276/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

 

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Walter Rothensteiner in der 49. Sitzung vom 12. Jänner 2016

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 70. Sitzung am 11. Mai 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Walter Rothensteiner zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2016 05 11

 

                            Gabriel Obernosterer                                                               Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende


 


 


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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

 

49. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Dienstag, 12. Jänner 2016

Gesamtdauer der 49. Sitzung

10.05 Uhr – 16.59 Uhr

Lokal VI

 


Befragung der Auskunftsperson Dr. Walter Rothensteiner

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Rothensteiner, ich heiße Sie noch einmal herzlich willkommen. Sie haben von dem Recht Gebrauch gemacht, eine Vertrauensperson mitzunehmen. Bevor ich Herrn Dr. Pilgermair als Verfahrensrichter das Wort erteile, der eine kurze Rechtsbelehrung und dann die Erstbefragung durchführen wird, möchte ich Sie darüber informieren, dass zu Ihrer Linken Herr Professor Binder sitzt, der der Verfahrensordnung nach als Verfahrensanwalt dazu da ist, darauf zu achten, dass die Grund- und Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen gewahrt werden.

Sie haben die Möglichkeit, sich jederzeit, wenn Sie sich beraten wollen, vertraulich an Professor Binder zu wenden. Wenn Sie eine kurze Sitzungsunterbrechung wünschen oder sonstige Fragen zum Ablauf haben, stehe ich als Vorsitzende Ihnen jederzeit zur Verfügung und werde diesem Wunsch auch nachkommen.

In diesem Sinne erteile ich Herrn Verfahrensrichter Dr. Pilgermair das Wort. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sehr geehrter Herr Dr. Rothensteiner, ich begrüße Sie auch und bitte Sie, sich vorerst das Datenblatt anzuschauen und auf die Richtigkeit der darin eingetragenen Daten hin zu prüfen. (Die Auskunftsperson bestätigt die Richtigkeit der Daten.) – Das stimmt, danke schön.

Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung in allen Details über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie über den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. In dieser Belehrung sind auch die Aussageverweigerungsgründe im Einzelnen angeführt gewesen. Sollte ein solcher Grund, ein Aussageverweigerungsgrund bei einer Frage, die an Sie gerichtet wird, vorliegen, ersuche ich Sie, darauf hinzuweisen. Ein genereller Aussageverweigerungsgrund kann jedoch nicht geltend gemacht werden.

Gemäß § 17 der Verfahrensordnung haben Sie das Recht, den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen. Diese ist auszuschließen, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit, der Auskunftsperson oder Dritter dies gebieten, wenn es zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen notwendig ist oder der Ausschluss im Interesse der Erlangung einer wahrheitsmäßigen Aussage erforderlich erscheint.

Sie haben als Auskunftsperson auch das Recht, Beweisstücke und Stellungnahmen vorzulegen und deren Veröffentlichung oder deren Klassifizierung zu beantragen.

Die folgende Belehrung gilt sowohl für Sie, Herr Dr. Rothensteiner, als auch für die Vertrauensperson und betrifft das Strafgesetzbuch und das Informationsordnungsgesetz.

Auskunftspersonen haben die Pflicht, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß dem Strafgesetzbuch wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden. Auch die Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels kann nach dem Strafgesetzbuch mit gerichtlicher Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet werden.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Besonderer Schutz gilt für nach dem Informationsordnungsgesetz klassifizierte Unterlagen. Jede Person, die Zugang zu solchen Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit darüber verpflichtet. Nur befugte Personen dürfen Zugang zu klassifizierten Informationen haben und BesitzerIn solcher Informationen sein. Daher dürfen klassifizierte Informationen keinesfalls, weder schriftlich noch mündlich, an unbefugte Personen weitergegeben werden. Die Verschwiegenheitsverpflichtung besteht auch nach der Beendigung der Befragung und nach der Tätigkeit dieses Ausschusses.

Wenn Ihnen klassifizierte Unterlagen vorgelegt werden, erkennen Sie diese am entsprechenden Aufdruck. Bitte nehmen Sie nach Schluss der Sitzung keine der geschützten Unterlagen versehentlich mit. Auch Kopien, Notizen, Auszüge und Übersetzungen von klassifizierten Originaldokumenten dürfen weder von der Auskunftsperson noch von der Vertrauensperson angefertigt werden.

Herr Dr. Rothensteiner, haben Sie noch eine spezielle Frage zur Rechtsbelehrung? – (Die Auskunftsperson verneint dies.)

Sie haben als Vertrauensperson Herrn Rechtsanwalt Dr. Georg Schima beigezogen. Ich begrüße auch Sie, Herr Dr. Schima, ein weiteres Mal und bitte Sie, sich auch das Datenblatt anzuschauen. Richtig so? (Die Vertrauensperson bestätigt die Richtigkeit der Daten.) – Dies wird bestätigt.

Gründe für den Ausschluss der beigezogenen Vertrauensperson gemäß § 46 Abs. 4 der Verfahrensordnung sind mir nicht bekannt.

Ich ersuche die anwesenden Mitglieder des Ausschusses, mitzuteilen, ob gegen die Beiziehung von Herrn Dr. Schima als Vertrauensperson Einspruch erhoben wird. – Das ist nicht der Fall.

Dann weise ich neuerlich darauf hin, dass Gründe für den Ausschluss einer Vertrauensperson auch noch während der Befragung der Auskunftsperson vorgebracht werden können.

Ihre Aufgabe, Herr Dr. Schima, als Vertrauensperson ist Ihnen bekannt und beschränkt sich auf die Beratung der Auskunftsperson. Sie dürfen jedoch keinerlei Erklärungen vor dem Untersuchungsausschuss abgeben und auch nicht anstelle der Auskunftsperson antworten.

Bei Verletzungen der Verfahrensordnung oder Eingriffen in die Grund- oder Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson können Sie sich unmittelbar an mich oder den Verfahrensanwalt wenden. Gibt es noch Fragen Ihrerseits? (Die Vertrauensperson verneint dies.) – Nein.

Dann kommen wir zur Befragung. Herr Dr. Rothensteiner, ich kann Sie ergänzend dazu noch informieren, dass einer Auskunftsperson das Recht zusteht, vorab eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die bis zu 20 Minuten dauern kann. Wollen Sie, Herr Dr. Rothensteiner, von diesem Recht Gebrauch machen? (Die Auskunftsperson bejaht dies.) – Ja. Dann bitte ich Sie um Ihre einleitende Stellungnahme. Schalten Sie bitte das Mikrofon ein! Jetzt brennt das rote Licht, jetzt funktioniert es.

Dr. Walter Rothensteiner: Vielen herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, mich Ihnen im Vorfeld der Befragung kurz vorzustellen und Ihnen meinen Bezug sowie meine Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand kurz darzulegen.

Zu meiner Person und den wesentlichen Eckpunkten: Mein Name ist Walter Rothensteiner. Nach einem Studium der Handelswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien habe ich 1975 meine Laufbahn im Bankenbereich bei der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien begonnen, wo ich bis 1990, zuletzt als Mitglied der Geschäftsleitung sowie als Vorstandsmitglied der LLI, tätig war. Bis 1994 war ich Vorstandsmitglied der AGRANA Beteiligungs-AG, um Anfang 1995 in den Vorstand der Raiffeisen Zentralbank zu wechseln, wo ich seit Juni 1995 und bis heute die Verantwortung als Vorsitzender des Vorstands trage.

Mit Juni 2012 wurde ich zum Generalanwalt des Österreichischen Raiffeisenverbandes bestellt, und seit 1995 bin ich auch Mitglied des Generalrates der Oesterreichischen Nationalbank. Zudem war ich über 18 Jahre lang, von 1997 bis Juni 2015, Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer, wo ich als Sprecher und Interessenvertreter der heimischen Kredit- und Versicherungswirtschaft zu agieren hatte und wesentliche Themen wie die Euro-Einführung sowie die Umsetzung von Basel III, aber auch die Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise ab dem Jahr 2008 zu begleiten hatte.

Ich möchte vorab deutlich machen, dass sich meine Wahrnehmungen in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand sowohl aus dieser zuletzt genannten Tätigkeit als Spartenobmann wie in der Folge punktuell auch aus meiner Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Zentralbank ergeben.

Lassen Sie mich also meine Berührungspunkte zum Untersuchungsgegenstand kurz umreißen: Am 11. Dezember 2009, also zu einem Zeitpunkt, da bereits erste Medienberichte über die Liquiditätsprobleme der Hypo zu lesen waren, habe ich in meiner Funktion als Spartenobmann auf Einladung des Finanzministeriums an einer Sitzung teilgenommen, an der meiner Erinnerung nach vor allem der Generalsekretär des Verbandes der österreichischen Landes-Hypothekenbanken, Wilhelm Miklas, sowie Vertreter des Finanzministeriums, Mag. Lejsek und Mag. Höllerer, teilgenommen haben. Dort informierte man uns – und ich beziehe mich hier ausdrücklich auf meine tatsächliche persönliche Erinnerung nach sechs Jahren in groben Zügen – darüber, dass die Kapitalisierung der Hypo Alpe-Adria äußerst angespannt sei und unter Umständen Beiträge des Hypothekenverbandes zur Stabilisierung der Hypo gefordert sein könnten.

In der Folge ging es bei dieser Sitzung dementsprechend vor allen Dingen um die Frage der Einlagensicherung der Hypothekenbanken im Wege der Pfandbriefstelle. Herr Miklas hat im Rahmen dieser Sitzung darauf hingewiesen, dass die Hypo bereits 30 Prozent ihrer Einlagen verloren habe, und deutlich gemacht, dass aus Sicht des Hypo-Verbandes die Liquidität der Bank in erster Linie als ein bayerisches Problem zu betrachten und von dort aus zu lösen sei. Die Bundessparte Bank und Versicherung hat diese Position unterstützt, und das war meiner Wahrnehmung nach auch ganz klar die Position des Finanzministeriums zu diesem Zeitpunkt.

Einen zweiten direkten Berührungspunkt zum Untersuchungsgegenstand hat es dann zwei Tage später, am Sonntag, dem 13. Dezember 2009, in der sogenannten Verstaatlichungsnacht gegeben. Hier wurde ich zwischen 19 und 20 Uhr gemeinsam mit den Herren Treichl für die Erste Bank, Koren für die BAWAG, Cernko für die Bank Austria und Harold für die damalige Hypo Investment AG – das ist die heutige Hypo Niederösterreich – in meiner Funktion als Generaldirektor der RZB kurzfristig zu einem Gespräch ins Finanzministerium gerufen. Weitere Teilnehmer an dieser Gesprächsrunde waren der Finanzminister, der Finanzstaatssekretär sowie der Notenbankgouverneur und sein Stellvertreter Mag. Ittner.

Die Botschaft an die Bankenvertreter in dieser Sitzung war insofern eindringlich, als von den übrigen österreichischen Banken Kapitalbeiträge zur Stabilisierung der Hypo möglichst zu leisten seien, um eine Insolvenz der Bank abzuwenden. Conclusio dieses Gespräches war, dass der österreichische Bankensektor über die Bereitstellung von 500 Millionen € für die Liquidität der Risikobegrenzungen gesprächsbereit war.

Über diese beiden beschriebenen Sitzungen hinaus hat es meinerseits keine Initiativen, Gespräche oder Interventionen mit oder bei relevanten Akteuren in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand gegeben. Den Inhalt der beiden Sitzungen habe ich kursorisch umrissen, werde aber versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen allfällige Fragen dazu natürlich zu beantworten.

Erlauben Sie mir, abschließend noch auf einen in den Medien seither immer wiederkehrenden Mythos einzugehen, der die Relevanz der Hypo Group Alpe-Adria für den Raiffeisen-Sektor betrifft: Es wird verschiedentlich gerne in den Raum gestellt, die Raiffeisen Bankengruppen habe überproportional von der Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria profitiert und daher entsprechend Einfluss auf den Gang der Dinge genommen. – Dazu halte ich unter Wahrheitspflicht unmissverständlich fest: Es hat weder von mir als Generaldirektor des Spitzeninstituts der Raiffeisen-Gruppe persönlich noch in meinem Auftrag, Wissen oder unter meiner Duldung irgendeine direkte oder indirekte Einflussnahme auf die Oesterreichische Nationalbank, die FMA oder sonstige Stellen oder relevante Entscheidungsträger in dieser Angelegenheit gegeben.

Wir, die Raiffeisen Bankengruppe, haben genauso wie alle anderen Banken dieses Landes und die österreichische Volkswirtschaft insgesamt die Verstaatlichung der Hypo Alpe-Adria als einen notwendigen und richtigen Schritt in einer äußerst angespannten Lage der globalen europäischen Wirtschaft wahrgenommen.

Dass die Raiffeisen Bankengruppe von der erfolgten Verstaatlichung singulär profitiert hätte oder, umgekehrt, von der primären Auswirkung einer Insolvenz massiv betroffen gewesen wäre, ist allerdings ein Mythos, den ich hiermit klar zurückweisen möchte. Im November 2009 belief sich das Obligo der gesamten Hypo gegenüber der RZB-Gruppe auf nicht einmal 10 Prozent des damals erwirtschafteten Jahresüberschusses. Die vom Bundeskanzleramt, dem Finanzministerium, der Notenbank und der FMA offenbar erkannte Notwendigkeit der Verstaatlichung ergab sich somit wohl nicht aus der speziellen Berücksichtigung der Betroffenheit einer bestimmten Bank oder Bankengruppe in Österreich, sondern vielmehr aus einer sehr realistischen Einschätzung des gesamtwirtschaftlichen Schadens für die Republik Österreich sowie der drohenden Konsequenzen für die Rating-Einstufung der Republik und für den heimischen Finanzplatz insgesamt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und stehe nun gerne Ihren Fragen Rede und Antwort. – Danke schön.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, Herr Dr. Rothensteiner, für Ihre einleitende Stellungnahme.

Somit kommen wir zur Erstbefragung.

Welches Bild haben Sie einerseits als langjähriger, sehr erfahrener Spartenobmann und andererseits als Vorstandsvorsitzender eines Mitbewerbers von der Hypo Kärnten in dem Zeitraum bis zum Erwerb durch die Bayern gewonnen?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich glaube, als Spartenobmann hat man in erster Linie die Thematik, zu versuchen, dass der Finanzplatz Österreich keinen Schaden nimmt. Und man kann ja mehrfach nachlesen – das ist ja nicht nur eine österreichische Aussage –, dass das Zusammenbrechen eines großen Institutes letztendlich zu Ratingauswirkungen und zur Frage führt, ob österreichische Banken vom Ausland noch refinanziert werden et cetera. Als Mitbewerber war das für die Raiffeisen Zentralbank in Wahrheit kein Thema, weil die Raiffeisen Zentralbank im Wesentlichen österreichische Großkunden finanziert, da hat es kaum Überschneidungen gegeben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Meine Frage galt jetzt noch gar nicht den Auswirkungen, sondern einfach einmal dem Bild, das Sie gewonnen haben: Es gab da in Kärnten eine Bank, die sehr exzessiv expandiert, die auch ausgiebigst von den Landeshaftungen Gebrauch macht und die sich in Südosteuropa doch sehr stark ausbreitet. Wie haben Sie das als Spartenobmann gesehen? War das, was die dort betrieben haben, bis zu dem Zeitpunkt, als die Bayern dann gekauft haben, für Sie, und zwar nicht als Mitbewerber in irgendeiner Weise, sondern als Bundesspartenobmann, auffällig beziehungsweise besorgniserregend, oder war das business as usual?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich glaube, die Bundessparte ist eine Institution zur Interessenvertretung der Banken. Daher hat dort niemand über die Frage, wie eine einzelne Bank welche Geschäfte betreibt, diskutiert, und daher ist dieses Thema eigentlich auch in der Bundessparte nicht vorgekommen. Ich habe mir zur Vorsicht auch die Protokolle der Spartenkonferenzen in diesen beiden Jahren angeschaut: Dort kommt die Hypo gar nicht vor. Also insofern ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja. Jetzt macht man sich aber ein Bild. Ein Spartenobmann ist im Bilde über seine Banken, das setze ich einmal als Selbstverständlichkeit voraus. Das kann ein formelles oder informelles Bild sein, aber jedenfalls gehe ich davon aus – und bitte korrigieren Sie mich, wenn es nicht so war! –, dass Sie im Wesentlichen wohl über die Entwicklung der Hypo Kärnten auch im Bilde waren.

Dr. Walter Rothensteiner: Dieser Meinung bin ich an sich nicht, weil wir über die Details einzelner Bankinstitute in der Sparte weder diskutieren noch darüber wissen. Diese Dinge kann man immer nur den Medien entnehmen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Aha. Das haben Sie den Medien entnommen?

Dr. Walter Rothensteiner: Eine offizielle Darstellung des Hypo-Sektors gegenüber der Sparte oder dem Spartenobmann gibt es tatsächlich nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und informelle Informationen hatten Sie auch keine?

Dr. Walter Rothensteiner: Gerüchte gibt es natürlich in unserer Branche immer. Aber ich habe nichts Handfestes zu diesem Zeitpunkt gewusst.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Handfestes haben Sie nicht gewusst.

Wann haben Sie sich denn erstmals konkret mit der Hypo Kärnten beschäftigt?

Dr. Walter Rothensteiner: Eigentlich erst bei diesen beiden Terminen, die ich hier zitiert habe, weil das, wie gesagt, in meinem sonstigen täglichen Geschäft nicht vorgekommen ist, weder in der Sparte noch in der Branche.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist Ihnen als langjährigem Spartenobmann so etwas wie das Auftauchen der Swapverluste, die Abberufung des Vorstands, der Wechsel des Vorstandsvorsitzenden in den Aufsichtsrat auch sonst untergekommen? Ist das usual?

Dr. Walter Rothensteiner: Da muss ich passen. Usual ist das wahrscheinlich nicht. Aber ich kann nicht ausschließen, dass es so etwas woanders auch schon gegeben hat.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Na ja, nicht ausschließen: Wie oft wird es denn vielleicht passiert sein?

Dr. Walter Rothensteiner: Sicher nicht oft.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sicher nicht oft.

Ist es sinnvoll für die Reputation der Bank, einen Vorstandsvorsitzenden, den man unter solchen Umständen abzuberufen hatte beziehungsweise der ja von der FMA abberufen wurde, zum Aufsichtsratsvorsitzenden zu machen?

Dr. Walter Rothensteiner: Das wäre eine persönliche Einschätzung, die mir eigentlich nicht zusteht. Rein persönlich sage ich, dass man darüber nachdenken muss, aber ein Urteil in meinen Funktionen ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Als Spartenobmann war das für Sie nicht von Interesse.

Dr. Walter Rothensteiner: Nein.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Dann bitte ich Sie, dass Sie auf diese beiden Sitzungen, die Sie in der einleitenden Stellungnahme erwähnt haben, hinschauen und dass wir darauf noch einmal eingehen.

Wie war bei der ersten Sitzung, die mit Miklas, Lejsek und Höllerer stattgefunden hat, Ihre Position zur Frage einer Hilfe aus dem Bankensektor?

Dr. Walter Rothensteiner: Nach meiner Erinnerung – und ich bitte um Verzeihung, dass mir Details nicht erinnerlich sind, weil das sechs oder sieben Jahre her ist – ist es dabei sicher nicht um eine Hilfe aus dem Bankensektor gegangen, sondern da ist es, wenn, um die Frage gegangen, wie innerhalb des Hypo-Sektors dieses Thema zu handeln ist. (Die Auskunftsperson wird aufgefordert, das Mikrophon näher heranzurücken, was diese auch tut.) Da ist es sicherlich um die Frage gegangen, wie der Hypo-Sektor mit dem vorgeht, sonst wäre nicht Miklas dort gewesen und von einer anderen Institution niemand. Ich war da offensichtlich als Bankensprecher geladen, um mir das anzuhören. Aber da ist es mit Sicherheit zu keinen entscheidenden Aussagen in irgendeiner Richtung gekommen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sind Sie als Vertreter des Bankensektors konkret aktiv um Mithilfe gefragt worden?

Dr. Walter Rothensteiner: In dieser Sitzung nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Nicht. Das war ein reines Informationsgespräch. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!)

Und kam es beim zweiten Gespräch zu dem Ansinnen – und zu welchem Ansinnen –, dass die Banken dabei überhaupt und wie helfen sollten? Wer hat das gerichtet?

Dr. Walter Rothensteiner: Die Idee war, dass die Banken gemeinsam Eigenkapital in die Hypo einbringen sollten. Das ist relativ kurzfristig gekommen. Das wäre auch – und das haben, glaube ich, alle Kollegen in der Runde gesagt – technisch gar nicht machbar gewesen. Das einzige Thema war, über die Frage zu reden, ob man der Bank in Sachen Liquidität hilft, dass sie nicht zahlungsunfähig wird, weil – landläufig formuliert – plötzlich kein Geld mehr da ist. Aber Kapital einzubringen hätten wahrscheinlich alle Institute in ihren Aufsichtsräten gar nicht durchgebracht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hat es ein konkretes Hilfeansinnen über einen bestimmten Betrag gegeben?

Dr. Walter Rothensteiner: Die Idee war ja, etwa 500 Millionen € wünscht man sich.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und hat sich der Bankensektor je dazu bereit erklärt?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein. Liquidität ja, da ist ja auch im Nachhang einiges passiert. Aber Eigenkapital in ein Konkurrenzinstitut quasi über Nacht einzubringen ist ganz einfach schon einmal technisch nicht möglich.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist das von allem Anfang an verneint worden, oder hat man das einmal in Schwebe gelassen und dann abgelehnt? Oder hat man immer konsequent dazu Nein gesagt?

Dr. Walter Rothensteiner: Nach meiner Erinnerung immer konsequent, auch war der Zeitraum viel zu kurz, um so etwas überhaupt länger zu diskutieren.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Lief das Ganze unter einem enormen Zeitdruck ab?

Dr. Walter Rothensteiner: Ab 11. etwa wusste man, dass es dort ein Liquiditätsproblem gibt, und ein Liquiditätsproblem führt natürlich irgendwann auch zu einem Kapitalproblem, und am 13. war die Sitzung, und das war Samstag/Sonntag.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wodurch hat sich das Liquiditätsproblem ergeben?

Dr. Walter Rothensteiner: Offensichtlich hat die Bank jede Menge Einlagen verloren. Damit hat sie weniger Geld, Bargeld – Bargeld, also Geld – zur Verfügung gehabt. Dann ist auch immer die Frage, wenn andere Banken hören, er hat ein Problem, können sie noch kurzfristig Gelder woanders aufnehmen. Daher wurde ja am 13. auch darüber diskutiert, ob man Liquidität zur Verfügung stellen kann.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist da ein Betrag in der Rede gewesen?

Dr. Walter Rothensteiner: Das hat sich in derselben Dimension bewegt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist das in Aussicht gestellt oder gar zugesagt worden?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe mir da aufgeschrieben: Könnte angedacht werden. – Fürs eigene Haus habe ich festgestellt, dass wir nach der Übernahme durch die Republik unsere Linien um etwa 100 Millionen € ausgeweitet haben, also unseren Anteil haben wir also gemacht. Was die anderen gemacht haben, entzieht sich meiner Kenntnis.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie Ihren Anteil auch in dieser Sitzung schon in Aussicht gestellt?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: In der Sitzung selbst, wie war da ihr Erklärungsverhalten?

Dr. Walter Rothensteiner: In der Sitzung ging es darum, dass man, nachdem man gesagt hat: Kapital Nein!, über die Frage Liquidität diskutieren will. Aber es ist dann nicht vereinbart worden, in welchem Ausmaß wann weiter verhandelt wird, sondern damit ging man auseinander. Und, wie gesagt: Es hat dann wahrscheinlich jede einzelne von den Großbanken Vereinbarungen getroffen. Wir haben ihnen Kapital beziehungsweise –Entschuldigung! – Liquidität zur Verfügung gestellt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wenn Sie jetzt von dem Liquiditätsabzug und von dem Bedarf der Hypo an Geld gesprochen haben, stelle ich die Vorfrage zuerst: Worauf ist dieser Liquiditätsabzug zurückzuführen gewesen?

Dr. Walter Rothensteiner: Da bin ich natürlich überfragt. Zum einen hat es sicherlich im Vorfeld durchaus Gerüchte gegeben, dass auch Abhebungen passiert sind. Es kann natürlich durchaus auch sein, dass Banken rundherum gesagt haben: Ich kürze meine Linien zusammen, weil die Bank schon in der Zeitung steht. Das kann ich aber nicht nachvollziehen. Ich gehe davon aus, dass das einer der Gründe war.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War aus Ihrer Sicht die Bestellung eines Regierungskommissärs um diese Zeit angezeigt?

Dr. Walter Rothensteiner: Da bin ich überfragt. Das ist nicht meine Materie. Da könnte ich nur mutmaßen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt macht man sich als Spitzenbank und vor allem als Spartenobmann primär unter diesem Aspekt wohl auch Gedanken darüber, welche Bedeutung dieses Instrument des Regierungskommissärs hat, welche Folgen und Auswirkungen das haben wird und dass das wohl eine Ultima Ratio ist, die höchst verderblich ist, nicht?! (Auskunftsperson Rothensteiner: Natürlich!) Eben.

Dr. Walter Rothensteiner: Aber das hat sich dann offensichtlich nicht mehr gestellt, nachdem es den Beschluss zur Verstaatlichung gegeben hat.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wenn der bestellte Kommissär, der ja schon unten war, aktiv geworden wäre, welche Folgen hätte das Ihrer Einschätzung nach im Falle der Nichtverstaatlichung gehabt?

Dr. Walter Rothensteiner: Wie gesagt, ich bin nicht der Fachmann für dieses Thema, aber ich gehe davon aus, dass das den Prozess in Richtung Insolvenzgefährdung beschleunigt hätte, denn damit wird das ja offenkundig, damit weiß das ja jeder.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Können Sie das in einen ungefähren Zeithorizont stellen?

Dr. Walter Rothensteiner: In unserer Branche passieren diese Dinge dann relativ schnell. In dem Moment, wo die ganze Community feststellt, mit der Bank gibt es ein Problem, werden am nächsten Tag von den diversen in- und ausländischen Banken Linien gekürzt, und dann kommt man relativ schnell in Schwierigkeiten.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und in den Medien ist das auch?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, mit Sicherheit; ja, ist es auch.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist Ihnen damals oder im Nachhinein die Entwicklungsgeschichte der Hypo bis zur Verstaatlichung etwas näher bekannt geworden?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, an sich nicht. Wir haben ... Also, wie gesagt, da das Konkurrenzunternehmen sind ...; und in der Bundessparte wird nicht über die einzelnen Konkurrenten in ihrem Geschäftsbereich diskutiert.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Also formal stimme ich Ihnen ja immer zu, wenn Sie zurückhaltend sind, Herr Dr. Rothensteiner, aber ein solcher Insider, wie Sie es sind, ein Spartenobmann, mit dieser Erfahrung, und Vorstandsvorsitzender eines ... – ich spreche Sie jetzt gar nicht primär als Vorstandsvorsitzenden an, sondern eben als Spartenobmann; das halten wir schon auseinander –, da fällt mir die Vorstellung einfach schwer, dass man da nicht im Bilde ist.

Dr. Walter Rothensteiner: Ich glaube Ihnen das, Herr Doktor. Es kann ja durchaus sein, dass ich eine private Meinung dazu hatte, aber in der Funktion Spartenobmann ist das kein Thema, und für die RZB war es schon gar keines, weil es so gut wie keine Geschäftsverbindungen gegeben hat. Dass wir natürlich bei unseren Balkantöchtern durchaus vermerkt haben, dass die Geschäftspolitik des Konkurrenten Hypo Alpe-Adria am Balkan etwas auffälliger war als die unsere – ja, aber das gehört zum Geschäft.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie etwas davon mitbekommen, dass die Bayern sich schon früher von einer Auslandsbeteiligung getrennt haben, von der Riječka banka?

Dr. Walter Rothensteiner: Die hat dann irgendwann ... Ich weiß nicht, wer die übernommen hat (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!); ich weiß, dass die Riječka irgendwann verkauft wurde ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, und unter welchen Umständen das erfolgt ist, wissen Sie darüber etwas?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein; sicher nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, dann bedanke ich mich für Ihre Antworten im Rahmen der Erstbefragung.

Dr. Walter Rothensteiner: Gerne.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Pilgermair, für die Erstbefragung, danke auch für die einleitende Stellungnahme.

Wir steigen in die erste Runde ein.

Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Lugar. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Dr. Rothensteiner, Sie haben ja gesagt – und das haben wir auch schon von anderen gehört –, dass am Anfang alle dagegen waren, da einzugreifen, da notzuverstaatlichen oder Sonstiges, und man das immer als bayerisches Problem gesehen hat; das haben Sie heute auch hier ausgeführt.

Dr. Walter Rothensteiner: Liquidität, habe ich gesagt, war das bayerische Problem. (Abg. Lugar: Mhm!) Die Bayern waren Großaktionäre, und normalerweise muss ein Hauptaktionär dafür sorgen, dass eine Bank ausreichend zahlungsfähig ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber auch was die letztliche Notverstaatlichung betrifft, waren ja alle – Finanzministerium, Notenbank – am Anfang dagegen, das zu 100 Prozent notzuverstaatlichen. Da hat es alle möglichen Ideen gegeben – Burden Sharing –, also ganz viele verschiedene Varianten, die eben nicht 100 Prozent Notverstaatlichung geheißen haben. Haben Sie davon gewusst?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was haben Sie überhaupt gewusst, als Sie zur Lösung des Problems Hypo geladen wurden?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe im Vorfeld erfahren, dass die Thematik heißt, Kapital in die Hypo einzahlen, und habe natürlich so wie meine Kollegen sofort reagiert und gesagt: In der Geschwindigkeit schon gar nicht und ob überhaupt möglich, ist sehr fraglich!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also Ihnen hat man nur gesagt, die Hypo braucht Kapital; sie steht gesund da, es gibt kein Problem ...

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, wenn sie gesund dagestanden wäre, würde sie nicht Kapital brauchen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na, warum? Sie haben ja gesagt, es hat Abflüsse gegeben, Sie wissen nicht genau, warum (Auskunftsperson Rothensteiner: Aber es geht um ...!); dass die Bayern diese Abflüsse zu verantworten haben, haben Sie nicht gewusst.

Dr. Walter Rothensteiner: Es geht um die Frage einerseits Liquidität, andererseits Kapital, weil es ja da regulatorische Erfordernisse gibt. Eine Bank kann genügend Kapital haben, aber keine Liquidität, dann ist sie tot. Umgekehrt, wenn sie nicht genügend Kapital hat, aber genug Liquidität, wäre sie zwar nicht tot, aber sie wird zugesperrt. Also in beiden Fällen war klar: Da tut sich irgendetwas.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, und was war es nach Ihrem Wissensstand zu dem Zeitpunkt bei der Hypo genau?

Dr. Walter Rothensteiner: Nach meinem Wissensstand – ich habe das ja in der Einleitung ausgeführt –: Sie hat Einlagen verloren, daher ist die Gefahr, dass sie nicht genügend Liquidität hat. Und Sie wissen, was passiert, wenn öffentlich bekannt wird, eine Bank hat allenfalls nicht genügend Liquidität: Dann haben Sie Schlangen vor dem Schalter, und die Leute wollen Geld abheben, und dann ist der Zug abgefahren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, bei dieser Besprechung – am 11.12. war die, glaube ich – hat man Ihnen vonseiten des Finanzministeriums gesagt, dass die Bank Liquiditätsprobleme hat, weil eben Einlagen abgezogen werden. Stimmt das so?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich bin nicht sicher, ob das vonseiten des Finanzministeriums war; es kann auch Dr. Miklas gewesen sein. Ich habe nur in Erinnerung, dass dort in der Runde klar war: Die Bank wird Liquidität brauchen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber wer ist an Sie herangetreten? Sie haben ja 500 Millionen in Aussicht gestellt.

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe dem Herrn Verfahrensrichter schon gesagt, ich war dort quasi nicht als handelnde Person, sondern ich bin als Spartenobmann informiert worden; und das Thema Liquidität einbringen, unter Umständen, ist ja erst am Sonntagabend diskutiert worden und nicht in dieser Runde.

In dieser Runde, am 11., ging es um die Frage: Kann der Hypothekenbanken-Sektor dieses Thema für sich lösen, und wie löst er das, oder mit der Hilfe der Bayern?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber man muss ja auch darüber sprechen, wo das Problem herkommt. Sie werden ja nicht dort hingehen, und dann heißt es: Es gibt ein Problem, wo ist die Lösung?, und keiner stellt die Frage, woher das Problem kommt.

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, ich war dort nicht eine der handelnden Personen, die zu sagen hatte, woher und wohin. Ich habe mir das angehört, ich bin informiert worden ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber was genau? Das ist ja meine Frage: Was haben Sie sich angehört?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Bank zu wenig Geld hat, um es landläufig zu formulieren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Zu wenig Kapital oder Liquidität?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, Geld heißt Liquidität.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay, das heißt, sie hatte zu wenig Liquidität. Dass das deshalb so war, weil die Bayern Liquidität abgezogen haben, haben Sie nicht gewusst?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Haben Sie auch nicht danach gefragt (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein!), warum die Bank zu wenig Liquidität hat?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie waren wild entschlossen, der Bank Liquidität zu geben?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, war ich nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ab wann waren Sie wild entschlossen?

Dr. Walter Rothensteiner: Am Sonntagabend – ich habe das ja schon mehrfach ausgeführt – war es Conclusio, die Frage, dass die Banken bereit sind, über die Frage einer Liquiditätserhöhung zu diskutieren (Abg. Lugar: Ja, okay!); und dann sind wir auseinandergegangen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gut, das heißt, zu dem Zeitpunkt wussten Sie dann schon, woher das Liquiditätsproblem kommt.

Dr. Walter Rothensteiner: Ich glaube nicht, dass wir über das diskutiert haben, denn es ist letztendlich auch relativ wurscht, um das einmal so zu sagen, warum die Bank kein Geld hat; sie braucht eines.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber Sie geben ja das Geld! Also wenn jemand zu mir kommt und sagt: Ich brauche Geld!, dann frage ich auch nicht: Wie viel?, sondern die erste Frage ist: Warum?, und dann vielleicht: Wie viel?

Dr. Walter Rothensteiner: Das ist die Frage.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na, was? Haben Sie die Frage –warum? – nicht gestellt?

Dr. Walter Rothensteiner: Na, warum soll ich die Frage stellen? Faktum, auch bestätigt vom Finanzministerium, war, dass die Bank ein Liquiditätsproblem hat; und es ist nicht meine Aufgabe als Spartenobmann, dort zu fragen, warum sie das hat. Sie hat es, und damit ist eine gewisse Gefährdung in der Bankenbranche gegeben und darum muss man darüber diskutieren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha, und Sie sind nicht auf die Idee gekommen zu fragen, warum die Bayern nichts machen?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe das vorher ausgeführt, dass Kollege Miklas dort gesagt hat, er sieht das als Problem der Bayern. (Abg. Lugar: Ja!)

Ich habe Ihnen ja zuerst gesagt, die Bayern waren Hauptaktionäre und normalerweise hat ein Hauptaktionär einer Bank schon dafür zu sorgen, dass die Bank funktioniert.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, das ist mir alles klar. Mir ist nur nicht ganz klar, warum Sie da bereit sind, einzuschießen, wo doch die Bayern verantwortlich wären.

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe nicht gesagt, dass wir bereit sind, einzuschießen. Wir haben am Sonntagabend alle gemeinsam besprochen, dass wir über die Frage einer gemeinsamen Liquiditätsstärkung diskutieren, gesprächsbereit sind – Punkt. Da hat noch keiner gesagt, er wird diesen Betrag einschießen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und über diese grundsätzliche Gesprächsbereitschaft hinaus gab es keine weiteren Zusagen?

Dr. Walter Rothensteiner: Gab es keine weiteren Zusagen!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie kommt dann Herr Pröll dazu, zu sagen, die Systembanken seien bereit? Und in einer Besprechung am 1.9. wird dann Herr Kranebitter aufgefordert, endlich diese Zusage wahrzumachen und an die Systembanken heranzutreten, um diese Liquiditätsbereitstellung abzuholen.

Dr. Walter Rothensteiner: Also ich kann das für mich ... (Zwischenruf des Abg. Krainer. – Abg. Lugar: 2010, 1.9.!)

Vorsitzende Doris Bures: Am allereinfachsten, Herr Abgeordneter – der Herr Klubobmann ist am Wort –, ist es natürlich, wenn Sie, wie wir das auch vereinbart haben, aus einem Dokument einen Vorhalt machen, und wenn dieses Dokument der Auskunftsperson auch vorgelegt wird.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na, ich will ja nur wissen, ob er überhaupt weiß, dass das so war.

Wenn Sie es nicht wissen, brauche ich es Ihnen gar nicht vorzulegen, nicht?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe Ihnen gesagt, unser Haus hat nachher, nach der Verstaatlichung, den Liquiditätsrahmen für die Hypo Alpe-Adria ausgeweitet, um etwa 100 Millionen €; damit sind wir gedanklich etwa dem gefolgt, obwohl wir nichts vereinbart haben, aber es war durchaus sinnvoll, das so zu machen, und damit war für uns der Fall erledigt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und auch als Sie die 100 Millionen zur Verfügung gestellt haben, haben Sie noch nicht gewusst, warum überhaupt Liquidität notwendig ist?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, das brauche ich auch nicht zu wissen. (Abg. Lugar: Brauchen Sie nicht!?) Wenn eine Bank in Schwierigkeiten ist, ist sie in Schwierigkeiten, und die Frage war: Kann man ihr helfen oder nicht?

Wie die Geschichte der letzten Jahre zeigt, ist die Frage, wie das entstanden ist, ja ohnehin breit diskutiert worden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nur nicht mit Ihnen?

Dr. Walter Rothensteiner: Na, war auch nicht notwendig.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha, verstehe; Sie waren nur dazu da, Geld zu geben, in dem Fall.

Dr. Walter Rothensteiner: Na, ich war nicht dazu da, Geld zu geben, sondern die österreichischen Großbanken gemeinsam haben gesagt: Wir können uns vorstellen, dass wir über die Frage zusätzlicher Liquiditätslinien gesprächsbereit sind! – Punkt; mehr war nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich würde Ihnen gern ein Dokument vorlegen, und zwar einen Rechnungshofbericht; den werden Sie wahrscheinlich kennen. (Auskunftsperson Rothensteiner: Glaube ich nicht!) – Ich gehe einmal stark davon aus, dass Sie ihn kennen beziehungsweise die Zahlen, die da drinstehen, und zwar geht es eben um die Kosten, die auf die Hypothekenbanken und auf die anderen österreichischen Banken im Fall einer Insolvenz zukommen würden. Schauen Sie sich das vielleicht einmal an! (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da reden wir beim Hypothekenbanken-Sektor von einem Betrag von 3,2 Milliarden und bei den anderen Banken von 1,5 Milliarden. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mich würde interessieren, ob Sie das gewusst haben, den Umfang, zu dem Zeitpunkt, als es um die Hypo gegangen ist.

Dr. Walter Rothensteiner: Also die genauen Beträge ...

Vorsitzende Doris Bures: Entschuldigung, würden Sie die Seite des Berichts nennen, damit die anderen Kolleginnen und Kollegen das im Dokument auch nachlesen können?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist Seite 226, Rechnungshofbericht zur Hypo Alpe-Adria ...

Vorsitzende Doris Bures: Bund 2015/5. (Abg. Lugar: Genau!)

Dr. Walter Rothensteiner: Dazu ist jedenfalls zu sagen, dass ich diese Summen so nicht kenne, auch nicht glaube. (Abg. Lugar: Aha! Sie glauben das nicht!) Man muss erstens einmal wissen, dass zu dem Zeitpunkt bei der Einlagensicherung die Einlagen nur bis 50 000 € garantiert waren, den Rest darüber hinaus hat die Republik garantiert. Zum Zweiten muss man auch wissen, dass im Bereich der Pfandbriefstelle der Hypothekenbanken eine Solidarhaftung aller Landes-Hypothekenbanken und aller Bundesländer gemeinsam besteht. Das heißt, es könnte zwar sein, dass die Banken in Vorlage hätten treten müssen, aber die hätten sich bei den Bundesländern regressiert. Also die Beträge wären mit Sicherheit nicht herausgekommen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha! Aber auch die Nationalbank hat zur Rechtfertigung der Notverstaatlichung ähnliche Beträge angeführt, beziehungsweise das sind ja die Berechnungen der Nationalbank.

Dr. Walter Rothensteiner: Ich sage ja: Es kann sein, dass die Banken aus der Pfandbriefstelle heraus zahlen mussten, und sie hätten sich das Geld von den Ländern und den anderen Hypothekenbanken zurückgeholt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wenn Sie sagen, das stimmt so nicht: Wie haben denn Ihre Berechnungen ausgesehen?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe keine Berechnungen mit. Ich weiß nur, dass ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hat es von Ihrer Seite welche gegeben?

Dr. Walter Rothensteiner: Wir haben in Summe überschlagsmäßig festgestellt, was das den Sektor kosten kann; das ist keine dramatische Zahl. Außerdem hätte es ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sagen Sie die Zahl einmal!

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, sage ich sicher nicht (Abg. Lugar: Wieso nicht?); ich nenne hier keine Zahlen. (Abg. Lugar: Wieso nicht?) Im Übrigen hätte das ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Verfahrensrichter, muss er keine Zahlen nennen, oder wie?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wenn er sie weiß, ja (Abg. Lugar: Ja, also bitte!); wenn er sie nicht weiß, dann wird er das erklären müssen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wissen Sie die Zahl nicht?

Dr. Walter Rothensteiner: Weiß ich nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Die Größenordnung wissen Sie auch nicht?

Dr. Walter Rothensteiner: Aber klar ist, aufgrund der Einlagensicherungskonstruktion hätten jedenfalls die Sparkassen zum Beispiel ziemlich genau denselben Betrag zahlen müssen und die anderen Sektoren halt aufgrund ihrer Größe ein bisschen weniger.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie haben vorher gesagt, es waren 2 Prozent des Gewinns 2009 – dann wissen Sie die Zahl ja! Da muss man ja nur wissen, was für einen Gewinn 2009 ...

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, da ging es ... Man muss das genau trennen. Wir sind leider – oder Gott sei Dank – ein sehr diversifizierter Sektor, wir haben 450 Institute in dem Land. Ich stehe der Raiffeisen Zentralbank vor, und die hatte damals ein Obligo, das bei 10 Prozent des Jahresgewinns war. Für die anderen Institute im Sektor, die selbständige Banken sind, kann ich keine Ausführungen machen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie sind ja Obmann des Sektors. Es wäre ja der ganze Sektor betroffen gewesen, das heißt, es wird ja wahrscheinlich Überlegungen gegeben haben. Im schlimmsten Fall – und das war ja nicht auszuschließen –, wenn die Hypo in Konkurs geht, wäre ja Vorsorge zu treffen gewesen; außer man geht hundertprozentig davon aus, dass das nicht passiert.

Dr. Walter Rothensteiner: Es gibt eine genaue Regelung der Einlagensicherung in Österreich. Da war ganz klar, was passiert, wenn der Hypo-Sektor es nicht allein tragen kann, wie viel sozusagen auf die anderen Sektoren hinüberschwappt. Das kann man ausrechnen, das war ganz klar nachrechenbar. Da waren aber keine besonderen Vorkehrungen zu treffen, so etwas kann immer passieren. Wir haben andere Bankthemen auch gehabt. Wir haben halt kleine Banken gehabt, da ist das schnell gegangen; das ist eine größere, da ist es halt mühsamer. Aber es ist nicht passiert, daher war keine Vorsorge zu treffen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber wenn man schon in Überlegungen eintritt, wenn man bereit ist, Liquidität zu geben, um die Bank zu retten, dann hat man sich wahrscheinlich überlegt, was im Worst Case passiert, was passiert, wenn es nicht gelingt, die Bank zu retten, und ob das vielleicht bestandsgefährdend ist. (Auskunftsperson Rothensteiner: Noch einmal, der Worst ...!) – Ich bin noch nicht fertig mit der Frage.

Sie waren ja auch an einigen Hypos beteiligt beziehungsweise über verschiedene Kredite und Sonstiges stark wirtschaftlich verflochten. Hat man sich da keine Sorgen gemacht?

Dr. Walter Rothensteiner: Also erstens einmal – ich komme noch einmal auf die Struktur der Raiffeisen-Gruppe zurück –, als RZB waren wir nicht beteiligt an einzelnen Hypos, sondern zwei unserer Landesbanken haben Beteiligungen an Hypos. Das sind selbständige Institute, die sind im Fall des Falles selbst zu befragen, was sie sich dabei gedacht haben. Aber sie sind alle Mitglieder der Raiffeisen-Einlagensicherung, und die hat keine Sorge gehabt, dass hier so viel quasi drüberschwappt, um es volkstümlich zu sagen, dass wir irgendeine Bestandsgefährdung daraus gehabt hätten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also Sie bestreiten diese hohen Summen, die hier als Rechtfertigung für die Notverstaatlichung seitens der Nationalbank angegeben wurden?

Dr. Walter Rothensteiner: Noch einmal: Ich bestreite die Summen nicht. Ich bestreite nur, dass die Auswirkungen auf die Raiffeisen Bankengruppe in einem Ausmaß wären, dass die in irgendeiner Weise in Schwierigkeiten gekommen wäre.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber wenn Sie uns nicht sagen, in welcher Größenordnung die Auswirkungen gewesen wären, können wir nicht einschätzen, ob es stimmt, was Sie sagen.

Dr. Walter Rothensteiner: Es muss Ihnen aber reichen, wenn ich sage, die Raiffeisen-Einlagensicherung hätte das locker gestemmt, so viel war das nicht, und die Summe wäre kaum höher gewesen als die bei den Sparkassen – und die werden in der Diskussion grundsätzlich herausgehalten, obwohl sie genauso im Boot waren; und dafür habe ich überhaupt kein Verständnis.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und wie ist es mit den sonstigen wirtschaftlichen Verflechtungen, die da zurückgewirkt hätten?

Dr. Walter Rothensteiner: Dieses Land lebt davon, dass die Institutionen, die im Land Wirtschaft betreiben, miteinander Geschäfte machen, so auch mit den Hypos und so auch Sparkassen, Volksbanken, Raiffeisenbanken. Das ist alles in einem Ausmaß ... Wenn Sie sich die Regularien anschauen, bis zu welchem Ausmaß man Kredite vergeben darf, welche Eigenkapitalunterlegungen et cetera man braucht, ist relativ klar im Griff, dass da keine überbordenden Summen herauskommen.

Vorsitzende Doris Bures: Zweite Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das kann man Ihnen jetzt glauben oder nicht (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja ...!), aber die Frage ist: Welche Summe haben Sie angesetzt? (Auskunftsperson Rothensteiner: Bitte?) – Welche Summe wurde ...

Dr. Walter Rothensteiner: Wir haben gar keine Summe angesetzt, weil es nicht schlagend wurde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber bereitet man sich nicht vor auf ...

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, denn es gibt ein genaues Schema, was passiert, wenn eine Insolvenz einer Bank passiert und die jeweilige Einlagensicherung des Sektors das nicht stemmt, wie viel dann auf die anderen Sektoren übergreift. (Abg. Lugar: Ja, also ...!) Nachdem es dazu nicht gekommen ist, waren keine Vorbereitungen zu treffen (Abg. Lugar: Okay!), aber es steht völlig außer Zweifel, dass wir im Fall des Falles ausreichend vorgesorgt hätten, um das zu lösen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie haben nicht nachgerechnet, was das im Falle der Insolvenz kosten würde – könnte ja auch sein: weil Sie nicht mit einer Insolvenz gerechnet haben, weil Sie wussten, dass die Bank unter allen Umständen gerettet wird, koste es, was es wolle.

Dr. Walter Rothensteiner: Also das ist eine Unterstellung, dass wir wussten ... Aber ich gehe ganz einfach davon aus – und das können Sie mir als Spartenobmann nicht verwehren –, dass ich sage, die Insolvenz einer Großbank, wo immer sie herkommt, ist für diesen Bankplatz eine katastrophale Veranstaltung. Daher waren alle meine Kollegen, ganz genauso wie ich, der Meinung, dass man das möglichst verhindern muss. Das hat überhaupt nichts mit der Frage zu tun, wer im Insolvenzfall was hätte zahlen müssen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie sind davon ausgegangen, die Hypo wird auf keinen Fall insolvent werden, weil das nicht akzeptabel ist.

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, ich bin davon ausgegangen, dass es eine Katastrophe ist, wenn sie insolvent wird; aber ich habe keine ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber dann ist ja der Umkehrschluss ganz logisch, dass Sie das niemals in Betracht ziehen, weil das keiner machen wird.

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, ich war auch nicht zu fragen, nicht? Ist ja nicht meine Entscheidungskompetenz, ob die Hypo in Insolvenz geht oder nicht!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Natürlich, weil Sie ja auch um Unterstützung gefragt wurden!

Dr. Walter Rothensteiner: Ja schon, aber es kann ja nicht sein, wenn man wen fragt: Gib mir Geld, sonst bin ich tot! – Dann bist du schuld, wenn ich tot bin! So geht das auch nicht!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Die Bayern haben das aber erfolgreich mit Österreich gemacht, nicht?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, also die bayerischen Methoden sind außerhalb meines Fokus, dazu kann ich gar nichts sagen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha! Aber Sie haben nichts davon gewusst, dass die Bayern die Bank absichtlich in Schieflage gebracht haben, um uns das Messer anzusetzen. Das wussten Sie nicht.

Dr. Walter Rothensteiner: Noch einmal: Da geht es um ein Konkurrenzinstitut; die haben uns nicht täglich erzählt, welche Probleme sie mit ihren Eigentümern haben. Das würde ich auch nicht tun.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und das Finanzministerium hat Sie nicht ins Vertrauen gezogen?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich glaube, das dürfte das Finanzministerium gar nicht, weil es hier um Geschäftsgeheimnisse geht. Es ist ja nicht so, dass man das alles öffentlich darstellen kann.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es ist ein Geschäftsgeheimnis, wenn die Bayern die eigene Bank in Schieflage bringen, um Österreich zu erpressen; das ist ein Geschäftsgeheimnis?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, zumindest mir brauchen sie es nicht zu erzählen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum nicht?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, warum? – Sie erzählen mir ja auch nicht, wann sie mit dem Auto nach Deutschland fahren. Warum sollen sie mir erzählen, dass sie mit ihrer eigenen Bank Probleme haben?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie hätten ja aus den Auswirkungen einen Schaden gehabt; auch wenn er gering ist, wie Sie sagen, aber Sie hätten einen Schaden gehabt.

Dr. Walter Rothensteiner: Den kann ich nicht verhindern. Wenn eine Insolvenz entsteht, gibt es ein genaues Prozedere, wie abzuwickeln und zu zahlen ist – und da hätten wir mitzahlen müssen, und das hätte uns nicht in Schwierigkeiten gebracht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, das stimmt; aber Sie hätten es sehr wohl verhindern können: wenn man sich entsprechend abspricht und Lösungen findet, die die Insolvenz verhindern.

Dr. Walter Rothensteiner: Aber nur in einem Ausmaß, wie ich zuerst gesagt habe, indem Eigenkapital seitens der anderen Banken zur Verfügung gestellt wird. Und das war in keiner Phase eine denkbare Vorgangsweise, weil das die Eigentümer der anderen Banken nicht akzeptiert hätten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Ihre Bereitschaft, Liquidität beizusteuern, war nicht bestandssichernd?

Dr. Walter Rothensteiner: Liquidität und Eigenkapital sind zwei verschiedene Veranstaltungen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja! Das heißt, Sie hätten also auch damit rechnen müssen, dass sie möglicherweise trotzdem in Konkurs geht. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja, sicher!) Aber Sie haben vorhin gesagt, es war undenkbar, dass sie in Konkurs geht.

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe nicht gesagt, das ist undenkbar, ich habe gesagt, es ist eine Katastrophe für den Finanzplatz, wenn eine große Bank zugrunde geht. Aber wenn sie zugrunde geht, kann ich es leider nicht verhindern.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, das ist mir schon klar. Aber die Frage ist, ob man einwirken kann, dass sie nicht zugrunde geht.

Dr. Walter Rothensteiner: Noch einmal: Wenn ich einwirke oder nicht einwirke, hat das die Bayern und sonstige Akteure nicht besonders bewegt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ah, Sie haben also eingewirkt, aber es hat sie nicht bewegt. (Auskunftsperson Rothensteiner: Wenn ich eingewirkt hätte!) – Hätte! Ach so, wenn Sie hätten – aber Sie haben nicht?

Dr. Walter Rothensteiner: Aber ich werde doch laut sagen dürfen, dass ich mir nicht wünsche, dass eine Bank in Konkurs geht, nicht?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber warum haben Sie dann nicht eingewirkt, wenn Sie so veranlagt und so eingestellt sind?

Dr. Walter Rothensteiner: Weil das zwei verschiedene Paar Schuhe sind: Als Bundessparte kann ich nicht eingreifen und als Bank tue ich es nicht. Aber ich werde ja ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nur, dass ich es verstehe: Sie sitzen im Finanzministerium, es geht um Gedeih und Verderb für die Hypo, und Sie haben natürlich auch Probleme – jetzt nicht nur volkswirtschaftlich und bankentechnisch, sondern auch persönlich – zu erwarten, also was die Bank betrifft (Auskunftsperson Rothensteiner: Persönlich ...!), und da sagen Sie nicht Ihre Meinung? Sie sagen nicht: Ich würde die Bank nicht in Konkurs gehen lassen, man muss alles tun, um sie zu retten!?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe, und das ist nachlesbar, auch in Pressekonferenzen immer gesagt, dass ich mir eine Insolvenz einer großen Bank nicht wünsche, weil das den Finanzplatz schädigt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das haben Sie gesagt bei den Verhandlungen, bei den Besprechungen?

Dr. Walter Rothensteiner: Das weiß ich nicht. Aber es ist nicht auszuschließen, ja, weil das immer meine Meinung war.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben es also gesagt?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, und? Da spricht ja nichts dagegen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Eh nicht! Aber da sind wir schon einen Schritt weiter. – Vielen Dank.

Dr. Walter Rothensteiner: Wieso? – Da habe ich jetzt die Folge nicht verstanden, aber das macht nichts.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Vorsitzende! Herr Dr. Rothensteiner! Machen wir in der Chronologie wieder einen Sprung zurück, nämlich ins Jahr 2006 – Swapverluste. Bilanzfälschung ist bei der Hypo Alpe-Adria aufgetaucht.

Welche Glaubwürdigkeit hatte die Bank dann in der Folge aus Ihrer Sicht beziehungsweise Ihren Wahrnehmungen zufolge allgemein in der Bankenlandschaft, in der Kreditwirtschaft?

Dr. Walter Rothensteiner: So eine Geschichte ist unrühmlich, das ist gar keine Frage, und es muss sich dann halt jede Bank, die mit der Bank Geschäfte macht, überlegen, in welchem Ausmaß sie die Geschäfte weiterführt oder nicht weiterführt. Das war bei uns kein Thema, weil wir fast kein Geschäft hatten.

Aber wie gesagt, ich habe das Problem ... Weil das immer wieder kommt: Als Bundessparte bin ich in das nicht eingebunden. Die Sparte hat die Aufgabe, die Banken, wenn möglich, als Interessenvertreter zu betreuen, und nicht nachzuwassern: Wer hat irgendwas wie angestellt? Dass es aus meiner persönlichen Sicht nicht lustig ist, wenn so etwas aufkommt, ist keine Frage, aber nicht mein Metier.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, Sie sind ja nicht nur als Spartenobmann geladen, sondern natürlich auch als RZB-Chef. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja, aber ...!) War die Glaubwürdigkeit der Hypo dann erschüttert aus Ihrer Sicht oder Ihren Wahrnehmungen zufolge oder nicht?

Dr. Walter Rothensteiner: Wir haben ja in den Kreditverträgen keine Klausel: Ist sie glaubwürdig oder nicht?, sondern es gibt da ein genaues Risikomanagement, das genau festzustellen hat: kann man mit der Bank in welchem Ausmaß Geschäfte machen. Es ist durchaus denkbar, dass nach dem Zeitpunkt quasi die Volumen reduziert wurden, aber das entzieht sich meiner Kenntnis, denn da ging es auch nie um irgendwelche riesigen Summen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ist das gemacht worden bei Ihrer Bank (Auskunftsperson Rothensteiner: Ich weiß es nicht!), dass man die Geschäftsbeziehung mit der Hypo zurückfährt?

Dr. Walter Rothensteiner: Aber wir hatten, wie ich Ihnen gesagt habe, ja 2009 auch noch eine Geschäftsbeziehung – zwar nur einen eher geringen Betrag, aber im Prinzip ist eine österreichische Bank mit österreichischer Konzession, die von der Finanzmarktaufsicht nicht zugesperrt wurde, normalerweise eine Bank, mit der man Geschäfte machen kann, nicht?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, aber Sie werden sich nicht nur auf die Finanzmarktaufsicht verlassen (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein, aber ein aufrechtes ...!), ob die die Lizenz zurückzieht. Das ist die letzte Notfallmaßnahme.

Dr. Walter Rothensteiner: ... aufrechtes Bankinstitut; im Jahr 2006 war das meines Erachtens keine große Diskussion in der Öffentlichkeit, und bei uns wahrscheinlich auch nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie beurteilen Sie die Eigenkapitalausstattung und die Refinanzierungsfähigkeit der Hypo damals?

Dr. Walter Rothensteiner: Da muss ich Ihnen sagen: Das ist jetzt zehn Jahre her, das kann ich Ihnen im Detail nicht sagen. Da müsste ich in der Bank ausheben, ob es da irgendwelche Unterlagen gibt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gar keine Erinnerung mehr dazu? Weil das ist ja nichts Alltägliches (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja, aber ...!), wenn solche Vorgänge bei einer Bank sind. Und als RZB-Chef und Spartenobmann wird man das ja genau beobachten, diese Vorgänge.

Dr. Walter Rothensteiner: Herr Dr. Hable! Die Hypo Alpe-Adria war im Konzert unserer Partnerbanken, mit denen wir Geschäfte machen, damals nicht besonders wichtig und späterhin auch nicht. Und da gibt es im Bereich der Finanzleute in der Bank genügend Leute, die das regulieren. Aber für mich ... auf meinen Schreibtisch ist das sicher nicht gekommen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Es ist ja dann im Jahr 2006/2007 diese Gruppe, diese Investorengruppe rund um Tilo Berlin eingestiegen. Da interessiert mich natürlich der Fremdvergleich. Hätte die Raiffeisen-Gruppe oder die RZB zum damaligen Zeitpunkt Interesse gehabt, bei der Hypo einzusteigen? (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein, sie ...!) Wäre das, wie manche hier gesagt haben, eine interessante Geschäftsinvestition gewesen mit Zukunftschancen?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, wäre es sicher nicht – aber aus einem einfachen Grund: Unser Haus hat am Balkan in allen Ländern respektable Banken. Und wir hätten, wenn man die Hypo dazugenommen hätte, in jedem Land ein Klumpenrisiko entwickelt, das ganz einfach zu groß ist. Daher war schon aus dem Fokus die Hypo kein Thema für uns.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Hätte dann ein Börsengang der Hypo Erfolg gehabt? Da hat es ja auch Vorstellungen gegeben, nämlich nach den Swapverlusten, nach der Bilanzfälschung, dass man die Bank noch immer an die Börse bringen könnte. Wie beurteilen Sie das?

Dr. Walter Rothensteiner: Da bin ich überfragt. Aber die Börsen sind mittlerweile sehr sensibel betreffend die Frage, was man an die Börse bringen kann und was nicht. Und man kann also wahrscheinlich nicht ...

Börsengänge haben eigentlich den Sinn, dass man sagt, das Wachstum einer guten Bank noch zu verbessern, aber nicht eine Bank, die allenfalls vor einer Diskussion steht, ob sie gut genug beieinander ist, an Kleinaktionäre verkaufen. Dann kann man sie verschenken, nicht? Aber das wollte ja auch niemand.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also das wäre unrealistisch gewesen – ein Börsengang?

Dr. Walter Rothensteiner: Also ich glaube nicht, dass das damals sehr viel Sinn gehabt hätte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Es hat ja die Gruppe rund um Berlin eine Sperrminorität erworben, 25 Prozent plus eine Aktie.

Jetzt aus Ihrem Expertenwissen als langjähriger Bankenchef heraus: Wenn man so etwas macht, unter welchen Voraussetzungen würde man so einen Einstieg machen beziehungsweise was muss man, was würde man vorher machen?

Dr. Walter Rothensteiner: Also ich bin da weit weg von den Themen, die mich tangiert hätten, aber ich sage ganz einfach: Das ist eine Frage des Eigentümers, und soviel ich weiß ... Ich weiß gar nicht: War zu dem Zeitpunkt das Land Kärnten noch völliger Eigentümer oder war da Bayern schon dabei? Da bin ich jetzt überfragt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist noch vor dem Einstieg von Tilo Berlin.

Dr. Walter Rothensteiner: Das war noch vor den Bayern. Also hat das Land Kärnten dorthin verkauft, und der Eigentümer Kärnten hat halt entschieden, er verkauft es dorthin. (Abg. Darmann: Landesholding und GRAWE!) – Bitte? (Abg. Darmann: Landesholding und GRAWE!) – Und der GRAWE, ja; einen Teil, ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Die Frage ist: aus der Käufersicht, aus der Investorensicht.

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, wir wären es nicht gewesen – aber aus schon oben genannten Gründen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber hätten Sie die Bank durchleuchtet (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein, weil ...!), wenn Sie 25 Prozent plus eine Aktie erwerben?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, weil ich ja von vornherein schon gewusst habe, was ich Ihnen zuerst gesagt habe: Wir brauchen sie in diesen Ländern nicht.

Wenn wir in Kroatien, in Serbien, in Slowenien – wo immer – unsere Banken haben, dann hat es keinen Sinn, dort noch eine dazu zu kaufen, weil das Klumpenrisiko pro Land dann zu groß wird. Daher war das von vorherein out of focus, dass wir dort zuschlagen wollen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber wenn die Konstellation anders gewesen wäre und Sie hätten Interesse gehabt: Hätten Sie die Bank genau durchleuchtet, hätten Sie eine Due Diligence gemacht?

Dr. Walter Rothensteiner: Na ja, ohne Due Diligence kann man keine Bank kaufen, nicht? Also wir zumindest nicht – ob das andere können, weiß ich nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich danke für diesen Zusatz, denn wir sind ja hier schon eines Anderen, eines Besseren belehrt worden – oder zumindest ist der Versuch unternommen worden.

Dr. Walter Rothensteiner: Also ich schränke ein: Wir würden es nicht tun.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Okay! Danke für die Klarstellung.

Wie lange würde so etwas – eine Due Diligence – Ihrer Erfahrung nach üblicherweise dauern bei einer Kommerzbank?

Dr. Walter Rothensteiner: Eine ordentliche Due Diligence einer Kommerzbank wird, würde ich sagen, unter vier bis fünf Monaten nicht gehen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na gut. Das haben wir bei der Hypo ganz anders erlebt, aber danke für diese Klarstellung. – So.

Machen wir dann einen Sprung ins Jahr 2009! Das haben Sie zum Teil ja schon in Ihrem Eingangsstatement ausgeführt. Da ist natürlich für mich eine entscheidende Frage: Wer wusste was wann und welche Konsequenzen wurden aus diesem Wissen gezogen?

Jetzt haben Sie geschildert, Ihre Hypo-Geschichte beginnt am 11. Dezember. Sie haben diese beiden Termine, 11. Dezember und 13. Dezember, geschildert. Hat es vorher keine Berührungspunkte gegeben – wesentliche?

Dr. Walter Rothensteiner: Keine, an die ich mich wirklich erinnern würde. Dass irgendwann einmal irgendwo vielleicht jemand gesagt hat: Hör dir an, was bei der Hypo allenfalls sein kann!, das mag schon sein. Aber es ist mir nichts in Erinnerung geblieben, was so wesentlich wäre, dass ich es mir irgendwo dokumentiert hätte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wesentlich im Sinne von: die Hypo könnte zusammenbrechen. (Auskunftsperson Rothensteiner: So ist es!) Ja. – Ist Ihnen davor etwas bekannt geworden? (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein!)

Gut, dann versuche ich sozusagen die Erinnerung ein bisschen zu unterstützen und lege das Dokument mit der Nummer 14419 vor. Ich bitte um Durchsicht und Rückmeldung, wenn Sie fertig sind. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Walter Rothensteiner: Daraus geht hervor, dass offensichtlich manche Leute gesagt haben: Ist womöglich „nicht mehr systemrelevant“. – Aber es gilt das, was ich zuerst gesagt habe: Ich kann mich an kein Faktum erinnern, dass mir das eins zu eins zur Verfügung gestellt worden wäre.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nur zur Erklärung: Das ist ein Schreiben vom 27. November 2009 vom Herrn Miklas in seiner Funktion als Generalsekretär des Hypo-Verbandes an den damaligen Vizekanzler und Finanzminister Pröll. Ich lege es Ihnen deswegen vor, weil Sie in cc sind, Herr Dr. Rothensteiner.

Dr. Walter Rothensteiner: Das mag durchaus sein, aber ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Einen Moment noch, ich bin noch nicht fertig! Ich muss das noch fertig erläutern.

Dieses Schreiben ist – zusammengefasst – ein dramatischer Appell, würde ich sagen, vom Herrn Miklas, also vom Hypo-Verband, gerichtet an den Finanzminister Pröll: ein dramatischer Appell, die Insolvenz zu verhindern.

Es wird darauf hingewiesen, dass insbesondere die Bundesländer betroffen wären – die Bundesländer, die, wie hier steht, „in der Regel erhebliche Haftungsverpflichtungen als jeweiliger Eigentümer ihrer Landes-Hypobank haben“ –, und zweitens, dass dadurch die Einlagensicherung ausgelöst würde und damit sozusagen die anderen Banken in die Ziehung kommen würden. Also Bundesländer und Banken hätten ein Problem, steht hier, und daher dieser dramatische Appell, die Insolvenz zu verhindern.

Und die Worte sind sehr klar! Im zweiten oder dritten Absatz steht hier: „Zusammenbruch der Hypo Group Alpe Adria“. – Also wir reden hier nicht von kurzfristigen Liquiditätsproblemen, sondern das, was hier auf den Tisch gelegt wird, ist ganz klar: Es wird gewarnt vor einem Zusammenbruch der Hypo Alpe-Adria und welche negativen Konsequenzen dieser für die Kreditwirtschaft hätte, insbesondere aufgrund der Einlagensicherung, aber auch für die Bundesländer. Das ist nämlich auch ein interessanter Punkt, der noch nicht in voller Stärke beleuchtet worden ist.

Dr. Walter Rothensteiner: Herr Doktor, das sind aber die Punkte, die ich zuerst aufgezählt habe: Die Länder zahlen und die Einlagensicherungen zahlen, und es gibt eine genaue Abwicklungsmethode, was wer wann zahlen würde. Das ist zehn Tage vor dem Termin gewesen.

Wie gesagt, mir ist es nicht in Erinnerung, aber wenn einer über meine Bank sagt: Du bist demnächst nicht mehr systemrelevant!, schreibe ich auch solche Briefe.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Zu den Bundesländern komme ich gleich, das ist ohnehin ein interessanter Punkt, den Sie aufgeworfen haben. Aber mich würde zuerst einmal Folgendes interessieren – wenn Sie es zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst haben, spätestens durch das Schreiben vom Herrn Miklas vom Hypo-Verband taten Sie es –: Was war Ihre Reaktion als RZB-Chef darauf? Da müssten doch alle Alarmglocken schrillen!

Dr. Walter Rothensteiner: Ich sage noch einmal: Ich kann dreimal herumkramen, ich habe keine Erinnerung mehr, was da passiert ist. (Abg. Hable: Wirklich?!) – Nein, wirklich nicht!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Da kriegen Sie ein Schreiben, in dem gewarnt wird vor dem Zusammenbruch der Hypo Alpe-Adria (Auskunftsperson Rothensteiner: Dieses Schreiben hat der Herr ...!), und es ist die Frage, was die RZB gemacht hat – natürlich auch alle anderen Banken, da haben Sie schon recht.

Dr. Walter Rothensteiner: Dieses Schreiben hat der Herr Finanzminister bekommen. (Abg. Hable: Und Sie! Auch Sie!) – Ja, aber er ist der Adressat. Die RZB hätte es, das weiß ich, nicht betroffen, denn in dem Ausmaß, in dem wir engagiert waren, hätte das nichts ausgemacht. Und es kann durchaus sein – ja, das ist wahrscheinlich eine Woche vorher gekommen –, aber ich habe keine Erinnerung mehr daran. Es tut mir leid, mehr kann ich dazu nicht sagen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aber Sie haben sich das durchgerechnet und sind draufgekommen: Sie wären davon nicht betroffen.

Dr. Walter Rothensteiner: Das war von vornherein klar, denn wenn ich mein Obligo gewusst habe damals, und das war sehr gering – ich habe die Maßzahl zuerst genannt –, dann ist daraus keine Panik entstanden.

Ich sage noch einmal: Wenn eine Bank öffentlich als gefährdet dargestellt wird, dann muss die Bank in der Form reagieren, und das hat sie auch gemacht. Und die Argumente habe ich alle derzeit genannt: Österreich, Länder, Einlagensicherung.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Haben Sie dann mit dem Herrn Pröll gesprochen? (Auskunftsperson Rothensteiner: Na, sicher nicht!) – Sicher nicht, gut.

Dann gehen wir noch zu den Bundesländern, das ist ein interessanter Aspekt. Ihrer Wahrnehmung nach, Ihrem damaligen Kenntnisstand nach: In welcher Weise und in welchem Ausmaß wären die Bundesländer oder manche Bundesländer in die Ziehung gekommen, also in dem Sinn, dass sie hätten zahlen müssen bei einer Insolvenz der Hypo?

Dr. Walter Rothensteiner: Na ja, ich habe das zuerst genannt: Nach meinen Informationen haften ja für die Verbindlichkeiten der Pfandbriefstelle alle Hypos und alle Länder solidarisch. Dort wären am Ende des Tages sicher die Länder zum Zahlen gekommen.

Und es gab ja zu dem Zeitpunkt – soviel ich weiß – 18 Milliarden oder 17 Milliarden Haftungen des Landes Kärnten für Finanzierungen der Hypo. Nageln Sie mich nicht auf den Betrag fest, aber es muss in der Dimension gewesen sein. Und das hätte aus meiner Sicht auch dazu geführt, dass wahrscheinlich eine Insolvenz dazu geführt hätte, dass diese Haftungen beim Land Kärnten schlagend geworden wären.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Lassen wir das einmal beiseite! Das Land Kärnten haben wir schon oft diskutiert, mich würden die anderen Bundesländer interessieren.

Also die hätten als Ko-Haftender bei der Emissionsstelle (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja, Pfandbriefstelle!), also bei der Pfandbriefstelle, wo gemeinsam Anleihen begeben worden sind beziehungsweise wo einer begeben hat, aber alle mitgehaftet haben, nämlich auch die Bundesländer, und die dann sozusagen mitgehaftet haben für die Anleihen der Hypo ... Das ist einmal ein Aspekt gewesen. Ist Ihnen da ein Ausmaß bekannt? Also, hier steht: 2,3 Milliarden €. (Auskunftsperson Rothensteiner: Das kann hinkommen, aber ...!) – Klingt das plausibel?

Dr. Walter Rothensteiner: Kann hinkommen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist einmal der eine Aspekt, wo offensichtlich Bundesländer hätten zahlen müssen – abgesehen von Kärnten für die Landeshaftung. Das möchte ich einmal bewusst beiseiteschieben. Ich meine jetzt die anderen acht Bundesländer, oder zumindest manche davon.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine Frage noch! Ich muss Sie auf die Redezeit aufmerksam machen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Danke schön. – Hier also diese letzte Frage von mir.

Hier im Schreiben ist im zweiten Absatz Folgendes angeführt:

„... insbesondere für alle österreichischen Bundesländer, die ja in der Regel erhebliche Haftungsverpflichtungen als jeweiliger Eigentümer ihrer Landes-Hypobank haben“.

Von welchen Haftungsverpflichtungen der Bundesländer gegenüber ihren Landes-Hypos ist hier die Rede?

Dr. Walter Rothensteiner: Das ist genau das gleiche Geschäft, nämlich dass die jeweilige Landes-Hypothekenbank auch Kredite mit Landeshaftung oder Anleihen mit Landeshaftung begeben hat. Das hat ja nichts mit der Kärntner Hypo zu tun, weil Oberösterreich oder Salzburg oder Niederösterreich – oder Salzburg nicht, mag sein, aber jede Hypo – das Recht hat, mit Landeshaftung zu emittieren. Das ist ein völlig gesondertes und – ich gehe davon aus – gesundes Geschäft in den anderen Hypothekenbanken. (Abg. Hable: Hat es Ihrer Wahrnehmung nach Interventionen von Landeshauptleuten deswegen gegeben?)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen in der nächsten Fragerunde weiterfragen. (Auskunftsperson Rothensteiner: Sicher nicht! Nach meiner Wahrnehmung nicht!) – Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Diese Antwort hätte mich schon interessiert, weil mich hätte interessiert, wenn andere Länder intervenieren, ob die bei Ihnen intervenieren.

Dr. Walter Rothensteiner: Das ist „selten“, würde ich meinen – das ist unter Anführungszeichen zu sehen. Da fragt mich keiner.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben vorhin gesagt, den genauen Betrag, mit dem die Raiffeisen-Gruppe betroffen gewesen wäre, wissen Sie nicht. Wir haben hier im Ausschuss auch nie einen genauen Betrag gehört, aber von der Größenordnung her waren es immer einige hundert Millionen Euro – ob das jetzt zwei, drei, vier waren, also in diesem Bereich.

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, maximal.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wissen Sie, wie viel an Bankenabgabe die Gruppe seither in etwa bezahlt hat?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich weiß, dass wir etwa 150, 170 Millionen € im Jahr zahlen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also insgesamt in diesem Zeitraum das Zwei- bis Dreifache (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!) von dem Risiko?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, sicher. Was nicht heißt, dass ich mich freue über die Bankenabgabe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist mir schon klar. – Ganz ehrlich, wir freuen uns schon ein bisschen. Wir haben das schon absichtlich gemacht, weil politisch natürlich der Hintergrund war, dass man die Bankenabgabe schon eingeführt hat, um den Bankensektor einfach an den Krisenkosten zu beteiligen. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja, ja!) Jetzt will ich nicht die Diskussion darüber führen: Ist die zu hoch? Wie lange? Und was ist jetzt mit der europäischen Ebene? Diese Diskussion führen wir jetzt nicht.

Dr. Walter Rothensteiner: Ich bin Gott sei Dank nicht mehr Spartenobmann, daher bin ich nicht der erste Diskutant in dieser ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, nein, diese Diskussion führen wir an anderen Orten eh schon lange. Aber mir geht es nur um diese Größenverhältnisse, weil es immer diesen Vorwurf gibt, quasi: Man wollte sich Geld ersparen, deswegen Notverstaatlichung, dadurch ersparen sich die Banken Geld. Und mein Erleben der letzten fünf, sechs Jahre war: Selbst wenn das die Motivation gewesen wäre, ist diese ein bisschen nach hinten losgegangen, weil die direkten Kosten durch die Bankenabgabe jedenfalls das Zwei- bis Dreifache jener Kosten sind, die die Insolvenz ausgemacht hätte. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!)

Was die indirekten Kosten betrifft, so glaube ich, diese wären womöglich sogar höher gewesen. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja, kann sein!) Das interessiert ja mich sehr. Fangen wir vielleicht 2008 an: Wir haben uns hier lange mit der Frage der Systemrelevanz beschäftigt. Hätten Sie 2008 den Eindruck gehabt, dass die Hypo systemrelevant ist?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich glaube, 2008 war mir dieser Begriff noch gar nicht besonders vor Augen. Aber letztendlich ist das ja ein Begriff, der aus dem Aufsichtsbereich Nationalbank und Finanzministerium kommt. Für uns als Banken war es ein normales Institut eines Sektors, der üblicherweise damals ja noch im Eigentum der Länder war und daher als solid gegolten hat, würde ich meinen, generell.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber ich meine, die Systemrelevanz war damals schon eine Frage?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich weiß nicht, wie man sie genau definiert. Ich sage nur – ich habe das vorhin schon gesagt –, die Insolvenz einer größeren Bank – und so klein war sie ja nicht – ist immer ein Problem für das System, weil die ausländischen Refinanzierer sich zurückhalten, weil das Rating zurückgeht et cetera. Daher ist es ganz klar, dass Bankleute wie ich grundsätzlich der Meinung sind: Wenn man verhindern kann, dass es eine Insolvenz gibt, muss man das machen, denn die Rückschläge, die international über einen kommen, sind unter Umständen auch nicht abschätzbar.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Verwundert waren Sie nicht, dass die Hypo Partizipationskapital des Bundes bekommt?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich kann das eigentlich nicht nachvollziehen, ob wir damals verwundert waren oder nicht. Aber da es ein Problem gab, haben sich offensichtlich die Zuständigen bemüht, das Problem zu lösen, und das ist eben über Partizipationskapital erfolgt – das ja, so wie ich es kenne, auch noch verzinslich sein müsste und daher als Eigenkapital durchaus tauglich ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Im Jahr 2009 gab es ja diese Diskussion, dass die österreichischen Banken ein sehr, sehr hohes Risiko in Osteuropa haben und das Verhältnis von, sage ich einmal, Krediten, die in Osteuropa vergeben sind, zum Heimmarkt ein ungünstiges war. Das hat dann, glaube ich, gegipfelt in der Aussage von Krugman, der gemeint hat, nach Island und Irland sei Österreich das nächste Land, das Probleme bekommen werde. Was hat diese Diskussion damals für Auswirkungen gehabt?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich meine, die Krugman-Diskussion war eine nicht sehr angenehme, weil es ganz einfach ein falsches Bild dargestellt hat. Natürlich muss man wissen: Osteuropa hat zuerst einmal Kredite gebraucht, bevor es Einlagen gibt. Daher ist natürlich in den ersten Jahren viel an Kredit und wenig an Einlagen da gewesen. Wenn Sie sich die Rechnung heute anschauen, dann haben wir zum Beispiel in den meisten Ländern zumindest schon so viel an Einlagen aus den Ländern, wie wir Kredite dort vergeben – was an sich der natürlichere Effekt ist. Wahrscheinlich muss es irgendwann auch noch mehr werden. Aber es war an sich eine logische Entwicklung, dass das so passiert. Wenn man das punktuell nur zu diesem Zeitpunkt sieht und sagt: Oje, da haben sie so viele Kredite in Osteuropa und das belastet alles hier!, ... – Das ist ja nicht passiert!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber was waren die Auswirkungen dieser Diskussion?

Dr. Walter Rothensteiner: Na ja, erstens einmal, glaube ich, hat man die Vienna Initiative gegründet, ist also quer durch Europa gefahren und hat einmal aufgezeigt, das ist alles nicht so, wie der Herr Krugman es sagt. Man ist, glaube ich, auch an die Ostküste gefahren, weil dort die großen Investoren sitzen, und hat ihnen das erklärt. Im Prinzip haben wir für die ganze Branche das, glaube ich, wieder eingefangen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber man kann schon sagen, dass das eine volatile Zeit war?

Dr. Walter Rothensteiner: Natürlich, absolut. Es ist ja nicht nur Osteuropa Thema gewesen, es war ja ein Weltthema. Begonnen hat es ja in Amerika, und mittlerweile, muss ich sagen, wenn ich jetzt rückwirkend schaue, haben wir derzeit Wachstum in Osteuropa, aber nicht in Westeuropa. Insofern kann also bei dieser Region, die immer totgeredet wird, davon überhaupt keine Rede sein. Es gibt halt punktuell Probleme, in einzelnen Ländern immer wieder, aber summa summarum hat sich das bewährt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es hat ja dann im Zuge dessen – das haben Sie vielleicht medial verfolgt – Berechnungen der Oesterreichischen Nationalbank gegeben: Was passiert bei einer Insolvenz?, eh nicht so unähnlich wie dieser Brief, der hier vorhin zitiert wurde. Ich meine, da steht ja – das kann man ja auch sagen, das kann man hier auch wortwörtlich zitieren –:

„Darüber hinaus möchten wir darauf hinweisen, dass unserer Ansicht nach ein durch die derzeitige Diskussion in der Öffentlichkeit herbeigeführter Zusammenbruch der Hypo Group Alpe Adria extrem hohe negative Folgen für den gesamten österreichischen Kreditapparat im gesamten CEE-Raum, aber auch für die Republik Österreich hätte.“

Das ist ja nicht so falsch! (Auskunftsperson Rothensteiner: Eh nicht!) Das deckt sich zumindest mit dem, was die Oesterreichischen Nationalbank hier in ihrer Briefing-Unterlage auch an Bildern gezeichnet hat. (Auskunftsperson Rothensteiner: Mhm!)

Was hätte das jetzt in etwa für Auswirkungen? Den Echtversuch oder den Beweis können wir natürlich nicht führen – den will man, glaube ich, auch nicht führen –, aber: Eine Insolvenz – was hätte das so für mögliche Zweit- oder Drittrundeneffekte gebracht?

Dr. Walter Rothensteiner: Der erste Effekt ist sicher, dass die internationalen Ratingagenturen Österreich und die österreichischen Banken downgegradet hätten, was heißt, dass die Refinanzierung zu diesem Zeitpunkt teurer geworden wäre. – Heutzutage kein Thema, denn derzeit kostet die Refinanzierung nichts, aber damals war das ein dramatisches Thema. – Das Triple-A der Republik, das es mittlerweile ja nicht mehr gibt, wäre dadurch schneller weg gewesen, gar keine Frage, und das hätte wieder die Bundesrefinanzierung zu diesem Zeitpunkt auch Geld gekostet. Also insofern passieren dann einige Effekte.

Zusätzlich ist natürlich noch die Frage, dass jede internationale Bank, die einer österreichischen Geld gibt, auch das Rating anschaut, und je nach dem Rating sind die Refinanzierungsrahmen. Und wenn das Rating sinkt, kann man sich weniger Geld bei denen ausborgen. – Das alles sieht man also nicht auf den ersten Blick, aber in Summe wird das ganze System schwächer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Um wie viel Geld geht es da? Ich meine, bei den Staatsanleihen weiß ich das. Da weiß ich: 1 Prozent höhere Zinsen, also 100 Basispunkte – Kosten: in etwa 2,5 Milliarden pro Jahr. Wie ist das in etwa für den Kreditsektor oder für den Bankensektor in Österreich? Bei einem Downgrading um ein Notch, womit muss man da pro Jahr in etwa rechnen?

Dr. Walter Rothensteiner: Das kann ich in Summe nicht bewerten, aber es kann durchaus sein ..., also unter der Milliarde ist nichts.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also sehr schnell (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!) ist man in diesem Bereich – pro Jahr?

Dr. Walter Rothensteiner: Natürlich. – Wie gesagt, das gilt momentan nicht mehr, weil die Refinanzierungskonditionen (Abg. Krainer: Im Moment andere sind!) weltweit auf null sind, aber damals war es ein Thema.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Jetzt zahlen mitunter Banken ja auch ihren Kreditnehmern Zinsen (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!), habe ich mir sagen lassen. (Auskunftsperson Rothensteiner: Was pervers ist!) – Ja, ja. Aber ich meine, nicht funktionierende Märkte führen halt zu solchen Problemen.

Aber insgesamt sehen Sie es so, dass durchaus die Situation 2009 so gewesen wäre, dass eine Insolvenz der Hypo Alpe-Adria nicht nur für den Steuerzahler zu wesentlich höheren Kosten geführt hätte als die Rettung, sondern auch für die Banken, für den Bankenbereich, wo man es jetzt schwer einschätzen kann, aber sehr, sehr schnell zu ...

Dr. Walter Rothensteiner: Zu Zweitrundeneffekten, wie Sie es genannt haben, führen.

Vorsitzende Doris Bures: Zweite Runde!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die wahrscheinlich auch ganz schnell so viel ausgemachen wie eine Bankenabgabe über mehrere Jahre. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja, ja!) – Aber ich wollte ja mit Ihnen nicht über die Bankenabgabe diskutieren. (Auskunftsperson Rothensteiner: Sonst fange ich auch noch an damit!)

Okay, gut. Ich mache dann in der zweiten Runde weiter. – Danke schön.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Frau Präsident, ich bin gerade überrascht, weil ich gedacht habe, der Kollege Krainer nimmt für sich bei der Befragung auch den Zweitrundeneffekt in Anspruch, weil es ja durchaus interessant ist, was es hier mit dem Herrn Dr. Rothensteiner zu besprechen gibt. Herr Doktor! Ich habe heute schon eingangs draußen bei einer Stellungnahme angekündigt, ein wenig das Rollenverständnis Ihrer Person im Zeitraum der Verstaatlichung zu beleuchten, da Sie ja in vielerlei Hinsicht eine interessante Position einnehmen konnten: einerseits als Spartenobmann für den Bereich Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer, andererseits in Vertretung für den Raiffeisenverband und zu guter Letzt aufgrund Ihrer Expertise als Berater der Regierung – Fragezeichen.

Also: Ist auch irgendwann einmal jemand aus den Regierungskreisen, insbesondere natürlich der damalige Finanzminister Pröll oder auch Faymann, auf Sie zugekommen, um Sie um einen Rat zu fragen – nicht als Vertreter von Raiffeisen oder als Spartenobmann, sondern im Hinblick auf Ihre Expertise als Regierungsberater?

Dr. Walter Rothensteiner: Also ich nehme mich da nicht wichtig. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass einer der beiden Herren gesagt hätte: Jetzt kommst du einmal vorbei und erklärst mir, wie das geht! – Sicher nicht.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Wenn es nicht einer der beiden Herren war, dann war es vielleicht der Mag. Höllerer?

Dr. Walter Rothensteiner: Der Mag. Höllerer war ursprünglich in der Finanzmarktaufsicht, war dann eine Zeit lang bei uns im Sekretariat und ist dann ins Finanzministerium gegangen. Aber der berät sich auch nicht mit mir zur Frage, wie ich die Welt verändern soll.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich meine, Herr Dr. Rothensteiner, bei allem persönlichen Respekt: Es ist ja nicht notwendig, so tiefzustapeln. (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein ...!) Also Ihre Expertise und auch Ihre Position in der österreichischen Bankenlandschaft lassen natürlich schon vermuten, dass Gespräche gesucht wurden. Oder ist das wirklich so fern jeder Realität?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich glaube, wer Österreich kennt, weiß, dass man die Leute hin und wieder trifft.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, das haben wir schon oft gehört: Jeder trifft jeden, und niemand redet miteinander.

Dr. Walter Rothensteiner: Dass dann Leute sagen: Also wie siehst denn du das?, oder sonst was, das kann einmal vorkommen, aber es ist keine explizite Inanspruchnahme von Beratungsleistung meinerseits. Das kann ich nicht verhindern, wenn ich irgendeinen Politiker treffe, der mir sagt: Wie siehst denn du das?, dass ich ihm sage: Also, mir gefällt es nicht!, oder: Das wäre schöner!, oder sonst was. Aber da ist kein aufzeichnungswürdiges Gespräch dabei.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Für mich ergeben sich jetzt aus mehreren von Ihren Aussagen, Herr Dr. Rothensteiner, schon Zweifel an der Rolle, die Sie als Spartenobmann seinerzeit eingenommen haben sollen. Denn Sie selbst haben vorhin zu Protokoll gegeben: Als Bundessparte kann ich nicht eingreifen, als Bank tue ich es nicht. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!) – Waren also Pröll und Faymann, und wie sie alle geheißen haben, so naiv, einen Spartenobmann einzuladen, eine Interessenvertretung für die Bankenwirtschaft einzuladen, der nicht eingreifen kann?

Ich meine, wir haben ja gesehen, in den Jahren davor hat es ja andere Bankenpleiten auch gegeben, trotz Interessenvertretung in der Wirtschaftskammer, und Sie haben gesagt, in den Jahren 2008, 2009 ist das Thema Hypo in der Sparte überhaupt nicht aufgeschlagen, außer gerüchtemäßig – was für mich ja noch fragwürdiger ist, denn wenn es das Gerücht gibt, sollte man sich vielleicht in der Bundes-Interessenvertretung mit dem Thema auch auseinandersetzen, denn das kann ja alle Banken betreffen.

Dr. Walter Rothensteiner: Also noch einmal: Zum einen ist die Sparte mehr oder minder eine Serviceorganisation für die Banken und hat keinerlei, nicht einmal ein Budget oder sonst irgendwas, um irgendwo einzugreifen.

Und wenn ich dort irgendwo eingeladen war, dann war es mit Sicherheit eher in die Richtung, dass man sagte, man informiert einen von den Banken und erwartet, dass der den anderen Banken auch sagt, was rennt – sonst nichts.

Eine Möglichkeit, als Sparte in irgendwelche Prozesse einzugreifen, gibt es nicht, wollen wir auch nicht, ist auch sinnlos.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Was „kein Budget“ betrifft – ist recht, ist abgehakt, ist gegessen. Aber eine Interessenvertretung, vermutlich auch gegenüber politischen Entscheidungsträgern, sollte doch allemal eine Koordinierungsplattform sein, um sich zu besprechen und unter den führenden Banken auszutauschen, um auch den Kapitalmarkt und auch den Standort Österreich banken- und versicherungsmäßig in Stabilität zu halten.

Dr. Walter Rothensteiner: Also ich glaube – noch einmal –, dass wir im Grundsatz immer der Meinung waren: Der Bankplatz Österreich ist wichtig. Da sind Insolvenzen nicht gut. – Das ist keine Diskussion. Das vertreten auch alle meine Kollegen in der Sparte. Das ist so.

Aber wir waren nie in der Situation, zu sagen: Ihr, Sparte, tut jetzt was! – Es kann jeder nur im Rahmen seines eigenen Unternehmens etwas tun. Und da war nichts zu tun.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Wieso sind Sie dann als Spartenobmann eingeladen worden zu der Verstaatlichungs...?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe Ihnen ja gesagt: Als Information, weil man mit Sicherheit erwartet hat, dass ich in der Sparte den Kollegen mitteile: das habe ich gehört. Aber ich habe keinerlei Chance, dort irgendwelche Entscheidungen oder sonst was mitzutragen oder zu treffen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Wie oft hat die Bundessparte seit 2008 bis 2015 unter Ihrer Obmannschaft zu diesen ganzen Krisenthemen getagt? Denn es war ja dauernd eine Banken-, Wirtschafts-, Finanzkrise – die eine hat die andere abgelöst –, alle möglichen Banken in Österreich sind ins Trudeln gekommen oder sogar über die Klinge gesprungen. Das heißt, es hat sogar Bankenvernichtungen gegeben, auch eben durch die Krise. Wie oft tritt dieses Gremium zusammen (Auskunftsperson Rothensteiner: Noch einmal: Dieses Gremium ...!), wenn es nichts entscheiden kann? Denn die Banken zahlen ja viel Geld hinein!

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, die zahlen nicht viel Geld hinein.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): In die Wirtschaftskammer, natürlich! – Dafür, dass sie dann keine Vertretung haben?!

Dr. Walter Rothensteiner: Aber das ist kein Geld der Sparte. (Abg. Darmann: Entschuldigung!)

Nur: Wir haben dort die Aufgabe, zu schauen, dass es nicht um ein einzelnes Unternehmen geht. Über einzelne Unternehmen wird in der Sparte nicht groß diskutiert. Es geht um die Frage des Gesetzwerdungsprozesses, darum, dort Meinungen abzugeben et cetera, und allenfalls um Koordinationen, wenn notwendig.

Aber ich hüte mich davor, dass die Bundessparte – ich meine, jetzt brauche ich mich nicht mehr zu hüten, aber damals habe ich mich davor gehütet – pro oder kontra eine bestimmte Bank Stellung nimmt. Das steht uns nicht zu, und dann geht das Geschäft so nicht weiter.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Danke vielmals, denn das ist jetzt, bitte, das Stichwort für eine Aktenvorlage: ein APA-Interview Ihrer Person vom 27. November 2009. Herr Dr. Rothensteiner, da heißt es:

„Hypo Alpe Adria – Oberster Bankenchef Rothensteiner glaubt an Rettung“.

Sie haben gerade gesagt, es steht Ihnen nicht zu, auch irgendeine Position einzunehmen, und hier heißt es – ich meine, Sie können auch der APA ausrichten, dass das alles falsch war, was da geschrieben wurde – im ersten Absatz – ich zitiere –:

„Der oberste Bankenvertreter Österreichs, Walter Rothensteiner, ist davon überzeugt, dass die Kärntner Hypo Group Alpe Adria gerettet wird. Eine konzertierte Aktion der Großbanken am Markt wie voriges Jahr bei der kleinen Constantia Privatbank schließt der Bundeskreditspartenobmann und RZB-Generaldirektor aus. Auch Raiffeisen ist nicht an der Hypo Alpe Adria interessiert, würde sich damit in Kroatien und Serbien ein zu großes Obligo (Klumpenrisiko)“ – wie von Ihnen heute ja schon gesagt – „aufhalsen.“ – Und so weiter und so fort.

Das heißt, hier haben Sie als Bundesspartenobmann am gleichen Tag, an dem der Hilferuf der Hypos auch an Sie in Kopie ergangen ist, der APA ein Interview gegeben, in dem Sie sehr wohl als Spartenobmann Position einnehmen und auch klarmachen, es wird nicht wirklich eine konzertierte Aktion wie bei der Constantia geben. Wie gibt es denn so etwas, wenn Sie gerade vorher gesagt haben, so etwas gibt es nicht?

Dr. Walter Rothensteiner: Also erstens einmal werde ich dort einmal als Rothensteiner meine Meinung sagen dürfen. Das habe ich gemacht. (Abg. Darmann: Also als Privatperson?)

Da sind ja viele Dinge drinnen, die ich heute schon dreimal gesagt habe. Sie werden von mir als Bankensprecher nicht hören, dass man geordnet abwickeln soll, habe ich dort gesagt.

Und wenn Sie die Einleitung lesen: „... ist davon überzeugt, dass die Kärntner Hypo (...) gerettet wird“, und dann kommt noch, dass es Eigentümer gibt, zwischen denen eine Lösung zu finden sein wird müssen – okay, na das erwartet man sich, nicht wahr, dass die Eigentümer schauen, dass die Dinge zu lösen sind.

Aber noch einmal: Es gibt keine offizielle Meinung der Bundessparte. – Wenn mich einer fragt, kann ich nicht sagen: Tut mir leid, ich habe überhaupt keine Meinung!, aber das ist keine offizielle Meinung der Bundessparte. Das könnte ich auch gar nicht machen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Als was sind Sie dann befragt worden? Als Privatperson Dr. Rothensteiner?

Dr. Walter Rothensteiner: Aber ich kann nicht ... Die Sparte hat nicht zu entscheiden, greift sie ein oder greift sie nicht ein. Ich bin überzeugt, dass meine Kollegen in der Bundessparte damals der gleichen Meinung waren. Und daher, ja, ist da für mich keine verwunderliche Aussage drinnen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich höre soeben, das ist sogar eine Zusammenfassung einer Pressekonferenz Ihrer Person gewesen. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!) Das macht es ja noch viel interessanter, gerade auch weil das Datum interessant ist, weil Sie gesagt haben, Sie haben sich zu diesem Zeitpunkt mit dem Thema überhaupt nicht befasst (Auskunftsperson Rothensteiner: Habe ich auch nicht!) – aber es hat eine Pressekonferenz dazu gegeben.

Dr. Walter Rothensteiner: Noch einmal: Wenn ein Gerücht auftaucht, mit der Bank gibt es ein Problem, dann sage ich als Spartenobmann, ich will nicht, dass die Märkte in Österreich in Schwierigkeiten kommen. Genau das ist passiert.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Und gibt es dann auch Spartensitzungen dieser Sparte, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, wenn dieses Gerücht ...?

Dr. Walter Rothensteiner: Hat es nicht gegeben.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Hat es nie gegeben?

Dr. Walter Rothensteiner: Na ja, in diesem Zeitraum – ich habe Ihnen gesagt, ich habe mir in diesem Jahr die Protokolle ausheben lassen –, da kommt die Hypo nicht vor, weil es eben um ein Institut geht. Und ein Institut wird üblicherweise in der Sparte nicht behandelt, sondern die Gesamtbranche.

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen in die Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Danke schön, Frau Präsident.

Herr Dr. Rothensteiner! Gebe ich Sie und Ihre Aussagen von vorhin wie folgt richtig wieder: Dass die Verstaatlichung der richtige Schritt war und dass alle anderen Vertreter Ihrer Sparte das ebenso gesehen haben. – Haben Sie das vorhin in dieser Art gesagt?

Dr. Walter Rothensteiner: Zu dem Zeitpunkt – ich habe das vorhin gesagt – war das, glaube ich, eine vernünftige Lösung.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Haben Sie als Spartenobmann der Bundessparte Bank und Versicherung mit den Landesspartenobmännern oder Landesgremien Kontakt gehabt?

Dr. Walter Rothensteiner: An sich nicht, weil einzelne Landesspartenobmänner in der Bundessparte vertreten sind.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Hat man beispielsweise mit dem Herrn Dr. Penker als Vertreter der Landessparte Kärnten einmal über das Thema Problemfall Hypo gesprochen?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich sicher nicht.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Wäre es nicht interessant gewesen, darüber zu reden, da Sie auch von der Regierung eingeladen wurden?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, aber der war Generaldirektor der Bank für Kärnten und Steiermark und nicht der Landes-Hypo. Der hat genauso viele Interna gewusst wie ich.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Es ist aber insofern interessant, weil es auch ein Interview mit dem Herrn Dr. Penker gibt, welches ich natürlich auch sehr gerne vorlegen lassen kann.

Dr. Walter Rothensteiner: Mag durchaus sein. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Und zwar ist das von der „Kleinen Zeitung“ – sehr wohl erst aus dem Jahr 2014, vom 3.3. –, darin wird er dazu befragt. Die Fragestellung auf der Seite 2 – für alle, die da auch mitlesen wollen – ist folgende:

„Was bedeutet der Hypo-Crash für den Ruf der Banken?“

Dr. Penker:

„Für den Ruf der Banken ist er katastrophal. Es werden alle in einen Topf geworfen. Die Menschen sind extrem verunsichert. Und die Politik kann mit dem Thema offenbar nicht umgehen, und hat auch nicht richtig gehandelt, als die Hypo verstaatlicht wurde. Aber das will heute keiner zugeben. Wir hätten die Bank nie zurückkaufen dürfen. Die Bayern hätten es sich nicht leisten können, sie in Konkurs zu schicken. Sie haben gut gepokert.“

Wie sehen Sie diese Aussage Ihres damaligen Kollegen im Gremium in der Bundessparte Banken und Versicherung?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich bin mir nicht einmal sicher, ob Dr. Penker damals in der Bundessparte war. Das glaube ich eigentlich nicht, aber soll sein.

Nur: Jeder hat eine Meinung zu dem Thema. Ich bin dieser Meinung nicht, aber er ist dieser Meinung – okay, es sei ihm unbenommen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Dann gehen wir weiter zu dem Zahlenmaterial und dem möglichen Kelch, der an der Raiffeisen vorübergegangen ist. Dass einer vorübergegangen ist, ist klar; wie groß der Kelch war, bleibt nach Ihrer heutigen Aussage etwas offen und im Raum stehen, denn unsere Zahlen, die wir natürlich aufgrund einer Aufbereitung von der OeNB haben und die wir uns ja nicht aus den Fingern gesogen haben, sagen offenbar etwas anderes, als Sie sagen. Das heißt, für Raiffeisen wäre das nicht der riesige Problemfall gewesen, weil es Regressierung und dergleichen gab.

Ist es aber richtig, dass im Fall einer Eigenkapitalquoten-Unterschreitung aufgrund dieser Problemstellung Hypo und einer ihrer Töchter – beispielsweise Hypo Steiermark – die Mutter hätte zuschießen und auch dort wieder für das notwendige Eigenkapital hätte sorgen müssen? Hier gibt es, glaube ich, auch keinen Regress, oder?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, das ist nicht auszuschließen. Ich glaube, so wie ich es zuerst gesagt habe, es muss jeder Eigentümer einer Bank schauen, dass die Bank immer genügend Kapital hat; und wenn vorübergehend zu wenig da ist, hätten sie zuschießen müssen, aber nicht in einem Ausmaß, das sie in größere Schwierigkeiten gebracht hätte.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich habe eingangs bei Ihrem einleitenden Statement Folgendes nicht richtig gehört: Welche Funktion haben Sie in der OeNB oder mit der OeNB ausgeübt?

Dr. Walter Rothensteiner: Generalrat.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Generalrat.

Jetzt kommen diese Zahlen, mit denen wir die ganze Zeit arbeiten und aus denen doch balkenmäßig sehr stark hervorgeht, wer da mittelbar und unmittelbar – zusammengezogen natürlich – schwerste Auswirkung hätte spüren müssen, von der OeNB. Jetzt sagen Sie, es ist anders. Haben Sie damals diese Zahlen gehabt, die die OeNB zur Beratung der Regierung erarbeitet hat und die offenkundig nicht stimmen?

Dr. Walter Rothensteiner: Die OeNB hat ein eisernes Recht, dass über einzelne Banken im Generalrat nicht gesprochen wird, weil es Bankenvertreter im Generalrat gibt. Daher ist es ausschließliche Frage des Direktoriums der Nationalbank.

Ich habe extra nachgefragt, ob irgendwas damals im Generalrat besprochen wurde: ist nicht, kann nicht sein, weil im Nationalbankgesetz steht, dass auch Bankenvertreter im Generalrat sein müssen und damit ex definitione ausgeschlossen ist, dass über Einzelbanken im Generalrat gesprochen wird.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Das heißt aber sehr wohl, Sie ziehen in Zweifel, dass diese Zahlen absolut korrekt sind, weil Sie sich das nicht vorstellen können, dass es diese Auswirkungen auf die Raiffeisen gegeben hätte.

Dr. Walter Rothensteiner: Ich kann nur sagen, wir haben uns durchgerechnet, was in so einem Fall maximal auf uns zukommen könnte – das haben wir zuerst besprochen –, und das ergibt bei Weitem nicht diese Beträge, die da im Raum stehen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Darf ich Sie ersuchen – jetzt einmal von unserer Seite, aber das wird vermutlich die Frau Präsident gemeinsam mit der Parlamentsdirektion verfahrensordnungstechnisch richtig machen –, uns diese Zahlen auch zukommen zu lassen, die die Raiffeisen für sich errechnet hat, denn wenn es hier solche Diskrepanzen gibt, heißt das doch klar, dass die vorbereiteten Zahlen der OeNB zur Beratung und zur Entscheidungsfindung der Bundesregierung falsch waren (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein!) und die einzelnen Bankinstitute offenbar zu anderen Auswirkungen gekommen sind, was aber einen Einfluss auf die Gesamtentscheidung gehabt hätte.

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, das heißt es in Wahrheit nicht, denn wenn auf der einen Seite dort steht, wie viel die Pfandbriefstelle in so einem Fall Ausfall gehabt hätte, dann steht der Betrag, aber nach Auszahlung und Regressierung durch die einzelnen Länder und Hypothekenbanken wäre der Betrag – zum Beispiel für uns – ein wesentlich geringerer gewesen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Das steht aber dort nicht drinnen.

Dr. Walter Rothensteiner: Ja eh, muss es ja nicht.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Das ist eben das Spannende an der ganzen Geschichte, weil es ein Beratungspapier für die Entscheidungsfindung gibt, welches offenkundig auf ganz anderen Prämissen beruht, als die Einzelinstitute sie sehen. Jetzt kann man natürlich versuchen, es zu drehen und zu wenden, aber Fakt ist, Sie haben selbst gesagt, die Zahlen sind so nicht richtig, wie sie die Kollegen Lugar oder Hable auch angeführt haben; und jetzt sagen Sie, das passt schon irgendwie, wenn man es anders liest, dann passt es wieder.

Dr. Walter Rothensteiner: Aber, Herr Abgeordneter, in dem Papier vom Rechnungshof, das ich da von Ihnen bekommen habe, steht nichts von Raiffeisen-Auswirkungen. Ich kann nur nachrechnen – überschlagsmäßig –, wie viel es Raiffeisen gekostet hätte, und da sage ich: Die Zahlen, die kolportiert werden, sind das nicht.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich habe es vorhin ja gefragt: Ist es möglich, dass Sie diese Berechnungen dem Ausschuss zukommen lassen, denn wir können natürlich aufgrund der Klassifizierungsstufen auch entsprechend vertraulich damit umgehen, aber wir müssen uns ein Bild machen. (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Dr. Walter Rothensteiner: Also, ich glaube, das Problem ist, im Prinzip will ich überhaupt keine Zahlen nennen, ich habe das auch bisher nicht getan. (Abg. Lugar: Warum will er keine Zahlen nennen?!) Ich glaube, dass die Nationalbank über die Detailzahlen ja Bescheid weiß; die Nationalbank kann das ja auch selbst ausrechnen. Ich für mich habe ja primär nur die Raiffeisen Zentralbank. Die Zahlen kann man dem Ausschuss zur Verfügung stellen.

Aber ich habe – noch einmal – 400, 450 Institute in diesem Land; und da gibt es teilweise Obligos, da gibt es teilweise Zahlungsverpflichtungen im Insolvenzfall durch die Einlagensicherung. Ich glaube nicht, dass wir das eins zu eins durchrechnen und zur Verfügung stellen werden, denn es müsste meines Erachtens völlig ausreichen, zu sagen, dass die Summen, die wir zuerst genannt haben – das kann sich im Bereich von 200, 300, 400 Millionen € in Summe hypothetisch bewegen –, reichen; mehr wird das nicht.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, das ist eine Antwort, die natürlich widersprüchlich zu unserem vorliegenden Zahlenmaterial ist. Das lässt das Ganze umso spannender erscheinen, mit welchen Zahlen hier gearbeitet und dann schlussendlich eine Entscheidung zum Nachteil der Steuerzahler getroffen wurde.

Weil wir gerade beim Nachteil der Steuerzahler sind: Sie haben vorhin festgehalten, Herr Dr. Rothensteiner, dass Sie oder Raiffeisen niemals eine Bank „kaufen“ würden – kaufen ist ein Zitat – ohne eine Due Diligence, um dann auszuführen, so etwas braucht 4, 5 oder 6 Monate, um es ordentlich zu machen. Ist es so richtig?

Dr. Walter Rothensteiner: Ist meine Meinung, ja.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Haben Sie gewusst ...

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Sie haben in dieser Runde jetzt noch Zeit für eine kurze Frage. Ich habe aber eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung. Herr Klubobmann Lugar! – Bitte.

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich wende mich hiermit an den Verfahrensrichter, um herauszufinden, ob das zulässig ist, dass die Auskunftsperson eine konkrete Zahl beziehungsweise eine Plausibilisierung der Zahl verweigert, da wir ja wissen müssen, ob die Auskunftsperson beziehungsweise sie in ihrer Funktion eine Motivation hatte, Einfluss auf die Verstaatlichungsentscheidung zu nehmen. Dabei ist es für uns sehr wichtig, herauszufinden, ob die Zahlen valide sind, und das geht nur, wenn er sie aufsplittet und wir nachvollziehen können, ob das, was er sagt, auch stimmen kann. Deshalb muss er aus meiner Sicht die Zahlen plausibilisieren und kann nicht einfach sagen, dass er das hier nicht sagt – aus meiner Sicht. Da würde ich gerne Sie bitten, Herr Verfahrensrichter, dass Sie sagen, ob er muss oder nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Über das, was eine Auskunftsperson an Wahrnehmungen in Erinnerung hat und was Sache ist – und die Fragen waren Sache –, ist Auskunft zu geben. Wenn eine Erinnerung da ist, dann ist darüber Auskunft zu geben. (Zwischenruf des Abg. Lugar.)

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, ich habe das jetzt sehr wohl so verstanden, Herr Dr. Rothensteiner, dass Sie die Ihnen vorliegenden Zahlen für die RZB dem Ausschuss übermitteln werden, auch wenn Sie jetzt keine Zahlen nennen wollen, aber dass Sie dem Ausschuss das übermitteln, was Sie haben. Habe ich das richtig verstanden?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich kann Ihnen aber sagen, die werden nicht aussagekräftig sein, weil die RZB als solche keine ...

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Den Rest besorgen wir uns über die Nationalbank, das geht schon.

Dr. Walter Rothensteiner: ... keine sicherungspflichtigen Einlagen hat, daher bei der Einlagensicherung nicht sehr viel mitzahlen würde. Die anderen Institute aus dem Sektor: die Zahlen sind solche selbstständiger Institute, und ich bin nicht autorisiert, deren Zahlen weiterzugeben.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, das ist einleuchtend.

Vorsitzende Doris Bures: So! Ich habe jetzt noch mehrere Wortmeldungen zur Geschäftsordnung. Es war sozusagen wieder eher eine Fragerunde. Ich habe den Herrn Abgeordneten Mag. Kogler und die Frau Abgeordnete Tamandl. Gibt es noch mehr? Wenn es mehr sind, dann würde ich die Sitzung unterbrechen und das in einer kurzen Fraktionsführerstehung besprechen. Wollen Sie es hier machen? – Gut. Wenn es kurz ist, dann bitte, Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Die Auskunftsperson scheint mir das plausibel erklärt zu haben, dazu brauche ich nichts mehr zu sagen. (Zwischenruf des Abg. Lugar.) Aus meiner Sicht schon. Man wird ihn nicht nötigen können – Entschuldigung, jetzt dauert es doch wieder länger –, denn selbst wenn es ein Institut aus dem Raiffeisen-Sektor ist, ist es für mich sogar plausibel, dass Sie es nicht wissen. Die Pyramide ist ja umgekehrt; unten sind die Einzelinstitute. Wir kennen das alles, dass man das nicht einfach parat hat. (Abg. Lugar: Aber da muss er es haben!) Nein! Er ist ja auch nicht der einzige Sektorenzuständige.

Der Punkt ist aber ein anderer: Wenn wir uns hier darauf verständigt haben – und darauf wollte ich hinweisen, sodass der Ausschuss nicht den Mut verliert, denn sonst können wir gleich wieder eine Stehung machen –, nämlich die Aufschlüsselung tatsächlich von der Nationalbank einzufordern, dann kann es auch nicht um Betriebs-, Geschäfts- und sonstige Geheimnisse gehen – nämlich über alle Institute hinweg, Erste Bank, der Sparkassen-Sektor et cetera. Ich könnte es aus verschiedenen Gründen schon für entscheidend halten, wie sich das verteilt hat. Das brauche ich jetzt nicht auszuführen.

Das heißt, wir sollten das einfach heute oder morgen – am besten per Einstimmigkeit des Ausschusses – von der Nationalbank entsprechend anfordern. Warum wir es dort noch nicht gemacht haben, hat einen klaren Grund, weil nämlich bei Nowotny und Ittner zunächst andere Fragen im Vordergrund standen, da die vier Stunden immer länger ausschauen, als sie sind.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich kann mich nur den Worten des Kollegen Kogler anschließen, weil der vorgelegte Rechnungshofbericht ja zeigt, dass andere österreichische Banken lediglich mit 1,5 Milliarden betroffen gewesen wären. Da Herr Dr. Rothensteiner schon des Öfteren sagt, nachdem Kollege Lugar da groß wissen möchte, wie der gesamte Raiffeisen-Sektor betroffen wäre, dass er die Zahlen der Raiffeisen Zentralbank weiß, aber von allen anderen kleineren Instituten in den Regionen sie nicht sagen kann, halte ich diese Vorgehensweise für die gescheiteste.

Es ist ja nicht nur interessant, wie viel die Raiffeisen von diesen 1,5 Milliarden vielleicht sogar bei den Hypothekenbanken hat, sondern es ist ja auch interessant, was die anderen Sektoren – der Sparkassen-Sektor et cetera – da an Anteilen hat. Ich weiß nicht, Kollege Lugar, wenn jemand eine Antwort gibt und sagt, dass er es nur für den einen Bereich klar sagen kann, dann verstehe ich da ehrlich gestanden die Aufregung überhaupt nicht. Machen wir es so: Wir fordern, die Nationalbank soll es uns besser aufgliedern, und die Geschichte hat sich. Ich glaube, das ist ein ganz guter Vorschlag und darauf können wir uns sicher einigen.

Vorsitzende Doris Bures: Ich würde jetzt, wenn wir wirklich in eine größere Geschäftsordnungsdebatte ... (Zwischenruf des Abg. Darmann.) Nein, Sie haben noch in dieser Runde für eine kurze Frage Zeit.

Ich fasse das jetzt so zusammen, dass man, da im Unterschied zur RZB die OeNB vorlagepflichtig ist, eben dieses Ersuchen auf Beweiserhebung seitens des Ausschusses an die OeNB richten kann und dass wir das möglicherweise im Verlauf der Beratungen heute auch noch so vornehmen können. Falls dem so ist, schreiten wir fort.

Sie haben noch eine kurze Frage, Herr Abgeordneter Mag. Darmann.

*****

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich muss nur noch einmal kurz einleiten, da wir jetzt durch diese Debatte unterbrochen worden sind.

Herr Dr. Rothensteiner! Wir haben gerade noch einmal festgehalten, dass Ihre Aussage war, Raiffeisen würde nie ein Bankinstitut erwerben, ohne eine ordentliche Due Diligence durchzuführen, und, um das korrekt zu machen, dauert die halt ein paar Monate. Das wurde von Ihnen noch einmal abgenickt. So ist es.

Dr. Walter Rothensteiner: Das ist aber nicht nur bei Raiffeisen so. Das machen andere Banken auch so.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Danke vielmals, weil das noch die bessere Bestätigung dafür ist und die finale Frage in dieser Runde aufwirft: Herr Dr. Rothensteiner! War Ihnen bekannt, dass die Republik Österreich seit der Erteilung des Partizipationskapitals im Dezember 2008 – also blieb bis zur Verstaatlichung praktisch ein Jahr Zeit – das Recht gehabt hätte, eine Due Diligence in der Hypo zu machen, es verabsäumt hat, diese Due Diligence zu machen, und sie so nie, zu keinem Zeitpunkt gemacht hat? Haben Sie das gewusst?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein. Da darf ich aber schon etwas dazu sagen. Es ist ein Unterschied, ob die Republik, die erstens die Aufsicht, zweitens die Prüfer und jederzeit Zugriff hat, oder ob eine Privatinstitution wie wir etwas kauft. Ich gehe davon aus, dass der Republik in ausreichendem Maße Informationen zur Verfügung gestanden sind, um das zu kaufen. Das ist ja nicht ein normaler Bankkauf, den man irgendwo macht, weil die Aufsichtsbehörde ja von Anfang an in die Thematik involviert ist. Ich bitte schon darum, mir nicht die Thematik Kauf mit Due Diligence auf die Republik umzumünzen. Das ist eine ganz andere Situation. (Zwischenruf des Abg. Darmann.) Ja! Das mag sein, aber ich nicht.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Wir werden in eine dritte Runde einsteigen, und Sie können sich dann sozusagen in diesem Themenbereich natürlich noch vertiefen und nachfragen. Wir haben uns diese Redezeit tatsächlich so vereinbart.

Frau Abgeordnete Tamandl, Sie sind am Wort.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Dr. Rothensteiner! Ich möchte noch einmal auf die Besprechung vom 10. Dezember 2009 (Auskunftsperson Rothensteiner: 11.!) zu sprechen kommen, bei der Sie als Spartenobmann anwesend waren und wo Sie gesagt haben, Herr Dr. Miklas hätte seitens der Hypothekenbanken darauf aufmerksam gemacht, welche Auswirkungen das Schlagendwerden der Einlagensicherung auf den Verband et cetera gehabt hätte. Ist bei dieser Besprechung zutage getreten, dass sich die Bayern vollkommen aus der Bank zurückziehen wollen?

Dr. Walter Rothensteiner: Kann ich mich nicht erinnern. Noch dazu, weil ich mir notiert habe, Miklas hat damals deponiert, das ist primär ein Problem der Bayern, die Liquidität zu schaffen. Daher war das für mich nicht absehbar – drei Tage vorher –, dass die eigentlich rauswollen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ist seitens des Finanzministeriums bei dieser Besprechung nicht zur Sprache gekommen, dass von den Bayern da kaum etwas zu erwarten ist?

Dr. Walter Rothensteiner: Aufgeschrieben habe ich mir nichts, und in Erinnerung habe ich nichts Zusätzliches zu der Besprechung.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ist bei dieser Besprechung eventuell auch zur Sprache gekommen, dass die Darlehen der Bayern möglichweise als Eigenkapitalersatz gesehen werden? (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein!) – Auch noch nicht zu dem Zeitpunkt?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ist es üblich, wenn es sich um Angelegenheiten wie diese handelt, dass beispielsweise jemand vom Hypo-Verband eingeladen wird, um eine Problematik zu besprechen, so wie es bei der Hypo war, sodass hier ein Spartenvertreter dabei ist, oder war das Zufall, dass Sie da eingeladen worden sind?

Dr. Walter Rothensteiner: Dazu kann ich gar nichts sagen. Ich war dazu eingeladen. Sicherlich war die Diskussion in der Richtung, wie im Fall des Falles die Pfandbriefstelle funktioniert et cetera; aber es kann nur um Technik gegangen sein.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, Sie waren ein informierter Interessenvertreter des Hypo-Verbandes in dieser Besprechung – einer, der für die Information dabei ist?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Kommen wir zur Besprechung in der Verstaatlichungsnacht am 13.12.. Sie haben gesagt, es war eine relativ kurzfristige Sache. Es war zirka 19 Uhr.

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, in der Gegend.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie kam es zu der Einladung? Wie sind die Bankenvertreter dazu eingeladen worden?

Dr. Walter Rothensteiner: Irgendjemand aus dem Ministerium wird mich angerufen haben und hat gesagt ...

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Aber Sie können sich nicht erinnern, wer das war?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie uns genau schildern, wie sich das Finanzministerium das vorgestellt hat, wie die Banken gemeinsam oder eine Bank für sich Eigenkapital oder Beteiligung in die Hypo einbringen sollen?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe nur in Erinnerung, dass gesagt wurde, es gibt das Bedrohungsszenario, man braucht zumindest 500 Millionen Liquidität. Die Kollegen Cernko, Koren und Co haben natürlich gesagt, über Liquidität am Ende des Tages kann man eventuell diskutieren, über Eigenkapital nicht. Das hat meines Erachtens nicht sehr lange gedauert, wie wir dort gesessen sind, denn den zweiten Akt in der Oper habe ich noch geschafft.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, Sie haben sich gemeinsam – also die Bankenvertreter, die Sie hier schon zwei Mal aufgezählt haben – verständigt, dass das mit Eigenkapital nicht gehen kann. (Auskunftsperson Rothensteiner: Mhm!) Sie haben vorhin schon gesagt, weil es in der Schnelle ganz einfach auch technisch gar nicht gehen kann.

Wurde seitens des Finanzministeriums angedeutet, wie sich das Finanzministerium das vorstellt? – Ich meine, Herr Mag. Lejsek ist ja jemand, der jahrzehntelang in der Bankenaufsicht tätig ist. Gab es da Ideen seitens des Finanzministeriums, wie man sich das vorstellen kann?

Dr. Walter Rothensteiner: Also diskutiert wurden dort sicher keine, weil es letztendlich eine klare Sache war: In dieser Geschwindigkeit ist Kapital nicht möglich. Und abgesehen davon: Kapital in ein fremdes Institut, bei dem ja zu dem Zeitpunkt diskutiert wird, wie es ihm geht – ich glaube, da würde kein Aufsichtsrat von vornherein zustimmen, dass man dort Kapital hineinschießt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ist Ihnen und den anderen Bankenvertretern bei dieser Besprechung am 13. Dezember – denn da ist es ja dann schon relativ zügig in die Verstaatlichungsnacht gegangen – klar gewesen, dass die Bayern so quasi – wir haben diesen Satz einmal gehört – den Schlüssel abgeben wollen, dass sich die Bayern vollständig zurückziehen wollen und dass seitens der Bayern kein Kapitaleinschuss mehr kommt?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich nehme an, das ist dort gesagt worden. Aufgeschrieben habe ich es mir nicht, aber davon gehe ich aus.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben gesagt, es war Ihnen bis zum Bankenpaket gar nicht klar, was man mit Systemrelevanz meint. Das heißt, eingeladen waren eigentlich Vertreter, Spitzenrepräsentanten (Auskunftsperson Rothensteiner: Der großen Banken!) der systemrelevanten österreichischen Banken?

Dr. Walter Rothensteiner: De facto, ja.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Und ist es damals auch zur Sprache gekommen, dass man an Sie herantritt, weil eben die Hypo auch eine systemrelevante österreichische Bank ist?

Dr. Walter Rothensteiner: An sich nicht. Die Frage war ganz einfach: Wir haben da eine Bank, die Kapital und Liquidität braucht – könnt ihr mittun?

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Und dann war relativ rasch klar: Eigenkapital – niemals (Auskunftsperson Rothensteiner: So ist es!), Liquidität – ja. (Auskunftsperson Rothensteiner: Kann man reden!) Jetzt haben Sie gesagt, wie viele Banken waren dort? Fünf Banken? Habe ich das richtig in Erinnerung?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe da (aus den Unterlagen vorlesend) Cernko, Treichl, Koren, Harold stehen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Jetzt haben Sie gesagt, Sie haben um rund 100 Millionen Ihre Linie erweitert. (Auskunftsperson Rothensteiner: Mhm!) Ist das dort schon zur Sprache gekommen (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein!), wie diese 500 Millionen aufgeteilt werden?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, weil da ging es um die Sache: In Summe denkt man über 500 Millionen Liquidität nach, und wir werden uns bei Gelegenheit zusammenreden, wie wir das machen. Das ist aber meines Erachtens dann nicht besonders passiert.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Die Zusage für die Liquidität gab es aber von allen Vertretern dort?

Dr. Walter Rothensteiner: Die Zusage, dass wir uns das überlegen werden.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ach so! Aber nicht: Wir machen das konkret!?

Dr. Walter Rothensteiner: Aber die andere Seite hat das durchaus als Zusage empfunden, davon gehe ich aus, und, wie gesagt, wir haben dann auch mitgetan.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wissen Sie noch, wie lange in etwa dieses Gespräch gedauert hat? – So, wie Sie das schildern, war das eigentlich ein relativ kurzer Prozess.

Dr. Walter Rothensteiner: Ich würde sagen, sehr viel mehr als eine Stunde kann es nicht gewesen sein, wo die Bankenvertreter dabei waren, davon gehe ich aus. Dann haben sie uns nach Hause geschickt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Und bei dieser Besprechung wurde Ihnen nicht gesagt, dass die Bayern vollständig das Interesse an der Hypo verloren haben?

Dr. Walter Rothensteiner: Noch einmal: Das kann ich nicht eins zu eins bestätigen, aber ich gehe davon aus, dass die Stimmung danach war.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie sind schon vorher von einem anderen Kollegen gefragt worden – oder eigentlich von Herrn Dr. Pilgermair, glaube ich –, was die Folgen der Beauftragung und der Einsetzung eines Regierungskommissärs gewesen wären. War Ihnen am 13. Dezember bewusst, dass der Regierungskommissär schon bestellt ist und dass, wenn es keine Lösung in irgendeiner Form gibt, am Montag in der Früh der Regierungskommissär in der Bank steht?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich kann mich nicht erinnern, aber es wäre logisch gewesen, nicht? – Weil die Finanzmarktaufsicht muss, bevor die Bank am Montag wieder aufsperrt, handeln, wenn keine zusätzliche Kapital- und Liquiditätslösung da ist.

Vorsitzende Doris Bures: Zweite Runde.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Aber die Information seitens des Finanzministeriums war zu dem Zeitpunkt nicht an die Bankenvertreter gerichtet, so nach dem Motto: Zieht euch warm an, denn jetzt kommt ab Montag in der Früh ein Regierungskommissär in die Hypo, und da muss man schauen, dass es nicht zu einem Banken-Run kommt?

Dr. Walter Rothensteiner: Also, an die Bankenvertreter ist nur das Thema Kapital und Liquidität gerichtet gewesen, und das haben wir deutlich beantwortet, dass uns das bewusst gewesen ist, dass so etwas passiert, aber in Österreich kommt kein Banken-Run auf alle Banken, in dem Fall.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wurde bei diesem Gespräch, das ja wahrscheinlich sehr kurz und seitens der Bankenvertreter eigentlich auch relativ rasch mit einer Absage verbunden war, auch über die Kärntner Haftungen geredet? Hat das Finanzministerium gesagt: Wenn ihr uns da nicht helft oder wenn wir da nicht irgendeine Lösung zusammenbringen und wir die Bank in Insolvenz schicken müssen, dann können wir Kärnten gleich vergessen?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich kann mich nur erinnern, dass über die Frage Maastricht-Kriterien geredet worden ist, denn durch eine Insolvenz wären ja die Maastricht-Kriterien um den Haftungsbetrag gestiegen. Aber das entzieht sich letztendlich unserer Kenntnis.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Für die erste Runde einmal danke.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Guten Tag auch von meiner Seite! Ich beziehe mich jetzt nur auf die sogenannten Vereinbarungen des Bundes mit den Bankenvertretern, also diese Besprechung, 19 bis 20 Uhr, unter fünf Beteiligten, und zwar geht es mir um die Rolle der Bundesverhandlungsseite. In diesem Sinn sind Sie also wirklich Zeuge.

Da wurde ja am nächsten Morgen – Sie kennen das alles, aber nur zur Eingewöhnung hier – vom Herrn Minister und Herrn Staatssekretär vor der Presse verkündet, dass es diese Beteiligung geben wird; die ließen dort vor den Medien noch offen, ob Eigenkapital- oder Liquiditätslinien.

Aber nicht nur das – man möchte ja meinen, ein Placebo für die Presse, warum nicht, darauf haben ja viele gedrängt –, mehr noch: Am nächsten Tag, am Dienstag, im Ministerrat, ist es immerhin eine Zeile wert, dass – neben der ganzen Darstellung, warum das jetzt richtig und wichtig war – auch die österreichischen Banken – und damit wurde sozusagen die Richtigkeit der Vorgehensweise in diesem Im-Nachhinein-Bericht untermauert – diesen Beitrag leisten werden. Punkt.

Meine Frage: Was wurde mit Ihnen tatsächlich vereinbart? (Zwischenruf des Abg. Lugar.– Ja, das schon, aber jetzt einmal ...

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe das zuerst gesagt: Also es gibt einmal, glaube ich, keine schriftliche Vereinbarung, an dem Abend schon gar nicht, sondern es war die Grundsatzaussage zu sagen, wir gehen quasi nach Hause und klären, damit wir 500 Millionen Liquidität auf die Beine stellen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Gut. Sie haben immer dargestellt, von einer Eigenkapitalvariante konnte eigentlich aus Ihrer Sicht keine Rede sein. (Auskunftsperson Rothensteiner: Mhm!) Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Herr Mag. Lejsek bei diversen sogenannten Jours fixes zur Hypo – da war Kranebitter noch nicht im Vorstand, denn das war ... (in den Unterlagen blätternd), das ist eine andere Unterlage – davon spricht, dass ein Gesamtpaket sowohl aus Kapital- als auch aus Liquiditätsmaßnahmen nach wie vor zu erwarten sei? – Und zwar war das im Februar 2010. Haben Sie nach dieser Besprechung irgendwann einmal Kontakt mit Vertretern des Finanzministeriums zu dieser Frage gehabt?

Dr. Walter Rothensteiner: Zu dieser Frage sicher nicht, nein, weil das Kapital war für uns sicher kein Thema, die Liquidität haben wir dann eh gemacht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Schon klar, dann müssen wir dort noch nachfassen. Die andere Frage stellt sich bezüglich dessen, wo es eine gewisse Bereitschaft gegeben hätte: Liquidität. Wer ist an Sie herangetreten, allenfalls als RZB-Chef, mehr noch vielleicht als Spartenobmann, da im Sinne dieser mündlichen Vereinbarung etwas zu organisieren? Können Sie dem Ausschuss erzählen, was die Republik und der Bund für Bemühungen gemacht haben, die für Sie noch wahrnehmbar sind, um diese Zusage einzulösen?

Dr. Walter Rothensteiner: Also, für mich war da dann nicht mehr sehr viel wahrnehmbar, denn der Bereich Liquidität ist dann zuständigkeitshalber bei einem meiner Vorstandsmitglieder gelandet. Ich gehe davon aus, Kranebitter hat sich gemeldet, er braucht noch Linien. Das ist dann auch passiert, aber ansonsten ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Was ist genau passiert?

Dr. Walter Rothensteiner: Na, unsere Kreditlinien, habe ich gesagt, in der Bank, sind ausgeweitet worden.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Die statistische Erhöhung um 100 Millionen oder was Sie da meinen? (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!) Glauben Sie, dass das aufgrund dieser Vereinbarung passiert ist?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich gehe davon aus, denn wenn wir nach Hause gegangen wären und sagen: Rührt die Hypo nicht mehr an!, dann hätte keiner etwas gemacht, nicht?

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber Sie waren ja auch noch Spartenobmann zu dieser Zeit, und da werden Sie ja öfter mit Ihren Kollegen geredet haben. Also das stellen wir uns so vor – Treichl, Cernko, wissen wir alle. Das war nie mehr ein Thema (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein!), dass die gesagt hätten: Pass auf, jetzt kommt das alte Management – Pinkl oder dann Kranebitter –, du, die wollen jetzt wirklich die Linien!?

Dr. Walter Rothensteiner: Also, daran kann ich mich wirklich nicht erinnern. Ich glaube, dass so eine Geschichte dann auch nicht mehr zwischen uns besprochen wird. Es muss eh jeder in seinem Haus schauen, dass sein Risikomanager da mitmacht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, das ist aber allenfalls schon anreizend zu der Frage: Sie sitzen da alle beieinander, fünf Vertreter, und dann macht man aus, 500 Millionen – wird da implizit vorausgesetzt, jeder 100 Millionen, oder wie? Muss ich mir das so vorstellen?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, grosso modo, aber ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Deshalb war kein Gesprächsbedarf mehr?

Dr. Walter Rothensteiner: So ist es.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Okay. Na gut, dann lassen wir diese Geschichte dort stehen. Sie kennen ja offensichtlich die Festhaltungen vom Rechnungshofbericht und von der Griss-Kommission, die ja ähnlich wie ich die österreichische Verhandlungsführung – also die Bundesverhandlungsführung – bemängeln.

Zu etwas ganz anderem: Es geht mir schon um den Raiffeisen-Sektor und um die Verschränkungen und Beteiligungen mit der Hypo. Es ist nicht Ihr Ressort, aber ich frage Sie nach Ihren Wahrnehmungen, schon ab 2005, 2006, 2007, denn dass die Hypo eine Problemzone war, brauchen wir jetzt nicht wegzureden.

Wir fragen uns hier immer – oder wenigstens einige in diesem Ausschuss –: Beispiel Pfandbriefstelle. Es ist ja nicht so, dass man da nur zwangsverhaftet wird – da sind noch sieben andere dabei (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja, ja!) –, zu dem Zeitpunkt 2009 waren ja 2,3 Millionen draußen, wo man zur Hypo Alpe-Adria mithaftete.

War das Ihrer Wahrnehmung nach – nicht, dass Sie da irgendwie schuld wären – in Ihrem Sektor einmal Thema, wie die Landes-Hypos da tun – immerhin hat es bei drei Landes-Hypos über zwei Landesbanken Ihres Sektors eine Beteiligung gegeben –, dass man einfach sagt: Es ist das 2006er-Jahr, das 2007er-Jahr, da hat es ja noch Exzesse gegeben, das ist ohnehin alles super, denn die Hypo Alpe-Adria ist sicher superseriös, da werden wir nie ein Problem kriegen? – Eine gemeinsame Haftung sollte ja auch verpflichten. Können Sie da irgendeine Diskussion aus Ihrem Sektor berichten?

Dr. Walter Rothensteiner: An sich schwer, aber ich glaube, dass unsere Miteigentümer in der Gruppe an den Hypos die Pfandbriefstelle nicht mit dem Thema Hypo Alpe-Adria identifiziert haben. Das sind Wertpapiere, die an die Kunden verkauft worden sind (Abg. Kogler: Richtig!), und da ist es quasi über viele Jahre Usus gewesen, dass man gemeinsam dafür haftet. Also mir ist keine Diskussion bei uns bekannt, dass einer gesagt hätte: Ich muss da jetzt quasi aus der Pfandbriefstelle heraus, denn da ist die Hypo Alpe-Adria drin.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Keine Diskussion bekannt?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein. Aber Sie hätten mich wahrscheinlich auch nicht in die Diskussion einbezogen, weil das eine ausschließliche Geschichte der beiden Landesbanken Oberösterreich und Steiermark ist.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Als Eigentümer der drei Landes-Hypos? (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!) Es ist nur insofern verwunderlich, als ja noch früher, schon 2002/2003, Spuren in der Öffentlichkeit, sogar Zeitungsberichte bekannt sind, wo sich teilweise die Raiffeisen-Bezirksbanken in Kärnten, aber auch die Landesbank – Raiffeisen eben – schon darüber mokieren, dass ihnen aus Ihrem Sektor die Hypo immer so als Erfolgsmodell vorgehalten wird – Sie wissen ja, Kulterer, ich weiß nicht, wie oft der „Mann des Jahres“ war, haben wir uns da dauernd anhören müssen –, aber Leute aus Ihrem Sektor – im Übrigen aus der ÖVP Kärnten – das durchaus schon viele Jahre kritisch beäugt haben, dieses sogenannte Geschäftsmodell Hypo Alpe-Adria. Und das ist nie irgendwo stärker diskutiert worden – denn ehrlich gesagt frage ich mich schon, wo ich mein Geld hingebe, auch als andere Hypo, wenn ich mithafte.

Dr. Walter Rothensteiner: Kulterer war ja nur bis 1993 bei Raiffeisen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Davon rede ich nicht, ich rede von den 2000ern.

Dr. Walter Rothensteiner: Wir haben auch immer das Thema gehabt, dass meine Banken auf dem Balkan, in Kroatien und so weiter bei Finanzierungen nicht drangekommen sind, weil die Hypo mit einer Aggression dort hineingegangen ist (Abg. Kogler: Ja eben! Darauf wollte ich hinaus!), dass wir das Geschäft verloren haben (Abg. Kogler: Genau!), und das wird wahrscheinlich lokal auch passiert sein. Aber das kommt nicht bis zu mir.

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind in der Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das ist schon klar. Das ist ja meine These, dass ausreichend zumindest wichtige, gewichtige Leute – nicht für alle Öffentlichkeit, aber in der Branche – darüber geredet haben: Wenn du bei keinem mehr etwas kriegst, dann geh zur Hypo! – Das war doch ein geflügeltes Wort? (Auskunftsperson Rothensteiner: Das wird so gewesen sein!) Wir hier fragen uns: Wie kann das dann sein, dass das viele Jahre so weiterging?

Dann haben wir einen Aufsichtszinnober in Österreich, den Sie dauernd kritisieren, wo ohnehin schon alle reden, seit 2002 – da finde ich schon die ersten Zeitungsmeldungen –, dass das in Wirklichkeit kein Erfolg, sondern ein Schieflagenmodell ist. Zumindest gibt es einige.

Dann halten wir uns eine Aufsicht, die immer noch teurer wird – wie Sie sich hier mokieren –, die aber offensichtlich nicht richtig zur Sache geht. Insofern wundert es mich dann schon, dass andere Landes-Hypos über die Pfandbriefstelle einfach so mithaften. Jetzt sagen Sie: Okay, das war nicht Sache der Raiffeisen Zentralbank. (Auskunftsperson Rothensteiner: So ist es!) Dann werden wir eben noch den Vertreter des dortigen Sektors fragen – wir haben ihn ja auch geladen.

Abschließend: Haben Sie mitbekommen – es könnte auch eine Sektordebatte gewesen sein –, dass etwa die RBB Klagenfurt, die Bezirksbank, von der Hypo Alpe-Adria nicht nur, sage ich einmal, zwielichtige Kunden, sondern auch die ganzen Geschäfte dazu mitübernommen hat und das dann später schon, sogar von der Notenbank, heftig kritisiert wurde? – Also, es hat immer wieder Verflechtungen zwischen Raiffeisen und Hypo gegeben, so ist es ja nicht.

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, ja, aber die RBB Klagenfurt ist für mich erst viele Jahre später aktenkundig geworden.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, 2011 ist die Notenbank wieder einmal zwischendurch aufgewacht und hat gesagt: Hallo, die kaufen den ganzen Schrott von der Hypo Alpe-Adria, was ist denn da los? – Wir wissen es: Weil Striedinger seine Verwandten dort sitzen gehabt hat.

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe es eh gesagt: 450 selbständig entscheidende Banken, und da ist immer eine dabei, die irgendetwas macht, was sie nicht soll.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Schauen Sie, wir haben ja schon ein bisschen getuschelt hinten: Sie sind ja ein hemdsärmeliger Typ, können damit aber nicht kaschieren, dass Sie wirklich einer der Intelligentesten in dem Sektor sind, und wir wundern uns, dass so viele gescheite Leute nicht mehr diskutieren, Wahrnehmungen haben und vielleicht auch daraus Schlussfolgerungen ziehen.

Wir prüfen ja den Zustand, dass da seit 2002 ein Krebsgeschwür wächst. Das ist zuerst immer nur als etwas besonders Gesundes dargestellt und bejubelt worden, und irgendwann ist es dann eben tragisch. Jetzt gibt es so viele gescheite Leute, und jetzt wollte ich einfach wissen, ob Sie mehr dazu beitragen können, aber bis zu Ihnen sind diese Debatten nicht ... Sie haben immer etwas gehört, aber es hat ...

Dr. Walter Rothensteiner: Weil es aufgrund unserer Struktur ja Themen sind, die uns dann nicht unmittelbar betreffen. Das betrifft den Steirer, den Oberösterreicher, die haben Hypo-Beteiligung und haben sicher gewusst, was sie mit ihrer Beteiligung machen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Vielleicht müssen wir uns da noch einen anhören. – Danke.

Vorsitzende Doris Bures: Damit gelangen wir zur zweiten Fragerunde, in der es noch Redezeit gibt.

Herr Klubobmann Lugar! Sie haben knapp 1 Minute. Wollen Sie diese jetzt nutzen? – Gut, dann erteile ich Ihnen das Wort.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Weil ich vorher so insistiert habe, was die Raiffeisenbank und so weiter und Sie da gemacht haben – es ist ja bei jeder Entscheidung immer die Frage: Wem nützt es, und wer zahlt? Das ist immer die zentrale Frage, wenn etwas entschieden wird.

Wenn man sich aber das hier ein bisschen anschaut, sozusagen tabellarisch, sieht man, auf der einen Seite sind die Banken, auch Raiffeisen, die ja ganz stark mit der Hypo verwoben war, auch über Fonds, auch über Anteile. Natürlich haben Sie selbst gesagt, wenn die Bonität durch einen Konkurs sinkt, reden wir von mehreren Milliarden, die das unter Umständen gekostet hätte, über Jahre wahrscheinlich noch mehr. Das heißt, da wäre ein riesiger Schaden entstanden.

Dieser Schaden ist ja nicht entstanden, weil die Entscheidung so getroffen wurde, wie sie getroffen wurde. Das heißt, es wurde notverstaatlicht, es wurde die schlechteste aller Varianten gewählt, jene Variante, die keiner wollte, weder Finanzminister Pröll, noch Höllerer, noch irgendjemand. Niemand wollte das, nicht einmal die Notenbank. Letztlich ist der gesamte Schaden beim Steuerzahler geblieben, und Sie beziehungsweise die Banken haben nichts gezahlt.

Da stellt sich natürlich die Frage: Wenn Sie darauf Einfluss nehmen konnten, haben Sie das auch getan? – Ich glaube, diese Frage ist legitim. Und es ist ja nicht sehr wahrscheinlich, dass, wenn Sie vor einem riesigen Scherbenhaufen stehen und diesen abwenden können, Sie nicht in diese Richtung interveniert haben.

Vorsitzende Doris Bures: Sie müssen jetzt die Frage formulieren, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das sagt ja auch Ihre Aussage, in der Sie davon sprechen, dass diese Bankeninsolvenz unter allen Umständen abgewendet werden muss, und da ist eben die Frage der Motive. Da ist meine Frage, ob Sie angesichts dessen, dass Höllerer und Josef Pröll dann auch bei der Raiffeisen untergekommen sind, da nicht möglicherweise ein Motiv hatten?

Dr. Walter Rothensteiner: Gut. Erstens einmal: Dass wir ganz stark über Fonds und so weiter mit der Hypo verwoben sind, da mache ich ein Fragezeichen dahinter. Aber gut, das ist stilistische Freiheit. Dass wir die schlechteste aller Varianten gewählt haben, das unterschreibe ich nicht, weil ich nach wie vor der Meinung bin, es wäre auf den Märkten und so weiter viel mehr passiert, wenn Konkurs passiert wäre.

Und dass es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass ich nicht interveniert habe – also dazu brauche ich überhaupt nichts zu sagen. Ich habe im Eingangsstatement schon gesagt: Ich habe nicht interveniert.

Und die Vermischung Höllerer, Pröll bei uns: Es wird ja wohl möglich sein, dass man gute Leute in diesem Land, wenn sie einen Job wollen, auch anstellen kann. (Abg. Lugar: Ist das nicht eine schlechte Optik?)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Sie müssen in der nächsten Runde weiterfragen.

Dr. Walter Rothensteiner: Für mich ist es keine schlechte Optik – darf ich das noch sagen, Frau Präsident? (Abg. Lugar: Keine schlechte Optik?) Herr Pröll hat Bodenkultur studiert und ist jetzt Geschäftsführer des größten Mühlenbereichs Europas. Das passt studienmäßig zusammen. Daher habe ich da wirklich keine Sorgen. (Abg. Lugar: Herr Höllerer hat ...?)

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Dr. Rothensteiner! Sie haben einleitend gesagt, sie waren zweimal im Finanzministerium – das erste Mal am 11.12. und das zweite Mal bei der Verstaatlichung, als es um die Verstaatlichung gegangen ist, am 13.12. Damals ist das medial auch schon sehr stark durchgespielt worden, und die Hypo hat sehr stark darunter zu leiden gehabt, auch mit diesem Kapitalabfluss.

Man hat auch gehört, dass auch Kärnten selbst am 10. und 11. Dezember 107 Millionen € von der Hypo abgezogen und zu einer anderen Bank transferiert hat. War das auch Thema des Gesprächs am 13.12.?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, sicher nicht.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Ist Ihnen auch nicht bekannt?

Dr. Walter Rothensteiner: Ist mir nichts davon in Erinnerung.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Auch nicht bekannt? (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein!) – Danke vielmals.

Vorsitzende Doris Bures: 1 Minute hat die Fraktion der Grünen in dieser Runde noch. (Abg. Kogler: Die anderen nichts?) – Nach der ÖVP kommt in der Rednerreihenfolge die Fraktion der Grünen dran. Sie hätten noch 59 Sekunden, also knapp 1 Minute, in dieser Runde – oder wir machen dann in der nächsten weiter. (Zwischenruf des Abg. Kogler.)

Gut, dann kommen wir zur dritten Runde. Herr Klubobmann Lugar, möchten Sie? (Abg. Lugar: Immer!) – Bitte, dann sind Sie jetzt für 3 Minuten am Wort.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wir sind stehengeblieben bei Herrn Höllerer. Sie haben mir erklärt, warum Herr Finanzminister Josef Pröll bei Ihnen so gut untergekommen ist – vielleicht können Sie das für Herrn Höllerer auch noch einmal ausführen.

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, das ist überhaupt kein Problem. Herr Höllerer war Abteilungsleiter in der Finanzmarktaufsicht, er kennt die rechtlichen Grundlagen im Bankenbereich hervorragend. Er war dann mein Sekretär – und war einer der wirklich guten Sekretäre –, und als er wieder zu haben war, habe ich ihn wieder zurückgenommen. Das ist überhaupt keine Diskussion: Wenn ich so jemand kriegen kann, will ich ihn, weil er fleißig ist, weil er gescheit ist und weil er die Inhalte kennt. Also was spricht da dagegen?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie haben auch irgendwie ein gutes Verhältnis mit ihm gehabt, auch vorher schon, nicht?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe grundsätzlich mit meinen Leuten ein gutes Verhältnis.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sehr gut. Das heißt, auch bei der Diskussion um die Notverstaatlichung, wo Herr Höllerer maßgeblich die Fäden gezogen hat, haben Sie mit ihm in dieser Art und Weise konferiert?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich bezweifle, dass Herr Höllerer maßgeblich die Fäden gezogen hat, aber ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer hat die Fäden gezogen?

Dr. Walter Rothensteiner: Das weiß ich nicht, ich nehme an ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wieso wissen Sie das nicht?

Dr. Walter Rothensteiner: Es war nicht meine Veranstaltung, aber da sie mit dem ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber haben Sie nie mit Herrn Höllerer darüber gesprochen, wenn Sie so gut mit ihm waren?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, das mag schon sein, aber nichts Entscheidendes. Ich meine, ich kann ja nicht sagen, weil wir in einer Besprechung sind, kenne ich ihn nimmer, nicht?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Schauen Sie, ich will Ihre Wahrnehmungen wissen. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!) 

Sie haben also jetzt gesagt, Sie haben mit Herrn Höllerer auch in einer freundschaftlichen Art und Weise gesprochen. Worum ist es da gegangen rund um die Notverstaatlichung?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich sage Ihnen etwas: Das ist jetzt wie lang her? Sieben Jahre? – Das kann ich wirklich nicht sagen, aber ich habe ihm sicherlich nicht eingeredet: Du musst die Notverstaatlichung machen!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie haben es ihm auch nicht ausgeredet?

Dr. Walter Rothensteiner: Hätte ich müssen?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Weiß ich nicht, vielleicht, wenn Sie sich an den Steuerzahler erinnert hätten, dass der jetzt 20 Milliarden zahlt, vielleicht hätten Sie Gewissensbisse gekommen?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich habe vorhin schon gesagt, dass ich das Ganze für eine gute Lösung halte. Daher war von mir nicht zu erwarten, dass ich versuche, das irgendjemandem auszureden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie haben es ihm auch nicht eingeredet? Sie haben gar nicht mit ihm darüber geredet?

Dr. Walter Rothensteiner: Na sicher nicht, das habe ich im Einleitungsstatement schon ganz klar gesagt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, ja. Sie haben also gar nicht mit Herrn Höllerer geredet über ...

Dr. Walter Rothensteiner: Dass ich gar nicht mit Höllerer geredet habe, schließe ich aus, denn wenn ich ihn auf der Straße treffe, rede ich mit ihm – und wenn ich ihn im Ministerium treffe, rede ich auch mit ihm.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es geht darum, dass Sie schon Tage vorher gesagt haben, dass Sie nicht wollen, dass die Hypo in Konkurs geht. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!) 

Jetzt ist doch sehr wahrscheinlich, dass Sie Herrn Höllerer auch gesagt haben: Also wenn es nach mir geht, bitte nicht in Konkurs gehen lassen!

Dr. Walter Rothensteiner: Es ist in der Zeitung gestanden, und wie ich weiß, liest er auch Zeitungen. (Abg. Lugar: Wie?) – Es ist in der Zeitung gestanden, und er liest die Zeitungen, also hätte er es auf diesem Weg auch erfahren können, was meine Meinung ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha, das heißt, Sie sind mit ihm zusammengetroffen, es ist um die Hypo gegangen (Auskunftsperson Rothensteiner: Das weiß ich nicht!), und Sie haben nicht mit ihm darüber gesprochen, dass Sie gern hätten, dass sie notverstaatlicht wird.

Dr. Walter Rothensteiner: Noch einmal: Unterstellen Sie mir nicht, dass ich mit ihm zu irgendeinem Thema zusammengetroffen bin! Wie gesagt, wenn Herr Höllerer mir über den Weg rennt, werde ich mit ihm reden, weil ich ihn lange genug gut kenne – aber keine Thematik, die hier relevant wäre.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also zum Thema Notverstaatlichung haben Sie nie mit Herrn Höllerer gesprochen?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, mit Sicherheit nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber natürlich mit Herrn Pröll, nehme ich an, mit Josef Pröll?

Dr. Walter Rothensteiner: Auch nicht mit Herrn Pröll. Ich war dort kein entscheidendes ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na mit wem haben Sie darüber gesprochen?

Dr. Walter Rothensteiner: Das weiß ich nicht mehr. Ich habe keine essenziellen Aussagen in Erinnerung, daher kann ich Ihnen auch nicht sagen, wen ich dort getroffen habe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay, gehen wir es von der anderen Seite an: Können Sie sich an eine Situation erinnern, dass der Raiffeisen-Sektor jemals von so großen Zahlungen bedroht war wie bei dieser Beinahe-Pleite der Hypo? Können Sie sich daran erinnern?

Dr. Walter Rothensteiner: Also im Zuge der Finanzpleiten ab dem Jahr 2007/2008 waren wir mit Sicherheit mit höheren Risken konfrontiert als das mit der Hypo war, überhaupt keine Frage.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und haben Sie sich damals stark eingebracht?

Dr. Walter Rothensteiner: Wir haben uns beim Staat Partizipationskapital geholt und haben dafür 1 Milliarde € Zinsen gezahlt, so lange wir es gehabt haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau. Sie haben sich also stark eingebracht, um Schaden vom Raiffeisen-Sektor abzuwenden.

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, aber vom konkreten eigenen Institut.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja genau, und dann plötzlich bei der Hypo, wo ein ähnlicher Schaden – vielleicht nicht in der gleichen Höhe, aber ein ähnlicher Schaden – entsteht, dann nicht mehr?

Dr. Walter Rothensteiner: Erstens ist das kein ähnlicher Schaden, zweitens hat es nicht die RZB betroffen, und daher war ich kein Verhandlungsführer zu dem Thema.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben sich in keiner Weise eingebracht?

Dr. Walter Rothensteiner: Was verstehen Sie unter „eingebracht“?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Dass Sie Ihre Überzeugungen, Ihre Wünsche dort deponiert hätten.

Dr. Walter Rothensteiner: Die hat man ja, wie wir in der Vorlage gesehen haben, schon in der APA gelesen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha, das heißt, Sie haben darauf vertraut, dass man Ihre Presseaussendungen beziehungsweise Ihre APA-Interviews liest?

Dr. Walter Rothensteiner: (mit ironischer Heiterkeit): Das bin ich gewohnt: Was ich in der APA sage, passiert dann auch. (Heiterkeit.)

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie? Was Sie in der APA sagen, passiert – oder wie?

Dr. Walter Rothensteiner: Na ja, bin ich ja gewohnt, so wie Sie das darstellen. – Ich bin ja nicht der Gottseibeiuns, der einmal etwas sagt, und alle liegen am Bauch und sagen: Das mache ich jetzt!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Schauen Sie, Sie versuchen das hier als lächerlich darzustellen. Es geht ja darum: Bei einem Verbrechen wird ja auch immer gefragt, wer hat Nutzen daraus gezogen. Sie haben ja ganz eindeutig Nutzen daraus gezogen, und jetzt ist die Frage ... (Zwischenruf des Abg. Kogler.)

Dr. Walter Rothensteiner: Beim Verbrechen sind wir derweil noch nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Eh nicht, ich sage es nur, es ist ein Vergleich. Wenn jemand stirbt, dann fragt man, wer erbt – nicht? (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!) 

Wenn der nun auch noch gewaltsam zu Tode gekommen ist, dann ist natürlich die Frage: Hat man mitgeholfen?

Dr. Walter Rothensteiner: Aber ich ziehe Nutzen aus jeder Bank, die nicht in Insolvenz geht, denn wenn eine in Insolvenz geht, haben wir alle miteinander einen Schaden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das stimmt, die Frage ist ...

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Klubobmann!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Die Frage, die im Raum bleibt, ist, ob Sie es beeinflussen konnten, und wenn Sie es konnten, ob Sie es getan haben – das ist die zentrale Frage.

Dr. Walter Rothensteiner: Na sicher nicht! Also erstens: Ich konnte es nicht beeinflussen, und zweitens: Ich habe nichts getan. Das habe ich schon im Einleitungsstatement gesagt. (Zwischenruf des Abg. Lugar.)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Der Vollständigkeit halber und fürs Protokoll, aber auch ganz allgemein möchte ich noch einmal meine letzte Frage von der letzten Runde wiederholen, weil der Aspekt der Bundesländer, den Sie dankenswerterweise aufgebracht haben, doch ein spannender ist.

Ich frage deswegen noch einmal: Ist Ihnen bekannt geworden, dass rund um die sogenannte Verstaatlichung 2009 Landeshauptleute – bei wem auch immer, also nicht nur bei Ihnen klarerweise, bei wem auch immer – interveniert haben oder einmal angefragt haben, ihre Meinung kundgetan haben?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein. Also unterstellt wird ja immer der niederösterreichische – der schon gar nicht. Aber auch alle anderen haben sich bei mir zu diesem Thema nicht gerührt, weil sie mich auch gar nicht wahrgenommen haben als einen, der da irgendeinen entscheidenden Einfluss hätte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Deswegen habe ich ja gefragt: Haben Sie Interventionen oder Ähnliches bei anderen Stellen wahrgenommen oder davon gehört?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, tut mir leid, sicher nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Es ist nämlich durchaus eine spannende Frage, weil das doch eine neue Erkenntnis ist, die Sie uns hier heute mitgeteilt haben, nämlich dass bei der Pfandbriefstelle nicht nur die anderen Hypobanken für die Hypo Alpe-Adria mithaften, sondern auch die Bundesländer mithaften. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja, ist so!)

Das ist nämlich viel spannender, denn die anderen Hypos hätten die Verbindlichkeiten der Alpe-Adria sowieso nicht begleichen können, das heißt, zur Ziehung gekommen wären die Bundesländer. Der Herr Miklas schreibt das ja, in seinem Schreiben ist das deutlich festgehalten. Das erwähnt er sogar an erster Stelle, insbesondere alle österreichischen Bundesländer hebt er da hervor. (Abg. Hable hält ein Schriftstück in die Höhe.)

Da danke ich für diese neue Erkenntnis und für diese neue Perspektive. Ich frage mich daher, ob wir nicht das, was ich heute in der Früh beim Eingangsstatement gesagt habe, ergänzen müssten. Ich habe nämlich als Hauptfrage für heute in den Raum gestellt: Sind die Interessen der Steuerzahler berücksichtigt worden oder die Interessen der Banken? Insofern müssen wir das ergänzen: Es geht also nicht nur um die Banken, sondern es geht auch um die Interessen der Steuerzahler versus die Interessen der Landeshauptleute.

Wir können uns sicher noch alle erinnern an das Frühjahr 2015, als die Bilanz 2014 der Hypo Alpe-Adria mit dem neuen Rekordverlust von 8, 9 Milliarden € auf den Tisch gekommen ist, wie Finanzminister Schelling dann gesagt hat: So, und jetzt keine Steuermilliarden mehr in die Hypo. Wie dann ein großes Donnerwetter aus manchen Landeshauptstädten gekommen ist, unter anderem aus St. Pölten, wissen wir auch. Wir wissen, was Herr Sobotka Herrn Schelling ausgerichtet hat.

Dr. Walter Rothensteiner: Philippi!

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie war das, sie werden sich bei Philippi wieder sehen – da interessiert mich eigentlich schon: Wie muss das 2009 gewesen sein? Eine ähnliche Situation, mit einem Unterschied: Die Summe, um die es gegangen ist, war noch viel höher als im Jahr 2015. (Vorsitzende Bures: Eine Frage noch!)

Deswegen würde ich meinen – und ich befürchte, ich bin schon am Ende meiner Redezeit –, wir sollten uns zum Beispiel Herrn Sobotka doch hier in den Ausschuss holen. Wenn er schon im Jahr 2015 interveniert hat, wird er vielleicht auch 2009 interveniert haben, und bevor er auf seinen damaligen – und auch jetzigen – Chef zeigt, sollten wir Pröll senior, den Erwin Pröll, Landeshauptmann von Niederösterreich, auch gleich dazu holen. Ich plädiere für Sobotka und Pröll, um die Rolle der Bundesländer zu beurteilen. (Abg. Lugar klopft demonstrativ zustimmend auf den Tisch.)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Rothensteiner, ich glaube, das war nicht direkt eine Frage an Sie, wen der Ausschuss laden wird.

Dr. Walter Rothensteiner: Ich wollte nur einen Satz zur Pfandbriefstelle sagen: Das ist gegebenes Recht der Pfandbriefstelle, das ist keine Neuigkeit von mir, das war schon immer so und daher also ... (Zwischenruf des Abg. Hable.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich wollte nur einen kurzen Kommentar abgeben zu den Landeshauptleuten. Ist Ihnen bekannt, dass die Landeshauptleute diese Pfandbriefstelle, die Haftung persönlich aus der eigenen Tasche zahlen müssen?

Dr. Walter Rothensteiner: Die Länder!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die Länder – und woher nehmen die das Geld?

Dr. Walter Rothensteiner: Aus ihren Budgets letztendlich.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aus Steuereinnahmen, also von den Steuerzahlern. (Auskunftsperson Rothensteiner: Natürlich!)

Könnten Sie mir vielleicht den Unterschied zwischen dem Steuerzahler in Niederösterreich, in Wien und in Kärnten darstellen?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, kann ich nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich glaube, das ist eine semantische Diskussion, ob der Steuerzahler jetzt in Kärnten, in Wien oder in Niederösterreich ist – es ist doch am Ende des Tages immer ein Steuerzahler, oder? (Zwischenruf des Abg. Hable.)

Haben Sie noch sonstige Wahrnehmungen, über die wir noch nicht gesprochen haben? Ich meine jetzt, abgesehen von diesem bahnbrechenden Artikel von März 2014, der Ihnen vorgelegt worden ist, wo der BKS-Chef irgendetwas zur Hypo fünf Jahre davor sagt?

Dr. Walter Rothensteiner: Das Problem ist letztendlich, es ist in Wahrheit zu lange her und zu weit weg von meinem täglichen Geschäft, als dass ich noch zusätzliche tolle Details hätte. Es tut mir sehr leid – wenn ich sie hätte, würde ich sie gerne präsentieren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dann danke ich Ihnen trotzdem fürs Kommen und für Ihre Auskunft hier, danke schön.

Dr. Walter Rothensteiner: Gerne.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Rothensteiner, noch einmal ganz kurz zurück zum letzten Punkt, den Herr Abgeordneter Darmann angesprochen hat, die Due Diligence. Sie waren der Meinung, wenn ein privates Unternehmen, sprich eine Raiffeisenbank, eine andere Bank kaufen würde, dass so etwas notwendig wäre. Wenn ein Staat das tut, so wie Österreich das getan hat, ist die Due Diligence nicht notwendig, weil es ja die Bankenaufsicht sowieso hat und die Informationen gibt. Sehen Sie das so?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, die Bankenaufsicht und die Nationalbank haben jeden Zugriff auf das Thema. Ich habe das Thema Due Diligence, wenn ich heute in Osteuropa eine Bank kaufe. Dann kostet es diese Zeit, weil ich diese Informationen, die ja die Republik ex officio hat, nicht habe und auch das Visavis nicht kenne. Das ist ja in diesem Fall nicht der Fall, daher ist das sicher ein anderes Verfahren, als wenn sich die RZB heute eine Bank kauft.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist nur insofern interessant, weil wir bisher die Aussagen von der Bankenaufsicht bekommen haben, dass diese zwar Teilbereiche geprüft hat und darüber Bescheid gewusst hat, aber natürlich kein Gesamtbild abschätzen konnte und das damals deswegen so schwer abschätzbar war. Das lasse ich einmal so stehen.

Dr. Walter Rothensteiner: Ich bin zu weit weg davon, um Details kommentieren zu können.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich möchte noch einmal zurückkommen auf den 11.12., von dem Sie gesprochen haben. Ein Termin, zu dem Sie als Vertreter der Banken eingeladen wurden und bei dem Sie erstmals Informationen über die Schwierigkeiten in der Hypo erhalten haben. Jetzt haben Sie gesagt, es ist dort ein rein informatives Gespräch gewesen, es sind keine konkreten Punkte besprochen worden, welche Maßnahmen zu setzen wären.

Dr. Walter Rothensteiner: Zu denen ich etwas beitragen könnte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Okay. Ich darf Ihnen dazu das Protokoll vorlegen von Herrn Peschorn, das er zu diesem Termin angefertigt hat, es hat die Nummer 29551. (Die Auskunftsperson liest das ihr soeben vorgelegte Schriftstück.)

Da würde mich ein Punkt interessieren, und zwar das Thema Eigenkapital. Sie werden da zitiert, da geht es um die Kreditlinien, die die Bayern zu dem Zeitpunkt in der Bank hatten, zirka in der Größenordnung von 3,5 Milliarden €. Sie haben dort die Frage gestellt: Warum wandelt man diese Kreditlinien nicht in Eigenkapital um, denn man hätte ja nach dem Eigenkapitalersatz-Gesetz das Recht dazu.

Dr. Walter Rothensteiner: Mir ging es nur darum, was ich zuerst schon mehrfach gesagt habe, Eigenkapital von uns kommt nicht infrage. Daher war dort die klare Aussage: Eigenkapital kann man sich von den Bayern holen, aber nicht von uns, das entspricht eigentlich dem, was ich meine.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie sprechen jetzt aber von etwas anderem, als ich gefragt habe. Sie haben gesagt, Sie werden kein Eigenkapital einbringen, das ist schon in Ordnung, aber Sie haben ja da die Frage gestellt, warum wandelt man ... Ich lese es Ihnen einmal vor:

„Rotehnsteiner schließt Hilfe aus Bankensektor aus, weil dies nicht erklärbar sei. Er verweist darauf, dass es nicht einsichtig sei, dass die BayernLB die Linien, die in der Bank sich befinden, nict in Eigenkapital umzuwandeln sind.“ (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!)

Jetzt reden wir vom Eigenkapital der Bayern. Sie stellen die Frage, es ist nicht einsichtig – wir verstehen es ja auch nicht, Sie haben ja recht.

Dr. Walter Rothensteiner: Das heißt aber, von uns wünscht man sich, dass wir Eigenkapital machen, und meine Antwort war, solange die Bayern noch jede Menge Gelder da liegen haben, wäre gescheiter, man würde es umwandeln.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Genau. Warum hat man das nicht getan?

Dr. Walter Rothensteiner: Das weiß ich schon wieder nicht mehr.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): War das jetzt kein konkreter Punkt, über den man gesprochen hat? (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Dr. Walter Rothensteiner (in Richtung des Abg. Krainer): Und dann ist es auch passiert, nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): War das kein konkreter Punkt, über den man gesprochen hat? Jetzt passt das irgendwie nicht mit dem zusammen, was Sie sagen, Sie haben nur informative Gespräche geführt, es waren erstes Informationen. Aber jetzt haben Sie ja ganz konkret darüber gesprochen, wandelt man die Kreditlinien, die die Bayern in der Bank haben, in Eigenkapital um. Das ist ja auch nicht passiert, und wir haben ja mittlerweile auch einen Prozess verloren gegen die Bayern.

Dr. Walter Rothensteiner: Aber so, wie ich das lese, ist das kein Vorschlag vor mir. Die Frage war ja immer: Sollen die österreichischen Banken Eigenkapital einbringen?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Jetzt habe ich Ihnen gerade vorgelesen, was Sie gesagt haben.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben gefragt: Warum werden die Linien der Bayern nicht in Eigenkapital umgewandelt?

Dr. Walter Rothensteiner: Weil: Wenn man sagt, die österreichischen Banken sollen Kapital kriegen, sage ich darauf, so lange die Bayern noch Kapital drinnen haben, sehe ich nicht ein, warum ich über so etwas überhaupt rede. Das deckt sich mit dem. (Zwischenruf des Abg. Angerer.)

Vorsitzende Doris Bures: Als nächste Fraktion ist die ÖVP an der Reihe – keine Wortmeldung.

Herr Abgeordneter Mag. Kogler? (Abg. Kogler: Vorläufig nicht!) – Vorläufig nicht.

Dann kommen wir zur vierten Runde: Herr Klubobmann Lugar? – Bitte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Ich würde gerne etwas Allgemeines sagen. Wir haben ja vor Weihnachten darüber gesprochen, dass es eiskalt im Saal ist, und jetzt würde ich gerne bitten, dass man das technisch löst. Wenn nicht, nehme ich aus meinem Badezimmer den Heizlüfter mit, denn es ist wirklich unangenehm hier. Ich weiß nicht, ob man das technisch nicht irgendwie lösen kann. (Heiterkeit und Zwischenrufe.)

Dr. Walter Rothensteiner: Wird eh umgebaut, nicht? Wird ja eh renoviert – mit Förderung, weil Klimaschutz.

Vorsitzende Doris Bures: Gibt es noch Wortmeldungen? – Bitte, Herr Abgeordneter Hable.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Einen Aspekt möchte ich schon noch beleuchten, nämlich diese angebliche Bereitschaft des Bankensektors zur Bereitstellung von Liquidität, nämlich am 13. Dezember diese ominösen 500 Millionen €.

Herr Dr. Rothensteiner, kann ein Unternehmen – oder konkret eine Bank – so ohne Weiteres einem Konkurrenzunternehmen, das von der Insolvenz bedroht ist, Geld zur Verfügung stellen?

Dr. Walter Rothensteiner: Das ist eine gute Frage, die sich im Einzelfall einmal unser Risikomanager anschauen muss. Aber im Grundsatz ist es ja sicher so, wenn man Liquidität zur Verfügung stellt, wird man auch über die Frage, wenn das besteht, allfälliger Sicherheiten reden. Über das ist aber dort nicht diskutiert worden. Im Grundsatz: Wenn Sie heute von der EZB Geld wollen, dann will die auch Wertpapiere hinterlegt haben, und das wird ja in diesem Fall sicher ganz genau so gelaufen sein.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, nur dass halt eine insolvenzgefährdete Bank von der EZB auch nichts mehr bekommen wird, aber auch sicher nicht von anderen Geschäftsbanken, von Konkurrenten. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja, aber ich sage ja ...!) Da würden Sie doch selbst als Vorstand und als Aufsichtsrat in die Haftung kommen, nämlich in die persönliche Haftung, wenn Sie einfach – und natürlich auch dem eigenen Unternehmenszweck entgegen – einem anderen Unternehmen beziehungsweise Konkurrenzunternehmen, das dazu noch vor dem Zusammenbruch steht, Geld in die Hand drücken, völlig wurscht, ob das Eigenkapital ist oder Liquidität. Da würden Sie doch selbst in die Haftung kommen, oder nicht?

Dr. Walter Rothensteiner: Schon, aber erstens einmal, habe ich gesagt, würde es mit Sicherheit eine Diskussion über die Frage von Sicherheiten geben, gar keine Frage. (Abg. Hable: Wer soll die stellen?) Da wird ja nicht am nächsten Tag überwiesen. Zweitens ist das schon auch ein Thema, wenn die Banken damit gemeinsam eine Lösung finden, dass der Finanzmarkt nicht total beschädigt wird, würden unsere Aufsichtsräte wahrscheinlich nicht gleich von der Untreue reden. Das wäre ja um Dimensionen gegangen, die man gemeinsam ausgehalten hätte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Na ja, nach diesem Argument müsste aber jede Bank immer jede andere Bank auffangen.

Dr. Walter Rothensteiner: Gott sei Dank haben wir den Fall sonst nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich möchte es aber auf den Punkt bringen. War es nicht von Anfang an klar, dass es diese Unterstützung anderer Banken nicht geben wird?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, sehe ich nicht so. Es war von Anfang an klar, dass es kein Eigenkapital gibt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut. – Eine allerletzte Frage sehe ich noch. Sie haben die Geschäftspolitik der Hypo am Balkan erwähnt, dass die auffällig im Vergleich zu Ihrer und anderer Geschäftsbanken gewesen wäre. Können Sie das näher erläutern? Was war an den Geschäftspraktiken der Hypo auffällig?

Dr. Walter Rothensteiner: Meistens war bei Projekten, die man zu finanzieren hatte, die Hypo aggressiver und teilweise auch billiger, damit sie zum Geschäft kommt, und das hat mit ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Was heißt das, „aggressiver“ sein?

Dr. Walter Rothensteiner: Na ja, bessere Kondition, aber auch, wenn er eine Rate nicht zahlt, ist er am nächsten Tag vor Gericht. Das ist von der Geschäftspolitik her ein anderer Zugang gewesen, als wir ihn hatten, denn wir hätten einen Kunden gerne langfristig.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Wie war das? Wenn einer nicht zahlt, ist er am nächsten Tag vor Gericht? (Auskunftsperson Rothensteiner: Na ja, Sie haben ja als Bank die Chance, wenn ...!) Das wäre mir neu, dass das die Geschäftspolitik der Hypo ist.

Dr. Walter Rothensteiner: Wenn der ... Na, dort haben wir das Thema gehabt. Es gibt ja offensichtlich eine Reihe von Liegenschaften, leerstehenden Hotels und so weiter am Balkan, die aus Hypo-Projekten kommen. Und wir sind daher meistens oder in vielen Fällen nicht zum Zug gekommen, weil wir halt anders finanziert hätten. Aber das ist Wettbewerb, da kannst eh nichts machen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also das wäre mir nicht aufgefallen. Ich glaube, es ist nicht die Erkenntnis dieses Ausschusses, dass die Hypo Alpe-Adria bei Nichtzahlen den Kreditkunden gleich gerichtlich belangt hätte.

Dr. Walter Rothensteiner: Da gibt es wahrscheinlich auch andere Fälle als die, die wir erlebt haben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Die übliche Reaktion war nämlich, einen zweiten Kredit hintennach zu geben, damit es offiziell keinen Zahlungsrückstand gibt, und die letzte Reaktion war, das ganze Projekt aufzukaufen und im Konzern zu verstecken.

Dr. Walter Rothensteiner: Ich kenne solche Fälle auch, aber da sind wir dann nicht mehr gefragt worden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Okay, gut. – Danke, keine Fragen mehr.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es ist nicht so sehr eine Frage, sondern nur eine Feststellung, dass im Zuge der Notverstaatlichung natürlich genau das passiert ist, was hier auch steht, nämlich dass Kreditlinien der Bayern in Eigenkapital umgewandelt werden sollen, denn es wurden ja 825 Millionen € an Liquidität im Zuge der Notverstaatlichung – jetzt flapsig gesagt – in Eigenkapital beziehungsweise in Kapital umgewandelt und dann um einen Euro an Österreich verkauft. (Zwischenruf des Abg. Kogler.)

Die 1,2 Milliarden, die im Vergleich sind, stammen ja auch noch aus Liquidität, weil man eben die Liquiditäten nicht zurückgezahlt hat. Da hat man sich dann eben außergerichtlich auf diese 1,2 ... Es sind fast 2 Milliarden €, die aus Liquidität in Eigenkapital de facto umgewandelt wurden, also jetzt zumindest von der Wirkung her aus Sicht der Bayern. – Sonst noch einmal Danke für das Kommen!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Die Erklärung von Herrn Krainer war jetzt sehr interessant, denn dann frage ich mich, warum die Republik Österreich die Bayern in dieser Sache geklagt hat.

Für mich war die Erklärung noch nicht ganz zufriedenstellend, Herr Dr. Rothensteiner. Sie haben aus meiner Sicht damals in dieser Besprechung am 11.12. die völlig richtige Frage an die anwesenden Herren Höllerer – den Sie als sehr guten und kompetenten Mitarbeiter beschreiben –, Lejsek, Peschorn, Gruber, Dossi aus dem Bundeskanzleramt gestellt, warum die Kreditlinien nicht in Eigenkapital umgewandelt werden. Was haben diese Herren, die ja dann bei der Notverstaatlichung dieses Term Sheet und diese Grundlagen dann auch festgeschrieben haben, dazu gesagt, dass Sie gesagt haben, wandelt einmal die Kreditlinien der Bayern in Eigenkapital um. Das würde mich interessieren.

Dr. Walter Rothensteiner: Ich muss Ihnen ehrlich sagen, meine Erinnerung habe ich nicht, und offensichtlich hat der Herr Dr. Peschorn die auch nicht gehabt, denn er hat darunter als nächsten Punkt „Diskussion“ stehen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das wäre das Interessante, was die Herren dazu gesagt hätten oder Sie.

Dr. Walter Rothensteiner: Wie gesagt, also die Frage werde ich gestellt haben, wenn er das protokolliert hat, aber wie es weitergegangen ist, habe ich keine Erinnerung, denn sonst hätte ich Ihnen das ja vorher erzählt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Es ist ja um 3,5 Milliarden € gegangen, keine Kleinigkeit – also dass man sich an das gar nicht mehr erinnern kann, dass man sagt, okay, das sollte man vielleicht einmal umwandeln.

Dr. Walter Rothensteiner: Noch einmal, ich bin ja dort nicht der Entscheidungsfaktor.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dann vielleicht einen Schritt weiter: Sie haben gesagt, am Sonntag waren Sie dann gegen Abend noch einmal eingeladen, aber dort nicht mehr als Vertreter der Banken, sondern als Vertreter der Raiffeisen. Da ging es dann darum, mitzuhelfen – ist das richtig? –, also um Liquidität der Bank sicherzustellen.

Dr. Walter Rothensteiner: So ist es, ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Nowotny hat dieses Gespräch mit Ihnen geführt. Stimmt das?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich glaube, da waren alle Möglichen dabei.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Nowotny hat bei seiner Aussage nur gesagt, er hat mit den Banken Gespräche geführt, ob jemand bereit wäre, etwas mitzuhelfen, und es war die Bereitschaft eigentlich in keinster Weise vorhanden. Stimmt das so?

Dr. Walter Rothensteiner: Kein Kapital zu geben. Aber Sie sehen, es muss auch irgendwo stehen, dass wir die Frage haben, Liquidität zur Verfügung zu stellen. Über das wollen wir diskutieren.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Da wären Sie auch bereit gewesen, die Banken, die anwesend waren?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): War das zu dem Zeitpunkt noch einmal ein Thema, haben Sie das Thema Eigenkapital noch einmal angesprochen, also die Kreditlinien der Bayern in Eigenkapital umzuwandeln?

Dr. Walter Rothensteiner: Das glaube ich nicht. Das war dort, glaube ich, kein Thema mehr.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): War Ihnen bewusst, dass die Bayern zu diesem Zeitpunkt 1,1 Milliarden Kreditlinien gestrichen haben? Ist das gesagt worden?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, sicher nicht. Damals ging es um das Verfahren, was tragen die Banken bei.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Also das war Ihnen nicht bewusst?

Dr. Walter Rothensteiner: So ist es.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dann möchte ich noch zu einem ganz anderen Punkt springen. War Ihnen bekannt, dass Herr Stepic Geschäftsbeziehungen mit der Hypo gehabt hat während der Zeit (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein!), als er in der Raiffeisen Zentralbank tätig war?

Dr. Walter Rothensteiner: Das war mir nicht bekannt. Das ist seine Privatangelegenheit, das muss er mir nicht sagen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Damals war er mit 25 Prozent an einem Unternehmen im südeuropäischen Raum beteiligt und hat dort 148 Hektar Flächen erworben. War Ihnen das nicht bekannt?

Dr. Walter Rothensteiner: Mag alles sein, weiß ich nicht. Das habe ich nicht gewusst.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): War Ihnen bekannt oder ist Ihnen bekannt, dass Herr Stepic damals, also im Jahr 2009, Geschäftsanbahnungen im Namen der Raiffeisen mit Herrn Tilo Berlin gesucht hat?

Dr. Walter Rothensteiner: War mir nicht bekannt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das ist Ihnen nicht bekannt?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich bin mir auch nicht sicher, ob das so war. Da müsste ich Unterlagen sehen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich darf Ihnen dazu ein Dokument vorlegen, Dokument Nummer 464398. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das ist eine Gesprächsnotiz von Herrn Tilo Berlin vom 8.9.2009. Vielleicht lesen Sie da den ersten Satz:

„Herr Dr. Stepic präsentierte seinen Kollegen die Möglichkeit, mit Berlin & Co als Eigenkapital-Investor zusammen zu arbeiten. Es geht ihm darum, Berlin & Co in der Raiffeisen-Gruppe so zu verankern, dass kurze Wege und schnelle Entscheidungen möglich sind.“

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist ausgeschöpft. Da mir zur Zeit keine Wortmeldung mehr vorliegt, werde ich Sie jetzt aber nicht unterbrechen, sondern Sie können weiterfragen, bis mir eine Wortmeldung vorliegt.

Ich übergebe den Vorsitz an den Zweiten Präsidenten Karlheinz Kopf und bitte um 1 Minute für die Vorsitzübergabe. (Vorsitzende-Vertreter Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Rothensteiner! Noch einmal meine Frage: War Ihnen bekannt, die Tilo-Berlin-Gruppe in der Raiffeisen-Gruppe so zu verankern, dass kurze Entscheidungen möglich sind? Da geht es um Entscheidungen in der Raiffeisenbank, über die Sie offensichtlich nicht Bescheid gewusst haben.

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, sicher nicht, muss ich auch nicht. Die Bank hat in dem Fall in Bosnien-Herzegowina und in Kroatien offensichtlich Projekte, wo der Herr Berlin – wenn ich das so lese – gekommen ist und gesagt hat, er bringt Kapital von Investoren, und da möchte er hineinbringen. Solche Fälle gibt es Hunderte. Dass der Herr Berlin auch bei der Hypo dabei war, ist Pech, aber hat mit dem Geschäft überhaupt nichts zu tun.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber der Herr Stepic hat es ja seinen Kollegen präsentiert.

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, der Herr Stepic war damals im Vorstand für Osteuropa zuständig und der zuständige Vorstand für diese Banken in Kroatien und in Sarajevo.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber Ihnen persönlich war es nicht bekannt?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, braucht er auch nicht.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke, ich habe keine Fragen mehr.

Vorsitzende-Vertreter Zweiter Präsident Karlheinz Kopf: Mir liegt im Moment keine Wortmeldung vor. (Die Abgeordneten Kogler und Darmann geben ein Handzeichen.) – Doch, die Kollegen Kogler und Darmann. – Herr Abgeordneter, Kogler, bitte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ein letztes Mal zum Eigenkapitalersatzrecht, basierend auch auf dem Griss-Bericht. Sie sagten, was Ihre Wahrnehmungen betrifft, war das damals kein Thema. Gleichzeitig kam aber um 19, 20 Uhr – das muss ich jetzt unterstellen – schon irgendwie, spätestens dann in der offiziellen Lesart, der Übergang, dass man jetzt unbedingt die Pleite verhindern muss. Das haben ja auch Sie im Nachhinein unterm Strich und schwierig, aber eh noch verteidigt. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!)

Egal. Wenn es aber der Fall war, dass man sich schon vor der Pleite fürchten musste, dann müsste ja irgendjemand einmal auf die Idee gekommen sein, die Risikoliste der Bayern zu strapazieren. Da ist doch automatisch Eigenkapitalersatz am Tisch. Die Notenbank wusste damals schon, je nach Lesart, 6 Milliarden, Griss sagt 8 Milliarden – mein Gott, das ist ja nicht nichts.

Jetzt frage ich Sie noch einmal: War das – und wenn es nur in den Ganggesprächen war – Thema? In Ihrer Runde war es offensichtlich kein Thema, aber haben Sie nicht irgendwo aufgeschnappt, dass sich jemand seitens der österreichischen Verhandler einen Kopf darum macht – wenn sich jetzt alle schon so vor der Pleite fürchten, nehmen wir es halt einmal so –, dass die Bayern, die damit drohen, einmal als Allererstes, bevor vor uns die Lawine losgehen würde, mindestens 6, je nach Lesart 8 Milliarden verlieren. War das irgendwann einmal ein Thema auf österreichischer Verhandlungsseite? Was können Sie dem Ausschuss dazu sagen?

Dr. Walter Rothensteiner: Also mit den Banken sicher nicht. Aber ich gehe davon aus, dass das schon ein Thema war. Die müssen das ja sicherlich auch dem Herrn, der da aus Deutschland war, dem bayerischen Finanzminister oder was, vorgehalten haben. Das kann ja nicht anders sein, das würde ja jeder von uns machen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wir haben den dringenden Verdacht, dass man sich nicht ausreichend damit beschäftigt hat, aber Sie haben dazu keine Wahrnehmungen. (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein!)

Allerdings werden Sie in den Zeitungen wiedergegeben – das ist jetzt zart ein anderes Thema –, dass die Banken – die Chefs der Großbanken, steht da in einer Meldung und sinngemäß ähnlich in anderen – dem Finanzminister schließlich auch eine Zusage gaben, nämlich für die Liquiditätshilfe (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!), nämlich – und jetzt kommt der Punkt – unter der Voraussetzung, dass die Republik die Mehrheit in der Hypo übernimmt, also vielleicht noch nicht alles, aber jedenfalls die Mehrheit. – Ist es so gewesen?

Dr. Walter Rothensteiner: Weiß ich nicht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wissen Sie nicht mehr.

Dr. Walter Rothensteiner: Wir haben die Liquiditätshilfe zugesagt, wahrscheinlich durchaus in der Erkenntnis, dass das wahrscheinlich so ausgehen wird.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich frage nur deshalb – sonst hätte ich es vorbeiziehen lassen –, weil da unter der Voraussetzung steht, also eine Bedingung.

Dr. Walter Rothensteiner: Also nachdem es nicht einmal ein Papier und ein Protokoll zu dem Thema gibt, kann man also das ... Es ist auch ein bisschen verschieden interpretiert worden, in der Darstellung der nächsten Tage waren Zusagen von uns, von uns hat es also geheißen, wir setzen uns zusammen und schauen, dass wir das lösen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nein, das hatten wir ja. Aber Sie können sich auch nicht erinnern, dass Sie Bedingungen formuliert hätten (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein, sicher nicht!), denn daraus würde man ja ableiten können, dass Sie selber – Sie, die Banken – ganz stark darauf gedrängt hätten (Auskunftsperson Rothensteiner: Nein, nein!): Bitte schön, Bund, jetzt übernehmt endlich, mindestens die Mehrheit!

Dr. Walter Rothensteiner: Nein, nein. Ich gehe aber davon aus, dass in den Diskussionen die Frage Maastricht-Kriterien et cetera schon eine Rolle gespielt hat, nicht?

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, sicher, aber das war ja nicht primär Ihr Kaffee.

Dr. Walter Rothensteiner: Dass die Republik gesagt hat, wenn wir morgen 18 Milliarden mehr Maastricht-Schulden haben, geht es uns nicht gut.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, Sie reden jetzt wieder von der Variante, dass da mögliche Insolvenzszenarien schlagend werden könnten.

Dr. Walter Rothensteiner: Aber noch einmal, niedergeschrieben ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich meine, man könnte sich ja mit den Bayern arrangieren. Also da sind drei Alteigentümer, auf das haben Sie drei Tage vorher oder sogar zwei Tage vorher noch verwiesen, Sie haben gesagt, sollen die einmal. Haben Sie – oder Ihre Kollegen wenigstens – das möglicherweise deshalb als Voraussetzung benannt, weil man den Bayern ja gar nicht mehr über den Weg getraut hat?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich sage noch einmal: Niedergeschrieben haben wir nichts. Irgendwer wird schon gesagt haben, es wäre gescheiter, ihr würdet es übernehmen, dann tun wir uns auch leichter.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das kann jetzt nicht sein. Sie können sagen, Sie erinnern sich nicht, das ist das Glück, wenn nichts niedergeschrieben ist, aber Sie können nicht immer damit einleiten, dass nichts niedergeschrieben ist. (Vorsitzende-Vertreter Kopf gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Walter Rothensteiner: Aber es kann nicht definiert werden ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich frage Sie: Was wissen Sie noch?

Dr. Walter Rothensteiner: Es kann nicht definiert gewesen sein, denn sonst hätte ich ja nicht die Erinnerung, zu sagen, wir reden über das, denn wenn die Republik dort gesagt hat, wir übernehmen es sowieso ... 500 Millionen an die Republik zu finanzieren, da brauchen wir nicht lange nachzudenken.

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf (in Richtung des Abg. Kogler): Du kannst weiterfragen, der Kollege Darmann hat zurückgezogen. (Abg. Kogler weist auf die hinter ihm sitzende Abg. Lichtenecker.) – Bitte.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Dr. Rothensteiner, zum Thema Systemrelevanz: Wenn ich Sie heute richtig verstanden habe, war das vor 2009 kein Thema.

Dr. Walter Rothensteiner: Zumindest bei uns selber. Über das haben wir nie ... Es war für uns selbstverständlich, wenn es so einen Begriff gibt, wir sind systemrelevant.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Also für Sie war es klar (Auskunftsperson Rothensteiner: Logisch!), Ihr Unternehmen ist systemrelevant.

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, denn die Gruppe hat 30 Prozent Marktanteil. Wenn es das nicht ist, wer soll es dann sonst sein?

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Zum Thema Marktanteil: Jetzt hat es doch in verschiedenen Ländern wie beispielsweise Bosnien mit 21 Prozent oder Montenegro mit rund 14 Prozent Marktanteile seitens der Hypo gegeben. Würden Sie das dort als systemrelevant bezeichnen?

Dr. Walter Rothensteiner: Das glaube ich schon in diesen Ländern. Es war ja mit auch ein Grund, warum wir uns immer gegen eine Insolvenz ausgesprochen haben, denn das hätte in Kroatien, in Bosnien und einigen anderen Ländern wahrscheinlich zwangsläufig auch noch Insolvenzen hervorgerufen. Und nun haben die österreichischen Banken, Erste, Bank Austria und wir, in diesen Ländern über die Jahre den Bankenapparat aufgezogen. Ich weiß also nicht, was dort in den einzelnen Ländern an Effekten passiert wäre. Das war auch ein Faktor mit einem großen Fragezeichen, wenn da eine Insolvenz entsteht.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Dr. Rothensteiner, wenn Sie das für diese Länder als systemrelevant bezeichnen, wäre es dann nicht die logische Schlussfolgerung gewesen, dass diese Länder sich auch an der Lösung dieses großen Problems beteiligen?

Dr. Walter Rothensteiner: Das wäre vielleicht ein Thema gewesen, aber wenn am Montag früh verkündet worden wäre, die Hypo Alpe-Adria ist in Konkurs, hätten wir wahrscheinlich von Sarajevo angefangen die Leute alle vor der Bank zum Geldabheben gehabt, und ob wir das im Lande im Handling gehabt hätten, weiß ich nicht. Das ist aber hypothetisch, haben wir nie durchgespielt.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Aber faktisch halten Sie es für durchaus vertretbar und wichtig, dass auch diese Länder ihren Anteil dazu geleistet hätten?

Dr. Walter Rothensteiner: Die hätten wahrscheinlich alle gesagt: Das ist ein Bank mit einer österreichischen Konzession, und Österreich soll sich darum kümmern. Aber sie hätten wahrscheinlich am Ende Tages versucht, zumindest die Schäden für die Sparer in diesen Ländern in irgendeiner Form ..., da mitzuhelfen. Aber das ist eine Hypothese, so weit war es nie.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sie sind langjähriger Obmann der Sparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer. Hat es in der Folge dann auch Debatten zum Thema Systemrelevanz gegeben und auch, welche Auswirkungen das auf die Branche hinsichtlich Intensität der Aufsicht, Arbeitsabläufe und so weiter hat?

Dr. Walter Rothensteiner: Das hat es nicht gegeben. Unser Aufsichtsthema war immer nur: Es wird immer teurer. Das ist aber logisch, denn die Banken müssen das zahlen, und das ist natürlich jetzt im letzten halben Jahr mit Frankfurt noch eine Stufe mehr geworden. Aber zur Effizienz der Aufsicht selber kann man als Beaufsichtigter nicht jeden Tag reden. Wir können nur schauen, ob das in Summe adäquat ist, und da gibt es ohnehin diverse Wortmeldungen von uns.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Wenn Sie die Systemrelevanz bei den Banken betrachten, dann ist da letztendlich von der Wertigkeit ... Wenn das einer Bank tatsächlich zugeschrieben wird, was die OeNB in dieser Form festlegt, ist es ja durchaus – ich nenne es jetzt ein bisschen salopp – so etwas wie eine Lebensversicherung.

Dr. Walter Rothensteiner: Na ja, würde ich deswegen nicht unterschreiben, weil diese systemrelevanten Banken jetzt ja wesentlich mehr an Eigenkapitalvorschriften und Prüfungsvorschriften haben (Abg. Lichtenecker: Zwischenzeitlich, zwischenzeitlich!), und in der jetzigen Situation ist Systemrelevanz durchaus schwierig zu untermauern, weil Frankfurt täglich neue Auflagen erteilt, was bis zu einem gewissen Grad logisch und klar ist, aber also eine Garantie ist das nicht.

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Zum jetzigen Stand und durch die Entwicklungen in den letzten Jahren und die Veränderung der gesetzlichen Vorschriften. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!) Aber gehen wir zu den Jahren 2008, 2009 zurück: Würden Sie es zu diesem Zeitpunkt als solches auch bezeichnen?

Dr. Walter Rothensteiner: Auch dann nicht, denn die Eigenkapitalvorschriften et cetera sind ja auch für die systemrelevanten Banken damals nicht außer Kraft gesetzt. Die müssen ja genauso die Dinge erreichen, die sie vorgegeben haben, und daher: Also von einer Versicherung ist da nicht zu reden, sondern ganz einfach von mehr Auflagen. Und natürlich, systemrelevant kommt aus dem Thema: Wenn etwas passiert, ist der Markt unter Umständen geschädigt. Das ist ja der Hauptpunkt der Veranstaltung, denn wenn eine kleine Privatbank in Wien ein Problem hat, dann wird das den Markt in keiner Weise bewegen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Herr Dr. Rothensteiner, erstens eingangs kurz ein anderes Thema, bevor ich zum Partizipationskapital 2008 komme. Ich möchte noch einmal das Verstaatlichungswochenende und Ihre Involvierung in Gespräche dort rund herum auch beleuchten.

Für mich stellt sich nach wie vor ein fragewürdiges Bild dar, denn wenn der Insolvenzfall solche wesentlichen Auswirkungen auf den ganzen Bankensektor und alles gehabt hätte – und sicherlich auch gehabt hätte –, wie kann man dann in Ihrer Position dort vor Ort, egal ob als Spartenobmannvertreter oder als Raiffeisenvertreter, in der Coolness sagen: Ah, das wird schon irgendwie gehen!, wenn man nicht schon – ich glaube, das ist dann die andere Variante – vor Augen hat: Die Republik Österreich macht das eh, es gibt eh keine Insolvenz, das wird eh verstaatlicht, und uns juckt das nicht, das ist nämlich nur ein theoretischer Fall, dass es insolvent gehen und in Konkurs gehen kann, und deswegen sind wir auch nicht betroffen.

Weil: Die Coolheit, die hier vonseiten des Bankensektors an den Tag gelegt worden ist, obwohl dieses Damoklesschwert über allen gehangen ist und runterfallen hätte können oder zugeschlagen hätte, ist einfach nicht erklärbar, ist nicht schlüssig in dem ganzen Verstaatlichungsablauf.

Dass der Montag nach dem Verstaatlichungswochenende immer als der schlimme Tag für alle Entscheidungen – und die Leute würden das Geld abheben, weil die Bank ist fertig – dann so stehen bleibt, ist ja nur deswegen, weil Monate verschlafen wurden, in denen hätte gehandelt werden können. Das heißt, dass hier Zeit vergeudet wurde, in der man entsprechende Vorbereitungen schon treffen hätte können und auch in den Verhandlungen korrekter vorgehen, um nicht einen solchen Montag auf sich zukommen zu lassen und in zwei nächtlichen Verhandlungen alles verhandeln zu müssen und keine Möglichkeit mehr zu haben – so wie Sie selber gesagt haben –, in diesen Tagen auch noch in einer Bank eine Entscheidung herbeizuführen – oder in diesen Nächten. Es war Wochenende. Wen hätte man fragen sollen? Die Gremien müssten befasst werden, man fragt uns, uns einzubringen, aber wir können nicht einmal entscheiden, denn am Montag muss das schon alles gegessen sein.

Also wie kann man so cool bleiben an diesem Wochenende in diesem Bereich als Bankenvertreter?

Dr. Walter Rothensteiner: Kann ich relativ wenig kommentieren, was man vorher hätte schon machen sollen. Ich glaube, ich habe eh alles dargestellt, wo ich dabei war und was ich gehört habe. Das „cool“ ist also – wie soll ich sagen? – ein theoretischer Begriff: Wie es da drinnen aussieht, geht niemanden etwas an. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, das ist eine Aussage.

Herr Dr. Rothensteiner, zweite Geschichte und für uns, glaube ich, doch relevant – ich darf Sie gleich beruhigen, es gibt kein Interesse im Hinblick auf Bank- oder Geschäftsgeheimnis Richtung Raiffeisen –: Mir geht es um einen Vergleich der Abwicklung und des Verfahrens, des Prozederes zur Erlangung des Partizipationskapitals.

Es ist ja kein Geheimnis, dass Raiffeisen auch staatliches Partizipationskapital und privates bekommen hat, aber es geht uns um das staatliche. Wir wissen, dass es bei der Hypo einen enormen Zeitdruck im Jahr 2008 im Dezember gegeben hat.

Ich darf zusammenfassen: 2008 am 10. Dezember sind überhaupt einmal die Regeln festgelegt worden, wie das Ganze ablaufen sollte, am 15. Dezember kommt der Antrag auf Erteilung vonseiten der Hypo, da gibt es vier Tage Zeit für die Oesterreichische Nationalbank, die Unterlagen zu plausibilisieren, die vorgelegt wurden, um diesen Antrag auch wasserdicht zu machen. Schlussendlich gibt es ein Gutachten lautend auf not distressed, und am 19. Dezember finden nun schon gleich die Verhandlungen statt, und noch vor Jahresende wird das Geld überwiesen.

Das heißt, innerhalb von kürzester Zeit – und uns haben Auskunftspersonen auch schon gesagt, es war nur eine grobe Einschätzung möglich, nichts Detailliertes, wie normalerweise üblich – ist das über die Bühne gegangen.

Und nun der Vergleich, die vergleichende Frage, Raiffeisen-Bereich: Wie ist es dort abgelaufen? Ist Ihnen erinnerlich, ob dort das gleiche Prozedere war: Zeitdruck, innerhalb von wenigen Tagen, das muss gemacht werden, die OeNB ist vier Tage da, alle stehen Kopf und am Schluss wissen alle, es gibt nur grobe Zahlen, aber ist ja egal, die 1,75 Milliarden gibt man auch der Raiffeisen, ohne dass man da detaillierte Zahlen hätte? War das gleich, ähnlich oder komplett anders?

Dr. Walter Rothensteiner: Ad 1: Also so geschwind ist es bei uns natürlich nicht gegangen, es war aber auch nicht so geschwind notwendig, denn zum Kapital, das wir genommen haben, haben wir gesagt: Wir wissen nicht, wie sehr sich das, was mit Lehman begonnen hat, weiter verschlechtert, und wir wollen dann nicht dastehen und sagen, wir haben nicht genügend Kapital, um dem standzuhalten. Daher war da auch genügend Verhandlungszeit. Das Hypo-PartKapital kann ich nicht kommentieren, da war ich beim Verfahren nicht dabei, da kenn ich ... Ist schnell gegangen, hat aber offensichtlich auch schnell gehen müssen, nicht? Bei uns war es nicht so eilig, da ist es auf 14 Tage oder drei Wochen auf oder ab nicht angekommen – war bei der Ersten ganz genauso wie bei uns.

Vorsitzende-Vertreter Karlheinz Kopf: Die Fragezeit dieser Runde ist vorbei, aber nachdem ich keine andere Wortmeldung habe, hast du noch 1 Stunde 37 Minuten zur Verfügung. (Abg. Darmann: Gut, danke vielmals! Damit werden wir auskommen!) Das war aber keine Aufforderung, sie auszuschöpfen! (Heiterkeit.)

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Keine Sorge! Ich möchte aber da weitermachen, wenn wir gerade mitten im Thema sind, denn genau das ist ja die Frage: Woher kam dieser Zeitdruck?

Wir haben hier die Aussage – ich hoffe, das brauche ich jetzt nicht vorzulegen, sonst muss ich das jetzt heraussuchen – von der Auskunftsperson Tilo Berlin, die heute ja auch schon angesprochen wurde, der gesagt hat, in seiner damaligen Funktion als Vorstand der Hypo, er hätte das Geld nicht gebraucht aus diesem Partizipationskapital der Republik Österreich, er weiß auch nicht, wieso das in der Form gemacht wurde, weil sie mit dem Geld von den Bayern ausgekommen wären – am Rande jetzt einmal in Klammer gesetzt. (Auskunftsperson Rothensteiner: Ja!)

Jetzt haben wir trotzdem den Zeitdruck und auch weitere Aussagen hier, die belegen, dass an sich von der FMA aktiv die Banken ermutigt wurden, dieses Partizipationskapital zu beantragen, und dann durch das BMF ein zeitlicher Druck aufgebaut wurde, das dann schnell über die Bühne zu bringen, obwohl – und jetzt sage ich es noch einmal – der Vorstand der Hypo selbst da im Ausschuss unter Wahrheitspflicht gesagt hat: Das Geld hätten wir nicht gebraucht.

Also die Zeitnot hat wohl das BMF gesehen, aber anscheinend die Bank selber nicht. Sie haben selber gesagt, bei der Raiffeisen hat es die Zeitnot nicht gegeben, den Zeitdruck nicht gegeben. (Auskunftsperson Rothensteiner: So ist es!) Wie ist es dann bei Ihnen abgelaufen?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja, es hat ja die gesetzliche Basis gegeben. Wir haben ganz einfach die Sorge gehabt, dass wir bei weiteren Entwicklungen – bei der Finanzstruktur, die sich in Europa abgezeichnet hat – irgendwann einmal in eine Situation kommen könnten, dass wir nicht genügend Kapital haben. Daher haben wir gebeten, dass wir das machen. Da hat es eine Reihe von Auflagen gegeben, dass man also österreichische Kredite vergeben muss und so weiter – das ist eh alles nachlesbar –, und am Ende des Tages war das natürlich auch ein teures Geld, denn wir haben 8 Prozent netto bezahlt, ist gleich für den Zeitraum, den wir gehabt haben, 1 Milliarde €. So ein gutes Geschäft hat die Republik schon lange nicht gemacht. Dasselbe gilt für die Kollegen von der Ersten.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Wieso ich Sie auch frage, Herr Dr. Rothensteiner, ist deswegen, weil die OeNB uns hier an dieser Stelle auch nachvollziehbar gesagt hat: Sie kann uns keinen Einblick in Abläufe bei anderen Banken geben, weil das nicht unbedingt jetzt Untersuchungsgegenstand ist. Wir haben zwar gesagt, der Vergleich wäre sehr wohl untersuchungsrelevant, um uns hier auch ein Bild machen zu können, ob der Ablauf bei der Hypo korrekt oder fahrlässig, grob fahrlässig war in diesem Zeitdruck, der bis jetzt durch niemanden hier herinnen erklärbar ist.

Deswegen noch einmal meine Frage, um konkreter zu werden, und ich hoffe, Sie können das beantworten aus Ihrer persönlichen Wahrnehmung. Zum Zeitraum zwischen Beantragung dieses Partizipationskapitals durch Raiffeisen bis hin zur Genehmigung und auch zur Überweisung: Welchen Zeitraum hat es da gegeben? Waren das vier Tage, 14 Tage, hat es länger gedauert, hat es einen Monat gedauert? Wie lange waren die OeNB-Prüfer vor Ort?

Dr. Walter Rothensteiner: Nageln Sie mich nicht fest, aber 14 Tage, drei Wochen wird es gedauert haben. Ich sage aber noch einmal: Es war nicht so eilig. Also insofern: Ich kenne das andere Verfahren nicht, kann es daher nicht eins zu eins vergleichen. Die geschwinde Notwendigkeit war bei uns nicht gegeben.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, aber die OeNB hat sicherlich mehr als vier Tage Zeit gehabt, bei Ihnen Zahlen zu erarbeiten, ein Fundament zu schaffen.

Dr. Walter Rothensteiner: Wie gesagt, bei uns hat es länger gedauert, ja, aber auch aus dem Grund, weil wir natürlich auch nicht am Gas gestanden sind.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Wissen Sie noch, war die RZB auch not distressed?

Dr. Walter Rothensteiner: Ja sicher!

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Not distressed? Ganz genau, in der Art?

Dr. Walter Rothensteiner: Das war nie eine Diskussion.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): In dieser Formulierung auch?

Dr. Walter Rothensteiner: Das weiß ich gar nicht. (Abg. Kogler: Sound!) Sound hat das geheißen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Also war sie sound oder not distressed?

Dr. Walter Rothensteiner: Muss ich zu Hause nachschauen, das weiß ich nicht.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Gut, danke.

Vorsitzender-Vertreter Karlheinz Kopf: Ich habe keine Wortmeldung mehr. Hat der Herr Verfahrensrichter noch eine Frage? (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!) – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Dr. Rothensteiner, die Hypo war in den 2000er Jahren bis zur Verstaatlichung auffällig, einmal durch die Höhe der Kreditvolumina aufgrund der expansiven Geschäftsgebarung und zum Zweiten auch durch die Höhe der in Anspruch genommenen Landeshaftungen. Wie haben denn in der Sparte, die Sie als Obmann geführt haben, die Mitbewerber die Landeshaftungen gesehen?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich muss ganz ehrlich sagen, auch wenn das immer komisch klingt, aber über solche Dinge ist eigentlich in der Sparte kaum diskutiert worden, und das war auch nie eine Diskussion. Landeshaftungen waren in der Geschichte immer üblich, gute Sache, überhaupt kein Problem gewesen. Und bei den anderen Hypo-Banken war es auch nie ein Problem. Daher, glaube ich, hat sich auch vorher niemand mit der Frage befasst, ob das ein heikles Thema ist. Hinterher ist man dann draufgekommen, dass bei einem Landesbudget von 2 Milliarden € 17 Milliarden Haftungen vielleicht ein bisserl viel sind. Aber das war damals nicht bewusst.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das war damals keine Sicht, das war nicht aktuell, dass man das betrachtet hat?

Dr. Walter Rothensteiner: Nein. Eher nach dem Motto, da passiert schon nichts.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Auch für die Mitbewerber nicht?

Dr. Walter Rothensteiner: Auch für die Mitbewerber nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Zweite und abschließende Frage: Wie hat denn die Sparte die Bankenaufsicht gesehen seit Einführung der FMA?

Dr. Walter Rothensteiner: Die Sparte hat ja in ihrem Bundesgeschäftsführer, damals dem Dr. Pichler, ein Aufsichtsratsmandat in der FMA, allerdings ohne Stimme und ohne Abschluss. Das heißt, unsere Aktion war natürlich im Wesentlichen zu schauen: Geht es ein bisserl effizienter, brauchen sie schon wieder 40 Leute mehr für die Prüfung et cetera? Aber materiell hat es natürlich keinen Zugang gegeben, weil uns jeder gesagt hätte: Bitte, ihr seid ja Aufsicht, ihr könnt nicht dreinreden! Ihr seid Beaufsichtigte, ihr könnt nicht dreinreden, wie das geht. Also insofern ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie war das Zufriedenheitsbarometer mit der Qualität der Leistungen der FMA?

Dr. Walter Rothensteiner: Also der Befragte ist wahrscheinlich nicht in allen Fällen zufrieden mit dem, was der Prüfer macht. Das liegt aber teilweise auch am Befragten. Also ich glaube, das kann man nicht werten. Es sitzt dort eine Menge gescheiter Leute, es sitzen dort zwangsläufig auch Leute, die es nicht so gut machen, wie in allen Institutionen. Also ich glaube nicht, dass es eine generelle Frage ist. Die generelle Frage für uns ist eher: Wir haben jetzt als große Institute drei Aufseher. Wir haben die Nationalbank, wir haben die FMA, und wir haben die EZB, und das wird natürlich immer komplexer. Das ist eigentlich unser Thema, über das wir nachdenken müssen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: In den 2000er Jahren – jetzt noch einmal auf die Hypo bezogen und auf den Zeitraum 2000 bis hin zur Verstaatlichung –: Wie war da aus Ihrer Sicht die Kommunikation zwischen dem geprüften Bankinstitut und der FMA? Wie ist die abgelaufen? Waren die Banken damit zufrieden, wie das gelaufen ist? Hätten sich die ein Mehr gewünscht oder ein Aliud an Kommunikation?

Dr. Walter Rothensteiner: Die Kommunikation war, glaube ich, im Wesentlichen – ich kann nur für mein Haus reden – in Ordnung in den letzten Jahren. Und in Wahrheit muss ich auch sagen: Relevante Themen sind mit der FMA immer besprechbar, auch der Vorstand der FMA steht für so etwas zur Verfügung. Aber die einzelne Prüfungsqualität muss natürlich jeder Einzelne für sich beurteilen. Da geht es uns als Sparte eigentlich immer nur um die Frage: Es wird immer komplexer, und kann man dem irgendetwas vorschieben? Nun weiß ich, dass die europäischen Regularien das zum Teil bewirken, aber vielleicht ... Das ist unser Hauptthema dort.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: War die Einführung der FMA und die Arbeit der FMA für die Sparte von Vorteil?

Dr. Walter Rothensteiner: Ich würde das ja eher relativ neutral sehen. Ich glaube, es hat einen gewissen Sinn, die ganzen Prüfungen nicht überallhin zu verteilen und zusammenzufassen. Die Frage ist, wie man es dann führt. Und ich sage, da gibt es sicherlich Positivbeispiele. Da gibt es auch Negativbeispiele, aber die hätten wir wahrscheinlich anderwärtig auch gehabt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Können Sie je ein solches Beispiel nennen, ein positives und ein negatives Beispiel?

Dr. Walter Rothensteiner: Erstens einmal gibt es eine gewisse Transparenz, weil ja auch durch den Vertreter der Bundessparte im Aufsichtsrat der FMA zumindest das ganze Zahlengerüst, wie viele Leute und so weiter ... Das kann man auch hinterfragen und mit den Leuten diskutieren. Das konnte man früher nicht. Das ist sicher positiv. Negativfälle wird es sicher im Einzelfall geben, wo sich ein Geprüfter halt aufregt, dass er glaubt, er ist dort schlecht weggekommen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke. Keine weiteren Fragen.

Vorsitzender-Vertreter Karlheinz Kopf: Mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Damit beende ich diese Befragung. Ich bedanke mich bei der Auskunftsperson Herrn Dr. Walter Rothensteiner und Ihrer Vertrauensperson für das Erscheinen.