281/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

 

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Werner Faymann in der 52. Sitzung vom 21. Jänner 2016

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 70. Sitzung am 11. Mai 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Werner Faymann zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2016 05 11

 

                            Gabriel Obernosterer                                                               Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende


 



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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

 

52. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Donnerstag, 21. Jänner 2016

Gesamtdauer der 52. Sitzung

9.05 Uhr – 17.34 Uhr

Lokal VI

 

 


Befragung der Auskunftsperson Bundeskanzler Werner Faymann

Vorsitzende Doris Bures: Herr Bundeskanzler, Sie haben von dem Recht, eine Vertrauensperson mitzunehmen, nicht Gebrauch gemacht. Deshalb möchte ich Sie darauf hinweisen, dass zu Ihrer Linken Herr Professor Binder sitzt. Er ist der Verfahrensordnung nach der Verfahrensanwalt. Wann immer Sie sich im Verlauf der Befragung mit ihm vertraulich beraten wollen, so ist das jederzeit möglich. Seine Aufgabe ist, die Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen zu wahren. Auch der Verfahrensrichter hat diese Funktion. Falls Sie darüber hinaus zum Ablauf irgendwelche Fragen haben, können Sie sich auch jederzeit an mich als Vorsitzende wenden. Auch wenn Sie eine kurze Pause wünschen, dann bitte ich Sie, mir das zu signalisieren, ich werde diesem Wunsch dann Folge leisten.

In diesem Sinne fangen wir mit einer Rechtsbelehrung an, danach erfolgt die Erstbefragung durch Verfahrensrichter Dr. Pilgermair. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Bundeskanzler! Ich begrüße Sie, darf Ihnen das Personalblatt geben und routinemäßig fragen: Sind die Daten darin richtig eingetragen? (Auskunftsperson Faymann: Richtig!) – Danke.

Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung in allen Details über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie über den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt.

In dieser Belehrung waren auch die Aussageverweigerungsgründe im Einzelnen angeführt. Sollte einer dieser Gründe bei einer Frage, die an Sie gerichtet wird, vorliegen, ersuche ich Sie, darauf hinzuweisen. Ein genereller Aussageverweigerungsgrund kann jedoch nicht geltend gemacht werden.

Auskunftspersonen haben das Recht, den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen sowie Beweisstücke und Stellungnahmen vorzulegen und deren Veröffentlichung oder deren Klassifizierung zu beantragen.

Auskunftspersonen haben vor allem die Pflicht, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann. so wie die Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels. nach dem Strafgesetzbuch vom Strafgericht mit Freiheitsstrafe geahndet werden.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Besonderer Schutz gilt für nach dem Informationsordnungsgesetz klassifizierte Unterlagen.

Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch noch nach der Beendigung der Befragung und nach der Tätigkeit dieses Untersuchungsausschusses. Solche Informationen dürfen keinesfalls an unbefugte Personen weitergegeben werden.

Wenn Ihnen klassifizierte Unterlagen vorgelegt werden, so erkennen Sie diese am entsprechenden Aufdruck. Bitte nehmen Sie keine solchen Unterlage mit! Von klassifizierten Dokumenten dürfen keine Kopien, Notizen, Auszüge oder Übersetzungen angefertigt werden.

Herr Bundeskanzler! Haben Sie Fragen zu dieser Rechtsbelehrung? (Auskunftsperson Faymann: Danke!)

Dann darf ich Sie abschließend auf das allen Auskunftspersonen zustehende Recht hinweisen, vorweg eine einleitende Stellungnahme abgeben zu können, die bis zu 20 Minuten dauern kann. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen? (Auskunftsperson Faymann: Bitte!) – Dann bitte ich Sie darum.

Werner Faymann: Sehr verehrte Damen und Herren! Um die Verstaatlichung näher zu beleuchten, ist es natürlich wichtig, das wirtschaftliche Umfeld zu betrachten. Ich bin zwar überzeugt davon, dass Sie das auch bisher in Ihren Beratungen oft getan haben, ich möchte es aber nicht verabsäumen, noch einmal darauf zu verweisen, dass am 15. September 2008 mit der Pleite von Lehman Brothers ein Teil der Experten in der Welt der Meinung war, dass eine kontrollierte Abkühlung passieren könnte.

Also man sieht, dass in der Einschätzung der Frage, welche Konsequenzen, welche Dominoeffekte eine Maßnahme oder ein Vorgang hat, auch durch Lehman Brothers dazugelernt wurde, wie weit sich die Pleite von einem Ereignis in die ganze Welt ausbreiten kann. Es hat sich damals Joseph Stiglitz, ein Nobelpreisträger, der besonders renommiert ist und dem man sicher nicht unterstellen kann, er übertreibe eine Situation, mit folgenden Worten gemeldet:

Es wird schlimm, sehr schlimm. Wir müssen uns auf den größten Niedergang der Wirtschaft seit der Großen Depression einstellen, und wir haben das Ende noch nicht erreicht. – Zitatende.

Wenn wir sagen, seit der Großen Depression, dann wissen wir von den dreißiger Jahren, dann kennen wir die politischen, sozialen Katastrophen, die in den dreißiger Jahren später zu Ereignissen geführt haben und Wegbereiter für vieles, für viele Katastrophen der Zukunft waren.

Wenn man diese Ansteckungsgefahr mit den dreißiger Jahren vergleicht, was viele Wirtschaftsfachleute damals getan haben, dann gab es auch in Europa ein gemeinsames Anliegen, nämlich die Stabilisierung. An dieser habe ich auf verschiedensten Ebenen stark mitgewirkt. Meine Vorgängerregierung, aber auch die Regierung, in der ich Bundeskanzler geworden bin, hat mit dem Bankenhilfspaket, mit dem einstimmigen Beschluss, einen wesentlichen Beitrag in Österreich geleistet. Wir haben aber auch in ganz Europa sehr zur Stabilität beigetragen, indem wir bis dahin unvorstellbare Maßnahmen wie EFSF, ESM und andere getroffen haben.

Paul Krugman hat Anfang 2009 noch über Österreich gesagt: „Island und Irland geht es ziemlich schlecht, Österreich könnte sich dieser Liga als drittes Land anschließen.“

Wenn Sie sich also die Bewertungen Österreichs, das Südosteuropa-Risiko unserer Banken, des Exposures und vieles mehr ansehen, dann war es keineswegs so, dass Österreich damals von einer stabilen, absolut gesicherten Situation aus zu agieren hatte, sondern all diese wirtschaftlichen Realitäten genauso zur Kenntnis zu nehmen hatte wie die Tatsache der etwa 19 Milliarden € Landeshaftungen, worüber wir, wovon ich überzeugt bin, noch einiges reden werden.

Die 19 Milliarden € Landeshaftungen von Kärnten für die Hypo auf der einen Seite haben – gemeinsam mit einigen anderen Risiken – im Vergleich zu dem Risiko der Bayern ein drei- bis viermal so hohes Risiko für die Republik ausgemacht. Das war doch einer der wesentlichen Gründe, warum die Experten – Oesterreichische Nationalbank, Europäische Zentralbank, Finanzministerium, Finanzmarktaufsicht – zu der klaren Einschätzung gekommen sind, dass ein Konkurs in jedem Fall zu vermeiden ist.

Wir haben aus diesen Ereignissen auch politisch die Konsequenzen gezogen, damit es, so hoffe ich, in Zukunft keiner Untersuchungsausschüsse über die Feststellung von derartigen notwendigen Rettungen bedarf. Mit der Europäischen Bankenaufsicht und der europäischen Bankensanierungs- und -abwicklungsrichtlinie wurde das einerseits auf eine europäische Ebene gehoben – was ich für absolut richtig halte –, und wir haben das in Österreich auch bereits umgesetzt. Auch transparente Haftungsobergrenzen für Bund und Länder sollen uns davor bewahren, dass wir nicht ausreichend von dieser Situation und aus dieser Zeit die Konsequenzen gezogen und auch mit den richtigen Schlüssen die richtigen Maßnahmen getroffen haben.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke schön, Herr Bundeskanzler, für Ihre einleitende Stellungnahme.

Beginnen wir die Erstbefragung mit der Gewährung des Partizipationskapitals! Die Hypo hat als Erste ein solches in Anspruch genommen. – Sind Sie, und wenn ja, wie, darüber informiert, in Kenntnis gesetzt worden?

Werner Faymann: Da es nach dem Finanzmarktstabilitätsgesetz ebenfalls notwendig ist, das Einvernehmen herzustellen, werden die fachlichen Voraussetzungen vom Bundesministerium für Finanzen getroffen und auch die entsprechenden Stellungnahmen der Nationalbank und anderer Behörden und Fachleute dazu eingeholt. Das geht dann an mein Haus, und auch da wurden die Abteilungen, die sich damit beschäftigen, fachlich konfrontiert. Am 29.12. wurde dann dieses PartKapital genehmigt. Es gab aus meiner Sicht alle sachlichen Voraussetzungen dafür.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Trotz dieser Kapitalzufuhr – die Bayern selbst haben sich ja auch beteiligt – ist es im Jahr 2009 relativ rasch zum wirtschaftlichen Niedergang der Bank gekommen. Das hat sich schon bei der Nichteinhaltung des Viability Reports gezeigt. – Was waren für Sie im Jahre 2009 die Meilensteine des Niedergangs?

Werner Faymann: Für mich war die Dramatik der Situation im Herbst auf einem besonders hohen Niveau, wo verschiedenste Besprechungen immer wieder dazu geführt haben, dass wir Bayern auch öffentlich aufmerksam gemacht haben, als Eigentümer die Pflichten wahrzunehmen. Berichte, die es zu diesem Zeitpunkt gab – etwa am 6.11. das Screening über den Kapitalbedarf von damals geschätzten 1,4 Milliarden € oder den von Gouverneur Nowotny am 12.11. angeführten Kapitalbedarf von einer Milliarde € –, zeigen, dass hier Handlungsbedarf aus unserer Sicht für die Eigentümer gegeben war. Wir haben auch in der Vorgangsweise immer darauf Bedacht genommen, zu sagen, es handelt sich um einen Handlungsbedarf der Eigentümer; darauf wurde gedrängt. Die Dramatik der Problemlösung bis hin zur Verstaatlichungsdiskussion ist dann in voller Härte bei den Verhandlungen an dem Wochenende 13./14. ausgebrochen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sind Sie vor dem von Ihnen angeführten Herbst von dem zunehmenden Verfall der Hypo in Kenntnis gesetzt worden, insbesondere auch von dem Bericht zum Beispiel der FIMBAG vom 22.7., oder davon, dass am 25. August der bayerische Staatsminister für Finanzen Fahrenschon nach Wien gefahren ist und sich dort mit seinem österreichischen Kollegen getroffen hat? Nowotny war auch beim Gespräch dabei. Ist Ihnen das zur Kenntnis gebracht worden?

Werner Faymann: Sowohl durch die mediale Berichterstattung als auch natürlich durch die Fülle von Besprechungen und Gesprächen, an denen sicher auch Vertreter des Bundeskanzleramts teilzunehmen haben oder teilgenommen haben, war niemandem verborgen geblieben, dass es hier Probleme gibt, aber wir haben bis zu diesem Wochenende eine ganz klare Linie verfolgt. Ich möchte überhaupt sagen, dass sehr viele Besprechungen zu wirtschaftlichen Fragen, zu Problemen der Banken und Bankenrisiken weit über die Hypo hinaus im Allgemeinen natürlich in dieser Zeit stattgefunden haben, dass es aber zu einer Verstaatlichung kommen könnte, war aus dieser Zeit für mich überhaupt nicht absehbar.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann hat man Sie erstmals darauf hingewiesen, dass die Bayern die Bank loshaben wollen, dass sie nicht mehr zur Bank stehen, dass ernste Bedenken bestehen, dass sie sich davon trennen?

Werner Faymann: Es gab rund um dieses Wochenende und im Vorfeld dieses Wochenendes sowohl Äußerungen – öffentliche Äußerungen – als auch im Zuge von Besprechungen immer wieder Hinweise darauf, dass man Bayern daran erinnern muss, auch öffentlich daran erinnern muss, dass sie zu ihrer Aufgabe, zu ihrer Verantwortung zu stehen haben. Ich habe das auch öffentlich noch am 7.12. und am 8.12. getan, ich habe darauf aufmerksam gemacht, dass es die Aufgabe der Bayern ist, hier etwas vorzulegen. Also es war bereits klar, dass es sich um ein Problem handelt, aber, wie gesagt, erst an diesem Wochenende und erst in dieser Dramatik ist dann die Verstaatlichung so ins Zentrum gerückt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sind Ihnen schon vorher, schon vor diesem Wochenende Alternativszenarien bekannt geworden, die die österreichische Seite zur Vorbereitung auf das, was die Bayern tun werden, entwickelt hat?

Werner Faymann: Gouverneur Nowotny, mit dem ich ja Gespräche hatte, hat immer wieder von diesem Burden Sharing gesprochen, also durchaus auch von einer österreichischen Leistung, die hier erbracht werden kann, aber zu diesem Zeitpunkt, in diesen Wochen war nicht die Verstaatlichung das Thema, sondern Thema war: Welche Risken hat Österreich, welche Risken hat Bayern, und wie könnte so ein Burden Sharing in etwa aussehen?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann ist das zeitlich der Fall gewesen, dass man Sie darüber informiert hat, dass man auch ein Burden Sharing andenken und sich damit befassen muss?

Werner Faymann: Konkret hat es eine Besprechung am 12. und 13. in meinem Haus gegeben; am 13. eine sehr ausführliche mit Gouverneur Nowotny. Am 13.12. ist dann vollkommen klar auf den Tisch gelegt worden, welche Risken Österreich hat. Gouverneur Nowotny hat Ihnen gegenüber ja auch sehr genau aufgelistet, dass er hier auf einen Betrag von über 20 Milliarden gekommen ist und im Unterschied dazu das Risiko der Bayern doch deutlich geringer ist und er daher darauf aufmerksam gemacht hat, dass das Risiko das Vier- bis Fünffache ist.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Nowotny hat dem Ausschuss berichtet, dass er Sie persönlich von der Notwendigkeit der Verstaatlichung zu überzeugen suchte. – Wie war dieses Gespräch?

Werner Faymann: Dieses Gespräch hatte insofern eine sehr intensive Phase, da ich schon damals der Meinung war, dass in dieser Bank zu überprüfen sein wird, wie es denn überhaupt zu dieser Haftung in Kärnten gekommen ist und welche möglicherweise sogar kriminelle Vorgänge in der Bank stattgefunden haben. In den Zeitungsberichten waren zwar nur Behauptungen – und man kann niemanden aufgrund von Behauptungen beschuldigen –, aber es war für mich zumindest absehbar, dass sich die Gerichte mit dieser Entwicklung noch sehr ausführlich beschäftigen werden. Und ich war eigentlich der Überzeugung, dass Eigentümer einer Bank – die Bayern, die diese Bank gekauft haben – auch verantwortlich dafür sind, die nötigen Restrukturierungspläne vorzulegen – die damals mit 2 Milliarden beziffert wurden –, Restrukturierungen vorzuschlagen, wie hier vorzugehen ist, aber uns das nicht einfach zuschieben. Ich habe dieses Wort „uns zuschieben“ damals auch öffentlich verwendet.

Es hat dann Gouverneur Nowotny sehr ausführlich und sehr intensiv die Situation klargelegt, auch mögliche Ansteckungsgefahren, Dominoeffekte und gesamtwirtschaftliche Betrachtungen. Es gab dann auch noch ein Telefonat, in dem EZB-Chef Trichet ebenfalls darauf verwiesen hat, dass es sich hier um eine sehr schwierige, sensible und heikle Situation handelt, die Dominoeffekte auslösen könnte, eben in dieser von mir im Eingangsstatement auch zu Recht ausführlich beschriebenen wirtschaftlich kritischen Situation, instabilen Situation, sodass auch ich damals – so wie er das ausgesagt hat – einverstanden war, in dieser Nacht diese Verhandlungen zu führen. Ich war überrascht, dass es dann tatsächlich sogar zu einer Verstaatlichung gekommen ist, aber ich wurde regelmäßig entweder von Staatssekretär Schieder, von Finanzminister Pröll oder von Gouverneur Nowotny telefonisch auf dem Laufenden gehalten. Selbst teilgenommen an diesen Verhandlungen habe ich nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie mit dem Finanzminister am Verstaatlichungswochenende selbst auch noch Kontakt gehabt?

Werner Faymann: Ja, ich habe auch während der Verhandlungen nach meiner Erinnerung zwei- bis dreimal mit ihm telefoniert, und sowohl die Aussagen des Staatssekretärs als auch die Aussagen des Gouverneurs Nowotny haben vollkommen übereingestimmt mit dem, was mir auch der Finanzminister an Entwicklungen aufgezeigt hat.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Zu dem von Ihnen erwähnten Telefonat von Trichet: Haben Sie persönlich mit ihm telefoniert?

Werner Faymann: Ja, ich habe persönlich mit ihm telefoniert. Es war so, dass ich vorher ebenfalls Telefonate mit Gouverneur Nowotny hatte – mehrere – und dass dann ein Telefonat stattgefunden hat. EZB-Chef Trichet hat mich angerufen, mir gesagt, dass er weiß, dass ich mit Gouverneur Nowotny in enger Abstimmung und engen Gesprächen bin, und dass er nur unterstreichen möchte – was er später ja auch öffentlich gesagt hat –, die Sensibilität, die Bedeutung nicht zu unterschätzen, auch die Dominoeffekte nicht zu unterschätzen, und ich habe ihm versichert, dass wir die Informationen von Gouverneur Nowotny sehr intensiv ernst nehmen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann war dieses Telefonat mit Trichet?

Werner Faymann: Am 13. Uhrzeit? – Am späten Nachmittag.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Gab es außer mit Trichet noch andere Kontakte mit EU-Politikern?

Werner Faymann: Ja, im Zuge des Europäischen Rats, der nämlich zu diesem Zeitpunkt stattgefunden hat, am 11.12. Im Zuge dieses EU-Gipfels am 11.12. gab es ein Gespräch mit der deutschen Kanzlerin, das allerdings einen sehr allgemeinen Charakter gehabt hat. Wir haben beide die Schwierigkeit angesprochen, und die deutsche Kanzlerin hat – daran kann ich mich noch sehr genau erinnern – gemeint, dass das eine Sache zwischen Bayern und dem Finanzministerium in Österreich ist, das ist klar. Wir haben das daher nicht weiter vertieft.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hatten Sie persönlich Kontakte mit bayerischen Politikern?

Werner Faymann: Es gab den Antrittsbesuch von Seehofer bei mir, aber ein Jahr davor, und seit diesem Antrittsbesuch nicht mehr.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie sind Sie informiert worden über die Änderung des Verhaltens der Bayern, die ja dann doch im späten Herbst Zeichen gesetzt haben, dass sie sich, wenn die österreichische Seite nicht bereit ist einzuschießen und wenn insbesondere die Minderheitseigentümer nicht bereit sind, Geld einzubringen, von der Bank trennen werden? Sind Sie darüber informiert worden, oder hat Sie das schlussendlich doch überrascht?

Werner Faymann: Die Dramatik an diesem Wochenende und auch dieses klare Zuschieben auf Österreich an diesem Wochenende in dieser Dramatik waren für mich erst am Wochenende gegeben. Dass es mit der Bank ein Problem gibt, habe ich durch die öffentlichen Aussagen der Bayern, die es ja mehrfach dazu gegeben hat, auch aus allgemeinen Informationen aus diesen Besprechungen gesehen, die volle Dramatik war aber erst ab diesem Wochenende.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wer waren im Herbst und dann zur Verstaatlichung hin Ihre wesentlichen Informationsgeber und Berater?

Werner Faymann: Allen voran Gouverneur Nowotny, mit dem ich sicher am intensivsten darüber gesprochen habe. Gouverneur Nowotny hat auch mit meinem Staatssekretär Dr. Ostermayer intensive Gespräche geführt, auch an diesem Wochenende, etwa am Vortag. Ich habe mich im Büro selbst – neben dem Staatssekretär und, wie gesagt, am häufigsten dem Gouverneur Nowotny – auch mit einem Mitarbeiter beraten, mit Mag. Gruber, der ja aus der Nationalbank gekommen ist und dann bei mir im Kabinett war. Es hat natürlich auch immer wieder über Sektionschef Dossi Kontakte gegeben, aber die intensiven Beratungen haben mit Gouverneur Nowotny stattgefunden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie hat sich Ihre Einstellung zur Hypo verändert? War sie immer die gleiche oder hat sie sich verändert, und wenn ja, wodurch?

Werner Faymann: Meine Einstellung war ... Dass wir am entscheidenden Wochenende der Verstaatlichung zugestimmt haben, war aufgrund der ganz klaren Auskunft und übereinstimmenden Meinung der Experten und zuständigen Stellen – Finanzministerium, Finanzmarktaufsicht und Nationalbank – zu den Risken Österreichs, die so dargestellt wurden, dass es unsere Aufgabe ist, sie abzuwenden, dass wir nicht mit einem Konkurs spekulieren sollten, weil diese Risken schlagend werden würden. Und unter diesem Gesichtspunkt – diese hohen Risken einerseits, aber auch wirtschaftlich die Dominoeffekte, etwa die Betroffenheit, die es gibt, im Fall eines Konkurses, die Betroffenheit der Wirtschaft, die Auswirkungen auf die österreichische Reputation ... So etwas hat ja Auswirkungen auf die Reputation. Reputation ist ja nicht nur etwas, das ein Schönheitswettbewerb ist, sondern Reputation hat handfeste politische und wirtschaftliche Auswirkungen, und das heißt zusätzliche Risken im Bereich der Anleihen. Wenn man nur die CDS oder andere Faktoren, Kennfaktoren von damals heranzieht, sieht man ja, dass Dominoeffekte Arbeitsplätze betreffen würden, wirtschaftliche Faktoren betreffen würden, soziale Auswirkungen hätten, und das hat mich überzeugt, dieser Verstaatlichung zuzustimmen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: In Ansehung der gewaltigen Last der Landeshaftungen, die ja auch die reale Katastrophe sind: Hat es im Herbst Ihrem Informationsstand nach Bemühungen Österreichs gegeben, darauf zu achten, dass man die Bayern nicht verliert, sondern dass man sie drinbehält, um eben ein solches Desaster, wie wir es dann bekommen haben, bei Inanspruchnahme aus den Landeshaftungen zu vermeiden?

Werner Faymann: Ich habe schon den Eindruck gehabt, dass durch die zuständigen Stellen – und allen voran ist hier eine klare Zuständigkeit des Finanzministeriums – alles unternommen wurde, um klarzumachen, dass die Bayern hier eine Verantwortung tragen, und auch um die Bayern an diese Verantwortung zu erinnern, damit eben diese Haftungen nicht schlagend werden.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ist Ihnen darüber etwas Konkretes zugekommen?

Werner Faymann: Konkret? – Das, was auch öffentlich bekannt war: dass wir hier eine gemeinsame Linie vertreten und dass aus Bayern immer wieder auch Ausflüchte kommen, aber, wie gesagt, nicht in der Dramatik, die dann an diesem 13., 14. zutage getreten ist.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Die Zeit der Erstbefragung ist abgelaufen. Danke, Herr Bundeskanzler, für Ihre Antworten.

Werner Faymann: Danke Ihnen.

*****

Vorsitzende Doris Bures: Herzlichen Dank, Herr Dr. Pilgermair, für die Erstbefragung, herzlichen Dank für die einleitende Stellungnahme.

Damit treten wir in die Befragung ein. Der Redeordnung nach gelangt Herr Klubobmann Ing. Lugar als Erster zu Wort. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Bundeskanzler! Mich würde interessieren, ab wann Sie sich mehr oder weniger intensiv mit der Hypo beschäftigt haben. Vielleicht ab dem Zeitpunkt Partizipationskapital, oder wo war der Zeitpunkt, als Sie sich um die Hypo Sorgen gemacht haben?

Werner Faymann: Natürlich hat die Frage des Partizipationskapitals dazu geführt, dass auch ich mich und mein Haus sich damit zu beschäftigen hatten, weil das Partizipationskapital als Teil des Bankenpakets, das allen Banken zur Verfügung steht und das ja auch öfter gegeben wurde, immer natürlich auf ein Problem aufmerksam macht. Jemand, der Partizipationskapital bekommt, ist jemand, der nicht mehr in der Lage ist, dieses Geld im normalen Geschäft zu leistbaren Zinsen zu bekommen und der das als Unterstützung benötigt. Aber das haben mehrere Banken bekommen. Also das Problem war hier auf dem Tisch, bereits beim Partizipationskapital 2008.

Es hat aber mehrere Banken betroffen, es haben mehrere Banken Partizipationskapital bekommen. Es hat auch immer wieder allgemeine Besprechungen zur Bedeutung dieses PartKapitals gegeben, und es ist bei der Hypo um vieles schlechter ausgegangen als bei anderen Banken: dass nämlich bei anderen Banken Partizipationskapital nicht verlorenes Geld für die Republik war, sondern dass man Zinsen und Kapital zurückbekommen hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, Herr Bundeskanzler! Das heißt, Sie haben PartKapital gegeben und haben dann beobachten müssen, dass sich das in die falsche Richtung entwickelt. Ab wann war es für Sie klar, dass das möglicherweise für den Steuerzahler teuer wird? Kann man das zeitlich eingrenzen?

Werner Faymann: Am 12.11.2009 hat die Oesterreichische Nationalbank … (Abg. Lugar: Vorher nicht? Vorher haben Sie nichts bemerkt?) – Ich wollte eh beides sagen. Ich beantworte Ihre Frage: Am 12.11.2009 hat Gouverneur Nowotny, die Oesterreichische Nationalbank einen Kapitalbedarf von einer Milliarde geortet. Dem vorausgegangen sind öffentliche Erklärungen und Erklärungen über Berichte aus Deutschland, wo ein Screening einen angeblichen Kapitalbedarf von 1,4 Milliarden € ergeben hat. Also dieser Beurteilung von Gouverneur Nowotny am 12.11. ist natürlich eine Diskussion vorausgegangen, aber das war der Informationsstand im November.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Mit wem haben Sie diese Diskussion im Vorfeld geführt?

Werner Faymann: Am häufigsten mit Gouverneur Nowotny, ich habe aber auch immer wieder Besprechungen mit dem Finanzminister, natürlich mit dem Finanzstaatssekretär, wo es um sehr viele wirtschaftliche Fragen gegangen ist, gehabt. Es war auch dann die Zeit des Aufbaus der Schutzschirme in Europa, der EFSF, des ESM, da ist es um die Beteiligung Österreichs gegangen. Es war die Frage der Risken der Banken, es ist um die Frage gegangen, welchen Stellenwert das Risiko des Exposures österreichischer Banken in Südosteuropa in der politischen Diskussion und Bewertung Österreichs hat. Es ist daher in dieser Zeit die Frage der Banken und der Bankenstabilisierung in vielen Besprechungen angesprochen worden. Da war natürlich immer wieder auch die Sorge um die Hypo Anlass für Gespräche.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Konzentrieren wir uns nur auf diese Sorge! Wer hat diese Sorge an Sie herangetragen, ab wann und welche Strategien wurden besprochen?

Werner Faymann: Auch die öffentliche Berichterstattung hat gezeigt, dass es sich um ein Problem handelt. Und unsere Herangehensweise – und ich betone noch einmal: mit dem Gouverneur der Nationalbank, aber auch mit dem Finanzminister, dem Finanzstaatssekretär und meinem Staatssekretär Dr. Ostermayer – wurde ganz klar in eine Richtung festgelegt, nämlich in die Richtung, die Eigentümer daran zu erinnern, dass es ein Problem ist, für das die Eigentümer verantwortlich sind.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ab wann war das?

Werner Faymann: Mit November, ab Mitte November, mit der Einschätzung von Gouverneur Nowotny, einen Kapitalbedarf von einer Milliarde damals zu orten, hat eine Diskussion auch öffentlich stattgefunden. Ich habe mir erst letztens wieder die APA-Berichte alle angesehen, wo ich mehrfach und immer wieder darauf verwiesen habe, dass es hier einen Handlungsbedarf von Bayern und der Bayerischen Bank gibt, um die Eigentümer daran zu …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Bundeskanzler, Sie weichen mir aus! Sie haben gesagt, dass auch vor dem November schon Gespräche stattgefunden haben, und ich will jetzt von Ihnen wissen: Mit wem und welchen Inhalt hatten diese Gespräche?

Werner Faymann: Dass das PartKapital eine wesentliche Einrichtung ist und das Bankenpaket eine wesentliche Einrichtung zur Stabilisierung ist, dass es eine Reihe von Banken gibt, wo die Situation nicht abschätzbar ist im Konkreten, wie die weitere Entwicklung ist, dass aber Österreich mit dem Bankenpaket einen wichtigen Beitrag geleistet hat, um diese Stabilisierung vorzunehmen – also allgemein wirtschaftliche Besprechungen, die zu Recht unterstrichen haben, dass wir hier mitgeholfen haben für verschiedenste Banken, auch für die Hypo.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ist die Frage so schwer? Ich habe eine ganz einfache Frage gestellt. Ich will wissen, weil Sie gesagt haben, Sie haben vor November Gespräche geführt, wann diese Gespräche begonnen haben, mit wem und welchen Inhalt sie hatten? Ist die Frage so schwer?

Werner Faymann: Ich habe es schon beantwortet: Über das PartKapital haben die Gespräche bereits im Jahr 2008 (Abg. Lugar: Es geht jetzt darum …!) begonnen, und immer wieder waren die Banken ein Thema, bis zum Tag der Verstaatlichung.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Bundeskanzler, ab dem Zeitpunkt … Also beim PartKapital hat es ja noch relativ gut ausgesehen, zumindest haben uns das einige versucht, hier weiszumachen. Dann ist die Lage der Bank immer schlechter geworden. Ich glaube, das ist auch Ihnen aufgefallen. Die Frage ist: Ab wann waren Gespräche angesetzt, um diese Lage zu diskutieren; welche Strategien wurden besprochen und vor allem ab wann und mit wem?

Werner Faymann: Das habe ich Ihnen ja gesagt, es waren die Gespräche ab dem Moment, wo …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Mitte November haben Sie gesagt, bis jetzt.

Werner Faymann: Genau, Mitte November.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie bleiben dabei? Also vor Mitte November haben Sie mit niemandem gesprochen?

Werner Faymann: Ich habe durchgehend über die Situation der Banken im Allgemeinen Gespräche geführt, aber die konkrete Frage, was die Hypo benötigt und wie hoch der Kapitalbedarf ist, ist von der Oesterreichischen Nationalbank erst am 12. November mit einer Milliarde beziffert worden. Alles vorher waren Medienberichterstattungen und allgemeine Diskussionen, aber die konkrete Diskussion hat am 12.11.2009 mit dem Kapitalbedarf von einer Milliarde konkret begonnen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay, das heißt, ab Mitte November sind Sie aufmerksam geworden und haben sich etwas überlegt. Was haben Sie sich konkret überlegt?

Werner Faymann: Dass das Finanzministerium, das hier die Zuständigkeit hat – mit Ausnahme, wenn es im Bankenpaket darum geht, das Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt herzustellen –, dass das Finanzministerium, die Oesterreichische Nationalbank hat das ja begleitet, fachlich begleitet, die Gespräche mit allen Banken, eben auch mit der Hypo, über die weitere Entwicklung führt. Und bei dieser weiteren Entwicklung hatten wir eine ganz klare Verhandlungslinie: die Verhandlungslinie, die Eigentümer an ihre Verpflichtungen zu erinnern.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ist das eine Verhandlungslinie, die Eigentümer daran zu erinnern, dass sie Verpflichtungen haben? Ich glaube, das ist Hausverstand, oder? Die Eigentümer müssen das normalerweise wissen.

Werner Faymann: Hausverstand und Verhandlungslinie sollten sich nicht widersprechen!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, ab Mitte November war es auf Ihrem Schirm, und dann ist es in der Verstaatlichungsnacht, wie Sie sagen, dramatisch geworden. Warum waren Sie eigentlich bei den Verhandlungen nicht dabei?

Werner Faymann: Weil die Zuständigkeit nach der österreichischen Bundesverfassung genauestens zu beachten ist, und da ist eine Zuständigkeit des Finanzministeriums. Ich habe mich aber durch den Finanzminister, den Finanzstaatssekretär, durch den Vertreter der Oesterreichischen Nationalbank Gouverneur Nowotny gut informiert gefühlt. Man muss aber sehr genau unterscheiden können als österreichischer Bundeskanzler, wenn man einen Prozess hat, eine Vorgangsweise wählt, wer hier welchen Teil abzudecken hat – und Verhandlungen zu führen hat das Finanzministerium.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie haben die Entscheidung zu treffen.

Werner Faymann: Die Entscheidung, den Vorschlag zu dieser Entscheidung haben aus meiner Sicht – das gilt auch in Zukunft – jene Stellen in unserem Land, die dafür zuständig sind, das ist nach der …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na Sie sind zuständig!

Werner Faymann: Ich wollte Ihnen gerade aufzählen: Da ist die fachliche und auch politische Zuständigkeit, Vorschläge zu machen, beim Finanzministerium, dieses bedient sich der Expertise der Oesterreichischen Nationalbank. Hätte ich Zweifel an der Qualität der Oesterreichischen Nationalbank, wäre es meine Aufgabe, darauf aufmerksam zu machen und das zu verändern. Ich habe keine Zweifel an der Qualität und an der Fachkenntnis und an der Arbeit der Oesterreichischen Nationalbank, daher sind das die, die für Verhandlungen wesentliche Beurteilungen und Vorbereitungen machen – im Finanzministerium, Finanzminister, Staatssekretär politisch, dahinter aber natürlich ebenfalls Finanzprokuratur und andere für Finanzen Verantwortliche.

Der Bundeskanzler ist nicht der oberste Experte für alle Fragen in der Republik und führt nicht die Gespräche und Verhandlungen anstelle der Verantwortlichen, sondern wird informiert und hat daher die Möglichkeit, diese Information auch dementsprechend Ihnen, zum Beispiel heute, zu sagen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Bundeskanzler, es steht ja eindeutig im Gesetz, dass Sie die Letztentscheidung treffen, und sich einfach auf die anderen zu verlassen, die es ja richtigerweise vorbereiten, wenn Sie die Letztentscheidung treffen, das ist etwas, sage jetzt einmal, nicht billig, aber zumindest aus meiner Sicht nicht angebracht.

Werner Faymann: Die Entscheidung, die getroffen wurde, hat der Ministerrat am nächsten Tag so auch zur Kenntnis genommen. Sie kennen ja den Ministerratsvortrag. Diese Entscheidung ist eine Entscheidung, die ein Bundeskanzler nicht abseits des zuständigen Finanzministers, nicht abseits der Regierung und schon gar nicht abseits der Nationalbank zu treffen hat. Also: Entscheidung zu treffen ja, aber Abläufe müssen Sie mir überlassen, wie ich die gestalte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein, muss ich nicht, Herr Bundeskanzler, und zwar deshalb, weil es ein Gesetz gibt, und zwar das FinStaG, und da gibt es sechs Maßnahmen, die getroffen werden können. Da steht im Gesetz ganz explizit: „Bei der Ausübung der Instrumente gemäß Z 1 bis 6 ist mit dem Bundeskanzler das Einvernehmen herzustellen.“

Also warum zum Geier muss man mit Ihnen ein Einvernehmen herstellen, wenn Sie sich da anscheinend gar nicht für die Sache interessieren?

Werner Faymann: Sie haben ja selbst gerade vorgelesen, es ist das Einvernehmen herzustellen. (Abg. Lugar: Genau!) Haben Sie jetzt gelesen, dass da drinnen steht: Der Bundeskanzler hat die Verhandlungen zu führen? – Haben Sie nicht gelesen, denn das steht auch nicht drinnen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein, der Bundeskanzler hat die Letztentscheidung, und für die Letztentscheidung muss man bei Verhandlungen dabei sein, man muss wissen, worum es geht, und man muss die Varianten kennen. Kannten Sie die Varianten?

Werner Faymann: Man muss sich informieren lassen, das ist passiert. Sie haben ja auch schon Sektionschef Dossi und andere Auskunftspersonen gehabt, die Ihnen versichert haben, dass wir informiert wurden, dass alle fachlichen Voraussetzungen, diese Entscheidung zu treffen – nämlich: bei mir geht es ums Einvernehmen herstellen –, all diese Voraussetzungen gegeben waren.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber wenn man es genau betrachtet, war Ihre Hauptinformationsquelle der Herr Nowotny?

Werner Faymann: Eine Informationsquelle ist die Oesterreichische Nationalbank, weil sie über eine besonders hohe Expertise verfügt. Das kulminiert bei einer Person, dem Gouverneur. Der allerdings ist auch genauestens informiert (Abg. Kogler: Der hat gesagt, die Bank ist gesund!), der ist aber auch natürlich genauestens informiert ... (Abg. Kogler: … Nowotny … Bank gesund!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Kogler, Sie sind auf der Rednerliste!

Werner Faymann: ... während der Verhandlungen, genauso mit dem Finanzminister und dem Finanzstaatssekretär. Auch das sind wesentliche Informationsquellen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Nowotny war zu dem Zeitpunkt Chef einer Bank – denn die Nationalbank ist auch nichts anderes –, die teilweise im Privateigentum der anderen Banken war, noch bis 2010, also noch zu dem Zeitpunkt, und Herr Nowotny war natürlich sehr interessiert, dass von den Banken Schaden abgehalten wird und natürlich auch von der Nationalbank – denn die hätte ja im Falle eines Konkurses auch mitzahlen müssen. Also ist die Informationsquelle Nowotny nicht für Sie etwas zweifelhaft, da Herr Nowotny natürlich Interessen hat, die möglicherweise nicht mit den Interessen der Steuerzahler zusammenfallen? Kann das sein? Ist Ihnen das aufgefallen?

Werner Faymann: Aber es wird ja auch Ihr Interesse sein, alle Konsequenzen abzuschätzen, auch die betreffend das österreichische Bankenwesen. Das stellt ja die Objektivität nicht infrage, sondern belegt ja nur, dass die Oesterreichische Nationalbank sowohl volkswirtschaftliche, europäische Auswirkungen, als natürlich auch Auswirkungen auf das österreichische Bankensystem aufzuzeigen hat. (Abg. Lugar: Genau!) Die Objektivität, aus meiner Sicht, war zu jedem Zeitpunkt gegeben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also das heißt, Herr Nowotny hat auch Interesse, Schaden von den Banken abzuhalten, auch finanziellen Schaden. – Und genau darum geht es ja, denn mit Ihrer Entscheidung ist der Schaden von den Banken zu den Steuerzahlern gewandert.

Das ist eben die Frage, ob Sie richtig beraten waren. Das ist die zentrale Frage in diesem Untersuchungsausschuss, denn Sie haben ja die politische Verantwortung, und da muss man die Frage stellen: Sind Sie richtig beraten worden, und haben Sie sich auch um eine richtige Beratung bemüht?

Werner Faymann: Ich habe mich immer gut beraten gefühlt, bis heute, von der Oesterreichischen Nationalbank, weil es natürlich deren Aufgabe ist, nicht nur einen Aspekt, sondern alle Aspekte möglicher Dominoeffekte zu beleuchten. Und wir gewinnen als Republik und der österreichische Steuerzahler am allerwenigsten, wenn Banken in Konkurs gehen und Dominoeffekte dazu führen, dass wirtschaftliche oder andere soziale Katastrophen oder Betroffenheiten entstehen.

Daher ist es seine Aufgabe, mich über alle diese Aspekte zu informieren. Es wäre ein Fehler, wenn nicht Gouverneur Nowotny auch die Frage Auswirkungen der Banken, Auswirkungen volkswirtschaftlich, Auswirkungen auf Kärnten mitzuberücksichtigen hätte – und das hat er aus meiner Sicht auch immer getan. Ob er im Nachhinein gesehen immer überall recht hatte und ob er im Nachhinein gesehen immer alles wusste – ich glaube, so einen Menschen gibt es nicht, das ist auch Gouverneur Nowotny nicht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Bundeskanzler, wir hatten im Ausschuss schon einige, die gesagt haben, dass die Banken das verkraftet hätten. Vor allem die Hypo, die ja am schwersten betroffen wäre, hat gesagt: Kein Problem, eine Pleite hätten wir verkraftet.

Herr Duchatczek von der Nationalbank hat gesagt, auch die Liquidität, Spareinlagen, alles kein Problem, wäre alles handlebar gewesen. Das heißt: Wo ist diese Drohkulisse? Wo ist die Drohkulisse, dass im Fall eines Konkurses alles zusammengebrochen wäre? Die einzige Drohkulisse, die da war, ist, dass große Verluste bei den Banken, bei dem Eigentümer, der Nationalbank, entstanden wären. Das war die Drohkulisse, die da war, und Sie wurden von Herrn Nowotny beraten.

Wer hat Sie noch beraten in dieser Sache, um Ihnen die Tragweite dieser Entscheidung irgendwie näherzubringen?

Werner Faymann: Ich möchte noch einmal betonen: Nationalbank, Finanzministerium, Finanzstaatssekretär haben in einer Linie aufmerksam gemacht, welche Risken wir aufgrund der Haftung Kärntens – die kommt immer ein bisschen zu kurz jetzt, in diesen letzten Minuten der Darstellung –, welche Risken die Republik mit der Haftung Kärntens hat – plus alle weiteren volkswirtschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen.

Man muss sich die Insolvenz einer Bank ja auch vorstellen, wie die dann konkret abläuft und welche Auswirkungen das auf die Wirtschaft, auf Sparer hat, wie dann genau die Auszahlung stattfindet, zum Beispiel bei Betrieben über 50 000 €, die ihr Geld bei einer Bank haben, wie die Einlagensicherung zu diesem Zeitpunkt für Betriebe ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Kein Problem, hat Herr Duchatczek gesagt, kein Problem!

Werner Faymann: ... wie Einlagensicherungen, die mit 50 000 € begrenzt sind, für Betriebe zum Beispiel, wie die aussehen, wie die praktische Abwicklung – wenn man aus dem Bankomaten kein Geld mehr kriegt – aussieht, wie der politische Ruf Österreichs, der zu diesem Zeitpunkt in starkem internationalem Fokus war (Abg. Lugar: Da sind wir beim Punkt!), wie dieser internationale Ruf aussieht. (Abg. Lugar: Da sind wir beim Punkt!)

Internationaler Ruf ist aber, wie ich schon gesagt habe, keine Frage der Schönheit, sondern ist eine Frage auch sehr handfester wirtschaftlicher, volkswirtschaftlicher Faktoren für unser Land. (Abg. Lugar: Ja, Herr Bundeskanzler …!) Daher ist eine Aufzählung zugleich mit Griechenland oder eine Aufzählung zugleich mit Irland oder Island etwas, wo Österreich es zu Recht geschafft hat, zu beweisen, dass wir in jener Liga der Stabilität heute stehen, dass wir in der Bewertung Österreichs … Und Sie kennen ja die heutigen Bewertungen, die es gibt, wie wir dastehen, diese Tatsache, dass wir auch heute noch bei CDS zum Beispiel …, wie sich hier diese Entwicklung gezeigt hat. (Die Auskunftsperson zeigt entsprechende Grafiken.) Ich bin überzeugt, Sie kennen ja diese Entwicklung: Hier waren wir etwa mit Griechenland eine Zeit lang ziemlich gleich bewertet, und heute schaut die Situation extrem anders aus.

Diese Stabilität, auf die wir so stolz sind – die übrigens auch dazu führt, dass wir das erste Mal heuer das strukturelle Nulldefizit so erreichen werden, wie wir das vorhaben –, hängt auch mit Zahlungen, etwa Zinsen für Staatsanleihen, zusammen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, Herr Bundeskanzler, das ist hier keine Werbeveranstaltung!

Werner Faymann: Nein, aber Ihre Frage war ja: Was hat eine internationale Reputation für einen Sinn? Weil Sie gesagt haben, das ist … (Abg. Lugar: Ja, das ist eben die zentrale Frage!) Und ich versuche, Ihnen den Punkt zu erläutern: Welchen Sinn hat die internationale Reputation?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das ist genau der Punkt. Man hat sich vor mehreren Dingen gefürchtet, natürlich auch, dass die Banken Geld verlieren, die Banken, die in Österreich sehr einflussreich sind; zweitens natürlich auch, dass die Länder sich im Falle eines Konkurses Kärntens nicht mehr so billig verschulden können, das ist keine Frage.

Natürlich hätte das – und das hat auch Herr Duchatczek von der Nationalbank gesagt – Auswirkungen auf die Länder gehabt: Die hätten sich nicht mehr so frischfröhlich verschulden können, was vielleicht sogar positiv gewesen wäre, aber natürlich für die Länder sehr, sehr negativ. Das war ein ganz wichtiger Punkt, und das ist auch der Grund, warum man das gemacht hat; denn wenn man es genau betrachtet, haben Herr Duchatczek und Herr Harold gesagt, dass das, was Sie jetzt gesagt haben, nicht stimmt, nämlich: Die Einlagensicherung wäre kein Problem gewesen, hat Herr Harold von der Hypo gesagt, von diesem Einlagensicherungsverbund. Herr Duchatczek hat gesagt, die Liquiditätsversorgung wäre kein Problem gewesen, und so weiter.

Wenn man es genau betrachtet, haben die Bayern noch im November, und zwar am 24. November, nicht einmal geglaubt, dass die Österreicher so dumm sein können und diese Bank notverstaatlichen. Denn da gibt es ein internes Schreiben, wo man ganz genau sagt, dass nicht zu erwarten ist, dass die Republik diese Übernahme vollzieht, und man glaubt, dass die Republik sogenannte Zwischenlösungen anstrebt, und das sind alle möglichen ...

Vorsitzende Doris Bures: Würden Sie dieses Dokument vorlegen, Herr Klubobmann? (Abg. Lugar: Ja, bitte!) Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie jetzt natürlich schon längst in der Redezeit der zweiten Runde sind.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, danke. Die Dokumentennummer ist 2114765. Da sieht man, dass die Deutschen, die Bayern eben erwarten, dass Sie laut FinStaG eben andere Maßnahmen ergreifen, die ja vernünftig gewesen wären. Aber nein, Sie haben sich für die schlechteste aller Varianten entschieden, und da ist die Frage: Warum haben Sie das getan? Haben Sie es getan, um den Ländern einen Gefallen zu tun und den Banken, zum Schaden des Steuerzahlers? Oder waren Sie einfach nur schlecht beraten? Das kann ja auch sein.

Deswegen die Frage noch einmal: Gerade in der Verstaatlichungsnacht, auf wen haben Sie sich verlassen? Wer hat Ihnen die Expertise geliefert – außer der Herr Nowotny, der ja befangen war, das haben wir ja jetzt gerade schon herausgearbeitet?

Werner Faymann: Wenn das Finanzministerium, wenn die Nationalbank, wenn die Finanzmarktaufsicht eine gemeinsame Haltung einnehmen mit ihrer Expertise, dann kann ich Ihnen sagen, auf wen ich mich verlassen habe: auf die Institutionen der Republik Österreich. Und wenn Sie mir sagen, ob da eine Rolle oder welche Rolle die Zinsentwicklung bei Geldern für die Bundesländer gespielt hat: Die Gesamtrolle der internationalen europäischen Reputation, die anhand der CDS, wie ich Ihnen ja gezeigt habe, keine Kleinigkeit ist, das kann man ja nicht immer alles wie mit einem Schwamm wegwischen! Die Frage: Welche wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen hat ein Konkurs konkret?, die Fragen: Wie finanziert sich Österreich in Zukunft? Welche Auswirkungen hat das auf das Gesamtbudget?, sind natürlich ein Teil – wie finanzieren sich die Bundesländer?

Aber das kann man aus meiner Sicht nicht beantworten, wie Sie das sagen, mit: Hätte Ihnen eh gutgetan, mehr Zinsen zu zahlen!, sondern es ist eine Gesamtbelastung, genauso, wie wenn der Staat Österreich aufgrund geringerer Reputation höhere Zinsen für Staatsanleihen zu bezahlen hätte.

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen es hat, im Handel, im Export, in den Wirtschaftskontakten auch zu Südosteuropa, welche Arbeitsplatzauswirkungen das hat, das ist ja alles zu berücksichtigen bei so einer Entscheidung.

Das kann man doch nicht verschmälern auf einen Puzzlestein! (Abg. Lugar: Ja, ...!) Und selbst da sehe ich es nicht als meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Bundesländer sich höher refinanzieren, denn letztendlich brauchen auch die Bundesländer Geld dafür, dass Kindergärten gebaut und öffentliche Einrichtungen bezahlt werden.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, Herr Bundeskanzler, aber Sie haben sich jetzt auch ein bisschen entlarvt, denn Sie haben jetzt ganz viele Gründe aufgezählt, warum diese Notverstaatlichung und für wen sie gut war, nur haben Sie immer den Steuerzahler vergessen. Sie vergessen ja immer, dass auf der anderen Seite der Steuerzahler sitzt. (Auskunftsperson Faymann: Der Steuerzahler lebt ja auch in Österreich!) – Ich bin noch nicht fertig mit der Frage.

Wenn die Banken entlastet werden sollen, wenn die Zinsen und der Ruf und so weiter unter Kontrolle gehalten werden sollen (Zwischenruf des Abg. Krainer), auf der anderen Seite der Steuerzahler zahlt, und zwar die volle Zeche, und die anderen gar nichts zahlen, denn die Banken haben nichts gezahlt (Auskunftsperson Faymann: Herr Abgeordneter!) – bis zum aktuellen Zeitpunkt, wo der Herr Finanzminister eine Quote anbietet und jetzt nochmals mit der Pleite droht ...

Das heißt, das, was Sie sagen, kann ja nicht stimmen, denn sonst würde der Herr Finanzminister nicht mit der Pleite drohen. Wir sind jetzt in der gleichen Situation wie damals (Abg. Tamandl: Nein! ...!), und auch die Länder würden genau das gleiche Problem auch jetzt haben: Wenn Kärnten pleitegeht, dann würden sich auch Wien und alle anderen Bundesländer, die ihnen wichtig sind, schwerer verschulden. Das ist ja der Punkt.

Das heißt, das Argument zieht nicht, weil das Argument durch den Herrn Schelling, durch die aktuelle Situation ausgehebelt wurde. (Auskunftsperson Faymann: Herr Abgeordneter, ...!)

Also noch einmal meine konkrete Fragen: Erstens, warum waren Sie nicht dabei? Warum haben Sie sich nicht darum gekümmert in dieser wichtigen Nacht, in dieser so teuren Nacht für den Steuerzahler? Und zweitens, warum haben Sie keine externe Expertise von unabhängiger Seite beigezogen? Das hätten Sie auch tun können. Sie geben ja für alle möglichen Dinge viel Geld aus, wie wir durch eine Anfrage vor Kurzem erst festgestellt haben, warum nicht für eine externe Expertise?

Werner Faymann: Auch das Finanzministerium gibt immer wieder im Zusammenhang mit Banken – auch der Hypo – Expertisen in Auftrag. Aber das ist das ressortzuständige Ministerium, Expertisen zu beauftragen, weil die auch über die fachliche Expertise verfügen. Eine Beauftragung wird ja nicht in irgendeinem parteipolitischen Interesse gemacht, sondern eine Aufgabe wird dort gemacht, wo das zuständige Ministerium – mit der Fachkompetenz des zuständigen Ministeriums – sich Gutachten vorlegen lässt. Das ist ja im Bereich der Hypo oft genug, auch bis hinauf in die jüngere Vergangenheit, passiert.

Über die aktuelle Situation möchte ich Ihnen nichts sagen, weil die aktuelle Situation derzeit eine ist, in der wir mit Aussagen von uns natürlich Einfluss nehmen würden auf das Verhalten.

Ich bin überzeugt, dass der Herr Finanzminister auch jetzt nach bestem Wissen und Gewissen – ebenfalls mit der Expertise, mit der sein Hauses ausgestattet ist, plus jener der Nationalbank plus jener aller Institutionen, die dafür verantwortlich sind – vorgeht. Ich bin auch jetzt davon überzeugt, dass es nicht meine Aufgabe ist, die Verhandlungen zu führen – so wie damals, das war ja Ihre Frage –, sondern dass das die Aufgabe des Finanzministers ist. Dazu gibt es diese Aufteilung!

Ich brauche Ihnen nicht meinen Verfassungsdienst zu zitieren, der sehr ausführlich die Aufgabe des Bundeskanzlers hier in diesem Fall beleuchtet hat, die sich auf das Herstellen von Einvernehmen bezieht, die aber mich in keiner wie auch immer gearteten Weise zu einem Verhandler macht. Diese Rolle ist nicht vorgesehen, sie wäre auch nicht sinnvoll. Der Verhandler ist der Finanzminister.

Die Information an mich hat zu passieren; die Information an mich ist in dieser Nacht passiert.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Der Herr Nowotny hat ausgeführt, dass er Sie überzeugen musste. (Auskunftsperson Faymann: Ja!) – Das heißt, er hat sich wirklich bemüht, Sie von Ihrer Meinung abzubringen, die ursprünglich eine andere war. Das heißt, es war sowohl entscheidend, was Sie dazu sagen, ...

Vorsitzende Doris Bures: Herr Klubobmann, ich muss Sie auf die Redezeit aufmerksam machen. Eine kurze Frage noch.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es war entscheidend, was Sie sagen; Sie haben die Letztentscheidung getroffen.

Dann hat es dieses Telefonat mit der Frau Merkel gegeben. Vielleicht war sie diejenige, die Sie dann nochmals dahin gehend gemahnt hat, dass gefälligst der österreichische Steuerzahler das „pecken“ soll und nicht die Deutschen. Vielleicht war es das? Auf jeden Fall haben Sie Ihre Meinung geändert.

Vorsitzende Doris Bures: Formulieren Sie bitte ein Frage!

Werner Faymann: Ich habe Ihnen gesagt, es hat ein Gespräch am Rande des Europäischen Rates gegeben, und ich habe Ihnen Auskunft gegeben darüber, was dort stattgefunden hat. Wenn eine deutsche Kanzlerin sagt, das ist eine Angelegenheit zwischen Bayern und dem Finanzministerium, entspricht das zu 100 Prozent auch meiner Haltung. Dass es keine Verhandlungskompetenz für mich und die deutsche Kanzlerin darüber gibt, glaube ich, wissen Sie selbst.

Was ich Ihnen aber abschließend doch noch sagen möchte, betrifft die Frage der Auswirkung auf den österreichischen Steuerzahler. Hätte die internationale Reputation, hätten die Auswirkungen auf den Bankensektor, Verzinsungen, wirtschaftliche Abläufe, den wirtschaftlichen Handel, Arbeitsplätze eine Auswirkung nur auf mich als Person, dann wäre es leichter zu entscheiden. Das hat aber eine Auswirkung auf die Österreicherinnen und Österreicher – das sind Menschen, die Steuer zahlen, die Sozialversicherung bezahlen, Menschen, die sich darauf verlassen können müssen, dass die Regierung – und den Ministerratsvortrag und all die Begründungen kennen Sie ja –, dass also eine Regierung all diese Aspekte berücksichtigt. Nicht wegen Ihnen persönlich, sondern Sie als Vertreter, Sie als bei öffentlichen Wahlen und anschließenden Koalitionsverhandlungen gewählte Verantwortliche, die auch diese Verantwortung im Interesse der Steuerzahler wahrnehmen. Das Auseinanderdividieren davon, was man persönlich will, und Steuerzahler ist gerade in diesem Fall nicht möglich.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Bundeskanzler, beginnen wir mit dem ersten Block, den vorgeblichen Gründen für die Übernahme der Hypo durch Österreich.

Sie haben es jetzt schon mehrfach als Dominoeffekte bezeichnet, das heißt, wenn man den Bayern die Hypo nicht abkauft, dann würden die Dominosteine fallen – nämlich zuerst von der Hypo Alpe-Adria zu den anderen Hypos, dann zu den anderen Banken, dann zur Wirtschaft Österreichs, zur Wirtschaft Europas, ja, es wäre geradezu die Weltwirtschaft betroffen; Sie haben das Wort Lehman in den Mund genommen.

Das alles ist mir ein bisschen zu allgemein. Schauen wir es uns konkret an – wir haben es hier im Untersuchungsausschuss auch schon konkret untersucht –, nämlich konkret den ersten Dominostein, und das wäre der Dominostein Hypo Alpe-Adria zu den anderen Hypos gewesen.

Wir hatten gestern Herrn Dr. Harold hier, er kommt von der Hypo Niederösterreich und ist Chef des Hypoverbands. Da sind wir die Zahlen konkret durchgegangen. Einlagensicherung für die Hypo Niederösterreich: 25 bis 30 Millionen, Pfandbriefstelle: 150 Millionen. Dasselbe – oder so etwas Ähnliches – hat auch Herr Rothensteiner von Raiffeisen schon gesagt, den wir auch hier im Untersuchungsausschuss hatten. Auch er hat gesagt: Na ja, es wäre unangenehm gewesen, aber stemmbar.

Daher meine erste Frage jetzt: Warum wollten Sie einen Finanzplatz retten, der offenbar weder gerettet werden musste noch gerettet werden wollte?

Werner Faymann: Erstens wissen Sie, dass uns das Risiko durch die Haftung Kärntens in diesen Verhandlungen nicht genützt hat, sondern in eine besondere Schieflage gebracht hat. Dieselben Verhandlungen mit Bayern ohne das Risiko dieser Haftung hätten mit anderen Argumenten anders ausgesehen, nämlich um 19 Milliarden weniger. Ich finde, 19 Milliarden sind einmal ein starkes Argument.

Darüber hinaus ist, wenn jemand sagt, etwas ist stemmbar, ja nicht gesagt, dass das nicht Auswirkungen hat. Ich habe Ihnen ja die CDS-Entwicklung gezeigt. Es hat ganz Europa in der politischen, in der wirtschaftspolitischen Berichterstattung Österreich am Radar gehabt betreffend die Frage: Wie wird es mit der Bankenkrise fertig? Wie wird es die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise meistern?

Diese Effekte zusammenzufassen mit: Na ja, da gibt es ja praktisch keine Auswirkungen, das hätten wir schon alles irgendwie bewerkstelligt!? – Irgendwie hätten wir irgendetwas immer bewerkstelligt, aber die Frage ist eben, wie. Und wenn sich die Kosten der Refinanzierung erhöhen, wenn es negative Auswirkungen auf die Reputation gibt, dann sind das langfristige Schäden. Und wer hat langfristige Schäden zu beurteilen? – Die dafür zuständigen Institutionen.

Wenn ich Ihnen immer das Finanzministerium, Ewald Nowotny, die Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht nenne: Wer sonst als die von uns eingesetzten, die von uns einbezogenen Fachleute soll denn eine Aufbereitung für eine Expertise vornehmen? – Nur mit der Klugheit im Nachhinein werden wir im Vorhinein nicht agieren können.

Daher gebe ich Ihnen recht: Könnte man das alles im Nachhinein irgendwie zurückdrehen und die Verhandlungen immer wieder mit der Weisheit der nächsten Jahre führen, das wäre im Leben noch besser. Aber mit der damaligen Haftung Kärntens, die Sie ja kennen und die Sie schon so oft so viele Stunden hier diskutiert haben, die ja nicht wegzuwischen ist, zu sagen, dass wir hier praktisch eine leichte Situation gehabt haben und das alles wäre stemmbar gewesen?! – Ich kann nicht glauben, dass Sie das vermuten.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, aber dazu kommen wir gleich. Das wäre meine zweite Frage gewesen – die der Landeshaftungen –, aber ich möchte noch beim ersten vorgeblichen Grund bleiben, nämlich beim Finanzplatz.

All diese Gründe, die Sie jetzt angeführt haben, Herr Bundeskanzler, das mag alles sein. Das ist aber nur dann der Fall, wenn tatsächlich die Dominosteine fallen, und entscheidend dafür ist, ob der erste Dominostein fällt, das heißt, ob durch die Insolvenz oder Geschäftsaufsicht der Hypo schon einmal die anderen Hypothekenbanken fallen.

Ich beschäftige mich halt weniger mit allgemeinen Aussagen, sondern mit konkreten Zahlen, und die konkreten Zahlen, die uns von den Banken vorgelegt worden sind, die konkreten Zahlen, die uns auch von der Nationalbank vorgelegt worden sind, besagen, hier wären keine Dominosteine gefallen. 25 Millionen hier, 150 Millionen da oder sogar die 80-Millionen-Kapitalerhöhung – Worst Case bei den Hypothekenbanken, die Kapitalerhöhung –, das ist nichts ... (Abg. Krainer: ... Case! Nicht Worst Case, sondern ...!) – Worst Case deswegen, weil die Hypothekenbanken gesagt haben, das wäre gar nicht notwendig gewesen; Worst Case deswegen, weil das die Angaben der Nationalbank sind, was die Hypothekenbanken anders sehen.

Also das sind alles keine Zahlen, die die anderen Banken in Österreich in Schwierigkeiten bringen, das ist schon gar nichts, was die österreichische Wirtschaft in den Abgrund stürzt, und das ist schon gar nichts, was die Weltwirtschaft in den Abgrund stürzt. Haben Sie andere Zahlen, die das widerlegen?

Werner Faymann: Herr Abgeordneter, ich darf ja nicht Sie befragen, sondern Sie befragen mich, aber die Entwicklung der CDS, die internationalen Aussagen, die ich Ihnen von zwei Nobelpreisträgern vorgelesen habe – nicht von einem Kommentator, der irgendetwas behauptet –, die internationale Diskussion, dass Österreich zu diesem Zeitpunkt am Radar war, ob es diese Aufgaben bewältigen wird und wie, ob Österreich es schafft, diese Aufgaben zu bewältigen, hat doch schon aufgrund der Fakten bewiesen, dass dies eine Situation war, wo Österreich auf die internationale, auf die europäische Reputation – Südosteuropa, einer jener Bereiche, wo wir durch unsere Exporte, durch unsere wirtschaftlichen Verflechtungen auch auf die Reputation angewiesen sind –, hat doch schon bewiesen, dass Dominoeffekte einzukalkulieren sind.

Nun haben Dominoeffekte immer den Nachteil – oder den Vorteil, wie Sie es sehen wollen –, dass man ja nicht genau weiß, was im anderen Fall passiert wäre. Könnte man dieselbe Situation im Leben zweimal durchspielen, dann wäre das ja privat und beruflich interessant, aber das ist eben nicht möglich. Und daher jetzt im Nachhinein zu sagen, Dominosteine wären nicht gefallen oder halb gefallen und hätten Österreich in eine verheerende Situation gebracht angesichts des Radarbildes damals, das halte ich auch aus heutiger Sicht nicht für verantwortlich.

Daher bitte ich Sie, doch zu berücksichtigen, dass ein österreichischer Bundeskanzler zwar nicht der oberste Experte der Nationalbank ist, auch nicht der oberste Verhandler in so einer Situation, aber natürlich auf diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für sein Land zu achten hat.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Natürlich, die Reputation ist wichtig, ich bezweifle allerdings, dass die Reputation Österreichs durch die Übernahme und durch die ganzen Hypo-Sondergesetze gewonnen hat, die wir seitdem in der Folge erleben – ich sehe da keinen Reputationsgewinn. Im Übrigen sind die Zahlen auch kein Rückblick, sondern das sind die Zahlen von damals, also jene, die damals vorgelegen sind.

Aber gehen wir weiter zum zweiten Punkt – Sie wollen das ja ohnehin diskutieren –, zum zweiten vorgeblichen Grund, warum die Hypo den Bayern abgekauft werden musste: die Landeshaftungen. Was ist Ihnen damals geschildert worden, was, wenn die Hypo nicht übernommen wird, abgekauft wird am Montag, dem 14. Dezember 2009, passieren wird? – Nämlich konkret zu den Landeshaftungen.

Werner Faymann: Es ist damals sehr konkret, so wie das Gouverneur Nowotny hier auch ausgeführt hat, klargelegt worden, dass die Risiken Österreichs deutlich über 20 Milliarden € liegen und dass der allergrößte Teil davon, diese rund 19 Milliarden, aus Landeshaftungen Kärntens abzuleiten sind – das heißt, unser wesentliches Risiko bei den über 20 Milliarden ist der Anteil der Landeshaftungen Kärntens –, dass die Expertisen übereinstimmend gesagt haben, diese Landeshaftung ist real – Ewald Nowotny hat das hier ja klar ausgeführt, wie er das gesehen hat – und ist nicht irgendeine wegzuredende Fiktion, die man den Bayern in Verhandlungen quasi ausreden könnte, sondern ist eine reale Haftung, die auch eintreten würde, und von diesem Risiko ist auszugehen.

Nun hat man die andere Frage zu stellen: Was passiert im Fall eines Konkurses einer Bank generell? – Da kann man nur darauf verweisen, dass neben den Fragen der Reputation, über die wir ja diskutiert haben, natürlich hier sehr wohl Wirtschaft und Sparer betroffen sind, auch wenn es so etwas wie eine Haftung des Staates gibt – Sie kennen das ja, die abgestufte Haftung, wie sie zustande kommt für Sparbücher –, aber etwa für Wirtschaftsbetriebe bedeutet das einen Unsicherheitsfaktor, wo es aus meiner Sicht nicht erstrebenswert ist, auszuprobieren, was bei einem Bank Run ist. – Also die Realsituation einmal auszuprobieren, das hat niemand empfohlen. Im Gegenteil!

Tatsächlich hat in dieser Nacht auch eine Rolle gespielt, dass diese hohen Haftungen Kärntens und mögliche fallende Dominosteine auf allen Ebenen bis hin zur Reputation, dass die uns in die Situation gebracht haben, der Verstaatlichung zuzustimmen. – Gewollt hat es ja niemand: Es hat ja keiner gesagt, das ist die beste Lösung!, sondern es ist in dieser Situation eine Lösung gewesen, um größeren Schaden vom Land abzuwehren.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Bleiben wir bei den Landeshaftungen: Ist Kärnten durch die Übernahme der Hypo die Landeshaftungen losgeworden?

Werner Faymann: Es ist durch die Abwendung eines Konkurses die Situation bis heute in der Mitgestaltung so gut, dass Österreich gestalten kann, Kärnten dabei zu unterstützen, mit dieser politischen Fehlentscheidung dieser Landeshaftungen einigermaßen fertigzuwerden. Wir sind noch nicht am Ende dieses Tunnels, wir können noch nicht zusammenrechnen, wir können noch nicht sagen, die Sache ist abgeschlossen – sie ist auch in diesen Stunden heute noch immer ein Thema. Das beweist ja, dass das real ist! Und wenn sich damals – nicht Sie, aber wenn damals – Realitätsverweigerer öffentlich gemeldet und gesagt haben, die Haftung gibt es gar nicht, wurde das doch durch die realen Vorgänge seither schon oft Lügen gestraft.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie sagen es ja: Das Thema beschäftigt uns erst in diesen Tagen wieder, und das ist der Beweis dafür, dass Kärnten die Landeshaftungen eben nicht losgeworden ist. Das heißt, die Übernahme der Hypo hat an der Existenz der Landeshaftungen für Kärnten genau gar nichts geändert.

Das heißt, die entscheidende Frage, die damals zu beantworten war, war nicht: Kriegt man die Landeshaftungen los?, sondern: Werden die Landeshaftungen ausgelöst und wann werden sie ausgelöst? – Was hat man Ihnen dazu gesagt, wann die Landeshaftungen ausgelöst werden?

Werner Faymann: So, wie Gouverneur Nowotny auch hier ausgesagt hat: dass es eine unmittelbare Wirkung der Landeshaftungen gibt – so wie er das hier ausgeführt hat. Hier war auch, wie ich seinen Aussagen aus dem Liveticker entnommen habe, zwischen dem, was er Ihnen gesagt hat und uns damals gesagt hat, kein Unterschied.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, aber das ist eine juristische Frage, und der Herr Nowotny ist meines Wissens kein Jurist, sondern Ökonom. (Auskunftsperson Faymann: Die Oesterreichische Nationalbank ...!) – Diese Frage, wann die Landeshaftungen – nämlich juristisch – ausgelöst werden, werden Sie doch den Herrn Nowotny nicht gefragt haben, das muss doch ein Rechtsexperte beantwortet haben. Wer war denn das?

Werner Faymann: Das Finanzministerium und auch die Oesterreichische Nationalbank verfügen über eine rechtliche Expertise, auch die Finanzmarktaufsicht, und sie haben gemeinsam in all diesen Besprechungen klargelegt, dass diese Landeshaftungen erstens sehr wohl existieren gegenüber jenen, die das so aus der Diskussion bringen wollten, als hätte man die Bank verkauft, aber nicht die Landeshaftungen. Sie erinnern sich, dass hier einige monatelang versucht haben, uns zu erklären: Da ist zwar die Bank verkauft worden, aber die Landeshaftungen, die gibt es quasi nicht mehr, die seien damals verschwunden. Damals haben all diese Stellen mit all ihrer Expertise – auch juristischen Expertise – gesagt: Nein, die Landeshaftungen sind nicht irreal, sondern real, und die Landeshaftungen werden auch schlagend.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Am Montag, dem 14. Dezember, das heißt, unmittelbar danach? War das Ihr Kenntnisstand?

Werner Faymann: Mein Kenntnisstand war, dass das Risiko besteht, dass diese Landeshaftungen natürlich real sind und schlagend werden.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie kommen jetzt in die Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): War Ihnen bekannt, dass am Montag, dem 14. Dezember, also unmittelbar danach, nicht die Insolvenz eintritt, sondern zuerst die Geschäftsaufsicht?

Werner Faymann: Das ist der Ablauf, der damals in den Besprechungen ebenfalls klargelegt wurde, nur, der hebt ja die Konsequenzen für das Land Kärnten und für die Haftung nicht auf, sondern eine Geschäftsaufsicht ist ja nur ein Ablauf.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Es ist dies ein wesentlicher Ablauf, nämlich festzustellen, dass es nicht unmittelbar zur Insolvenz kommt, sondern zuerst zur Geschäftsaufsicht. Und ein entscheidender Unterschied ist: Die Geschäftsaufsicht ist eben keine Insolvenz, und daher werden die Landeshaftungen nicht unmittelbar ausgelöst, wie wir erst letzte Woche hier im Untersuchungsausschuss durch ein Rechtsgutachten belegt haben.

War Ihnen das bekannt, dass die Landeshaftungen nicht unmittelbar ausgelöst werden?

Werner Faymann: Dass sie unmittelbar bestehen: Ja. Wann, an welchem Tag sie ganz genau zu leisten sind, ist klar gewesen. Zuerst ist eine Geschäftsaufsicht, aber diese führt zu einer Auslösung von Haftungen.

Man muss doch, wenn man etwas berücksichtigt, überlegen, wozu es führt! Wenn eine Geschäftsaufsicht das nicht abwenden und Landeshaftungen nicht ungeschehen machen kann, sondern das letztlich dazu führt, dann ist zwar das Datum genau auf Tag und Uhrzeit nicht bekannt, aber es reicht doch, wenn man weiß, dass diese Haftungen bestehen und das dazu führt, dass sie schlagend werden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, Herr Bundeskanzler. Sie hätten Zeit gehabt, zu schauen, ob die Bank gerettet werden kann, denn genau dazu ist eine … (Abg. Krainer: Die Geschäftsaufsicht …! Entschuldigung! – Abg. Krainer schaltet sein Mikrofon ein, wodurch er das Mikrofon des Fragestellers ausschaltet.)

Frau Präsidentin! Zur Geschäftsordnung!

Vorsitzende Doris Bures: Mir liegen Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung vor.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Könnten Sie bitte Kollegen Krainer darauf aufmerksam machen, dass er Abgeordneter dieses Hauses ist und dass er hier auch Verantwortung trägt und die Würde dieses Hauses zu wahren hat! Seine ständigen, wiederholten Versuche, anderen Abgeordneten das Mikro abzudrehen, indem er bei seinem Mikrofon auf die Taste drückt, sind einfach unwürdig. Herr Abgeordneter Krainer, das ist dieses Hauses unwürdig! Sie sollten sich schämen!

Vorsitzende Doris Bures: Wir haben jetzt also eine Geschäftsordnungsdebatte. Ich wollte Sie nur zuerst ausreden lassen und dann in die Geschäftsordnungsdebatte eingehen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, das war jetzt schon zur Geschäftsordnung.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Hable! Sie können sich bei mir immer darauf verlassen, dass die Parlamentsdirektion die Zeitmessung genauso vornimmt, wie das in der Verfahrensordnung vorgesehen ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Danke schön.

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung

Vorsitzende Doris Bures: Ich habe jetzt drei Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung. Ich gehe vor wie immer. Wenn sie kurz sind, dann werden wir das jetzt durchführen, ansonsten würde ich darum ersuchen, dass wir eine Sitzungsunterbrechung vornehmen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es sich hiebei um einen falschen Vorhalt handelt. Wir wissen aus allen Sitzungen, dass die Information seitens der Finanzprokuratur, die den Entscheidungsträgern auf Bundesregierungsebene vorgelegen ist – das liegt uns ja auch schriftlich vor –, dahin ging, dass die Haftungen auch bei der Geschäftsaufsicht gemäß § 81b BWG schlagend werden. Das ist gestern und bei vielen Sitzungen immer wieder erläutert worden.

Das Rechtsgutachten, auf das Sie sich hier beziehen, war niemandem in der Bundesregierung bekannt und ist meiner Meinung nach auch falsch. Aber jedenfalls ist das ein falscher Vorhalt. Es ist ein … (Abg. Hable: Das ist jetzt eine Geschäftsordnungsdebatte!) Das ist ein falscher Vorhalt, den Sie hier wider besseres Wissen bringen. Sie haben das gestern getan und tun das die ganze Zeit, dass Sie hier ganz falsch vorhalten, obwohl Ihnen bekannt ist, dass die Informationsgrundlage eine andere war.

Im Übrigen: Zum Mikroausschalten habe ich mich sofort entschuldigt, als das passiert ist, weil das natürlich unabsichtlich …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (sein Mikrofon einschaltend): Entschuldige, Kollege Krainer!

Vorsitzende Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe jetzt noch eine Wortmeldung von Herrn Klubobmann Ing. Lugar, und ich habe eine Wortmeldung von Herrn Dr. Pilgermair, der kurz etwas sagen möchte.

Ich hoffe, Herr Abgeordneter Dr. Hable, dass Sie die Entschuldigung auch annehmen, und ersuche wirklich, darauf zu achten, dass die Mikrofonzuteilung seitens des Vorsitzes erfolgt und nicht seitens der Abgeordneten. Das ist auch ein Appell an Herrn Abgeordneten Mag. Kogler.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich würde gerne die Meinung des Verfahrensrichters hören, ob es in Ordnung ist, dass einzelne Abgeordnete, speziell Herr Krainer, immer wieder das Wort ergreifen und dadurch auch den Redefluss unterbrechen und dann irgendwelche Statements abgeben, die sicherlich nichts mit der Geschäftsbehandlung zu tun haben. Das sollten wir in Zukunft abstellen, denn das ist ein Missbrauch der Geschäftsordnung und das können wir sicherlich nicht tolerieren. – Vielen Dank.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, dem ist zuzustimmen. Das ist ein Missbrauch der Geschäftsordnung, und zwar ein wiederholter Missbrauch der Geschäftsordnung.

Ich bitte Sie, Frau Präsidentin, und auch Sie, Herr Verfahrensrichter Dr. Pilgermair, endlich hier einzuschreiten, und zwar rechtzeitig und nicht immer erst dann, wenn schon alles vorbei ist.

Zweitens: Wenn wir diese Geschäftsordnungsdebatte offensichtlich auch inhaltlich benutzen können, dann sage ich zumindest Folgendes (Zwischenrufe des Abg. Lugar): Das war ein falscher Vorhalt des Kollegen Krainer, denn in diesem § 81b Bankwesengesetz steht nämlich genau das nicht drinnen. Aber wir werden uns damit im U-Ausschuss in Zukunft noch beschäftigen.

Vorsitzende Doris Bures: Ich habe schon vor den Wortmeldungen von drei Rednern gesagt, dass Herr Dr. Pilgermair gesagt hat, dass er kurz Stellung nehmen wird. Daher waren all diese Appelle nicht mehr wirklich erforderlich.

Ich bitte jetzt Sie, Herr Dr. Pilgermair, um Ihre Stellungnahme, und dann gehen wir in der Befragung weiter.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das ist wiederum eine rechtliche Diskussion. Wir hatten das an sich schon gestern. Bei solchen Diskussionen gibt es unterschiedliche Standpunkte, und wenn man einer Auskunftsperson einen Standpunkt vorhält, ihr die anderen Standpunkte aber nicht mitteilt, dann ist das schon eine Beeinflussung, die eine Vervollständigung erfordern würde. Und das hat meiner Meinung Abgeordneter Krainer gemacht, wobei ich diesbezüglich den Zwischenruf teile, dass das hier nicht zulässig ist, aber im Ergebnis ist es richtig.

Ich ersuche darum, wenn Sie einer Auskunftsperson, die ja keine Rechtsfragen zu beantworten hat, die das aber tun kann, wenn sie es freiwillig tut, denn dann ist es ihr unbenommen, dann macht es Sinn … (Abg. Hable: Das war keine Rechtsfrage!) – Sie haben ja eine Rechtsfrage diskutiert. Das brauche ich jetzt wohl nicht zu wiederholen, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, ich habe nach seinem Kenntnisstand gefragt! Ich habe keine Rechtsfrage gestellt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das brauche ich jetzt wohl nicht zu wiederholen. (Abg. Hable: Das ist falsch!)

Das war eine Rechtsfrage. (Abg. Hable: Das war eine Frage nach dem Kenntnisstand!) – Es wird nicht besser, wenn Sie mich unterbrechen und opponieren! Es wird nicht besser! (Abg. Hable: Es ist schlichtweg falsch!)

Ich beurteile das als eine Rechtsdiskussion, auf die sich eine Auskunftsperson nicht einzulassen hat und bei welcher es fair und notwendig ist, dass man die anderen Möglichkeiten auch aufzeigt und nicht so tut, als ob die eigene Meinung die absolut richtige und einzige wäre, die es dazu gäbe.

Das ist der Punkt. So sind Sie vorgegangen, und das bedarf der Vervollständigung.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist doch absurd!

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Herr Abgeordneter! Ich bitte Sie, das als die Äußerung des Verfahrensrichters zur Kenntnis zu nehmen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, ich habe das zur Kenntnis genommen, aber als falsch.

Vorsitzende Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es noch Wortmeldungen gibt, dann würde ich ersuchen, dass wir eine Fraktionsführerbesprechung bei mir machen.

Gibt es noch Wortmeldungen, oder können wir in der Befragung fortfahren? – Es gibt noch Wortmeldungen. Daher ersuche ich die Fraktionsführer, zu mir zu kommen, und unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 10.28 Uhr unterbrochen und um 10.38 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich bedanke mich bei den Fraktionsführern für diese kurze Besprechung und halte fest, dass die Ausführungen des Verfahrensrichters auch so zur Kenntnis genommen werden.

Damit gehen wir in der Befragung weiter.

Am Wort ist Herr Abgeordneter Dr. Hable. Sie haben für diese Runde noch knapp über 2 Minuten Fragezeit, dann muss ich Sie auf die dritte Fragerunde verweisen. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): 2 Minuten sind leider viel zu wenig. Aber ich versuche, mich kurz zu halten.

Herr Bundeskanzler! Um diesen Themenkomplex abzuschließen: War Ihnen irgendein Rechtsgutachten bekannt, das sich zur Frage der schlagend werdenden Kärntner Landeshaftung im Fall der Geschäftsaufsicht geäußert hat? In concreto: War Ihnen das dem Untersuchungsausschuss vorliegende Gutachten der Kärntner Landesholding zu dieser Frage bekannt?

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Legen Sie bitte dieses Dokument vor, weil dann wahrscheinlich die Beurteilung leichter wäre. Wie lautet, für das Protokoll, die Dokumentennummer?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dieses wurde vom Kollegen Obernosterer letzte Woche schon vorgelegt, das hatten wir schon.

Werner Faymann: Also dieses Rechtsgutachten im Konkreten war mir nicht bekannt, mir war aber bekannt, dass die rechtliche Stellungnahme vom Finanzministerium, aller anderen Institutionen sagt, es führt zu einer Haftung. Und wie gesagt, Ort und Uhrzeit, genaues Datum hat das nicht beinhaltet, aber es reicht, wenn man weiß, dass eine Landeshaftung dazu führt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut, Herr Bundeskanzler, gehen wir weiter zu den Alternativen zur Hypo-Übernahme! Sie haben gesagt, die Eigentümer wären hauptsächlich verantwortlich gewesen; das teile ich. Sie haben auch gesagt, die Aufgabe der Bayern wäre gewesen, etwas vorzulegen.

Ist Ihnen bekannt, dass die Bayern genau das gemacht hatten? Ist Ihnen bekannt, was wir hier im Untersuchungsausschuss schon erfahren haben, dass die Bayern bis tief in den November 2009 hinein das Angebot gelegt haben, an einer Kapitalerhöhung mitzuwirken, sofern die anderen Altaktionäre mitgehen?

Werner Faymann: Ich kenne die allgemeine Diskussion darüber, dass auch medienöffentlich immer wieder gesagt wurde, es müssen auch die Alteigentümer einbezogen werden, aber es war unsere Haltung – und die teile ich bis heute –, die Bayern aufmerksam zu machen, dass es ihre Aufgabe ist, etwas vorzulegen. Der Nationalbank-Gouverneur hat das mit Burden Sharing zusammengefasst. In dieser Nacht ist es aber leider nicht vertieft worden, diese Diskussion des Burden Sharing, die Frage „Bayern behält die Bank“ und etwaige Beiträge Österreichs nicht diskutiert worden, zumindest nicht erfolgreich diskutiert worden, sondern es ist zu der Entwicklung gekommen, die Sie kennen, die letztendlich zur Verstaatlichung geführt hat.

Und ich kann noch einmal betonen, ich habe niemanden von Österreich in dieser Zeit kennengelernt, der sich diese Verstaatlichung auch nur im Geringsten gewünscht hätte oder diese als ideale Lösung bezeichnet hätte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nun, das war nicht die Antwort auf meine Frage. Meine Frage war: Die Bayern haben etwas vorgelegt, die Bayern haben gesagt, sie gehen bei einer Kapitalerhöhung mit, sie gehen bis zu einer Milliarde. Gescheitert ist es an der Weigerung vom Land Kärnten und der Grazer Wechselseitigen. Sind Ihnen diese Umstände bekannt?

Werner Faymann: Nur, soweit das auch aus den Medien berichtet wurde, dass es immer wieder mediale Vorstöße gegeben hat von Bayern, aber, wie gesagt, konkret war es unsere Haltung zu sagen, das muss verhandelt werden. Das war die Aufgabe des Finanzministeriums. Die haben das auch aus meiner Sicht getan. Und als es dann in dieser Nacht zu der Diskussion gekommen ist, hat sich das erst zugespitzt an diesem Wochenende.

Dass es da einzelne Ankündigungen, Vorschläge, Meinungen, Meinungsäußerungen gegeben hat, an Alteigentümer, das habe ich, so wie Sie, auch medial beobachten können. Aber beim Verhandlungsstand selbst hat aus meiner Sicht … Zu diesem Zeitpunkt waren das Verhandlungen und Probleme, die auf den Tisch gelegt wurden, aber keinesfalls eine Verhandlung über eine Verstaatlichung.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, darüber will ich ja noch nicht reden, sondern über die Alternative, und die Alternative wäre gewesen: Kapitalerhöhung. Das hätte uns, zumindest auf absehbare Zeit, all diese Probleme erspart, die wir, die österreichischen Steuerzahler, letztlich durch die Übernahme bekommen haben.

Ist Ihnen erklärlich, warum Ihnen dieses Angebot der Bayern nicht zur Kenntnis gebracht worden ist?

Werner Faymann: Ich war nicht in die konkreten Verhandlungen mit Bayern so im Detail einbezogen, dass es notwendig ist, mich auf jede Einzelheit aufmerksam zu machen. Ich wurde informiert darüber, laufend, in diesen November- und vor allem dann Dezembertagen, dass es sich um ein Problem handelt, das sich zuspitzt, und wurde dann in dieser Nacht ausführlich darüber informiert, dass Bayern an diesem Burden Sharing nicht interessiert ist.

Dass es da verschiedenste Meinungsäußerungen, Vorschläge, Mutmaßungen gegeben hat, was wäre gewesen, wenn die Eigentümer etwas gemacht hätten, Diskussionen zwischen den Eigentümern und den Alteigentümern, das habe ich medial durchaus immer wieder wahrgenommen, aber im Konkreten war es meine Aufgabe zu sagen, das ist ein Problem der Bayerischen Bank, und nicht meine Aufgabe, jetzt mit irgendwelchen Alteigentümern zu reden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, es ist ein Problem aller Aktionäre, nicht nur von Bayern, sondern auch von Land Kärnten und Grazer Wechselseitiger. Deswegen ist das ja die entscheidende Frage, warum sich die beiden anderen Aktionäre, nämlich GRAWE und Land Kärnten, geweigert haben.

Ist Ihnen bekannt, warum sich niemand, zumindest laut unserem Kenntnisstand niemand, mit der Grazer Wechselseitigen beschäftigt hat, warum sich niemand bemüht hat, die GRAWE zu bewegen, dem Angebot der Bayern zuzustimmen?

Werner Faymann: Meine Bitte ist, dass Sie das die fragen, von denen Sie glauben, die hätten das damals einzubeziehen gehabt. Ich habe eine klare Haltung zu diesem Zeitpunkt eingenommen, nämlich: es soll die Bank etwas vorlegen, und war in diese Details natürlich nicht involviert. Ich bin überzeugt davon, dass die Haltung von uns, dass die Bank verantwortlich ist und hier nicht die Republik Österreich Verstaatlichungsdiskussionen führen soll ... So etwas ist zu dem Zeitpunkt gar nicht auf dem Tisch gestanden.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch, dann verweise ich Sie auf die nächste Runde. Aber wirklich eine kurze Frage.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, ich werde mich bemühen.

Herr Bundeskanzler, das sind die Details, die allerdings den entscheidenden Unterschied machen, ob die Milliardenlasten beim Steuerzahler gelandet sind oder nicht.

Meine letzte Frage und auch eine für mich sehr entscheidende Frage: Wenn man denn nun die Alternativen nicht wahrgenommen hat und wirklich überzeugt war, die Hypo zu übernehmen, warum hat man denn dann dieses völlig unkalkulierbare Risiko, nämlich dieses Risiko, das in der Hypo offenbar noch drinsteckt und das keiner bewerten kann, das keiner begrenzen kann, warum hat man dieses völlig unkalkulierbare Risiko nicht durch Gewährleistungen des Verkäufers, der Bayern, begrenzt? Warum hat die österreichische Seite auf die Gewährleistungen verzichtet?

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, das war jetzt keine kurze Frage. (Abg. Kogler: Aber eine wichtige!)

Werner Faymann: Eine wichtige Frage. – Ich gehe davon aus, dass die Verhandler diese Aspekte, die Sie verlangen, berücksichtigt haben und dass es bei den Verhandlungen nicht möglich war, ein besseres Ergebnis zu erreichen. Natürlich wäre überhaupt optimal gewesen, schon damals beim Verkauf die Bayern davon zu überzeugen, dass sie auf die Landeshaftung verzichten.

Es wäre auch bei diesen Verhandlungen an diesem Wochenende erfreulich gewesen, wenn sie noch viel mehr zugestimmt hätten. Das ist ja alles denkbar. Aber es müssen doch die, die verhandeln, einschätzen, was sie zustande bringen, und die, die verhandeln, haben das so eingeschätzt. Und ich bin überzeugt davon, die haben eine hohe Expertise, die sind von der Republik dafür zuständig, die hatten und haben mein Vertrauen. Da im Nachhinein zu sagen, man hätte sich das eine oder das andere gewünscht … Es ist natürlich Ihr Recht, das jeden Einzelnen, der hier verhandelt hat, zu fragen, aber ich bin überzeugt davon, dass die genau begründen können, dass viele ihrer Vorstellungen nicht durchsetzbar waren. (Abg. Kogler: Eben nicht! Eben nicht!)

Es ist ein Unterschied zwischen sich Gewährleistung wünschen und Gewährleistung durchsetzen, und das gilt sicher auch für viele andere Punkte.

Vorsitzende Doris Bures: Als nächster Fragesteller zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte. (Abg. Kogler: Auf eine Gewährleistung muss man verzichten!)

Werner Faymann: Ja, aber da muss doch der Partner, Herr Kollege Kogler, auch einverstanden sein! Man muss doch, wenn man ein Ergebnis hat, das Ergebnis von beiden Seiten zustande bringen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kogler.)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Kollege Kogler! Wir haben uns gerade vorhin auch darüber unterhalten, wie wir miteinander im Ausschuss bei den Fragestellungen umgehen. Ich weiß, Ihre Ungeduld zeichnet Sie ja auch aus, und Sie sind vorgemerkt in der Rednerliste, aber jetzt ist Herr Abgeordneter Krainer am Wort.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Danke, Frau Vorsitzende! Bei Zwischenrufen tue ich mich so schwer, mich aufzuregen.

Herr Bundeskanzler, ich will Ihnen die Briefing-Unterlage der OeNB, Akt 24145, vorlegen, sie hat 52 Seiten. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Gouverneur Nowotny hat hier ausgesagt, dass er Ihnen nicht dieses idente Exemplar, sondern ein verbessertes Exemplar mit leichten Zahlenänderungen gegeben hätte, in den Tagen vor der Notverstaatlichung. Erinnern Sie sich an diese Unterlage?

Werner Faymann: Ich erinnere mich an die Ausführungen. Ich erinnere mich auch daran, dass es eine Auflistung gab, die Sie ja kennen, in seinen Ausführungen über die Risken, die bestehen, einerseits von Österreich, andererseits von Bayern. Ich weiß auch von einer Besprechung, die am Tag davor mit Dr. Ostermayer und dem Nationalbank-Gouverneur stattgefunden hat. Es wurden natürlich laufend Unterlagen bei diesen Besprechungen mit Sektionschef Dossi, mit Staatssekretär Ostermayer vorgelegt.

Ich erinnere mich genau an die Zusammenfassung sozusagen des Kerns dieser Unterlagen, und das war genau die Auflistung, mit welchen Risken wer in die Verhandlungen geht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, das ist dieses Strategiepapier, wo ausführlich die verschiedenen Szenarien, Insolvenz, Burden Sharing, Verstaatlichung, vertragliche Übernahme et cetera, quasi dargestellt werden?

Werner Faymann: Genau. Diese Darstellung ist auch mündlich noch viel ausführlicher erfolgt und hat einen wichtigen Bestandteil der Diskussion eingenommen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich würde Ihnen gerne noch eine Unterlage vorlegen, das ist der Akt 29483, Lieferant Rechnungshof, Seite 2 von 2. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Das ist glaublich von der Finanzprokuratur erstellt. Das sind jetzt, sage ich einmal, diese 33 Seiten eingedampft auf einen Raster, wo es nur noch um Verstaatlichung, vertragliche Übernahme, Geschäftsaufsicht oder Insolvenz geht, verschiedene Szenarien. Unter „Landeshaftung“ steht hier bei der Frage „Geschäftsaufsicht“: „Haftung wohl auch bei GA“ – Geschäftsaufsicht – „schlagend § 81b BWG“. – Das ist die Information, die wir als Ausschuss haben.

Kannten Sie oder hatten Sie diese Unterlage? Das sehen wir nämlich nicht.

Werner Faymann: Ich hatte jedenfalls den Inhalt dieser Unterlage. In welcher Form oder wie weit davon mündlich und schriftlich etwas vorgelegt wurde, ich kannte jedenfalls den Inhalt, denn er war ja auch Teil des Ministerratsvortrages, weil wir dann genau diese Haftung Kärntens, die hier ja genau ausgeführt wird, auch in den Text des Ministerratsvortrages einbezogen haben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, bei der Entscheidung war die Rechtsexpertise von den zuständigen Stellen: die Haftungen werden auch bei Geschäftsaufsicht schlagend?

Werner Faymann: Jawohl.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und die Landeshaftungen werden bei Konkurseröffnung sofort schlagend?

Werner Faymann: Ja, es ist aber genauso auch eingeflossen: „im Wege der Kärntner Landesholding“ … Also der Satz heißt: „Die Insolvenz der Bank würde außerdem dazu führen, dass das Land Kärnten unmittelbar und mittelbar im Wege der Kärntner Landesholding zur Haftung als Ausfallbürge im Umfang von knapp“ € 15 Mrd. „herangezogen werden kann. (…) Kärnten haftet auch für eine  nachrangige Anleiheemission der Bank ...“ – Und so weiter.

Es war also klar, dass es sich um ein Schlagendwerden dieser Haftung handelt, einen Tag früher, einen Tag später, etwas früher, etwas später, dass aber jedenfalls diese Haftung schlagend wird und nicht wegzudiskutieren ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Kenntnisstände, hat es geheißen, dürfen wir abfragen. Es hat vorher der Kollege Hable gemeint, dass der Herr Nowotny kein Jurist wäre.

Ist Ihnen bekannt, dass Ewald Nowotny 1967 das Doktorat der Rechtswissenschaften an der Universität Wien erworben hat?

Werner Faymann: Das ist mir nicht bekannt. (Zwischenruf des Abg. Hable.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Er ist halt schon älter.

Werner Faymann: Aber ich bin überzeugt davon, dass erstens Ewald Nowotny nicht nur ein hervorragender Ökonom ist, sondern auch darüber hinaus alles juristische Wissen sowohl von seiner Ausbildung als auch von seinen Mitarbeitern zur Verfügung hat. Ich würde daher nie im Raum stehen lassen, dass ein Gouverneur der Nationalbank ausschließlich mit seiner eigenen Expertise arbeitet, sondern er ist der Chef eines Hauses, das über so viel Expertise verfügt, dass ich nur sagen kann, jeder Kanzler wäre schlecht beraten, auf die Expertise des Finanzministeriums, der Finanzmarktaufsicht oder der Nationalbank zu verzichten. (Abg. Kogler: Das sind alle die, die ein Jahr lang gesagt haben, die Hypo ist nicht distressed!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter Kogler, Sie sind vorgemerkt, Sie können dann all diese Fragen stellen. – Bitte, Herr Abgeordneter Krainer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich wollte noch einmal auf die wirtschaftliche Situation damals zurückkommen. Sie haben hier gesagt, dass Österreich von den Spreads und von den CDS her im Laufe des Jahres 2009 auf der Höhe von Griechenland war. In welcher Phase war das?

Werner Faymann: In der Entwicklung genau der Diskussion seit der Finanzmarktkrise ist international immer wieder aufgeschlagen, dass wir ein starkes Exposure unserer Banken in Südosteuropa haben, dass wir auch wirtschaftlich sehr eng verflochten sind, worauf wir ja übrigens immer sehr stolz waren, dass Österreich eine wichtige Rolle in Südosteuropa spielt. Und in diesem Zusammenhang sind Risken und Bewertungen erfolgt, die sehr besorgniserregend waren, und es hat alle Kraft benötigt, vom Finanzminister, der gesamten Regierung, auch mir, hier klarzumachen, dass es einen ganz wesentlichen Unterschied zu anderen Ländern gibt und dass wir sehr wohl in der Lage sind, die Risken, die wir haben, selbst zu bewältigen.

Deshalb hatte ich als einer, der, wie Sie wissen, anfänglich überhaupt nicht dafür war, mit der Verstaatlichung etwas zu übernehmen, von dem ich damals schon gesehen habe, es handelt sich um eine Bank, wo auch kriminelle Vorgänge nicht ausgeschlossen sind, wo es überhaupt keine Freude daran gegeben hat, so eine Bank zu übernehmen, deshalb hatte ich also die Verpflichtung, genau auch aus diesem Grund, neben den Haftungen und allen anderen heute schon angesprochenen vielen Gründen, auch aus diesem Grund alles dazu beizutragen, dass die Stabilität Österreichs genau im Lichte dieser Diskussion, die Sie angesprochen haben, nicht riskiert wird.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Finanzstaatssekretär Schieder hat gestern gesagt, dass, wenn es zur Insolvenz gekommen wäre, das Defizit Österreichs im Jahr 2009 höher gewesen wäre als jenes von Griechenland. Im Dezember 2009 ist ja der Beginn der öffentlichen Griechenlandkrise gewesen.

War das Thema oder waren diese Berechnungen und diese Überlegungen auch Gegenstand der Entscheidung?

Werner Faymann: Es war natürlich auch Gegenstand der Entscheidung, dass genau in so einer schwierigen und heiklen Situation im Interesse des Landes nichts zu tun ist, was mögliche Dominoeffekte auslöst. Eine wesentliche Erhöhung des Schuldenstandes oder eine wesentliche Erhöhung des Defizits oder eine unberechenbare Entwicklung durch Dominosteine, durch einen Konkurs, das gehört mit Sicherheit nicht zu dem, was man vertrauensbildend nennt.

Unsere Aufgabe zu diesem Zeitpunkt war, alles zu unternehmen, um vertrauensbildend aktiv zu sein. Und nur, weil wir heute wieder so gut dastehen und uns niemand mit Griechenland vergleicht und niemand mit – Irland hat sich ja erholt, aber – den damaligen Entwicklungen Irlands vergleicht, und nur, weil wir heute nicht mehr auf diesem Radar und in diesem Fokus sind, zu sagen, das hätte man auch alles ganz anders machen können, ist natürlich jedermanns Recht, aber ich bin davon überzeugt, diese vertrauensbildenden Maßnahmen damals haben den Grundstein gelegt, dass wir heute so dastehen, wie wir dastehen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. Ich mache in der nächsten Runde weiter. – Danke.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sie haben uns jetzt ausführlich erklärt, dass Sie sich auf Expertisen Ihrer Organe und Organisationen verlassen haben, speziell der Herr Nowotny in Person Ihr Berater und Ansprechpartner war und verschiedenste Varianten im Jahr 2009 vor der Verstaatlichung zur Diskussion gestanden sind, die eben Verstaatlichung, Burden Sharing, Konkurs und Geschäftsaufsicht im Großen und Ganzen beinhaltet haben. Das waren so die Varianten, die besprochen wurden.

Sie haben bei den letzten Befragungen auch gesagt, dass das Burden Sharing nicht erreichbar war in den Verhandlungen mit den Bayern, weil die Bayern von der Bank einfach nichts mehr wissen wollten. Das musste man zur Kenntnis nehmen und daher dann unter dem Damoklesschwert der Landeshaftungen angeblich die Bank verstaatlichen. Die Verstaatlichung sei alternativlos gewesen. Ist das so richtig?

Werner Faymann: Ja, ich gehe davon aus, verehrter Herr Abgeordneter, dass natürlich bei den Verhandlungen alles versucht wurde, um ein Burden Sharing zu erreichen, um die Bank nicht zu verstaatlichen, sondern im Eigentum der Bayern zu behalten. Ich gehe auch davon aus, dass niemand Gewährleistungsfragen wie Verzicht von Gewährleistung oder so gemacht hat, weil ihm gerade irgendwie nichts Besseres eingefallen ist. Ich glaube, dass dieses Verhandlungsergebnis ein Ergebnis war von einer hochqualifizierten Einrichtung, unseres Finanzministeriums, mit den genannten begleitenden Institutionen, und ich bin überzeugt, dass kein politisch Verantwortlicher, der bei diesen Verhandlungen dabei war, es sich leicht gemacht hat.

Dann im Nachhinein zuzurufen, man hätte das eine oder das andere besser machen sollen, das kenne ich aus so vielen Bereichen der Politik. Im Nachhinein ist das natürlich immer möglich, in einer Demokratie darf auch jeder nachher sagen, er wäre gescheiter gewesen, das ist so, das entspricht völlig unserem Bild von Meinungsfreiheit, aber man muss so fair sein zu sagen, das ist alles im Nachhinein gewesen, das Gescheiter-Werden.

Zum damaligen Zeitpunkt, bei den damaligen Verhandlungen, haben die Verantwortlichen – und zwar sowohl die beamteten als auch die politischen – aus meiner Sicht das Beste gemacht, und das Beste war, noch Übleres und Schlechteres für das Land abzuwenden.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Da sind wir jetzt natürlich unterschiedlicher Meinung. Ich möchte Ihnen nichts nachwerfen oder vorwerfen, sondern einfach aufgrund der Fakten, die damals vorgelegen sind und die Sie zur Verfügung hatten, sowohl gesetzlich als auch rechtlich mit Verträgen abgesichert, einen Aspekt beleuchten, der offensichtlich überhaupt nicht zur Diskussion gestanden ist, der aber sowohl gesetzlich als auch, wie ich gesagt habe, vertraglich mit der Hypo vereinbart war.

Ich nehme einmal das Finanzmarktstabilitätsgesetz, das ja als Grundlage gegolten hat, um PartKapital, also um über das Bankenhilfspaket Banken Kapital zur Verfügung zu stellen. Ich möchte Ihnen von dort eine Passage vorlesen. Im § 2 werden die Instrumente festgelegt, die der Finanzminister hat. Das heißt, der Finanzminister kann entsprechende Haftungen übernehmen, kann Darlehen geben, unter den Punkten 1 bis 3. Ab den Punkten 4 bis 5 wird es interessant, weil diese nur im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler gemacht werden können, und zwar geht es da um die Übernahme von Geschäftsanteilen, die Übernahme von Geschäftsvermögen und so weiter.

Und dann gibt es einen ganz wesentlichen Absatz 2 unter diesem § 2:

„Bei Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Kreditinstitutes oder eines Versicherungsunternehmens gegenüber ihren Gläubigern steht dem Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler, sofern mit den Instrumenten des Abs. 1 nicht das Auslangen gefunden werden kann oder diese nicht oder nicht rechtzeitig eingesetzt werden können, zur Abwendung eines schweren volkswirtschaftlichen Schadens weiters das Instrument der Übernahme von Eigentumsrechten des betroffenen Rechtsträgers zur Verfügung.“

Das heißt, das ist das sogenannte Wandlungsrecht. Dazu darf ich Ihnen jetzt ein Dokument vorlegen, Dokument Nr. 151. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das sind die vertraglichen Bedingungen mit der Hypo Alpe-Adria, unter welchen Bedingungen die Hypo Alpe-Adria im Jahr 2008 die 900 Millionen Staatshilfe erhalten hat. Unter § 9  wenn Sie die Seite 39 aufschlagen, also das Dokument beginnt bei Seite 36  ist das Wandlungsrecht beschrieben:

„(...) Wandlungsrecht der Partizipanten: Jeder Partizipant hat das Recht (das ‚Wandlungsrecht‘), gemäß den Bestimmungen dieses § 9 (...) jederzeit alle aber nicht Teile davon) in seinem Besitz befindliche Partizipationsscheine zum Wandlungspreis in Stammaktien umzutauschen. Die Ausübung dieses Wandlungsrechtes setzt voraus, dass seitens der Emittentin noch die gesellschaftsrechtlich für eine Wandlung erforderlichen Beschlüsse gefasst werden.“

Laut Aussage von Herrn Spranz von der FIMBAG letzter Woche hat er uns bestätigt, dass diese Beschlüsse vorgelegen sind und von allen Aktionären von der BayernLB, von der GRAWE, von der Kärntner Landesholding, von der Mitarbeiter Privatstiftung diese Beschlüsse vorgelegen sind.

Das heißt, Sie, der Bund, hätte jederzeit dieses Wandlungsrecht in Anspruch nehmen können und die damaligen 900 Millionen € Partizipationskapital in Aktien umwandeln können und wären sofort Aktionär in der Bank gewesen. Mehrheitsaktionär wahrscheinlich, wenn man dann den nächsten Punkt liest, in welchem genau beschrieben wird, wie die Aktien umzuwandeln sind:

„Der Wert je Aktie (der Wandlungspreis) wird in der Weise ermittelt, dass ein einvernehmlich bestellter und von der Emittentin zu bezahlender“  also von der Hypo zu bezahlender  „unabhängiger Wirtschaftsprüfer nach anerkannten Bewertungsmethoden eine Unternehmensbewertung durchführt und auf Basis dieser Bewertung (Net Asset Value) den Wert je Aktie feststellt.“

Das heißt  wenn man jetzt davon ausgeht –: Die Hypo wurde 2007 an die Bayern verkauft, die hat damals circa einen Wert von 3,4 Milliarden € gehabt. Ich gehe einmal davon aus, dass im Jahr 2009 die Bank diesen Wert nicht mehr gehabt hat, da reden wir von vielleicht 2 Milliarden, aber das ist eine Mutmaßung, das hätte damals ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer festgestellt.

Mit der Umwandlung und den 900 Millionen Partizipationskapital kann man davon ausgehen, dass hier die Republik mit einem Schlag circa 50 Prozent des Stammkapitals gehabt hätte und Aktionär gewesen wäre, ohne mit irgendjemandem reden zu müssen.

Sie hätten das einfach tun können. Sie hatten die gesetzlichen Voraussetzungen, Sie hatten die rechtlichen Voraussetzungen, Sie hatten die Zustimmung aller Aktionäre schon auf dem Tisch.

Da stellt sich für mich die große Frage: Warum wurde das nicht gemacht? Wurde das überhaupt einmal in Betracht gezogen? Gibt es dazu Überlegungen, was passiert wäre, wenn man das getan hätte? Das sind die ersten Fragen, die ich gerne beantwortet haben möchte.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Ich wollte sie nicht unterbrechen, aber Sie sind natürlich schon längst in der Redezeit der zweiten Runde. (Abg. Angerer: Danke!)

Werner Faymann: Herr Abgeordneter! Ich war in keine dieser Szenarien oder Detailszenarienbesprechungen, wie Sie sie jetzt ausgeführt haben, einbezogen. Ich kann Ihnen nur vielleicht den Ablauf erklären, damit Sie jetzt mich nicht in eine Situation bringen, dass ich statt dem Finanzministerium oder statt der Nationalbank oder statt der Finanzmarktaufsicht eine Aufgabe wahrzunehmen habe.

Es ist ganz klar geregelt, dass der Bundeskanzler erstens keine Weisungsrechte hat, zweitens in Angelegenheiten von Banken dem Bundeskanzler rechtlich gegenüber anderen Bundesministerien kein Auskunftsrecht zukommt, und meine gesamte Mitwirkung besteht  was Sie bisher schon zwanzig Mal zitiert haben  in der sogenannten Herstellung des Einvernehmens in Zusammenhang mit dem Finanzmarktstabilitätsgesetz. – So viel einmal zum Rechtlichen.

Zum Politischen: Ich bin natürlich als Bundeskanzler daran interessiert, mich über Vorgänge zu informieren und auch an der politischen Gesamtgestaltung mitzuwirken, das habe ich auch schon versucht, zum Ausdruck zu bringen.

Aber bei Detailszenarien: Welche Vor- und Nachteile haben Wandlungsrechte? Wie bestehen diese Möglichkeiten? Wie funktioniert das technisch, praktisch? – Also wenn die Republik darauf angewiesen wäre, dass die Expertise des Bundeskanzleramts dafür herhält, dann muss ich Ihnen leider sagen, das Bundeskanzleramt ist auch gar nicht darauf vorbereitet und hat auch gar keine Abteilungen, die darauf vorbereitet sind, anstelle eines Ministeriums tätig zu werden.

Es wäre rechtlich nicht richtig, es wäre vom Ablauf falsch, und es wäre fachlich gar nicht möglich. Was richtig ist, ist, dass ich überzeugt bin, auch bei Dingen, die heute täglich passieren, dass Ministerien Szenarien  so wie Sie sie gesagt haben –, sogenannte Alternativszenarien, Möglichkeiten, fachlich nach bestem Wissen und Gewissen beurteilen.

Und dann im Nachhinein zu sagen: Warum hat man die Variante und die Variante nicht genommen? Da sind natürlich die zu befragen, die diese Verantwortung auch heute, für die Entwicklungen, die heute stattfinden, tragen.

Ich möchte Ihnen nur sagen ... Und daher kann ja Ihre Frage aus meiner Sicht nur sein: Haben Sie solche Detailüberlegungen zu Wandlungsrechten angestellt und sich bemüht, ich weiß nicht, mit Experten das zu entwickeln? Nein, habe ich nicht, weil ich in diese Detailanalysen, Bewertungen, Befragungen, Ausarbeitung von Szenarien zu Recht nicht einbezogen bin. Es wäre eine völlig verfehlte Haltung des österreichischen Bundeskanzlers, zu glauben, er kann einfach vom Ballhausplatz aus in ein Ministerium eingreifen oder gar Weisungen geben. Weisungen wären dazu noch rechtswidrig.

Also wenn Sie mich fragen, ob ich politisch das Vertrauen hatte, dass dort die Richtigen sitzen, und heute übrigens auch die Richtigen sitzen, dann sage ich Ihnen nach bestem Wissen und Gewissen: Ja, das habe ich. Das heißt nicht, dass die nicht Fehler machen. Der Kollege Kogler wird ja sicher noch mit distressed Fehler aufzeigen. Das heißt nicht, dass nicht aus heutiger Sicht jemand Fehler aufzeigt.

Aber ich habe noch niemanden kennengelernt, der von sich behaupten kann, er hat die Expertise so vorausschauend, dass es fast an eine Vorhersehung und Prophezeiung reicht, sondern die Expertise ergibt sich im Finanzministerium aufgrund hoch qualifizierter integrer Beamter, die auch manches Mal in Meinungsverschiedenheiten geraten, und auch mit Meinungsverschiedenheiten und Externen etwas ausdiskutieren. Wenn es mir gegenüber zu zu vielen Meinungsverschiedenheiten in der Information kommt, wende ich so etwas wie eine Taskforce an. Das heißt, ich setze mich dann nicht hin und lese die Möglichkeiten der Wandlungsrechte nach und versuche, mich in die juristischen Auswirkungen von Wandlungsrechten und anschließend Stammaktionärsmöglichkeiten einzuarbeiten, sondern ich setze die ein, die dafür zuständig sind.

Ich greife auch nicht im Spital in eine Herzoperation ein, wenn ich dazu eine Meinung habe. Ich bemühe mich nicht, Fingerfertigkeiten von Chirurgen anzulernen, sondern ich sehe meine politische Aufgabe darin, zu fragen: Hat das Finanzministerium zu diesem Zeitpunkt die Kompetenz, die Integrität, die Verantwortung, das Verantwortungsbewusstsein Szenarien, Alternativszenarien – so, wie Sie es auch ausgeführt haben – zu analysieren, zu prüfen und vorzuschlagen?

Da sage ich Ihnen: Aus meiner Sicht hatte es sie damals, und aus meiner Sicht hat es sie jetzt. Daher bitte ich Sie, dass Sie nicht die Rolle des österreichischen Bundeskanzlers jetzt in eine Rolle hineintreiben, die falsch wäre. Wenn Sie ... Egal, welcher Partei – ich sehe das nicht parteipolitisch – egal, welcher Partei.

Jemand, der eine Regierung führt, ohne Weisungsrecht in einer Gruppe von Verantwortlichen, der hat die Aufgabe, das im Team so abzustimmen, dass der, der eine Zuständigkeit hat, sich darauf verlassen kann, dass die anderen hinter ihm stehen. Und wenn eine Frage auftaucht, die kontrovers ist, dann ist das zu klären. Und wenn es so eine Fachfrage ist, wie Sie es gesagt haben, ist es von Fachleuten zu klären.

Wenn es eine ideologische oder politische Frage wäre – das Prinzip Verstaatlichung, ja/nein? Sind Sie eher für privat, eher für Staat? Glauben Sie, dass der Staat ein guter privater Eigentümer einer Bank ist? –, hat diese Fragen natürlich ein Bundeskanzler zu beantworten.

Aber die Fragen  Kommt es zur Verstaatlichung? Welche Alternativszenarien? Wie schaut ein Burden Sharing aus? Wie ist während der Verhandlungen das Burden Sharing vertreten worden? Wie ist unser Standpunkt vertreten worden? Wie ist das Ergebnis zustande gekommen? müssen die machen, die das Vertrauen haben. Und von mir hatten sie das Vertrauen und auch heute hat das Finanzministerium das Vertrauen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke. Aus Respekt vor dem Bundeskanzler habe ich ihn nicht unterbrochen. Sie haben mir zwar leider keine meiner Fragen beantwortet, ich gehe aber davon aus oder schließe daraus, dass diese Variante – das Wandlungsrecht auszuüben – nicht in Betracht gezogen wurde.

Da Sie sich heute auf Ihre Ministerien und auf Ihren damaligen Minister berufen und sagen: Als Bundeskanzler ist das nicht meine Zuständigkeit. – Genau das hat letzte Woche Herr Krainer dem Herrn Dörfler vorgeworfen, und diesen Vorwurf mache ich Ihnen jetzt nicht. Der hat gesagt, er hat sich auf seine Leute verlassen, er hat sich auf den Finanzlandesrat verlassen, er hat sich auf die Holding verlassen. Dann hat man ihm gesagt, man müsste ihn vielleicht besachwaltern, weil er da offensichtlich als Landeshauptmann keine Kompetenzen und keine Informationen hat.

Nur, eines ist schon klar, und das muss ich jetzt schon festhalten, und jetzt muss ich noch einmal auf das zurückkommen: Sie hatten gesetzlich und vertraglich die Möglichkeit, ein Durchgriffsrecht gegen die internationale Bank, gegen die Aktionäre einzusetzen. Sie hätten nicht einmal nach dem Burden Sharing fragen müssen, Sie hätten das einfach tun können. Sie hätten die Aktien sofort umwandeln können, also das Partizipationskapital an Aktien. Das Burden Sharing wäre nicht verhandelbar gewesen oder war gar nicht zu verhandeln. Sie hätten es aufgrund der vorliegenden Verträge und aufgrund der vorliegenden Gesetze einfach machen können.

Sie hätten in weiterer Folge auch mit dem Eigenkapitalersatz-Gesetz in der Bank befindliches Eigenkapital der Gesellschafter oder Kredite der Gesellschafter – in dem Fall von der Bayerischen Landesbank – sofort in Eigenkapital umwandeln können, 4 Milliarden € haben die Bayern drinnen gehabt. Sie haben zwei gesetzliche Grundlagen gehabt, mit denen Sie die Aktionäre in die Pflicht hätten nehmen können. Alle hätten in der Bank bleiben müssen. Sie wären als Bund, als Aktionär, in die Bank gegangen, hätten die Bank sanieren können, hätten Einsicht gehabt, hätten den Konkurs abwenden können, weil Sie als Aktionär sofort drinnen sitzen, und haben das nicht getan!

Warum haben Sie dieses Durchgriffsrecht gegen internationale Banken nicht eingesetzt, welches Sie aber heute gegen die österreichische Bevölkerung einsetzen?

Werner Faymann: Ich setze heute in der österreichischen Bevölkerung ein Durchgriffsrecht – also wenn Sie das Durchgriffsrecht meinen, das es verfassungsrechtlich möglich ist, mit Gemeinden Unterkünfte zu beschaffen – ein. Derartige Durchgriffsrechte setzen wir in Österreich ein, indem nicht ich als österreichischer Bundeskanzler in eine Gemeinde fahre und irgendjemanden überzeuge, mit einem Durchgriffsrecht etwas anordne, sondern indem ebenfalls das zuständige Ministerium ermächtigt wird. Das ist das Wesen unserer Rechtsordnung und unserer politischen Abläufe.

Es würde von Ihnen kritisiert werden, und zwar zu Recht. Ich bin mir gar nicht sicher, welche rechtlichen Auswirkungen es hätte. Das wissen sicher die beiden Herren zu meiner Linken noch viel genauer, was denn passieren würde, wenn der österreichische Bundeskanzler in ein Ministerium geht, und sagt: Ich habe mir da eine Variante ausgedacht, diese Variante ist die und die mit der Umwandlung, und das hätte ich jetzt gerne. Was da passieren würde? – Da würde die österreichische Bevölkerung zu Recht sagen, es handelt sich um ein Ausmaß an völliger Abgehobenheit von der eigentlichen Funktion eines Bundeskanzlers. Zu glauben, dass ich besser weiß, ob Umwandlungsrechte oder ein anderes Szenario ...

Es gibt ja viel mehr Szenarien, als wir hier besprechen. Im Leben ist ja die Welt noch stärker in Grautönen zwischen schwarz und weiß, als es wir hier in der Lage sind, das zu besprechen. Und ohne Sie zu kränken, auch mangelnder Expertise: Ich bin überzeugt, dass es noch mehr Experten in den Detailbereichen, was Wandlungsrechte, Ausübung von Aktionären, richtigen Zeitpunkt von Ausübung welcher rechtlicher Möglichkeiten betrifft, gibt, als wir hier überhaupt in der Lage wären. Es wäre ein Trauerspiel, wenn der österreichische Bundeskanzler anstelle der dafür zuständigen Einrichtungen aktiv wird.

Daher hatte ich auch zu keinem Zeitpunkt ein Szenario abseits vom Finanzministerium bearbeitet, und das haben Sie richtig zusammengefasst: Nein, ich habe kein Szenario im österreichischen Bundeskanzleramt von – noch dazu Abteilungen, die dafür gar nicht geeignet sind – ausarbeiten lassen gegen Finanzministerium oder Finanzstaatssekretär oder Finanzminister. Nein, ich habe dem Finanzminister und dem Finanzstaatssekretär bis heute mein völliges Vertrauen geschenkt. Und das sehe ich auch heute – nur heute gibt es keinen Staatssekretär mehr im Finanzministerium, aber dem Finanzminister gegenüber –, dass bei jenen Varianten, die zur Stunde, auch was die Hypo betrifft, auf der Tagesordnung stehen, die Handlungen, die zur Stunde den weiteren Verlauf der Hypo beeinflussen, die sind nicht im Bundeskanzleramt ausgearbeitet worden, die sind nicht in meinem Büro ausgearbeitet worden, sondern die werden dort ausgearbeitet, wo sie hingehören. Und das ist gut und richtig so in einer Republik.

Wenn sich die Politik und ein Politiker, wie ein österreichischer Bundeskanzler, in eine Bank oder in derartige Abläufe in einem Ausmaß einmischt, wie Ihre Frage andeutet, dann wäre das schon ein völlig verfehlter Ablauf. Wenn ich Zweifel daran habe, dass ein Minister oder ein Staatssekretär nicht in der Lage sind, das politisch zu führen, dann habe ich das auf politischer Ebene zu klären.

Wenn ich der Meinung wäre, dass ein Beamter eine Verfehlung betreibt, dann gibt es ausreichend disziplinäre Abläufe, die ebenfalls geordnet sind. Die sind auch nicht nach dem Prinzip – Mir passt wer nicht! Ich glaube wem nicht! Ich mag wen nicht! oder Ich kenne wen nicht! –, die sind ebenfalls nach Abläufen … Und das ist gut so. Alles andere wäre erschreckend.

Wo wir hinkommen, wenn jemand in eine Bank geht und etwas anschafft oder dorthin geht und etwas anschafft; wissen Sie: Das ist der völlig verkehrte Weg.

Daher bitte ich Sie, nur eines zu respektieren – und Sie haben das ja sehr sachlich gebracht –: dass die Abläufe der Arbeit eines Bundeskanzlers darin bestehen, die Institutionen zu stärken, an den Rahmenbedingungen – dass sie gut personell ausgestattet sind – mitzuwirken, dass sie auch finanziell – zum Beispiel für Gutachten oder anderes – die nötigen Mittel zur Verfügung haben, dass sie politisch von der gesamten Regierung bei ihrer Tätigkeit unterstützt werden, aber nicht, dass – viele Köche verderben den Brei – jeder irgendeine Variante kocht und dann gegen den anderen versucht, diese miteinzubringen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Danke für das Kompliment. Ich bleibe auch weiterhin sachlich, aber es ist unverständlich, dass vom zuständigen Finanzministerium, wie Sie richtig sagen, oder von der Nationalbank diese Möglichkeit in keiner der Varianten vorkommt. Das ist sehr hinterfragenswürdig.

Ich lese jetzt im Gesetz unter Absatz 3 weiter: „Die nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erworbenen“ Geschäftsanteile „sind nach Erreichen des Zwecks“ – sprich nach Sanierung der Bank – wieder „zu privatisieren.“

Davon kann man natürlich ableiten, dass man das vielleicht deshalb nicht wollte. Haben Sie dazu Wahrnehmungen? Vielleicht wollte man das Wandlungsrecht nicht ausüben, weil man dann die Anteile in weiterer Folge wieder hätte privatisieren müssen und die Bank nicht hätte zerschlagen können? Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Vorsitzende Doris Bures: Sie müssen die Frage formulieren, ich muss Sie auf die Redezeit hinweisen.

Werner Faymann: Mir ist nie ein Szenario vorgelegt worden, wo man diese Frage so behandelt hätte, wie Sie es sagen. Dazu ist mir nie etwas vorgelegt worden, das sehe ich auch nicht als Begründung. Ich müsste selbst jetzt die zuständigen Verantwortlichen fragen, ob sie dieses Szenario einberechnet haben. Wenn nein – warum nicht? Wenn ja – was hat es ergeben? Ich müsste mich da selbst aus heutiger Sicht vertiefen. Zum damaligen Zeitpunkt ist das nicht an mich zur Beurteilung herangetragen worden.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Kollege Angerer, nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Ich glaube nicht, dass man die Verantwortung des Herrn Landeshauptmannes Dörfler, was die Landeshaftungen und den Schaden, der in Kärnten angerichtet worden ist, betrifft – und jetzt die Republik und diesen Ausschuss beschäftigt –, mit der Verantwortung des Herrn Bundeskanzlers oder der gesamten Bundesregierung bei der Verstaatlichung vergleichen kann. Ich glaube, da tun Sie sich selbst mit der Reinwaschung des Herrn Dörfler – wir haben ihn ja vorige Woche hier gehabt – ziemlich schwer.

Herr Bundeskanzler, können Sie sich noch an die Verhandlungen zum Partizipationskapital erinnern, und zwar wie der Betrag von 900 Millionen zustande gekommen ist? Die Hypo hat ja ursprünglich einen höheren Betrag beantragt, und da gab es ja dann die Stellungnahme der Oesterreichischen Nationalbank, und zum Schluss ist man dann darauf gekommen, dass Partizipationskapital in der Höhe von 900 Millionen gezeichnet wird. Können Sie sich noch an den Betrag erinnern, wie der zustande gekommen ist?

Werner Faymann: Ich kann auch nur mehr aus heutiger Sicht den Ablauf nachlesen, den Sie ja zu Recht und richtig dargestellt haben. (Die Auskunftsperson liest in ihren Unterlagen.) Zuerst ist dem Bundeskanzleramt am 20.11.2008 ein Betrag von 1,5 Milliarden € übermittelt worden. Dazu muss ich sagen, das war ein Zeitpunkt, wo ich noch nicht als Bundeskanzler angelobt war. Also das war genau die Zeit des Übergangs, daher will ich Ihnen auch nicht sagen, dass ich damals diesen Antrag erhalten habe, denn da war ich ja gar nicht angelobt.

Politische Diskussionen hat es natürlich auch in der Zeit des Wahlkampfs und in der Zeit der Koalitionsverhandlungen gegeben, generell zum Partizipationskapital und zum Bankenkapital. Wie aber genau der Betrag von 1,5 auf 900, beurteilt durch die Oesterreichische Nationalbank, zustande gekommen ist, entnehme ich jetzt aber auch nur im Nachhinein. Dass ein Termin hier stattgefunden hat, wo Bundesministerium für Finanzen, Oesterreichische Nationalbank, Finanzprokuratur und so weiter dabei waren, wo mein Bundeskanzleramt, nämlich, um auch das Einvernehmen herzustellen, diese Information hatte …

Ich gehe davon aus, mein Haus war in diesen Prozess involviert. Ich selbst habe dazu keine Detailentscheidungen zu treffen gehabt, sondern weiß, dass am 29.12. dann dieser Umfang von 900 Millionen PartKapital beschlossen wurde.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Bundeskanzler, würden Sie sagen, dass die Oesterreichische Nationalbank ein Gutachter beziehungsweise Sachverständiger der Republik beziehungsweise auch des Finanzministeriums ist?

Werner Faymann: Ich würde sagen, die Oesterreichische Nationalbank ist einer der wichtigsten Ratgeber in der Republik dafür, wie ein Finanzministerium, wie die Finanz vorzugehen hat. Die Finanz darf Hinweise, Warnungen, Ratschläge der Nationalbank nicht einfach zur Seite stellen, sondern sollte diese Institution besonders respektieren, weil sie ein Pfeiler der Entscheidungskultur in diesem Land, für diese Entscheidungen ist, und daher von ganz besonderer Bedeutung ist. Ich weiß, dass jeder Finanzminister mit dem Nationalbank-Gouverneur, mit der Nationalbank, mit den Ressourcen der Nationalbank zu Recht gearbeitet hat, weil auf diese Ressourcen zu verzichten, wäre ein schwerer Fehler.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Jetzt haben Sie es selbst in Ihrem Einleitungsstatement gesagt, im Oktober 2008 wurde das Bankenhilfspaket beschlossen. Sie sind ja dann erst im Dezember als Bundeskanzler angelobt worden, Sie waren aber vorher schon Teil der Bundesregierung. Können Sie sich noch erinnern, war das quasi selbstverständlich, dass die Nationalbank hier eine Stellungnahme abgibt für all jene, die sich um Partizipationskapital bemühen?

Werner Faymann: Da ich ja vorher Infrastrukturminister war und nicht direkt befasst, habe ich jetzt keine Wahrnehmung. Aber ich kann nur sagen, ab dem Moment, als ich in diese Vorgänge einbezogen war, habe ich immer auf das Urteil natürlich des Finanzministers, aber auch auf das der Oesterreichischen Nationalbank allergrößten Wert gelegt. Das ist bis heute so. Und ich würde auch heute, wenn eine Meinungsverschiedenheit aufkommt, zur Oesterreichischen Nationalbank gehen, versuchen, eine Taskforce oder etwas Vergleichbares anzuregen, um hier das auszureden und nicht beiseite zu schieben. Ratschläge der Nationalbank schiebt man nicht beiseite, die erfolgen aus bestem Wissen und Gewissen, und der Expertise, die dort vorhanden ist, genauso wie in Finanzministerium, Finanzprokuratur und anderen Einrichtungen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben jetzt selbst die Finanzprokuratur angesprochen. Würden Sie sagen, die Finanzprokuratur ist der Rechtsanwalt der Republik?

Werner Faymann: Also der Finanzminister hat die Finanzprokuratur, um hier so etwas wie juristische Fragen, wie Sie gesagt haben, mit der Finanzprokuratur zu erarbeiten, klären zu lassen, Verhandlungen führen zu lassen et cetera. Ich weiß, dass jeder Finanzminister, den ich bisher in meiner Zeit als Kanzler kennengelernt habe, auf diese wichtige Funktion der Finanzprokuratur allerhöchsten Wert legt, und habe auch hier Vertrauen, dass die Juristen der Finanzprokuratur, genauso wie die Juristen in der Nationalbank, das aus bester innerer Überzeugung machen, was sie vorschlagen.

Auch dann, wenn es einmal Meinungsverschiedenheiten gibt – das darf ja auch unter Fachleuten sein –, hat die Finanzprokuratur hier eine ganz wesentliche Funktion für den Finanzminister, und die respektiere ich voll.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt, die Entscheidungsträger, die politisch Verantwortlichen in der Bundesregierung, sowohl der Finanzminister als auch der Bundeskanzler, aber natürlich in der Entscheidungsverantwortung die gesamte Bundesregierung, muss sich auf die Expertise und auf die fachliche Qualifikation einerseits der Oesterreichischen Nationalbank, aber natürlich auch andererseits der Finanzprokuratur verlassen können. Würden Sie das so sagen?

Werner Faymann: So würde ich das sagen, und zwar deshalb: Wenn hier ein Expertenstreit auszutragen ist, dann ist es immer gut, wenn die sich zusammensetzen und das miteinander ausdiskutieren, denn das Allerschlechteste wäre, wenn man daraus irgendeine parteipolitische Entscheidung macht. Man hat, so wie Sie es sagen, diese Institutionen zu achten.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Tilo Berlin hat hier im Ausschuss ausgesagt, dass er der Meinung war, dass nach der Erteilung des Partizipationskapitals von 900 Millionen, und auch des Zuschusses seitens der Bayerischen Landesbank von 700 Millionen im Jahr 2008, die Bank noch nie so gut kapitalisiert war wie zum damaligen Zeitpunkt. Wir wissen natürlich, dass bereits im ersten Halbjahr oder im Sommer des Jahres 2009, aufgrund des Asset Screenings durch die Kanzlei PricewaterhouseCoopers, ein völlig anderes Bild gezeichnet worden ist, die Bank durch einen hohen Wertberichtigungsbedarf wieder ziemlich ins Schleudern gekommen ist.

Haben Sie eine Erinnerung oder haben Sie eine Wahrnehmung, hat der Herr Landeshauptmann Dörfler oder haben Mitglieder der Landesregierung aus Kärnten jemals mit Ihnen oder mit einem anderen Regierungsmitglied, aber speziell mit Ihnen, Kontakt aufgenommen, um um Hilfe zu bitten in der Sache der Landeshaftungen für die Hypo?

Werner Faymann: Also vom Herrn Landeshauptmann habe ich da keine Erinnerung dazu. Es hat damals der Präsident Rohr ja einen Brief geschickt und auch öffentlich erklärt, er ersucht die Regierung allgemein um Unterstützung. Das haben sicher auch andere Mitglieder der Landesregierung getan, aber eher auf der politischen Ebene, zu sagen, Kärnten darf man nicht im Stich lassen, bei dieser Bank geht es um ein wichtiges Institut für Kärnten, es ist ja nicht nur das Geld Kärntens direkt betroffen, sondern es ist ja auch diese Bank im Wirtschaftsleben ein bedeutender Faktor. Daher bin ich überzeugt, dass es von vielen Mitgliedern der Regierung zu Aufforderungen gekommen ist, klarzulegen, wie wichtig diese Bank für Kärnten ist.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Haben Sie eine Wahrnehmung zum Verhalten der Kärntner Landespolitiker in den Tagen, als dann klar war, dass sich die Bayern aus der Bank zurückziehen? Auskunftspersonen wie Mitglieder des Kabinetts von Herrn Bundesminister Pröll haben gesagt, es ist irgendwie klar gewesen, dass die Bayern den Schlüssel abgeben wollen. Können Sie aus Ihrer eigenen Wahrnehmung berichten, wie sich die Kärntner Landespolitik verhalten hat, wie sie sich bei den Verhandlungen verhalten hat?

Werner Faymann: Ich muss gestehen, Andeutungen in diesem Bereich nur aus Medien beziehungsweise Erzählungen Einzelner, die bei den Verhandlungen dabei waren ... Ich habe bis heute das Gefühl, dass es eine Zeit benötigt hat, um Kärnten klarzumachen, dass es diese Landeshaftungen gibt. Und ich erinnere mich, dass viele Monate später, nicht von allen Abgeordneten der FPÖ, aber doch von einzelnen – immer wieder auch in Parlamentsreden –, diese Landeshaftung nahezu abgestritten wurde.

Ich kann mir daher durchaus vorstellen, dass – es muss nicht alles stimmen, was übermittelt, weitererzählt worden oder in den Medien gestanden ist – es hier zu Diskussionen mit Kärnten gekommen ist, klarzumachen, dass diese Landeshaftung nicht eine Fiktion oder eine Erfindung des politischen Mitbewerbers ist, um nachzuweisen, dass jemand etwas falsch gemacht hat, sondern eine Realität, eine bittere Realität. Ich habe da direkt keine Erlebnisse, auch nur die übermittelten.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Es ist heute schon einmal angesprochen worden, dass die Bayern im November noch gemeint hätten, einer Kapitalerhöhung nur dann zuzustimmen, wenn auch die anderen Eigentümer mitziehen, die GRAWE, aber auch das Land Kärnten. Das Land Kärnten hat ja relativ schnell schon für sich festgehalten, es wird keine weitere Kapitalaufstockung geben.

Sie haben meiner Meinung nach durchaus schon im Auge gehabt, dass es die Republik schon richten wird. Können Sie sich diesbezüglich an Gespräche erinnern, im Rahmen derer man versucht hat, im Vorfeld noch einmal auf die Kärntner einzuwirken, dass sie doch noch ihre Meinung ändern und doch noch einmal Kapital zuschießen, um diese drohende Insolvenz zu verhindern, die die Bayern in den Raum gestellt und mit der sie gedroht haben?

Werner Faymann: Ich kann mich erinnern, dass auch der Finanzminister mehrfach erwähnt hat, auch im Vorfeld dieser Gespräche, dass man Kärnten auf den Ernst dieser Situation aufmerksam machen muss, und auf seine Mitwirkungspflicht, und auf seine Mitwirkungsmöglichkeiten, und dass man das nicht zusammenfassen kann unter dem Titel „Das wird der Bund schon übernehmen“, mit der Expertise im Hinterkopf, irgendwie landet alles in Österreich beim Bund, sondern Kärnten mit der Realität konfrontieren muss, dass diese Haftungen, die ein Bundesland übernommen hat, ohne Zustimmung des Bundes, auch ohne nähere Einbeziehung des Bundes, dass man hier eine Eigenverantwortung hat, sowohl hinsichtlich der Mittelaufbringung …

Ich weiß, dass das Finanzministerium, der Finanzminister, und viele andere, hier sehr viele Gespräche unternommen haben, es auch öffentlich bekannt wurde, dass dieses Aufmerksammachen auf die Mitwirkung und die Mitverantwortung Kärntens durch eine Landeshaftung, die der Bund in keiner Weise selbst verschuldet hat …, der einzige Fehler darin bestanden hat, dass es damals noch kein Gesetz gab, wo das transparent werden musste.

Wenn ich mir etwas wünschen würde, dann, dass sogar der Bund bei einer gewissen Höhe zustimmen müsste. Damals stand ein bisschen so die Hoffnung im Raum, es gab auch so allgemeine rechtliche Aussagen dazu, wenn ein Bundesland in Konkurs geht, ist das ungeregelt, wie es tatsächlich weitergeht. Und aus dieser Hoffnung heraus – ungeregelt bedeutet, der Bund wird‘s schon richten – haben einige in der Diskussion aufmerksam gemacht werden müssen. Da weiß ich, dass die Verantwortlichen das getan haben und versucht haben.

Vorsitzende Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie sind jetzt in der Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie sich noch erinnern, ob in dieser Diskussion oder in Ihren Informationen einmal auch gefallen wäre, dass man eigentlich die Gelder, die von der Bayerischen Landesbank in der Hypo gewesen sind, in Eigenkapitalersatz umwandeln kann, weil der Kollege Angerer es heute so dargestellt hat? Der Herr Staatssekretär außer Dienst und jetzt Klubobmann Schieder hat gestern gesagt, dass sich die Juristen nicht einig waren, ob man tatsächlich den Eigenkapitalersatz geltend machen kann oder nicht. Können Sie sich erinnern, waren Sie da in Gespräche involviert oder hat man Sie auch diesbezüglich informiert, warum man dann zu diesem Zeitpunkt – jetzt wissen wir, dass es anders ist – doch nicht das Eigenkapitalersatzrecht geltend gemacht hat?

Werner Faymann: In Gespräche war ich nicht involviert, aber ich bin davon überzeugt, wenn diese Variante vom Finanzministerium und von anderen Stellen, die wir besprochen haben, als ein möglich gangbarer Weg auch nur annähernd in den Vorschlag gekommen wäre, hätte ich das dann auch erfahren. Aber wenn Szenarien mit Pro und Kontra im eigenen Haus besprochen werden, kann ich einmal irgendeinen Einzelteil erfahren oder am Rande eines Gespräches einmal etwas mitbekommen haben oder durch öffentliche Berichterstattung etwas selbst lesen, aber einbezogen in diese Abläufe bin ich nicht.

Ich bin auch fest davon überzeugt – es bestätigt mich, was Sie vom Klubobmann Schieder, dem damaligen Staatssekretär zitieren –: Wäre es damals in der Beurteilung so einfach gewesen, wie der Herr Kollege das jetzt dargestellt hat, dann hätten wahrscheinlich die Verantwortlichen dieses Szenario auch anders weiterentwickelt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wir wissen jetzt, dass wir das Eigenkapitalersatzrecht dann trotzdem geltend gemacht haben. Wäre das damals so klipp und klar gewesen, hätte man es damals schon gemacht.

Ich möchte Sie noch fragen, inwieweit Sie darüber informiert waren, dass es bereits die Bestellung eines Regierungskommissärs für die Hypo gegeben hat. (Auskunftsperson Faymann: Na da waren …!) Welche Szenarien wurden Ihnen berichtet und gezeichnet, was das bedeutet, die Geschäftsaufsicht?

Werner Faymann: Am 11.12. hat die FMA den Regierungskommissär bestellt, die Oesterreichische Nationalbank und die FMA haben mitgeteilt, dass bis Montag in der Früh eine Einigung erfolgen muss, an dieses Zitat kann ich mich erinnern – eine Einigung erfolgen muss –, wenn man verhindern möchte, dass diese Geschäftsaufsicht – mit all den weiteren Implikationen und möglicherweise auch Dominosteinen und jedenfalls Auswirkungen auf die Landeshaftung, und vieles mehr – dann ihren Lauf nehmen würde.

Das heißt, es war klar, dass durch die Bestellung dieses Regierungskommissärs die Sache ernst ist, und man nicht sagen kann, wir nehmen eine zusätzliche Verhandlungsrunde am Montag oder Dienstag auf. Ich erinnere mich, dass das auch klargelegt wurde bei dieser Besprechung, bei der ich mit dem Finanzminister auch immer wieder telefonisch, auch während der Verhandlungen, verbunden war. Wir hatten nicht die Zeit, den Montag oder Dienstag abzuwarten, sondern es wurde uns gegenüber, auch mir gegenüber, ganz klargelegt, bis Montag früh haben wir Zeit, sonst würde das seinen Lauf nehmen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Welche Konsequenzen hätte denn diese Geschäftsaufsicht Ihrer Meinung nach gehabt? Sie sagen, es gab keine Zeit. In dem Moment, in dem die Bank Montag in der Früh ausgesperrt worden wäre, wäre der Regierungskommissär dort gewesen und die Bank wäre unter Geschäftsaufsicht gestanden. Der Regierungskommissär, was hätte denn der dort bewirken können? Oder was hätte er dort anordnen können?

Werner Faymann: Aus meiner Sicht, ohne jetzt im Detail vorherzusagen, wie er, mit welchen Schritten und welcher Zeitachse er vorgegangen wäre, aber er hätte nicht verhindern können, dass sofort Haftungen für Sparguthaben fällig werden, dass die Haftungen für Wirtschaftsbetriebe über 50 000 € natürlich ebenfalls in Gefahr gewesen wären. Er hätte, aus meiner Sicht, nicht bewirken können, dass die Landeshaftung deshalb nicht mehr schlagend wird, sondern die Landeshaftung wäre trotzdem, auf welcher Zeitschiene auch immer, letztendlich ebenfalls schlagend geworden. Er hätte natürlich eine politische, europäische, ja internationale Diskussion nicht verhindern können unter dem Schlagwort „Konkurs“.

Er hätte all die politischen Vertrauensverluste, die so ein Szenario mit sich bringt, in keiner Weise verhindern können, denn er hätte auch als Regierungskommissär nicht die Öffentlichkeitsarbeit, die damit europäisch im Zusammenhang überall aufgeschlagen hätte, einfangen können. Also aus meiner Sicht war das kein Szenario, das man sich wünscht.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt aber, in Wirklichkeit hätten wir in Kärnten griechische Verhältnisse vorgefunden? Dass die Leute vielleicht kein Geld vom Bankomat bekommen hätten (Zwischenruf des Abg. Angerer), die Konten gesperrt gewesen wären, die Leute … (Abg. Lugar: Das ist eine Suggestivfrage …!) – Nein, das ist eine Frage, Kollege Lugar! Sie stellen ja auch immer Fragen, und ich erlaube mir, auch eine Frage zu stellen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kogler und Lugar.) Das wären griechische Verhältnisse in Kärnten gewesen?

Werner Faymann: Also ich gehe davon aus, dass die Kärntnerinnen und Kärntner bei einem derartigen Szenario das Gefühl gehabt hätten, wir lassen sie im Stich, weil natürlich so viele Unklarheiten über den weiteren Verlauf sofort auf der Tagesordnung gestanden wären.

Diese Unsicherheit – was passiert jetzt mit uns? – hat ja aus meiner Sicht immer gegen einen Konkurs gesprochen, weil es da ja nicht nur um rationale Vorgänge geht, wo man jetzt vielleicht da herinnen und noch dazu im Nachhinein, wo man längst wieder in sicherem Fahrwasser ist, sicher sagen könnte, da zieht eins da und zwei dort und drei da und vielleicht vier so. Alleine diese Unsicherheit, die in so einer Situation auf den Tisch kommt, die Bedrohung vieler, die ja Ängste zu einem Zeitpunkt haben, wo man eben nicht vorhersehen kann, wie so eine Geschäftsaufsicht weitergeht, diese Unsicherheit wünsche ich weder den Kärntnerinnen und Kärntnern noch Österreich in der Bewertung, europäisch und international.

Es hätte aus meiner Sicht niemand, der heute sagt, na ja, ein Konkurs hat gewisse fachliche Möglichkeiten – theoretisch – … Dass er auch diese Ängste, Unsicherheiten und auch daraus entstehende mögliche Konsequenzen verantworten muss. Wenn das immer so wäre, dass nur der kühle Schachzug von viel Vertrauen aller begleitet wird – es wird schon irgendwie weitergehen! Da muss man doch die Eigendynamik von solchen Diskussionen berücksichtigen, das wissen wir doch aus der Politik, aus vielen Bereichen.

Letztlich war doch Lehman Brothers auch eine Frage von starker Eigendynamik. Rein auf die harten Fakten reduziert, wäre es doch nicht notwendig gewesen, dass ein derartiger Effekt – ein Fall von Dominosteinen – in der ganzen Welt passiert. Hätte vorher jemand gesagt, mit Lehman Brothers passiert das alles – auch aus psychologischen Gründen, weil eben in der Politik und im Vertrauen von Menschen Psychologie nun einmal eine Rolle spielt, weil wir eben Menschen sind und nicht PCs, die irgendwelche Programme miteinander abgleichen – …

Das ist ja eine Verantwortung, man hat immer eine Verantwortung, die auch der Finanzminister, die Regierung gemeinsam wahrgenommen hat, nämlich Kärnten erst gar nicht in so eine Situation schlittern zu lassen, die mit Griechenland vergleichbar ist.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Es wird immer so getan, als wäre die Geschäftsaufsicht so eine kurzfristige bis mittelfristige Möglichkeit und als wäre dann nach einem Jahr alles wieder gut: Gab es Szenarien, die Ihnen auch schon unterbreitet worden sind, was nach dieser Geschäftsaufsicht kommt?

In Wirklichkeit, wenn sich nichts getan hätte, wenn kein Kapital zugeschossen worden wäre, wenn die Geschäftsaufsicht, von mir aus, ein halbes Jahr oder ein Jahr gewesen wäre und es hätte sich nichts anderes getan, und es hätte niemand Kapital zugeschossen, hätte die Republik entweder noch eines in Form von Partizipationskapital zuschießen müssen – wir wissen, das wäre auch keine gute Möglichkeit gewesen – oder es wäre auch nachher die Insolvenz nur mehr die letzte Konsequenz gewesen.

Gab es darüber Gespräche, Herr Bundeskanzler?

Werner Faymann: Also aus meiner Sicht haben sowohl der Finanzminister und der Finanzstaatssekretär als auch der Nationalbank-Gouverneur die Geschäftsaufsicht nicht als ein Mittel gesehen, das alles wieder gutmacht, sondern als ein unberechenbares Szenario, das letztlich in die völlige Haftung Kärntens mündet und in all die Vorgänge, die Sie mit Konkurs beschrieben haben.

Natürlich kann niemand behaupten, was bei einer Geschäftsaufsicht an welchem Tag, zu welcher Stunde passiert, aber alleine das Einsetzen einer Geschäftsaufsicht bringt die Kugel ins Rollen. Das zu verantworten unter den Risken und – noch einmal – unter den damaligen wirtschaftlichen Bedingungen, die es gegeben hat, und unter dem damaligen Fokus und Radar, wo Österreich gestanden ist, da bin ich eigentlich froh, dass die Verantwortlichen auch während der Verhandlungen, so schwer das war – da hat ja sicher jeder gewusst, es handelt sich nicht um eine gute Lösung, sondern nur um das Abwenden der schlechtesten –, diese Verantwortung wahrgenommen haben. Dass man damit nicht im positiven Sinne gefeiert wird, sondern dass man da im umgekehrten Sinne Gefahr abwenden und noch später viele Fragen beantworten muss, das war damals aus meiner Sicht allen Verantwortlichen klar.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Guten Tag noch einmal! Also leicht hat man es ja nicht als Bundeskanzler, heute nicht und damals auch nicht – das meine ich durchaus ehrlich. (Heiterkeit des Redners.)

Aber ich will zwei Sachen herausarbeiten – Ihre Linie ist ja so weit klar –, nämlich die Rolle der Berater und die Verhandlungsvorbereitung und die Verhandlungsführung durch das Finanzministerium, um da ein offenes Visier zu haben.

In diesem Zusammenhang zunächst: Wie sind Sie – Sie haben das eingangs und auch beim Verfahrensrichter erzählt – von Ihren Mitarbeitern vom Jahr 2008 weg immer informiert worden? Waren das laufende Berichte? Das ist mir nicht ganz klar gewesen, denn da gibt es – ich sage die Namen, damit alles schneller geht – Herrn Dossi – den kennen hier alle –, auch Herrn Gruber – den haben Sie selber erwähnt – und es kommt auch noch Frau Itzlinger sehr oft vor, Fachfrau. War das regelmäßig oder …?

Werner Faymann: Also sehr verehrter Herr Abgeordneter, es ist auch heute so, dass ich bei gewissen Fragen versuche, das bei jemandem in meinem Büro zu bündeln. So habe ich etwa überhaupt keine Erinnerung, mit Frau Itzlinger dazu direkt geredet zu haben. Aber die Bündelung erfolgt im Wesentlichen bei mir im Büro beim Staatssekretär. Das heißt, ich habe sicher am häufigsten in meinem Büro mit Staatssekretär Ostermayer darüber gesprochen.

Aber natürlich habe ich mit dem Sektionschef oder mit Herrn Gruber immer wieder Kontakte, weil ja den ganzen Tag über gearbeitet wird. Da kommt es schon vor, dass ich bei einer allgemeinen Besprechung über etwas ganz anderes mitinformiert werde: Das Problem wird stärker oder das Problem versuchen wir, morgen in einer neuerlichen Sitzung mit dem Finanzministerium zu beraten oder wir haben zum PartKapital ein Ansuchen bekommen oder … Das heißt, es gibt natürlich von den genannten Einzelnen immer wieder einzelne Gespräche oder Kontaktaufnahmen mit mir.

Ansonsten – so gehe ich auch heute in meiner Arbeit vor – versuche ich, solche Themen bei jemandem zu bündeln, denn wenn mir jemand irgendeine Unterlage oder so zukommen lässt, dann will ich, dass das beim Sektionschef – damals Dossi – zusammenkommt, dort gebündelt wird, damit dass – wenn das von verschiedenen Institutionen und verschiedenen Sektionen ist – bei einem Staatssekretär gebündelt wird, damit da nicht jeder irgendetwas hat und ich den ganzen Tag lang Informationen nachlaufe, sondern es eine sogenannte Ansprechperson gibt.

Daher hatte ich sicher mit jedem einzeln Kontakte. Und ich habe auch auf die Meinung zum Beispiel des Kollegen Gruber – der da ein sehr fachkundiger Mann war, der auch immer wieder Gespräche im Finanzministerium geführt hat – große Stücke gehalten.

Aber die konkreten Besprechungen waren dann mit Ewald Nowotny, in der Regel unter Einbeziehung von Josef Ostermayer und in Vorbereitung von dem genannten Sektionschef Dossi oder Mitarbeiter Gruber.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne) (in seinen Unterlagen blätternd): Ja, ich habe das deshalb gefragt, weil da nämlich überraschend – das kann man jetzt im Zweifel sogar positiv werten – viele Eintragungen in der Reihenfolge, noch einmal, von Dossi, Gruber, Itzlinger und auch von dem von Ihnen erwähnten damaligen Staatssekretär Ostermayer bei Besprechungen im Finanzministerium, FMA, Notenbank – wie die Institutionen alle heißen – sind und weil da offensichtlich zumindest der Versuch bestanden hat, sehr engmaschig informiert bleiben zu wollen.

Jetzt komme ich aber zu diesen Beratern. Was hat man Ihnen immer erzählt? Also wenn man Ihnen zuhört, müsste man Gouverneur Nowotny ja demnächst zur Heiligsprechung oder zumindest für den Ökonomie-Nobelpreis vorschlagen. Jetzt ist aber die Institution – diese Nationalbank – zu dem Zeitpunkt 2008 für mich ja schon hinterfragenswert gewesen.

Sie haben mit einer überraschenden Bestimmtheit gesagt (der Redner liest aus einem Schriftstück vor), Sie mussten Ihre Unterschrift für das PartKapital hergeben: alle Voraussetzungen erfüllt. – Ich habe mir das aufgeschrieben. Wer hat Ihnen erzählt, dass alle Voraussetzungen genau erfüllt wurden? Ich meine, ich verlange von Ihnen nicht, dass Sie das prüfen, um Gottes willen! Also da geht es genau um dieses Scharnier dieser vier Personen: Was haben Ihnen die erzählt?

Mir ist bis heute völlig unbegreiflich, wieso sich eine Regierungsspitze auf Leute, die sie im Übrigen selber aussucht, derart monofokussiert sozusagen anbindet.

Meines Erachtens hat es schon damals einen Haufen Hinweise gegeben, dass die Oesterreichische Nationalbank ausreichend danebengegriffen hat, insbesondere, wenn es um die Hypo geht. Das ist meine Hypothese sozusagen, ich will Sie ja nicht reinlegen. Jetzt frage ich Sie aber: Was hat man Ihnen immer berichtet? Wieso sind alle Voraussetzungen für das PartKapital erfüllt? – Das war damals schon strittig, nicht erst heute.

Werner Faymann: Die Ermächtigung, dieses sogenannte Einvernehmen herzustellen, hat der Sektionschef. Das heißt, der übt das für mich oder für uns – das Bundeskanzleramt – aus. Und der hat – damals Sektionschef Dossi; das wäre heute auch wieder beim Sektionschef – natürlich die Aufgabe, sich möglichst viel an Informationen zu organisieren, ob dieses Einvernehmen fachlich gerechtfertigt ist. Der kann jetzt nicht an allen Besprechungen teilnehmen, die das Finanzministerium hat.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Er war aber bei ganz schön vielen dabei, das …

Werner Faymann: Das wollte ich gerade sagen! Aber er kann natürlich möglichst oft –das hat der Sektionschef getan und das würde auch der heutige machen – einfordern, dass er bei Besprechungen dazu geladen wird.

Das heißt, er hat keine eigene Expertise als Gegenexpertise. Das ist das, was ich glaube, worauf Sie ein bisschen hinauswollten: Warum verlässt man sich auf die Nationalbank (Abg. Kogler: Genau!) oder warum verlässt man sich auf den Sektionschef, der ja gar keine Expertise zur Verfügung hat, keine eigene im Bundeskanzleramt? Dazu hat er ja viel zu wenige Mitarbeiter.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nein, das ist ein Missverständnis. Ich verlange auch von Dossi nicht, dass er Experte in der Sache ist. (Auskunftsperson Faymann: Ach so!)

Ich habe Sie gefragt, was er Ihnen erzählt hat, denn Sie mussten ja am Schluss unterschreiben, nach dem FinStaG.

Werner Faymann: Nein, das unterschreibt auch er. Also nicht einmal das stimmt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Okay. (Auskunftsperson Faymann: Aber es ist richtig, dass …!) – Er sucht das Einvernehmen.

Werner Faymann: Genau: Ich werde informiert, dass er unterschreibt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Er hat erzählt, dass alle Voraussetzungen erfüllt sind.

Werner Faymann: Genau, das sagt er. Das ist auch heute so, dass der zuständige Sektionschef sagt: Die Voraussetzungen sind erfüllt. Ich habe mich bei diesen Besprechungen davon überzeugen können, dass das zuständige Finanzministerium mit der Expertise von – ich erwähne wieder alle – Nationalbank, Finanzmarktaufsicht et cetera, dass da nichts Widersprüchliches ist, das weiter zu klären wäre.

Ich nehme also jetzt einen Fall, der ja hoffentlich nicht auftaucht – auch in Zukunft nicht –: Nehmen wir an, es würde zu großen unterschiedlichen Meinungen gegenüber meiner Sektion kommen, dass – sagen wir – ein Teil das will, ein Teil etwas anderes, ein Drittes das will, dann müsste der Sektionschef, der ja die Beurteilung alleine gar nicht vornehmen kann – und schon gar nicht ein einzelner Mitarbeiter wo bei mir –, darauf drängen, dass es zu einer Koordinationsbesprechung kommt, bei der diese unterschiedlichen Meinungen zu einer zusammengefasst werden. Er ist nicht in der Lage, so etwas wie eine Gegenexpertise oder eine kontrollierende, gleich starke Gegenmeinung aufzubauen. Das ist auch nicht vorgesehen.

Deshalb ist das, was Sie als aneinander binden oder so, glaube ich, bezeichnet haben, das Anhalten an eine Institution eigentlich der Normalfall, auch in anderen Bereichen. Wenn ein Ministerium eine Kontrolle über hat, ich sage jetzt, im Bereich der Verkehrssicherheit, dann habe ich an diese Beurteilung anzuschließen, dort, wo ich Mitwirkungsrechte habe. Ich habe, wenn ein Betrieb – das passiert besonders häufig –, wo es Eigentumsanteile gibt, die Beurteilung der Aufsichtsräte oder der überwachenden Stellen im Finanzministerium … als die, die mir dieses Bild vorlegen.

Und wenn ich Zweifel daran habe, dass die Oesterreichische Nationalbank kein guter Ratgeber ist, oder wenn ich Zweifel habe, dass da das Finanzministerium nicht die bestqualifizierten Leute zur Verfügung hätte, dann müsste ich auf politischer Ebene agieren und bei der Oesterreichischen Nationalbank oder beim Finanzministerium Änderungen anregen. Weisungsrecht hätte ich immer noch keines, aber ich müsste – notfalls auch öffentlich – aufmerksam machen, dass es sich da um eine nicht vertrauenswürdige Expertise handelt.

Aber eines kann ich nicht tun, nämlich den Institutionen vertrauen und dann wegschieben, was sie beurteilen. Das wäre so, als würde der Arzt das Röntgenbild bestreiten. Dann muss er schauen, dass er einen besseren Arzt für das Röntgenbild bekommt. Aber er kann dann nicht dem Röntgenbild, das er selbst bestellt hat, auf einmal nicht glauben oder es nicht ernst nehmen, noch dazu, wenn zwei oder drei Institutionen damit befasst sind und ihm da ein Bild geben.

Ich glaube, das hat jeder, der politische Verantwortung hat, dass er gebunden oder angebunden – wie Sie gesagt haben – an die Institutionen in der Republik ist und dass er sich nicht anmaßen sollte, zu glauben, er baut so etwas wie ein kleines Gegenministerium auf. Ich möchte das wirklich deshalb sagen, weil das immer wieder auch politisch gefordert wird: Na ja, aber du bist doch der Bundeskanzler, du musst doch das und das alles machen!

Ich müsste dann in meinem Bundeskanzleramt eine Ansammlung von Gegenministerien aufbauen. Davor würde ich aber warnen, Herr Kollege Kogler, weil dann erst, glaube ich, das passiert, was man meint mit: Viele Köche verderben den Brei.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ich glaube, Ihre ausführliche Antwort beschreibt sozusagen Ihre generelle Haltung zur Notenbank für die ganzen Vorgänge bis zu den Jahren 2013/14 herauf.

Damals – denn wir waren ja eigentlich bei Ihrer überraschend bestimmten Aussage, dass eh alle Voraussetzungen für dieses Partizipationskapital erfüllt sind – war es ja genau die Notenbank, die sogar differenzierter argumentiert hat. Ihnen war die Hypo immer die unsympathischere von allen – das ist ja hervorgegangen, das ist ja alles nachvollziehbar.

Ist Ihnen damals zu Ohren gebracht worden, dass es ja eigentlich einen Disput gegeben hat, unter welchen Bedingungen die Hypo überhaupt ein Partizipationskapital erhalten soll?

Werner Faymann: Na, dass es Diskussionen gegeben hat, ist sicher klargelegt worden. Aber dass es zu einem Ergebnis gekommen ist, das das PartKapital empfiehlt, da bin ich mir ganz sicher, dass es zu diesem Ergebnis gekommen ist, auch in dem Bericht an mich, auch durchaus mit Diskussion …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja eh, aber eben zu den Bedingungen einer gesunden Bank. Sie wissen ja, worauf ich hinauswill. (Auskunftsperson Faymann: Ja, ich weiß, worauf Sie …!) Oder war das in Ihrem Kanzleramt und in Ihrem Kabinett nicht ein Thema – das muss ja nicht so detailliert sein? Aber dort, wo Dossi … und in diesen Besprechungen – in dem Fall Frau Itzlinger, die dort im Übrigen die kritischsten Fragen von allen gestellt hat – war das sehr wohl ein Thema.

Meine Frage ist nur: Hat man Ihnen das berichtet? – Mehr frage ich ja gar nicht.

Werner Faymann: Also die Details, die Frau Itzlinger gefragt hat und die beantwortet wurden, hat man mir nicht berichtet.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Na, die war skeptisch!

Werner Faymann: Ich war auch skeptisch, was die Hypo betrifft, weil mich die Entwicklungen rund um die Hypo mit den Geschäftszweigen, den Geschäften, den unabsehbaren und auch möglichen kriminellen Vorgängen – ich bin ja auch schon länger in der Politik – sensibel gemacht haben.

Und das war ja der Grund, warum ich diese ausführlichen Gespräche – auch an diesem Wochenende, wo es sich so zugespitzt hat – benötigt habe (Abg. Kogler: Aber das ist ein Jahr später!), um das klarzulegen, was ich Ihnen heute sage, wie ich zu der Entscheidung gekommen bin.

Im Bauchgefühl, wo ein Bundesland einfach so eine Haftung übernimmt, dann eine Bank so Vorgänge hat, wo vieles für mich bis heute nicht durchschaubar ist, was da genau wo an Geschäften war …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber das hat im Dezember 2008 – wir müssen die Dinge ein bisschen beieinander halten – ja noch nicht so eine Rolle gespielt.

Da wäre meine letzte Frage nur: Hat man Ihnen berichtet, dass letztlich ein Anruf des Kollegen Finanzminister Pröll ausschlaggebend dafür war, dass man gesagt hat: So, zu den und den Bedingungen bekommt die Hypo jetzt das Partizipationskapital?

Werner Faymann: Mir hat der Sektionschef – und damals also auch meinem Büro – berichtet, dass die Voraussetzungen gegeben sind. Anrufe im engeren Sinn haben dort keine Rolle gespielt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Haben Sie irgendwelche Diskussionen wahrgenommen, wo es darum geht, wenn schon PartKapital – und Sie wissen ja, unter welch schwierigen Bedingungen wir das genau in diesem Saal unter anderem verhandelt haben –, unter welchen Bedingungen – weil das immer eines Ihrer Themen war – dann die Manager in der Hypo weiterbezahlt werden sollen?

Werner Faymann: Diskussionen hat es damals gegeben. Ich kann Ihnen jetzt nicht mehr ganz genau sagen, wie das dann zu einem Ergebnis gekommen ist. Aber Diskussionen hat es damals gegeben, auch öffentlich, ich erinnere mich genau, bei der Frage, wenn eine Bank sich so entwickelt oder eine Bank Geld braucht, sollte man dann nicht auch bei den Managern etwas regeln. Ich kann Ihnen jetzt auswendig nicht sagen, zu welchem Ergebnis das gekommen ist. Aber diese Diskussionen hat es gegeben, ja.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Jetzt schreitet die Zeit voran, jetzt sind wir dann wirklich im Jahr 2009: Die Europäische Kommission hat nie geglaubt – das geht auch aus den ausgetauschten Korrespondenzen hervor –, nicht einmal im Dezember 2008, dass die Hypo sound sei – sei‘s drum. Und erst recht im Mai 2009 war die Katze längst aus dem Sack, da haben die verlautbart: Bitte schaut nach, das ist doch wohl distressed. – Zwei Tage später sagt die Notenbank: Ja, unter anderen Annahmen distressed. – Auch das kennen Sie alles.

Frage aber – Sie waren ja damals auch schon am internationalen Parkett unterwegs –: Hat man Sie schon zu dem Zeitpunkt oder erst später darauf aufmerksam gemacht, dass in Österreich seltsame Interpretationen und Vorgänge im Finanzministerium herrschen, denn die sind formal zuständig, auch gegenüber der Kommission, insbesondere dem Wettbewerbskommissar an der Stelle?

Werner Faymann: Nein, damals erinnere ich mich an keine Diskussionen mit dem Wettbewerbskommissar – ist auch nicht üblich, dass der Wettbewerbskommissar bei meinen europäischen Kontakten überhaupt dabei ist. Es hat nur viel später mit dem Wettbewerbskommissar Diskussionen gegeben, aber zu diesem Zeitpunkt, wie generell, ist ja nicht üblich, dass man mit dem Wettbewerbskommissar über irgendwelche Einschätzungen oder gar Details diskutiert.

Was man als politische Konsequenz daraus gezogen hat, ist eine europäische Aufsicht, weil ja auch ich die Meinung vertrete (Abg. Kogler: Okay!), das tut gut, es auf ein geordnetes europäisches Verhältnis zu bringen und nicht abhängig davon zu sein, dass ein Kommissar zufällig einem Regierungschef irgendwo zufällig etwas erzählt und der das zufällig glaubt.

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind in der Redezeit der zweiten Runde.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Jetzt geht es aber darum, dass aufgrund dieser Vorgänge die Hypo nicht gleich einmal einen Restrukturierungsplan schreiben muss, wie wir da vorher besprochen haben, sondern wenigstens diese Viability Reports. Im Nachhinein sagen Ihnen die Begriffe etwas, ich würde ja gar nicht verlangen, dass Sie das damals genau wissen hätten müssen, aber: Haben Ihnen Ihre Mitarbeiter gesagt, dass – spätestens im Mai bis Juli – die Vertreter des österreichischen Steuerzahlers, nämlich die FIMBAG-Menschen, die Zahlen der Hypo schon überhaupt nicht mehr geglaubt haben und im Übrigen einen dramatischen Bericht ans Finanzministerium verfasst haben, in dem steht, dass die Hypo bis 2018 nicht einmal Zinsen, geschweige denn das Kapital zahlen wird?

Ich frage Sie eigentlich nur, ob Ihnen damals irgendjemand etwas berichtet hat, denn Sie sind ja auch in der Spur, dass erst die letzten zwei, drei Tage alles, die ganze Dramatik, vom Himmel gefallen ist – das ist so mein Eindruck –, aber aus meiner Sicht wäre da vorher schon mehr möglich gewesen. Es kann ja nur sein, dass man Sie nicht immer informiert hat.

Werner Faymann: Na ja, und dass es, wenn bei Besprechungen ein Problem gesagt wird, so in der Richtung: Na, da müssen wir uns auch erkundigen, oder da wird auch mit den Bayern zu reden sein, oder da werden die Eigentümer noch genug Verantwortung haben, oder – was sicher sehr oft gefallen ist – da werden die Bayern ein Konzept vorlegen müssen!, weil das ist ihre Bank …

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nein, jetzt bleiben wir noch bei einer Stellungnahm des Liebscher, des Wala und das sind – der Androsch war informiert – … (Auskunftsperson Faymann: Ja!) Ja, also hat man da nicht darüber geredet: Hoppla, da geht es jetzt aber nicht mehr nur um ein paar Zinsen, da geht es überhaupt nur mehr bergab!, und zwar bevor diese Asset Screenings aus Bayern gekommen sind – deshalb habe ich Sie jetzt unterbrochen –, auch aus österreichischem Wissen heraus? Es kann ja nur sein, dass das nicht immer zu Ihnen kommt, das vermute ich im Übrigen sogar, aber im Finanzministerium war es schon, und meine Frage ist: Haben Sie im Juli davon erfahren, dass die Geschichte eigentlich eh schon unter der Erde ist?

Werner Faymann: Details nicht, aber dass die Hypo ein Problem ist, wo wir damit rechnen, dass die Eigentümer in Bayern das selbst lösen müssen und selbst Lösungsvorschläge bringen müssen, war sicher auch zu diesem Zeitpunkt ein Thema, aber Details darüber nicht. Was für mich halt wichtig ist in solchen Situationen: Ich erfahre, wenn Sie mit mir drei Tage mitgehen, sehr oft davon, dass wo Probleme allgemeiner Natur sind. Wenn ich da jedes Mal versuche, die gleich selbst zu lösen, dann komme ich nicht einmal zu den ersten drei Punkten meines Tagesablaufs.

Das heißt, ich verlasse mich natürlich bei Problemen darauf, dass die Institutionen, die Ministerien, die dafür zuständig sind, sich diesen Problemen stellen, und wenn mir jemand sagt: Na, da wird es auch schwierig, oder da wird es auch noch heiß, oder da kann es auch noch ein Problem geben, oder das kann auch noch negativ werden, oder da habe ich ein Worst-Szenario!, dann frage ich mich: Was habe ich zu tun? Und solange ich der Überzeugung bin, das Finanzministerium, Nationalbank et cetera werden dieses Problem beleuchten, weil das ohnehin eines der Bayerischen Bank ist, und dieser Überzeugung war ich auch zu diesem Zeitpunkt, auch noch am Beginn der Verhandlungen, dass es eine Chance gibt, eine gute Chance gibt, unseren Standpunkt gewissermaßen deutlich zu machen, … Dass die Informationen an mich gelangen: Wir müssen uns um vieles kümmern, das kommt an mich jeden Tag.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Okay, kommen wir genau in diese Zeit. Jetzt wird ausdrücklich Nowotny mit Ihnen und anderen sprechen am 13., ich glaube, um 11 Uhr. (Auskunftsperson Faymann: Ja!)

Hat die Argumentationslinie des Herrn Nowotny auch beinhaltet … Er war ja eigentlich Berater, ich meine, der kann ja nicht statt dem Pröll und statt Ihnen sagen: Ja, super, kaufen wir jetzt! Was hat er argumentiert? Das mit den Landeshaftungen, das haben wir schon alles, das arbeiten eh andere heraus, aber: Hat er irgendetwas davon gesagt, dass die Bayern auch ein enormes Risiko haben? Er hat nämlich am Vorabend noch gesagt, auch da gibt es ja ausnahmsweise Protokolle darüber: Na, um Gottes willen, das kann es nicht sein, dass die Republik alle Anteile übernimmt!

Das sagen ja alle noch, das deckt sich ja mit dem von Ihnen, aber es muss ja irgendeine Verhandlungstaktik geben. Was hat er da geraten, oder was hat er berichtet, verhandelt haben ja andere? (Auskunftsperson Faymann: Ich erinnere mich ganz genau ...!) Was ist mit dem Risiko der Bayern, was hat er dazu gesagt? Das ist eigentlich meine Frage.

Werner Faymann: Er hat das Risiko, das er auch heute noch vorgelegt hat – mit über 5 Milliarden € oder, umgekehrt formuliert, in einem Verhältnis von 1 : 3, 1 : 4 zwischen dem Risiko von Bayern und dem Risiko von Österreich –, einmal als eine schlechte Ausgangslage für unsere Verhandlungen beschrieben, was das Risiko betrifft. (Abg. Kogler: Also schlechte Ausgangslage!) – Nein, schlechte Ausgangslage für das Risiko, das heißt – weil natürlich meine Frage auch war: Warum kümmern sich da nicht nur die Bayern und aus? –, wenn das Risiko aber so verteilt ist, dass der eine im Fall eines Konkurses über 20 Milliarden riskiert, und der andere riskiert über 5 Milliarden, wo wir aus heutiger Sicht wissen, dass sogar damals seine Vermutung ein bisschen höher war als die Realität, weil die Bayern in einigen Punkten sogar ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber haben Sie ihm das geglaubt, dass die Benennung einer Haftungssumme gleich – sozusagen vom Volumen her – hoch zu setzen ist wie ein Kapitalrisiko, in dem Fall halt Steuergeldrisiko? Das ist doch hanebüchen, deshalb ärgere ich mich ja so über den Nowotny, weil er da alle vernebelt hat. Das ist doch nicht das Gleiche!

Werner Faymann: Aber Herr Abgeordneter, wenn jemand das Risiko – bei aller Unterschiedlichkeit – aufzeigt und gleichzeitig auf die Auswirkungen aufmerksam macht, die ein Konkurs hat, und gleichzeitig auf die Situation ... (Abg. Kogler: Ja, aber bei den Bayern geht es um echtes Cash, das untergeht, das ist was anderes als Haftungen!) – Die Bayern haben doch gewusst, dass es sich um eine österreichische Banklizenz (Abg. Kogler: Ja, ja!), um eine Haftung Kärntens und um eine Reputationsdiskussion auch für Österreich handelt. Das heißt, die Bayern waren ja nicht nur …, die waren ja mit Sicherheit in ihrer Verhandlungstaktik selbstsicher, zu wissen, dass Österreich sich nicht leichttun wird; ich war in keiner Vorbesprechung der Bayern und wollte auch da kein Gespräch führen und habe keines mit den Bayern geführt, aber …

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine Frage haben Sie noch in dieser Runde.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Die Bayern haben sich später noch öffentlich amüsiert, wie schlecht wir vorbereitet waren. Das werfe ich ja Ihnen nicht einmal vor!

Werner Faymann: Das ist das eine, dass …, aber ich bin mir sicher (Abg. Kogler: Nein, ich frage jetzt, ich darf nur mehr eine Frage stellen ...!), dass die Bayern klug genug waren, zu wissen, wir haben mehr Risiko als das nüchterne Zahlenrisiko.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, aber das hat der Herr Nowotny offensichtlich so behauptet. Ich kenne auch diese Tabelle … (Auskunftsperson Faymann: Ja, aber da bin ich ja auch sicher, dass es stimmt!) – Eh, schauen Sie, ich verzichte jetzt auf die Frage, ich sage nur mehr ein vorläufiges Resümee.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, in dieser Runde noch eine Frage, und dann verweise ich Sie auf die dritte Fragerunde.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, schauen Sie: Ich mag ja das gar nicht verurteilen, aber Sie bemühen Teile zur Lösungsfindung von damals, die sicher heute leichter beurteilbar ist – ich stimme Ihnen völlig zu, was das betrifft –, aber orientieren sich da an Leuten, sozusagen mit Lösungskompetenz, die dann die Lösung bringen, die aber in Wirklichkeit meines Erachtens Teil des Problems waren.

Vorsitzende Doris Bures: Sie müssen die Frage formulieren.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nein – das ist eine rhetorische Frage –, ob ihm nicht irgendwann später auffällt, dass da keine Lösungskompetenten vorhanden waren, sondern das selber Problemzonen waren. Sie haben sich von einem Ballett von Problembären etwas vortanzen lassen, das ist mein Eindruck.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich muss Sie jetzt auf die Redezeit aufmerksam machen. – Danke vielmals.

Damit gelangen wir zur zweiten Fragerunde. In dieser gibt es nur mehr Restredezeiten, zunächst von den Sozialdemokraten, nämlich 7 Minuten. Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mich beschäftigt jetzt die Frage dieses Wandlungsrechts, weil ich es nicht ganz verstanden habe, und ich jetzt auch schon gefragt wurde, was es damit auf sich hat, deswegen ist es jetzt weniger eine Frage, sondern mehr ein Statement. Das Wandlungsrecht hätte natürlich dem Bund die Möglichkeit gegeben, „kostenlos“ – unter Anführungszeichen – 51 Prozent oder 49, also halt so circa die Hälfte der Bank zu erwerben. Ja, aber das war ja nie Ziel. Am Ende ist herausgekommen, dass man die Bank zu 100 Prozent erworben hat, um minus 1 Milliarde €, also verstehe ich rein intellektuell nicht, wieso das Wandlungsrecht irgendeinen Vorteil gebracht hätte.

Das ist mir ein ewiges Rätsel, aber vielleicht können die Freiheitlichen das irgendwann aufklären. Wieso soll, wenn ich etwas als Ganzes kriege um minus 1 Milliarde € – das war ja ein negativer Kaufpreis, also theoretisch haben wir 4 € bezahlt, aber zuerst mussten ja die Alteigentümer über eine Milliarde quasi auf den Tisch legen, und dann haben wir 4 € dafür hergegeben –, das schlechter sein, als dass ich circa die Hälfte kriege, ohne dass ich Geld kriege?

Das ist mir ein Rätsel. Das ist ja, wie wenn ich ein Auto kaufe: Bei der einen Variante kriege ich das Auto und Geld, bei der anderen kriege ich nur das halbe Auto, aber das ist ja besser. Ich verstehe es rein technisch nicht, vor allem in der Situation, dass alle drei Alteigentümer – alle drei! – sich weigern, ihre Eigentümerfunktion wahrzunehmen, und sagen: Ich nehme den Konkurs in Kauf, der ist mir lieber!, und zwei der Alteigentümer sogar durch die Verstaatlichung schlechter fahren als durch einen Konkurs. (Abg. Walter Rauch: Das ist Ihre Interpretation!) – Nein, das sind die Zahlen, das sind Fakten. (Abg. Walter Rauch: Nein, das sind keine Fakten! – Abg. Hafenecker: Sie sagen immer nur, das sind Fakten, …!) Die Bayern sind am Ende des Tages schlechter gefahren, als es im Konkursfall gewesen wäre. Die GRAWE ist durch die Notverstaatlichung schlechter gefahren – nach allen Informationen, die wir aufgrund der Aktenlage haben –, als das der Fall gewesen wäre in der Frage des Konkurses.

Die Einzigen, die besser gefahren sind, ist Kärnten. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hafenecker und Walter Rauch.) Das sind die Einzigen, für die die Verstaatlichung besser war als die Insolvenz. Für Österreich ist die Verstaatlichung auch besser als die Insolvenz. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Das sind einfach Fakten, und insofern verstehe ich dieses Wandlungsrecht nicht ganz.

Zurück zur Befragung: Ich habe etwas, was ich vorlegen möchte, einen Akt mit der Nummer 2117938, Lieferant – Auskunftsperson Nowotny. Das ist ein Brief von der Irmgard Griss. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Nach der Veröffentlichung des Griss-Berichts ist in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, jedenfalls offensichtlich beim Gouverneur Nowotny, dass der Bericht insinuieren würde, dass die Insolvenz eine Alternative zur Verstaatlichung gewesen wäre, und der Gouverneur hat uns hier diesen Brief vorgelegt, wo sie schreibt – ich darf zitieren –:

„Ihrer Auffassung, dass die Insolvenz keine Alternative gewesen wäre, kann ich nur zustimmen. Auch wenn es im Bericht nicht ausdrücklich gesagt wird, so kann es doch erschlossen werden; jedenfalls habe ich aber nach der Präsentation des Berichts mehrmals ausdrücklich darauf hingewiesen.“

Meine Frage ist daher – denn ich weiß, dass das Diskussionen in der Öffentlichkeit waren –: Kennen Sie diesen Brief? (Auskunftsperson Faymann: Nein!) Kennen Sie diese Aussage, dass auch die Leiterin der Griss-Kommission bereits da schriftlich gesagt hat, ja, das stimmt, die Insolvenz war keine Alternative zur Verstaatlichung?

Werner Faymann: Den Brief sehe ich jetzt. Dass die Frau Präsidentin keine Alternative zur Verstaatlichung aufgezeigt hat und bewusst nie den Konkurs als Alternative gesagt hat, habe ich vernommen. Was ich mich immer gefragt habe, ist: Was war denn dann die Alternative?, aber für diesen Brief, der da so deutlich dem Ewald Nowotny zustimmt, bin ich dankbar.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut, und dann wollte ich noch kurz ein Statement zum Kollegen Kogler abgeben, der vollkommen zu Recht sagt: Risiko ist nicht gleich Cash. Das gilt aber natürlich für alle Seiten, langfristig. Kurzfristig sind Landeshaftungen natürlich Cash, denn eine Haftung, die schlagend wird, muss ich – Cash, defizitwirksam, schuldenwirksam – auf den Tisch legen, und ich bekomme dann aus der Hypo heraus eine Quote zurück. Ja, und das gilt, aber am ersten Tag oder die ersten Jahre ist es Cash, und wir wissen, dass – jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt, und wenn man den Ministerratsvortrag auch liest, der uns ja allen vorliegt, dann geht das ja auch ganz klar hervor (Abg. Kogler: Das können wir …!), ich darf zitieren: „Der Konkurs der BHI in Graz 1995 mit einer Bilanzsumme von 200 Mio. EUR ist immer noch nicht abgeschlossen!“ – Bankenkonkurse nicht in Monaten, sondern in Jahrzehnten abgewickelt werden.

Das heißt: Natürlich muss ich mal in Vorlage treten mit dem gesamten Betrag, sofort schuldenwirksam, sofort defizitwirksam, und wir reden hier von 7 Prozent des BIP im Falle einer Insolvenz, und das Geld ist auf den Tisch zu legen, und zwar sofort. Das kann schon sein, dass man 20 Jahre später (Zwischenruf des Abg. Kogler) 40, 50 Prozent zurückbekommt, insofern geht es ums Risiko, und ja, bei den Bayern war das direkte Risiko des Kapitals 2,8 Milliarden, also das war zu 100 Prozent klar, dass das wegfällt und ihr Haftungs-Cash oder, wie auch immer, Risiko, waren 2,7 und durch die Notverstaatlichung haben sie sofort 3,7 verloren – und zwar auf ewig – und noch einmal 1,2 jetzt. Das heißt, sie sind insgesamt mit 4,9 schlecht gefallen (Zwischenruf des Abg. Kogler), das würde bedeuten: Bei einer Insolvenz, bei einer Quote von 22 Prozent, wären die Bayern schon besser gefahren mit einer Insolvenz als mit der Notverstaatlichung.

Das sind Fakten, und die mögen einem nicht gefallen, es kann sein, dass Fakten oft die eigene Illusion zerstören, aber die Politik tut schon gut daran, sich mit den Fakten auseinanderzusetzen und nicht nur mit eigenen Traumbildern. – Danke schön. (Abg. Kogler: Wenn Sie behaupten, dass die österreichische Bundesregierung 20 Milliarden …!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich habe Sie wie immer vorgemerkt für die dritte Runde, in der zweiten Runde hat Ihre Fraktion keine Restredezeit, sondern die ÖVP.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Obernosterer. Herr Abgeordneter, eineinhalb Minuten in dieser Runde, und dann muss ich Sie auch auf die dritte verweisen. – Bitte.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Hat von der Kärntner Landesregierung damals bei Ihnen jemand für diese Verstaatlichung interveniert?

Werner Faymann: Nein, also die Kärntner haben immer wieder auch öffentlich erklärt, sie erwarten sich, dass man sie nicht hängen lässt, sie erwarten sich, dass der Bund diese Verhandlungen führt, aber so, dass jemand bei mir angerufen und gesagt hätte: Verstaatlicht die Bank!, das war da nicht dabei, sondern das war ein politisch grundsätzliches Ersuchen, dass man es nicht außer Acht lässt, Kärnten dabei zu unterstützen, mit seinen Aufgaben fertig zu werden, und zwar recht unterschiedlich zwischen jenen, die der Meinung waren, es ist ein großes Problem und – nicht von Ihrer Fraktion, aber – anderen, die der Meinung waren, es ist eigentlich gar nicht so ein Problem, also in unterschiedlichem Geständnis, wie groß das Problem durch die Haftung ist.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Bundeskanzler, damals hat ja Kärnten noch 12,5 Prozent Anteile an der Hypo gehabt. Eine Verstaatlichung, so wie sie vonstattengegangen ist, wäre ja ohne Zustimmung der Kärntner – aufgrund dessen, dass sie ja die 12,5 Prozent abgeben mussten, da mussten sie erst nach Hause fahren, um die Beschlüsse zu fassen – und ohne das Bereitstellen von den 200 Millionen, die man damals ausverhandelt hat …, also wenn Kärnten das nicht gemacht hätte, dann wäre es eigentlich zu dieser Verstaatlichung in dieser Form nicht gekommen. Sehe ich das richtig?

Werner Faymann: Ja, es war zumindest eine Zustimmung Kärntens, aus meiner Sicht deshalb, weil ihnen bei den Verhandlungen vieles klar geworden ist, und dass Finanzminister und Finanzstaatssekretär auch bei den Verhandlungen klar gemacht haben, dass Kärnten nicht auf dem Standpunkt sein kann: Das geht uns alles nichts an!, sondern dass sie da auch zustimmen mussten.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Ich habe ja schon bei der letzten Sitzung, Herr Bundeskanzler, Akten vorgelegt, die beweisen, dass man inhaltlich schon am Laufenden gewesen ist, was eigentlich alles passieren kann, wenn Bayern sagt: Wir schicken die Bank in den Konkurs!, und was das für Kärnten heißt. Also: So uninformiert waren sie nicht, aber vielleicht haben sie den Ernst der Lage nicht erkannt.

Herr Bundeskanzler, Sie haben gesagt, Sie wollten die Kärntner nicht im Stich lassen. Wie haben Sie das, noch einmal, konkret gemeint?

Werner Faymann: Na ja, es war eine Zeit lang die politische Diskussion, die sich ja immer wieder durchzieht: Kärnten ist die Haftungen eingegangen, und das geht den Bund nichts an. Da vertrete ich ja bis heute den Standpunkt, dass das natürlich eine Verantwortung Kärntens ist, weil es diese Haftungen eingegangen ist, aber dass der Finanzminister bis heute bemüht ist, Kärnten dabei zu unterstützen, diese Verantwortung wahrzunehmen, und eine Politik Wien gegen Kärnten, Kärnten gegen Wien gefällt mir bei keinem inhaltlichen Thema und auch nicht bei dem Thema der Finanzen.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Okay. – Ja, das wissen wir, der Beschluss wurde 2004 von allen Fraktionen quer durch die Bank in Kärnten beschlossen, der abweichend war von den Beschlüssen der anderen Bundesländer. Von den Haftungen war ja inklusive aller Rechtsnachfolger ... Das ist eigentlich der Ursprung dieses Fiaskos, das herausgekommen ist.

Vorsitzende Doris Bures: Sie müssen jetzt die Frage stellen.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Da ich nur mehr eine kurze Frage habe, gehe ich damit bitte in die dritte Runde, weil ich da noch etwas vorzulegen habe. – Danke vielmals.

Vorsitzende Doris Bures: Bevor ich die dritte Runde aufrufe, unterbreche ich die Sitzung für eine kurze Pause.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 12.20 Uhr unterbrochen und um 12.28 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir gelangen nunmehr zur dritten Fragerunde. – Herr Klubobmann Ing. Lugar, Sie haben das Wort.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Um noch einmal zur Notverstaatlichung zurückzukommen – ich will das noch einmal Revue passieren lassen –: Wie war das jetzt konkret? Sie haben behauptet, dass ein Konkurs im Raum gestanden ist, man deshalb reagieren musste, und die einzige Variante war die Notverstaatlichung, weil die Bayern keine sonstigen Anstalten machten. Wie war das jetzt? Haben Sie Ihrem Finanzminister das Pouvoir gegeben, in Ihrem Namen zu entscheiden, oder haben Sie letztlich noch einmal telefonisch in die Entscheidungsfindung eingegriffen? Oder haben Sie schon am Nachmittag fixiert, es muss notverstaatlicht werden?

Werner Faymann: Herr Abgeordneter, ich habe natürlich mit den Verhandlern vereinbart, dass sie mich zwar informieren, aber dass sie sich natürlich verlassen können, dass ich hinter ihren Entscheidungen stehe. Das mache ich ja bis heute, denn es ist undenkbar, dass man jemanden in Verhandlungen zulässt, auch wenn er ressortzuständig ist, sich informieren lässt und dann am nächsten Tag sagt, ich hätte aber noch das oder ich hätte noch jenes durchgesetzt, denn dann hätte man sich selber hinsetzen sollen.

Also daher war für die Verhandler klar – und ich habe es ihnen auch ausdrücklich gesagt –, dass sie sich darauf verlassen können, dass ... Ich bitte sie, mich immer wieder zu informieren, wobei nicht notwendig ist, dass der Finanzminister selber, der in diesen Verhandlungen besonders unter Druck steht, mich anruft, wobei ich mit ihm auch gesprochen habe, sondern dass ich es auch, wenn Ewald Nowotny oder der Finanzstaatssekretär mich anruft, durchaus als ordnungsgemäßen Informationsfluss betrachte. Und so war es auch.

Ich habe daher nicht eingegriffen, ich habe aber vorher klar gemacht, dass ich ein Verhandlungsergebnis, das nach bestem Wissen und Gewissen erzielt wird, unterstützen werde. Als ich dann zum Schluss gefragt wurde, wir sehen das so und wir wollen jetzt so vorgehen – wie Sie ja wissen, wie später ja auch im Ministerratsvortrag steht –, mit der Verstaatlichung, habe ich dem zugestimmt.

Es war also nicht so, dass ich irgendetwas hineinregiert habe. Das wäre aber auch gar nicht möglich gewesen, denn ich war bei den Verhandlungen ja nicht dabei, und jemanden, der oberg‘scheit alle zwei Stunden anruft, den brauchen Verhandler nicht. Ich habe es daher lediglich durch Information begleitet.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also wäre es Ihnen egal gewesen, was herauskommt? Das heißt, auch wenn ein Konkurs herausgekommen wäre, hätten Sie das akzeptiert und wären dahintergestanden? Kann ich das so verstehen?

Werner Faymann: Nein, ich habe natürlich von den Verhandlern gewusst, dass sie nach der Expertise des Finanzministeriums, der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht einen Konkurs vermeiden müssen beziehungsweise wollen, das Beste unternehmen, um einen Konkurs abzuwenden. Ich habe natürlich gewusst, dass sie in den Verhandlungen mit einer, sage ich, Linie Burden Sharing trotz aller negativen Zeichen aus Bayern, mit einer Verhandlungslinie, die man jetzt nachträglich Burden Sharing nennt – damals hat es eben geheißen, bei den Bayern bleiben, und wir leisten Anteile –, dass diese Verhandlungslinie von uns versucht wird.

Aber wenn ich einer Verhandlungsmannschaft sage, sie sollen mich, bitte, auf dem Laufenden halten, aber ich stehe zu ihnen, und die rufen mich an und sagen, du, es läuft schlecht, denn die Bayern sind nicht bereit, auf dieses Burden Sharing einzugehen, und die Bayern sind nicht bereit, auf viele der Vorschläge einzugehen, es entwickelt sich in die und die Richtung, und wir verlangen jetzt von den Bayern – was Sie ja dann alles vom Ergebnis sehen – diese oder jene Zugeständnisse, und sagen zum Schluss, aber es hat kein Weg daran vorbeigeführt, nicht weil wir es wollten, sondern weil man das Schlechtere abwenden wollte, nämlich den Konkurs …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das war nicht die Argumentation. Es war so, dass wegen 50 Millionen, die Herr Dörfler nicht zu zahlen bereit war, Herr Schieder und Herr Pröll es platzen lassen wollten. Das heißt, es hätte genauso auch anders ausgehen können, wenn Herr Dörfler hart geblieben wäre.

Werner Faymann: Ich war bei den Verhandlungen nicht dabei, wir sind jetzt da beide in der Kommentatorenrolle. Vielleicht war es auch, um dem Landeshauptmann klar zu machen, dass es hier auch eine Verantwortung vom Land Kärnten gibt, aber das ist ein nachträgliches Kommentieren, wo ich gar nicht dabei war. Wo ich schon dabei war, war am Telefon, indem ich einige Male angerufen wurde, wo gesagt wurde: Wir geben unser Bestes. Zum Schluss ist die Verstaatlichung gestanden. Ich habe gesagt: Ich vertraue euch, dass ihr euer Bestes gegeben habt. Wenn nicht mehr drinnen war oder etwas anderes drinnen war, dann sehe ich das ein.

Ich halte das auch heute so: Wenn jemand für mich in Verhandlungen ist oder in dem Fall sogar das Finanzministerium aus eigenem in Verhandlungen ist, dann kann er sich auf meine Solidarität verlassen, alles andere wäre ja undenkbar. Es würde ja niemand mehr bei Verhandlungen etwas anpeilen oder kämpfen, wenn er das Gefühl hätte, dass nachher sowieso alle alles besser wissen.

Also die Verhandler konnten sich darauf verlassen, dass, wenn sie zu dem Ergebnis kommen, ich es, wenn sie mich regelmäßig informieren, auch unterstütze und am nächsten Tag, glaube ich, war es, mit einem Ministerratsvortrag auch zustimme und auch öffentlich das erkläre. Beides habe ich gemacht: Ich habe im Ministerrat den Ministerratsvortrag unterstützt aus dem Finanzministerium heraus, ich habe öffentlich sofort Stellung genommen und gesagt, jawohl, das war notwendig. Beides habe ich getan, und das vorher klar.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber, Herr Bundeskanzler, konnten Sie ausschließen, dass das Ganze nicht platzt? Das konnten Sie ja nicht ausschließen, da Sie nicht dabei waren und auch telefonisch nicht in Kontakt waren. Das heißt, Sie konnten es nicht ausschließen.

Werner Faymann: Doch, telefonisch war ich immer wieder in Kontakt, und wenn etwas Katastrophales passiert wäre, ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hat man Sie darüber informiert, dass Dörfler nicht zahlen will und dass man es platzen lassen will?

Werner Faymann: Man hat mich informiert, dass es zu verschiedenen Diskussionen kommt. Jetzt im Nachhinein kann ich mich nicht an jedes Detail erinnern, aber dass es zu Kärnten eine Diskussion gibt, Kärnten auf die Verpflichtung aufmerksam zu machen, habe ich auf Ihre Fragen zuerst geantwortet … War ich informiert, dass … Wenn es zu einem Platzen gekommen wäre, wie Sie das sagen, ist ganz klar, was passiert wäre.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das hätten Sie auch mitgetragen?

Werner Faymann: Wenn es zu einem Platzen …, wäre es zu einer Unterbrechung gekommen. Wenn es zu einer Unterbrechung gekommen wäre, wäre ich angerufen und wäre ebenfalls informiert worden. So läuft es bei Verhandlungen ab. Also ich wäre nicht in der Früh aufgewacht und hätte das aus den Nachrichten erfahren …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was hätten Sie dann gemacht, wenn Sie angerufen worden wären und es geplatzt wäre? Wären Sie dann hingefahren, oder was hätten Sie gemacht?

Werner Faymann: Das ist schwierig, denn da müsste man jetzt philosophieren, woran es gescheitert wäre, wer das Scheitern verursacht hätte, wer zu überzeugen gewesen wäre, und ist es da sinnvoll, wenn der Kanzler das macht, oder wäre es besser, wenn das der Verhandlungsführer selber macht. Also ich kann Ihnen jetzt nicht alle Möglichkeiten einer Vorgangsweise des Platzens sagen. Was ich zum Ausdruck bringen will, ist Ihre Frage zu beantworten.

Haben Sie ihnen gesagt, sie sollen verstaatlichen? – Nein. Haben Sie zum Schluss das Ergebnis mitgetragen? – Ja. Haben Sie dazwischen hineingefunkt im Sinne von „das müssen sie machen“? – Nein. Haben Sie das mitgetragen, worüber Sie informiert wurden? – Ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber wäre das nicht Ihre Aufgabe gewesen?

Werner Faymann: Ich versuche, Ihre Fragen zu beantworten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Bundeskanzler, es ist doch laut Gesetz Ihre Aufgabe, sich in dieser Frage einzubringen.

Werner Faymann: Das ist ja einbringen!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das haben Sie nicht gemacht. Sie haben das einfach laufen lassen, so nach dem Motto: Wenn ich nicht dabei bin, bin ich nicht verantwortlich. Das ist doch nicht das, was im Gesetz steht.

Werner Faymann: Ich weiß nicht, welche Auffassung Sie von einer funktionierenden Arbeit, Arbeitsteilung und Aufteilung haben. Arbeitsteilung heißt nicht, alles selber zu machen, sondern Arbeitsteilung heißt, dass jemand, der dafür zuständig ist, das Vertrauen genießt, das Bestmögliche zu machen (Abg. Lugar: Herr Kanzler, wenn Sie sagen, die anderen waren es, …!), zu dem er nachher auch steht. Und was Sie uns da erklären wollen ist …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Bundeskanzler, Sie sagen, die anderen waren zuständig, und Sie haben sich nicht involviert, weil das nicht Ihre Aufgabe war, aber Sie haben trotzdem Frau Merkel angerufen, wobei mir ja bis heute schleierhaft ist, was die zur Lösung des Problems beitragen hätte können.

Werner Faymann: Ich habe Ihnen ja schon gesagt, das war ein Gespräch, das deshalb stattgefunden hat, weil am 11. Dezember EU-Gipfel war …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es waren zwei Gespräche. Herr Nowotny hat gesagt, Sie haben in der Sache Hypo mit Frau Merkel gesprochen.

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Herr Abgeordneter, lassen Sie die Auskunftsperson ausreden!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie redet sich eh dauernd aus.

Werner Faymann: Ich habe Ihnen ja gesagt, die Gespräche mit Frau Merkel hatten einen einzigen Punkt: dass die Zuständigkeit das österreichische Finanzministerium und Bayern ist. Es gab keine Verhandlungen mit Frau Merkel, es gab keine Verhandlungen mit Herrn Trichet, es gab auch keine Verhandlungen mit anderen Nichtzuständigen für Verhandlungen. Die Verhandlungen haben dort stattgefunden, wo sie hingehören. Das finde ich richtig, und das würde ich bei weiteren Verhandlungen und Verhandlungen in anderen Fällen auch so handhaben, dass ich einer Mannschaft bei den Verhandlungen vertraue.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Bundeskanzler, Sie klingen genauso wie Herr Dörfler. Herr Dörfler hat sich auch nicht im Detail informiert, es war ihm auch relativ egal (Auskunftsperson Faymann: Ich habe die Haftung …!), und er hat sich auch nicht für zuständig erachtet. Wie erklären Sie uns das? Sie als Bundeskanzler haben die Oberverantwortung, warum haben Sie sich nicht eingebracht?

Werner Faymann: Ich habe die Landeshaftung in Kärnten nicht beschlossen, daher habe ich dafür auch keine Haftung übernommen. Ich habe mit den Konsequenzen dieses Beschlusses plus all den anderen Umständen, die ich deutlich gemacht habe, zu entscheiden. Da habe ich das Verhandlungsergebnis Verstaatlichung mitgetragen und sehe bis heute keine Alternative.

Dieser Brief, den wir da gerade vorgelegt bekommen haben (Abg. Lugar: Ich habe eine, kann ich es Ihnen ausführen?), zeigt, dass auch Frau Präsidentin Griss hier keine Alternative aufgezeigt hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie hat gesagt, es gab Alternativen. Darf ich Ihnen etwas sagen?

Werner Faymann: Aber sie hat keine aufgezeigt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Darf ich Sie etwas fragen? Kennen Sie die Aufgaben eines Regierungskommissärs? Welche Aufgaben hat ein Regierungskommissär, wissen Sie das?

Werner Faymann: Schauen Sie, Ihre Art der Alternativen können Sie gerne vortragen und vorlegen, aber ich bin eine Auskunftsperson, und ich sage Ihnen, wie ich zu einer Alternative gekommen wäre, nicht indem ich jetzt einen Abgeordneten gebeten hätte, Alternativen aufzulisten, sondern indem ich dort natürlich im Vorfeld die zuständigen Institutionen ersucht habe, alle Szenarien durchzuspielen, zu überlegen. Ich wurde daher auch vom Ergebnis informiert, und das Ergebnis hat gelautet: Konkurs abwenden. Ich bin überzeugt …

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau da sind wir jetzt, Herr Bundeskanzler ...

Werner Faymann: Ich habe gehört, Sie haben ja faktisch zu allen Themen Alternativen, auch in der Flüchtlingsfrage (Abg. Lugar: Ja, überall!), ich höre täglich Ihre Alternativen. Es ist Ihnen unbenommen, für alles eine Alternative zu haben. Ich als Bundeskanzler respektiere, dass Sie zu allem eine Alternative haben.

Wir sprechen aber über die Verstaatlichung (Abg. Lugar: Genau! Also lassen Sie uns darüber weiter sprechen!), und in der Verstaatlichung war es meine Aufgabe, die Zuständigen nach ihren Alternativen zu fragen, dann bei den Verhandlungen zu unterstützen und nicht jetzt im Nachhinein zu philosophieren, was Sie besser gewusst hätten.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Herr Klubobmann! Sie haben in dieser Runde noch eine kurze Frage, dann verweise ich Sie auf die nächste Runde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie konnten Sie annehmen, dass ein Regierungskommissär zum Konkurs führt, wo doch im Gesetz steht, dass der Regierungskommissär genau die gegenteilige Aufgabe hat, nämlich – und so steht es im Gesetz –, dass er eben die Verpflichtung hat, die Aufgaben beziehungsweise Gefahren von den Gläubigern abzuwenden, für Sicherheit und Stabilität im Finanzsektor zu sorgen. Das ist genau die Aufgabe des Regierungskommissärs, und diese Aufgabe wollte er wahrnehmen und das führt nicht zum Konkurs, sondern genau zum Gegenteil des Konkurses, nämlich zu einer Stabilisierung. Das haben Sie mit dieser Entscheidung der Notverstaatlichung verhindert, denn der Regierungskommissär hätte in Wirklichkeit positive Effekte gehabt und nicht die, die Sie behaupten, nämlich Konkurs.

Werner Faymann: Wir haben das ja schon erläutert. Es geht nicht darum, was ich behaupte, sondern es geht darum, was vorgelegt wurde und was ich bis heute richtig finde, nämlich dass man auf Konsequenzen verschiedener Szenarien, auch des Regierungskommissärs, Geschäftsführung, alle Szenarien, die durchgespielt und geprüft wurden, auch das Übernehmen der Bank über das PartKapital mit Wandlung und so weiter – das alles hat in so einem Fall durchgespielt zu werden. – Ist passiert.

Dass Sie im Nachhinein irgendetwas richtig finden, von dem ich übrigens heute nicht überzeugt bin, dass es richtig gewesen wäre, ist Ihnen unbenommen. Aber mir werden Sie doch auch zugestehen, dass, wenn alle Varianten überlegt werden, ein Ausschließen des Konkurses empfohlen ist, die Verhandler sagen, es kommt die Verstaatlichung als einzige Lösung, um Schlechteres abzuwehren, dass ich dem zu folgen habe. Sonst braucht man keine Ministerien mit Eigenverantwortung, man braucht keine Verhandler, man braucht das alles nicht in der Republik. Dann würde es ausreichen, wenn ich durch die Gegend gehe und alles richtig mache.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Bundeskanzler! Das Problem an der Argumentation ist, dass das Fingerzeigen nicht bei den Ministern aufhört, sondern dass es dort munter weitergeht. Wir haben es schon gehört. Wir haben die Minister, auch Minister Pröll, hier gehabt. Auch er sagt, na eigentlich ist er für die Details, wie er es nennt, nicht verantwortlich, sondern er hat halt seine Beamten und Experten. Sie zeigen als Bundeskanzler runter zu den Ministern, die Minister zeigen runter zu den Beamten. Und was ist die Conclusio? – Es gibt keine politische Verantwortung. Dieses Land wird von Beamten regiert. (Zwischenruf des Abg. Kogler.) – Weiß ich nicht. Das ist, glaube ich, zu einfach, das ist zu billig. Die politische Verantwortung, die die Minister tragen, die politische Verantwortung, die der Bundeskanzler vor allem in seiner Gesamtverantwortung für die Bundesregierung trägt, kann man nicht so ohne Weiteres vom Tisch schieben. Dieses ständige Zeigen auf die Beamten und Experten, als hätten die das entschieden, finde ich wirklich unerträglich.

Zur Sache: Wir sind bei den Gewährleistungen stehengeblieben. Aber da möchte ich vorab noch zur Situation im Jahr 2009 fragen. Sie haben ja richtigerweise auch auf die kriminellen Vorgänge in der Hypo Alpe-Adria hingewiesen – meine Rede. Wie haben Sie dann die Entwicklung der Hypo Alpe-Adria im Jahr 2009 miterlebt? Das war ja sehr dramatisch. Was war da Ihr Gesamteindruck?

Werner Faymann: Ich möchte zuerst zu Ihrer grundsätzlichen Behauptung etwas sagen: Die teile ich nicht. Wir sind nicht von Beamten regiert, und die Beamten sind an allem schuld, sondern in unserer Republik gibt es hoch qualifizierte Beamte, die für ihre Tätigkeit den höchsten Respekt und Dank verdienen, die genauso wie Politiker nicht immer alles 100-prozentig richtig machen können, aber die von höchster Qualität und Erfahrung nach bestem Wissen und Gewissen vieles richtig gemacht haben in unserem Land, sonst würden wir heute nicht so dastehen mit der Stabilität, mit dem Ruf, den wir haben, mit der Stabilität etwa …

Das werden Sie doch bemerken, gerade das Finanzministerium hat eine ausgesprochen hohe Kompetenz zwischen dem Budget, das Ihnen vorgelegt wird und dem Jahresendergebnis. Also es ist in dem Ministerium eine ausgesprochen hohe fachliche Ebene. Ich kann Ihnen das in anderen Ländern zeigen, die wären stolz, wenn sie so hervorragende Leute hätten, wie wir sie im Finanzministerium, in der Notenbank, in anderen Bereichen haben und ich schätze diese Menschen. Daher rede ich mich nicht auf sie aus, sondern beachte ihre Vorgehensweise und Ratschläge. Dasselbe macht auch ein verantwortungsbewusster Minister, der natürlich in seiner Ressortverantwortung direkter dran ist. Der wäre auch schlecht beraten, wenn er auf die Idee käme, statt in der Nationalbank und dem Finanzministerium in irgendeiner Parteizentrale nachzufragen, was die für Alternativen hätten. Der ist gut beraten, die eigenen Leute ernst zu nehmen.

Wenn er wo eine Schwäche sieht, muss er die personell ändern. Der muss den Abteilungsleiter oder den Experten, wo er das Gefühl hat, hier ist eine Schwäche – da muss er als Ressortminister eingreifen. Das ist dann seine Aufgabe. Aber er kann nicht zum Schluss gegen seine eigenen Leute arbeiten. Das macht kein gescheiter Unternehmer, das macht kein ordentlicher Arzt und das macht auch kein guter Minister. Also muss er zum Schluss … Und das haben die getan – was ihnen vorgeschlagen, erarbeitet wurde, kontrovers diskutiert.

Und das war der zweite Teil Ihrer Frage: Was ist im Jahr 2009 passiert? Im Jahr 2009 ist viel passiert. Es ist der Bericht gekommen, dass es durch das Asset Screening zum Beispiel am 6.11.2009 einen zusätzlichen Kapitalbedarf von 1,4 Milliarden gibt. Das Finanzministerium hat meines Erachtens richtigerweise gefragt: Wie seht ihr das? Die OeNB hat sich das daraufhin angesehen und hat gesagt, sie schätzt den Kapitalbedarf auf eine Milliarde.

Natürlich kann man jetzt im Nachhinein sagen … Wirtschaftliche Entwicklung – es ist immer wieder zu Abwertungen in der Bank gekommen. Aber aus damaliger Sicht hat sich etwas aufgebaut, was Sie ja von den Abläufen – davon bin ich überzeugt – in allen Details kennen: Dass es im Jahr 2009 ersichtlich war, die Bank hat ein Problem. Es war aber daraus nicht abzuleiten, dass das in der Verstaatlichung endet, sondern es war daraus abzuleiten, dass man sich diesem Problem stellen muss, schon 2008 mit dem PartKapital und dass man sich auch 2009 dem Problem stellen muss. Wer muss sich dem Problem stellen? – Die Eigentümer. Das war unsere Herangehensweise und Haltung.

Und dann haben das Finanzministerium und die Nationalbank das beobachtet, zum Teil beurteilt, zum Teil nicht beurteilt, zum Teil sehr detailliert beurteilt, was mir nicht jedes Mal im Detail vorliegt, aber in der Gesamtlinie mit dieser Herangehensweise bis zu den Verhandlungen. Dort hat es sich zugespitzt, und in dieser Zuspitzung ist diese Entscheidung erfolgt.

Mir ist aber wirklich sehr daran gelegen, dass da nicht einer etwas auf den anderen schiebt – von dem halte ich nichts im Leben –, sondern dass man auch gemeinsam das Ergebnis trägt. Und wenn Sie diesen Brief, den der Herr Abgeordnete Jan Krainer verteilt hat, lesen, dass die Frau Präsidentin, die das ja auch mit wachsamem Auge und zu ihrer Begeisterung überprüft hat – ich kann mich erinnern damals, große Begeisterung –, auch durchaus Kritikpunkte aufgeworfen hat aus ihrer Sicht, aus ihren Aspekten im Nachhinein, wenn sie sagt: „Auch wenn es im Bericht nicht ausdrücklich gesagt wird, so kann es doch erschlossen werden“ – nämlich der Satz, Ihre Auffassung dem Gouverneur gegenüber –, „(…) dass die Insolvenz keine Alternative gewesen wäre, kann ich nur zustimmen“ … – Ich habe das schwarz auf weiß ja auch erst heute bekommen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Darf ich zur Ausgangsfrage zurückführen?

Werner Faymann: Wenn das stimmt, dann müssen doch auch Sie anerkennen, dass auch im Nachhinein niemand etwas auf den anderen abschiebt, denn ich wollte mich da streng gegen Ihre Behauptung wehren, da zeigt einer auf den anderen und schiebt auf den anderen etwas ab. – So geht das nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das bleibt Ihnen unbenommen. Ich würde nur gerne zur Ausgangsfrage zurückkehren; die hat sich auf die dramatische Entwicklung im Jahr 2009 bezogen. Zuerst hat es geheißen, mit dem PartKapital ist alles erledigt; dann 300 Millionen zusätzliches Kapital und es ist immer schlimmer geworden. Dann waren es die eineinhalb Milliarden vom PwC Asset Review und Anfang Dezember waren es 2 Milliarden, also innerhalb weniger Monate eine dramatische Entwicklung. Waren Ihnen diese Geschwindigkeit und die ständig neuen höheren Kapitalbedürfnisse bekannt?

Werner Faymann: Mir war die Entwicklung bekannt. So, wie Sie sagen, am 6.11.2009 ergibt das Asset Screening 1,4 Milliarden. Dann wird das am 12.11. vom Gouverneur beurteilt. Der hat gesagt, es ist eine Milliarde. Zum Zeitpunkt der Verhandlungen dann ist der Betrag 2 Milliarden, der ebenfalls im Rechnungshofbericht nachlesbar ist in den Schätzungen. Diese Entwicklung ging jetzt nicht gleichmäßig hinauf – 1,4, 1, 2 –, aber diese Entwicklungen aufgrund dieser Berichte sind mir natürlich bekannt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Okay, gut, das war Ihnen bekannt.

Hat Ihnen dann irgendjemand angesichts dieser steilen Kurve garantiert, dass bei 2 Milliarden € wirklich Schluss ist? Hat Ihnen irgendjemand garantiert, dass es nicht mehr als 2 Milliarden € werden können?

Werner Faymann: Schauen Sie, das ist bei internen Gesprächen meine Lieblingsfrage: Kannst du garantieren oder können Sie garantieren, dass das sozusagen das Ende der Fahnenstange ist, und dass da kein weiteres Unheil droht? Und jeder seriöse Gesprächspartner, den ich gegenüber habe, sagt: Ich würde es dir gerne garantieren, aber ich kann dir weitere Entwicklungen aus gutem Gewissen nicht vorhersagen.

Daher hat mir natürlich auch der Nationalbank-Gouverneur nicht garantiert, dass es bei diesen 2 Milliarden aus ist, sondern hat auf meine Frage, ob da nicht noch viel etwas Ärgeres kommen kann, gesagt: Das Unbekannte kann immer eintreten. – Und das ist richtig so.

Daher haben Sie recht: Ich hätte aus heutiger Sicht natürlich nicht geschätzt, was da noch alles passieren kann und schon gar nicht kriminelle Vorgänge, wenn ich da so ein … Da wäre ich ja ein Hellseher.

Aber es kann niemand, auch heute, zum heutigen Zeitpunkt … Vielleicht werden Sie sich irgendwann einmal mit diesen Tagen beschäftigen, die jetzt zur Hypo aktuell der Fall sind, dann werden Sie auch im Nachhinein bemerken, dass wir auch heute nicht ganz genau wissen: Wie ist die weitere Entwicklung nächste oder übernächste Woche? Denn die Unbekannte ist ja nicht darauf zurückzuführen, dass unsere Experten nicht klug genug oder erfahren genug sind, sondern die Unbekannte hat ja Entwicklungen, die man a) nicht sieht und b) durch andere Einflüsse zustande kommen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Sie haben vollkommen recht. Das konnte man nicht wissen und daher hat es Ihnen auch niemand garantiert, dass es nicht schlimmer werden könnte und es ist ja tatsächlich auch schlimmer geworden, nämlich sehr viel schlimmer.

Aber genau deswegen, weil man es eben nicht gewusst hat, weil es eben unbekannte Risiken waren, weil es Ihnen eben niemand garantieren konnte, dass es nicht viel schlimmer werden wird, musste man sich doch dagegen absichern.

Und deswegen – und da komme ich jetzt zur Ausgangsfrage von der letzten Runde zurück –: Warum in Gottes Namen hat die Bundesregierung namens der österreichischen Steuerzahler auf die Gewährleistung verzichtet? Denn genau das wäre das Instrument gewesen – übrigens jenes Instrument, das jeder von uns in Anspruch nimmt, wenn er auch nur ein Auto kauft, wenn er von einem Verkäufer etwas bekommt …

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen die Frage formulieren.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): … aber damit doch durchaus nicht bekannte, ungewisse Risiken verbunden sind, umso mehr bei einer Bank, die in kriminelle Machenschaften verstrickt ist. Da sichert man sich doch ab.

Warum hat man das unterlassen? Warum hat man auf die Gewährleistung verzichtet und in Kauf genommen, dass Bayern alle unbekannten Risiken los wird und alle unbekannten Risiken mit den Milliardenkonsequenzen den österreichischen Steuerzahler treffen?

Werner Faymann: Sie werden ja die Verhandler und deren Experten genau das gefragt haben. Und wenn ich das richtig wiedergebe – aber da sind Sie ja authentisch ohnehin von jenen, die hier Aussagen treffen, viel besser informiert –, dann haben die gesagt, dass es eine Diskussion gegeben hat: Was war erreichbar, das von den Bayern geleistet wird?

Das kennen Sie. Das kommt im Ministerratsvortrag vor, was von Bayern und Kärnten – insgesamt diese runde Milliarde – an Leistungen im Verhandlungsergebnis eingebracht wurde. Und jetzt kann man natürlich die Frage stellen: Und warum war nicht noch eine Gewährleistung dabei oder warum waren die Beträge nicht höher? – Weil die Verhandler – jetzt im Nachhinein – Ihnen, wahrscheinlich noch viel ausführlicher als mir damals, gesagt haben, dass sie bei ihren Verhandlungen das, was sie vorlegen, mit mühevollen harten Verhandlungen erreichen konnten und nicht mehr.

Und das ist jetzt nicht eine Schuld, wo wieder irgendwer auf irgendwen zeigt, sondern wo ich überzeugt bin, dass Sie mittlerweile viel mehr Unterlagen und auch stundenlange Aussagen dazu zur Verfügung haben als ich damals. Aber ich habe damals darauf vertraut, dass auf die Gewährleistung nicht vergessen wurde, die beizubehalten oder einzufordern oder einem Auto vergleichbar, sondern dass das Ergebnis, so wie es war, mit den Beiträgen, die wir bekommen haben, das Mögliche war und das Unmögliche nicht erreicht wurde.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Ich möchte auf eine Frage eingehen, die der Kollege Obernosterer bereits gestellt hat, nämlich zur Position der damaligen Kärntner Landesregierung im Vorfeld und auch nach der Notverstaatlichung anlässlich dieser dramatischen Situation.

Wie war da die Position? Was wurde Ihnen im Vorfeld berichtet? Welche Informationen, Resolutionen haben Sie bekommen? Was waren die Informationen, die Sie aus den Verhandlungen haben, und wie war auch die Position der damaligen Kärntner Landesregierung nach der Verstaatlichung?

Werner Faymann: Ich finde es jetzt auch im Nachhinein – auch der Herr Abgeordnete, der ja auch Fragen gestellt hat – einmal fair, dass man diese Landeshaftungen nicht mehr bestreitet. Eine Zeit lang war in der Öffentlichkeit nicht der Umgang mit den Landeshaftungen und die Zeitschiene, wann was fällig wird, sondern überhaupt die Tatsache, dass die Landeshaftungen überhaupt noch existieren, von Teilen der Kärntner Politiker in Frage gestellt, so als gäbe es das nicht.

Da musste sich natürlich die Bevölkerung fragen: Na wieso verstaatlichen die etwas und fühlen sich durch ein Risiko in diesen Verhandlungen so stark unter Druck, wenn es das Risiko gar nicht gibt? Also anders gefragt: Wozu fürchten sich Verhandler vor einem Risiko, wenn es nicht existiert?

Und da hat sich aber jetzt schon herausgestellt, dass die Verhandler und deren Experten recht hatten, dass diese Haftung existiert, und dass dieses Geplänkel – die Haftungen gab es nach dem Verkauf nicht mehr und die haben sich nur die Verhandler eingebildet und so –, dass dieses politische Geplänkel als politisches Geplänkel entlarvt wurde, das zwar immer wieder – manches Mal sogar erfolgreich – zur Verunsicherung beiträgt, aber es hat sich herausgestellt – so, wie Sie eben auch fragen –, dass diese Stellungnahmen von Teilen Kärntens, einfach falsch waren. Und ich bin froh, dass Kärnten mittlerweile gemeinsam einen Weg eingeschlagen hat, der in enger Kooperation mit dem Finanzministerium versucht, das Beste daraus zu machen.

Ich bin kein Prophet, aber ich wage eine Prophezeiung, dass wieder jemand nachher feststellen wird, dass im Zuge auch dieser aktuellen Rettungen wieder irgendjemand sagt: Es hätte eine Variante gegeben, die wäre vielleicht noch viel besser gewesen als die jetzige. Davor ist man als Verantwortungsträger nicht gefeit. Aber davor braucht man sich auch nicht zu fürchten, sondern dazu muss man stehen. Man muss dazu stehen, dass man den Kärntner Verantwortlichen erklären musste, dass es ihre Landeshaftung ist, die uns bei den Verhandlungen so in Schwierigkeiten gebracht hat, ohne die die Verhandlungen leichter gewesen wären. Ich will ja nicht sagen ganz einfach, aber leichter, um 19 Milliarden einfacher, und dass wir das jetzt gemeinsam so gut wie möglich abarbeiten müssen; und dass daher der Dialog damals mit Kärnten wichtig war, und dass ich das Gefühl habe, dass zum heutigen Zeitpunkt – durchaus auch durch Ihre Öffentlichkeitsarbeit, die ja im U-Ausschuss begonnen hat, darüber aufzuklären – das einmal klargestellt wurde: Die Verhandler haben sich die 19 Milliarden nicht eingebildet, sondern sie lagen am Tisch.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Ich möchte noch einmal die Frage präzisieren. Ich möchte nämlich auch ganz konkret wissen: Was hat die Kärntner Landesregierung im Vorfeld der Notverstaatlichung getan, während der Verhandlungen und auch in der Zeit danach? Welche Informationen haben Sie dazu? Ist man dieser Rolle aktiv nachgekommen? Wurde die Notverstaatlichung im Nachhinein kritisiert? Hat man sie positiv gesehen? Was war die Position des Landes? Was hat man im Vorfeld getan? Ist man aktiv geworden? Ist man mit Rechtsgutachten nach Wien gefahren? Was waren Ihre Wahrnehmungen? Welche Informationen haben Sie, wie das Land Kärnten auf diese dramatische Situation reagiert hat?

Werner Faymann: Meine Wahrnehmung ist, dass das Finanzministerium und auch die Nationalbank Kärnten auf seine Verpflichtungen aufmerksam machen mussten, ihnen die Realität erst klarlegen mussten und auch in der Folge viel Arbeitsaufwand verwenden mussten, um klarzulegen: Da kann man nicht einfach mit parteipolitischer Polemik antworten, sondern da muss man sich den Realitäten stellen.

Und diese Realitäten heißen nicht: Wien ist schuld, sondern diese Realitäten heißen: Man muss sich gemeinsam – so wie das ja jetzt passiert – nach bestem Wissen und Gewissen dieser Vergangenheit stellen.

Fakten zu bestreiten, wäre falsch, und da hatten die Regierungsmitglieder und auch die Finanzbehörden sehr viel zu tun, und es gab sicher auch in Kärnten immer Politiker, die das richtig gesehen haben und die mitgeholfen haben, hier wieder Wien und Bund auf eine gemeinsame Linie zu bringen.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, bevor Sie weiterfragen, möchte ich den Ausschuss darüber informieren, dass, wie Sie ja wissen, die Verfahrensordnung vorsieht, dass die Befragungsdauer drei Stunden nicht überschreiten soll. Das ist aber bereits jetzt der Fall. Ich werde spätestens nach vier Stunden die Befragung für beendet erklären.

Herr Abgeordneter Kucher, Sie sind jetzt wieder am Wort.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Ich möchte auf ein Protokoll einer Landtagssitzung in Kärnten eingehen, das der Abgeordnete Obernosterer gestern verteilt hat. Da gibt es sehr, sehr harte Vorwürfe auch in Ihre Richtung, nämlich in der Rolle als Parteivorsitzender.

Da wird Kollege Darmann zitiert, nämlich damit, dass er am Anfang seiner Rede noch von einem Rettungspaket spricht, dann rühmt er sich, wie toll auch die freiheitlichen Regierungsmitglieder eben dieses Rettungspaket verhandelt haben. Daraufhin geht es aber mit sehr harten Vorwürfen los, die wir heute auch aufklären sollten:

„Im Gegenzug dazu hat die SPÖ Kärnten mit ihren Freunden in Wien – und da rede ich von den Parteifreunden der SPÖ in Wien – samt den SPÖ-nahen und grünnahen Journalisten am Küniglberg in Wien gemeinsam mit (…) Möchtegernwirtschaftsjournalisten in den Parteizentralen in Wien und Graz versucht, mit primitiver und sachlich falscher wie substanzloser Hasstirade, eine nach der anderen, gegen diesen wichtigen Arbeitgeber in unserem Land – direkt oder indirekt – gegen das Land Kärnten (…) vorzugehen.“ – Und die Kärntnerinnen und Kärntner damit zu schädigen. – „Und das ist von uns auf das Schärfste zu verurteilen!“

Also es hat eine Verschwörung, eine Kampagne gegeben von …

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Kann man das Dokument, aus dem Sie zitieren, zur Verteilung bringen?

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Ich habe das selbst gestern sozusagen nur in der Verteilung bekommen; das ist nicht im Aktenbestand, das ist ein Protokoll einer Sitzung des Kärntner Landtages. Deswegen habe ich es gerade verlesen, es ist auch gestern verteilt worden.

Also: Möchtegernwirtschaftsjournalisten gemeinsam mit SPÖ und Grünen.

Vorsitzende Doris Bures: Auch wenn es gestern schon verteilt wurde, würde ich ersuchen, wenn man aus einem Dokument zitiert – das scheint ein Landtagssitzungsprotokoll zu sein –, auch die Dokumentennummer bekanntzugeben und das Dokument zur Verteilung zu bringen.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Ich kann keine Dokumentennummer nennen, weil es erst gestern vom Kollegen Obernosterer verteilt wurde. Es sollten aber alle bekommen haben.

Kurzfassung: Es soll eine Verschwörung von Möchtegernwirtschaftsjournalisten – das war sozusagen der Anlass – gemeinsam mit SPÖ und Grünen gegeben haben. Wenn es um Kärnten geht, dann geht die Hetzkampagne außerhalb von Kärnten los, und der Abgeordnete Scheuch – das kann ich sagen – war damals so erbost, dass er hineingeschrien hat: „Landesverräter!“

Das war sozusagen die Stellungnahme. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Haben Sie mitgewirkt? Hat es eine Verschwörung von SPÖ, Grünen und Möchtegernwirtschaftsjournalisten gegeben? (Abg. Darmann: Herr Kanzler! Sie stehen unter Wahrheitspflicht!)

Werner Faymann: Herr Abgeordneter! Sie wissen, dass es keine Verschwörungen gibt, die große differenzierte Probleme einfach erklären lassen, indem man einfach Verschwörer identifiziert und damit glaubt, das Problem gelöst zu haben. Das wissen Sie; das ist ein Mittel, das in der Aufklärung keine sinnvolle Rolle spielt. Verschwörungstheorien dürfen grundsätzlich nicht von Wirklichkeiten ablenken, daher: Nein. Ich bin davon überzeugt, dass die Fragen, die bisher auch von der FPÖ an mich gerichtet wurden, diese Verschwörungstheorie nicht beinhalten, und ich wäre auch sehr daran interessiert, dass man auch am Ende des Ausschusses klar macht, was Sache ist – mit allen Fehlern, Stärken und Schwächen –, da wird aber eine Verschwörung nicht dabei sein.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Ist Ihnen bekannt, dass es einen Tag nach der Notverstaatlichung eine Resolution des Landes Kärnten an die Bundesregierung gegeben hat, in der der damalige Staatssekretär Ostermayer aufgefordert wurde, die „Kärnten feindliche“ Berichterstattung im ORF abzustellen? Dort hat es auch geheißen, dass es auch auf das Schärfste zurückzuweisen ist, dass die Kärntner Landespolitik für die Probleme und Verluste der Hypo Alpe-Adria verantwortlich zeichnet.

Werner Faymann: Ich kann mich jetzt nicht daran erinnern, bin aber überzeugt davon, dass das heute, wenn die FPÖ zu den Vorgängen der Kärntner Landeshaftung Stellung nimmt, doch anders aussehen würde als die Stellungnahmen damals. Jedenfalls hoffe ich, dass eine gewisse Sachlichkeit in diese Diskussion eingezogen ist, die auch dringend notwendig ist, weil die Bevölkerung natürlich ein Recht darauf hat, zu erfahren, was dazu geführt hat, wo gut gearbeitet worden ist, wo im Nachhinein eine Fehlleistung zu erkennen ist, was wir daraus lernen, welche Konsequenzen wir ziehen; aber sie sollte nicht mit Verschwörungstheorien behelligt werden.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Ich frage das nämlich auch ganz bewusst, weil das in mehreren Befragungen hier im Ausschuss deutlich geworden ist. Es hat seit Beginn der 2000er Jahre immer wieder Kritik gegeben, Verfehlungen in der Hypo wurden aufgezeigt. Das wird jetzt klar, dass es auch immer wieder Alarmsignale gegeben hat.

Eine Linie zeichnet sich aber ab; es wurde auf Kritik immer in ähnlicher Art und Weise argumentiert, und das Spannende ist, sowohl Bankmanager als auch Landespolitik haben das gemacht. Die Argumentation war immer gleichlautend. Es hat geheißen, das sind Landesfeinde; es hat geheißen, das ist eine Verschwörung aus Wien; es wurde auch bestätigt, es hat Klagswellen gegen Kritiker gegeben, mit denen man sich gerühmt hat, und es hat immer geheißen, eine erfolgreiche Kärntner Bank wird schlechtgemacht, es gibt keinen Grund für Kritik.

Vorsitzende Doris Bures: Ich muss Sie auf die Redezeit Aufmerksam machen.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Glauben Sie, dass diese politische Kultur im Land auch dazu beigetragen hat, dass man eben derartig auf Kritik reagiert hat, und dass es immer nur Angriffe und Wiener Verschwörungen waren, die dazu beigetragen haben?

Werner Faymann: Ich wünsche mir, dass alles Unqualifizierte, alles Pauschalierende, alles in Richtung Aufhetzung gehende in unserem Land zurückgedrängt wird und dass die Kräfte die Mehrheit haben, die sich auf sachliche Fragen konzentrieren. Das würde dem Land insgesamt guttun, und meine Hoffnung ist, dass auch dieser Ausschuss bei allen Unterschiedlichkeiten und bei aller Emotion, die die Menschen haben, sich auf dieses Wesentliche konzentriert und Abstand von jeder Art von Abqualifizierung, Pauschalqualifizierung gegen Wien, gegen den Bund, gegen andere Bundesländer nimmt; das hat in unserer Republik nichts verloren.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich fasse einmal kurz zusammen, dass mit Ausnahme der Kärntner Abgeordneten und der Freiheitlichen alle anderen Abgeordneten der anderen Parteien schwerst darum bemüht sind, Kärnten in dieser Frage als Alleinschuldner hinzustellen, und offensichtlich der Kärnten-Hass des Herrn Schieder Wirkung gezeigt hat.

Beim Herrn Bundeskanzler fasse ich zusammen, dass er offensichtlich keine oder nicht ausreichende oder eventuell falsche Informationen erhalten hat. Er ist nicht in die Verhandlungen eingebunden gewesen, ebenso wie die Kärntner, die sogar per Resolution – das ist auch aktenkundig, und das haben wir auch vorgelegt – diese Einbindung erbeten haben. Es ist eine Resolution an die Bundesregierung geschickt worden, die ignoriert wurde, und das bei einer Entscheidung, die am Ende des Tages für den österreichischen Steuerzahler 8 bis 10 Milliarden € kosten wird, womit von Ihnen 7 000 Arbeitsplätze vernichtet wurden und wodurch heute noch 10 Milliarden an Haftungen im Land Kärnten bestehen. (Abg. Krainer: Unglaublich! – Zwischenrufe der Abgeordneten Darmann, Krainer und Lugar.)

Herr Bundeskanzler! Jetzt meine Frage – der Herr Krainer weiß schon wieder die Antwort –, Herr Bundeskanzler, haben Sie noch Vertrauen zu Ihrem Koalitionspartner?

Werner Faymann: Herr Abgeordneter! Ich möchte versuchen, auch in diesem Ausschuss als Auskunftsperson zu agieren und nicht mit Ihnen in eine politische Diskussion mit Schuldzuweisungen einzutreten. Ich möchte daher nur den sachlichen Teil Ihrer Frage beantworten.

Ich bin davon überzeugt, dass Kärnten mit diesen Landeshaftungen richtig entscheidet, mit dem Bund, mit dem Finanzministerium heute – auch in der Gegenwart – Lösungen zu finden, wie wir in der Lage sind, diese vergangenen eingegangenen Risken möglichst gut abzuarbeiten. Ich würde Ihnen zugestehen, dass man, wenn eine Feuerwehr im Einsatz ist, im Nachhinein sagen kann, das und das hätte anders passieren können.

Ich möchte Sie aber ersuchen, dass auch in Ihrer politischen Stellungnahme, glaube ich, unserem Land am meisten gedient ist, wenn man einfach Realitäten und Fakten zur Kenntnis nimmt. Sie können sich bei mir und bei uns sicher sein, dass sich Kärnten als ein Bundesland von Österreich darauf verlassen kann, in Wien genauso behandelt zu werden, wie ein Wiener oder ein Niederösterreicher oder jemand anderer, weil jeder Bürger in unserem Land gleich viel wert ist, und dass daher die Kärntner auch ein Recht darauf haben, dass wir gemeinsam an der Lösung dieser Hypo-Frage arbeiten, aber die politischen Konsequenzen richtig ziehen, nämlich die Konsequenzen ziehen, dass nie wieder ein Bundesland – egal, welches – so eine Haftung einfach eingehen kann – intransparent und unbekannt –, dass sich nie wieder eine Entwicklung einer Bank oder einer anderen Einrichtung, für die man haftet, so verselbständigen kann, und dass die Kontrollen auf europäischer Ebene so scharf sind, dass man nicht nur auf die eigene Aufsicht angewiesen ist, die natürlich, gerade wenn es um andere Länder geht – Südosteuropa et cetera –, logischerweise eine europäische Aufsicht sein muss und daher auch einen anderen Level an Spielraum bekommen muss, wenn sie auf europäischer Ebene tätig ist. Sie können sich sicher sein, dass wir diese Konsequenzen konsequent gemeinsam politisch vorantreiben.

Diese Transparenz für Haftungen gibt es mittlerweile, daher ist die Streiterei, wer sie eingeht, zumindest transparent. Die Beschränkungen, die ich mir auch wünschen würde, gibt es noch nicht, werden auch von den Ländern sehr unterschiedlich gehandhabt und sind in der Umsetzung noch lange nicht dort, wo wir als Konsequenz dieser Haftung sein sollten. Auf europäischer Ebene gibt es die ersten Ansätze dieser Kontrollen und der gemeinsamen Einlagensicherung, aber das ist auch erst am Beginn.

Ich glaube, wenn wir die Polemik der politischen Vergangenheit zurückdrängen und die Konsequenzen aus diesem Verhalten in den Vordergrund stellen, dann liegen wir richtig. Als Politiker sollte man in bester Absicht versuchen, richtig zu liegen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich will wieder bei meinem Thema von vorher anknüpfen – beim Wandlungsrecht, der Option, die man ja offensichtlich nicht betrachtet hat oder nicht betrachten wollte. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Ich darf Ihnen dazu eine APA-Meldung vom Dezember 2009 – vom 6. Dezember 2009 – vorlegen, in der im Untertitel steht:

„Faymann: ‚Kein Staatsgeld ohne Sanierungskonzept unter maßgeblicher Aktionärsbeteiligung‘ - Umtausch der Staats-PS könnte BayernLB-Anteilswert schrumpfen - Zores aus Brüssel“

Weiter unten steht dann – es ist gelb markiert, damit man es leicht findet –:

„Mit Blick auf die bereits gewährten Staatshilfen aus Österreich ortet die Münchner ‚Abendzeitung‘ (Samstagausgabe) in Sachen Hypo ein abgekartetes Spiel. Würde die Hypo Alpe Adria nach den Entwicklungen der kommenden Woche zwangsverstaatlicht, gingen die Bayern leer aus. Österreichs Finanzminister Pröll half den Bayern 2008 aus der Patsche - mit der PS-Staatshilfe von 900 Mio. für die Hypo Alpe Adria. Er verlangte ein Faustpfand: Das Kapital kann jederzeit in eine Beteiligung Österreichs an der Bank umgewandelt werden. Die Umtauschquote hielt man geheim. Demnach wären, wenn Österreich die Option zöge, die Anteile Bayerns nur noch einen Bruchteil wert, so die Abendzeitung, die von einem guten Druckmittel spricht und im übrigen gleich Raiffeisen Gusto auf die Hypo, möglichst zum ‚Nulltarif‘, nachsagt.“

Erste Frage: Hat man dieses Druckmittel gegenüber den Bayern verwendet?

Zweitens: Ist Herr Pröll, damaliger Finanzminister, zu Ihnen gekommen und hat gesagt, er will das eigentlich nicht, weil man vielleicht über die „Raiffeisen Gusto auf die Hypo“ hatte?

Werner Faymann: Nein, der Herr Finanzminister hat das nicht gesagt. Der Herr Finanzminister sowie auch alle anderen Verantwortlichen haben natürlich abzuwägen, was so eine Umwandlung an Vorteilen und an Nachteilen auslöst. Nun hat zuerst der Herr Abgeordnete Krainer dazu Stellung genommen, in seinem Vergleich wäre eine Umwandlung sozusagen noch weit schlechter gewesen, mit der man dann die Bank besitzt und nichts zusätzlich bekommt. Ich bin überzeugt, dass, so wie heute hier eine Diskussion stattfindet, das damals im Finanzministerium stattgefunden hat und dass der Herr Finanzminister diese Diskussion seiner Experten auch nicht untersagt hat, sondern dass alle Varianten – auch diese Umwandlungsvariante – genauestens geprüft wurden.

Wenn Sie von jenen, die das damals geprüft haben, das wissen wollen, bin ich überzeugt, Sie haben alle Möglichkeiten, das zu erfragen, aber es ist deshalb mit Sicherheit, wenn man eine Variante vorschlägt und die jetzt sozusagen in Kurzfassung als Lösung darstellt, noch lange nicht eine wirkliche Lösung, sondern einmal nur eine von Ihnen behauptete. Daher kann ich Ihnen sagen: Ich gehe davon aus, weder die Nationalbank noch das Finanzministerium haben darauf vergessen, eine Lösung zu prüfen.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter! Sie haben jetzt in dieser Runde – ohne lange Erklärungen – eine kurze Nachfrage, aber wirklich eine kurze Nachfrage ohne lange Ausführungen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Mit Vorlage eines Dokuments, bitte.

Vorsitzende Doris Bures: Dokumentennummer?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wir legen zuerst das Dokument vor: Dokumentennummer 24179. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist ein Protokoll der Gespräche vom 12. Dezember 2009. Also Folgendes ist nicht meine Meinung, sondern die vom heute schon heiliggesprochenen Herrn Nowotny – auf Seite 5 –:

„Er rate jedenfalls davon ab, dass die BayernLB ihre Anteile komplett abgibt und ausschließlich der Bund die Beteiligungen der HGAA hält.“

Vorsitzende Doris Bures: Sie können sich das Dokument auch ansehen, und dann würde ich wirklich nur die eine Frage dazu noch formulieren lassen. Ansonsten können Sie möglicherweise dann in der nächsten Runde nachfragen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Jetzt zu meiner Frage: Sie hatten, wie schon vorher ausgeführt, mit den gesetzlichen Grundlagen, mit dem Vertrag alle Möglichkeiten, diese Variante umzusetzen – das sogenannte Burden Sharing. Das ist auch in den Unterlagen von der Nationalbank, die Ihnen der Herr Krainer vorgelegt hat, auf Seite 36 ausgewiesen.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Warum wurde diese Variante nicht umgesetzt? – Danke.

Werner Faymann: Einmal, Herr Abgeordneter, wenn Sie selbst ein Dokument vorlegen, in dem eine Variante behandelt wurde, dann müssen Sie doch Gelegenheit dazu gehabt haben, alle Pro- und Kontra-Argumente zu kennen, oder noch im Rahmen dieses Ausschusses die Gelegenheit dazu haben, diese von den Auskunftspersonen, die direkt damit beschäftigt waren, zu erfragen.

Ich gehe davon aus, dass diese Varianten – genauso wie das Burden Sharing, das ja während der Verhandlungen an diesem Wochenende vertreten wurde – ausreichend geprüft und von den Verhandlern ordnungsgemäß eingefordert wurden, dass es sich da niemand leicht gemacht hat, etwas Einfacheres nicht zu tun. Also liegt es vielleicht daran, dass es eben nicht einfacher und nicht wirkungsvoller ist, sondern es liegt eben daran, dass das möglicherweise Ihre Meinung ist; aber es wurden alle Szenarien durchgespielt und sie haben den Verlauf gebracht, wie er dann bei den Verhandlungen war, und da war eben diese Variante nicht dabei oder nicht ausreichend dabei.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Ich darf drei Dokumente vorlegen, und zwar geht es um die außerordentliche Sitzung der Kärntner Landesregierung am 18. Dezember, um die 10. Sitzung des Kärntner Landtages am 17. und 18. Dezember 2009 und um die Aktuelle Stunde, die damals auch stattgefunden hat. Nur damit die Akten vorliegen, kann ich das vorlesen.

Ich meine, Herr Kollege Angerer, ich schätze dich als Bürgermeister wirklich sehr, aber wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, hat der Bund bei der Verstaatlichung 7 000 Arbeitsplätze vernichtet. So, wie ich dich kenne, kannst du nur heruntergelesen haben, was dir jemand vorgeschrieben hat, denn das kann wirklich nicht dein Ernst gewesen sein. (Abg. Angerer: Ich leihe es dir!) Das ist der Kommentar von mir dazu.

Zur außerordentlichen Sitzung der Kärntner Landesregierung und zum Thema nach der Verstaatlichung: Eines ist mir nicht ganz klar, ich komme da einfach nicht ganz mit und bin eigentlich wirklich froh, dass es den Ausschuss gibt, weil er hat schon einiges zuwege gebracht hat. Als die Kärntner nach diesem Abschluss nach Hause gefahren sind, ist das in Kärnten bejubelt worden – das wissen wir alle aus den Medien –, und am meisten ist es damals von den freiheitlichen Verhandlern in Kärnten bejubelt worden, sie haben auch noch den Finanzminister und die Bayern gelobt und auch noch gesagt: Die Kärntner sind zweimal Sieger gewesen – einmal beim Verkauf der Hypo und jetzt bei der Verstaatlichung sind wir wieder die Sieger gewesen.

Herr Darmann, der jetzige Fraktionsführer von den Freiheitlichen, hat in der Aktuellen Stunde eine Rechnung aufgestellt, in der Kärnten ein Nettogewinner mit 800 Millionen € gewesen ist. Was ich jetzt nicht verstehe ist, warum jetzt dieselben Kärntner Freiheitlichen diese Verstaatlichung aber als das größte Schlamassel hinstellen. Haben Sie da eine Ahnung, wie man darauf kommt? Da muss ich doch einmal Sie fragen, Herr Bundeskanzler. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Werner Faymann: Sehr verehrter Herr Abgeordneter! Ich kann es nachvollziehen, was Sie sagen. Ich bin wahrscheinlich eine schlechte Auskunftsperson darüber, warum die FPÖ eine bestimmte Öffentlichkeitsarbeit führt. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich hoffe, dass auch dieser Ausschuss dazu beiträgt – und das kann ja nur ein gemeinsamer Wunsch in unserem Land sein –, dass man sagt: Die damalige Kärntner Landeshaftung hat uns in ganz Österreich in Schwierigkeiten gebracht, und jetzt haben wir versucht, gemeinsam das Beste daraus zu machen.

Es ist uns mit gut qualifizierten Institutionen des Landes geglückt, einiges ist am Weg verbesserungsfähig und einige Schwächen haben sich im Zuge dieser Rettungsverfahren vielleicht auch aufgezeigt. Wir haben das aber gemeinsam bewältigt, so wie Sie das sagen. Da würde ich Sie sehr dabei unterstützen, dass man da jede Polemik – einmal ist es Begeisterung, einmal ist es Verfolgung, einmal ist es gegen Kärnten – beiseite schiebt und sich auf die harten Fakten konzentriert.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Okay, danke. Ich habe deshalb diese drei Dokumente vorgelegt, sodass jeder, den es interessiert, das wirklich einmal durchlesen kann, welche Lobeshymnen da darüber gemacht worden sind – von der Regierungssitzung über die Landtagssitzung bis zur Aktuellen Stunde –, dass diese Verstaatlichung, so wie sie stattgefunden hat, durchgezogen wurde.

Würden Sie heute etwas anderes machen?

Werner Faymann: Ich meine, man tut sich natürlich immer leicht, im Nachhinein zu sagen, ich hätte als Hellseher bei der Verhandlung den Hypo-Leuten gesagt: Na, wisst ihr, was da noch alles drinnen ist, was da noch alles auf uns zukommt?, und so weiter. Ich hätte mit Hellseherbegabung damals wahrscheinlich gesehen: Die Kärntner wollen so eine Haftung machen. Aber das ist eben nur für Hellseher möglich, und der bin ich leider nicht. Und ich hätte als Hellseher auch den Kärntnern gesagt: Bitte, geht nicht so eine Haftung ein, denn wer weiß, was aus dem noch wird!

Da ich aber kein Hellseher bin, muss ich Ihnen zugestehen, dass mit den Möglichkeiten, die damals aufgeboten waren, die Verhandler aus meiner Sicht eine Entscheidung getroffen haben, die das Mögliche war. Und mehr haben sie selbst ja nicht behauptet. Es hat sich ja keiner der Verhandler bejubelt, sondern es hat ja jeder Verhandler gesagt, wir mussten das Schlechtere abwenden. Und das Schlechtere ist ein Konkurs.

Und diese Redlichkeit, die unterstelle ich auch heute noch. Und insofern muss ich Ihre Frage so beantworten, dass ich auch heute noch der Meinung bin, sie sind redlich vorgegangen.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Danke, Herr Bundeskanzler. Und jetzt sage ich das nicht als Abgeordneter, sondern als Kärntner, hier traue ich mich, das dazuzusagen: Ich bin nach wie vor hundertprozentig sicher, dass das für Kärnten eindeutig die beste Lösung war.

Wenn ich weiß, was der Bund bis jetzt gezahlt hat, wenn ich weiß, was die Bayern bis jetzt gezahlt haben und wenn ich weiß, was Kärnten bis jetzt – hoffentlich inklusive des Abschlusses, der in der HETA drinnen läuft – zu leisten hat, wissen wir, dass es zwar der österreichische Steuerzahler und die Bayern waren, die für dieses Hypo-Desaster zahlen müssen, aber nicht der Kärntner selbst. Das möchte ich noch feststellen und das ist auch aufgrund von Fakten zu belegen.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, wenn Sie eine Frage haben, müssen Sie sie jetzt kurz formulieren.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Das war keine Frage, danke vielmals, Frau Vorsitzende. Danke, keine weiteren Fragen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wie gesagt: Nicht einmal ich würde allen dort die Redlichkeit absprechen wollen – im Gegenteil, einigen zusprechen , aber es geht ja nicht um Hellseherei oder nicht.

Aber genau, weil nicht hellzusehen ist, ist ja der Bewertungsmaßstab – und da bin ich wieder bei der Ausführung der Kommission von Frau Dr. Griss, die im Übrigen dem Bewertungsmaßstab und dem, wie sie ihre Urteile herleitet, ausführlich Platz gibt – ... Nämlich dann, sage ich, salopp zusammengefasst, geht es um Verhandlungsvorbereitung und um Verhandlungsführung.

Und genau, weil man ja nicht weiß, was kommt, kann man sich ja einmal erstens – das hatten wir aber vorher – über die Situation des anderen Gedanken machen. Das waren die Bayern, da wissen wir, was Nowotny Ihnen gesagt hat.

Ich würde das mit dieser Gewährleistung nicht so einfach auf die Seite schieben. Warum? Gewährleistung, Herr Kanzler, kann man nicht einfach irgendwie quasi herbeiverhandeln oder was, auf die muss man explizit verzichten, juristisch. Und das muss man jetzt in der Situation einmal herbringen, dass man ausdrücklich auf Gewährleistungsansprüche verzichtet.

Und deshalb ist meine erste Frage: Sie sind ja in der Nacht einmal, oder gegen Morgen, telefonisch kontaktiert worden, wenn die Aufzeichnungen und Aussagen anderer stimmen. (Auskunftsperson Faymann: Ja!) Hat das da irgendeine Rolle gespielt? Es ging schon um die Katze im Sack, das unterstelle ich einmal. Im Nachhinein wissen wir, dass es die bösartigste Katze war, die im Sack stecken konnte. Aber hat das nicht irgendwie bei den Informationen eine Rolle gespielt? Oder bei Ihren Nachfragen?

Ja eh, jetzt haben die gesagt: Eineinhalb Milliarden Kapitalbedarf, da stehen wir jetzt, ob es dabei bleibt, wissen wir nicht. Das glaube ich nicht, dass alle Beteiligten gesagt haben, das ist es und nichts mehr. Das steht auch nirgends so. Aber dass immer alles um ein Vielfaches falsch war bei der Hypo, war ja bis dorthin schon empirisch belegt. Das kann ja auch Ihnen nicht verborgen geblieben sein. Also: Was hat man Ihnen gesagt und was haben Sie rückgefragt zur Frage der weiteren Risiken? Darum geht es bei der Gewährleistung!

Werner Faymann: Schon. Das setzt aber voraus, Herr Abgeordneter, dass es möglich gewesen wäre, die Gewährleistung auszuverhandeln.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nein, das Recht steht ja zu!

Werner Faymann: Ja, dieses ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Die muss man ausschließen! (Auskunftsperson Faymann: Ja, schon!) Und irgendwer von unseren Verhandlern hat das ausgeschlossen. Kennen Sie den im Übrigen?

Werner Faymann: Herr Abgeordneter, wenn man die Gewährleistung, die drinnen stehen sollte ... Wenn man die Gewährleistung in einem Vertrag haben möchte, braucht man die Unterschrift des anderen. (Abg. Lugar: Die ist immer da!)

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nein, man muss selber unterschreiben, dass man auf Gewährleistung verzichtet. (Auskunftsperson Faymann: Eben!) Sie reden von Garantien.

Werner Faymann: Nein, von Gewährleistung. Wenn jemand, der verhandelt, der Meinung ist, er leistet einen gewissen Beitrag – und dazu haben sich ja die Bayern auch verpflichtet –, und dann zustande kommt – ich war ja bei den Verhandlungen, auch bei diesem rechtlichen Abschnitt, nicht dabei –, dass das einen Gewährleistungsverzicht voraussetzt ... Es werden ja unsere Verhandler und unsere Experten nicht vorgeschlagen haben, auf die Gewährleistung zu verzichten. Sind wir uns da einig? (Abg. Lugar: Das wissen wir nicht!)

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das wollen wir ja ergründen.

Werner Faymann: Da haben ja Sie die Möglichkeit, zu befragen. Aber ich kann mir nicht vorstellen ... (Abg. Lugar: Haben Sie ...?) So eine Frage würde mir nicht einfallen, weil ich davon ausgehe, dass jemand, der sich das rechtlich anschaut, ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Okay, bei Ihnen ist dieses Thema nicht so vorbeigekommen.

Werner Faymann: Bei mir ist es nicht ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wir werden eh den Herrn Peschorn nächste Woche befragen.

Werner Faymann: Gut.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Der hat nämlich in seiner Verhandlungsunterlage als letzten Punkt bis sechs Uhr morgens mitgeschliffen gehabt: Gewährleistung aufrechtzuerhalten. Und innerhalb von einer Stunde ist das verschwunden. Genau in der Zeit, wo man zwischenzeitig mit Ihnen telefoniert hat. Aber das kann ja sein, dass Sie das nicht angesprochen haben, und die verramschen das trotzdem.

Werner Faymann: Nein.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Sie waren es nicht. Gut, dann haben wir das.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine Frage noch in dieser Runde.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Genau. Er war es nicht. Und die einzige Frage, die mich da noch interessiert, ist ja – weil wir immer den Herrn Nowotny hier ins Zentrum rücken notgedrungen: Es sind doch jene Nationalbank und jener Nowotny gewesen, die genau auf den Tag, 14. Dezember vorher, einen Auftrag für dieses Not-distressed-Gutachten gekriegt haben. Da brauche ich keine Details zu nennen.

Vorsitzende Doris Bures: Sie müssen die Frage formulieren.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber der Punkt ist doch: Es muss zu dem Zeitpunkt – das haben alle erhoben, das haben Ihre Mitarbeiter tagelang vorher gemailt bekommen  die seltsame Geschichte des Inhalts dieses Gutachtens ...

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, formulieren Sie bitte die Frage!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Dass man dort von mehreren hundert Millionen Gewinn ausgegangen ist – auch für das Jahr 2009 –, die zu dem Zeitpunkt in einer Art und Weise Makulatur waren, dass es bereits Milliardenverluste waren. Und denselben Leuten hat man vertraut. Und das ist noch einmal die Frage, ob Sie nicht irgendwann Ihre Meinung zur Nationalbank überdenken möchten. Sie beschicken Posten ..

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich verweise Sie für weitere Ausführungen auf die nächste Runde. Die Frage ist formuliert und am Wort ist der Herr Bundeskanzler.

Werner Faymann: Wenn man eine Institution danach betrachtet, ob sie irgendwann im Nachhinein gesehen etwas anders beurteilen hätte sollen, dann, glaube ich, kommt man irgendwie zur Erkenntnis, man könnte überhaupt keiner Institution vertrauen. Und bei allem Respekt, Herr Abgeordneter, ich bin mir auch nicht sicher, ob Sie immer alles richtig machen und das gewährleistet ist und gesichert ist. (Zwischenruf des Abg. Kogler.)

Und daher habe ich bei Ewald Nowotny, aber auch bei der Nationalbank so oft gesehen, dass mit so hoher fachlicher Kompetenz, Analysefähigkeit ... Auch auf europäischer Ebene gehört sicher unsere Nationalbank zu den besonders anerkannten, deren Urteil oft gefragt und gesucht ist. Ich hatte oft Gelegenheit auch im Kreis der Europäischen Zentralbank, über die hohen Qualifikationen des Ewald Nowotny zu hören. Es hat mich gefreut, dass immer wieder auch die deutsche, die finnische Nationalbank, EZB-Chefs, die hohe Qualität unserer Nationalbank hervorgehoben haben. (Abg. Kogler: Das stimmt für die Makropolitik, aber nicht für die Kontrolle!) – Gut, also dann ist es eine Institution, der Sie zugestehen, die einmal eine hohe Fachkenntnis für die makroökonomischen Fragen, Politik ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kogler.) Also bitte, dann sage es halt ich: Ich bin überzeugt, dass es eine hohe Kompetenz dort gibt.

Und dass man bei der Kontrolle immer etwas verbessern kann, da muss ich Ihnen sagen: Ja, erstens muss man immer etwas verbessern bei der Kontrolle von Banken, aber auch von anderen Einrichtungen und Institutionen, und zweitens glaube ich eben, dass das auf europäischer Ebene, als zusätzliches Kontrollinstrument, richtig aufgehoben ist.

Ich weiß, dass die österreichischen Banken keine Freude mit dieser europäischen Kontrolle haben. Aber gerade aus den Erfahrungen, die wir da heute diskutieren, ist ja die Gegenexpertise nicht zu erwarten, indem jetzt irgendein Besserwisser auftaucht oder ein Zeitungsartikel etwas anderes behauptet, sondern eine kontrollierende Expertise über den Zustand von Banken und deren Entwicklung von europäischer Ebene, also wieder von einer Institution, ist durchaus hilfreich und sinnvoll.

Und daher finde ich, dass das die richtige Konsequenz ist, dass man Schwächen ausmerzt und Stärken stärkt.

Vorsitzende Doris Bures: Wir kommen zur vierten Fragerunde. Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hat Ihnen Herr Nowotny geraten, auf die Gewährleistung zu verzichten?

Werner Faymann: Nein. Ich bin auch gar nicht gefragt worden, ob ich auf die Gewährleistung verzichten möchte, sondern die Verhandler haben diesen Prozess geführt und zum Schluss ein Ergebnis vorgelegt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es hat Ihnen niemand geraten, auf die Gewährleistung zu verzichten?

Werner Faymann: Ich habe gerade gesagt, dass die Verhandler über die Gewährleistung verhandelt haben und nicht ich, und es hat mich aber auch gar niemand vorgeschlagen, aber das liegt daran, dass ich mit den Bayern kein Gespräch direkt geführt habe. Es hätte auch gar kein Bayer von mir etwas verlangen können, weil ich mit Bayern nicht verhandelt habe, und das war auch gut so.

Und ich muss Ihnen das noch einmal sagen, weil Sie haben ja ... Der Wunsch Ihrer Frage ist ja sehr durchsichtig. (Abg. Lugar: Ach so?) Sie wollen immer so tun, als hätte ich die Möglichkeit gehabt, selber zu verhandeln. Ich habe versucht, Ihnen redlich und ausführlich zu erläutern, dass das a) eine falsche Einstellung aus meiner Sicht ist, dass ein Bundeskanzler selbst verhandelt, und dass ich zweitens nicht verhandelt habe. Daher hat von mir niemand verlangt oder geraten, sondern …

Es haben die Verhandler das, was im Verhandlungsprozess war, so abgehandelt, wie Sie das wissen und in vielen Stunden erfragt haben. Und ich bin mit einem Ergebnis konfrontiert worden, von dem ich ausgegangen bin, dass es nach bestem Wissen und Gewissen zustande gekommen ist, ohne in den Einzelheiten gehört zu haben, was die Bayern gesagt haben, oder die Einzelheiten, was wir draufgesagt haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay, ich habe es verstanden. Sie sind von niemanden gefragt worden, ob das in Ordnung ist, auf die Gewährleistung zu verzichten? Hat Sie jemand darüber informiert, dass auf die Gewährleistung verzichtet werden soll?

Werner Faymann: Im Zuge des Gesamtpakets ist mit Sicherheit auch die Frage angesprochen worden, was die Bayern alles ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer? Wer hat Sie informiert?

Werner Faymann: Was alles von den Bayern in der Verhandlungsnacht verlangt wurde, hatte überhaupt keinen Einfluss darauf, und dass im Anschluss daran auch viele dieser Punkte gefallen sind, ist möglich. Einen Einfluss hatte ich weder darauf, ob das jemand von uns verlangt, noch ob wir zustimmen. So läuft eine Verhandlung nicht ab, dass der Kanzler angerufen wird, sagt: Da verzichten wir jetzt auf die Gewährleistung: ja, nein; da machen wir das: ja, nein; da kriegen wir so viel: ja, nein; sondern ich wurde von dem Gesamtergebnis und in der Nacht über den negativen Verlauf Richtung Verstaatlichung informiert, auch von der Pressekonferenz am nächsten Tag, auch beim Ministerratsvortrag sehen Sie das.

Und daher hatte das weder jemand von mir verlangt, auf die Gewährleistung zu verzichten – weil ich nicht verhandelt habe –, noch habe ich es angewiesen. Das ist unabhängig von mir passiert.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie wurden gar nicht informiert, dass auf die Gewährleistung verzichtet wurde, außer im Nachhinein. Also vor der Entscheidung wurden Sie nicht informiert. Ist das richtig?

Werner Faymann: Vor der Entscheidung bin ich informiert worden, dass ein Paket zustande kommt, das ich dann im Nachhinein detailliert gesehen habe und wo mein Vertrauen bis heute besteht, dass dieses Paket so zustande gekommen ist, wie es richtig ist, und ich hatte keinen Einfluss auf die Details.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben also nicht gewusst, wozu Sie Ihre grundsätzliche Zustimmung geben?

Werner Faymann: Ich weiß bei einer Zustimmung, die die Verhandler notwendig machen, was sozusagen Inhalt der Zustimmung ist. Das war ein umfangreicher Vertragsentwurf, der mir dahin gehend erläutert wurde, dass alles, was wir an Burden Sharing wollten, so nicht durchsetzbar war.

Was durchsetzbar war, kennen Sie, das steht im Ministerratsvortrag, genau von dem wurde ich auch informiert, und es ist auch aus meiner Sicht bis heute der einzelne Vertragspunkt von mir nicht ausverhandelt worden, trotzdem unterstelle ich den Verhandlern, dass sie das Beste gegeben haben und ihre Gründe haben, warum sie bei einem zugestimmt und beim anderen nicht zugestimmt haben.

Was Sie jetzt machen, ist: Sie lösen einen Punkt heraus, tun so, als wären über diesen Punkt besondere Verhandlungen gewesen und als hätte es hier besonderer Zustimmung von den Verhandlern bedurft. Das kann sein, aber das müssen Sie die Verhandler fragen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wann haben Sie letztes Mal ein Auto gekauft und auf die Gewährleistung verzichtet? (Abg. Tamandl: Das ist doch kein Vergleich!)

Werner Faymann: Wenn es im ... (Abg. Tamandl: Das ist überhaupt kein Vergleich!) Wenn sich im Geschäftsleben zwei Partner auf etwas verständigen, und wenn für zwei Vertragspartner ein Vertrag durch beiderseitige Willensübereinstimmung zustande kommen muss, kann sein, dass einer verlangt, man soll auf etwas verzichten, kann sein, dass einer darauf besteht, dass man auf etwas verzichtet, und das werden Ihnen die Auskunftspersonen sicher authentisch sagen können. Das kann ich Ihnen aus eigener Wahrnehmung nicht berichten, weil ich nicht dabei war.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Sie haben einfach blind vertraut, haben alles mitgetragen, ohne zu wissen, was Sie mittragen, und haben einfach nur Angst gehabt, dass das Ganze möglicherweise in Konkurs geht und ganz schreckliche Folgen für Kärnten haben könnte. Kann man das so zusammenfassen?

Werner Faymann: Ich würde aber bitten, dass der Zynismus nicht so weit geht, dass Sie sich lustig darüber machen, dass ich mich um schreckliche Folgen für Kärnten oder für Österreich gekümmert habe.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie konnten es ja nicht wissen.

Werner Faymann: Dass Sie das so herabspielen: Sie haben allem zugestimmt, weil Sie schreckliche ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie konnten es ja nicht wissen, Sie haben es nur vermutet.

Werner Faymann: Nein, aber ich habe zu Recht – wie sich übrigens auch herausgestellt hat, weil die Entwicklung ja dann bis heute positiv verlaufen ist – daran gearbeitet, dass unser Land Vertrauen gewinnt und nicht daran gearbeitet, dass mir alles egal ist, wie es mit unserer Reputation weitergeht. Und das hat der Finanzminister, der Finanzstaatssekretär, die Regierung mit Akribie gemacht. Daher ist dieses so Beiläufige – Es war Ihnen alles egal, denn Sie haben halt nur Angst gehabt! eine völlig falsche Formulierung, aus meiner Sicht.

Und ich darf ja darauf antworten, die richtige Formulierung ist: Jemand, der Verantwortung trägt, kümmert sich darum, ob er einer Vereinbarung deshalb zustimmt, weil er den Konkurs verhindern will und weil er negative Folgen für das Land Kärnten und Österreich verhindern will. – Und das habe ich getan.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also langfristig sind Sie ja damit gescheitert, und zwar deshalb, weil aktuell gerade der Herr Schelling feststellen muss, dass das Angebot nicht angenommen wird, das heißt, es wird nach Aussagen Schellings jetzt ein Konkurs im Raum stehen. Damit können wir herausfinden, ob das stimmt, was Sie sagen, nämlich dass in Kärnten die Gehsteige hochgeklappt werden, wenn dieser Konkurs passiert, oder eben nicht, denn wenn Schelling wahrmacht, wird das jetzt so sein. – Da bin ich schon sehr gespannt.

Ich habe noch eine Frage, und zwar: Warum glauben Sie, dass das Einsetzen eines Regierungskommissärs automatisch zum Konkurs führt? Ich habe das nirgends in den Unterlagen gefunden. Wie kommen Sie da drauf?

Werner Faymann: Ich habe das Wort automatisch gar nicht verwendet, sondern habe gesagt, dass die Einsetzung eines Regierungskommissärs ... Ich habe ja auch die Aussage der Oesterreichischen Nationalbank und der FMA verwendet, die gesagt haben, bis Montag früh muss eine Einigung erfolgen, weil alle anderen Konsequenzen – Konkurs ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein, das hat die FMA nicht gesagt, Sie hat nichts vom Konkurs gesagt!

Werner Faymann: Na, ich will es ja gerade aussprechen, ja, alle anderen Konsequenzen können als Folge dieser Nichteinigung bis Montag in der Früh dem Land drohen: dass die Haftung schlagend wird, et cetera ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie kommen Sie da drauf?

Werner Faymann: Weil das eine mögliche Folge einer Nichteinigung ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer sagt das?

Werner Faymann: Die … Sie haben ja den Ministerratsvortrag gelesen, Sie haben die Aussagen des Herrn Nationalbank-Gouverneurs gehört, Sie haben die Aussagen des Finanzministers gehört, Sie haben die Aussagen des Finanzstaatssekretärs gehört. (Zwischenruf des Abg. Lugar.) Es war die Gefahr eines Konkurses, der abzuwenden ist, und diese Gefahr hat die Nationalbank, die FMA beschrieben mit bis Montag früh muss eine Einigung zustande kommen (Abg. Lugar: Das stimmt nicht! Das ist eine falsche Aussage!), wenn man weitere Risken in Richtung Landeshaftung schlagend, Konkurs et cetera vermeiden möchte, und dass man ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das hat FMA nie gesagt. Das stimmt nicht. Ich weiß nicht, wie Sie auf das kommen.

Werner Faymann: Ich habe Ihnen doch vorgelesen ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Die FMA hat nur gesagt, dass es am Montag einen Regierungskommissär geben wird. Und das heißt ganz das Gegenteil, nämlich laut Gesetz soll genau das alles verhindert werden. Und wie Sie darauf kommen, dass die FMA mit Konkurs droht, das müssen Sie mir jetzt vorhüpfen.

Werner Faymann: Ich sage ja nicht: mit Konkurs droht. Jetzt sage ich es schon das zehnte Mal: Die Oesterreichische Nationalbank und die FMA haben gesagt, dass ein Regierungskommissär eingesetzt wird (Abg. Lugar: Genau!), wenn nicht bis Montag früh eine Einigung erfolgt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, und, wo ist das Problem?

Werner Faymann: Und die mögliche Folge einer Nichteinigung – und das haben wir ja heute schon zehnmal von allen Seiten beleuchtet, von Dominoeffekten –, die entweder in einen Konkurs münden könnte, die in eine Reputationsschädigung münden könnte, die in ein Schlagendwerden der Haftung münden könnte, ist – wenn eine Kugel rollt – nicht auszuschließen.

Daher, um dieses Risiko zu vermeiden, hat die Nationalbank darauf aufmerksam gemacht, dass man bis Montag früh – wenn man diese Risken einer weiteren Entwicklung ohne Einigung vermeiden möchte  mit Bayern zu einer Einigung kommen muss. Und das ist passiert.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Bundeskanzler, im Gesetz steht, dass der Staatskommissär dazu da ist, die Stabilität des Finanzsektors zu gewähren. Das heißt, das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie sagen. Der Staatskommissär war ja ein stabilisierender Faktor. Sie sagen, er wurde von der FMA als destabilisierender Faktor eingeführt, ab Montag. Das ist doch nicht richtig.

Werner Faymann: Er hätte eingesetzt werden müssen, wenn man zu keiner Einigung gekommen wäre, und das sehe ich nicht als stabilisierend.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum nicht?

Werner Faymann: Weil keine Einigung ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na, so steht es im Gesetz!

Werner Faymann: Aber keine Einigung bedeutet, dass diese Risken und diese Unsicherheiten am nächsten Tag um acht in der Früh auf dem Tisch gelegen wären. Und wann welches Risiko und wann welche Konsequenz eingetreten wäre, wissen Sie nicht und wissen wir nicht, aber dass diese Risken um acht in der Früh begonnen hätten zu wirken, im Falle einer Nichteinigung, werden ja nicht einmal Sie abstreiten. Oder wollen Sie jetzt auch die Risken abstreiten?

Es ist Ihnen ja unbenommen, zu sagen, Sie hätten das Heil in der Einsetzung eines Regierungskommissärs gesehen, und der Kollege ist der Meinung, er hätte das Heil in der Umwandlung gesehen. Es bleibt unbenommen, dass ein Dritter aufsteht und sagt, ich hätte da auch etwas gefunden, so hätte ich es gemacht.

Ich sage Ihnen, was die zuständigen Institutionen vorgeschlagen haben, was die Verhandler verhandelt haben, welches Verhandlungsergebnis sie auf den Tisch gelegt haben, und danach bin ich vorgegangen. Das könnten Sie mich noch acht Stunden fragen – wenn es die Wahrheit ist – und es ist die Wahrheit! –, müsste ich es Ihnen auch noch acht Stunden sagen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Bundeskanzler, es geht nicht um unterschiedliche Ideen oder unterschiedliche Lösungen, es geht darum, ob Sie zum damaligen Zeitpunkt aus Gründen gehandelt haben, die hier untersuchenswert sind. Das heißt, könnte es sein, dass Sie diese Notverstaatlichung gemacht haben, weil Sie a) vielleicht zu wenig Hintergrundwissen hatten, weil Sie b) vielleicht von Ihrem Koalitionspartner über den Tisch gezogen wurden oder c) Interessen hatten, die wir nicht kennen? – Um das geht es.

Es geht nicht darum, ob man damals vielleicht bessere Entscheidungen hätte treffen können. Die Frage ist, warum Sie damals die Entscheidung so getroffen haben, wie Sie sie getroffen haben, und was Ihre Motivation war. Das ist die Frage, die ich Ihnen stelle, und deshalb ist das auch sehr, sehr berechtigt.

Deswegen muss ich noch einmal fragen: Warum glauben Sie, dass die FMA Richtung Konkurs gearbeitet hat und warum sehen Sie die FMA nicht als Teil der Lösung, sondern in Ihrer Argumentation als Teil des Problems? Das ist mir nicht ganz klar. (Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Vorsitzende Doris Bures: Jetzt muss ich Sie auf die Redezeit aufmerksam machen.

Werner Faymann: Die FMA ist nicht Teil eines Problems, sondern die FMA hatte die Aufgabe, aufmerksam zu machen, dass sie einen Regierungskommissär zu bestellen hat, der bis Montag früh, wenn die Einigung nicht erfolgt, verschiedene – und das hat der Nationalbank-Gouverneur ausgeführt – Risken aufmacht.

Jetzt haben wir uns schon so ausführlich darüber unterhalten, dass ich Ihnen nicht Datum und Uhrzeit der Risken beziehungsweise des Eintretens sagen kann, aber es reicht doch, finde ich, wenn man weiß, dass derartig erhebliche Risken durch die Nichteinigung am nächsten Tag gedroht haben.

Da kann man doch nicht darauf sagen, na, hätten wir ausprobieren sollen. Sie können es schon sagen, aber ich würde als verantwortlicher Regierungschef nicht sagen: Na ja, probieren wir es doch aus.

Vielleicht ist der Regierungskommissär eine Art Heilsbringer oder ist in der Lage, die Geschäfte so zu führen, dass alles im positiven Lichte umgedreht wird. Aber ich muss Ihnen ehrlich sagen, auch von Frau Griss habe ich nie gehört, dass sie gesagt hätte, sie hat ein anderes Szenario, das sicher zum Erfolg geführt hätte.

Ich bitte Sie also nur um eines: Dass Sie hier nicht eine Variante in den Raum stellen, so als wäre sie die allheilbringende, sondern dass die Verhandler damals nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben. Daran habe ich bis heute keinen Zweifel, deshalb fühle ich mich auch von niemanden über den Tisch gezogen, das war ja Ihre Frage.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Auf das zuletzt von Ihnen Gesagte muss ich doch noch kurz replizieren: Es hätte natürlich Alternativen gegeben, und genau darum dreht sich ja die Diskussion. Man kann darüber diskutieren, ob der Staat eingreifen hätte müssen, man kann darüber diskutieren, ob andere hätten eingreifen müssen, das haben wir auch diskutiert.

Natürlich hat es die ausgestreckte Hand von Bayern gegeben, Land Kärnten und GRAWE haben sie ausgeschlagen. Von österreichischer Seite hat man sich offensichtlich nicht bemüht, diese beiden österreichischen Aktionäre an Bord zu halten.

Selbst wenn man das alles zugesteht und sagt: Ja, es war ein Eingreifen notwendig, weil der Finanzplatz gerettet werden musste, obwohl der nicht gerettet werden wollte, selbst wenn die Altaktionäre einfach nicht umzustimmen gewesen wären und wirklich eine Übernahme der Hypo notwendig war, wäre alles kein Problem, und wir würden wahrscheinlich heute nicht hier sitzen, wenn nicht auf die Gewährleistung verzichtet worden wäre. Um diese Frage kommen wir nicht herum, es hat natürlich Alternativen in jeder Variante gegeben.

Eines interessiert mich schon noch, da möchte ich darauf zurückkommen. Es ist schon kurz angesprochen worden, Herr Bundeskanzler: Ihre Telefonate mit Herrn Trichet. Könnten Sie das noch einmal näher ausführen, wann diese Telefonate stattgefunden haben und was der konkrete, genaue Inhalt war?

Werner Faymann: Bei den Verhandlungen war ich mehrfach in telefonischem Kontakt mit Ewald Nowotny, wie ich schon gesagt habe, und Ewald Nowotny hat mich davon informiert, dass mich auch EZB-Chef Trichet erreichen möchte. Auf meine Frage, warum, hat er gesagt, weil er auch noch einmal die Bedeutung der Stabilität und der Entscheidungen, die wir treffen, für die Stabilität der Gesamtwirtschaft des südosteuropäischen Raums, des europäischen Raums hervorheben will, also die Bedeutung unserer Entscheidung verdeutlichen möchte.

Ich habe ihm daraufhin gesagt, mir ist das klar, weil Ewald Nowotny mir das oft genug veranschaulicht und verdeutlicht hat, und dass ich das – bis heute – auch so sehe, dass das eine besonders sensible Phase war, die ja letztendlich Teil meiner Überzeugung war: Wir müssen eine derartige Lösung treffen.

Tatsächlich hat mich dann kurz darauf EZB-Chef Trichet angerufen und mir gesagt, er weiß, dass ich im engen Kontakt zu Ewald Nowotny stehe, er ist selbst mit Ewald Nowotny in Kontakt, er hat damals auch sehr positive Worte für Ewald Nowotny gefunden, dieser sei besonders fachkundig.

Er selbst ist ja auch im engen Kontakt mit Ewald Nowotny und er wollte nur diesen Standpunkt bestärken: die Bedeutung unserer Entscheidung für die Stabilität in einer besonders sensiblen Situation in Europa. Nachdem ich ihm versichert habe, dass ich das erstens weiß und zweitens den Kontakt da mit dem Gouverneur sehr eng gestaltet habe, auch in meiner Vorbereitung, war das Telefonat relativ kurz. Wir haben uns dann nur verabschiedet mit der Beteuerung, dass die Sensibilität der Situation nicht zu unterschätzen ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Haben Sie sich gefragt, warum Herr Trichet bei Ihnen anruft? Ein entscheidendes Faktum ist ja, wenn schon der Gouverneur der Europäischen Zentralbank irgendwo anruft: Wo ruft er jetzt an, was ist die zuständige Stelle?

Wenn er in Wien anruft, dann kann man natürlich beteuern, die Stabilität zu bewahren – ich glaube, das ist das allgemeine Interesse gewesen –, aber man hätte ihm wohl auch sagen müssen: Wenn er diese Botschaft ausrichten will, dann möge er das doch dort ausrichten, wo der Mehrheitseigentümer sitzt. Erstens: Verstaatlichung brauchen wir nicht, denn die Bank ist schon verstaatlicht – nämlich im bayerischen Staatseigentum, mehrheitlich bayerisches Staatseigentum, also es war schon eine Staatsbank –, und zweitens hätte ich gesagt: Vielen Dank für Ihren Anruf, natürlich sind wir für Stabilität, aber eigentlich haben Sie die falsche Nummer gewählt, Sie müssten in München anrufen. Haben Sie sich diese … Also ich hätte ihm das …

Werner Faymann: Sie hätten ihm das gesagt. Herr Abgeordneter, wenn er gesagt hätte: Ich verlange etwas von Ihnen, Verstaatlichung oder – ich weiß nicht – einen bestimmten Betrag zu zahlen oder sonst etwas, dann hätte ich ihm gesagt, das sind Verhandlungen und er soll den Verhandlungspartner anrufen. Das hat er aber nicht gesagt. Er hat mich aufmerksam gemacht, dass er mit unserem Ewald Nowotny in engem Kontakt steht.

Ich bin davon ausgegangen, dass er in diesen schwierigen Stunden mit allen europäischen Nationalbank-Gouverneuren zu verschiedenen Themen, nicht nur zur Hypo, in engem Kontakt steht und beobachtet, damit nichts passiert, das bei den Finanzmärkten so ausschlägt, dass die Politik dem dann im Nachhinein wieder nachlaufen muss. Dass er quasi präventiv versucht, tätig zu sein, indem er sich bezüglich sämtlicher Entwicklungen, die es derzeit in Europa gibt, kundig macht.

Da es ein Hinweis war, dass er da mit unserem Nationalbank-Gouverneur im engen Kontakt steht und von mir eigentlich nichts anderes wollte, als zu bestätigen, dass er diesen Kontakt bezüglich der Frage der Sensibilität Europas hält, habe ich auch keinen Grund gesehen, ihm Ratschläge zu geben, wen er noch aller anrufen soll.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, eine Frage noch! – Bitte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dann ist die letzte Frage: Hat es Telefongespräche … Hat es zu dieser Frage Gespräche mit der deutschen Bundeskanzlerin gegeben? Haben Sie mit Frau Merkel gesprochen?

Werner Faymann: Das habe ich ja schon beantwortet, ich habe … (Abg. Hable: Das habe ich vielleicht überhört, aber …!) – Entschuldigung. Ich habe sowohl … (Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Es ist sowohl die Frage nach dem Kontakt mit Trichet als auch mit Merkel schon gestellt und beantwortet worden.

Werner Faymann: Ich kann es nur noch einmal auf den Punkt bringen, was gesagt wurde. Ich habe es schon beantwortet, aber ich sage es noch einmal: Es wurde ausschließlich festgehalten, dass das eine Sache zwischen Bayern und dem österreichischen Finanzministerium ist, und es wurde keinerlei weitere Kompetenzzuständigkeit oder irgendwelche Verhandlungsdetails besprochen, außer diesem Grundsatz, der nicht besonders spektakulär ist.

Vorsitzende Doris Bures: Damit kommen wir zum nächsten Fragesteller. Davor möchte ich Sie darüber informieren, dass in 7 Minuten die vier Stunden erreicht sind und ich spätestens dann die Befragung für beendet erklären werde.

Am Wort ist nun Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich wollte nur zu dieser Gewährleistungsdiskussion – ich habe das gestern schon getan – schon noch einmal sagen, dass wir alle Schritte der Verhandlungen hier liegen haben. Wir wissen, dass die Gewährleistung diskutiert wurde, dass es da verschiedene Stände gab, aber dass die Gewährleistung seitens der Bayern immer betraglich limitiert war, ich glaube, mit 100 Millionen €, wobei da differenziert wurde zwischen Südosteuropa- und Österreich-Geschäft. (Zwischenruf des Abg. Hable.) – In den Term Sheets ist das nachzulesen.

Dann, wenn da jetzt schon das Gebrauchtauto kommt, war quasi die Verhandlung: Na ja, was ist, wenn ich etwas reparieren muss? – Dann sagt der Verkäufer: Na ja, schau, die ersten 1 000 € Reparaturen zahle ich, darüber zahlst du – und dann macht man sich also aus: Du gibst mir gleich einen Tausender und brauchst mir nichts mehr zu garantieren.

Das ist ja nachvollziehbar aufgrund der Term Sheets, wie das passiert ist. Aber die richtige Auskunftsperson dafür ist ja Peschorn, weil der ja die ganzen Term Sheets erstellt hat, und ich würde das deswegen hier auch wirklich mit den richtigen Auskunftspersonen besprechen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hable.)

Insofern sollten wir, wenn wir das hier ordentlich aufarbeiten wollen, das erstens einmal auf Grundlage der Unterlagen tun, die wir haben, und natürlich auch mit den richtigen Personen besprechen.

Ich habe eine Frage zur Konkursdrohung der Bayern. Die Auskunftsperson Nowotny hat hier berichtet, dass man versucht hat, zu schauen, ob die Bayern bluffen oder nicht, und dass er informell die Information bekommen hat, dass die Bayern einen Konkurs ohne weitere Staatshilfe verkraften können, ohne unter regulatorische Eigenmittel zu fallen, sprich, dass der Bluff zumindest nicht offensichtlich ein Bluff ist, sondern dass die das auch durchziehen könnten.

Sind Sie darüber informiert worden?

Werner Faymann: Herr Abgeordneter, ich habe aus den Ausführungen von Ewald Nowotny entnommen, dass er durchaus eine Konkursgefahr aufgrund bayerischer Entscheidungen für möglich hält. Wenn er nämlich, insbesondere, als es dann zur Verstaatlichungsdiskussion und zu diesem Paket gekommen ist, eine Information gehabt hätte – ich meine, Gerüchte, dass der eine das sagt, der andere das sagt, das gibt es im Leben ja oft, aber Informationen –, dass die Bayern auf keinen Fall einen Konkurs machen, dann glaube ich, so wie ich ihn und die anderen Verhandler kenne, wäre das in der Verhandlung auch noch weitergegangen mit unseren Forderungen.

Aus meiner Sicht hat das Verhandlungsteam es also durchaus für realistisch gehalten, dass diese Drohung beziehungsweise Ankündigung der Bayern, nichts mehr hineinzustecken, durchaus Realität werden könnte. Das konnte zu diesem Zeitpunkt – zumindest mir war es … – niemand ausschließen, dass die Bayern da Ernst machen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Tatsächlich haben die Bayern ja auch sofort 3,7 Milliarden am Tisch liegen lassen sowie ein Versprechen, dass sie noch einmal 2,4 Milliarden bekommen, mit dem sind sie nach Hause gefahren – und mit dem einen Euro natürlich. Bekommen haben sie dann von den 2,4 die Hälfte.

Das heißt, die haben tatsächlich 4,9 Milliarden durch die Verstaatlichung verloren, und bei einer Insolvenz wäre es wahrscheinlich weniger gewesen. Wahrscheinlich – also das ist immer schwierig, hinterher die Quote festzustellen, aber jedenfalls sind die nicht besser ausgestiegen als bei der Insolvenz, glaube ich, im Gegensatz zu Österreich und Kärnten, muss man sagen.

Ich habe noch eine letzte Frage, jetzt mit dem Rückblick: Wenn Sie jetzt über diese Verstaatlichungsfrage, Partizipationskapitalfrage ein Resümee ziehen würden, quasi als Lehre für die Zukunft, was für ein Resümee würden Sie da ziehen?

Werner Faymann: Ich würde, und ich glaube, das sollte dann auch irgendwann einmal gemeinsam in Beschlüsse gegossen werden … Ich möchte erstens unseren Institutionen gegenüber sagen, dass man, wo gearbeitet wird, nachher durch Kontrollen immer feststellen kann, dass etwas besser laufen könnte, aber unsere Institutionen haben sich sehr fachkundig und redlich verhalten.

Ich möchte aber dieser Kontrollebene, dieser Verstärkung der Kontrollebene, sowohl national als auch europäisch – da sollten wir, glaube ich, politisch Konsequenzen weiter vorantreiben, denn das darf nicht stecken bleiben.

Jetzt sind die Banken in Europa wieder insgesamt auf einem berechenbareren Kurs. Banken rettet man ja nicht, weil man Bankdirektoren eine Freude machen möchte, sondern Banken rettet man, um Finanzkreisläufe aufrechtzuerhalten, die für die Wirtschaft notwendig sind, für die Steuerzahler, für die Abläufe in einem Land, für die Arbeitsplätze notwendig sind.

Jetzt sind wir da wieder auf einem stabileren Kurs, und da sollte man – und das scheint mir das Wichtigste für die Zukunft zu sein – nicht aufhören, nur deshalb, weil man jetzt wieder in sichererem Fahrwasser ist, diese Konsequenzen bis zu Ende politisch durchzusetzen, sowohl in der Verbesserung der Kontrolle im Land als auch diese europäischen Kontrollmaßnahmen. Da darf man nicht auf halbem Weg stehen bleiben.

Aus solchen Ereignissen wie der Hypo muss man lernen, was Haftungen von Bundesländern betrifft, was Kontrolleinrichtungen betrifft, was europäische Kontrolleinrichtungen betrifft. Nur deshalb, weil es derzeit nicht im Fokus steht, sondern, wenn wir jetzt da gemeinsam auf die Straße gehen oder mit Leuten diskutieren, andere Themen derzeit im Fokus stehen, darf man das nicht vernachlässigen, die richtigen Konsequenzen aus diesen Vorgängen zu ziehen.

Vorsitzende Doris Bures: Damit sind die vier Stunden Befragungszeit erreicht. Wie angekündigt, erkläre ich die Befragung für beendet.

Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Bundeskanzler Werner Faymann, dass Sie dem Ausschuss zur Verfügung gestanden sind.