehme ich an?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Den bezahle ich auch selbst, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay, gut. Sie haben gesagt, Sie sind wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Sie haben sich nicht aktiv um den Posten beworben, das haben wir auch schon von Herrn Kranebitter gehört. Eigenartigerweise hat man über 300 000 € ausgegeben, um geeignete Kandidaten zu finden beziehungsweise die, die sich beworben haben, vorzuselektieren. Parallel hat man dann anscheinend Herrn Kranebitter und Sie geholt. Warum hat man das so gemacht? Warum hat man Leute, die gar nicht wollten, herangezogen? Wissen Sie irgendetwas darüber?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein, das weiß ich nicht. Diese Frage müssten Sie meines Erachtens auch dem Aufsichtsrat stellen, der uns letzten Endes bestellt hat. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es eben diese informelle Sondierung gegeben hat, dass diese informelle Sondierung dann in einen regulären Prozess im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens gemündet hat.

Dieses Ausschreibungsverfahren wurde von Herrn Wilhelm von Spencer Stuart moderiert. Dieser Headhunter hatte offenbar auch den Auftrag, hat eben dann den Ball aufgenommen und hat neben vielen anderen Kandidaten – wenn ich das richtig erinnere –, die sich offiziell beworben haben, auch die Kandidaten, die dann später ausgewählt worden sind, durch ein entsprechendes Assessment geschickt, zu einem Vorstandshearing gebracht. Also das war ein ganz regulärer Prozess.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wissen Sie, wie viele sich offiziell regulär beworben haben?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein, das kann ich nicht sagen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es sind angeblich über 100 gewesen, und ausgerechnet die zwei, die sich nicht beworben haben, werden es dann. Das ist ein bisschen eigenartig. Aber Sie haben keine Wahrnehmung dazu?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein, also, wie gesagt, ich wurde … Ich habe mich nicht aktiv beworben. Ich wurde darauf angesprochen und habe mir das dann überlegt, habe Recherchen angestellt, habe mir ein Bild gemacht, hatte Kontakt zu Gottwald Kranebitter – wie gesagt, ihn kannte ich relativ gut aus meiner Tätigkeit in der Bank Austria, und zwar in beiden Funktionen, als Wirtschaftsprüfer und als Restrukturierungsexperten –, und das hat dann den Ausschlag gegeben, dass ich signalisiert habe: Ja, ich bin verfügbar und werde mich dem formalen Bewerbungsprozedere unterwerfen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer ist an Sie herangetreten? Wer hat Sie motiviert?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich wurde vom Hypo-Aufsichtsrat zu einem informellen Meeting in die Kontrollbank eingeladen. Dort bin ich Herrn Dr. Ditz, Herrn Dr. Scholten und Herrn Dr. Draxler gegenübergetreten. Dr. Ditz kannte ich persönlich nicht, Herrn Dr. Scholten kannte ich eigentlich auch nur am Rande, Herrn Dr. Draxler habe ich gut gekannt, aus einem vergangenen Restrukturierungsprojekt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was hat man Ihnen da gesagt, warum man Sie jetzt, ohne dass Sie sich bewerben, haben will? Hat es da einen speziellen Auftrag gegeben, oder wie hat man Sie motiviert oder begeistert?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich bin dort einmal zunächst mit einiger Skepsis hingegangen und eher mit der Absicht, mir das nicht unbedingt antun zu müssen. Man hat mir dann eben gesagt, worum es konkret geht, dass ein Risikovorstand gesucht wird, und man hat mir dann auch im Vertrauen gesagt, wer voraussichtlich die Teamleitung übernehmen wird – also der Vorstandsvorsitzende werden wird –, und das war für mich ein wesentlicher Aspekt.

Zum einen ist das ein Projekt, mit dem man reüssieren kann, und es gibt es einen Vorstand, mit dem man das auch machen kann, und mit dem Outing von Gottwald Kranebitter habe ich das dann ernsthaft in Erwägung gezogen. Ich habe meinen Vorgesetzten in der Bank Austria, Stephan Winkelmeier, der CRO war, informiert, und auch den Vorstandsvorsitzenden, Willibald Cernko. Da dort auch keine Stopptafel gezeigt wurde, habe ich mit inhaltlichen Vorbereitungen dahin gehend begonnen, ob das ein machbares Projekt ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Können Sie uns das Datum nennen? Wann war denn dieses Gespräch mit dem Aufsichtsrat?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das weiß ich jetzt nicht mehr genau, aber es wird so im Februar 2010, schätze ich, gewesen sein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, es war in einer sehr frühen Phase, denn die Ausschreibung dieser Position hat ja auch im Februar begonnen, soweit ich weiß.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Offensichtlich, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Können Sie mir das einmal erklären: Wenn man das angeblich so objektiv machen will, wie geht das, dass man eine Ausschreibung macht und 300 000 € ausgibt, um den richtigen Kandidaten zu finden, und Sie in dieser Phase dorthin kommen und man Ihnen sagt, es wird der Herr Kranebitter?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Erstens einmal ist das eine Frage, die Sie wieder an den Aufsichtsrat richten sollten oder an jene, die eben sondiert haben. Ich finde allerdings nichts Außergewöhnliches daran, dass ein Aufsichtsrat mit einem sehr breiten Hintergrund, was Bankenerfahrung und Restrukturierungserfahrung anbelangt …, dass da Sondierungen geführt werden. Das ist meines Erachtens ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber wofür nimmt man einen Headhunter, der einen Haufen Geld kostet? Wofür schreibt man das aus, wenn man ohnehin schon weiß, wer es wird?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, weil derjenige, der angesprochen wird, erstens einmal Nein sagen und nicht zur Verfügung stehen kann, zweitens kann es ja durchaus überzeugende Mitbewerber geben, die sozusagen vom Anforderungsprofil deutlich besser sind. Also das war mit Sicherheit eine offene Ausschreibung, bei der erst am Ende feststand, wer es wirklich wird.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Interessant. – Sie haben vom Abbautempo erzählt, Sie haben da 37 Prozent in kürzester Zeit abgebaut. Das waren aber eher die werthaltigen Dinge, das heißt die Dinge, die man verkaufen konnte, ohne groß nachdenken zu müssen – oder würden Sie dem widersprechen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, dem würde ich entschieden widersprechen, denn in derselben Zeit wurden 4,6 Milliarden Non-Performing Loans durch Restrukturierung und Workout abgebaut. Bis ins erste Quartal 2014, wo ich am 28.2. aus der Gruppe ausgeschieden bin, waren es dann 5,3 oder 5,4 Milliarden.

Das heißt also, der Abbaubeitrag aus dem toxischen Teil der Bank, diesem umfangreichen toxischen Teil der Bank, war natürlich gewaltig. Auch der Cash-Rückfluss, der aus dieser Restrukturierungs- und Workout-Aktivität erfolgt ist, im Ausmaß von 1,7 Milliarden bis Ende 2013, war substanziell, zumal man ja wissen muss, dass die Liquidität einer Bank in dieser Schieflage eine ganz entscheidende Sache ist.

Aber Sie haben natürlich recht: Man beginnt die Verwertung der Non-Performing Loans nicht am unteren Ende, wo man mit Sicherheit einen Verlust verzeichnen wird, sondern man beginnt dort, wo man – unter Anführungszeichen – „Gewinn macht“, also Wertberichtigungsauflösungen lukrieren kann, und dort, wo es auch einen Markt gibt. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat zu einer weitverbreiteten Illiquidität der Vermögensmärkte geführt, und daher war das nicht ganz einfach.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, wenn ich das, was Sie sagen, richtig verstehe: Diese NPLs – ich würde eher sagen, faule Kredite, ich glaube, das versteht man leichter – wurden aufgelöst, indem man Angebote gemacht hat, so, wie es jetzt auch auf dem Balkan passiert ist, dass man sagt: Okay, diese 1 Million, wenn sie mir 500 000 zurückgeben, dann ist das erledigt, dann hat man zumindest die 500 000, möglicherweise stehen sie in den Büchern mit 400 000, dann hat man 100 000 Gewinn. Kann man sich das so vorstellen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Zunächst einmal haben wir das Restructuring und Workout-Management, das dafür verantwortlich ist, dass die faulen Kredite bestmöglich verwertet werden, reorganisieren müssen, weil es nicht möglich war, ein so heterogenes Portfolio mit derart ausgeprägten Konzentrationsrisken im herkömmlichen Stil zu verwerten.

Wir haben daher eine Taskforce gegründet, die mit vier Desks ausgestattet war, für jedes Konzentrationsrisiko, wenn Sie so wollen, ein Spezialdesk – Tourismusimmobilien, kommerzielle Immobilien, Bioenergieprojekte, sogenannte Special Assets, die im Wesentlichen den Leasing-Bauchladen beinhaltet haben –, und haben dort Restrukturierungs- und Workout-Spezialisten hingesetzt. Und die haben eben begonnen, nach ganz bestimmten Marktgängigkeitskriterien dem Markt einzelne Targets anzubieten, wobei das ja – wie Sie wissen – bei einer staatlichen Bank nach diskriminierungsfreien EU-Kriterien vor sich gehen muss, und wenn sich ein Käufer gefunden hat, dann haben wir den Deal gemacht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist mir schon klar, aber die Frage ist, wie das im Speziellen abgelaufen ist. Das heißt, es gibt ja diese Berichte, wo man Kreditnehmern, die nicht zahlen können, Angebote macht, dass man, wenn sie einen Teil zurückzahlen, den Rest abschreibt.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das kann sein, ja. Das ist …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das gab es ja. In welchem Umfang wurde das in diesem Zeitraum gemacht?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das sind Restrukturierungsfälle, die Sie ansprechen, also keine Workout-Fälle, wo man die Sicherheit verkauft, sondern wo man mit dem Kreditnehmer eine Restrukturierungsvereinbarung trifft, die beinhalten kann, aber nicht beinhalten muss, dass ein Teilforderungsverzicht ausgesprochen wird, der dann gilt, wenn der betreffende Kredit oder der betreffende Restkredit auch wiederum performant wird, also wiederum sozusagen normal bedient wird.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Meine Frage war nicht, was das sein soll, ich wollte auch nicht, dass Sie mir das erklären, ich wollte eine Quote hören, also in welchem Umfang das gemacht wurde bei diesen NPLs, also bei diesen faulen Krediten. In welchem Umfang, mit welcher Quote im Schnitt hat man da gearbeitet? – Sie können es auch sektoral aufgliedern, wenn Sie wollen.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein, das kann ich nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum? – Sie haben ja alle Zahlen parat, haben Sie mir vorhin gesagt.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, die globalen Zahlen, die ich auch einleitend erwähnt habe, die Detailzahlen habe ich nicht. Aber es waren doch einige Fälle enthalten, wo wir im Rahmen der Restrukturierung solche Teilforderungsverzichte ausgesprochen haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, das weiß ich, aber meine Frage ist ja, in welchem Umfang, welche Quote in etwa – das werden Sie ungefähr parat haben, nicht? Waren das 50 Prozent (Auskunftsperson Edelmüller: Nein!), waren das 70 Prozent, waren das 30 Prozent? Na, was – nein?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein, das war ein eher geringer Prozentsatz und deutlich unter 30 Prozent, würde ich jetzt einschätzen, ohne dass ich mich da ohne Kenntnis …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Über alles? Über alle Sektoren? – Sie haben ja vorher gesagt, da hat es eigene Sektoren gegeben, kritische Sektoren wie das Leasinggeschäft, Tourismus und so weiter – über alle Sektoren?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Um ein Beispiel zu nennen, vielleicht lässt sich das illustrieren, denn eine gesicherte Zahl kann ich Ihnen leider nicht nennen: Im Bioenergiesektor, wo die Hypo ja stark engagiert war, sind die betreffenden Bioenergieheizanlagen an lokale Betreiber veräußert worden, aber natürlich nicht mit der gesamten Kreditlast, die ursprünglich vorhanden war, sondern mit einem entsprechenden Haircut.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, wie viel war der?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, das ist unterschiedlich gewesen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Im Schnitt, über alle Bioenergieanlagen? – Entschuldigen Sie, aber solche Kennzahlen kriegt man doch mit als Risikovorstand, nehme ich einmal stark an.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Herr Abgeordneter! Das Restrukturierungs- und Workout-Geschäft ist ein Case-by-Case-Geschäft. Kein Fall gleicht dem anderen, und welche …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber das mit dem Durchschnitt, das wissen Sie schon, wie man das berechnet? – Da nimmt man alle Fälle und dividiert durch die Anzahl.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, das habe ich aber nicht gemacht, daher kann ich Ihnen keine gesicherte Auskunft geben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist aber interessant, denn ist das nicht das Entscheidende? – Jemand, der geholt wird, um Assets zu verwerten, um sozusagen den Schaden geringzuhalten, muss sich doch in erster Linie dafür interessieren, was da zurückkommt. Wenn ich 100 Prozent Kredit gebe, ist es ein Unterschied, ob ich 90 Prozent oder 10 Prozent zurückbekomme – und das muss Sie doch interessiert haben?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Natürlich! (Abg. Lugar: Na eben!) In jedem einzelnen Fall hat es mich an erster Stelle interessiert, ob wir dieses Exposure verlustfrei – verlustfrei – aufgrund des gegebenen Wertberichtigungsstandes loswerden können. Und ich kann Ihnen sagen, über diese 4,6 Milliarden, von denen ich berichtet habe als Gesamtportfolio, haben wir minimale Verluste gemacht. Das heißt also, die Gesamtbilanz, wenn Sie Wertberichtigungsauflösungen und zusätzliche Wertberichtigungsdotierungen saldieren, hat sich nahe an null bewegt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber entschuldigen Sie: Wenn ich einen Kredit wertberichtige … Ich habe jetzt – Hausnummer – 1 Million draußen als Kredit. Ich berichtige ihn auf 500 000, dann habe ich schon einmal die Hälfte verloren, und jetzt veräußere ich um 500 000, dann bin ich bei null, also nach Ihrer Rechnung, nur … (Auskunftsperson Edelmüller: Bin ich verlustfrei, ja!)  Genau, nach Ihrer Rechnung, nur in Wirklichkeit ist es ein Verlust von einer halben Million.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Keine Frage. (Abg. Lugar: Genau!) Wäre es nicht so gewesen, dann hätte die Hypo kein Problem gehabt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau. Das heißt, man kann sagen: Bei all dem, was Sie veräußert haben, ist praktisch plus/minus null herausgekommen, was die Wertberichtigung betrifft.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Wenn Sie die Summe der Projekte, die wir veräußert haben, im Rahmen dieser 4,6 Milliarden nehmen, haben Sie recht: Die historischen Verluste, die wertberichtigt waren, sind verloren gewesen und durch eine entsprechende Ausbuchung der Wertberichtigung beseitigt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, es könnte aber auch so gewesen sein, dass Sie nur jene Dinge verkauft haben, bei denen Sie eben mit plus/minus null aussteigen, und den Rest einfach behalten haben.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein, ich habe Ihnen schon gesagt, dass das sozusagen eine Gesamtrechnung ist. Es hat viele Projekte gegeben, wo wir Wertberichtigungen aufgelöst haben, und es hat natürlich auch etliche Projekte gegeben, wo wir Wertberichtigung dotieren mussten, wo wir schon im Verkaufsprozess erkannten, dass wir mit diesen Wertberichtigungen nicht auskommen würden, und daher nachdotiert haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Waren beim Verkauf die Hypo-eigenen Mitarbeiter stark involviert? – Das nehme ich einmal stark an.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, es war eine eigene Mannschaft dafür verantwortlich.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau. Jetzt wissen wir, dass bei der Hypo unglaublich viel kriminelle Energie am Werk war, und das war auch mit ein Grund, warum so viel Schaden entstanden ist. Könnte es sein, dass bei solchen Verkaufsgeschichten auch kriminelle Energie am Werk war und sich einige vielleicht günstig Projekte gesichert und sich eine goldene Nase verdient haben? Ist das jemals überprüft worden?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das schließe ich aus. Es ist in jedem Einzelfall überprüft worden, wer der Begünstigte ist, ob er etwas mit der Historie des betreffenden Falls zu tun hatte, und das wurde ganz präzise herausgearbeitet. Also sozusagen die nachträgliche Nochmal-Begünstigung krimineller Handlungen hat es sicher nicht gegeben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie können Sie das so ausschließen? – Es war ja bei der Kreditvergabe oft unmöglich, herauszufinden, wer dahintersteckt, weil das irgendwelche Konstrukte waren, die niemand durchleuchten konnte. Das hatten wir hier im Ausschuss schon oft, und jetzt haben Sie plötzlich den totalen Durchblick? Wie geht denn das?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, wir haben ja jeden einzelnen Fall genau recherchiert, wir wussten ja, wer dahintersteht. Das ist ja auch eine Auflage des Bankwesengesetzes, dass man den wirtschaftlich Begünstigten zu ermitteln hat, und wenn der wirtschaftlich Begünstigte nicht ermittelbar ist, dann muss man entsprechende Handlungen setzen.

Also Sie können davon ausgehen, dass wir ganz normale Bankstandards in der Hypo eingeführt haben und daher auch imstande waren, die wirtschaftlich Begünstigten auszumachen und letzten Endes so zu handeln, dass wir nicht quasi die noch einmal bedienen. Also das ist mit Sicherheit auch intensiv geschehen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist interessant, dass Sie sich da so sicher sind, denn jeder andere hätte gesagt: Ganz ausschließen kann man das nicht. Aber Sie können das ganz ausschließen, dass das in keinem Fall bei den Tausenden Fällen passiert ist?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also noch einmal: Ich kann ausschließen – nach den Sorgfaltsmaßstäben, die wir dort angewendet haben, nach den Bemühungen, die auch entsprechend gelaufen sind –, dass dort bewusst oder vorsätzlich irgendjemand, der als krimineller Täter verdächtigt oder gar schon überführt war, einen Vorteil gewinnen konnte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Auch das ist interessant, denn Sie haben gesagt, es waren die gleichen Mitarbeiter. Wir haben ja erlebt, dass die Kredite freihändig vergeben wurden, dass Unterlagen nicht geprüft wurden, dass man die Augen einfach zugemacht hat, und zwar auf breiter Front, und die gleichen Mitarbeiter sind dann mit dem Abbau beschäftigt worden, und da geht plötzlich alles glatt.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein. Erstens stimmt das nicht: Das waren nicht die gleichen Mitarbeiter, sondern wir haben eine strikte Trennung vorgenommen. Das gab es vorher nicht, da haben Sie Recht. Wir haben eine strikte Trennung zwischen Credit Management und Rehabilitation Management, also jenen Aktivitäten, die zum Abbau der faulen Kredite geführt haben, vorgenommen. Daher hatte ein Mitarbeiter, der im Restrukturierungs- und Workout-Bereich aktiv war, mit der Entstehungsgeschichte des betreffenden Falls nichts zu tun. – So weit die erste Anmerkung.

Zweite Anmerkung: Wir haben die Leitungsebenen in diesen Bereichen neu besetzt. Ich habe mir einen Kollegen aus der Bank Austria, den ich gut kannte und dessen Qualifikationsprofil ich vor allem auch sehr kannte, für die Taskforce als Leiter geholt.

Drittens: Wir haben uns im Rahmen der sogenannten Due Diligence, bei welcher wir dieses toxische Asset in erster Linie zwischen September 2010 und Jänner 2013 untersucht haben, mit Hilfe eines externen Beraters, nämlich mit etwa zwei Dutzend Leuten dieses externen Beraters, jeden einzelnen Fall angeschaut und aufgearbeitet, so dass wir eine große beziehungsweise eine zusätzliche Sicherheit dafür gewonnen haben, wie die Verluste tatsächlich entstanden sind, wer die jetzigen Eigentümer sind und wie wir vorgehen müssen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sind bei diesen Beratungen die Hunderten Millionen an Beratungskosten angefallen? Ist das der Grund, warum so viele Beratungskosten aufgelaufen sind?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das ist mit ein Faktor, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer hat denn die Berater ausgesucht? Waren Sie das? War das Herr Peschorn? Hat das das Ministerium beeinflusst? (Auskunftsperson Edelmüller: Nein!) Wer hat denn die Berater ausgesucht?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Den Berater, von dem ich gerade berichtet habe, der uns unterstützt hat, das Non-Performing-Loan-Portfolio im Rahmen dieser Due Diligence aufzuarbeiten, haben wir ausgewählt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer ist „wir“?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Der Vorstand. Erstens ist ein Ausschreibungsprozess respektive ein Procurement-Prozess vorgenommen und sind Angebote eingeholt worden, und der Bestbieter ist beauftragt worden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sind alle Beratungsleistungen ausgeschrieben worden?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ach so!? Wir haben nämlich gehört, dass Herr Kranebitter sich genehmigen lassen hat, dass er eben solche Jobs freihändig vergeben kann. – Ist das eine Fehlannahme?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Wir hatten zu Anfang keinen tatsächlich ausgebauten Procurement-Prozess, also es war nicht von Anfang an so, dass wir tatsächlich einen Procurement-Prozess hatten, mit dem man alle detaillierten Standards der Ausschreibung einhalten konnte. Trotzdem wurde auch in dieser frühen Phase immer darauf Bedacht genommen, dass bei der Beraterauswahl die Kostenangemessenheit und die Qualifikation des Beraters im Vordergrund stehen, und das kann man ja am Ende nur, wenn man Vergleichsofferte hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer hat das entschieden? Herr Kranebitter? Dieser hat sich ja genehmigen lassen, dass er beziehungsweise der Vorstand das selbst entscheiden kann, nicht?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Der Vorstand hat das entschieden. Das ganze Vorstandsgremium hat die Beratervergabe entschieden. Aber selbst …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber in vielen Fällen auch ohne Ausschreibung.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Am Anfang war es sicher so, weil es eben noch keinen ausgefeilten Procurement-Prozess gegeben hat, dass der eine oder andere Berater ohne direkte Ausschreibung beschäftigt worden ist. Aber man hat immer …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Vorher haben Sie mir erzählt, dass es für Ausschreibungen Regeln gibt. Warum hat man sich nicht daran gehalten?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Weil wir die Procurement-Regeln ab Anfang 2011, wie ich glaube – ich weiß es jetzt aber nicht genau –, eingeführt haben. Ab diesem Zeitpunkt, als diese Policy etabliert war, sind alle Ausschreibungen durch diesen Prozess gelaufen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, und vorher nicht?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Vorher hat es diesen Prozess nicht gegeben. Eine Bankenrestrukturierung beginnt zunächst mit einer Bestandsaufnahme und mit der Setzung von gewissen Prioritäten. Der Procurement-Prozess war in dem Ausmaß, wie er eigentlich etabliert gehört, nicht vorhanden. Aber es gab ein Auswahlverfahren, das unter anderem auch Kostenvergleichsofferte beinhaltet hat. Das war also keine freihändige Auftragsvergabe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber dann hätten Sie ja gleich eine Ausschreibung machen können. Das ist ja unabhängig von irgendwelchen Prozessen, oder? Wenn Sie irgendein Projekt haben, schreiben Sie es aus, und dann schauen Sie, was geschieht. Das macht doch jeder so. Warum Sie nicht?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Weil es eine derartige Vielzahl von Ad-hoc-Erfordernissen gegeben hat, dass man sozusagen nicht jeden kleinen Auftrag nach exakten Procurement-Standards ausschreiben konnte, weil man diese Prozesse auch noch nicht zur Verfügung hatte. Aber das heißt nicht, dass diese Aufträge freihändig vergeben worden sind, sondern es wurden zu allen Aufträgen entsprechende Vergleichsofferte eingeholt und dann …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hat Herr Peschorn Ihnen einige Male irgendwie empfohlen, wen Sie sozusagen beauftragen beziehungsweise wen Sie zu einer Angebotslegung einladen sollen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja. Im Rahmen der CSI Hypo, als es darum gegangen ist, in diesem Dreiphasenmodell Anwälte zu beauftragen, die die Fälle untersuchen, hat es natürlich auch Berater gegeben, die uns vom Präsidenten genannt wurden. Wir haben uns das angeschaut, und wenn das Qualifikationsprofil gestimmt hat, dann haben wir …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): War das ungefähr in 50 Prozent der Fälle oder in 30 Prozent der Fälle?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Es war im CSI-Projekt relativ umfangreich, dass uns solche Berater genannt worden sind.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und diese haben Sie dann dementsprechend genehmigt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Wir haben uns diese angeschaut, ob wir sie für geeignet halten, solche Aufträge durchzuführen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Können Sie Beispiele für solche Aufträge nennen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich kann jetzt nicht Beraternamen nennen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum nicht?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Kann ich das?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sicherlich! Sie können alles. Sie sind im Ausschuss, da haben Sie volle Freiheit! (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Was redet denn der da schon wieder mit? Der ist ja gar nicht dran! (Weiterer Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Vielleicht kann das der Verfahrensrichter oder sonst jemand aufklären, bevor Herr Matznetter noch weiter irgendwelche Statements abgibt!

Vorsitzende-Vertreter Ing. Nobert Hofer: Zu einer kurzen Beratung unterbreche ich die Sitzung.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 10.27 Uhr unterbrochen und um 10.29 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

Vorsitzende-Vertreter Ing. Nobert Hofer: Ich nehme die Sitzung wieder auf.

Bitte, Herr Mag. Edelmüller.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich kann Ihnen eine Anwaltskanzlei nennen, nämlich die Kanzlei des Herrn Dr. Held. Darüber hinaus hat es aber auch viele sonstige Empfehlungen gegeben, wobei ich mich jetzt im Einzelnen nicht daran erinnere, wer sie de facto waren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): KOSCH & PARTNER: Sagt Ihnen das etwas in diesem Zusammenhang?

Mag. Wolfgang Edelmüller: KOSCH & PARTNER sagt mir selbstverständlich etwas in diesem Zusammenhang, weil ich Herrn Dr. Schilcher auch in Einzelcausen beschäftigt habe.

Im Rahmen von Workout-Projekten und Restrukturierungsprojekten, wie wir sie vorhin besprochen haben, hat uns Herr Dr. Schilcher in Einzelcausen begleitet.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Könnten wir eine Liste der größten Beratungskosten haben, die angefallen sind, und der zugehörigen …?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Diese sollte Ihnen vorliegen, weil es einen umfassenden Bericht zu den Beratungskosten an die FIMBAG gegeben hat, in dem sämtliche Berater bis herunter auf ein Honorarniveau von 500 000 € aufgelistet sind.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich höre jetzt von meinen Kollegen, dass wir das nicht haben. Kann man das irgendwie beibringen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das muss die HETA tun. Da müssen Sie bei der HETA anfragen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Die HETA ist nicht sehr kooperativ, wie wir wissen.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich bin aber nicht die HETA, und daher kann ich es Ihnen – glaube ich zumindest – auch nicht geben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber wir könnten vonseiten der Parlamentsdirektion anfragen und die HETA bitten, uns die Liste der zehn größten Beratungsunternehmen zu übermitteln, die zumindest vom Umfang her die meisten Kosten verursacht haben.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen sagen, dass es einen Bericht von Anfang 2014 gibt, der an die FIMBAG gerichtet war, in dem die Beratungskosten 2010 bis 2013 – das umfasst genau die Mandatsperiode dieses Vorstands – zusammengefasst sind und der eine Top-down-Liste aller Berater bezüglich Beraterhonorare enthält.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Können wir das anfordern? Geht das? – Super, sehr gut.

Eine Frage noch zu Frau Fekter: Wann haben Sie in dem Zeitraum, in dem Sie tätig waren, Kontakt mit Frau Fekter gehabt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich habe Frau Dr. Fekter einmal bei einer Sitzung im BMF getroffen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wann war das ungefähr?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das ist eine gute Frage, das weiß ich jetzt nicht mehr.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Möglicherweise am 8. November 2012?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein. Ich glaube, das war schon deutlich vorher. Ich habe sie einmal getroffen, aber nicht bilateral, sondern wie gesagt …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie sind sich sicher: Es war nicht am 8. November 2012?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich kann das nicht sagen. Ich erinnere mich nicht daran.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wir haben hier einen Eintrag von Frau Fekter, den sie am 8. November 2012 angefertigt hat, dass mit Ihnen und anderen im Konferenzraum im ersten Stock eineinhalb Stunden lang gesprochen wurde. Wissen Sie noch, worum es dabei gegangen ist?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein, das weiß ich nicht. Aber wenn Sie das aus dem Ministerium haben, dann wird das Datum schon stimmen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie haben sie einmal getroffen und wissen nicht mehr, was geredet wurde. – Das ist ja unglaubwürdig, wenn Sie sie nur einmal in Ihrem Leben getroffen haben!

Mag. Wolfgang Edelmüller: Es ist wahrscheinlich entweder um den Umstrukturierungsplan gegangen … Also die Dauerthemen mit dem Ministerium waren eben Umstrukturierungsplan oder auch die Frage, wie man die Bank strukturiert, also das Thema Good Bank/Bad Bank und so weiter. Es kann durchaus sein, dass das das Thema war, aber ich kann mich jetzt, wie gesagt, nicht mehr erinnern, was das wirklich für eine Agenda beinhaltet hat.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bevor Herr Abgeordneter Dr. Hable das Wort erhält, gibt es eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

*****

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Herr Kollege Lugar! Ein kleiner Hinweis als Serviceleistung des freiheitlichen Parlamentsklubs: Es liegt der Akt vor, unter der Nummer 35751.

*****

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte, Herr Dr. Hable.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Edelmüller! Nur um das noch einmal klarzustellen: Haben Sie von der HETA oder Personen, die mit der HETA in Verbindung stehen oder die der HETA nahestehen, neben Unterlagen noch sonstige Beratungsleistungen, Dienstleistungen oder sonstige Hilfsleistungen in irgendeiner Form zur Verfügung gestellt bekommen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich habe von der HETA, wie schon gesagt, Unterlagen zur Verfügung gestellt bekommen, sonst keinerlei Dienstleistungen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Haben diese Unterlagen auch schriftliche Briefings enthalten (Auskunftsperson Edelmüller: Nein!), zur Vorbereitung auf diesen Untersuchungsausschuss?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein, keine schriftlichen Briefings, sondern Urkunden und Dokumente aus der Vergangenheit.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sonstige Briefings in persönlicher Form?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie haben Sie sich auf den Antritt Ihres Postens als Risikovorstand vorbereitet? Wie kann man sich das vorstellen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Wie ich schon gesagt habe: Als ich angesprochen wurde und daher die Frage anstand, ob ich dieses Mandat übernehmen möchte, habe ich Recherchen angestellt. Ich kam ja aus einer Bank.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich meine nicht die Zeit, als Sie das Angebot bekommen haben, sondern als schon festgestanden ist, dass Sie Risikovorstand werden. Wie haben Sie sich dann inhaltlich mit der Bank auseinandergesetzt und auf Ihren Job vorbereitet?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Wenn Sie fragen, wie ich mich ab 19.4., als ich das Mandat übernommen habe, vorbereitet habe: Ich habe natürlich zunächst einmal eine Bestandsaufnahme gemacht, habe mir die organisatorischen Strukturen und die verfügbaren Ressourcen angeschaut. Ich wollte die größten hundert Kreditfälle, die größten hundert faulen Kredite und dergleichen mehr sehen. Ich bin in die Länder gefahren, habe dort das lokale Management kennen gelernt, habe die Aufsichtsratsmandate vorbereitet und dergleichen mehr.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Welches Bild haben Sie dabei von der Bank gewonnen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Auf den Kreditprozess fokussiert ein ausgeprägt negatives Bild insofern, als bestimmte Vorgänge und Prozesse in der Bank ganz einfach nicht dem üblichen Standard entsprochen haben.

Ich nenne Ihnen dazu ein Beispiel, ich habe es schon angedeutet: Das Kreditkomitee beziehungsweise das Gruppen- oder Konzernkreditkomitee einer Bank wird normalerweise vom Risikovorstand geleitet und besteht aus Vertretern des Risikomanagements und der Marktseite. Diese Vertreter für dieses Kreditkomitee sind fix ernannt …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Entschuldigung, wenn ich Sie unterbreche! Den Kreditprozess und all das, was da schief gelaufen ist, haben wir schon ausreichend beleuchtet, und das ist auch in den OeNB-Berichten bis ins Jahr 2001 zurück nachlesbar. Welches Bild haben Sie vom Geschäftsmodell der Hypo Alpe-Adria gewonnen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das Geschäftsmodell der Hypo Alpe-Adria war hochgradig spekulativ. Auch das habe ich schon angemerkt: Die Refinanzierung war stark auf den langfristigen Kapitalmarkt ausgerichtet. Die Hypo Alpe-Adria hatte eine ausgeprägte Primärmittelschwäche, also das Verhältnis zwischen langfristiger kapitalmarktorientierter Refinanzierung und Primärmittelrefinanzierung, wenn Sie so wollen Spareinlagen, war extrem auseinandergerissen. Und im Kreditportfolio hat man …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Edelmüller! Sie können das sicherlich auch ohne Fachausdrücke formulieren. Lassen Sie mich die Frage noch einmal neu formulieren: War die Bank aus Ihrer Sicht überlebensfähig? War dieses Geschäftsmodell überlebensfähig?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein. Das Geschäftsmodell der Hypo Alpe-Adria war nicht überlebensfähig, sonst wäre sie nicht notverstaatlicht worden. Man musste ein neues Geschäftsmodell aufstellen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann brauche ich Ihnen zumindest nicht das vorzulegen, was die Kommission schon Ende Dezember 2009 festgestellt hat, nämlich auch genau das, dass das Geschäftsmodell so nicht lebensfähig ist.

Welches überlebensfähige Geschäftsmodell hat denn dann der Vorstand entwickelt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das können Sie im Umstrukturierungsplan April 2014 im Großen und Ganzen nachlesen. Dort wird die Bank auf eine Bilanzsumme von zirka 24 Milliarden € geschrumpft.

Es wird zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass es in relativ überschaubarer Zeit möglich ist, die Altlasten zu beseitigen. Das NPL-Portfolio war ungefähr 7,5 Milliarden. Da hat man gehofft, dass man das beseitigen könnte und unter Beachtung der Kompensationsanforderungen der Europäischen Kommission ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Edelmüller! Wir können das abkürzen. Ich lege Ihnen einmal von diesem Umstrukturierungsplan, den Sie gerade erwähnt haben, die Übersicht vor, damit wir schneller zum Punkt kommen. Das ist das Dokument mit der Nummer 3543. Bitte um Durchsicht, dann mache ich weiter. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr soeben vorgelegten Schriftstück.)

Das ist Seite 2 dieses Umstrukturierungsplans aus dem April 2010, oder ein Entwurf dazu.

Sie haben jetzt dieselbe Geschichte erzählt wie Herr Kranebitter gestern schon, nämlich, dass Sie alle von Anfang an auf eine Bad Bank gedrängt hätten. Das wird nur durch dieses Dokument widerlegt, weshalb auch Herr Kranebitter gestern zurückrudern musste. Hier ist von einer Bad Bank zwar die Rede, aber sie wird als Option dargestellt, die der EU-Kommission gar nicht übermittelt wird. Warum? – Weil Ihre Hauptoption der Fortbestand ist.

Jetzt frage ich mich: Wenn Sie wissen, dass das Geschäftsmodell dieser Bank gar nicht lebensfähig ist, wie Sie als Hauptoption draufkommen, die Bank fortzuführen? Keine Rede von Bad Bank oder Wind Down ...

Mag. Wolfgang Edelmüller: Natürlich, also ... Zum April 2010 – wofür dieses Chart ein Vorbereitungschart war, wenn ich das richtig einordne – war es eindeutig so, dass die Strategie für die Bank darin bestanden hat, dass man sie redimensioniert in einen Fortbestandsteil. Das war die Fortbestandsbank, natürlich mit einem ganz anderen Geschäftsmodell. Also dass sozusagen diese spekulativen Finanzierungen nicht fortgesetzt werden konnten, war gar keine Frage.

Diese Fortbestandsbank hat als wesentliche strategische Elemente beinhaltet, dass man sich stärker um Primärmittel bemüht, dass man den Retailbereich stärker forciert und nicht so stark in die extreme Projektfinanzierung hineingeht, dass man die Immobilienfinanzierungen im Wesentlichen aufgibt, dass man Leasing, diese hypertrophe Leasing-Division beseitigt und eine Fortbestandsbank herausstrukturiert, die man gesamthaft privatisieren kann, und zwar beinhaltend die österreichische Bank und die Südosteuropa-Netzwerkbank – wenn ich mich richtig erinnere. Die italienische Bank wäre als Kompensationsleistung aus dieser Fortbestandsbank im Privatisierungswege schon herausgenommen worden. Das heißt, diese Fortbestandsbank war Österreich und Südosteuropa.

Natürlich war vorgesehen, dass diese exorbitanten Altlasten, also diese toxischen Kredite und alle nicht betriebsnotwendigen Einheiten, die die Hypo leider hatte – von Industriebeteiligungen über periphere Leasingbeteiligungen von Deutschland über die Ukraine bis Mazedonien –, dass das am Ende verwertet wird. Also das war das Ausgangskonzept bezüglich Fortbestand.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Edelmüller, wenn Sie das Immobiliengeschäft aufgeben, wenn Sie das Leasinggeschäft aufgeben, wenn Sie die spekulativen Geschäfte am Balkan aufgeben – was bleibt denn dann übrig?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Dann bleibt ein Vier-Sparten-Geschäft übrig, wenn Sie so wollen. Das besteht aus Retail, also Kredite an private Haushalte und Gewerbekunden ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie groß war denn das Retail-Geschäft vorher?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ungefähr 6 Milliarden in Summe, einschließlich SME, also einschließlich Gewerbekunden. Dann bleibt der gesamte Public-Finance-Bereich übrig, also die Kredite an die ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Einschließlich Gewerbekunden? (Auskunftsperson Edelmüller: Bitte? Entschuldigung?) – Was jetzt, Retail oder ... Was meinen Sie mit Gewerbekunden?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Gewerbekunden sind klein- und ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Reden wir von privaten Haushalten oder reden wir von Unternehmen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Klein- und mittelbetriebliche Unternehmen, ja. Das sind Gewerbekunden.

Es wäre beinhaltet gewesen Public Finance, also die Kredite an die öffentlichen Hände.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie viel Tradition hatte denn die Hypo Alpe-Adria in diesem Geschäft? Mir ist gar nichts bekannt.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Eine relativ ausgeprägte. In Österreich beispielsweise war die Bilanz der österreichischen Hypo ganz entscheidend geprägt von den öffentlichen Finanzierungen, und die Kredite an die Banken und Financial Institutions ...

Und last but not least – und das ist natürlich entscheidend –: Kredite an die Firmenkunden. Firmenkundenkredite gab es in einem relativ umfangreichen Ausmaß mit einer Fokussierung auf die mittelständische Wirtschaft.

Das war sozusagen das dahinterliegende Vertriebskonzept. Das hatte nichts mehr zu tun mit diesen spekulativen Großfinanzierungen, die es im Tourismusbereich und in sonstigen Immobilienbereichen gegeben hat.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, das hat mit den Geschäften, die die Hypo Alpe-Adria bisher betrieben hat, wenig bis gar nichts zu tun. Ich weiß nicht, was Sie da als Fortbestandsbank bezeichnen. Das ist eher ... Sie wollten da eine neue Bank machen.

Da frage ich mich nur: Wie finanziert sich denn diese Bank? Wir wissen, kein vernünftiger Investor wird da Geld reinschießen. Das heißt, Eigenkapital gibt es nicht, Fremdkapital, Landeshaftungen sind seit 2007 tot. Woher kommt das Geld für Ihre Bank?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das habe ich ja gesagt: Im Rahmen dieser Fortbestandsbank war es eines der strategischen Ziele, das Primärmittelgeschäft zu forcieren – Einlagen, also Spareinlagen, und auch längerfristig gebundene Einlagen ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie meinen das Spareinlagengeschäft, das bei der Hypo Alpe-Adria traditionell wenig bis gar nicht vorhanden war, weswegen es ja die Landeshaftungen gebraucht hat, weil man eben diese Spareinlagen gar nicht hatte. Also das wollten Sie forcieren, bei einer Bank, die in einem katastrophalen Zustand war, die mit einer katastrophalen Reputation ausgestattet war. Also Ihr neues Geschäftsmodell war: Die Sparer kommen jetzt gelaufen und werden ihr erspartes Geld auf Hypo-Alpe-Adria-Konten einlegen. Ernsthaft?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ernsthaft. (Abg. Hable: Ja!) Eine Alternative dazu hätte es überhaupt nicht gegeben. (Abg. Hable: Natürlich!) Ich kann Ihnen auch sagen, dass die Primärmittelakquisitionserfolge in Südosteuropa signifikant waren. Die Bank hat in dieser Übergangsphase, bevor die wirtschaftliche Krise in den Westbalkanstaaten ausgebrochen ist, beträchtliche Primärmittel, zusätzliche beträchtliche Primärmittel, akquirieren können.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich lege jetzt ein Dokument vor mit der Nummer 14105. Bitte um Durchsicht, dann mache ich weiter. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr soeben vorgelegten Schriftstück.) – Ich kann es gleich auf den Punkt bringen, Sie müssen nicht das ganze Dokument lesen.

Es ist ein Managementgespräch vom 6. Dezember 2011, also schon ein bisschen später im Zeitablauf. Da ist auf der zweiten Seite des Dokuments zu lesen, ich zitiere: „Der Vorstand berichtet, dass sich das Neugeschäft seit Beginn 2011 per Ende Oktober auf rd. EUR 2,1 Mrd. beläuft.“

Also das finde ich spannend. Sie wissen, die Ausgangslage ist kein überlebensfähiges Geschäftsmodell. Sie wollen jetzt etwas Neues machen, das beinhaltet, dass jedes signifikante Geschäft der Hypo Alpe-Adria, das bisher gemacht worden ist, aufgegeben wird, und die Finanzierung beruht darauf, dass jetzt die Sparer gelaufen kommen und ihr Geld bei der Hypo Alpe-Adria einzahlen.

Und auf dieser Grundlage beginnen Sie Neugeschäft im Jahr 2011 in der Höhe von 2 Milliarden €? Wie gibt es das?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, weil hier offensichtlich – aber das kann ich jetzt nicht hundertprozentig nachvollziehen – in der Erfassung der Obligi auch Bestandsgeschäft enthalten ist, wenn es beim betreffenden Kunden zu einer Obligo-Erhöhung gekommen ist. So erkläre ich mir das.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Hat das jetzt irgendwer verstanden? Also ich nicht. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Vielleicht ...

Mag. Wolfgang Edelmüller: Wenn ein Kunde ein Bestandskunde ist, also sozusagen schon ein Exposure in der Bank hat, und eine Krediterhöhung stattfindet, dann ist möglicherweise in dieser Statistik über 2,1 Milliarden das Gesamtexposure erfasst worden. (Abg. Hable: Okay!) Das ist nicht gesamtes Neugeschäft, sondern Neugeschäftsanlässe, die sich aus dem Bestand ergeben haben – vermute ich. Aber das ist nur eine Vermutung.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Und mit Bestand meinen Sie die ganzen Kredite, die die Hypo Alpe-Adria in weitgehend mafiöse Strukturen am Balkan, in Italien (Auskunftsperson Edelmüller: Nein!) und rund um den Wörthersee hineingeschüttet hat? Da hat man ja noch einmal 2 Milliarden nachgekippt. Kann man das ...

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein, das ist nicht so, sondern ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Von welchem Bestand reden Sie dann?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das ist jener Bestand, der bonitätsmäßig überprüft worden ist und eine ausreichende Bonität gehabt hat, um ihm auch Kredit geben zu können – sowohl auf dem Privatkundensektor als auch auf dem Firmenkundensektor.

Diese riesigen faulen Kredite sind in Projekte geflossen. Diese Projekte sind nicht mehr weiter finanziert worden, es sei denn, es ist im Rahmen der Verwertung solcher Projekte notwendig geworden, irgendwelche Sicherungs- oder Ertüchtigungsfinanzierungen vorzunehmen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie haben Sie die Bonität überprüft?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Wir haben im Rahmen des Kreditprozesses entsprechende Bonitätsanalysen vorgenommen. Es wurden die Bilanzen analysiert, es wurde ein Rating angefertigt, und je nach Ergebnis dieses Analyseprozesses ist festgestellt worden, ob der Kreditnehmer im Rahmen einer gegebenen Exposure-Strategie kreditwürdig ist oder nicht, so wie das jede Bank macht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich lege jetzt ein Dokument vor mit der Nummer 11657. Ich bitte um Durchsicht, dann mache ich weiter – Seite 31. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr soeben vorgelegten Schriftstück.)

Sie haben dieses Geschäft mit bestehenden Kunden aufgrund eines Bonitätsprozesses gemacht, mit dem Wissen, dass es eigentlich keinen funktionierenden Prozess sonst in der Hypo Alpe-Adria gegeben hat. Den Kreditprozess haben Sie ja schon erwähnt. Dieses Dokument, das ich gestern auch schon Herrn Kranebitter vorgelegt habe, ist ein Ausschnitt aus Projekt 15, also eine Selbstanalyse der Bank – das, das Sie selbst gemacht haben bis Mitte 2011, die Bank zu durchleuchten. Ich zitiere das noch einmal:

„Ausgangssituation – Höhe des Kreditrisikos nicht erkennbar, weil Organisation, Prozesse und Methoden völlig unzureichend“ –

darunter:

„Falsches Rating bei 50 % der Exposures über EUR 5 Mio.“

„Rund 1.800 Immobilien Sicherheitenbewertungen überaltert und methodisch falsch“

„Fehlerhafte Messung von NPLs“

„Erstmaliger Wertberichtigungsschub 12/2009 (…)“ – beruht auf keiner systematischen – „Portfolioanalyse und ohne bank-eigene Kenntnis des Portfolios“

Das ist das PwC-Asset-Review.

Ich meine, das ist ein vernichtendes Zeugnis. Sie sind ein Jahr in der Bank und kommen jetzt aufgrund Ihrer eigenen Analysen drauf: Sie haben keine Ahnung, welche Kreditleichen in welchem Ausmaß in der Hypo Alpe-Adria drinstecken!

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das weise ich einmal entschieden zurück.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie können ... Das ist ja nicht meine Meinung, ich zitiere ...

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das weise ich entschieden zurück. Das ist eine völlige Fehlinterpretation.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich zitiere Ihren eigenen Bericht. Ich wiederhole es:

„Ausgangssituation – Höhe des Kreditrisikos nicht erkennbar, weil Organisation, Prozesse und Methoden völlig unzureichend“

Im Jahr 2011! (Auskunftsperson Edelmüller: Ja!) Und Sie ... In dieser Situation begeben Sie noch einmal 2 Milliarden €?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also die Behauptung, dass wir nicht wussten im Jahr 2011, in welchem Zustand sich das Portfolio befand, weise ich ausdrücklich zurück, und zwar aus folgenden ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wollen Sie Ihren eigenen Bericht zurückweisen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, Sie interpretieren diesen Bericht völlig falsch, um nicht zu sagen opportunistisch.

Der Bericht bezog sich auf die Ausgangssituation, die bei Antritt unseres Mandats im April 2010 gegeben war.

Es wird Ihrer Aufmerksamkeit nicht entgangen sein, dass wir ab September 2010 bis Jänner 2011 den sogenannten Review Rush und Due-Diligence-Prozess durchgeführt haben, dass wir innerhalb dieses Prozesses 18 Milliarden Corporate-Portfolio und 6 Milliarden Retail-Portfolio einer einzelfallbezogenen beziehungsweise methodisch bezogenen Einzelanalyse nach ganz bestimmten Risikokriterien unterzogen haben.

Die Folge dieser Aktivitäten war, dass wir 2010 noch einmal eine Wertberichtigung von 1,7 Milliarden allokiert haben, dass wir die Ratings, die im großen Umfang falsch waren, richtiggestellt haben. Die Folge war dann natürlich auch, dass entsprechend das NPL-Portfolio massiv angewachsen ist. Darüber hinaus haben wir festgestellt, dass die Sicherheiten methodisch nicht richtig bewertet waren, dass die Sicherheiten nicht aktuell bewertet waren. Wir haben daher einen Valuation Rush initiiert nach dieser Feststellung.

Also was Sie hier feststellen, ist die Ausgangssituation, und Sie können nicht behaupten, dass wir nicht bis zum Ende des Erhellungszeitraumes der Bilanz 2010 ziemlich genau wussten – soweit man das mit den gegeben Strukturen und Ressourcen wissen kann, einschließlich Alvarez & Marsal als Berater –, in welchem Zustand sich dieses Portfolio befand.

Selbstverständlich wurde kein Neugeschäft gemacht mit Kunden, die sich im Rahmen dieses Überprüfungsprozesses, den es wohl in keiner Bank in Österreich je gegeben hat, als bonitätsmäßig unzulänglich herausgestellt haben.

Also Ihre Behauptung beruht auf einer falschen Interpretation dieses Charts, das Sie mir vorgelegt haben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Jetzt funktioniert die Absprache mit Herrn Kranebitter nicht mehr ganz so. Er hat gestern anders geantwortet, er hat das zugestanden. Er hat gesagt, er hätte erst 2011 eben aufgrund dieser eigenen Analysen erkannt, wie schlimm es wirklich ist. Ich weiß gar nicht ...

Mag. Wolfgang Edelmüller: Habe ich etwas anderes ... Entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche! Habe ich etwas anderes gesagt?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich weiß gar nicht, warum Sie versuchen ... Das ist ja nicht meine Darstellung, das ist die Darstellung der Bank.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter! Sie interpretieren das falsch. Die Aussage, dass wir im Erhellungszeitraum der Bilanz 2010 aufgrund dieser vorbereitenden Aktivitäten, die eine umfassende Portfolio-Analyse beinhaltet haben, erst dann gewusst haben, in welcher Schieflage sich das Portfolio befindet, bekräftige ich vollinhaltlich.

Verfahrensanwalt-Stellvertreter Dr. Klaus Hoffmann: Ich möchte aus meiner Erfahrung von gestern – Aussage Kranebitter – sagen, dass Ihr Vorhalt, Kranebitter hätte etwas anderes erklärt, falsch ist. Ich habe das (der Verfahrensanwalt weist auf das vorgelegte Schriftstück) vor mir liegen gehabt, und er hat genauso gesagt, dass das die Darstellung der Ausgangssituation war, und dass man nach der Erarbeitung eben bis etwa Mitte 2011 eine bessere Beurteilung der Situation hatte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Keine Ahnung, was Sie damit meinen, Herr Verfahrensanwalt. Aber immer wenn sich der Verfahrensanwalt einschaltet, weiß ich, es wird heikel, und wir sind am richtigen Weg.

Ich lege jetzt ein weiteres Dokument vor ...

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter! Grundsätzlich ist es nicht so, dass man am richtigen Weg ist, wenn sich der Herr Verfahrensanwalt einschalten muss. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist jetzt ein Umstrukturierungsplan vom April 2011. Bitte um Durchsicht!

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Letzte Frage, bitte!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist die Nummer 36153 und die Seite 21 des Berichts.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Dann, bitte, dazu wirklich nur mehr eine Frage stellen, weil wir zeitlich schon drüber sind. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Ich unterbreche die Sitzung.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 11.01 Uhr unterbrochen und um 11.02 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

11.02

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die Sitzung wieder auf. (Auskunftsperson Edelmüller: Sie wollen, dass ich …?) – Bitte, Herr Abgeordneter Hable.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nur kurz zur Erklärung, worum es da geht: Neuer Umstrukturierungsplan an die Europäische Kommission zum Thema Risikovorsorge 2010 bis 2015. Im Jahr 2010 ist es noch ganz schlimm, und dann wird die Risikovorsorge dramatisch weniger bis ins Jahr 2015.

In der Fachsprache nennt man das einen Hockey Stick, weil es die Form eines Hockeyschlägers hat. Am Anfang ist es noch ganz schlimm, aber wenn jetzt das neue Management kommt, dann wird alles viel besser, und genau so ist es da dargestellt. Die Risikovorsorgen werden bis zu 15 sukzessive ganz, ganz klein.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte zur Frage!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Stimmt halt nur alles nicht. Wie konnten Sie der Europäischen Kommission bei Wissen um den katastrophalen Zustand der Bank solche Zahlen liefern, die mit der Realität nichts zu tun haben?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Wo steht das, die Hockey-Stick-Prognose? Wenn Sie mir …, ich habe in der kurzen Zeit nicht das ganze Papier lesen können.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Wirklich nur 5 Sekunden, mehr haben wir nicht mehr – wenn Sie noch kurz replizieren wollen, Herr Magister, bitte. (Der Auskunftsperson wird eine Stelle in dem ihr vorgelegten Schriftstück gezeigt. – Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, also jetzt bezogen auf den Chart 21, den Sie mir gerade vorgelegt haben, ist das tatsächlich eine Übersicht bezüglich des Businessplans, wo man davon ausgegangen ist, dass nach diesen gewaltigen Risikovorsorgen, die 2010, also 2009 und 2010 gebildet worden sind – es ist ja 2009 schon ein gewaltiger Anstieg gewesen –, dass man sozusagen in der weiteren Folge eine Normalisierung der Risikorückstellungen erleben wird, ja.

Dass das mit der Realität im Nachhinein nicht übereingestimmt hat, hat natürlich verschiedene Ursachen, die ich auch einleitend schon angedeutet habe, nämlich dass die wirtschaftliche Krise am Westbalkan stark zugenommen hat, dass die Wachstumsraten eingebrochen sind und dass die Migrationsdynamik im Portfolio relativ hoch war. Das heißt, die Migration von Krediten aus dem performanten Bereich in den nicht performanten Bereich war relativ hoch.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, wir müssen leider in der nächsten Runde darauf replizieren, es ist unfair den anderen Fraktionen gegenüber, wenn man über Gebühr überzieht. Bitte um Verständnis!

Herr Abgeordneter Ehmann, Sie sind der nächste Fragesteller. – Bitte.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Herr Mag. Edelmüller! Wir haben eingangs schon darüber gesprochen beziehungsweise haben Sie es auch sehr deutlich erläutert, nämlich das Geschäftsmodell der Hypo – sprich, ich nenne es einmal so, der Ursprung allen Übels –, also faktisch diese Spekulation basierend auf diesen enormen Landeshaftungen, die als Geschäftsmodell seinerzeit von Kulterer angetrieben wurden. Sie sind dann in Ihrer weiteren Analyse dazu gekommen, dass Sie gesagt haben: Also natürlich ist dieses Geschäftsmodell längst überfällig beziehungsweise zu ändern, weil es in dieser Form keinen weiteren Bestand dieser Bank geben kann, nämlich auch mit dem Hintergrund, dass es selbst ohne Finanzkrise in diesem Fall oder bei dieser Weiterführung gekracht hätte.

Das heißt, dieser Umstrukturierungsplan, der dann in weiterer Folge getroffen wurde, den Herr Dr. Hable schon angesprochen hat, beinhaltet aber sehr wohl, sehe ich in dem Dokument, das Ihnen auch vorgelegt wurde von Dr. Hable, auf Seite 9 von 17 die Eckpunkte einer Bad Bank, die Sie bereits angesprochen haben. Sie haben die ja gemeinsam auch mit Dr. Kranebitter schon im Vorfeld eingebracht und eine fünfjährige Zeit vorgeschlagen, wo Sie einen flexiblen Rahmen forderten – wo Sie gesagt haben: Okay, in dieser Zeit soll die Bank verlustminimierend abgewickelt werden! –, wozu es dann ja leider nicht gekommen ist. Also, wie gesagt, aufgesetzt auf den Landeshaftungen, Spekulationen auf Teufel komm raus, dadurch abgesichert: Das Geschäftsmodell wäre längst überfällig gewesen.

Als Sie jetzt gekommen sind, haben Sie gesagt, Ihre Motivation war unter anderem auch ein massiver Sanierungs- und Restrukturierungsbedarf, von Altlasten zu befreien, es war aber in letzter Konsequenz eine Mission Impossible. Das haben Sie damit, glaube ich, sehr gut beschrieben.

Sie haben schon ein bisschen erläutert, was Ihr Plan war, als Sie gekommen sind, dies zu bereinigen. Können Sie das noch einmal ganz kurz erläutern, oder basiert das jetzt rein auf diesem Umstrukturierungsplan, der uns im Dokument vorliegt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, die Ausgangssituation, wie wir gekommen sind, war die, dass durch die Portfoliobereinigungsmaßnahmen und Risikovorsorgen in 2009 im Wesentlichen das Risikoproblem bewältigt ist. Also das heißt, ich bin dort nicht hineingegangen mit einem Wissen darüber, dass tatsächlich die Portfolioschieflage noch wesentlich ausgeprägter ist, sondern eher war ich der Meinung, das ist bereinigt, zumal der Vorstand, also der Vorgängervorstand, auch überzeugt war, dass die Risikovorsorgen eher konservativer angesetzt waren.

Es hat sich allerdings eben herausgestellt, dass dieses Portfolio nicht ausreichend analysiert war, dass man das von außen über Berater nicht analysieren kann, sondern dass man wirklich einen von innen geleiteten Prozess aufsetzen muss, der case by case sich alle Fälle genau anschaut, und zwar sowohl die performierenden als auch die notleidenden Fälle, um wirklich draufzukommen, wie das Portfolio ausschaut.

Die Erkenntnisse daraus waren eben die, die ohnehin nachvollziehbar sind: Die notleidenden Kredite oder die faulen Kredite waren um zirka 3 Milliarden höher. Im Watch-Loan-Bereich, also dort, wo man normalerweise schon sehr, sehr genau hinschauen muss, damit man nicht weitere notleidende Kredite hat, hat es auch einen riesigen Zuwachs gegeben. Daher war es natürlich die Frage, ob man mit dieser gewaltigen Last dieses ursprüngliche Fortbestandsbankkonzept fortführen kann, ob nicht eine Auftrennung der Gruppe in eine Good Bank und in eine Bad Bank früher oder später notwendig werden wird, weil die regulierte Hypo, also die voll BWG-regulierte Hypo nicht nur die Mindestkapitalanforderungen erfüllen musste, sondern darüber hinaus im Rahmen dieses Joint Assessment and Decision Process, also dieser gemeinsamen Feststellung der Risikotragfähigkeit der Nationalbank[5] und der südosteuropäischen Zentralbanken, eben auch festgeschrieben wurde, die Hypo braucht mehr Eigenkapital über das Mindestausmaß hinaus, um so quasi kein Stabilitätsrisiko für den Finanzmarkt darzustellen. Und da wurde ja eine Total Capital Ratio, also eine Gesamtkapitalrate von 12,04 Prozent beschlossen.

Also da hat man schon gesehen, dass es verschiedenen Gründe gibt, warum man diese Auftrennung vornehmen sollte.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Wenn es Ihnen erinnerlich ist, zeitlich gesehen: Wann kam diese persönliche Erkenntnisse über die Schieflage der Bank?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, ich habe viele Kreditfälle gesehen. Als Risikovorstand wird man von Mitarbeitern mit Kreditfällen befasst, es gibt einen regulären Kreditentscheidungsprozess und -überwachungsprozess, da bekommt man die betreffenden Unterlagen für das Kreditkomitee, und wenn man sich die Einzelfälle angeschaut hat, dann hat da vieles ganz einfach nicht gestimmt. Es haben die Sicherheitenwerte nicht gestimmt, es waren keine aktuellen Bewertungen, es hat einen riesigen Anteil von Kreditfällen gegeben, die gar nicht überwacht waren, also wo man sich nicht – wie das normalerweise der Fall sein muss – Jahr für Jahr den Kreditnehmer anschaut, Jahr für Jahr eine aktualisierte Bonitätsanalyse macht. Also da waren wirklich große Mengen unüberwacht.

Daher war ich auch relativ unsicher zum Halbjahr 2010, wie viel an noch notleidenden Krediten in diesem Portfolio drinnen sind. Der Ausweg war eben, dass wir gesagt haben, es hat einen Asset-Screening-Report gegeben, den lassen wir aktualisieren, dann sehen wir nämlich, ob da tatsächlich noch weitere Leichen im Keller sind, und das hat sich erwiesen.

Darauf habe ich bestanden als Risikovorstand – auch wenn das relativ viel Aufwand verursacht hat, auch finanziellen Aufwand verursacht hat –, dass dieses Portfolio nicht noch einmal von irgendeinem Wirtschaftsprüfer von außen angeschaut wird, sondern dass wir das von innen anschauen müssen. Wir müssen die Organisation mobilisieren, unterstützt mit Beratern, damit wir wirklich einen Überblick bekommen, um die Basis für die weitere Strategie einigermaßen valide herstellen zu können.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Sie haben auch unter anderem die Ablehnung der regulären Bad Bank angesprochen, also dass diese verwehrt wurde. Sie haben das schon kurz ein wenig erläutert, in der Kommunikation zwischen Kabinett und öffentlichen … beziehungsweise Ministerien und so weiter. Aus Ihrer persönlichen Sicht: Warum, glauben Sie, wurde das abgelehnt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich kann jetzt nur wiedergeben, was damals eben diskutiert worden ist, und da ging es ganz einfach um das Moment der Maastricht-Wirkung einer Bad Bank. (Abg. Ehmann: Mhm!) Ohne Zweifel hätte die Etablierung einer Bad Bank im Eigentum der Republik bewirkt, dass die zugeordnete Verschuldung in dieser Bad Bank dem Staat zugerechnet wird (Abg. Ehmann: Das Maastricht…!), und hätte einen entsprechend negativen Einfluss auf die Schuldenquote gehabt. Das ist ein wirtschaftspolitisches Ziel, das habe ich zu respektieren gehabt, aber die Konsequenzen sind eben dann die, dass die Bank reguliert bleibt, zur Gänze reguliert bleibt, und daher diesen Kapitalanforderungen entsprechen muss, die bei der Hypo eben aufgrund der JRAD-Entscheidung nicht die Mindestkapitalanforderungen waren, sondern ungefähr 50 Prozent darüber angesiedelt wurden.

Bei einem notleidenden Portfolio dieser Dimension hat das natürlich eine hohe kapitalverbrauchende Wirkung. Das wurde dann auch Ende 2012 im Stil einer Kapitalmaßnahme über 1,5 Milliarden entsprechend beachtet.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Seitens der Europäischen Kommission wurde ja der Rettungsentscheid am 23. Dezember 2009 getroffen. Sie sind dann im April 2010 in den Vorstand gekommen. Die Europäische Kommission hat ja eine – leger gesagt – raschere Abwicklung gefordert, unter anderem. Wie lief aus Ihrer Sicht das Beihilfeverfahren ab?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das Beihilfeverfahren wurde mit der Vorlage des Umstrukturierungsplanes im April 2010 zunächst einmal in Gang gesetzt – vorher hat es ja nur einen Viability Report gegeben –, und dann hat es in regelmäßigen Abständen Rückmeldungen aus der Europäischen Kommission gegeben, nach dem April 2010, glaube ich, relativ rasch, mit einer umfangreichen Fragenrunde, und dann ist dieses Beihilfeverfahren bis März/April 2012 relativ – wie soll ich sagen? – nicht sehr schnell vorangekommen.

Ich glaube, der Hintergrund – aber das ist meine Interpretation – ist, dass ja parallel dazu das Beihilfeverfahren der Bayerischen Landesbank gelaufen ist und in der Europäischen Kommission auch aufgrund der Kapazitätsgrenzen, die die Case-Teams dort haben, keine besondere Priorität gegeben war. Ich glaube, im Februar 2012 ist die Entscheidung der Kommission für die Bayerische Landesbank gefallen, und danach ist dieses Beihilfeverfahren wiederum entsprechend beschleunigt worden.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Wie einleitend erwähnt haben Sie eben unter anderem auch gesagt, dass faktisch nicht nur die Finanzkrise ausschlaggebend war, sondern das so auch passiert wäre aus Ihrer Sicht. Die öffentliche Debatte über Insolvenz oder wie es weiter geht, hat wahrscheinlich auch nicht gerade Positives bewirkt in dem ganzen Prozess. – Wie sehen Sie das?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, die Insolvenzdebatte war natürlich immer latent vorhanden; im Herbst 2013 ist sie aber dann sozusagen ziemlich stark angefacht worden, weil man – meines Erachtens durchaus zu Recht – Überlegungen angestellt hat, ob eine Insolvenz nicht doch eine Lösung sein könnte, aber das ist dann ziemlich stark in die Öffentlichkeit gekommen, und das hat natürlich eine Vielzahl von problematischen Effekten. Das eine, was ganz entscheidend war, ist: Wir waren in einer Closing-Phase zum Verkauf der österreichischen Hypo, und da hat es natürlich Unsicherheiten gegeben, was passiert, wenn sozusagen der Verkäufer plötzlich insolvent wird: Wie reagiert der Käufer, platzt dieses Projekt? Also da hat es große Unsicherheiten gegeben. Das ist das eine.

Das Zweite: Gerade die HBA, also die österreichische Bank, war eine einigermaßen primärmittelstarke Bank, also die hatte tatsächlich auch Spareinlagen, und mit dieser öffentlichen Diskussion, was, wo, wie in Insolvenz gehen kann, wurden auch Sparer natürlich irritiert. Die Kollegen aus der HBA haben uns regelmäßig berichtet, wie sich die Primärmittelpositionen verändern, und da konnte man schon sehen, dass das auch eine entsprechende Wirkung hat.

Und zu guter Letzt war natürlich auch die Frage – ich war ja damals Acting CEO, der Gottwald Kranebitter hat ja am 31.8. die Gruppe verlassen –: Wie agiert man als Vorstand in einer Situation, in der es diese Diskussion gibt, aber parallel dazu sozusagen die Kapitalerfordernisse der Republik[6] regelmäßig erfüllt worden sind, denn es hat ja im Jahr 2013 eine Serie von Kapitalmaßnahmen gegeben, die begonnen hat im September, glaube ich, mit 700 Millionen, und die im Jahr 2013 in Summe 1,75 Milliarden in toto umfasst hat? Also es gab auf der anderen Seite ganz deutlich das Signal, dass man sozusagen die Bank weiterführen möchte.

In diesem Zwiespalt – Insolvenzdiskussion auf der einen Seite und trotzdem regelmäßig Kapitaleinschüsse – hat man sich im Vorstand bewegt. Wir haben das so gelöst – weil man ja als Vorstand auch entsprechende persönliche Haftungen hat –, dass wir gesagt haben, die Eigentümerseite soll, unbeschadet dieser Insolvenzdiskussion, sich im Aufsichtsrat erklären, was denn eigentlich die Absicht ist. So eine Erklärung hat es dann tatsächlich auch gegeben aus dem Mund des Aufsichtsratsvorsitzenden, und da wurde auch sehr deutlich gesagt, dass die Insolvenzdiskussion eine Art Überprüfungsdiskussion ist, aber keine strategische Option, und wir daher nicht damit rechnen müssen, dass es eine rasche Insolvenz geben wird.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Okay, vorläufig danke.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Rauch, Sie sind am Wort.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Herr Mag. Edelmüller, was haben Sie besser gemacht als Ihr Vorgänger Dörhöfer?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich glaube, zunächst einmal zur Person Andreas Dörhöfer anmerken zu können, dass der ein kompetenter Risikomanager war und ist, dass er eine Reihe von notwendigen und richtigen Initiativen gesetzt hat, aber dass er ganz einfach – ich glaube, er ist im Mai 2008 gekommen – das Pech gehabt hat, dass er sozusagen das gesamte Risikomanagement mehr oder weniger hinein in eine riesige Krise aufbauen hätte sollen, und das ist ganz einfach nicht mehr gelungen, weil die Organisation durch diese Krise massiv erschüttert war.

Wenn Sie mich jetzt konkret fragen: Was ich besser gemacht habe, ist, dass ich erstens einmal dafür gesorgt habe, dass das Portfolio wirklich exakt genau Fall für Fall überprüft wird, um eine gesicherte Ausgangslage zu haben – Punkt eins.

Punkt zwei: dass alle Defizite, die es im Risk Management gegeben hat, und zwar auf verschiedenen Ebenen, sei es im Kreditprozess, sei es im Kreditmanagement, also im Credit Controlling, sukzessive beseitigt werden. Ich darf Ihnen ein Beispiel nennen: Das Credit Management, also dort, wo es darum geht, Kredite für performante Kunden zu vergeben und zu betreuen, besteht üblicherweise aus drei Funktionen.

Das eine nennt man Underwriting, das ist jener Prozess, bei dem man entscheidet, ob man einem bestehenden Kunden oder einem Neukunden einen Kredit gibt. Das Zweite ist das Reviewing, das ist jener Prozess, wo man alljährlich überwacht, ob die Bonität, zu der man diesen Kredit vergeben hat, nach wie vor gegeben ist, was sich verändert hat, auf Basis entsprechend aktualisierter Daten. Und das Dritte ist das Monitoring. Da wird nicht auf Einzelfallbasis überwacht, sondern da wird auf Basis eines Frühwarnsystems überwacht.

Und das, was ich vorgefunden habe, ist, dass es eine Underwriting-Funktion gegeben hat, dass es die Reviewing-Funktion nicht in ausreichendem Maß gegeben hat, daher sind ungefähr 50 Prozent der Fälle auch nicht überwacht gewesen, und eine Monitoring-Funktion hat es überhaupt nicht gegeben. Es gab kein Frühwarnsystem und es gab auch kein entsprechendes Monitoring dazu.

Gleichzeitig hat es im Retail Risk Management keine zentrale Risk-Funktion gegeben, also man hat im Credit Management ganz einfach keine Retail-Risk-Management-Funktion gehabt. Also das ist jetzt nur ein Schlaglicht auf ein spezifisches Element des Kreditrisikomanagements.

Und wir haben jetzt nicht nur das, sondern weit darüber hinaus, vor allem auch im Bewertungsbereich, vor allem auch im Bereich der Ratingmodelle, im Bereich der LGD-Modellierung, im Bereich der CCF-Modellierung – das sind bestimmte Parameter, Input-Parameter, um den Expected Lost, also den erwarteten Verlust, zu berechnen –, sukzessive aufgearbeitet, haben ein ziemlich umfangreiches Projektportfolio gehabt und das umgesetzt. Und ich glaube, man kann mit Fug und Recht behaupten, dass am Ende dieses Restrukturierungsprozesses im Risikomanagement ein State-of-the-Art-Risk-Management vorhanden war, sonst hätte man die Banken, die verkauft worden sind, nämlich die österreichische Bank und die Südosteuropa-Bank, niemals verkaufen können, denn kein Käufer auf der Welt kauft eine Bank, in der das Risikomanagement nicht funktionieren würde.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sie haben es ja schon erklärt, im Mai 2008 ist der Herr Dörhöfer gekommen. Der Punkt ist ja der: Beim Verkauf der Bank an die Bayern lag ja die Hoffnung darin, dass es ein ordentliches Risikomanagement gibt, dass hier darauf geachtet wird, dass solche Maßnahmen, die Sie eingeleitet haben, auch umgesetzt werden. Und das alles ist ja nicht passiert.

Wenn 50 Prozent der Kreditfälle nicht geprüft werden oder in einem laufenden Prozess stehen, der überprüft wird, dann sieht man eigentlich schon die Aufgabe, die im Endeffekt ja nicht zur Gänze erfüllt wurde.

Somit hat sich ja über diesen Zeitraum natürlich auch der Schaden maximiert: in welcher Höhe, in diesem Zeitraum, bis Sie gekommen sind oder bis Sie dann die Maßnahmen eingeleitet haben? – Das ist ja für uns wichtig, hier im Ausschuss.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, ich meine, man sieht ja anhand der Bilanz Ende 2009, anhand der Ergebnisse aus dem PwC-Asset-Screening, wie stark die Einzelwertberichtigungen angestiegen sind, wie stark auch das Ausmaß der Non-Performing Loans, also der faulen Kredite, angestiegen ist.

Aber ich würde mich nicht der Illusion hingeben – ich sage das jetzt neutral als Risikomanager, nicht als Risikovorstand der Hypo –, dass man in dieser Situation, wo Andreas Dörhöfer angetreten ist, nämlich ziemlich knapp vor dem Lehman-Crash, wo also die Finanzmarktkrise massiv ausgebrochen ist, tatsächlich noch im Stande sein kann, vorhandene schiefliegende Finanzierungsstrukturen, die im Portfolio vorhanden sind, tatsächlich in kurzer Frist – und das hätte ja wirklich innerhalb eines Jahres geschehen müssen – zu retten. Das ist fast unmöglich. Also es war auch für den Andreas Dörhöfer vor dem Hintergrund dieser Krise im Hinblick auf die Frage, die Sie stellen, eine Mission Impossible.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Von Haus aus – okay. Ein Punkt noch in dem Zusammenhang, wenn wir bei Personen bleiben: Ihr Kollege, der Herr Kranebitter, der ja gestern hier im Ausschuss war, ist ja aus eigenem Willen ausgeschieden, weil es anscheinend Differenzen gegeben hat, weil er eine andere Auffassung hatte, wie man mit der Bank umgehen sollte. Ist das korrekt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja. Ich bin übrigens auch parallel ausgeschieden, auch aus freiem Willen, allerdings mit der Maßgabe, wenn der Vorsitzende geht, dass nicht der Stellvertreter auch gleichzeitig gehen kann, sondern dass man eine entsprechende Überleitung begleiten muss.

Aber der Hintergrund war ganz eindeutig: Das strategische Abwicklungskonzept, das wir im Auge hatten und das eben eine Auftrennung der Gruppe in eine Good Bank und in eine Bad Bank zum Inhalt hatte, das hat es nicht gegeben. Ganz im Gegenteil: Der Umstrukturierungsplan, der im März – ja, ich glaube, im März 2013 – neu eingereicht worden ist, wurde entsprechend überarbeitet – stark unter Druck der Vorgaben der Europäischen Kommission. Und in diesem Umstrukturierungsplan sind letzten Endes entsprechende Auflagen – im Umstrukturierungsplan und im Zusagenkatalog – beinhaltet gewesen, die sozusagen unser Konzept mehr oder weniger außer Kraft gesetzt haben oder obsolet gemacht haben.

Das Problem war schlicht und ergreifend – wir wollten mehr Zeit haben für die Privatisierung der Regionalbanken, wo wir ja viel Zeit, Geld und Energie investiert haben, um sie sozusagen einerseits marktaktiv zu machen und andererseits vom Risikomanagement her an die regulatorischen Standards heranzuführen –, dass das ziemlich danebengegangen ist. Also die sogenannten Behavioural Measures, also diese geschäftseinschränkenden Verhaltensauflagen, haben natürlich eine fatale Wirkung gehabt, und daher wurde eigentlich ein sehr kurzfristiger – nicht nur terminlich, sondern auch faktisch – Privatisierungszeitplan vorgegeben. Und damit war natürlich auch erkennbar, dass man hohe Preise nicht wird erzielen können, wenn man dem Markt ankündigt, dass man innerhalb gewisser Fristen verkaufen muss.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sie haben es ja angesprochen: kurze Fristen und Vorgaben. Dass das natürlich zu Divergenzen und zu Differenzen führt, wenn man ein bestimmtes Konzept verfolgt, ist durchaus logisch, also verständlich für jeden Menschen.

Jetzt ist nur die Frage: Mit wem hat es diese Differenzen gegeben? Personen, Politik, Aufsichtsratsvorsitzender? Wer waren genau die Personen, die Ihren Weg definitiv beschnitten haben?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden nicht, denn der ist selber zurückgetreten. Aber ja, die Differenzen hat es ganz einfach mit der Europäischen Kommission gegeben, die hat eine ganz bestimmte Vorstellung gehabt, wie die Bank abzuwickeln ist, und bei der ...

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Die Europäische Kommission gibt vor, wie die Bank abzuwickeln ist?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Die Europäische Kommission hat starke Inputs geliefert, wie sie sich vorstellt, die Bank rasch abzuwickeln. Also das Ziel der Europäischen Kommission war, eher auf das Tempo zu gehen …

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sie sind schon ein bisschen zu weit in Ihrem Gedankengang. Wie war vorher die Entscheidung an sich?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Vorher – ich wollte gerade darauf hinweisen – hat es ja einen dann auch veröffentlichten Brief des Wettbewerbskommissars Almunia an die Frau Bundesministerin gegeben (Abg. Rauch: Fekter!) – an die Frau Bundesministerin Dr. Fekter, ja –, in dem ja ziemlich unverhohlen mit einer – wie soll ich sagen – Schließungs- und Räumungsanordnung gedroht wurde, also wo gesagt wurde, entweder wird jetzt ein entsprechender Umstrukturierungsplan mit kurzen Fristen geliefert …

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Ich habe eine Zwischenfrage: Warum ist es überhaupt so weit gekommen, dass dieser Brief von der Europäischen Kommission an die Bundesministerin geschickt wurde? Was war der Auslöser, die Ursache? Die Europäische Kommission schreibt ja nicht aus Jux und Tollerei einen Brief, sondern es gibt immer Anlassfälle.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich glaube, dass die Differenz eben der Vorstellung der Europäischen Kommission, wie diese Hypo abgewickelt werden muss, und ich meine damit jetzt wirklich … (Abg. Rauch: Muss oder soll?) – Ich würde sagen muss, denn die haben ja eine starke Position in diesem Verfahren. Und diese Vorstellung der Europäischen Kommission war ziemlich konträr zu dem, was wir angestrebt haben, nämlich längerfristige Privatisierungszeiträume, Aufspaltung, Good Bank, Bad Bank – dagegen hätte die Kommission nichts gehabt, das wurde in Brüssel eigentlich immer befürwortet. Und diese Differenzen haben zu entsprechenden Verstimmungen geführt und dann …

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Zwischen der Europäischen Kommission und der Bundesregierung oder der Finanzministerin?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Und dem Ministerium, nehme ich an. Es kam noch dazu, dass Ende 2012 ja eine Kapitalmaßnahme fällig war. Die Aufsichtsbehörde hat einen erhöhten Eigenkapital-Ratio vorgeschlagen, vorgeschrieben, der 12,04 Prozent betragen hat, das entsprach einer Kapitalmaßnahme im Ausmaß von 1,5 Milliarden, und diese musste vorläufig genehmigt werden. Dieser Genehmigungsantrag ist relativ spät eingereicht worden (Abg. Rauch: Vom Bundesministerium für Finanzen?) – vom Bundesministerium eingereicht worden und dürfte in der Kommission oder in der Wettbewerbsbehörde, um präzise zu sein, entsprechende Reaktionen ausgelöst haben.

Ich war gemeinsam mit Gottwald Kranebitter und anderen am 28.11.2012, glaube ich, in Brüssel, wo uns erstmals die sogenannten Behavioural Measures, also diese geschäftseinschränkenden Verhaltensmaßnahmen, ad hoc verordnet wurden, ohne Vorwarnung, ohne große Vorwarnung.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): War für die Europäische Kommission die Tätigkeit, die das Bundesministerium für Finanzen, die Finanzministerin bis jetzt gesetzt hat, zu wenig, oder war sie aus Sicht der Kommission nicht tätig?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das kann ich ehrlich gestanden nicht beurteilen, aber factum est, dass es eine ziemlich harsche Reaktion aus Brüssel gegeben hat und dass diese dann letzten Endes auch dazu geführt hat, dass eine Taskforce von der Bundesregierung eingesetzt wurde, um diesen Prozess abzuschließen. Und der ist dann eben so abgeschlossen worden, wie es im Beihilfenbescheid vom 3.9.2013 steht. Und das ist nicht mehr kompatibel gewesen mit dem, was wir beabsichtigt haben.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sie als Vorstände? Das war nicht konform mit Ihren Gedankengängen oder mit Ihren Zielen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das war nicht mehr konform mit dem Ziel, das wir hatten.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Und das Ergebnis ist das, was Sie jetzt …

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das Ergebnis war der Rücktritt.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Das ist ganz klar, ja. Wenn Sie Ihre Geschichte zu Ende zeichnen oder fortführen hätten können: Wie würden wir heute hier sitzen, mit welchem anderen möglichen Ergebnis? Sie werden ja ein Szenario entwickelt haben, beide; ich gehe davon aus, Sie und der Herr Kranebitter.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also, ohne die Weisheit des Rückblicks allzu stark zu strapazieren, naturgemäß, wäre es notwendig gewesen, dass wir die Bad Bank früher eingeführt hätten, im Idealfall … (Abg. Rauch: Früher Zeitpunkt …!) – Na ja, ich sage im Idealfall als Reaktion auf diesen Review Rush/Due Diligence, als wir die dramatische Portfolioschieflage erkannt haben und daher eine Trennung notwendig war. Aber ich sage auch, Ende 2012, Anfang 2013 wäre das auch noch möglich gewesen.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Und wann war für Sie der Plan? Vorher?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, wir hatten keinen Plan mehr eigentlich, da dieses Bad-Bank-Konzept von der Eigentümerseite abgelehnt worden ist.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Das ist schon klar, aber Sie haben ja ein Konzept entwickelt, da gibt es ja Zeitabläufe. Also ich habe immer ein Programm.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also idealerweise hätte man das 2011 einführen sollen. Das hätte wahrscheinlich auch die Entscheidung über die Beihilfe bei der Wettbewerbsbehörde beschleunigt, nehme ich an, und wäre dort wahrscheinlich auch positiv aufgenommen worden. Das war das eine Thema. Das zweite Thema war, wir haben immer gesagt, man kann in einem illiquiden Bankenmarkt, wo niemand eine Bank kauft, und schon gar nicht in dem Zustand, in dem sich die Regionalbanken auch befunden haben – denn die großen Überlasten an faulen Krediten sind ja auch in den Regionalbanken gesteckt –, mit einer substantiellen Erlöserwartung nur Banken verkaufen, wo wirklich das Portfolio bereinigt ist, das Risiko im Sinne des laufenden Risikoaufwandes normalisiert ist und wo auch ein Beweis der Profitabilität erbracht wurde, also wo man nicht nur ständig Bilanzen vorlegt, wo man weitere Bereinigungsspuren hat in Form von entsprechenden Verlusten, sondern wo man auch zeigen kann, das ist eine profitable Bank.

Und dazu wäre mehr Zeit notwendig gewesen, auch deswegen, weil sich die Märkte auf dem westlichen Balkan wirklich in einer dramatischen Stagnations- und Rezessionssituation befunden haben. Und das wollte Brüssel nicht. Also ich glaube schon, dass es eine gewisse Dramatik gegeben hat, dass zu dem Zeitpunkt auch gegenüber der Europäischen Kommission bestimmte Vorstellungen nicht mehr ganz durchsetzbar waren.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Wir war denn da die Kommunikation? Das ist ja immer spannend. Wie wurde kommuniziert? – Bundesministerium – BMF, Regierungsmitglied – mit Ihnen in Verbindung mit der Europäischen Kommission. Wie wurde hier kommuniziert? In welchen Abständen, Abläufen haben Sie die Europäische Kommission in diesem Bereich informiert oder wer?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also der Informationsweg ist immer über das Bundesministerium für Finanzen gelaufen, die sind ja Partei in dem Verfahren. Wir haben die entsprechenden Unterlagen geliefert, wir haben die Umstrukturierungs...

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): In bestimmten Quartalen, monatlich?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Wann immer Unterlagen angefordert worden sind.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Wie oft wurden Unterlagen angefordert?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, regelmäßig. Also vom Beginn des Restrukturierungsplans im April 2010 bis zum endgültigen Restrukturierungsplan, der Mitte 2013 sozusagen Grundlage der Entscheidung war, sind permanent, ich kann jetzt nicht sagen wann, aber permanent Informationen zwischen Ministerium und Bank bedarfsorientiert ausgetauscht worden. Wenn also ein entsprechender Bedarf bestanden hat, dann hat man die entsprechenden Unterlagen hergestellt, hat sie dem Ministerium zur Verfügung gestellt, die wurden dann auch diskutiert, Korrekturen angebracht und dergleichen mehr. Also das war ein permanenter Austauschprozess.

Wir waren auch bei den Verhandlungen oder bei den Gesprächen in Brüssel eingeladen und mit dabei. Also wir wussten ziemlich genau, wie dieser Prozess läuft, aber wir waren nicht Verhandlungspartner.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Und da sind Sie mit Ihrem Konzept auf taube Ohren bei der Europäischen Kommission gestoßen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Am Ende kann man sagen: ja.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Was war das Ende? – Das Ende ist klar, das war dann Ihr Ausscheiden, aber es gibt immer einen Weg dorthin, nicht? Man präsentiert, man gibt vor, und man hat ja ein Ziel.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, da hat es viele, viele Verhandlungen zwischen Brüssel und …

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Waren Sie bei allen dabei (Auskunftsperson Edelmüller: Nein!), oder hat es auch Verhandlungen außerhalb Ihres Tätigkeitsbereiches gegeben, das heißt, dass nur das Finanzministerium und das zuständige Kabinett der Ministerin oder die Frau Minister selbst dabei waren?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das kann ich nicht sagen, aber es hat etliche Verhandlungen gegeben, wo wir dabei waren, auch bei dieser Verhandlung – zeitlich eingeordnet, glaube ich, war das im April 2013, das kann ich jetzt aber nicht hundertprozentig sagen –, wo der Stellvertreter des Kommissärs in der Sitzungseröffnung sehr dezidiert gesagt hat, wohin die Reise gehen muss, damit ein positiver Kommissionsbescheid zustande kommt. Da hatte eben die Kommission auch eine sehr rigorose Vorstellung über Abwicklungsfristen, also über Verkaufsfristen der Regionalbanken[7] und dergleichen mehr. Da war die Eröffnung sehr, sehr deutlich, und von dort weg hat sich auch die Taskforce entlang dieser Maxime vorwärts bewegt.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Wir sind jetzt ein bisschen abgeschweift. Wir waren ja vorher bei Ihrem Konzept, das Sie nicht durchbrachten. Wo sind wir dort stehen geblieben?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Die Differenz zwischen den Kommissionsvorgaben und …

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Richtig, genau. – Wie hätten Sie das weiter fortgeführt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Wenn ich die Freiheit gehabt hätte, das selber zu entscheiden, hätte ich umgehend eine Bad Bank gegründet (Abg. Walter Rauch: Okay!), den Privatisierungszeitplan an die Marktrealität, die eine ziemlich betrübliche war am westlichen Balkan …

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Was war da Ihr zeitlicher Plan?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, wir haben so die Vorstellung gehabt, dass sozusagen der Zeithorizont bis 2017 reichen sollte, wo man dann auch darstellen könnte, dass diese Banken Geld verdienen können, möglicherweise ein gestaffelter Zeitplan, denn die HBA, also die österreichische Bank, stand ja unmittelbar vor Verkauf im Stil eines Closings. Die Südosteuropa-Bank war am Markt, das heißt, die Investmentbanker haben bereits weitreichende Verkaufsermittlungen im Markt durchgeführt, und das hätte man wahrscheinlich auch zeitlich abgestuft machen können, aber natürlich wesentlich mehr Zeit gebraucht, um sozusagen die Performance dieser Banken auch zu zeigen. Das hätte gewisse Vorteile gehabt, glaube ich.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Wenn man Ihrem Konzept gefolgt wäre, hätte man sich diesen harschen Almunia-Brief seitens der Europäischen Kommission erspart?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Bezüglich des Privatisierungszeitplans sicher nicht, denn die Europäische Kommission hatte die Vorstellung, dass diese Banken relativ rasch zurück in den Markt müssen oder abgewickelt werden. Und im Bescheid vom 3.9. stand ja auch drinnen, entweder privatisiert ihr diese Banken in kurzer Frist, oder ihr müsst sie abwickeln, was natürlich noch einmal Kosten verursacht hätte. Aber gegen eine Bad Bank hätte die Kommission überhaupt nichts gehabt. Also der Kampf am Ende wäre darum gegangen, dass man diese geschäftseinschränkenden Verhaltensanordnungen wegbekommt, weil die tatsächlich sozusagen für eine Going-Concern-Bank, die marktaktiv ist und die verkauft werden soll, negativ gewesen sind, daher auch dieser Druck, zu verkaufen.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Diese geschäftseinschränkenden Verhaltensverordnungen von wem?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Die Europäische Kommission hat bei der vorläufigen Entscheidung über die Kapitalmaßnahme Ende 2012, die die 1,5 Milliarden betroffen hat, eine Bedingung an diese vorläufige Entscheidung geknüpft, und diese Bedingung hat darin bestanden, dass bestimmt…

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Welche waren das genau?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Die haben sich auf das Neugeschäft bezogen und haben beinhaltet, dass Neugeschäft nur innerhalb bestimmter Vorgaben gemacht werden darf, wobei das nichts Außergewöhnliches ist. Auch in der Risikopolitik werden immer wieder Vorgaben gemacht, in welchem Rahmen Neugeschäft gemacht werden darf, aber die Vorgaben waren teilweise so rigoros und teilweise auch so weit von den Marktgegebenheiten abweichend, dass man damit tatsächlich das Geschäft einstellen konnte oder teilweise einstellen konnte. Beispielsweise war es nicht mehr erlaubt oder hätte es nicht mehr erlaubt sein sollen, dass in Serbien Eurokredite gemacht werden, während Serbien euroisiert ist, also der Großteil des Kreditmarktes wird dort in Euro ausgereicht.

Wenn ich daher sozusagen von dieser Art Fremdwährungskrediten abgeschnitten bin, bin ich dort auch aus dem Markt draußen. Und wenn ich es absehe, dass ich aus dem Markt ausscheide, dann muss ich schnell verkaufen, denn eine Bank, die nicht mehr am Markt aktiv ist, kauft niemand mehr.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Welche Motive könnten dahintergestanden sein, in Serbien nicht mehr in Euro abzuwickeln?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das sind Währungsrisikoaspekte gewesen. Wenn man einen Kredit in fremder Währung ausreicht, der Kreditnehmer aber ein Dinar-Einkommen hat, also nicht in fremder Währung, dann entsteht ein Währungsrisiko. Dieses Währungsrisiko schlägt entsprechend auf die Bonität des Kreditnehmers zurück, und dadurch können die Risken steigen. Also es ist durchaus eine rationale Überlegung, aber in einem Markt, der auf der Kreditseite hauptsächlich nur in Euro denominiert ist, ist das natürlich problematisch.

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Danke vorerst.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Nobert Hofer: Meine Damen und Herren, es wird um eine kurze Pause gebeten. Ich unterbreche die Sitzung bis 12 Uhr.

*****

(Die medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 11.47 Uhr unterbrochen und um 12.01 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

12.01

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf, da die wichtigste Person am heutigen Tag wieder da ist. – Bitte die Plätze wieder einzunehmen.

Frau Abgeordnete Jank, Ihre Fragen. – Bitte.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Herr Mag. Edelmüller, ich habe eingangs eine Frage: Sie waren ja nicht nur Risikovorstand, sondern hatten auch eine Funktion im Lenkungsausschuss. Was war dort Ihre Tätigkeit?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Im CSI-Hypo-Lenkungsausschuss? (Abg. Jank: Im CSI-Lenkungsausschuss, ja!) Ich war, glaube ich, ab November 2010 Mitglied des CSI-Lenkungsausschusses, gemeinsam mit Gottwald Kranebitter. Ich bin in den Lenkungsausschuss gekommen, da der Vorstandskollege Proksch, der ursprünglich dort drinnen war, ausgeschieden ist und, soweit ich das mitbekommen habe, auch die Idee bestand, dass es zwischen den Aktivitäten in der CSI Hypo und den Kreditbereichen – insbesondere den Kreditbereichen, die für die nicht performanten Kredite zuständig sind – eine engere Verzahnung gibt. Und daher, glaube ich, hat der Präsident vorgeschlagen, dass ein Wechsel zwischen CFO und CRO im Lenkungsausschuss stattfindet.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Und diese engere Verzahnung hat sich dann auch entwickelt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Diese engere Verzahnung hat sich entwickelt, aber sie hat sich konfliktreich entwickelt, muss man ganz offen sagen. Es hat die Erwartung gegeben, dass alle Schritte im Kreditprozess der betreffenden inkriminierten Causen dem Lenkungsausschuss frühzeitig vorgelegt werden und dass der Lenkungsausschuss dann auch über die Workout-Maßnahmen Entscheidungen trifft. Und diese Entscheidungen sind halt häufig nicht getroffen worden – obwohl es notwendig war, solche Fälle zu erledigen, da es beispielsweise für ein Asset einen Käufer gegeben hat und man daher ganz einfach auch unter Zeitdruck gestanden ist.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ist das im Zusammenhang mit dem, was Sie eingangs gesagt haben, zu sehen? Sie haben auf der einen Seite während Ihrer Zeit – so habe ich das verstanden – 6 Milliarden Wertberichtigungen aufgelöst – das heißt, Verluste realisiert – und weitere 6 Milliarden neue Wertberichtigungen durchgeführt, also neue 6 Milliarden, die am Ende des Tages …

Mag. Wolfgang Edelmüller: 5 Milliarden, wenn ich das … In meiner Zeit als Risikovorstand wurden 5 Milliarden neue Wertberichtigungen zugeführt. Das muss man aber, wenn man das jetzt bilanziell betrachtet, insoweit sich genau anschauen: Gegen diese Zuführung von Wertberichtigungen standen Auflösungen und sogenannte Unwindings, die sich aus der IFRS-kompatiblen Methodik der Wertberichtigungsermittlung ergeben. Zusätzlich kommt noch, dass Portfoliowertberichtigungen gebildet werden und sogenannte Rückstellungen für Kreditrisken.

Und der Saldo aus diesen diversen Wertberichtigungsmaßnahmen – Zuführungen, Auflösungen und auch Unwinding – scheint dann in der Gewinn- und Verlustrechnung als Kreditrisiko auf. Also die Zuführungen, von denen ich berichtigt habe, waren die Brutto-Zuführungen. Das heißt, jene Fälle, die ich auf den Tisch bekommen habe und wo Wertberichtigungen in dem betreffenden Zeitraum zu bilden waren, repräsentieren das. Der Wertberichtigungsstand am Ende meiner Funktionsperiode war 4 Milliarden.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ich möchte auf eine Zusammenarbeit zwischen Österreich, also zwischen der Bank und der Europäischen Kommission zu sprechen kommen und lege Ihnen einen E-Mail-Verkehr vor – es ist das Dokument mit der Nummer 6216 – zwischen dem BMF und der Europäischen Kommission. Ich darf Sie vielleicht bitten, diesen kurz zu lesen. (Auskunftsperson Edelmüller – in dem ihr vorgelegten Schriftstück lesend –: Das ist eine Mailkette!)

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das sehe ich zum ersten Mal, naturgemäß.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Dies ist ein Schreiben der Kommission an Herrn Lejsek, wo man sich darüber beschwert, dass Vereinbarungen bezüglich der Renumeration nicht vorhanden seien und man wenigstens, wenn die da wären, an dieser Stelle weiterarbeiten könne. Es folgt dann der Satz: „Insgesamt muss ich sagen, dass meine (hierarchische) Umgebung hier zusehends ungeduldig wird, dass in diesem Fall scheinbar nichts weitergeht.“

Die Antwort von Herrn Lejsek ist dann vielleicht doch auch bezeichnend: „Sie haben vollkommen Recht, es dauert leider viel zu lange. Prozedural mussten wir heute die x.te Version der Liste der Bank retournieren, da anstelle von EUR 200 Mio. der Betrag von EUR 209 Mio. als Ersparnis von Risikovorsorgen aufgenommen war. Nach Behebung dieses Mangels sollte der Vorstand die Liste formal unterfertigen und der Wirtschaftsprüfer diese testieren. Es tut mir Leid, noch keine Unterlagen übermitteln zu können.“

Es gibt dann noch eine Fülle von anderen Dokumenten, die darauf schließen lassen, dass offensichtlich die Raschheit vonseiten der Bank seitens des Ministeriums und vor allem auch seitens der Kommission moniert wurde.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich muss ganz offen gestehen, das überrascht mich ein wenig. Ich habe keine eigene Wahrnehmung zu diesem Thema, um das es hier gegangen ist. Wir waren im Rahmen der Unterlagen, die wir regelmäßig an das Ministerium zu liefern hatten, vor allem auch im Rahmen der Umstrukturierungspläne bemüht, pünktlich und vollständig zu liefern. Dass es gelegentlich auch Verzögerungen gegeben haben mag – aus welchen Gründen auch immer – oder das Ministerium vielleicht auch mit der einen oder anderen Unterlage nicht zufrieden war, das will ich gar nicht ausschließen. Aber generell betrachtet kann man nicht behaupten aus meiner Sicht, dass wir dem Ministerium wesentliche Unterlagen schuldig geblieben wären oder dass wir sie dramatisch verspätet geliefert haben. Also das ist nicht der Eindruck, den ich gewonnen habe, obwohl hier expressis verbis ein entsprechendes Indiz gegeben ist.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Es ist vielleicht auch noch ein bisschen schlimmer gewesen. Ich darf Ihnen noch ein Dokument vorlegen, und zwar das Dokument 1176376. Da geht es um ein Koordinierungsgespräch im Beihilfeverfahren. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Ich glaube, die Seite 1 ist rasch zu überfliegen, wenn Sie sich vielleicht den ersten Absatz auf Seite 2 anschauen! (Die Auskunftsperson liest in dem vorgelegten Schriftstück.)

Es reicht, wenn Sie bis zum Punkt 1.2 gelesen haben, für meine Frage. Meine Frage zielt auf Folgendes ab; in diesem Protokoll wird festgehalten:

„Die Ausgangsbasis für die Verhandlungen bildet ein Schreiben von K Almunia vom 14. März 2013 in dem die Kommission den von der Hypo Alpe Adria erstellten Restrukturierungsplan als nicht glaubwürdig bezeichnet (…).“

Sie werden dann in weiterer Folge … – und das ist der letzte Satz vor Punkt 1.2. –: „Der Vorstand der HAA wurde beauftragt bis zum Montag, 29. April 2013 neue Szenariorechnungen für die dargestellte Variante“ – die dann vorher beschrieben wurde – „zu erstellen.“

Wie konnte die Kommission zur Erkenntnis kommen, dass Ihr Restrukturierungsplan nicht glaubwürdig sei? Sie waren ja wahrscheinlich mit der Frage befasst, und ich gehe davon aus, dass es dazu auch von Ihnen dann eine Stellungnahme gegeben hat, die mir leider nicht bekannt ist und zumindest bis jetzt in den Akten nicht aufgeschienen ist.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Da bin ich im Moment überfragt, warum hier der von der Hypo erstellte Restrukturierungsplan als nicht glaubwürdig bezeichnet wurde, denn es sind ja keine Restrukturierungspläne, die nicht mit dem BMF abgestimmt wurden, an die Kommission gegangen.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Aber die Unterlage wurde ja ganz offensichtlich von Ihnen erstellt, und Sie waren ja auch bei dieser Koordinierungssitzung anwesend. Das muss doch dort Thema gewesen sein?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, nur wie gesagt, eine exakte Erinnerung daran habe ich nicht, aber die Frist für den Verkauf der Südosteuropa-Bank wurde bis Ende 2014 verlängert. Bei der Neugeschäftseinschränkung hat man sich offenbar den Forderungen der Bank angepasst.

Ich meine, ich glaube, also ich kann das jetzt nur aus der Situation heraus, wie ich das jetzt im Nachhinein verstehe, erklären: Der Almunia-Brief war ja ein sehr rigoroser Brief, da waren ja sozusagen im Anhang einige ziemlich klare Vorschläge enthalten. Beispielsweise, wenn ich mich richtig erinnere, sollten 6 Milliarden Assets aus der SEE-Bank hinausgebrusht werden. Da waren teilweise auch performante Portfolioteile drinnen, was gar nicht gegangen wäre.

Also die Latte, die im Almunia-Brief enthalten war, bezüglich der Vorbereitung für die Verkaufsfähigkeit der Südosteuropa-Banken auf der einen Seite und auch der Fristigkeit war ja extrem rigoros. Im Grunde genommen hätte man binnen kürzester Zeit die Südosteuropa-Bank verkaufen sollen. Dagegen sind wir aber angetreten, und deswegen denke ich, dass das diese Glaubwürdigkeitseinschränkung beinhaltet. Wir wollten nicht in dieser kurzen Zeit den Verkauf durchdrücken, weil das natürlich gewaltig auf den Preis gewirkt hat. Und das war vielleicht für das Case-Team der Kommission nicht glaubwürdig, aber es war unsere Strategie, also unsere Verhandlungsstrategie.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ich gehe einmal davon aus, dass das ja doch ein wesentlicher Teil Ihrer Gesamtbeschäftigung war, als Risikovorstand auf der einen Seite, aber auch vielleicht mit der Aufarbeitung – auf die Aufarbeitung komme ich dann noch. Und es sind das ja doch schon Vorwürfe, die zumindest aus der Betrachtung, die ich habe, nicht unerheblich sind.

Sie wurden aufgefordert, relativ kurzfristig eine neue Berechnung vorzulegen. Sie haben keine Erinnerung mehr daran, ob Sie das dann gemacht haben und was das Ergebnis war? (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein, habe ich keine exakte Erinnerung, aber dass die Vorstellungen der Kommission mit den Vorstellungen, die wir hatten, also in der Hypo hatten, teilweise auseinandergeklafft sind, diese Erinnerung habe ich sehr genau. Und da gab es eben wirklich diesen entscheidenden Punkt, in welcher kurzen Frist kann man die Südosteuropa-Banken privatisieren, wenn man einmal außer Ansatz lässt, dass es bei der österreichischen Regionalbank ja bereits ein Signing gegeben hat. Da ist die Kommission der Bank auch – oder der Republik, muss man eigentlich sagen – in der Entscheidung mit dem Privatisierungszeitplan entgegengekommen, denn wenn ich mich richtig erinnere, ist die Kommissionsentscheidung, dass bis Mitte 2015 mit einem Respiro von drei Monaten die Südosteuropa-Bank privatisiert sein muss.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Es gibt noch einen anderen Vorhalt seitens der Kommission. Ich darf Ihnen ein weiteres Dokument vorlegen, es hat die Nummer 6113. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr soeben vorgelegten Schriftstück.)

Es ist ein Schreiben von Lejsek an den Vorstand Kranebitter, ich nehme einmal an – aber Sie werden das vielleicht ergänzen –, dass Ihnen diese Information zugekommen ist. Hier berichtet Lejsek an Kranebitter, dass seitens der Kommission die Qualität des Neugeschäfts hinterfragt wird, und es wird moniert, „dass trotz vielfacher Zusicherungen die Qualität des ‚Neugeschäfts‘ und der Prozess der Krediteinräumung sich nicht verbessert hätten und bei 7 der 8 ausgewählten Fälle, die als (kleine) Stichprobe aus der Gesamtheit gezogen wurden, massive Mängel aufgetreten sind.“

Wenn ich das richtig verstehe, hat sich die Kommission acht Fälle vorlegen lassen oder gezogen, diese angeschaut und hat bei sieben von diesen acht Fällen im Neugeschäft – also nicht Aufarbeitung der Vergangenheit – Mängel festgestellt. Was sagen Sie dazu?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das ist ein bekanntes Thema. Dazu sage ich Folgendes; Erstens: Die Kommission hat gezielt sieben, acht insuffiziente Fälle ausgewählt, also die hat keinen wirklich umfassenden Review des Portfolios gemacht, um anhand eines größeren Samples, die tatsächliche Neugeschäftsqualität feststellen zu können. Das ist ein Vorgang, der meines Erachtens kein Abbild der Qualität des Neugeschäftes ergibt, Punkt eins.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Weil – Entschuldigung, darf ich das kurz hinterfragen? – es ihnen gelungen ist, gerade sieben oder acht Fälle zu finden, die jetzt nicht repräsentativ wären?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Davon gehe ich aus, dass sozusagen tatsächlich gezielt nach Fällen gesucht wurde, in denen der Kreditprozess danebenlag, in denen die Entscheidungen danebenlagen. Und es war auch …

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Aber das waren doch Neugeschäfte! Entschuldigen Sie, das waren Neugeschäfte. (Auskunftsperson Edelmüller: Ja!) Dadurch dürften doch diese Fehler nicht mehr passieren!

Mag. Wolfgang Edelmüller: Bei vielen Tausenden Transaktionen, die Sie im Neugeschäft pro Jahr machen, passieren zweifellos Fehler.

Wir haben aber im Übrigen auf diesen Vorhalt der Kommission umfassend reagiert. Das müsste Ihnen auch vorliegen. Wir haben in einer Dokumentation, die, glaube ich, 170, 180 Seiten umfasst, eine gesamte Gegendarstellung zu diesen sieben, acht Fällen gemacht als Einleitung. Also wir haben aufgezeigt, woher das kommt. Das waren hauptsächlich dezentrale Fälle. Und wir haben gleichzeitig der Kommission vorgelegt, welche Qualität das Neugeschäft tatsächlich hat, und zwar nach entsprechenden analytischen Ansätzen, die in erster Linie Cost of Risk beinhaltet haben, also wie weit sich sozusagen die erwarteten Risikokosten verändert haben, wie sich die Ratingverteilung verändert hat. Und da ergibt sich ein ganz anderes Bild, nämlich dass das Neugeschäft der Hypo ab 2011 zweifellos in Ordnung war, in Ordnung in dem Sinne, indem es deutlich besser ist.

Wir haben das in der weiteren Folge zum Anlass genommen, um eine dauerhafte Neugeschäftsanalyse durchzuführen. Und schon 2011, 2012 konnte man feststellen, dass die Ausfallsraten im Neugeschäft deutlich gesenkt worden sind, und zwar jetzt nicht auf acht Fälle bezogen, sondern auf das gesamte Neugeschäftsportfolio; und diese Ausfallsratenanalyse ist auch permanent gemacht worden. Ich habe sogar verlangt, dass analysiert wird, inwieweit der Expected Loss, also die kurzfristige Ausfallserwartung, übereinstimmt mit den Wertberichtigungen, die für dieses Neugeschäft allokiert worden sind, und das lag im Grunde genommen in einem durchaus vertretbaren Bereich.

Die Risk-Earnings-Ratio, also das Verhältnis zwischen Zinsertrag oder Gesamtkundenertrag und Risikokostenaufwand ist konstant gesunken. Das heißt also: Das Geld, das ausgegeben werden musste, um anfallende Risken zu bedienen, ist konstant gesunken. Dazu gibt es eine Reihe von Studien, und zumindest diese Ausgangsstudie, die als Reaktion auf diesen Vorhalt erstellt worden ist, müsste Ihnen auch zur Verfügung stehen.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Dann gibt es aber noch den Vorwurf mit den Fremdwährungskrediten in Serbien, der lautet, dass da 66 Prozent dieser Kredite hochspekulativ wären. Was sagen Sie dazu?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das ist ein unhaltbarer Vorwurf. Wenn er … Ich höre das zum ersten Mal. Aber wenn er so gekommen ist, ist er unhaltbar. Aber ich habe schon vorhin gesagt: Serbien ist ein euroisierter Kreditmarkt. Das heißt, die Kreditnehmer in Serbien nehmen ihre Kredite zu 80, 85 Prozent – zumindest damals – in Euro auf. Und natürlich beinhaltet ein Fremdwährungskredit immer ein gewisses Spekulationsmoment. Wenn der Kreditnehmer nicht über entsprechende Fremdwährung verfügt, muss er zum Zeitpunkt der Fälligkeit Fremdwährung kaufen und hat daher ein entsprechendes Marktrisiko. Aber wir haben das …

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Aber auch die Bank! (Auskunftsperson Edelmüller: Bitte?) Aber auch die Bank! Wenn ein Kreditnehmer insolvent wird, dann hat das Problem am Ende des Tages die Bank.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Genau. Wenn dieses Marktrisiko zu einem Bonitätsrisiko wird, weil der dann sozusagen auch tatsächlich infolge der Veränderung der Währungsparitäten das nicht mehr zahlen kann, dann hat die Bank ein Problem.

Aber dieses Thema ist in Serbien auch regelmäßig überprüft worden vom lokalen Risikomanagement, und in den Reports an den Aufsichtsrat, wo ich als Präsident in Serbien ja drinnen saß, haben wir das auch regelmäßig besprochen. Das heißt, der Bonitätseinfluss dieses lokalen serbischen Eurorisikos war sehr überschaubar. Und das war kein Phänomen der Hypo. Die Eurokredite haben alle serbischen Banken, einschließlich der österreichischen Töchter anderer Banken, also der Töchter österreichischer Banken eingeräumt.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ja, aber das verstehe ich jetzt nicht ganz. Warum war das dort, wenn offensichtlich – Sie sagen das – fast alle Kredite in Serbien Eurokredite waren, dann am Ende des Tages doch keine Problemsituation für die Bank? Die Frage: Wieweit ist das schlagend geworden oder nicht?, haben wir da jetzt nicht beantwortet. Aber von der Risikoeinschätzung her muss das doch ein extremes Risiko gewesen sein. Oder haben – so quasi – die Kreditnehmer so viele Sicherheiten hinterlegt, dass es kein Risiko war? Welcher Art waren denn diese Sicherheiten?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also man kann nie sagen, dass es kein Risiko war. Ein Währungsrisiko ist immer ein Risiko. Aber das Ausmaß des Währungsrisikos aufgrund der Währungsvolatilität war so überschaubar, dass man das vertreten konnte und kein wirklich manifester Verlust daraus entstanden ist für die Bank.

Die Europäische Kommission hat das Währungsproblem sehr kritisch gesehen. Das ist gar keine Frage. Und sie hat dann auch in den Behavioural Measures ja diese Einschränkung getroffen, dass man keine Eurokredite mehr in Serbien machen darf, womit man sich mehr oder weniger aus dem Markt katapultiert hat. Also das ist eine Anordnung gewesen, die dann aber auch relativiert wurde. Das heißt, da wurden ganz bestimmte Prozentsätze festgelegt, innerhalb derer man sehr wohl Eurokredite machen konnte.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ich möchte aber trotzdem noch kurz fragen – weil Sie genickt haben bei der Frage der Sicherheiten –: Welcher Art waren denn diese Sicherheiten dieser Kreditnehmer?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also nachdem es im Wesentlichen in Serbien um das Retail-Geschäft gegangen ist, also um Wohnimmobilienkredite, waren die überwiegende Zahl im Retail-Geschäft natürlich Immobiliensicherheiten, also private Immobiliensicherheiten. Und im Corporate Business, also im Firmenkundengeschäft, waren es eine Vielzahl von Sicherheiten, die sich halt aus dem Vermögen des betreffenden Firmenkunden ergeben haben. Aber die … In unserer Credit Policy, also in unseren Kreditstandards, die wir auch permanent angepasst haben, haben wir auch Wert darauf gelegt, dass bonitätsabhängig die Besicherungsquoten entsprechend angepasst sind.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Jetzt war ja doch ein Problemgeschäft der Bank die Immobilienfinanzierung, wobei, ich würde einmal sagen, die Projektfinanzierung in erster Linie – weil zum Bau ist es ja vielfach dann gar nicht mehr gekommen –, im Zusammenhang auch mit Leasinggeschäften. Können Sie uns schildern, was denn eigentlich die wirklichen Probleme waren?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Bei diesen Altkrediten?

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ja, in der Aufarbeitung, weil ein Teil Ihrer Aufgabe war ja auch die Aufarbeitung der Vergangenheit.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja. Jetzt auf Serbien bezogen oder auf die Gruppe?

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ja, ich würde einmal sagen, auf den Balkan an sich bezogen.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das Grundproblem war zunächst einmal, dass das eine Vielzahl von sogenannten Cross-Border-Krediten waren. Also die wurden in der Holding, in der österreichischen Holding ausgereicht an Kreditnehmer oder Projektträger in Südosteuropa. Das ist einmal das eine, dass sozusagen die lokalen Banken teilweise diese Finanzierungen gar nicht getragen haben oder nur durch Ergänzungsfinanzierungen getragen haben. Das war das eine Problem.

Das zweite Problem ist, dass eine Vielzahl großer Projekte mit wenig Eigenmitteleinsatz bis gar keinem Eigenmitteleinsatz finanziert worden sind, dass man das Geschäft der Projektfinanz… Das ist an sich nichts Unlauteres, dass man Projekte finanziert, aber man muss das Geschäft der Projektfinanzierung beherrschen. Das heißt, man muss wissen, wie man ein Investitionsprojekt prüft, welche Eigenmittelerfordernisse vorhanden sein müssen, wie letzten Endes der Kredit überwacht, ausgenützt wird, sodass man genau weiß, wohin die Kreditmittel fließen und ob die widmungsgemäß verwendet werden.

Es gab das Problem, dass man nicht wusste, wie man solche Projekte als Sicherheit bewertet. Man hat eine Unzahl von Sachwertsicherheitengutachten erstellt, obwohl in Wirklichkeit bei solchen Projekten Ertragswertfeststellungen gemacht werden. Es war also in vieler Hinsicht insuffizient vom Zugang zur Projektfinanzierung, aber darüber hinaus auch teilweise exorbitant spekulativ, weil man gehofft hat, diesen mangelnden Eigenkapitaleinsatz in der Finanzierung durch den gewinnträchtigen Abverkauf von Nebenassets zu gewinnen – also ein Hotelprojekt, ausgestattet mit einer Appartementanlage, alles fremdfinanziert, und aus den Überschüssen der Appartementanlage oder von irgendwelchen Villen, die man dort hingestellt hat, hat man gehofft, letzten Endes eine ausgewogene Kapitalbasis herzustellen. Das ist reine Spekulation. So etwas macht man normalerweise nicht. Und die ist auch nicht aufgegangen.

Und wie das eben geplatzt ist, sind diese Projektfinanzierungen zur Gänze in sich zusammengebrochen. In der Phase des Zusammenbruchs hat man dann noch überflüssigerweise Nachfinanzierungen gemacht. Das heißt, man hat den Liquiditätsmangel noch durch Nachfinanzierungen kompensiert.

Das ist ein typisches, in der Ökonomie als Ponzi-Schema bekanntes Verhalten, dass man sozusagen im ewigen Glauben, dass der Markt nur nach oben geht, immer wieder Geld hineinpumpt bis am Ende alles …

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Also den Verlust nicht dann realisiert, wenn er vielleicht noch halbwegs tragbar wäre, sondern immer tiefer in die Situation hineinschlittert.

Jetzt haben Sie vorhin angesprochen – aber für mich noch nicht ausreichend erkennbar – die Aufarbeitung dieser Altfälle, und werden, glaube ich, auch zitiert mit der Aussage: Wir wären Idioten, wenn wir nicht alles zur Aufarbeitung tun würden. (Auskunftsperson Edelmüller: Das habe ich heute gesagt?) – Nein, das steht in einem Strategiepapier, glaube ich, drinnen. Wenn es Sie im Detail interessiert, kann ich es gerne vorlegen.

Ich will eigentlich nur fragen: Wie ist diese Aufarbeitung tatsächlich vorgenommen worden?; nämlich auch – was einer der Kollegen heute schon angesprochen hat – weil schon die Frage ist: Wie konnten Sie sicherstellen, dass bei dem, was Sie getan haben – und wenn Sie abverkauft haben –, dass es in die richtigen Hände gegangen ist, dass also nicht so quasi die früheren Nutznießer noch einmal daran verdient haben und die Bank so quasi zweimal auf denselben unredlichen Kunden hereingefallen ist? Wie konnten Sie das sicherstellen?

Sie haben, wenn ich Sie richtig verstanden habe, von Beratern gesprochen. Was genau haben diese Berater beraten, und was haben Sie gemacht, um hier diese Sicherheit zu haben?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, der CSI-Prozess, das CSI-Projekt, das ja im Wesentlichen die umfassende Aufarbeitung der Vergangenheit beinhaltet hat, hat ja vorgesehen, dass ab einem Wertberichtigungsniveau von einer Million jeder faule Kredit durch ein entsprechendes Rechtsgutachten anhand der Unterlagen, die dem beauftragten Anwalt übergeben worden sind, danach überprüft worden ist, was die Ursachen dieses Debakels sind – und zwar im konkreten Einzelfall.

Das hat sich summiert auf ungefähr tausend, tausendeinhundert Fälle – die Zahl weiß ich jetzt nicht mehr genau, aber so in dieser Größenordnung. Das hat vorgesehen, dass erstens einmal von der CSI ein Ausgangsgutachten erstellt wird, dass dort festgestellt wird, ob es Ansatzpunkte für Fehlverhalten der Organe oder der beteiligten Parteien an solchen Transaktionen gibt. Wenn das nicht der Fall war, wurde das ad acta gelegt.

Wenn sich Ansatzpunkte ergeben haben, dann wurde in einer zweiten Phase vertieft vom selben Anwalt – das heißt, er ist sozusagen den konkreten Anhaltspunkten nachgegangen. In einer dritten Phase wurden dann die Rechtsfolgen diskutiert und in Form einer Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft oder in Form eines Zivilprozesses, einer Schadenersatzklage, und dergleichen mehr eingeleitet.

Das heißt: Es gab aus der Aufarbeitung der Vergangenheit Hinweise darauf, was da in der Vergangenheit passiert ist, und natürlich konnte man diesen Berichten auch entnehmen, wer die wirtschaftlichen Eigentümer sind, wer das verursacht hat und dergleichen mehr – wobei ich dazusagen muss, dass so quasi für das Workout und für das Recovery-Ziel im Workout diese Berichte nicht wirklich alle brauchbar waren, da gab es teilweise zu wenig Anhaltspunkte. – Das ist das eine.

Das Zweite: Der Case-Manager, also der so einen Fall bearbeitet hat, hat auch ziemlich genau gewusst, wie die Historie dieses Falles ausschaut, und natürlich waren alle dazu angehalten, Restrukturierungskonzepte zu liefern, die nicht noch einmal die Verursacher sozusagen begünstigen, und das wurde rigoros durchgezogen.

Man darf aber nicht übersehen: Wenn Sie einen Kredit restrukturieren müssen, also sozusagen, wenn Sie bei einem bestehenden Kreditnehmer entsprechende Anpassungen vornehmen müssen, damit der Kredit einbringlich wird, kommen Sie vielfach an einem Forderungsverzicht nicht vorbei, das ist überall so.

Und die Frage, ob der betreffende Unternehmer, der Kreditnehmer ist, sich tatsächlich betrügerisch oder irgendwie gegenüber der Bank verhalten hat, wenn Sie das nicht exakt durchrecherchiert haben bis hin zur klagsfähigen Beweislage … Das haben Sie zum gegebenen Zeitpunkt vielfach nicht zur Verfügung gehabt.

Die Alternative wäre nur gewesen: Lassen wir die Restrukturierung, bilden wir Wertberichtigungen und übergeben wir das schlicht und ergreifend den Gerichten – und das ist wirtschaftlich nicht räsonabel.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Das heißt, dass in vielen Fällen sehr wohl die ursprünglichen Kreditnehmer so weit entschuldet wurden, dass ein Restkredit übriggeblieben ist, der dann bedient wurde? (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Mag. Wolfgang Edelmüller: Dass bei einer Reihe von Kreditnehmern bankübliche Restrukturierungsmaßnahmen getroffen worden sind, die indirekt natürlich den Kreditnehmern zugutegekommen sind, weil die Alternative vielfach dann nur die Insolvenz war … Und in der Insolvenz devaluieren Sie die gesamte Sicherheit und kriegen mit Sicherheit weniger Recovery, als wenn Sie going-concern versuchen, das zu restrukturieren. Dann muss man dazusagen, es ist ja nicht jeder Unternehmer, der in Schwierigkeiten kommt, schon als Defraudant zu identifizieren, sondern das ist halt in vielen Fällen ein Nebenaspekt gewesen, dass viele fraudulöse Aktionen gesetzt worden sind, insbesondere in der Projektfinanzierung.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Hatten Sie jemals das Gefühl bei Ihrer Aufarbeitungstätigkeit, dass das System hatte? (Auskunftsperson Edelmüller: Dass …?) – … dass das System hatte, so vorzugehen, nämlich aufseiten der Nachfrager, also der Kreditnehmer, aber das System vonseiten der Bank bedient wurde?

Mag. Wolfgang Edelmüller: In der Vergangenheit? (Abg. Jank: In der Vergangenheit, ja!) In der Vergangenheit, das wissen wir aus vielen Fällen, ist auf kriminelle Art und Weise finanziert worden, einschließlich von Kick-back-Maßnahmen, die dann über Liechtenstein gelaufen sind.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Ich bin leider am Ende meiner Befragungszeit. – Danke.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Zu dem Bereich werden wir vielleicht noch einmal zurückkommen. Als letztem Befrager obliegt mir, fürs Protokoll noch einmal ein paar Dinge zusammenzutragen. Offen gestanden deckt sich sehr vieles mit Kranebitter, nur finde ich nicht alles in den Akten und den öffentlichen Aussagen. Jetzt nehme ich einmal die Rolle ein, dass man, zumindest bis 2011/2012, Frau Bundesministerin Fekter nicht einer Vorurteilsgefahr aussetzt.

Die Aussage lautet ja, dass die Frage – ich beziehe mich auf die Notwendigkeit einer Bad Bank –vom Management erkannt wurde. Das ist sachlich sehr plausibel. Ich würde jetzt nur ein paar Spuren sicherstellen, die Beweise ergeben könnten, wann das Kabinett der Frau Bundesministerin und die Frau Bundesministerin von diesem Ganzen informiert wurden.

Jetzt haben Sie gesagt, spätestens Anfang 2011, Jänner, hat es dann klare Hinweise gegeben, als man sich da in der Bank einmal ein genaueres Bild verschaffte, dass Teile des ganzen Portfolios am besten wohl in eine Bad Bank zu manövrieren wären – und zwar in eine echte und nicht ihre eigene Notlösung dann.

Die Frage ist aber: Was können Sie dem Ausschuss sagen – Kranebitter wird ohnehin noch einmal kommen –, Ihrer Wahrnehmung nach, wann und auf welchem Wege die Frau Bundesministerin oder ihr Kabinett – das war ja damals noch Höllerer, sehr lang eigentlich noch – informiert wurden?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also, ich habe ja in meiner Einleitung auch gesagt, dass es diese vier Anläufe gegeben hat.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Genau, auf die wollte ich kommen.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Aber das soll nicht heißen, es hat vier Anläufe bei der Frau Bundesministerin gegeben …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Schildern Sie das einmal!

Mag. Wolfgang Edelmüller: … um sie mit einem Konzept zu konfrontieren. Der erste Anlauf im Jahr 2010 war ein interner Versuch, allerdings mit Kommunikation ins Ministerium, aber Beamtenebene, und da kann ich heute ... (Abg. Kogler: Beamte!) Ja. (Abg. Kogler: Wie Lejsek und Peschorn!) Genau. Da kann ich heute nicht sagen, ob das sozusagen ins Kabinett weitergetragen worden ist und ob die Frau Bundesminister – oder der Herr Bundesminister war ja das damals noch – davon konkret gewusst hat.

Im Jahr 2011, aufgrund des Ergebnisses aus Review Rush und Due Diligence wurden ernsthafte Überlegungen darüber angestellt, wie eine wirkliche Bad Bank ausschauen könnte. Man hat sich in concreto – meiner Erinnerung nach Gottwald Kranebitter und Rainer Sichert – bei deutschen Modellen, insbesondere bei der Real Estate[8] und bei der WestLB, kundig gemacht, wie die dortigen Bad Banks konstruiert worden sind, hat daraufhin in einem eigenen Papier, ich glaube, das war so September 2011, auf die Hypo angepasste Bad-Bank-Überlegungen angestellt.

Das wurde auch dem Aufsichtsrat berichtet, sage ich jetzt einmal. Das ist meiner Erinnerung nach ziemlich gesichert, wurde im Aufsichtsrat teilweise durchaus kritisch reflektiert und diskutiert. Der Aufsichtsrat war nicht von vornherein überzeugt, dass man das schon einführen sollte, und es ist auf irgendeinem ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Können Sie noch einmal sagen, wo sich Kranebitter erkundigt hat? Deutsche Modelle und was war das Zweite, ich war unaufmerksam.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Commercial Real Estate[9] war eines, und die WestLB war das zweite Modell.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, okay, danke. Dexia haben Sie sich nicht erkundigt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein, also die Erkundigungen in Deutschland sind durch einen Besuch des jeweiligen Bad-Bank-Managements erfolgt, also nicht durch das Studium von Dokumenten oder Unterlagen.

Dass dieses Bad-Bank-Konzept 2011 im Ministerium bekannt war, davon gehe ich aus, kann das aber jetzt nicht auf den Informationsfluss exakt festlegen, der zum damaligen Zeitpunkt ins Ministerium geführt hat, aber es hat, glaube ich, einige Anhaltspunkte gegeben, dass man informiert war.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Was sind das für Anhaltspunkte?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Es wird im Schriftverkehr zwischen dem Ministerium und der Bank darauf hingewiesen, dass sie ja jetzt auch an einem Bad-Bank-Konzept arbeiten, da gibt es irgendwelchen Schriftverkehr ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das Ministerium selber schon? Ihr, also Sie, Vorstand, ihr arbeitet eh schon an einem Bad-Bank-Konzept? (Auskunftsperson Edelmüller: Genau!)

Ja, aber oft waren dann ja noch Szenarien im Spiel. Was hat zu diesem Zeitpunkt das Bad-Bank-Szenario für eine Rolle gespielt? – denn 2010 war es ja irgendwie noch so: Na ja eh, aber eigentlich haben wir was anderes vor!

Mag. Wolfgang Edelmüller: 2010 haben wir ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wann war dieser Einschätzung nach aus Unterlagen, die ich jetzt noch nicht alle durchstöbert habe, dann erkennbar, dass das Ministerium wissen musste: Bad Bank ist aus Sicht des Vorstands eigentlich – zumindest für gröbere Teile des Portfolios – eine der Hauptvarianten und ein echtes Anliegen (Auskunftsperson Edelmüller: Genau!) und fortgesetzt eine Notwendigkeit? Bald einmal später sagen Sie ja: unabdingbar notwendig.

Nur, was uns nicht klar ist, ist, wann das Ministerium was verstanden hat. Wir wissen bis heute nicht, ob die jemals alles verstanden haben, aber ich will hier nicht vorverurteilen, deshalb frage ich ja.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ab 2011 wusste das Ministerium, dass wir daran arbeiten, ab 2012 hat es das Ministerium aktiv eingefordert, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass am 1.9.2011 der Vorbescheid aus der Joint Assessment and Decision Procedure, also aus diesem JRAD, erfolgt ist, mit einer ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das war schon im Jänner 2011, oder?

Mag. Wolfgang Edelmüller: 1.9.2011 war der Vorbescheid zu diesem Prozess, war klar, dass mit einer Kapitalmaßnahme Ende 2012 zu rechnen ist, und dass natürlich eine Bad Bank eine Möglichkeit ist, dagegenzuhalten, aber nicht nur eine Bad Bank, sondern auch Sicherheiten- Wertegarantie[10] und andere Instrumente.

Also meines Erachtens war das Ministerium über die Aktivitäten zur Bad Bank und zu diesen Zielstrukturen, die wir damals diskutiert haben, ab 2011 informiert, und ab Anfang 2012, insbesondere nach dem offiziellen JRAD-Bescheid – der, glaube ich, im Jänner 2012 erfolgt ist, nach längerer Diskussion mit der FMA –, ab Anfang 2012 hat es auch eine aktive Anforderung des Ministeriums zu diesem Thema gegeben. In diesem Zusammenhang sind dann wiederum entsprechende Varianten diskutiert worden und dem Ministerium – ich war da, glaube ich, nicht dabei, aber ich weiß das aus den Berichten im Vorstand – vorgelegt worden. Und die Reaktion aus dieser Aktivität 2012 war letzten Endes, dass man sich im Ministerium gegen diese Variante entschieden hat.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Da hat es einmal eine Entscheidung gegeben. – Okay, aber zuerst einmal noch 2011: Hat Kranebitter das im Vorstand berichtet?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich denke schon, aber ich kann Ihnen das ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wer waren denn seine Ansprech…? Sie selber waren ja nicht in der ersten Rolle, das ist ja logisch. Wir haben Spuren in Richtung Zotter, der offensichtlich dann Kabinettschef Fekter war, und immer noch Höllerer, der noch da war, bis Mitte 2012 mindestens. Und die Frau Fekter ist unseren Aufzeichnungen nach das erste Mal von Kranebitter überhaupt erst am 27.11.2011 kontaktiert worden. Und am 28.11. schreibt er der Frau Fekter einen Brief.

Der ist sehr freundlich gehalten, das ehrt alle Beteiligten, aber man kann da überhaupt keine Inten… Es sind alle möglichen Anliegen formuliert – ich kann Ihnen den bringen lassen –, aber überhaupt kein Hinweis darauf, was man Richtung Abbaueinheit, Bad Bank auch nur in Teilen lesen könnte.

Wie hat Kranebitter den Vorstand da informiert, was ab Anfang 2011 alles schon passiert wäre? – denn auf diesen Widerspruch hat ja – da setze ich ja auf – Kollege Abgeordneter Hable auch schon hingewiesen. Also ich nehme das ja durchaus ernst, was Sie und Kranebitter sagen, nur muss sich das mit der Aktenlage decken, und wir finden eigentlich keine besonderen Alarm-, Hilfeschreie von Ihnen, also Ihrem Vorstand, Richtung Ministerium, noch nicht einmal Ende 2011.

Ich meine, die Frau Fekter bedarf nicht meines Schutzes, aber so viel Seriosität muss sein.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, ich verstehe schon, aber es ist durchaus vorstellbar, dass – aber das ist jetzt nicht meine Wahrnehmung, sondern eine Schlussfolgerung eigentlich –, nachdem wir im Aufsichtsrat, soweit ich mich erinnere, 2011 dieses Thema diskutiert hatten und der Aufsichtsrat selber zu diesem Zeitpunkt die Bad Bank noch nicht als Priorität gesehen hat, das natürlich in den Gesprächen, die dann mit der Frau Bundesministerin geführt wurden – Gottwald Kranebitter hatte da offenbar einen Termin – noch keine Rolle gespielt hat, weil man sozusagen nicht gegen den Aufsichtsrat und die Meinung im Aufsichtsrat die oberste Eigentümerin informieren wollte. (Abg. Kogler: Den werden wir befragen!)

Das ist jetzt eine Schlussfolgerung, die ich daraus ziehe, aber es ist nicht viel Zeit ins Land gezogen, dass vor dem Hintergrund des JRAD-Bescheids und des Kapitalbedarfs, den der impliziert, diese Überlegungen auch aktiv vom Ministerium, soviel ich weiß, eingefordert wurden. Und das Konzept, das 2007 dann entwickelt worden ist, ab, glaube ich, März oder April, war dann schon sozusagen unterstützt, auch vom Aufsichtsrat, und den betreffenden Stellen im BMF vorgelegt worden.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber wie hat sich der Aufsichtsrat in der Entwicklung des Jahres 2011 zu diesen Gedanken gestellt? Kranebitter und Sie verfolgen schon das Bad-Bank-Konzept – was sagt der Aufsichtsrat?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Der Aufsichtsrat sagt, das ist verfrüht. Im Herbst 2011, glaube ich, sagt der Aufsichtsrat, wenn ich mich richtig erinnere, das ist verfrüht, das ist nicht die Priorität im Moment, wir sollen eher darauf schauen, dass wir im Verkauf, also im Abbau der Non-Performing Loans und in der Privatisierung – damals waren die Privatisierungsprozesse für die österreichische Bank und für die italienische Bank bereits eingeleitet –, dass wir dort Erfolge vorweisen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Okay, das deckt sich mit Ihrem Erklärungsversuch, warum Kranebitter am 27.11. und am 28.11. dann noch verschriftlicht den Druck bei der Frau Ministerin in diese Richtung gar nicht als erstes Anliegen formuliert hat – weil ja da der Aufsichtsrat noch gar nicht dabei war.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Der war noch nicht ... (Abg. Kogler: An Bord!) Der war noch nicht an Bord.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Na bitte, da haben wir schon ein bisschen was. 2012 dreht sich das, dann hat es aber eine Entscheidung gegeben, und das Ministerium hat dann aber explizit zum Ausdruck gebracht: Nein, keine Bad-Bank-Lösung. (Auskunftsperson Edelmüller: Genau!) Wie war das, was haben Sie da für Wahrnehmungen? Wer hat hier wo, wie, mit wem, gegen wen agiert? Der Aufsichtsrat war mittlerweile an Bord, machen wir das einmal fertig.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Der Aufsichtsrat war an Bord und hat das unterstützt, die Wahrnehmung war … Also, ich bin überzeugt, es hat auch eine Kommunikation, eine offizielle Kommunikation zwischen dem BMF und dem CEO, also Gottwald Kranebitter, gegeben, ich kann aber jetzt nicht sagen, in welcher Form die Kommunikation stattgefunden hat. Es war aber aus den öffentlichen Äußerungen der Frau Bundesministerin ziemlich eindeutig und klar erkennbar, dass das nicht der Weg sein soll, den wir sozusagen weiterverfolgen. Es gab Pressemeldungen, wo sie auch dezidiert ausgeschlossen hat, dass es sozusagen eine Bad Bank geben sollte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber wann genau vermuten Sie den Entscheidungszeitpunkt im Ministerium? (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Mag. Wolfgang Edelmüller: Dem müsste man jetzt in den Medienberichten nachgehen, da gibt es einen „Kurier“-Artikel oder so etwas, wo das ausgeschlossen wurde.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja ja, aber selber können Sie es jetzt nicht nachvollziehen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also wann das jetzt …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Na weil wir haben da die Kranebitter-Eintragungen bei der Frau Fekter, eigentlich nur zweimal im Herbst, 2011 und 2012, dann sind sie ab 17.10.2012 dicht und intensiv, aber bis dorthin sind eigentlich nur zwei, das war der Kalender von der Frau Fekter, glaube ich, in unseren Quellen. Das würde sich ja decken mit dem, dass da am 17.10.2012 einmal klar war – also Fekter, Peschorn, Krakow und andere –, dass jetzt kein Bad-Bank-Weg mehr möglich ist. Ich meine, unabhängig von den Medienberichten. (Auskunftsperson Edelmüller: Ja!)

Das würde sich auch mit dem decken, dass Sie ja selber seitens des Vorstands aktiv wurden – da habe ich nämlich persönlich eine Erinnerung – und einzelne Finanzpolitikerinnen und -politiker aufgesucht haben, um zu informieren, wie der Stand ist, und ich kann mich da an ein sehr kompetentes von Ihnen geführtes Gespräch erinnern, wo Sie auf die Umstände hingewiesen und sozusagen einmal alle informiert haben. Das ist ja in Ordnung. Wir müssen annehmen, dass im Sommer/Frühherbst 2012 im Ministerium, unabhängig von Medienspekulationen, jetzt diese Entscheidung gefallen ist: keine Bad Bank. 

Mag. Wolfgang Edelmüller: So ist es, ja. Aber wir haben sozusagen den Kampf nicht ganz aufgegeben gehabt, wir haben eben Anfang 2013 auf Basis eines Informationspapiers noch einmal versucht, das aufzugreifen, aber da kam uns dann die Europäische Kommission dazwischen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wie erklären Sie sich, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats ja lange Zeit, vor allem öffentlich, bis Anfang 2012 immer davon gesprochen hat, dass der Turnaround im Ergebnis – da meint er ja die Ertragssituation, schon 2011 hat er davon geredet – 2011 erreicht werden würde, und 2012 wird überhaupt schon ein Gewinn in Aussicht genommen. Und 2012 sagt er dann am Anfang aber immer noch: Geht sich alles aus! Kranebitter nicht unähnlich.

War das Taktik in der Öffentlichkeit, oder wie soll man das interpretieren?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, Taktik, glaube ich, war es nicht. Es ist ein Faktum, dass die Bilanz 2012 noch einigermaßen ausgeglichen war, aber man muss auch genau hinschauen und genau hineinschauen. Dieses ausgeglichene Ergebnis ist nämlich durch eine Vielzahl von Sondermaßnahmen dargestellt worden, insbesondere mit erheblichen Beiträgen, die aus der sogenannten Fair Value Option gekommen sind, also einer Neubewertung oder einer Bewertungsanpassung der Passivseite aufgrund des Zinskurvenverlaufs, was nach IFRS möglich ist und auch alle anderen Banken gemacht haben.

Auf der Risikoseite kann ich nur sagen, dass wir zwar 2011[11] einen ganz schockartigen Wertberichtigungszuwachs aufgrund unserer Untersuchungen verbuchen mussten, dass wir aber 2011 und 2012 auch noch Bruttozuführungen von 700 Millionen gehabt haben, also Wertberichtigungen auf einem Niveau, das für eine normalisierte Bank ganz einfach zu hoch ist. Also Ertragsturnaround im eigentlichen Sinne bereits 2012 muss man unter dem Aspekt der Sondereffekte sehen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wenn wir jetzt auf diese Bilanzentwicklungen kommen, gerade Sie als Risikovorstand: Wie haben Sie das im Einzelfall – das ist ja zum Teil jetzt schon gefragt worden, aber quasi von unten nach oben gerechnet – dargestellt? Und jetzt will ich genau auf das hin: Bad Bank existiert versus Bad Bank existiert nicht. Der Konflikt mit der CSI, den führe ich da gar nicht aus, denn das ist ja bekannt, wie das auseinandergegangen ist, aus zwei verschiedenen Sichtweisen – niemand ist böse, nehmen wir das jetzt an. Und die CSI sagt: möglichst viel verfolgen, nicht vergleichen, wir müssen alles eintreiben. Dann haben wir noch die Rechtssysteme in den entsprechenden Ländern, da geht auch nichts weiter, und jetzt die Frage: Wie hätte sich das unterschiedlich dargestellt?

Angenommen, wir hätten schon eine Bad Bank gehabt: Wären dann nicht die beiden Ansätze besser vereinbar gewesen, möglichst umfänglich und tief zu verfolgen, weil man ja mehr Zeit gehabt hätte, den Zeitdruck nicht haben hätte müssen, nicht einmal von der Union. Und anders, jetzt keine Bad Bank: Der Zeitdruck ist da, man vergleicht sich, dann kann man wenigstens erstens die Summen runterfahren. Zweitens: Für das, wo man etwas kriegt, kriegt man was, et cetera et cetera.

Können Sie diesem Ausschuss ein bisschen schildern, wo da das Dilemma ist, dass keine Bad Bank frühzeitig installiert wurde, mit dem gleichzeitigen Druck der Union, aber auch der hauseigenen CSI, die sagt: Nein, das geht so jetzt nicht! – Das scheint mir ja das Kerndilemma.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Die Diskussion, die es in CSI gegeben hat – ich habe das auch versucht, einleitend kurz zusammenzufassen –, war natürlich: umfassende Aufarbeitung der Vergangenheit. Jetzt nicht als Strategie, das kann ja nicht die Strategie einer Bank sein, sondern um eben auch wirklich aufzuklären, was da in der Vergangenheit passiert ist. Das ist meines Erachtens ein durchaus legitimer Ansatz, allerdings wenn so ein Ansatz eine kommerzielle Bankenstrategie überlagert, dann wird das ziemlich problematisch, denn in der Realität des Abbaus toxischer Assets muss man genau wissen, welche Assets – und das ist jetzt unabhängig davon, ob man eine Bad Bank hat oder keine Bad Bank hat – auch tatsächlich vermarktungsfähig sind. Für welche Assets gibt es einen Markt und kann man Käufer finden? Und wenn man Käufer hat für solche Assets, dann muss man sozusagen auch zuschlagen, oder wenn man der Meinung ist, dass man keinen ausreichenden Preis bekommt, dann muss man es lassen, und in der Zukunft versuchen, dieses Asset – unter Umständen ertüchtigt – zu verkaufen.

Also dieser Widerspruch zwischen den Intentionen von CSI und den Intentionen eines raschen Asset-Abbaus, der war – wenn Sie so wollen – gewissermaßen inhärent. Ich glaube nicht, dass man in einer Bad Bank unendlich hätte prüfen können, wie man die Assets abbaut, sondern eine Bad Bank braucht einen Abwicklungsplan, der Abwicklungsplan muss sich an Asset-Kategorien orientieren. Eine eingezogene Lkw-Flotte kann ich nicht drei Jahre auf Halde stellen, sondern die muss ich rasch verkaufen, ein unbebautes Grundstück am Stadtrand von Zagreb, um ein Beispiel zu nennen, kann ich sieben, acht Jahre – bei günstiger Refinanzierung – am Buch halten und abwarten, ob sich sozusagen eine Development-Chance ergibt.

Also das braucht eine Bad Bank unbedingt, und ich glaube, auch in einer Bad Bank muss irgendwann die Untersuchung über die Vergangenheit ein Ende haben, weil man ja abbauen muss. Zum Zeitpunkt des Verkaufs müssen die Dinge umgesetzt werden, und wenn da nicht alles in allen Details recherchiert ist und möglicherweise auch über entsprechende Klagen bei den Gerichten endgültig entschieden ist, dann muss man trotzdem verkaufen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber die Behauptung lautet ja immer, und die scheint mir plausibel zu sein – ich bin ja auch nicht nur Bad-Bank-Fan –, dass im nichtregulierten Bereich, auch wenn es da Fristen, Spannen gibt, die Suche des optimalen Zeitpunkts eben doch besser stattfinden kann.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja eben.

So, der nächste Punkt in dem Kontext ist die Eigenkapitalunterlegungsfrage. Sie, Ihr Vorstand haben ja öfter in der Öffentlichkeit Zahlen kolportiert, was man sich da, natürlich nur „zunächst“ – unter Anführungszeichen –, erspart hätte. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) Aber können Sie dem Ausschuss die Entwicklung 2011, 2012, 2013 schildern, was da jeweils einmal der kurzfristige Vorteil von weniger Eigenkapitalunterlegung gewesen wäre, aus den Finanzdaten, die Ihnen ja bewusst sind?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, kann man. Wir haben das auch im Rahmen der Risikotragfähigkeitsrechnung kontinuierlich analysiert. Und der Umfang, den man sozusagen nicht Kapital einschießen hätte müssen, hat sich so ungefähr auf 1 Milliarde bezogen, unter der Voraussetzung, dass man tatsächlich in dem Brush-Zustand, wenn ich das vielleicht noch hinzufügen darf, also in dem Portfoliobereinigungszustand, der ab Herbst 2011 in entsprechenden Carve-Outs, also Asset-Carve-Outs, in den internen Abbaubereich erfolgt ist, wenn man in diesem Brush-Zustand die Kapitalerfordernisse nach JRAD-Methodik und -Bescheid berechnet hätte, dann hätte man bei einer existenten Bad Bank so schätzungsweise 1 Milliarde noch nicht einschießen müssen. Es ist eine andere Frage, welche Verluste dann im Abwicklungsfall tatsächlich eingetreten wären. (Abg. Kogler: Also Sie bestätigen die Zahlen, die öffentlich propagiert wurden!)

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Herr Mag. Edelmüller! Im Sinne der Transparenz sind zu Beginn schon vielfach die Restrukturierung von Krediten, Abbau von Non-Performing Loans und so weiter, also faktisch faule Kredite oder Kredite, die nicht bedient werden, erwähnt worden. Und da – vielleicht etwas ein bisschen Nebuloses – den Liveticker ja nicht nur Expertinnen und Experten lesen, können Sie uns nur ganz kurz schildern, vereinfacht dargestellt, was diese NPLs, also diese Non-Performing Loans, sind?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Es gibt nach Basel II, das ist sozusagen der Regulierungsrahmen für die Kreditwirtschaft, klare Definitionen, wann ein Kredit als Non-Performing Loan oder als ausfallsbedrohter Kredit zu betrachten ist. Da gibt es das Kriterium der Zahlungsverzugsdauer. Wenn ein Kredit Zahlungsverzüge aus Zinszahlungen oder Tilgungsraten von mehr als 90 Tagen hat, muss er nach dem Basel II Reglement als ausgefallen betrachtet werden.

Man muss das aber so verstehen, dass es, wenn dieser Kredit dann als ausgefallener oder fauler Kredit behandelt wird, auch noch die Möglichkeit der sogenannten Wohlverhaltensperiode gibt. Also wenn der Kredit restrukturiert worden ist und sich der Kreditnehmer dann innerhalb einer bestimmten Periode, die drei bis sechs Monate dauern kann, je nach Region, wohlverhält, wieder bedient wird, dann kann er remigriert werden, also aus dem faulen Bereich wieder zurück in den performanten Bereich geschoben werden. Das ist das eine Kriterium, das sich also sehr maßgeblich an der Zahlungsverzugsperiode orientiert.

Das zweite Kriterium ist, dass sich im Zuge der Bonitätsanalyse oder im Zuge der Überwachung, die ja nichts anderes als eine permanente Erneuerung der Grundlagen der Bonitätsanalyse ist, feststellen lässt, dass die Rückzahlung des Kredites in der Zukunft gefährdet sein könnte, weil es beispielsweise Liquiditätsanspannungen gibt und man aufgrund der Liquiditätsindikatoren sehen kann, dass das Unternehmen in Richtung Illiquidität abdriftet. Auch dann, obwohl es in Ihrem Engagement noch keinen Zahlungsverzug gibt, sind Sie verpflichtet, dieses Exposure als non-performant zu stellen oder zumindest in der ersten Phase auf die Watchlist zu setzen, also auf eine Beobachtungsliste, wo ganz genau beobachtet wird, wie sich das Unternehmen entwickelt und welche Maßnahmen man setzt, um letzten Endes das Exposure zu reduzieren und damit das Risiko zu reduzieren.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Herzlichen Dank dafür.

Es ist heute schon viel beleuchtet worden in sämtlichen Bereichen und Phasen, aber was mir bis jetzt in der Erläuterung noch ein bisschen gefehlt hat, war, welche Rolle die enormen Landeshaftungen – um auf den Ursprung allen Übels zurückzukommen, wie ich sie nennen darf – in der Entscheidungsgrundlage für den Umstrukturierungsplan beziehungsweise den Restrukturierungsplan in Ihrer Wahrnehmung gespielt haben.

Mag. Wolfgang Edelmüller: In der Entscheidungsfindung über Good Bank, Bad Bank, oder …?

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Genau, insgesamt im Prozess, im weiteren laufenden Prozess für die Entscheidungsfindung. Welche Rolle haben diese Landeshaftungen, die ja bestanden haben, Ihrer Wahrnehmung nach gespielt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Naja, also das Ziel … Die Landeshaftungen waren ja, nachdem dieses Modell einmal gewählt worden ist, essenziell, um den Refinanzierungsbestand überhaupt aufrechtzuerhalten. Die betreffenden Einzelrefinanzierungstranchen sind zu bestimmten Zeiten abgelaufen und mussten daher auch zurückgeführt werden, weil es ja schlicht und ergreifend keine neuen Landeshaftungen gegeben hat. Also die Insuffizienz dieses Modells ergibt sich ja schon daraus, dass das irgendwann unabhängig von Entscheidungen, die die Europäische Kommission getroffen hat, durch die Befristung der betreffenden Finanzierunginstrumente ausgelaufen ist und man dann eine Refinanzierung aufstellen muss. Da das aber eben nur unter Landeshaftung im Markt seinerzeit akzeptiert worden ist, wäre ja auch eine gewaltige Refinanzierungslücke entstanden.

Das heißt also: Das Thema war auf der Liquiditätsseite ein entscheidendes Thema. Es sind so ungefähr 2 bis 2,5 Milliarden landesbehaftete Refinanzierungsinstrumente fällig geworden in den Jahren 14, 15, 16, 17 – 17, glaube ich, ein großer Anteil –, und das musste man refinanzieren können.

Die Eigenliquidität der Bank war relativ gut gesichert, aber der Zwang, Liquidität abzusichern und hereinzubekommen, auch durch den Asset-Abbau, war vergleichsweise groß, und daher war das natürlich ein permanentes Damoklesschwert über der Bank.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Das permanente Damoklesschwert war natürlich dadurch gegeben – wie Sie es schon erwähnt haben –, dass diese Haftungen im Hintergrund bestehend immer da waren, unabhängig davon, bei welcher Gebietskörperschaft sich die Hypo befunden hat, wenn man das jetzt so nennen darf.

Das heißt – vereinfacht gesagt –, das war in etwa so, als würde ich Ihnen meinen Pkw verkaufen und gleichzeitig den Hinweis hinzufügen: Für einen Schaden in der Höhe einer Summe von XY würde ich aufkommen, und da haben Sie kein Problem.

Ist das vereinfacht so zu sehen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Naja, ist ein Vergleich. Ja.

Abgeordneter Michael Ehmann (SPÖ): Okay. Danke, keine Fragen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Mag. Edelmüller! Können Sie ausschließen, dass es während Ihrer Tätigkeit in der Hypo Sorgfaltspflichtverletzungen gegeben hat, von Ihnen, dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Natürlich, ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Für sich können Sie es ausschließen, für den Vorstand können Sie es ausschließen, für Sonstige und auch für den Aufsichtsrat?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Gut.

Um auf dieses Thema zurückzukommen: Man hat in der letzten Aufsichtsratssitzung vor der Verstaatlichung im Aufsichtsrat einen entsprechenden Beschluss gefasst, dass gegen das Management, in der Zeit, als speziell der Herr Pinkl tätig war, speziell in Bezug auf das Asset Screening und dann den Abschreibungsbedarf 2009, eine Sonderprüfung der Hypo stattfinden soll. Ist Ihnen das bekannt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Gestern hat das nämlich die Auskunftsperson Megymorez gesagt, dass dann in weiterer Folge diese Sonderprüfung nicht stattgefunden hat, weil der Herr Peschorn angerufen und gesagt hätte: Das machen wir jetzt selbst.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Keine Wahrnehmung zu diesem Thema, ganz offen gestanden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also als Vorstand der Bank müssten Sie es ja wissen, denn dann hätten Sie ja die Aufgabe gehabt, diese Sonderprüfung auch durchzuführen in Ihrer Zeit, ab 2010. Davon gehe ich aus. Es war der Beschluss, in der 91. Aufsichtsratssitzung, ein externes Rechtsanwaltsbüros zu beauftragen, diese Sonderprüfung durchzuführen, mit einem klaren Prüfungsauftrag: Aufgaben und Arbeit des Vorstandes in dieser Phase. Das ist aber dann nicht passiert in Ihrer Zeit.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also wenn das nicht integriert gewesen ist in die CSI Hypo, was ich jetzt nicht weiß, und ich kann mich auch nicht daran erinnern, dann … Mir ist ein Sonderprüfungsauftrag für diese Periode nicht geläufig. Geprüft wurde aber viel in der weiteren Folge, natürlich.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wir mutmaßen jetzt auch, dass dann vielleicht die CSI diese Aufgabe übernommen hätte. Aber wenn ein Aufsichtsrat in einer Aufsichtsratssitzung, eben im Dezember 2009, etwas beschließt, sollte das Unternehmen das umsetzen, außer der Eigentümer entscheidet es anders. Oder sehe ich das anders?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Oder der Aufsichtsrat ... Also wenn der Aufsichtsrat es beschließt, dann muss er auch den Sonderprüfungsauftrag effektuieren, das heißt, er muss ihn erteilen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Genau, das ist dann aber nicht passiert.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Mir ist nicht erinnerlich, dass ein Sonderprüfungsauftrag … Mir ist das jedenfalls nicht erinnerlich.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dann kommen wir zur CSI, die Sie jetzt erwähnt haben, zur Zusammenarbeit mit der CSI und auch Ihren Tätigkeiten. Sie haben heute schon erwähnt, über 1 100 Fälle sind aufgerollt worden. Man hat Rechtsanwälte damit beschäftigt, Erstberichte zu schreiben. Dann hat derselbe Rechtsanwalt den nächsten Bericht geschrieben oder das weiterverfolgt – das ist eigentlich auch schon einmal hinterfragenswürdig für mich, denn damit kann sich der Rechtsanwalt gut auch selbst beschäftigen, nämlich dann, wenn der erste Bericht dementsprechend gut ausfällt, dass er weiter recherchieren kann. Aber es ist offensichtlich so passiert.

Wie haben sich der Aufsichtsrat und der Vorstand mit dieser CSI befasst? Es hat sich ja aus den vorherigen Fragen, auch von Herrn Kollegen Kogler, ergeben, dass es doch nicht friktionsfrei war und Sie in Ihrer Arbeit doch auch behindert worden sind durch diese CSI-Gruppe. Können Sie uns dazu etwas sagen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also als Risikovorstand war ich zunächst einmal bis November 2010 in das CSI-Thema nicht involviert, ich war auch nicht im Lenkungsausschuss. Ab diesem Zeitpunkt war ich auch im Lenkungsausschuss, aber ich war natürlich aufgrund des Faktums, dass ja das Prüfungsportfolio von CSI im überwiegenden Umfang Kredit- und Leasingfälle betroffen hat, natürlich auch ziemlich gut informiert, was dort passiert.

Der Ansatz, der gewählt worden ist, war eben der, dass man gesagt hat, ab einem bestimmten Wertberichtigungsniveau in bestimmten Regionen – das betraf die Holding, Österreich und Kroatien, wenn ich mich richtig erinnere – wird man das in diesem Stil aufarbeiten. Das hat man auch aufgesetzt, organisiert. Die Untersuchungsaufträge sind vergeben worden. Die Akten, die notwendig waren, sind in Datenräume eingeliefert worden. Das ist so quasi in diesem Stil angelaufen.

Das Konfliktpotenzial, wenn man es jetzt auf die sachliche Ebene bringt, das jetzt in diesem Einzelfall-Prüfungsprozess entstanden ist, ist, dass CSI erwartet hätte, dass jeder einzelne Fall, der in den Bereichen von Restrukturierung und Workout behandelt wird und der ein Verdachtsfall ist, also parallel von einem Anwalt untersucht wird, dass die Restrukturierungsmaßnahmen vollumfänglich und rechtzeitig diesem CSI-Lenkungsausschuss vorgelegt werden, dort allenfalls diskutiert werden und, falls irgendwelche Entscheidungen erforderlich sind, diese Entscheidungen auch in diesem CSI-Lenkungsausschuss getroffen werden – ohne dass es sich um Kreditentscheidungen handelt, denn die sind natürlich in ganz anderen Gremien unter der Verantwortung des Vorstandes zu treffen gewesen, aber eben jene Entscheidungen, wo es um die inkriminierten Sachverhalte und Tatbestände gegangen ist, um beispielsweise zu sagen: Es macht keinen Sinn, das weiter zu verfolgen, oder man stellt das ein oder man vertieft das. – Das hat nicht funktioniert, ganz offen gesagt.

Die Case-Manager, die die Aufgabe hatten, diese Fälle kreditordnungsmäßig zu behandeln und entsprechend zu restrukturieren, haben auch nicht gewusst, was sie dorthin berichten sollen. Und wenn wir angetreten sind mit einer Liste von Fällen, haben wir keine Entscheidungen bekommen. Und das Problem war wirklich, dass im Workout eben Transaktionen angestanden sind, als wir in den Kreditkomitees, im Vorstand, im Aufsichtsrat Entscheidungen getroffen haben, dass wir jetzt ein bestimmtes Asset verkaufen. Wir wussten, dass das ein inkriminiertes Asset ist, und hätten daher entsprechende Entscheidungen benötigt, und die haben wir dann teilweise nicht bekommen.

Daraufhin hat der Vorstand – ich habe also viele Fälle – gesagt, wir müssen das entscheiden, ich will diese Wertberichtigungsauflösung sehen. Und das hat natürlich in der Interaktion zwischen Lenkungsausschuss …

Vorsitzende-Vertreter Ing. Nobert Hofer: Herr Magister! Ich muss Sie kurz unterbrechen, weil ich die Verpflichtung habe, darauf hinzuweisen, dass die Befragungsdauer gemäß § 37 Abs. 4 Verfahrensordnung bereits über drei Stunden beträgt. Die Befragung soll ja grundsätzlich eine Dauer von drei Stunden nicht überschreiten. Ich weise darauf hin, dass ich die Befragung nach längstens vier Stunden jedenfalls zu beenden habe. – Bitte, Herr Magister.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also sozusagen, das war ein Problem: Wie kommt man zu dem Assessment, sagen wir das einmal so, des Lenkungsausschusses?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Mir geht es gar nicht so um den Einzelfall, Herr Magister, sondern: War aus Ihrer Sicht dieses Einwirken der CSI in die operativen Geschäfte der Bank, des Vorstandes, des Aufsichtsrates aktienrechtlich gedeckt, oder hat es hier Bedenken gegeben, dass das aktienrechtlich überhaupt gedeckt ist und das einfach das Arbeiten in der Bank massiv behindert und dadurch auch Schaden entsteht?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich glaube, aktienrechtlich war das schon okay, weil die Aufarbeitung der Vergangenheit ja nicht ein frei gewähltes Projekt war, sondern, ich glaube, seit der Grundsatzvereinbarung zum PartKapital Ende 2008 gab es eine ganz klare Vereinbarung zwischen der Bank und dem Bundesministerium, dass diese Aufarbeitung der Vergangenheit zu leisten ist.

Meiner Erinnerung nach ist das dann Mitte 2010, wie die PartKapital-Erhöhung nach der Notverstaatlichung durchgeführt worden ist, noch einmal novelliert und bekräftigt worden. In der Phoenix-Garantie, also so eine kapitalerhaltende Asset-Garantie Ende 2010, ist das auch noch einmal betont worden. Und in allen Kapitalmaßnahmen, die die Republik für die Bank durchgeführt hat, ist das in den Zeichnungsscheinen oder in den Bedingungen immer drinnen gewesen. Also das heißt, die Bank hatte den vertraglichen Auftrag, die Vergangenheit aufzuarbeiten.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wissen Sie, ob das auch der Aufsichtsrat so gesehen hätte und ob es eine Kommunikation zwischen Aufsichtsrat und Eigentümer in dieser Sache gegeben hat?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, es hat also ab der Zunahme der Konflikte, ich würde sagen, ab Mitte 2011, wo sich die Konflikte ziemlich deutlich gezeigt haben, auch immer wieder Meinungen des Aufsichtsrates zu dieser Causa gegeben, und es hat auch Besprechungen zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und dem Herrn Präsidenten gegeben, um sozusagen die Probleme in den Griff zu bekommen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich darf Ihnen jetzt ein Dokument vorlegen mit der Nummer 3716 vom 3. Mai 2012. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Die zweite Seite – die erste Seite ist nicht so interessant, die ist nur deshalb dabei, weil Sie ganz unten am Fuß das Mail sehen, es ist ein E-Mail, das an den Herrn Dr. Peschorn geht –, das Schreiben lautet – ich beginne auf der zweiten Seite –:

„Sehr geehrter Herr Dr. Peschorn!

Im Namen des Aufsichtsrates der Hypo Alpe Adria Bank (…)“

Und jetzt ist der letzte Absatz für mich sehr relevant und interessant:

„Es zeigt sich für den AR“ – Aufsichtsrat – „immer deutlicher, dass das Projekt CSI wie es derzeit aufgesetzt ist, zu aktienrechtlich nicht gedeckten Einflussnahmen auf operative Entscheidungen führt und damit dem Unternehmen und auch dem Eigentümer schadet. Der AR hat darüber hinaus im Interesse der Republik und damit der Steuerzahler auch wirtschaftliche Aspekte mitzuberücksichtigen.“ 

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das heißt, der Aufsichtsrat hat hier sehr wohl gegenüber dem Eigentümer ganz klar artikuliert: Diese CSI handelt aus Sicht des Aufsichtsrates nicht aktienrechtlich gedeckt, schadet der Bank und beeinflusst die Aufgaben und die Arbeit des Vorstandes und des Aufsichtsrates.

Das schreiben Herr Johannes Ditz und Herr Rudolf Scholten. Das Schreiben geht ja nicht gerade an die zwölf Apostel, sondern eben an Herrn Dr. Peschorn und zwölf hochrangige Politiker und Personen im Ministerium: Frau Maria Fekter, Herrn Schieder, Herrn Ostermayer, Herrn Kranebitter, Herrn Ditz – selbst angeführt –, Alfred Lejsek, Imhof, Itzlinger, Szemeliker. Gruber, Höllerer.

Man sagt hier also ganz klar: Die CSI geht nicht aktienrechtlich gedeckt vor und schadet dem Unternehmen und der Bank. Wie würden Sie das sehen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das ist eine Bewertung, die der Aufsichtsrat vorgenommen hat. Das ist ja ein Mail, das vom Aufsichtsratspräsidium verschickt wurde.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wurden Sie darüber informiert? (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) Hat es daraufhin Reaktionen des Eigentümers gegeben?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein. Es hat ... Also ich sehe das zum ersten Mal. Aber vielleicht erinnere ich mich auch nicht mehr so genau.

Die Diskussion, inwieweit die Aufarbeitung der Vergangenheit – und zwar die gemeinsame Aufarbeitung der Vergangenheit; das ist ja sozusagen auch in den Verträgen entsprechend festgehalten worden –, inwieweit das in die weisungsfreien Kompetenzen des Vorstandes eingreift, diese Diskussion hatten wir schon, ja, also wir haben mit unserem Leiter der Rechtsabteilung dieses Thema diskutiert. Es wurde auch begutachtet.

Das Ergebnis war aber, wenn ich mich jetzt richtig erinnere und wenn ich das sehr verkürzt zusammenfassen kann, schon das, dass die vertragliche Verpflichtung, die Vergangenheit aufzuarbeiten, ganz einfach gegeben ist. Wenn man sich zu einer gemeinsamen Aufarbeitung entschließt, dann müssen aus dieser Gemeinsamkeit auch gewisse Kompetenzen des Partners, also im Konkreten der Finanzprokuratur, resultieren. Also da haben wir uns aktienrechtlich nicht einschränken lassen.

Wirtschaftlich und von den Prozessabläufen her, also von der Ressourcenbelastung und dem Zeitverbrauch, der daraus resultiert, ist es zweifellos so gewesen, dass das ganz einfach Geld gekostet hat, dass es Ressourcen beansprucht hat. Eine fokussiertere Aufarbeitung der Vergangenheit, wo man sich wirklich auf eine bestimmte Anzahl von schadenersatzfähigen Causen bewusst fokussiert, hätte auch aus meiner Sicht von der wirtschaftlichen Seite her betrachtet – ich will jetzt nicht interpretieren, was der Eigentümer intendiert hat mit dieser allumfassenden Aufarbeitung, aber von der wirtschaftlichen Seite her – mehr Sinn gemacht.

Unsere Vorschläge, um diesen Konflikt zu lösen, sind auch genau in die Richtung gegangen. Wir haben gesagt: Schauen wir uns die großen Causen an, wo wirklich viel Geld verlorengegangen ist, wo auch viel Geld gestohlen worden ist, und schauen wir, dass wir da entsprechendes Recovery bekommen. Es hat einige wirklich beeindruckende Beispiele gegeben, dass das zum Ziel führen kann. Ich erinnere nur an den Zivilprozess Consultants, wo es ja bereits einen Vergleichsertrag gegeben hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Noch einmal zur Bad Bank: Die Bad Bank hat ja aus meiner Sicht nur den Sinn, dass man parallel dazu die Bank weiterführen kann, aber nicht belastet ist, was die Eigenkapitalvorschriften laut Bankwesengesetz betrifft. Das heißt, eine Bad Bank braucht man dann, wenn man eine gesunde Bank weiterführen will oder einen Teil davon als gesunde Bank weiterführen will. Würden Sie mir da zustimmen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ist genau so, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das wirft natürlich die Frage auf, warum man unbedingt eine Bank weiterführen wollte, von der man gewusst hat, dass in Wirklichkeit das Geschäftsmodell weggebrochen ist. Das waren ja die Anleihen, die landesbehaftet waren, mit denen man sehr freizügig agiert hat, und dieses Geschäftsmodell existierte ja nicht mehr. Warum wollte man also die Bank unbedingt weiterführen? Was war da der Hintergrund?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Weil die Alternative zu einer Nicht-Weiterführung der Bank eine gesamthafte Abwicklung der Bank gewesen wäre – und zwar jetzt nicht im Stil der Veräußerung marktfähiger und marktaktiver Regionalbanken, sondern indem man alles abgewickelt hätte. Das hätte extreme Liquidationsverluste verursacht.

Daher hat man die Fortbestandsbank – wenn wir sie jetzt einmal so nennen –, das heißt, die marktfähigen Regionalbanken Österreich/Italien – Italien ist ein Sonderthema – und vor allem die sechs Banken auf dem westlichen Balkan, verkaufsfit gemacht, indem man das Vertriebsmanagement reorganisiert hat, das Risikomanagement reorganisiert hat, die Operations gestreamlined hat – das war ja ein ziemlich heterogener IT-Bereich, den man irgendwie einmal auf Vordermann bringen musste –, und das auf Basis eines neuen Geschäftsmodells.

Das alte Geschäftsmodell war nicht valide, denn damit, spekulativ Großprojekte zu finanzieren, fährt man eine Bank gegen die Wand, sondern es ging darum, sich gezielt mehr am Retail-Markt auszurichten, also private Kunden, Gewerbekunden, mittlere Firmenkunden als Zielgruppe zu definieren und dort über ein gutes Vertriebssystem eine im Markt gut verankerte Bank – die Hypo hatte teilweise in den Märkten signifikante Marktanteile – profitabel zu machen, natürlich mit dem Ziel, aus der Veräußerung dieser fortbestandsfähigen Regionalbanken entsprechende Erträge oder Erlöse zu lukrieren, die den Schaden, der auf der anderen Seite angewachsen ist, entsprechend zu kompensieren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hat das funktioniert?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das hat insofern funktioniert, als die österreichische Bank verkauft worden ist. Es hat insofern funktioniert, als die Südosteuropa-Bank verkauft worden ist.

Es hat nicht funktioniert, wenn man die Erwartungen, die wir ... Also die Erlöserwartungen aus diesen Verkäufen haben wir natürlich wesentlich höher angesetzt. Der Beteiligungswert der Regionalbanken lag meiner Erinnerung nach bei insgesamt etwas über 2 Milliarden. Die österreichische Bank, also die Kärntner Hypo, war mit 150 Millionen Eigenkapitalwert auf dem Buch, und verkauft hat man sie dann um 45 Prozent von diesen 150 Millionen. Also auf der Erlösseite hat das nicht funktioniert.

Das liegt aber ganz einfach daran, dass wir – das ist jetzt meine persönliche Meinung – mehr Zeit gebraucht hätten, um die Profitabilität dieser Banken zu zeigen. Dass die Käufer sozusagen Gewinnerwartungen mit diesen Banken verbinden, ist evident: Sonst hätten sie sie nicht gekauft.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie haben ja auch einiges an Garantien und so weiter eingefordert, woraus wir auch heute noch Kosten zu erwarten haben, nicht? – Es wurde also eine prächtige Mitgift mitgegeben, wenn ich es jetzt einmal so nennen darf.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Genau. Es gibt in diesen Verträgen aber die Reps and Warranties – wie gesagt, da war ich nicht mehr dabei, ich kann das auch nur aus den Berichten sehen –, die sozusagen beträchtlich sind. Man muss dem aber gegenüberstellen: Was hätte es gekostet, diese Banken abzuwickeln?

Also tatsächlich zu sagen – wie das die Europäische Kommission auch intendiert hatte –: wenn innerhalb einer bestimmten Frist diese Banken nicht verkauft werden können, dann sind sie abzuwickeln – das war eine Anordnung der Europäischen Kommission in dem Bescheid vom 3.9. –, das hätte Milliarden gekostet! – Wenn nicht sowieso der Regulator eingegriffen hat, denn ich glaube nicht, dass die lokalen Regulatoren in den westlichen Balkanstaaten ohne Weiters zugesehen hätten, wenn Banken mit mittleren Marktanteilen schlicht und ergreifend abgewickelt werden. Das ist ja auch für den lokalen Finanzmarkt durchaus ein beträchtliches Ereignis.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber in der Nachschau betrachtet: Wäre es nicht vernünftiger gewesen, das abzuwickeln? – Man hat ja die Banken in so kurzer Zeit nicht ertragreich aufstellen können. Verkauft hat man sie auch nicht mit großem Gewinn. Das heißt, so hätte man sich voll auf die Abwicklung konzentrieren und die Kunden und die bestehenden Kredite einfach an andere Institute weiterverkaufen können. Das wäre ja möglich gewesen, nicht?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Natürlich. Also eine Bankenabwickung funktioniert immer so, dass bestehendes Vermögen und vor allem auch bestehende Kundenverbindungen verkauft werden, aber mit gewaltigen Abschlägen. Mit wirklich gewaltigen Abschlägen!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na, das kommt darauf an – wenn sie werthaltig sind, dann nicht!

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na, es ist leider Gottes so, wenn Sie schnell verkaufen müssen und eine Bank schnell abwickeln müssen, dass Sie auch für die performanten Kredite – wo also die Kreditnehmer die Kredite bedienen – im Markt nicht den vollen Wert bekommen. Das müssen Sie mit Abschlägen verkaufen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber wenn es Kredite sind, die mit Assets unterlegt sind, vielleicht sogar zu 100 Prozent oder noch mehr, dann kriegen Sie ja annähernd 100 Prozent dessen, was Sie ausgegeben haben.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum nicht? – Da ist das Risiko ja gering, wenn das dementsprechend mit Sicherheiten unterlegt ist.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja, das ist aber leider Gottes nicht so. Die Assets aus Abwicklungsbanken werden immer mit ordentlichen Abschlägen gehandelt, und das ist verlustträchtig.

Wenn man daher Österreich, also die Kärntner Bank und die Südosteuropa-Bank abgewickelt hätte, dann hätte das weitere, zusätzliche Milliarden gekostet. Man hat dieses Szenario auch gerechnet. Das ist also nicht etwas, was irgendwie nur fantasiert worden ist, sondern man hat auch aus bestimmten Entscheidungsanlässen ernsthaft darüber nachgedacht, wie diese Alternativen ausschauen.

Das Ergebnis war – meines Wissens, aber da war ich nicht mehr in der Bank –, dass man ganz eindeutig dem Going-Concern-Bankenverkauf den Vorzug geben musste, um weitere Verluste zu vermeiden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): So, wie ich die Lage sehe, hat man ja eine Doppelstrategie verfolgt: auf der einen Seite die Vergangenheitsbewältigung und die Abwicklung, auf der anderen Seite das Neugeschäft. Man hatte mit dem Personalstand von vorher das Neugeschäft nicht ordentlich aufstellen können. Jetzt waren die Kräfte geteilt, und plötzlich ist es gegangen. War das das, was Sie uns heute erzählt haben, oder?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein. Wir haben erstens einmal einen sehr umfangreichen Personalaustausch vorgenommen. Das heißt, wir haben vor allem Personal aus dem Bankenmarkt hereingeholt, primär aus der Bank Austria und aus dem Raiffeisen-Sektor. Das heißt, es waren auch neue Leute am Werk, die sozusagen aus lebenden Banken gekommen sind und gewusst haben, wie das Geschäft funktioniert, auf der Vertriebsseite wie auch auf der Risikomanagementseite.

Man hat vor allem auch das Vertriebsmanagement reorganisiert. Es ist nicht so einfach, mit dem Personal, mit dem Vertriebspersonal einer Bank, wie es die Hypo war, also wie es die Hypo-Alt war, ein neues Geschäftsmodell aufzubauen, weil man andere Leute am Markt, das heißt auch am Kunden benötigt. Eines der großen Projekte neben der Restrukturierung des Risikomanagements war die Restrukturierung des Vertriebsmanagements, um wirklich auch in die Vertriebsmannschaft den neuen Geist hineinzubringen, dass es ganz einfach nicht mehr geht, Kredite zu machen wie in der Vergangenheit, sondern dass es selektive Kundenbetreuung geben muss, selektives Service angeboten werden muss. Da ist sehr viel geschehen, und deswegen sind die Banken auch verkaufsfähig geworden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Beim Neugeschäft – waren da auch Umschuldungen dabei?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Umschuldungen von anderen ...?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Von Krediten von anderen Banken, ja.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Von anderen Banken – das kann ich nicht sagen, aber ich schließe es nicht aus. Das ist ja an sich nicht unbedingt ... Das ist ja nichts Verwerfliches.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Könnte es sein, dass die Raiffeisenbank zum Beispiel notleidende Kredite in Richtung Hypo verschoben hat?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein! Glaube ich nicht, dass das sein könnte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie wollen Sie das ausschließen – wenn Sie vorhin gesagt haben, dass Umschuldungen dabei waren?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, Umschuldung – ich habe ja gesagt, Umschuldung ist nichts Verwerfliches. Wenn der Kreditnehmer eine ausreichende Bonität hat und umschulden will, dann kann man dieses Umschuldungsgeschäft machen. Wenn der Kreditnehmer defaultiert ist, also wenn er schon ausgefallen ist, und es wird einem ein notleidender Kunde und Kredit angehängt, dann kann man das nicht machen.

Dass sozusagen Neugeschäft auf notleidender Basis von anderen Kreditinstituten übernommen wurde, schließe ich dezidiert aus.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie können Sie das ausschließen? – Sie sagen, Sie haben Bank-Austria-Leute, Raiffeisen-Leute hineingenommen. Dass diese die Gelegenheit gleich nützen, diese Sondermülldeponie Hypo nützen, um ihren eigenen Flur zu bereinigen, wäre ja möglich, nicht?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was heißt „nein“?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ist nicht möglich, weil das ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wieso nicht?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na, weil die Kreditprozesse, die eingerichtet worden sind, eine ausreichende Kontrollintensität beinhaltet haben, dass ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gerade vorhin haben wir gehört, dass von acht Krediten, die neu vergeben wurden, sieben nicht so waren, wie Sie das gerade ...

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ausgesuchte sieben, acht Kredite, ja ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, vielleicht waren das solche, nicht?

Mag. Wolfgang Edelmüller: … selektiert. Das waren Kredite, die in Slowenien, Kroatien, Serbien und Italien vergeben waren, also ungefähr zwei pro Land. Solche Fehler passieren; auch wenn Sie flott unterwegs sind in der Restrukturierung, passieren solche Fehler. Das ist nicht repräsentativ!

Ihre Intention, wenn ich Sie richtig verstehe, dass sozusagen Mitarbeiter von anderen Banken gekommen sind und ihre schlechten Portfolios mitgebracht haben, um diese in die Hypo auszuverlagern, das schließe ich aus. Das ist nicht der Fall. (Abg. Lugar: Aber, entschuldigen Sie ...!) Der Verdacht ist zurückzuweisen!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na, wie wollen Sie das ausschließen? – Das ist doch naheliegend. Wenn man hier einen Schrottplatz sieht, wo es nicht auffällt, ob da jetzt noch ein zusätzliches schrottreifes Auto steht oder nicht – da es ja letztlich ohnehin der Steuerzahler zahlt (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen) –, ist es ja sehr verlockend, dass andere Banken da kräftig zugreifen und das nützen.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Uns wäre das aufgefallen! Ganz einfach.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie wäre Ihnen das aufgefallen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Weil wir entsprechende Kreditprozesse hatten, entsprechende Pouvoirordnungen hatten. Jeder Banker ist einer Umschuldung gegenüber skeptisch, jeder vernünftige Banker, der sagt nicht von vornherein, Umschuldung ist okay, sondern schaut sich das besonders gut an.

Nachdem wir die Leute insbesondere im Risikomanagement eben genau auf diesen Standard gebracht haben, schließe ich das aus. Ich halte das für eine, wie soll ich sagen, Annahme, die nicht substanziierbar ist.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Letzte Frage? Oder bereits fertig?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Eine Frage noch, ja. Es gibt eine Schad- und Klagloshaltung für leitende Mitarbeiter, die gefordert und letztlich auch umgesetzt wurde. Wofür braucht man so etwas?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Diese Schad- und Klagloshaltung für leitende Mitarbeiter hat sich aus dem Konfliktfeld CSI entwickelt. Eine Reihe von leitenden Mitarbeitern sind aus der CSI-Sphäre ganz gehörig unter Druck gesetzt worden, in einem Ausmaß, dass es sich einzelne Mitarbeiter schon überlegt haben, ob sie das Institut nicht verlassen wollen, um nicht hineingezogen zu werden in irgendwelche persönlichen Haftungen.

Das waren aber Schlüsselmitarbeiter, die wir dringend benötigt haben. Schlüsselmitarbeiter kriegt man auch am Markt nicht so ohne Weiteres wieder, und in der Hypo schon gar nicht, weil ja die Reputation der Hypo als Arbeitgeber nicht als erste Adresse aufgefasst worden ist. Daher war es die Frage: Lassen wir die Leute gehen, oder geben wir ihnen eine Art Schad- und Klagloshaltungserklärung?

Ich sage ganz offen: Der Vorstand hat das befürwortet, weil wir diese Mitarbeiter dringend benötigt haben und sie daher bis zu einem gewissen Grad absichern wollten. Der Aufsichtsrat war skeptisch oder sogar dagegen, und von der Finanzprokuratur wurde das rundweg abgelehnt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Edelmüller, wir haben in der letzten Runde dieses Dokument aus dem Jahr 2011 schon besprochen. Jetzt haben Sie darauf hingewiesen, die Aussage der Bank selbst, also von Ihnen selbst – Höhe des Kreditrisikos nicht erkennbar, das wäre sozusagen die Ausgangssituation gewesen –, wäre nur für 2010 gültig. Haben Sie dann im Jahr 2011 das Kreditrisiko erkannt?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Im Jahr 2011 haben wir ganz offensichtlich das Kreditrisiko erkannt im Rahmen der gründlichen Portfolioanalyse, die wir angestellt haben. Das Ergebnis war, dass wir nach Risikovorsorgezuführungen von 2009 im Ausmaß von 1,8 Milliarden noch einmal 1,7 Milliarden – oder knapp 1,8 Milliarden – zugeführt und daher den Erkenntnissen aus dieser Analyse entsprechend Rechnung getragen haben.

Außerdem gab es eine umfangreiche Rating-Richtigstellung, was auch dazu geführt hat, dass das NPL-Portfolio angewachsen ist beziehungsweise dass das Watch-Loan-Portfolio nach oben eskaliert ist. Also die Erkenntnis über das Risiko war mit den Mitteln, die wir eingesetzt hatten, weit fortgeschritten.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das heißt, nachdem schon im Jahr 2008 gesagt worden ist, es ist alles bereinigt worden, nachdem schon im Jahr 2009 gesagt worden ist, jetzt wird aber alles bereinigt, und jetzt im Jahr 2010 der neue Bankvorstand daherkommt und sagt, ja, jetzt kennen wir uns aus, jetzt durchschauen wir die Kreditrisiken, und jetzt haben wir endgültig für alles vorgesorgt …

Mag. Wolfgang Edelmüller: Endgültig für alles vorgesorgt hat man nie. (Abg. Hable: Na ja, endgültig …!) Zum Zeitpunkt der Durchführung dieser Portfolioanalyse mit den Mitteln, die wir eingesetzt haben, hatten wir einen Erkenntnisstand, der zu dieser Wertberichtigung geführt hat und der natürlich eindeutig von dem abgewichen ist, was 2009 an Erkenntnisstand vorhanden war.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das Problem an der Sache ist nur, dass der Erkenntnisstand jedes Jahr wieder ganz neu war.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das ist aber …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Jedes Jahr sind Sie von den Risikovorsorgen völlig neu überrascht worden, also nicht nur Sie, sondern auch Ihre Vorgänger. 2008 war das schon so, 2009, 2010, und jetzt im Jahr 2011 sagen Sie für das Jahr 2010: Jetzt durchschauen wir es nach den eigenen Analysen. Jetzt wird noch einmal groß vorgesorgt – ich habe eh auf den Hockeyschläger hingewiesen, das hat eben die Form eines solchen Schlägers –, jetzt noch einmal eine große Risikovorsorge, und dann läuft es aus. Das hat halt nur genauso wenig gehalten wie schon in all den Jahren zuvor.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Da haben Sie recht, diese …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Warum sagen Sie, dass im Jahr 2011 die Ausgangssituation dann eine ganz andere war und dieses Mal das Kreditrisiko erkennbar war? Wie können Sie das sagen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Wolfgang Edelmüller: Sie gehen offenbar davon aus, wenn man in einem Jahr das Risiko gründlich analysiert hat und Erkenntnisse über die Risikolage gewonnen hat, dass das ad calendas graecas so bleiben muss. Ich gebe Ihnen recht, diese Einschätzung, die wir auf Basis dieser Risikoerkenntnisse getroffen haben und wo wir von einer normalisierten jährlichen Risikovorsorge ausgegangen sind, diese Erkenntnisse sind oder diese Erwartung ist nicht eingetroffen.

Die ist deswegen nicht eingetroffen, weil sich in den Märkten, in denen die Hypo tätig ist – das sind in erster Linie eben die südosteuropäischen Märkte –, auch die konjunkturellen Erwartungen nicht eingestellt haben. Die Konjunktur ist … Es gab Prognosen, die wir dem Umstrukturierungsplan 2010 zugrunde gelegt haben, die noch davon ausgegangen sind, dass es in Südosteuropa eine Wachstumserholung geben wird, und es gab Prognosen, dass sich dieser Aufholprozess fortsetzen wird. Das war unter dem Eindruck der Eurokrise und auch der Rezessionstendenzen, die es in Südosteuropa gegeben hat, nicht der Fall.

Daher sind diese von Ihnen als Hockey-Stick-Prognosen bezeichneten Erwartungen nicht eingetroffen, wir haben aber in den betreffenden Jahren, sowohl 2011 als auch 2012, auf diese veränderte Situation reagiert und entsprechende Wertberichtigungszuführungen gebildet – 2011 und 2012 zusammen 1,4 Milliarden brutto Wertberichtigungszuführung.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also war es die Konjunktur? Die Konjunktur ist schuld? Ernsthaft?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Warum nicht? Haben Sie die …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann haben Sie die ganze Geschichte der Hypo Alpe-Adria offenbar bis heute nicht durchschaut. Ich meine, das haben wir ja schon, und Sie waren ja lange genug selbst im Vorstand, Sie haben die CSI Hypo ja selbst miterlebt, Sie waren ja im Lenkungsausschuss … Als hätte es die kriminelle Vergangenheit gar nicht gegeben, behaupten Sie jetzt, es wäre die Konjunktur gewesen, es wären nicht diese ganzen Kreditleichen, die deswegen entstanden sind, weil an diese großteils mafiösen Strukturen am Balkan, in Italien und rund um den Wörthersee Kredite vergeben worden sind, die nie zurückgekommen sind. Genau aus diesem Grund sind all diese Kreditleichen entstanden und über Jahre hinweg aufgehäuft worden.

Und jetzt sagen Sie – weil die Kreditleichen sukzessive jedes Jahr kommen, es kommt halt wieder ein neuer Schub der schon vorhandenen, bestehenden ans Tageslicht –, das sind nicht die Kreditleichen, es ist die böse Konjunktur, die nicht mitspielt. – Herr Mag. Edelmüller, eine Leiche bleibt eine Leiche, eine Kreditleiche bleibt eine Kreditleiche, und die scheren sich nicht um die Konjunktur. Das hat mit der Konjunktur gar nichts zu tun. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Matznetter – die Scheibenwischerbewegung in Richtung des Abg. Hable machend –: Es gibt eine Besicherung!)

Mag. Wolfgang Edelmüller: Was ist Ihre Frage, Entschuldigung?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist keine Frage, das ist ein Statement, das klarlegt, dass das völlig unglaubwürdig und unplausibel ist, was Sie hier von sich geben. Bin ich schon wieder am Ende meiner Redezeit? – Gut, dann mache ich weiter ... (Abg. Lugar – die Scheibenwischerbewegung des Abg. Matznetter nachmachend –: Herr Präsident, der Herr Matznetter hat gerade diesen hier gemacht!)

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Mag. Matznetter, bitte beleidigen Sie nicht andere Mandatare, auch wenn die Emotion … (Abg. Matznetter: Ich habe ihn nicht beleidigt! Ich bin froh, dass er hier ist! – Abg. Lugar: Dann entschuldige dich wenigstens!) Das ist schade. Auch die Wischbewegung ist eine Beleidigung. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Herr Magister, wenn Sie etwas dazu sagen wollen, besteht auch noch die Möglichkeit. Wir sind hier, um die Auskunftsperson zu hören und nicht die Mandatare. – Bitte schön.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, das Problem toxischer Kredite besteht darin, wenn Sie sie länger auf dem Buch halten und die einzige Recovery-Quelle, also der einzige Vermögensgegenstand, mit dem Sie noch einen Teil des Kredites zurückhaben wollen, von einer, ich weiß nicht, Immobiliensicherheit oder einer Mobiliensicherheit abhängt, dass Sie eben in Märkten, in denen die Aufnahmefähigkeit konjunkturbedingt einbricht, diese Sicherheiten nicht mehr zu den ursprünglichen Werten verwerten können.

Das sehen Sie schon bei der Bewertung der Sicherheit, und schon darauf müssen Sie mit einer entsprechenden Vorsorgeanpassung reagieren. Das erklärt das. Sie müssen die Assets, auch die Leichen oder den Vermögensrest, der in diesen Leichen drinnen steckt, verwerten können, und wenn die Märkte illiquid geworden sind, wird das halt immer schwieriger.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Mag. Edelmüller, ich möchte es jetzt noch einmal kurz zusammenfassen: Am 10.12.2009 fasst der Aufsichtsrat der Hypo einstimmig einen Beschluss für eine Sonderprüfung, dass man in Bezug auf die Sorgfaltspflicht von amtierenden und ehemaligen Mitgliedern des Vorstandes der Gesellschaft überprüft und diesbezüglich auch Ersatzansprüche der Gesellschaft wegen Sorgfaltspflichtverletzungen von amtierenden und/oder ehemaligen Mitgliedern des Vorstandes der Gesellschaft mit einem externen Juristen oder einer externen Rechtsanwaltskanzlei überprüft. Diese Sonderprüfung – Sie wissen nichts davon – findet offensichtlich nicht statt, weil, so wie uns gestern Herr Megymorez gesagt hat, Herr Peschorn offensichtlich angerufen hat und gesagt hat, das machen wir selbst.

Das müssen wir mit Herrn Peschorn klären, aber wir vermuten, dass das wahrscheinlich dann die CSI war. Also dieser Prüfungsauftrag wurde einmal nicht primär gegen Herrn Pinkl durchgeführt. Dann kommt die CSI. Die CSI wird eingerichtet, es eskaliert und behindert Sie in Ihrer Arbeit soweit, dass der Aufsichtsrat – in Person von Herrn Ditz und Herrn Scholten, damals die Aufsichtsratsvorsitzenden – dem Eigentümer, der Frau Minister Fekter, mitteilt, dass es aktienrechtlich bedenklich ist, wie sich die CSI in die operativen Geschäfte der Bank einmischt. Dazu können Sie auch nichts sagen. Es ist zwar diskutiert worden, aber Sie kennen das Schreiben nicht, das ich Ihnen heute vorgelegt habe. Also werden wir die im Schreiben aufscheinenden Personen und vor allem Herrn Ditz und Herrn Scholten fragen.

Das nächste Thema ist – das ist heute ja schon mehrfach erörtert worden – die Bad-Bank-Lösung, die ja zu diesem Zeitpunkt 2012, als diese Dinge alle schon Richtung Ministerium kommuniziert worden sind, sprich Einflussnahme der CSI auf operative Geschäfte, Ihre Vorschläge für die Restrukturierung, Bad-Bank-Lösung und so weiter, dann auch vom Eigentümer abgelehnt worden ist, und damit war eigentlich die Bank handlungsunfähig oder schwer handlungsfähig. Wie würden Sie das sehen? War die Bank damit schwer handlungsfähig, und haben dadurch viele Dinge, die Sie in Ihrer Restrukturierung geplant haben, auch nicht umgesetzt werden können?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also die Bank war sicherlich voll handlungsfähig, auch angesichts dieser Probleme, die Sie geschildert haben, zumal das Thema CSI ja dann durch ein neues Modell gelöst wurde, durch das BKO-Modell, indem man mit der Person des Herrn Mag. Krakow einen beauftragten Koordinator hereingeholt hat und damit das Thema auch bereinigt hat – bis zu einem gewissen Grad.

Ich glaube, dass das BKO-Modell funktioniert hat. Es sind neue Prozesse installiert worden, es hat dazu beigetragen, dass tatsächlich Entscheidungen gefallen sind, es hat dazu beigetragen, dass die Kleinfälle sehr rasch aufgearbeitet und erledigt worden sind, und es hat auch dazu beigetragen, dass eine stärkere Fokussierung der Aufklärungsarbeit im Rahmen der vertraglichen Verpflichtungen erfolgt ist.

Also ja, die Konflikte sind eskaliert und haben darin gemündet, dass man eben einen beauftragten Koordinator hereingeholt hat und damit schon auch die Probleme in den Griff bekommen hat.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das verstehe ich jetzt nicht, Herr Mag. Edelmüller. Gestern sagt der Herr Kranebitter, die Entscheidung oder das Ablehnen einer Bad Bank hat Milliarden gekostet, und Sie sagen mir jetzt, Sie waren voll handlungsfähig: Warum hat das dann am Schluss Milliarden gekostet? Oder teilen Sie die Meinung des Herrn Kranebitter nicht?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Die teile ich voll, natürlich hat es …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie teilen die Meinung von Herrn Kranebitter voll, dass die Entscheidung, dass man keine Bad Bank gemacht hat, Milliarden gekostet hat?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Hat dazu geführt, dass man nicht in einer eigens organisierten Bad Bank arbeiten konnte, auf der einen Seite, hat aber auch dazu geführt, dass man die regulatorischen Kapitalanforderungen, die JRAD-bedingt ja um 50 Prozent über den Mindestanforderungen angesetzt worden sind, erfüllen muss. Die 1,5 Milliarden Kapitalmaßnahme Ende 2012 war damit unumgänglich. Und das hätte …

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also den Milliardenschaden durch Ablehnung Bad Bank, den der Herr Kranebitter gestern genannt hat, können Sie voll bestätigen?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Das hat dazu geführt, dass vermeidbare Kapitaleinschüsse eingezahlt werden mussten, um die Auflagen der Aufsicht zu erfüllen.

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Herr Mag. Edelmüller, also diese letzte Aussage erschließt sich mir nicht, und sie lässt sich wahrscheinlich auch nicht in einem Satz zusammenführen. Man kennt ja nur einen Fall, der sich entwickelt hat, und man kennt ja nicht den anderen Fall, was wäre gewesen wenn, also daher halte ich das für Ihre persönliche Meinung, aber als solche soll sie letztendlich auch stehen bleiben.

Aber es wirft vielleicht ein Licht darauf, wie die Zusammenarbeit zwischen dem Eigentümer und der Bank war. Es hat sich auch gestern schon beim Herrn Kranebitter gezeigt, dass die nicht die allerbeste war. Ich lege Ihnen, auch fürs Protokoll, vor allem fürs Protokoll, zwei Unterlagen vor, und zwar ist das einmal das Dokument 4473 sowie das Dokument 2290.

Das Dokument 4473 ist ein Schreiben des Herrn Präsidenten Peschorn an den Herrn Lejsek. Und da heißt es im zweiten Satz, es ist ein E-Mail: „Ich bemühe mich seit Wochen, die bereits von externen Experten untersuchten Kreditfälle mit Herrn Mag. Edelmüller zu erörtern. Er hat in der Sitzung des Lenkungsausschusses am 27.1.2011 erklärt, dass er sich ‚keinen einzigen der Fälle angesehen habe‘. Ich konnte die Fälle, die offenbar auch von der OeNB geprüft wurden, mit ihm bis dato nicht erörtern.“

Das heißt, es scheint doch, immerhin waren Sie ja da schon eine Zeit lang tätig … Dass Sie sich damals noch keinen einzigen Kreditfall angesehen hatten, ist schon sehr bemerkenswert. Das zweite Dokument betrifft einen Aktenvermerk von Frau Schiller aus dem BMF zum Thema Bank und Bürgschaftsvereinbarung mit der Republik. Und da darf ich Sie bitten, sich den letzten Absatz auf der ersten Seite, der mit „Aktuell“ übertitelt ist, anzusehen. Da heißt es:

„Von Beginn an erfolgten die Informationen, welche die HGAA an die Finanzprokuratur bzw. an das BMF richtete, nicht in der Art und Weise wie vereinbart. Es kam zu verspäteten Vorlagen von Bankprüferbestätigungen, Aufnahme von Forderungen, welche den der Bürgschaftsvereinbarung zugrundeliegenden Kriterien nicht entsprachen, keiner Stellungnahme seitens der HGAA zu offenen Fragen, welche aus der Bürgschaft herrührte. In der Folge sagte am 23.2.2011 der Vorstand dem Bund zu, umgehend eine den vertraglichen Grundlagen entsprechende Anlage ./1 zu übermitteln. Auch die am 4.3.2011 vorgelegte Anlage entsprach wieder nicht den Vorgaben des Bundes. Erst in weiterer Folge, am 16.3. wurde eine akzeptable Verfassung der Anlage an das BMF übermittelt.“

Ich habe keine Frage.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Magister, Sie haben aber die Möglichkeit, dazu eine Stellungnahme abzugeben. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ich kenne … Diese Dokumente sehe ich zum ersten Mal, kann ich nur dazu sagen, und über die Aussagen, die darin enthalten sind, bin ich höchst verwundert. – Entspricht nicht meiner Wahrnehmung.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Magister, konkret zu den Kreditausschüssen, zu den Kreditausschusssitzungen, an denen Sie in der Regel teilgenommen haben: Haben Sie noch Erinnerung an den Fall Aluflexpack? (Auskunftsperson Edelmüller: Habe ich, ja!) Aus Ihrer Wahrnehmung heraus: Wie hat sich dieses Unternehmen dargestellt beziehungsweise in der Folge auch der Verkaufsprozess?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Darf ich mich ganz kurz mit meinem Vertrauensanwalt beraten?

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Selbstverständlich! Ich unterbreche dazu die Sitzung. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 13.57 Uhr unterbrochen und um 13.59 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

13.59

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. – Bitte, Herr Magister.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Frau Abgeordnete, ich habe mich deswegen beraten müssen, weil bei der Aluflexpack die Situation gegeben ist, dass ein Beteiligungsunternehmen der Hypo gleichzeitig auch ein Kreditkunde war, also ist der der Fall sozusagen auch als Kreditkunde zu betrachten, und da unterliege ich dem Bankgeheimnis. Daher kann ich zu dem Fall sozusagen schwer Auskunft geben, weil es, wie gesagt, diese Vermischung zwischen Beteiligung und Kreditkunden gibt.

Aber wenn Sie mir die konkreten Fragen stellen, dann würde ich überlegen, ob ich dazu substanziell was sagen kann.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Dann versuche ich es in dieser Form konkreter. Wir haben über viele Jahre Aluflexpack als Problemfall erlebt. Wenn man die ganze Aktenlage beginnend mit dem Jahr 2002 betrachtet, stellt sich für uns in dieser Form die Frage: Wie ist das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt dagestanden, als es wieder um Kredite beziehungsweise den konkreten Verkaufsprozess gegangen ist? Hat es entsprechende Assets gegeben, die sich in dieser Form dann tatsächlich so dargestellt haben, dass man das Unternehmen durchaus auch als solide und so weiter betrachten kann?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Als solide konnte man das jetzt im kreditwirtschaftlichen Sinne nicht betrachten, ja. Also man muss schon sagen, dass das ein extrem gefährdetes Exposure war – ich habe ja schon gesagt, da war Kredit und Beteiligung in einem –, und das war auch der Grund dafür, warum eben ein rascher Verkauf initiiert und der Verkauf auch forciert wurde, damit man sozusagen nicht weitere Verluste realisiert.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Das ist in dieser Form gut nachvollziehbar; gleichzeitig hat sich auch immer wieder die Frage gestellt, warum Veräußerungen nicht in den Jahren zuvor, ab 2005, 2006, erfolgreich waren, obwohl entsprechende Verhandlungen gelaufen sind. Haben Sie eine Wahrnehmung dazu, was da Hindernisse gewesen sein können, warum sich Absichten immer wieder aufgelöst haben?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein, in den Zeiträumen 2005/2006 habe ich keine Wahrnehmungen – leider.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Danke.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Keine weiteren Fragen, Frau Abgeordnete? (Abg. Lichtenecker: Danke, nein!)

Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Hable, Sie sind wieder am Wort.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich lege ein Dokument mit der Nummer 36154 vor. Ich warte, bis es vorgelegt ist, und mache dann weiter. (Die Auskunftsperson liest das ihr soeben vorgelegte Schriftstück.)

Sie müssen nicht das ganze Dokument lesen, es geht mir nur um ein paar Punkte: Es ist diese Besprechung im Jahr 2011 mit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und der Weltbank, die damals Interesse an einem Einstieg bei der Hypo Alpe-Adria hatten, dann eine Due Diligence – eine genauere Überprüfung – gemacht und Erschreckendes festgestellt haben.

Ich verweise zum Beispiel auf die Seite 2. Da betont Herr Malige – das ist der Herr von der Europäischen Entwicklungsbank – übrigens, dass die Ergebnisse mit dem Vorstand besprochen worden sind und – ich zitiere jetzt – „dass im vorangegangenen Gespräch mit dem Vorstand insbesondere hinsichtlich der zusätzlich notwenigen Risikovorsorgen keine Einigung über die Empfehlungen der EBRD“ – also Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung – „bestanden habe“. 

Zusammengefasst: Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, die mit dieser Due Diligence intensiv in die Bank hineingeschaut hat, sagt Ihnen als Vorstand, Sie machen zu wenig, was Risikovorsorge betrifft, oder – salopp gesagt – der Stapel der Kreditleichen ist viel höher, als Sie zugestehen wollen.

Was sagen Sie vor dem Hintergrund, dass Sie gesagt haben, man hätte jedes Jahr neue Kenntnisse gehabt und wäre wieder überrascht worden, dazu? Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung war überhaupt nicht überrascht; die haben nach einer Due Diligence sofort gesehen, was da in der Bank abgeht. Nur in der Bank selber, beim Vorstand, hat es jedes Jahr wieder einen Überraschungseffekt gegeben. Wie erklären Sie sich das?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, zunächst einmal – wenn ich das sagen darf –: Wenn ein Kapitalinvestor ein kritisches Urteil über das Portfolio einer Bank – in dem Fall von Regionalbanken –, in die er eventuell einsteigen möchte, abgibt, dann ist das nicht ein – ich weiß nicht – testiertes Assessment, sondern da sind schon auch gewisse Eigeninteressen dahinter. Ich kenne diese Unterlage nicht, und ich stehe auch nicht auf dem Verteiler. Das ist offenbar eine ministeriumsinterne Unterlage. Dass aber Francis Malige …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Mag. Edelmüller! Das muss ich korrigieren. Das steht auch in diesem Absatz – das hat Kranebitter gestern auch schon versucht –; es ist eindeutig festgehalten, dass diese Ergebnisse nicht nur mit dem Ministerium, sondern auch mit dem Vorstand, nämlich vormittags am 2. Mai 2011, besprochen worden sind. Alles andere wäre auch völlig absurd, wenn ein potenzieller Investor – aber auch nicht irgendeiner, sondern die Weltbank – das mit dem Vorstand nicht besprechen würde.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Nein, das ist auch so; aber ich war dort bei dieser Besprechung auch nicht dabei. Ich habe allerdings im Rahmen des Prüfungsprozesses, den die EBRD und die IFC gemacht haben, einmal an einem Kontakt teilgenommen, als sich Herr Malige auch sehr kritisch zu den dezentralen Banken, den Regionalbanken, geäußert hat, nämlich kritisch im Hinblick auf Führungspersonal – das ist ganz eindeutig im Raum gestanden – und auch kritisch über die Portfolioqualität. Wenn ich mich richtig erinnere …

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Stichwort, weil Sie es gerade ansprechen – das Führungspersonal wäre ohnehin mein nächster Punkt gewesen –: Es wird doch da erwähnt, die Weltbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung verstehen nicht, warum die problematischen Figuren in der Bank weiterhin im Amt bleiben, warum die weiterhin ihren Job behalten – zum Beispiel jemand, der für eine Ausfallquote von 46 Prozent zuständig ist –; die Leute, die das alles angezettelt haben, werden nicht ausgetauscht. Warum nicht?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Was diese 46 Prozent und die Person, die das zu verantworten hatte, anbelangt, kann ich beim besten Willen nichts sagen; das müsste man konkretisieren.

Der Führungskräfteaustausch in Südosteuropa ist rasch vorangeschritten, aber ich gebe unumwunden zu, Anfang 2011 war das bei Weitem noch nicht zu Ende. In meinem Verantwortungsbereich, also im Risikomanagement, hat es einen einzigen Risk Manager oder lokalen CRO gegeben, der aus der Vergangenheit bestand hatte, und den habe ich mir – davon können Sie ausgehen – sehr genau angesehen.

Also den Vorwurf, wir hätten Leute weiterbeschäftigt, die sich solcher Verfehlungen – und sei es auch nicht vorsätzlich, sondern aus Unvermögen – schuldig gemacht haben, den kann man zurückweisen. Das ist nicht geschehen. Diese Leute sind letzten Endes auch alle ausgetauscht worden.

Über die Portfolioqualität hat es offenbar deutliche Auffassungsdifferenzen gegeben, aber da muss man eben auch mit ins Kalkül ziehen, dass das ein Investor natürlich deutlich kritischer als die betroffene Bank sieht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, nur dass sie recht behalten haben – also nicht Sie, sondern die Weltbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung –, und das ist auch nicht irgendein Investor, der da Interesse gezeigt hätte. Das sind internationale Organisationen (Auskunftsperson Edelmüller: Ja!); und die werden sich so ein Urteil nicht leicht machen. (Vorsitzende-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) Die haben nicht persönliche Rendite als Hauptziel. Das sind also gewichtige Einschätzungen, und die haben recht behalten. Hat sich noch jemand zu Wort gemeldet? – Na ja, dann versuche ich das Resümee zu ziehen, falls Sie mir noch zwei, drei Abschlusssätze erlauben.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte wirklich nur zwei Abschlusssätze! – Bitte schön.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wir hören die Europäische Kommission, die festhält, es gibt kein überlebensfähiges Geschäftsmodell. Das, was Sie heute entgegengehalten haben, war nicht überzeugend und hat auch die Europäische Kommission nie überzeugt, weshalb sie 2013 dann auch die Reißleine gezogen hat. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und die Weltbank glauben Ihren Risikovorsorgen nicht. Sie sagen, Sie sind anderer Meinung, aber wir sind eines Besseren belehrt worden. Auch was den Kreditprozess betrifft – die Kollegin Jank hat es Ihnen vorgelegt …

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Letzter Satz, bitte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): 2012 ist auch von der Kommission festgehalten worden, dass sich am Kreditprozess überhaupt nichts verbessert hat, also sachlich ist die Vorgangsweise in der Bank nicht nachvollziehbar.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter! Ich muss wirklich. Sie haben ganz, ganz weit überzogen. (Abg. Hable: … war das durch die Sache motiviert, persönlich motiviert oder durch politische Zurufe!) Herr Abgeordneter! Ich werde das nicht zulassen. Wissen Sie, warum? – Sie haben gesagt, Sie wollen jetzt am Schluss noch ein Statement abgeben und jetzt kommt noch eine Schlussfrage. Das ist nicht in Ordnung; es ist gegenüber den anderen Fraktionen nicht ganz fair. (Abg. Lichtenecker: Ich habe ihm Zeit von mir geliehen! – Abg. Tamandl: Das geht aber nicht!) Bitte schön? – Na gut. Herr Magister, wenn Sie bitte noch ganz kurz darauf antworten, ich gebe dann weiter. – Bitte schön.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Also ich weiß nicht, ob das eine Anschuldigung, eine Feststellung oder eine Frage war, aber ich möchte hier festhalten – auch fürs Protokoll –, dass ich sie vollumfänglich zurückweise.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Meine Damen und Herren! In 5 Minuten ist die maximal zulässige Befragungsdauer von vier Stunden erreicht. Stellen Sie daher bitte nur mehr eine kurze Frage. Nach Beantwortung dieser Frage durch die Auskunftsperson werde ich wegen Ablaufs der maximal zulässigen Befragungsdauer von vier Stunden die Befragung für beendet erklären. – Bitte schön.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Mag. Edelmüller! Eine kurze abschließende Frage in den letzten 5 Minuten: Sie haben anfangs, bei meiner Befragung, gesagt, Sie können ausschließen, dass es Sorgfaltspflichtverletzungen durch Sie gegeben hat. Sie haben uns heute bestätigt, dass durch das Ablehnen einer Bad Bank und gewisser anderer Maßnahmen ein Milliardenschaden in der Bank entstanden ist.

Wie haben Sie sich abgesichert, dass Sie da nicht der Sorgfaltspflicht unterliegen und dass Sie da nicht beschuldigt werden, dem nicht nachgekommen zu sein? Wenn ein Schaden absehbar ist, dann wird ja wohl der Vorstand entsprechend reagieren müssen. Wen haben Sie darüber informiert? Von wem haben Sie sich das absichern lassen? Sie sagen heute, es ist ein Milliardenschaden entstanden; Sie sind Vorstand dieser Bank und dieser Milliardenschaden war für Sie ja absehbar.

Mag. Wolfgang Edelmüller: Na ja, der Schaden – so wie ich gesagt habe – ist dadurch entstanden, dass man Kapitaleinschüsse des Eigentümers hätte vermeiden können, um das einmal sozusagen auch auf die Schadensqualität hin ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Haben Sie den Eigentümer darüber informiert? Haben Sie sich abgesichert?

Mag. Wolfgang Edelmüller: Ja. Also der Eigentümer wurde über unsere Position zu dem Thema Bad Bank und den Folgen, die sich daraus ergeben, informiert; und in einem Informationspapier, das ich heute, glaube ich, auch schon erwähnt habe und worüber ich gesagt habe, dass ich es zur Verfügung stellen werde, sind die Folgen auch klar dargestellt worden.

Wenn der Eigentümer trotzdem an diesem Konzept festhält, ist das keine Sorgfaltspflichtverletzung meinerseits – würde ich einmal sagen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das habe ich Ihnen ja nicht vorgeworfen, sondern nur gefragt, wie Sie das gemacht haben, dass Sie diesen Vorwurf dann nicht einmal bekommen. – Danke.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Meine Damen und Herren! Es liegen mir nun keine weiteren Wortmeldungen vor.

Herr Verfahrensrichter! Wollen Sie sich noch zu Wort melden?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Nein.

Vorsitzende-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Dann erkläre ich die Befragung hiermit für beendet. Ich bedanke mich für Ihr Erscheinen, Herr Mag. Edelmüller.

 



[1] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: SEE-Netzwerkbank statt nur Netzwerkbank (möglicherweise phonetisch „untergegangen“ / unvollständige Übertragung)

 

[2] Ursprünglicher Text: […] also dieser Portfolioüberprüfung auf Einzelfallbasis, die eine Bad Bank fast zwingend erforderlich machte; […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: machten statt machte => grammatikalische Richtigstellung

[3] Ursprünglicher Text: […] möglicherweise schon erkennen können hätte.

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: hätte können statt können hätte => grammatikalische Richtigstellung

[4] Ursprünglicher Text: […] weil das unter Umständen alles Anhaltspunkte dafür sein können hätten, […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: hätte können statt können hätte => grammatikalische Richtigstellung

[5] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: durch die Nationalbank statt der Nationalbank

[6] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: von der Republik statt der Republik („von“ möglicherweise phonetisch „untergegangen“ / unvollständige Übertragung)

[7] Ursprünglicher Text: […] Verkaufsfristen der Regionalpartner […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: der Regionalbanken statt der Regionalpartner (Übertragungsfehler)

[8] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: Hypo Real Estate statt Real Estate (möglicherweise phonetisch „untergegangen“ / unvollständige Übertragung)

[9] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: Hypo Real Estate statt Commercial Real Estate (Verwechslung eines Institutsnamens mit seinem Geschäftsgegenstand)

[10] Ursprünglicher Text: […] Sicherheiten, Wertegarantien und andere Instrumente. […]

Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: Sicherheiten-Wertegarantie mit Bindestrich statt Beistrich (Übertragung sinnstörend)

[11] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: 2010 statt 2011 (2011 Erkenntnis der Buchungserfordernisse und Durchführung,, aber Buchungen wirksam für die Bilanz 2010)