282/KOMM XXV. GP

 

Kommuniqué

des Hypo-Untersuchungsausschusses

 

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Wolfgang Peschorn in der 53. Sitzung vom 28. Jänner 2016

 

Der Hypo-Untersuchungsausschuss hat in seiner 70. Sitzung am 11. Mai 2016 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Wolfgang Peschorn zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2016 05 11

 

                            Gabriel Obernosterer                                                               Doris Bures

                                     Schriftführer                                                                          Vorsitzende


 



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Hypo-Untersuchungsausschuss

 

 

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Stenographisches Protokoll

 

 

53. Sitzung/medienöffentlicher Teil

Donnerstag, 28. Jänner 2016

Gesamtdauer der 53. Sitzung

9.06 Uhr – 18.36 Uhr

Lokal VI

 

 


Befragung der Auskunftsperson Dr. Wolfgang Peschorn

Vorsitzende Präsidentin Doris Bures: Herr Dr. Peschorn, Sie haben von dem Recht, eine Vertrauensperson mitzunehmen, nicht Gebrauch gemacht, daher möchte ich Sie darüber informieren, dass zu Ihrer Linken Herr Professor Binder sitzt, der der Verfahrensordnung nach der Verfahrensanwalt ist und darauf zu achten hat, dass Ihre Persönlichkeits- und Grundrechte gewahrt sind.

Wann auch immer Sie sich im Zuge der Befragung an ihn wenden wollen, können Sie das jederzeit tun; Sie können mit ihm vertrauliche Gespräche führen und sich mit ihm beraten. Es ist auch Herr Dr. Pilgermair als Verfahrensrichter da, um über den Verfahrensablauf nach der Verfahrensordnung zu wachen.

Sie können sich, wenn Sie darüber hinaus Fragen oder Anliegen haben oder eine kurze Sitzungsunterbrechung wünschen – die Befragungsdauer beträgt ja bis zu vier Stunden –, auch jederzeit an mich wenden, und ich werde Ihrem Wunsch auch Folge leisten.

In diesem Sinne steigen wir in die Befragung ein. Wie immer beginnt Herr Dr. Pilgermair mit einer nochmaligen Rechtsbelehrung.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Guten Morgen, Herr Dr. Peschorn! Ich gebe Ihnen dieses Personaldatenblatt und bitte Sie, dessen Richtigkeit noch einmal zu überprüfen. (Die Auskunftsperson bestätigt die Richtigkeit der Daten.)

Sie wurden bereits anlässlich der Ihnen zugekommenen schriftlichen Ladung für die heutige Sitzung in allen Details über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson sowie über den Ablauf der Befragung hier im Untersuchungsausschuss in Kenntnis gesetzt. In dieser Belehrung waren auch die Aussageverweigerungsgründe im Einzelnen angeführt. Sollte einer dieser Gründe bei einer Frage, die an Sie gerichtet wird, vorliegen, ersuche ich Sie, darauf hinzuweisen; ein genereller Aussageverweigerungsgrund kann jedoch nicht geltend gemacht werden.

Sie haben das Recht, den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen sowie auch andererseits Beweisstücke und Stellungnahmen vorzulegen und deren Veröffentlichung oder Klassifizierung zu beantragen.

Auskunftspersonen trifft insbesondere die Pflicht, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann, so wie die Fälschung eines Beweismittels oder der Gebrauch eines falschen oder verfälschten Beweismittels im Ausschussverfahren, nach dem Strafgesetzbuch vom Strafgericht mit Freiheitsstrafe geahndet werden.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Jede Person, die Zugang zu klassifizierten Informationen erhalten hat, ist zur Verschwiegenheit über diese Informationen verpflichtet, und zwar auch noch nach Beendigung der Befragung und nach Beendigung der Tätigkeit dieses Untersuchungsausschusses. Solche klassifizierten Informationen dürfen keinesfalls an unbefugte Personen weitergegeben werden.

Wenn Ihnen klassifizierte Unterlagen vorgelegt werden, erkennen Sie diese am entsprechenden Aufdruck. Bitte nehmen Sie nach Ende der Befragung keine solchen Unterlagen mit! Von klassifizierten Dokumenten dürfen weder Fotos noch Auszüge angefertigt werden.

Herr Dr. Peschorn, haben Sie Fragen zu dieser Rechtsbelehrung? (Die Auskunftsperson verneint dies.)

Dann kann ich Sie auch schon abschließend auf das allen Auskunftspersonen zustehende Recht hinweisen, vorab eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die bis zu 20 Minuten dauern kann. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich würde gerne von diesem Recht Gebrauch machen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Dann bitte ich Sie darum. (Die Auskunftsperson schaltet das Mikrofon ein und versehentlich wieder aus. Abg. Krainer deutet auf das Mikrofon.) – Noch einmal  ja, jetzt; es leuchtet oben. (Abg. Krainer: Wir sehen es besser von hier!)

Dr. Wolfgang Peschorn: Danke für diese Kooperation. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Verfahrensrichter! Sehr geehrter Herr Verfahrensanwalt! Danke vielmals, dass Sie mich hier heute zum Untersuchungsausschuss eingeladen haben und ich Ihnen Rede und Antwort stehen darf – dies vor allem deswegen, weil in den letzten sieben Jahren sehr viele Dinge veröffentlicht und in der Öffentlichkeit diskutiert wurden und, das hoffe ich, die Gelegenheit besteht, manche Dinge klarzustellen, die da insbesondere im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Finanzprokuratur und meiner Person im Zusammenhang mit Beratung und Vertretung in der Causa Hypo Alpe-Adria in den letzten Jahren auch in den Medien veröffentlicht worden sind.

Dies ist für uns als Finanzprokuratur deswegen eine Gelegenheit, weil wir als Beamte zur Verschwiegenheit verpflichtet sind und daher keine Waffengleichheit mit jenen Interessen und Personen besteht, die oftmals gezielt im Hintergrund Informationen streuen, die leider dann einer Überprüfung nicht standhalten. Ich darf eingangs auch kurz zu meiner Person Stellung nehmen: Ich bin im Jahr 1991 in die Finanzprokuratur eingetreten, seit 1991, fast 25 Jahre, im Anwaltsdienst tätig. Wie jeder andere in der Finanzprokuratur, der das tut, habe ich innerhalb der fünf Jahre die Rechtsanwaltsprüfung und die Prokuraturprüfung abgelegt. Sie wissen vielleicht, dass man den Dienst in der Finanzprokuratur quittieren muss, wenn man das nicht tut – eine relativ einzigartige Bestimmung im öffentlichen Dienst, die sicherstellt, dass die Qualität in dieser Einrichtung des Staates über Dauer eher hoch gehalten wird.

Ich habe dann verschiedene Stationen im Anwaltsdienst durchlaufen und aus heutiger Sicht das Glück gehabt, die letzten sieben Jahre vor meiner Berufung zum Leiter der Finanzprokuratur in einer Organisationseinheit zu verbringen, die sich mit den Konkursen und vor allem mit der Beratung und Vertretung der Republik Österreich und des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds in Großkonkursen beschäftigt hat. So hatte ich die Gelegenheit, bei Konkursen wie Libro, AE Energietechnik all das kennenzulernen, was für eine Restrukturierung von Unternehmen und vor allem von Krisenmerkmalen und die Bewältigung dieser Krisen durch herkömmliche Mittel von Interesse und notwendig ist.

2006, als ich zum Präsidenten der Finanzprokuratur ernannt wurde, war die BAWAG auf meinem Schreibtisch; es war der 1. Mai, als ich Präsident wurde, und es war der Zeitpunkt, als es galt, die BAWAG zu retten. Das war die erste große operative Herausforderung, und wir haben das geschafft, wie Sie alle wissen. Innerhalb von sechs Wochen waren nicht nur die Verträge verhandelt, sondern auch die Grundidee, die uns dann später im Bankenrettungspaket durchaus begleitet hat, wie die BAWAG gerettet werden kann, kreiert – und das nicht von einer international renommierten Anwaltskanzlei, sondern von einer beamteten österreichischen Einrichtung, der Finanzprokuratur.

Am 6.6.2006 wurden die Verträge vom damaligen Finanzminister unterschrieben. Es war für alle, die daran beteiligt waren – und das möchte ich durchaus als emotionalen Rückblick verstanden wissen –, eine große Belastung, als Republik Österreich eine 900-Millionen-€-Garantie, ‑Ausfallsbürgschaft – auch das wird uns wahrscheinlich heute beschäftigen – zu übernehmen; und es war eine sehr große Entlastung und Freude, als wir dann einige Monate später diese Garantie zurückbekommen haben und sie nicht schlagend geworden ist.

Ich danke Ihnen noch heute dafür, dass Sie uns im Jahr 2008 nach einem eineinhalbjährigen Restrukturierungsprozess, den wir in der Finanzprokuratur aus Eigenem heraus durchgeführt haben, mit dem Finanzprokuraturgesetz vom 8.8.2008 eine moderne, saubere Rechtsgrundlage für das Einschreiten für die Republik Österreich und die ausgegliederten Rechtsträger gegeben haben. Kurze Zeit später kam die nächste Herausforderung auf uns zu, das war das Bankenhilfspaket beziehungsweise die Bankenhilfe.

Was ist die Finanzprokuratur? – Die Finanzprokuratur ist salopp gesagt der Anwalt und Berater der Republik, aber die Finanzprokuratur schreitet immer aufgrund eines Auftrags ein, und wir haben uns an diesem Auftrag auch zu orientieren. Es gibt einen einzigen Fall, in dem ein Auftrag nicht abgewartet werden kann, das ist dann, wenn Gefahr im Verzug ist. Das können Sie sich zum Beispiel vorstellen, wenn man einen Auftragnehmer nicht erkennen kann, wenn es um die rechtzeitige Erhebung eines Rechtsmittels geht, denn Rechtsmittelfristen lassen sich nicht aufhalten.

Das führt auch dazu, dass wir nicht über den Anspruch, der vom Auftrag umfasst ist, verfügen können. Das heißt, wir können ihn nicht ohne Zustimmung des Mandanten anerkennen, auf ihn verzichten oder eine andere Verfügung treffen. Immer ist es notwendig – und das tun wir auch –, beim Mandantenvertreter rückzufragen und daher eine Weisung einzuholen. Im Bereich der Republik ist das wirklich eine Weisung, da ist das jeweilige oberste Organ derjenige, der unser Auftraggeber ist. Im Bereich der ausgegliederten Unternehmen ist es einfach ein privatwirtschaftlicher Auftrag.

All das ist wichtig, um den irgendwie immer wieder auftauchenden Gerüchten, hier habe jemand vonseiten der Finanzprokuratur etwas ohne entsprechenden Auftrag getan, einmal entgegenzutreten; das ist schlicht und ergreifend nicht richtig.

Die Bankenkrise hat uns alle im Jahr 2008 erreicht, und im September hat damit auch für uns, und ganz persönlich für mich, eine ganz neue Ära begonnen: der Kontakt mit dieser eigenen, mir vorher persönlich nicht sehr bekannten Umgebung. Es wurde einmal das Bild vom Blutkreislauf der Wirtschaft geprägt, und ein Blutkreislauf braucht eben viele Blutgefäße. Zu diesen Blutgefäßen gehört auch ein Netzwerk, ein Netzwerk, das sich nicht nur aus Entscheidungsträgern der Banken zusammensetzt, sondern natürlich auch aus den Beteiligten, und das sind immer wieder Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwaltskanzleien; das sind die Zuarbeiter dieser Entscheidungsträger.

Es war dann ein Zuruf aus dem Bundesministerium für Finanzen, der mich im September erreicht hat, dass da etwas aus Amerika kommen könnte, aus den USA. Wenige Tage später, nämlich am Dienstag nach dem Freitag, an dem dieser Zuruf geschah und man sich erste Gedanken gemacht hat, bin ich mit einem kleinen Team von vier Leuten in der Finanzprokuratur zusammengesessen, und wir haben innerhalb von drei Tagen und zwei Nächten das Gesetzespaket, das Bankenpaket entwickelt, angedacht, formuliert und geschrieben und am Freitag dem damaligen Vizekanzler Molterer präsentiert.

Ich kann mich auch noch an den Augenblick erinnern, als dieses Bankenpaket hier im Nationalrat mit den Stimmen aller Fraktionen beschlossen wurde. Dann ging es natürlich an die Umsetzung, und sehr bald kam ich auch in Berührung mit Entscheidungsträgern der Hypo Alpe-Adria, nämlich: Am 8.12.2008 war die Entscheidung der Europäischen Kommission zum Bankenpaket beihilfenrechtlicher Natur am Tisch; am 9.12.2008 gab es eine Informationsveranstaltung, bei der den Bankenvertretern eröffnet wurde, in welcher Form und unter welchen Bedingungen Bankenhilfe vonseiten der Republik geleistet werden kann; wenige Tage später war bereits ein entsprechender Antrag der Hypo AlpeAdriaBank International AG im BMF eingelangt, und, wie Sie wissen, knapp vor Weihnachten waren die Verhandlungen und auch der Abschluss über 900 Millionen Partizipationskapital.

Was wir heute wissen, ist – und das ist meine Erfahrung aus den sieben Jahren Berührung mit dieser Bank, mit den Organen und mit den Beratern dieser Bank –, dass die meisten Zahlen dort nie Bestand hatten, die meisten Zahlen, die präsentiert wurden, über all die Jahre, sich als nicht werthaltig herausgestellt haben.

Von 2008 bis heute sind 5,5 Milliarden an diversen Maßnahmen durch die Republik Österreich geleistet worden, gibt es viele Wegmarkierungen, die das bestimmt haben. Für mich persönlich und für die Finanzprokuratur waren es: Partizipationskapital 2008; dann die Notverstaatlichung im Jahr 2009; dann eine Periode, wo vonseiten des neu eingesetzten Managements der Bank auch öffentlich erklärt wurde, dass die Probleme im Griff sind – wörtlich: man die Talsohle sehen wird –, und auch eine Zeit, in der der Republik Hilfsmaßnahmen nicht abverlangt wurden und auch nicht geleistet werden mussten; und dann begann die Periode des relativ stakkatoartigen Hilfspaket-Schnürens im Jahr 2012 und später.

Wenn wir über Bankenhilfe sprechen, dann reden wir auch immer über die Frage, warum diese notwendig ist, und notwendig wird sie, wenn wir uns über die Kapitalausstattung oder die Liquiditätssituation einer Bank unterhalten. Die Kapitalausstattung einer Bank wird n an der Tier-1-Ratio gemessen – das ist, wenn man sehr simplifiziert, eine einfache Gegenüberstellung der Vermögenswerte und der Schulden.

Ich möchte Ihnen noch diesen einen Gedanken eröffnen: Für die Frage der Vermögenswerte ist natürlich die Einschätzung der Werthaltigkeit dieser Vermögenswerte von besonderer Bedeutung, und bei einer Bank geht es da im Regelfall darum, ob die Forderungen des Unternehmens, der Kreditunternehmung, gegen die Kunden werthaltig sind oder nicht. Diese Einschätzung obliegt natürlich dem Vorstand, aber im Zusammenspiel mit seinen Wirtschaftsprüfern.

Wenn wir heute zurückblicken, dann sind wir natürlich aufgrund der Geschichte bei der Hypo Alpe-Adria viel gescheiter, und wir sehen vor allem klarer, was hier tatsächlich an Kapital, an werthaltigem Kapital in der Bank war. Wir müssen uns aber natürlich auch die Frage stellen: Wann sind diese Verluste, die jetzt das Kapital schmälern, eingetreten?

Sie haben sich in dem Untersuchungsausschuss im ersten Teil über die Zeit vor der Notverstaatlichung unterhalten, und Sie werden sich der Zeit nach der Notverstaatlichung hier noch widmen, aber diese Frage ist natürlich sehr präsent: War dies vor oder war dies nach dem Jahr 2009?

Da braucht man sich nur – beispielsweise – die Forderungen gegen verbundene Unternehmen anzuschauen. Was meine ich damit? – Die Hypo Alpe-Adria war das Blutreservoir an Liquidität für die Tochterunternehmungen, für die Leasinggesellschaften in den Ländern des SEE-Raums und hatte natürlich aus der Zurverfügungstellung von Liquidität für diese Leasinggesellschaften Forderungen gegen diese verbundenen Unternehmungen. Diese Forderungen haben sich über die Jahre als nicht werthaltig herausgestellt, da sind Millionen, Milliarden verloren gegangen.

Wenn das auch in manchen Berichten geschrieben wurde, so ist es nicht richtig, dass die Republik Österreich in den dramatischen Tagen vor dem 14.12.2009 keine Strategie hatte. – Sie hatte eine Strategie.

Es ist auch nicht richtig, dass die Bayerische Landesbank oder andere, die am Verhandlungstisch waren, von Heerscharen von Beratern vertreten, umringt, beschützt waren. – Ich habe sie nicht gesehen.

Und es ist offenbar richtig – ich habe das durch den Liveticker aus der letzten Sitzung erfahren –, dass auch Frau Präsidentin Griss die Insolvenz der Hypo AlpeAdriaBank International AG zum Zeitpunkt 2009 als keine Alternative angesehen hat.

Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit, und ich danke nochmals für die Gelegenheit, hier bei Ihnen heute sprechen zu dürfen. – Danke.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke, Herr Dr. Peschorn, für die einleitende Stellungnahme. Wir beginnen mit der Erstbefragung.

Welches Bild hatten Sie zum Zeitpunkt der PartKapitalaufnahme von der Hypo?

Dr. Wolfgang Peschorn: Die Hypo Alpe-Adria war mir zu diesem Zeitpunkt – wie ich schon gesagt habe – weitgehend unbekannt. Ich hatte das Bild, dass es sich um eine Bank handelt, wo das Bild für mich insbesondere von der Stellungnahme der Oesterreichischen Nationalbank und der FMA gekennzeichnet worden ist. Das war in den Eckpunkten daher das Bild einer systemrelevanten Bank, die, glaube ich, die fünft- oder sechstgrößte Bank gemessen an der Umsatzsumme war.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann sind Sie 2009 erstmals eingebunden worden?

Dr. Wolfgang Peschorn: Herr Verfahrensrichter, sind wir noch bei PartKapital oder ... (Verfahrensrichter Pilgermair: Nein, 2009!) – Ich war seit 2008, also seit dem Dezember 2008, fortlaufend eingebunden, aber natürlich nicht durchgehend eingebunden, das ist überhaupt ... Deswegen habe ich in meinem Einleitungsstatement auf den Auftrag hingewiesen: Ich werde eingebunden, muss nicht eingebunden werden, daher ist das halt ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wie waren Sie da eingebunden?

Dr. Wolfgang Peschorn: Im Jahr 2009? (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja! Wie?) – Dann lassen Sie mich bitte kurz einen Überblick geben! (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!) Das Jahr 2009, mit zwölf Monaten ... (Verfahrensrichter Pilgermair: Ganz kurz, also im Zeitraffer, bitte!) – Ich versuche es im Zeitraffer, aber das waren zwölf intensive Monate, auch für die Hypo Alpe-Adria.

Im Jänner 2009 haben wir den Vertrag zur Übertragung des Partizipationskapitals an die FIMBAG vorbereitet.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Vielleicht, Herr Dr. Peschorn, raffen wir doch etwas mehr, und ich frage Sie so: Ab wann haben denn Sie als im Jahr 2009 schon Eingebundener den Eindruck gewonnen, dass die Bayern die Bank nicht mehr länger behalten wollen, dass sie sich überlegen, die Bank loszukriegen?

Dr. Wolfgang Peschorn: In den letzten Tagen vor dem 14.12.2009.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Davor hatten Sie keine Anzeichen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Davor, nämlich im November, kam der Kontakt der Bayerischen Landesbank beziehungsweise zwischen den Eigentümern und der Republik auf, in diesen Kontakt war ich eingebunden; aber da waren noch nicht die Anzeichen da, dass die Bayerische Landesbank die Anteile nicht mehr halten will, sondern es waren Anzeichen da – ganz massive Anzeichen, auch in den Medien –, dass die Hypo Alpe-Adria einen Kapitalbedarf von bis zu einer Milliarde hat. Das war das erste Anzeichen ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie das nur aus den Medien gewusst, oder haben Sie den Viability Report zum Beispiel oder die Stellungnahme der FIMBAG dazu vom 22.7.2009 auch selbst gesehen (Auskunftsperson Peschorn: Nein!) und sich ein Bild davon gemacht?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, ich habe von der FIMBAG keine Informationen erhalten, und ich habe auch den Viability Report nicht gesehen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Haben Sie gewusst, dass Fahrenschon am 25. August nach Wien gekommen ist, um sich mit Pröll zu besprechen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich war bei dieser Besprechung, glaube ich, dabei.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und was war denn da? War das ein reiner Höflichkeitsbesuch, oder ist es da nicht bereits doch um das Eingemachte für die Hypo gegangen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, es war ein Höflichkeitsbesuch, es war ein ... (Zwischenruf des Abg. Krainer.) – Nein, nein, das macht nichts. Es ist natürlich auch ein bisschen schwierig, darauf zu antworten: Höflichkeitsbesuch oder Eingemachtes?, Herr Verfahrensrichter, aber ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie sollten ja einfach nur das sagen (Auskunftsperson Peschorn: Ich sage Ihnen, was ich erlebt habe ...!), was Ihre Wahrnehmungen waren. Wir waren ja alle nicht dabei. Ich habe Ihnen nur Alternativen aufgestellt, ob das eine oder das andere; was für Sie zugetroffen hat, das müssen Sie uns sagen.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, es war in dieser ..., wenn Sie mir diese zwei Varianten geben ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Nein, nehmen Sie nicht die zwei Varianten, sagen Sie uns Ihre Wahrnehmungen!

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich möchte nur so anfangen – ich setze den Satz fort –: ... war es tendenziell ein Höflichkeitsbesuch. Wie in einem Protokoll auch vermerkt ist, ist es primär darum gegangen, wie mit dem Beihilfeverfahren in Brüssel umgegangen wird; das war ein wichtiges Thema, auch für später, weil das ja gemeinsam geführt wurde. Und es ist angeklungen, dass natürlich die Restrukturierung der Hypo Alpe-Adria und der Bayerischen Landesbank noch nicht abgeschlossen ist.

Ich habe in diesem Gespräch darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich bereits massive Hilfe für die Hypo geleistet hat, durch die 900 Millionen PartKapital, und das Gespräch ist dann ohne Ergebnis – weil hier auch für mich der Wunsch oder die Absicht der bayerischen Seite, hier ein Ergebnis zu haben, nicht spürbar war – zu Ende gegangen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und als Signal in irgendeine Richtung haben Sie das auch noch nicht verstanden?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sind Ihnen – da Ihnen der Viability Report nicht bekannt war – die Stellungnahme der FIMBAG dazu und – da Sie auch dieses Gespräch eigentlich nicht im Geringsten als besorgniserregend empfunden haben – das PwC-Asset-Screening bekannt geworden und haben Sie das interpretiert, oder ist das auch an Ihnen vorbeigegangen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Zunächst möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass an mir keine Dinge vorbeigehen, sondern es am Auftraggeber liegt, mich davon zu informieren.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, aber im Ergebnis gehen Sie dann an Ihnen vorbei, wenn Sie keine Kenntnis davon haben.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich wollte es nur sagen. Der zweite Punkt ist ... (Abg. Lugar: Können Sie das Mikrofon ein bisschen näher zu sich ...?) – Gerne; ich bin leider nicht so erfahren.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das PwC-Asset-Screening.

Dr. Wolfgang Peschorn: Das PwC-Asset-Screening ist mir im Ergebnis bekannt geworden, aber nicht der Bericht; im Ergebnis bekannt geworden, weil im November 2009 dieses Ergebnis natürlich für Aufruhr gesorgt hat, weil es einen Kapitalbedarf von 900 Millionen bis 1,3 Milliarden, glaube ich, als notwendig angesehen hat. Und das Asset Screening war letztendlich Grundlage für die Bank selbst, für ihr Restrukturierungskonzept, einen Kapitalbedarf von 2,1 Milliarden zu verlangen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt haben Sie in Ihrer einleitenden Stellungnahme angegeben, dass die meisten Zahlen der Hypo in dem Zeitraum seit 2008, wo Sie die Erfahrung gemacht haben, nicht werthaltig gewesen seien. Ich kann das aus dem Bild, das die Bank dem Ausschuss vermittelt hat, von 2000 herauf, bestätigen. Haben Sie sich in Ihrer Arbeit für die Hypo auch damit befasst, wie die Hypo vor 2008 agiert hat? Oder sind Sie einfach 2008 eingestiegen? Und haben Sie schon gewusst, dass das früher auch schon so ein Leiden war, dass diese Zahlen nicht werthaltig waren?

Sie haben ja dann doch die markante Erfahrung machen müssen, dass die PartKapitalzahlen, die man sich damals vorgestellt hat, innerhalb nicht einmal eines Jahres zerbröselt sind, bis zum PwC-Asset-Screening, bei dem wir gerade gestanden sind.

Wenn das so ist, wenn man also diesen eklatanten Mangel an Verlässlichkeit von Einschätzungen vonseiten der Bank und der Wirtschaftsprüfer feststellen muss, wenn man sieht, dass die Werthaltigkeit so den Bach runtergeht, wenn man das betrachtet, hat man da nicht Anlass, sich Gedanken zu machen, wie das weitergehen kann, wenn die Bayern zudem auch schon im August da waren und wenn man weiß, dass die Bayern Eigenmittel wollten und die Eigentümer, die Minderheitseigentümer nicht damit einverstanden waren? War Ihnen dieser Umstand vom Herbst bekannt?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das sind mehrere Fragen auf einmal.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ja, ja.

Dr. Wolfgang Peschorn: Gerne, von hinten nach vorne:

Im Herbst oder besser gesagt im Winter 2009 hat sich herauskristallisiert, dass die Bayerische Landesbank letztendlich daher am 13./14.12.2009 das Ziel hatte, die Anteile abzugeben  richtig.

Davor war das eine Entwicklung. Im August, wenn wir dieses Datum wieder festmachen, war diese Entwicklung in keinster Weise für mich erkennbar.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann war sie denn für Sie in etwa erkennbar – in ein bisschen einer Weise?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das habe ich schon gesagt: die letzten Tage vor diesem Wochenende der Notverstaatlichung, das heißt ungefähr eine Woche.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und davor nicht?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wenn Sie die Entwicklung ansprechen, dass die Bayerische Landesbank aus der Bank aussteigen will et cetera: Ja, nicht.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Und wenn Sie alle Umstände in Betracht ziehen, wenn Sie sich nicht an das klammern, wie ich Sie frage, sondern an das, was Ihre Wahrnehmungen waren: Hatten Sie da Signale, dass man sich auch darauf einstellen muss, dass die Bayern wegwollen, dass die Bayern die Bank nicht länger behalten wollen? Hatten Sie dafür Signale irgendwelcher Art, und wenn ja, welche?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich hatte keine Signale. Ich weiß aus der heutigen Zeit und vor allem meiner Tätigkeit der Ursachenaufarbeitung, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass die Bayerische Landesbank schon früher einen Plan hatte, der auch vor allem aus den Kosten getrieben war, die aus einer Beihilfeentscheidung entstehen werden. Das hat die Bayerische Landesbank ganz sicher in ihrer Strategie mitbeachtet.

Aber um es noch einmal klarzumachen: Auch die Finanzprokuratur ist Anwalt und Berater und nicht primär für die wirtschaftlichen Zusammenhänge zuständig. (Verfahrensrichter Pilgermair: Ja!) – Lassen Sie mich das bitte aussprechen! – Die Aufgabenteilung war ganz klar: Es oblag den Aufsichtsbehörden und vor allem auch der FIMBAG das Monitoring. Und das haben wir, und insofern, um den Anzeichen zu begegnen, in der Treuhandvereinbarung vom 30.1.2009 eindeutig und klar abgebildet.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Sie haben sich als Berater der Republik bezeichnet. Das sind Sie ja auch. Berater denken voraus, Berater antizipieren. Und daher: Für Sie war das keine Variante, sich etwas in diese Richtung Gedanken zu machen, ob die Bayern gehen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, Herr Verfahrensrichter, nein! Berater denken voraus, antizipieren – richtig. Aber in einem breiten, breit aufgestellten ... Breit aufgestellt heißt in diesem Zusammenhang, alle Varianten, die ein Partner oder Gegner ins Feld führen will, zu beobachten und zu entgegnen.

Wie Sie meinen Unterlagen entnehmen können, ist sehr früh, ganz am Anfang bereits, von mir eine Due-Diligence-Untersuchung gefordert worden, ist ganz früh auch verlangt worden, dass man untersucht, was die Ursachen sind, um dann darauf die richtigen Maßnahmen zu setzen, unter möglichster Schonung der Ressourcen der Republik Österreich.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann war denn das, wenn Sie das zeitlich festlegen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das war im November 2009, als es das erste Gespräch mit der Führung der Bayerischen Landesbank gab. Das war der Herr Ermisch und der Herr Haas.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann denn im November?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das ist den Unterlagen zu entnehmen. Aber ich kann da gerne ... (Die Auskunftsperson blättert in ihren Unterlagen.) – Das war, glaube ich, der 23.11.2009.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann haben Sie erstmals ein Szenario entwickelt?

Dr. Wolfgang Peschorn: Knapp danach. Das ist meinen Unterlagen zu entnehmen, ist auch in schriftlicher Form enthalten.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wer hat das wann bekommen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Sofort. Also wie Sie ja auch meinen Unterlagen entnehmen können ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Lieber Herr Dr. Peschorn, ich bitte Sie, dass Sie Ihre Unterlagen, wenn Sie es nicht auswendig wissen, zur Hand nehmen und die Fragen dann konkret beantworten und nicht auf etwas verweisen.

Wann haben Sie wem Ihre Szenarioanalysen gegeben?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe unmittelbar nach dem 23.11.2009, am Tag danach wahrscheinlich, diese Szenarioanalysen meinen Auftraggebern übermittelt. Ich habe auch in weiterer Folge ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: In persona?

Dr. Wolfgang Peschorn: In persona waren dies Mag. Lejsek, Bundesministerium für Finanzen, der Sektionschef Dossi, Bundeskanzleramt, und immer wieder haben auch Frau Dr. Itzlinger vom Bundeskanzleramt, andere Personen im BMF und insbesondere auch die Kabinette, die Kabinette Dr. Gruber, Bundeskanzleramt, und Mag. Höllerer vom Bundesministerium für Finanzen ... Wir waren in enger Abstimmung.

Ich habe hier sehr viele Dinge vorbereitet, vorgedacht, zu Papier gebracht, Szenarien entwickelt, Alternativen entwickelt.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Hatten Sie eine Präferenz für ein bestimmtes Szenario zu diesem Zeitpunkt?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich hatte auch hier wie immer die Präferenz, mit staatlichen Maßnahmen äußerst restriktiv zum Wohl der Steuerzahler vorzugehen, auch in diesem Fall. Und daher war es auch unsere gemeinsame Absicht – und meine Empfehlung ist hier durchaus auf positiven Widerhall gestoßen –, zuerst einmal zu schauen, was die Ursache ist, und dann die richtige und die restriktivste Maßnahme zu setzen.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Welche konkrete Präferenz hatten Sie? Oder hatten Sie keine konkrete Präferenz?

Dr. Wolfgang Peschorn: Na, zunächst einmal war die Präferenz, überhaupt keine Hilfe zu leisten, sondern diese Hilfe für die Hypo Alpe-Adria den Eigentümern zu überlassen. Das war die erste Präferenz. Als dann klar wurde, dass sich hier einige Eigentümer nicht beteiligen wollen, war die Frage, was ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Wann ist Ihnen das klar geworden, dass sich da einige Eigentümer nicht beteiligen wollen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Herr Verfahrensrichter, ich kann Ihnen das natürlich an einigen Daten festmachen, aber diese Sachen, da gibt es jetzt kein großes Schild: Ich will nicht!, sondern da gibt es immer wieder Ereignisse. Und das ist mir klar geworden spätestens, als am ...

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Dann nennen Sie es bitte!

Dr. Wolfgang Peschorn: Das ist mir klar geworden spätestens am 7.12.2009 (Verfahrensrichter Pilgermair: Am 7.12.!), als es in der KPMG in Wien eine Eigentümerversammlung/Aufsichtsrat gab und hier klar deponiert wurde von der Grazer Wechselseitigen und den anderen, Kärntner Landesholding, keinen Beitrag zu leisten.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Jetzt haben Sie die Interessen der Steuerzahler erwähnt. Da meine Zeit für die Befragung bald endet, mache ich einen Zeitsprung nach hinten.

Es liegt an sich auch im Interesse von Steuerzahlern, dass man sich gerade bei einem Unternehmen, bei dem Sie selbst auch zutreffend gesagt haben, dass die Werthaltigkeit von Forderungen sehr in Zweifel zu ziehen ist, im Vertrag absichert, wenn man schon übernimmt. Wie ist es denn schlussendlich dazu gekommen, dass die Gewährleistung nicht vorhanden war, nicht substanziell?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das müssen Sie oder müssten Sie die Verhandler fragen. Ich war kein Verhandler.

Tatsache ist, dass diese Gewährleistungsbestimmung in einem Term Sheet, das am Beginn stand, enthalten war. Tatsache ist, dass diese am Ende im Term Sheet nicht mehr enthalten war. Und das war Gegenstand von Verhandlungen, und dazu gab es auch eine Erklärung, die für mich äußerst plausibel – zum damaligen und zum jetzigen Zeitpunkt – ist. Die Erklärung lautete, dass man einen höheren Eigenkapitalbetrag, nämlich von, wie mir damals gesagt wurde, 300 Millionen € als Abtausch erhalten hat. Das war im Hinblick auf die Kapitalerfordernisse und im Hinblick auf den Umstand, dass diese Kapitalerfordernisse mit 2,1 Milliarden beziehungsweise 1,5 Milliarden, wenn die Republik als Ganzes die Hypo übernimmt, von der OeNB bezeichnet worden sind, ein durchaus nachvollziehbarer Gedanke der Verhandler.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Ich will Ihnen jetzt als Auskunftsperson keine rechtliche Diskussion anlasten und frage Sie daher zur Wahrnehmung: Wie haben Sie Ihren Standpunkt bei der Frage der Geschäftsaufsicht und auch der Inanspruchnahme im Wege von Bürgschaften von Landeshaftungen gebildet? Haben Sie diesen Standpunkt selbst entwickelt, haben Sie sich dabei auf Mitarbeiter in der Prokuratur gestützt oder auf Externe? – Die reine Wahrnehmung.

Dr. Wolfgang Peschorn: Wenn die Frage auf die juristische Expertise abzielt, so habe ich mir die auch selber gebildet, ich habe sie natürlich im Diskurs mit meinen Kollegen und Kolleginnen gebildet, und sie ist natürlich auch von den Informationen über die zugrunde liegenden Verträge beeinflusst gewesen, denn Ausfallsbürgschaft, Geschäftsaufsicht, Insolvenz, Schlagendwerden von Forderungen hängt nicht nur vom ABGB und von anderen gesetzlichen Grundlagen ab, sondern auch ganz entscheidend von den Bedingungen in den Anleihen und Schuldverschreibungen. Das war natürlich wiederum ein Thema einer Due Diligence und einer ausreichenden Information, die wir nicht hatten. Eine Information dazu kam auch in diesem Zusammenhang von der Oesterreichischen Nationalbank.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Abschließend wieder eine reine Wahrnehmungsfrage: Haben Sie diese rechtlichen Standpunkte in der Folge beibehalten können oder fachlich revidiert?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe diese Standpunkte in der Folge bis heute beibehalten können und weiterentwickeln können.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Danke für Ihre Antworten im Rahmen der Erstbefragung. (Auskunftsperson Peschorn: Danke!)

*****

Vorsitzende Doris Bures: Danke vielmals, Herr Dr. Pilgermair, für die Erstbefragung und, Herr Dr. Peschorn, für die einleitende Stellungnahme.

Damit erteile ich im Sinne der Redeordnung als Erstem Herrn Abgeordnetem Krainer das Wort. – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Dr. Peschorn, ich darf vielleicht kurz zum Termin August 2009 zurückkommen. Da darf ich einen Aktenvermerk mit der Dokumentennummer 14227 vorlegen, Seite 1 von 1. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt!)

Das ist ein Aktenvermerk, eine Art zusammenfassendes Protokoll von diesem bereits angesprochenen Gespräch Pröll/Minister Fahrenschon vom 25. August.

Kennen Sie dieses Protokoll?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie das verfasst?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Seit wann kennen Sie das? Ist Ihnen das damals zeitnah ...?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das ist mir irgendwann einmal relativ zeitnah von Mag. Höllerer meiner Erinnerung nach zugesandt worden, und er hat mich gefragt, ob ich das auch so in Erinnerung habe. Ich habe ein paar Retuschen gemacht, und wahrscheinlich sind die da eingeflossen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. Das heißt, dieses Gesprächsprotokoll oder dieser Aktenvermerk gibt das wieder, was bei diesem Termin war?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich würde das so sagen, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ist Ihnen bekannt, dass Minister Fahrenschon im bayerischen Untersuchungsausschuss ganz etwas anderes über diesen Termin gesagt hat?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, aber ... Nein. Was hat er gesagt, darf ich fragen?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Er hat dort gesagt, dass er bei diesem Termin gesagt hat, die Bayerische Landesbank ... Also bei diesem Termin, in diesem Gesprächsprotokoll steht drinnen: 

„Die Bayerische Landesbank bzw. der Freistaat Bayern hätten durch die Kapitalerhöhung von EUR 700 Mio. bei der HBInt. im Dezember 2008 gezeigt, dass sie ihren Verpflichtungen als Eigentümer der Bank nachkommen und dies auch weiterhin tun wollen.“

Also ein Bekenntnis zur Bank und zur Verantwortung als Eigentümer, im Bedarfsfall Kapital und Liquidität zur Verfügung zu stellen: haben wir gemacht und wollen wir auch in Zukunft tun.

Im bayerischen Untersuchungsausschuss hat Fahrenschon gesagt, er hätte bei diesem Termin gesagt, die Bayern sind nicht bereit, noch irgendein Geld in diese Bank zu stecken.

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, meiner Wahrnehmung und meiner Erinnerung entspricht das nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das erklärt für mich auch, wieso Herr Minister Fahrenschon nicht herkommt. (Auskunftsperson Peschorn: Ah so!) Entweder er bestätigt das, was hier steht, oder es gibt einen krassen Widerspruch. Wenn er sagt, was hier steht, dann muss er in Bayern erklären, wieso er dort etwas anderes gesagt hat; wenn er hier bei seiner Geschichte von Bayern bleibt, dann muss er uns erklären, wieso das in krassem Widerspruch zu dem steht, was alle anderen Sitzungsteilnehmer von dort mitgenommen haben und zeitnah protokolliert haben. Insofern erklärt sich das für mich.

Nächste Frage, einfach nur so zwei Unterlagen, die ich vorhalten darf: Das eine ist der Akt 24145, das ist diese Briefingunterlage von der OeNB von, glaube ich, Ende November/Anfang Dezember 2009. Und das Zweite ist der Akt 29483, das ist dieser Einseiter, wo es um die wesentlichen rechtlichen Fragen, Szenarien geht: „Geschäftsaufsicht“, „Insolvenz“, „Vertragliche Übernahme“, „Verstaatlichung“. (Der Auskunftsperson werden Schriftstücke vorgelegt.)

Sind Ihnen diese Unterlagen bekannt?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich fange von hinten an. (Abg. Krainer: Gern!) Diese Szenarien werden wohl ident sein mit dem Dokument, das in meinen Akten ist. Das ist von uns entwickelt worden in der Finanzprokuratur als Vorbereitung einfach für Verhandler, um da eine sachliche Grundlage für eine Entscheidungsfindung zu haben.

Das zweite Dokument kenne ich in dieser Zusammenstellung nicht. (Die Auskunftsperson blättert in einem der vorgelegten Schriftstücke.) Ich glaube aber, bei rascher Durchsicht eine mir als PowerPoint übermittelte Tabelle gesehen zu haben, nämlich „Mögliche Kosten im Insolvenzfall“, das ist die Seite 33.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie da nur diese eine Seite bekommen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wenn die anderen Seiten nicht irgendwo verarbeitet sind, zum Beispiel in dem Bericht oder in der Stellungnahme der OeNB vom, glaube ich, 7.12.2009, die Langfassung, dann sind mir die anderen Dinge nicht übergeben worden und nicht bekannt geworden. Das ist eben so, die Finanzprokuratur bekommt nicht alles und hat auch nicht das Recht darauf.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. Schauen wir uns vielleicht einmal das an, was Sie erstellt haben oder Sie in der Finanzprokuratur! Da war vor allem immer die Frage Gegenstand: Was passiert bei der Geschäftsaufsicht? Da schreiben Sie: „Haftung wohl auch bei GA“ – Geschäftsaufsicht – „schlagend § 81b BWG“.

Was bedeutet das? Es fällt nur auf, dass hier steht „wohl auch“, das ist ein bisschen abschwächend.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, im Einzelfall ist das eine äußerst diffizile juristische Frage, wie im Rahmen einer Geschäftsaufsicht mit einer Ausfallsbürgschaft umzugehen ist. Ganz klar ist, dass im Falle der Insolvenz des Hauptschuldners, in dem Fall der Hypo Alpe-Adria-Bank, die Ausfallsbürgschaft fällig wird. Die Qualifikation und die Frage, wie der Ausfallsbürge auf eine ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Noch einmal ganz kurz, denn das war auch Gegenstand jetzt nicht hier im Ausschuss, sondern vor allem der politischen Diskussion: Das heißt, im Insolvenzfall schlagend werden heißt Konkurseröffnung, und heißt das, dass dann sofort die Anleihezeichner zur Kärntner Landesholding beziehungsweise zum Land Kärnten gehen können und sagen: I want my money back?

Dr. Wolfgang Peschorn: Grundsätzlich ja, mit der Einschränkung, dass der Oberste Gerichtshof auch im Rahmen der Akzessorietät, also der Abhängigkeit der Bürgschaftsschuld von der Hauptschuld, judiziert, dass die ursprüngliche Fälligkeit der Hauptschuld grundsätzlich bestehen bleibt. So. Die Frage ist allerdings – und das ist eine Frage, die bei den Anleihebedingungen und Schuldverschreibungen zu klären ist –: Was passiert im Falle des Konkurses des Hauptschuldners? Also das Thema Default. Tritt da eine Fälligkeit auch der Hauptschuld ein, also der Schuld der Hypo Alpe-Adria gegenüber dem Gläubiger, oder bleibt es bei der ursprünglich vertraglich vereinbarten Fälligkeit irgendwann einmal später?

Das war in der dramatischen Zeit vor der Notverstaatlichung einfach nicht zu klären, weil uns a) die Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt wurden und b) die Bank es uns nicht übergeben hat. Deswegen ist es hier auch ein Grund für dieses „wohl“ in diesem Bereich, den Sie zitiert haben, weil sich natürlich die Unsicherheit, was im Falle der Geschäftsaufsicht in faktischer Hinsicht passiert, aus den Verträgen heraus vergrößert hat. In rechtlicher Hinsicht ist die Frage zu klären, ob die Geschäftsaufsicht ein konkursähnliches Verfahren ist, wo die Wirkungen wie im Konkurs bei einer Ausfallsbürgschaft eintreten, oder ob es sich mehr um ein Verfahren handelt, das nicht als Konkurs zu qualifizieren ist. Für beide Ansichten gibt es Argumente, und da es hier um eine Risikoeinschätzung ging, war es natürlich wesentlich, darauf hinzuweisen, dass diese Frage höchst unsicher ist. Und dann bleibt natürlich nur mehr die Beurteilung: Ist diese Unsicherheit im Zweifelsfall für die Republik Österreich gefährlich oder für jemand anderen?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. Das heißt, die Information, die Sie hier gegeben haben, war, die Insolvenz wird sofort schlagend und bei der Geschäftsaufsicht wird Haftung ... (Zwischenruf des Abg. Hable.) – Entschuldigen Sie, wir haben es hier schriftlich. Ich habe zitiert, ich kann ja lesen. (Zwischenruf des Abg. Kogler.– Nein, es geht nicht um Rechtsphilosophie, es geht um die Information, die die Verhandler von ihrem Anwalt bekommen haben.

Hier steht bei „Insolvenz“ in der Zeile „Landeshaftung“: „wird sofort schlagend“. (Abg. Lugar: Das ist falsch!) – Das ist nicht klar, das hat er nicht gesagt.

Und das Zweite ist, dass er gesagt hat: „Haftung wohl auch bei GA“ – Geschäftsaufsicht – „schlagend“ – mit Hinweis auf § 81b BWG.

Das heißt, das ist die Information, die die Verhandler bekommen haben, dass Sie gemeint haben, in der Insolvenz werden die Haftungen sofort schlagend. Jetzt haben Sie gesagt, das, was für Sie unklar war, war, ob die zur Fälligkeit schlagend werden oder sofort. Und bei der Geschäftsaufsicht haben Sie hier abgeschwächt: „wohl“, also nicht ganz sicher, aber wahrscheinlich. Und diese Meinungen, die Sie da auch schriftlich vorgelegt haben ... Sie haben gesagt, Sie stehen nach wie vor dazu, wenn ich Sie zitieren darf – oder Sie haben diese Positionen weiterentwickelt.

Ganz konkret zu diesen beiden Sachen: Wie sehen Sie das heute?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe Ihnen jetzt natürlich meine heutige Sicht kundgetan. Ich möchte schon darauf hinweisen, das ist natürlich eine Aufstellung, und diese Aufstellung ist nicht nur selbsterklärend (Abg. Krainer: Wurde mündlich erläutert!), sondern die war dazu gedacht, dass man das natürlich mündlich erläutert und dass hier jemand mit Schlagworten eine Erinnerung hat. Aber natürlich hat die Diskussion Ausfallsbürgschaft, Schlagendwerden, Fälligkeit und darüber, wie man damit umgehen kann, in den Jahren 2014 beziehungsweise 2013 wieder an Bedeutung gewonnen. Und das ist noch immer eine Diskussion, ja.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie kommen jetzt in die zweite Runde.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Okay, dann mache ich das vielleicht in der nächsten Runde.

Ich habe eine Frage betreffend Eigenkapitalersatz-Gesetz. Jetzt haben wir eine Reihe von Akten, die in der Stufe 2 sind, deswegen lege ich das jetzt nicht vor, sondern frage einfach sehr allgemein: Haben Sie im Vorfeld der Notverstaatlichung geprüft, ob es möglicherweise Verhandlungspositionen gegenüber den Bayern auf Grundlage des Eigenkapitalersatz-Gesetzes gäbe?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wir haben uns dieser Frage in den letzten Tagen vor dem 13., 14.12. gestellt. Die Frage ist natürlich ganz entscheidend vom Gesetz abhängig. Und das Gesetz sieht einmal – kurz gesagt – vor, dass sich die Hypo Alpe-Adria zum Zeitpunkt der Ausreichung oder der Vergabe dieser Mittel durch die Bayerische Landesbank und zum Zeitpunkt der Rückzahlungsverpflichtung in einer Krise nach dem Eigenkapitalersatz-Gesetz befinden muss. Das bedeutet, eine Krise ist entweder die Beschuldung, die Zahlungsunfähigkeit oder ein Reorganisationsbedarf im Sinne des Unternehmensreorganisationsgesetzes. Das ist natürlich eine Frage, die vom Sachverhalt abhängig ist. Daher wäre es erforderlich gewesen, dass im Dezember 2009 jemand aufsteht und sagt, beispielsweise im Juni 2008 und weiter danach hat sich die HBInt in einer Krise nach dem Eigenkapitalersatz-Gesetz befunden, also sie wäre zahlungsunfähig, überschuldet oder sie hätte Reorganisationsbedarf gehabt.

Nun haben wir die gegenteilige Information gehabt. Wir hatten im Jahr 2008 die Information, dass die Bank nicht distressed ist, und daher gab es aus der Sachverhaltssicht genau diese Informationen nicht, die für die Annahme eines Eigenkapitalersatzes notwendig gewesen wären. Dass man das später anders gesehen hat und dass ich mich im Rahmen der Aufarbeitung der Vergangenheit bemüht habe, herauszufinden, wie ich schon im Einleitungsstatement gesagt habe, woher diese Verluste, die fortlaufend aufgedeckt wurden, kamen, und dass die aus meiner Sicht natürlich überwiegend aus der Zeit vor der Notverstaatlichung stammen, das ist leider auf einem anderen Blatt geschrieben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber Sie haben die Frage EKEG innerhalb der Finanzprokuratur erörtert?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wir haben diese Frage EKEG als Juristen unter uns erörtert, und – und das darf man auch nicht übersehen – die Hypo Alpe-Adria-Bank war gut vertreten. Wirtschaftlich hat sie einen ausgewiesenen Berater für Restrukturierung engagiert gehabt, und rechtlich hat sie eine ausgewiesene Restrukturierungs-Rechtsanwaltskanzlei beauftragt gehabt. Darüber hinaus war neben dieser Kanzlei KOSCH & PARTNER auch Wolf Theiss an Bord, eine große, renommierte Anwaltskanzlei. Also die Bank war hier beraten. Und natürlich müssen sich genau diese Sachverhaltsfragen daran orientieren, was die Bank Ihnen selbst an Informationen gibt, und dieses Thema wurde erörtert.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Waren Sie in diesen Fragen in Kontakt mit den Anwälten der Bank (Auskunftsperson Peschorn: Ja!) und haben hier ihre juristischen Meinungen abgestimmt? (Auskunftsperson Peschorn: Ja!) Auch zum EKEG?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und die Anwälte der Bank hatten Zugang zu Informationen, die Sie nicht hatten?

Dr. Wolfgang Peschorn: Davon muss ich ausgehen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Haben Sie sich mit den Anwälten der Bank auch juristisch über die Frage ausgetauscht, was mit den Landeshaftungen im Insolvenzfall oder im Fall der Geschäftsaufsicht passiert?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und wie war deren Einschätzung?

Dr. Wolfgang Peschorn: Die Einschätzung war gleichlautend, nicht divergierend von uns.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nämlich, dass sie im Insolvenzfall „sofort schlagend“ werden und dass sie „wohl auch“ bei der Geschäftsaufsicht „schlagend“ werden? (Abg. Hable: Das hat er nicht gesagt! Das hat er nicht gesagt!) – Es liegt hier schriftlich! Hier, bitte! Ich zitiere etwas, was schriftlich ist! (Abg. Hable: Er hat ausdrücklich bestätigt, dass es nicht sofort schlagend wird ...! – Weitere Zwischenrufe.)

Frau Präsidentin, ich bin ein Freund von Zwischenrufen, aber ganz unter uns: Wenn ich aus einer schriftlichen Unterlage zitiere, darf ich das oder ist das hier total unlauter, was ich mache?

Vorsitzende Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz entscheidend ist – davon gehe ich aus –, dass die Auskunftsperson selbst beurteilen kann, ob das dem entspricht, wie sie es wahrgenommen hat, oder nicht. In den Diskussionen wurde uns schon sehr oft auch von Auskunftspersonen gesagt – und das sehr deutlich –, dass etwas nicht richtig wiedergegeben wurde. Das heißt, es obliegt der Auskunftsperson, möglicherweise auch Zusammenfassungen zurückzuweisen. Und daher ist, glaube ich, die Befragung so, wie sie jetzt stattgefunden hat, möglich.

Gibt es jetzt noch eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Hable.

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Präsidentin, anschließend auch an das, was Sie gesagt haben: Es ist vollkommen richtig, dass es natürlich der Auskunftsperson – jetzt Herrn Dr. Peschorn – obliegt, ihre Wahrnehmung, ihre Interpretation darzulegen. Und diese war vollkommen klar: Er hat gesagt, der Oberste Gerichtshof hat judiziert, dass die Gläubiger selbst im Konkursfall nicht unmittelbar auf das Land Kärnten als Ausfallsbürgen greifen können, sondern dass das erst dann möglich ist, wenn die Hauptfälligkeit eintritt (Abg. Kogler: Jawohl!), das heißt, erst dann, wenn die Zahlungen an die Anleihegläubiger fällig sind – und nicht sofort alles.

Damit hat er auch das Gutachten der Kärntner Landesholding bestätigt (Abg. Kogler: So ist es!), das wir vor zwei Wochen im Untersuchungsausschuss hatten.

Die Meldung zur Geschäftsordnung deswegen, weil Herr Abgeordneter Krainer jetzt verzweifelt versucht, das wieder umzudeuten, als hätte er gesagt, im Konkursfall würden sie sofort schlagend. Das widerspricht der Aussage, und das wollte ich klarstellen. Das ist ein falscher Vorhalt!

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Hable, ich glaube, dass wir nicht sehr weiterkommen, wenn jedes Mitglied des Untersuchungsausschusses die Aussagen einer Auskunftsperson interpretiert. Ich bitte die Auskunftsperson – und darum ersuche ich Sie auch, Herr Dr. Peschorn –, diese Fragen sozusagen klar zu beantworten, damit es dann in der Interpretation nicht diese unterschiedlichen Auslegungen geben kann.

Ich habe jetzt noch zwei Wortmeldungen zur Geschäftsordnung. (Abg. Kogler: Das ist wie bei Wittgenstein: Was gesagt ist, ist gesagt!) – Herr Abgeordneter, Sie können sich zu Wort melden!

Mir liegen inzwischen drei Wortmeldungen zur Geschäftsordnung vor. – Frau Abgeordnete Tamandl, bitte.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Kollege Hable, in Wirklichkeit ist das aber keine Wortmeldung zur Geschäftsordnung, denn dieses Dokument, das Kollege Krainer vorgelegt hat, liegt uns allen vor. (Zwischenruf des Abg. Hable.) Und da können wir ganz eindeutig lesen, dass bei einer Insolvenz die Landeshaftung – ich zitiere –: „wird sofort schlagend, Konkursforderungen der Einlagensicherung gegen die Bank“. Wir alle haben die Aussage von Herrn Dr. Peschorn gehört, aber es geht ja um den ... (Abg. Kogler: Es ist auch der ÖVP zuzumuten, dass sie sinnerfassend zuhört! – Weitere Zwischenrufe.) – Ihr könnt mich auch niederschreien, aber das hindert mich nicht an meinen Ausführungen.

Natürlich hat Herr Dr. Peschorn das jetzt anders dargestellt. Nur: Wir haben dieses Dokument, und die Verhandler hatten wohl auch dieses Dokument, also ist es jetzt schon ein bisschen seltsam, dass Herr Dr. Hable meint, dass das jetzt ein falscher Vorhalt ist, wo das hier schwarz auf weiß steht. Man kann das negieren, genauso wie bei der Geschäftsaufsicht kann man das negieren, aber das haben wir ja jetzt schon x-mal erörtert.

Die jetzige Interpretation ist spannend, tief juristisch, ich verstehe es auch vollkommen, aber ich denke trotzdem, dass der Vorhalt ein richtiger war, weil er auf dieses Dokument bezogen ist. Und worauf sollen sich die Verhandler beziehen, wenn nicht auf das, was die Finanzprokuratur den Verhandlern mit auf den Weg gibt? (Abg. Lugar: Er hat es nicht gesagt!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Klubobmann, ich schreibe Sie auch gerne auf die Rednerliste. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Lugar.)

Jetzt gelangt Herr Abgeordneter Krainer zur Geschäftsordnung zu Wort, danach Herr Mag. Darmann. Und in unser aller Interesse würde ich, sollte es eine längere Debatte werden, um eine kurze Sitzungsunterbrechung ersuchen.

Herr Abgeordneter Krainer, danach Herr Mag. Darmann, und Herr Dr. Pilgermair hat sich natürlich abschließend zu Wort gemeldet.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich glaube, ich kann halbwegs sinnerfassend zuhören, und es ist ja später aufgrund des Protokolls auch möglich, das sinnerfassend zu lesen. Auch das, was Kollege Hable hier gesagt hat, ist natürlich verkürzt, denn er hat dann gesagt: Aber es hängt auch von der genauen Ausgestaltung der Verträge ab, ob im Insolvenzfall – und jetzt lassen Sie mich ausreden! – die Hauptschuld sofort fällig wird, denn dann wird die Bürgschaftsschuld auch sofort fällig. (Abg. Hable: Ist das eine gesetzliche Landeshaftung oder eine vertragliche?)

Es geht ja um die Frage ... Schauen Sie, das ist relativ einfach: Es gibt die Hauptschuld, das ist die Schuld der Bank ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hable.) – Nein, ich kann einfach sinnerfassend zuhören, Sie offensichtlich nicht und brauchen einen Dolmetscher. Das kann ich gerne machen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hable und Lugar.) Beim Kollegen Lugar würde ich es ja nicht einmal versuchen. (Abg. Lugar: Ich hätte es gerne von der Auskunftsperson!)

Vorsitzende Doris Bures: Ich würde jetzt wirklich, Herr Abgeordneter ...! So!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber sinnerfassend zuhören heißt schon: Hauptschuld ist Schuld der Bank gegenüber dem Anleihezeichner; Bürgschaftsschuld ist Schuld des Landes Kärnten.

Vorsitzende Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Krainer: Bin ich jetzt nicht mehr am Wort?) – Sie sind es wieder, wenn ich es Ihnen erteile. Jetzt bin ich am Wort!

Ich habe nicht den Eindruck, dass diese Geschäftsordnungsdebatte so abläuft, dass wir tatsächlich in der Befragung so weiterkommen, wie wir das im Ausschuss, hoffe ich, alle vorhaben.

Herr Abgeordneter Krainer, Sie können jetzt noch Ihre Ausführungen zur Geschäftsordnung beenden, dann erteile ich Herrn Dr. Pilgermair das Wort, und Herr Mag. Darmann, Sie sind als Einziger dann auch noch zur Geschäftsordnungsdebatte zu Wort gemeldet.

Herr Dr. Pilgermair oder Herr Abgeordneter Krainer? (Abg. Krainer: Ja, ich würde schon gerne meine Ausführungen beenden!) – Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hauptschuld ist die Schuld der Bank gegenüber dem Anleihezeichner, und die Bürgschaftsschuld ... (Abg. Lugar: Das ist keine Geschäftsordnungsdebatte!) – Es ist auf demselben Niveau wie beim Kollegen Hable. (Abg. Lugar: Das macht es ja nicht besser!) Die Zwischenrufe habe ich nicht ge...

Vorsitzende Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich mache das, was ich angekündigt habe, ich unterbreche die Sitzung und ersuche die Fraktionsvorsitzenden, zu mir zu kommen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 10.13 Uhr unterbrochen und um 10.22 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

10.22

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Ich bedanke mich bei allen, die bei der Besprechung und Beratung dabei waren.

Wir haben vereinbart, dass Herr Dr. Pilgermair noch einmal eine kurze Stellungnahme abgibt und dass wir dann in der Befragung fortfahren. – Bitte, Herr Dr. Pilgermair.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es ist für Sie selbstverständlich sehr wichtig, dass Sie zwischendurch auch immer wieder zusammenfassen und Statements abgeben, aber bei der Befragung ist es für die Auskunftsperson ganz wichtig, dass sie dann eine Trennung zwischen einerseits dem abgeschlossenen Statement und andererseits der Frage und einem Rekurs auf ein bestimmtes Dokument wahrnehmen kann.

Wenn Sie in Ihr Statement eine Würdigung von Aussagen, auch von früheren Aussagen von Auskunftspersonen, einbeziehen, dann macht es natürlich Sinn, dass Sie das dann abschließend in einen Vorhalt oder in eine konkrete Fragestellung ummünzen, weil man nicht jeder Auskunftsperson zumuten kann, dass sie Ihre Statements und Zusammenfassungen schon gleich kritisch hinterfragt und sich überlegt: Habe ich dazu aus Eigenem etwas zu sagen und darf ich das überhaupt tun? – Daher macht es im Interesse der Auskunftsperson, wie gesagt, Sinn, das auseinanderzuhalten.

Bringen Sie bitte Ihr Statement, und wenn Sie darin eine Würdigung, eine unterschiedliche Würdigung von Angaben einer Auskunftsperson haben, halten Sie ihr das dann bitte konkret vor. – Danke.

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Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Dr. Peschorn, haben Sie den Verhandlern Ihre schriftliche juristische Expertise gegeben, dass im Falle der Insolvenz die Landeshaftungen sofort schlagend werden?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe den Verhandlern die juristische Expertise mitgeteilt und auch in diversen Papieren darauf hingewiesen, dass mit der Insolvenz der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG die große Gefahr des Schlagendwerdens der Ausfallhaftung verbunden ist und auch mit der Geschäftsaufsicht diese nicht ausgeschlossen werden kann. Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay, das heißt, Sie haben ihnen schriftlich gesagt: Insolvenz wird sofort schlagend, Geschäftsaufsicht wird wohl auch schlagend ... (Zwischenruf des Abg. Lugar.) Das war eine Frage. Sie haben ihnen schriftlich ... Ganz einfach: Stimmt es, dass Sie den Verhandlern schriftlich mitgeteilt haben, bei der Insolvenz wird sofort schlagend, bei der Geschäftsaufsicht wird wohl auch schlagend?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe den Verhandlern schriftlich mitgeteilt, beziehungsweise besser gesagt: meinen Auftraggebern BMF und BKA mitgeteilt, dass mit der Insolvenz der Hauptschuldnerin Hypo Alpe-Adria-Bank International AG die große Gefahr besteht, dass diese Verbindlichkeiten aus der Ausfallsbürgschaft sofort schlagend werden und diese Gefahr aus verschiedenen rechtlichen Gründen auch für die Geschäftsaufsicht gilt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. – Das heißt, schriftlich wie von mir zitiert, mündlich mit den leichten Nuancierungen, wie Sie es jetzt sagen.

Dr. Wolfgang Peschorn: Und in verschiedenen Dokumenten findet sich der Hinweis auf Auswirkungen der Geschäftsaufsicht auf die Einlagensicherung et cetera.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dass die Einlagensicherung sofort ausgelöst wird durch die Geschäftsaufsicht zum Beispiel? (Auskunftsperson Peschorn: Ja ...! Abg. Lugar: Das sind ja lauter Suggestivfragen!) – Das war eine Frage. (Abg. Lugar: Zuerst sagt er: Kann man nicht ausschließen!, dann sagt er: Ist wahrscheinlich!, und jetzt sagt er: Ja, das ist so! Das ist ja ...!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Pilgermair, ich bitte um eine ganz kurze Stellungnahme, damit wir dann vielleicht wieder mit der Befragung fortfahren können. (Abg. Lugar: Er versucht, ihn in eine Richtung zu drängen!) – Herr Dr. Pilgermair ist am Wort.

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Das ist eine zulässige Frage, die für die Auskunftsperson verständlich und beantwortbar ist.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich sage es noch einmal: Ich habe in verschiedener Weise – mündlich und schriftlich – auf die Gefahren mit einer Insolvenz im Hinblick auf die bestehende Ausfallsbürgschaft hingewiesen.

Bei einer Insolvenz ist schon aufgrund des Gesetzes – es sei denn, die Anleihebedingungen sehen etwas anderes vor oder die Bedingungen für die Schuldverschreibungen, die die Grundlage waren für die Hauptschuld – davon auszugehen, dass die Ausfallsbürgschaft schlagend wird, bei einer Geschäftsaufsicht hängt das von rechtlichen und tatsächlichen Fragen ab, und wir haben darauf hingewiesen, dass die Gefahr hierfür sehr groß ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Danke schön. – Ich mache in der zweiten Runde weiter.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Frau Präsident! Hoher Ausschuss! Herr Dr. Peschorn, gleich in medias res: War die Verstaatlichung Ihr Erfolg?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wenn Sie meinen, wenn die Frage darauf abzielt, ob die Verstaatlichung wirtschaftlich ein Erfolg war, dann ist es eine sehr kom...

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ihr persönlicher Erfolg (Auskunftsperson Peschorn: Mein persönlicher Erfolg?), Ihre „Leistung“ – unter Anführungszeichen; sagen wir einmal, Ihr fragwürdiger Erfolg, das trifft es vielleicht besser –, denn der Herr Bundeskanzler Faymann hat gesagt, er hat nicht die Verantwortung dafür, er hat sich auf seine weltbeste Fachbeamtenschaft verlassen, und Sie sind als Finanzprokuraturleiter das juristische Mastermind der Regierung bei dieser Verstaatlichung gewesen – oder nicht?

Dr. Wolfgang Peschorn: Da muss ich Sie jetzt fragen: Was verstehen Sie unter „juristischem Mastermind“?, damit ich eine korrekte Antwort geben kann.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich meine, Sie brauchen mich nicht zu befragen, Herr Dr. Peschorn, das ist nun einmal in der Geschäftsordnung so vorgesehen, aber der Höflichkeit halber werde ich Ihre Frage beantworten. Ich glaube, Sie werden mir nicht widersprechen, dass Sie in dieser Angelegenheit für die Rechtsberatung der Republik oder Ihrer Auftraggeber, wie Sie gesagt haben, BKA und BMF, zuständig waren – oder ist das falsch?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das ist richtig, ja.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Hat die Rechtsberatung irgendeinen Einfluss auf die Vornahme der Verstaatlichung gehabt?

Dr. Wolfgang Peschorn: Auf die Entscheidung bezüglich der Verstaatlichung wird sie wohl auch einen Einfluss gehabt haben, aber andere Faktoren, wie zum Beispiel die wirtschaftlichen, die volkswirtschaftlichen Auswirkungen, sind wohl auch mitentscheidend, wenn nicht sogar entscheidender.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Das ist richtig. Aber gerade im Hinblick auf Ihre Beurteilung – und wie Sie selber gesagt haben, vor der Verstaatlichung war nicht zu klären, ob eine Haftung sofort schlagend würde; das waren Ihre Worte, die habe ich jetzt zitiert – haben Sie sich natürlich mit den wirtschaftlichen Auswirkungen rechtlich befasst.

Dr. Wolfgang Peschorn: Also ich glaube, mich daran zu erinnern, dass ich darauf hingewiesen habe, dass nicht endgültig zu klären war, wie aus dem Zusammenspiel der tatsächlichen Verhältnisse, die uns nicht bekannt geworden sind – nämlich die Vereinbarungen und Verträge für die Hauptschuld –, und der rechtlichen Schlussfolgerungen, die daraus zu ziehen sind, wenn man eine Ausfallsbürgschaft und vor allem eine landesgesetzlich angeordnete Ausfallsbürgschaft, die sich auf das ABGB beruft und darauf gegründet ist ... wie dieses Zusammenspiel im Ergebnis ist. Deswegen haben wir darauf hingewiesen, dass hier bei den Überlegungen davon auszugehen ist, dass man von einem Schlagendwerden auszugehen hat. In die Beurteilung der erforderlichen Maßnahmen sind ganz sicher viele Umstände eingeflossen: wie ich schon erwähnt habe, die Frage der Einlagensicherung und vor allem Fragen – so wurde es mir kommuniziert – der Reputation am Finanzmarkt – das Thema Lehman 2 war als Schlagwort immer wieder zu hören, also schockartige Auswirkungen durch eine Insolvenz oder Geschäftsaufsicht der Hypo Alpe-Adria im Bereich des SEE-Raums. Das waren die Entscheidungsgründe, die auch mir kommuniziert wurden, und betreffend volkswirtschaftliche und wirtschaftspolitische Aspekte bin ich kein Berater.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, aber entschuldigen Sie, Herr Dr. Peschorn, wenn jetzt die ganze Zeit von doch politischen Auslegern als Auskunftspersonen hier im Untersuchungsausschuss festgehalten wurde, dass neben den ganzen Entscheidungsmerkmalen, die Sie jetzt genannt haben – Stichwort Kriterien für Systemrelevanz –, die Landeshaftungen das entscheidende Kriterium waren und Sie jetzt hier als der Jurist in dieser Angelegenheit sagen, noch einmal, vor der Verstaatlichung war nicht mit hundertprozentiger Sicherheit zu klären, ob ..., dann widerlegen Sie mit Ihrer heutigen Aussage hier viele, wenn nicht alle politischen Auskunftspersonen, die bis heute hier waren. Und das ist für uns natürlich schon ein interessanter neuer Aspekt in dieser ganzen Causa, denn eines ist klar: Auch wenn Sie meinen, wirtschaftliche Auswirkungen waren natürlich entscheidend und auch mitentscheidend für diese Verstaatlichung mit Not/ohne Not – wir meinen: ohne Not –, dann sage ich Ihnen, die wirtschaftlichen Aspekte haben natürlich einen rechtlichen Hintergrund, und der wird ja wohl hoffentlich dann auch mitgeprüft worden sein.

Um das noch einmal zu formulieren: Wenn wir von Landeshaftungen reden und Sie gefragt wurden: Was wird dann schlagend?, dann ist das eine wirtschaftliche Auswirkung auf die Volkswirtschaft, aber die hatten Sie auch rechtlich zu beurteilen: Wird das schlagend oder wird das nicht schlagend und unter welchen Bedingungen wird das schlagend?

Deswegen noch einmal: Irgendeine nebengeordnete Rolle werden Sie als Rechtsberater in dieser Verstaatlichung wohl nicht gespielt haben, oder?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das ist eine Beurteilung von Ihnen, ob ich jetzt eine Nebenrolle gehabt habe – oder eine Hauptrolle, müsste man ergänzen.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Na als wie wichtig schätzen Sie in Ihrer Wahrnehmung Ihre damalige Rolle als Rechtsberater der Republik in der Causa Verstaatlichung der Hypo ein? Wie schätzen Sie Ihre Rolle ein? – Dann brauche ich es nicht zu bewerten – schätzen Sie sie bitte ein!

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, diese Frage kann ich nur beantworten, indem ich noch einmal darauf hinweise, was meine Rolle de facto war. Meine Rolle war seit Mitte beziehungsweise eher Ende November 2009, intensiv nicht nur juristische, sondern auch strategische Überlegungen gemeinsam anzustellen, mich darum zu bemühen, dass vor allem vonseiten der Bank die notwendigen Maßnahmen gesetzt werden, um einmal klar zu sehen, wo das Problem liegt und welche Maßnahmen zielführend sind, um dieses Problem zu lösen, dass vonseiten der Aufsicht auch Erklärungen abgegeben werden, die den Rahmen für Maßnahmen nach dem Finanzmarktstabilitätsgesetz klarmachen, also Stichwort Systemrelevanz oder nicht, und fortlaufend meine Aufgabe, zur Beratung zur Verfügung zu stehen.

Ich glaube, es ist hoffentlich bekannt, dass ich weder im November oder Dezember einer Notverstaatlichung das Wort geredet habe, noch das in irgendeiner Weise voranzutreiben versucht habe.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Herr Dr. Peschorn, die Frage, die vor der Verstaatlichung für Sie unklar war – ob, wie gesagt, diese Haftungen fällig werden, sofort schlagend werden oder nicht –, ist die bis heute unklar, oder ist das nunmehr von den Experten geklärt worden? Oder gibt es noch immer juristische Feinheiten, sodass das vielleicht kritisch gesehen wird?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe schon bei anderen Fragen Folgendes gesagt – ich wiederhole es –: Erstens ist die juristische Sicht bei der Ausfallsbürgschaft im Falle der Insolvenz an sich klar. Sie – die Beurteilung – hängt aber auch von den Einzelverträgen zwischen Hauptschuldnern und Gläubigern, also den Verträgen der Schuldverschreibung und den Anleihenvereinbarungen ab.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Aber das war vor der Verstaatlichung nicht mehr zu klären?

Dr. Wolfgang Peschorn: Diese Frage war nicht zu klären, weil die Bank uns diese Verträge nicht vorgelegt hat und diese Expertise auch selber nicht aufgebracht hat und bekanntermaßen der Zeithorizont ein äußerst knapper war.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, das ist einmal eine klare Aussage.

Dr. Wolfgang Peschorn: Zweitens: Zur Geschäftsaufsicht und zur Insolvenz haben wir vertreten, dass hier die Gefahr, dass es schlagend wird ... oder, wenn Sie es umgekehrt formulieren, keine Sicherheit gegeben ist, dass es im Falle der Insolvenz und der Geschäftsaufsicht nicht zu einem Schlagendwerden der Landeshaftung und zum Anfall dieser kommt.

Jetzt muss es in einem zweiten Schritt einem vernünftigen Verhandler wahrscheinlich obliegen, die Frage zu stellen, wem die Gefahr sozusagen in den Verhandlungen negativ anzulasten ist, und das war zweifellos die Republik Österreich und nicht die Bayerische Landesbank, denn wenn die Gefahr sich verwirklicht, ist die Landeshaftung in Österreich schlagend geworden und nicht in Bayern.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Über die Gefahr einer Insolvenz und – bei entsprechender Vorbereitung – die Möglichkeit des Ausschlusses einer Insolvenz werden wir in weiterer Folge auch noch bei der Befragung durch meinen Kollegen Angerer zu sprechen kommen.

Herr Dr. Peschorn, Sie haben jetzt mehrfach das Wort Systemrelevanz genannt und, wenn ich richtig mitgezählt habe, zweimal gesagt, dass die Bank bis zum Schluss systemrelevant war. Habe ich das jetzt richtig verstanden? Haben Sie das damals so eingeschätzt, bis kurz vor der Verstaatlichung?

Dr. Wolfgang Peschorn: Na. Also ich selber habe die Systemrelevanz in diesem Sinn nicht eingeschätzt, sondern das war ein Thema, das von der Oesterreichischen Nationalbank als Sachverständiger für die Republik Österreich behandelt wurde und sich daher auch in der Stellungnahme der OeNB vom 7.12.2009 findet, genauso in der Stellungnahme vom Dezember 2008. Die OeNB hat die Systemrelevanz mit bestimmten Faktoren definiert.

Wenn Sie mich fragen, so war mein Zugang der über gesetzliche Grundlagen, und eine gesetzliche Grundlage, die dafür maßgebend ist, ist das Finanzmarktstabilitätsgesetz, das im § 1 Abs. 1 drei Gründe nennt, und einer der Gründe ist der Schutz der österreichischen Volkswirtschaft. Und aus diesen Gründen kann man, wenn man dem Begriff der Systemrelevanz im Zusammenhang mit Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen einen Sinn geben will, ableiten, welches Institut systemrelevant ist, nämlich beispielsweise ein solches, das, wenn es in Schieflage gerät, dazu führt, dass die österreichische Volkswirtschaft zu schützen ist oder in Probleme gerät.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja. – Nach den durch Sie, durch Ihre Person durchforsteten Kriterien: Wenn man diesen Kriterien folgt, Herr Dr. Peschorn, mit denen Sie sich gesetzlich auseinandergesetzt haben, waren Sie bis zum Schluss der Meinung, dass die Hypo systemrelevant war?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich war der Meinung – und bin der Meinung auch ex post –, dass die Hypo Alpe-Adria-Bank International AG im Dezember 2009 im Falle der Insolvenz zu solchen Problemen hätte führen können, die nach § 1 FinStaG Maßnahmen des Staates möglich gemacht hätten, und daher haben ...

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): War das Ihre Position in den Verhandlungen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das war meine Position in der Rechtsberatung meiner Mandanten. Wenn Sie fragen: In den Verhandlungen? – Soweit ich in Besprechungen mit der Bayerischen Landesbank und anderen Personen vorher, vor dem Wochenende des 13., 14., beigezogen war: Ja – nämlich die Position, die ich selbst eingenommen und mitgeteilt habe. Ich habe sie natürlich gegenüber den Verhandlungspartnern nicht offen kommuniziert, um hier nicht einen taktischen Nachteil zu erleiden.

Ein Satz noch: Ohne diese Position, die sachlich begründet ist, wäre natürlich von vornherein ein Einschreiten der Republik Österreich nicht möglich gewesen, weil eine Maßnahme, die die Bank im November begehrt hat, nur möglich ist, wenn eine gesetzliche Ermächtigung vorliegt.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Herr Dr. Peschorn! Haben Sie zu keinem Zeitpunkt rund um die Verstaatlichung eine Systemrelevanz in Zweifel gezogen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nochmals: Das Kriterium der Systemrelevanz habe ich nicht beurteilt. Ich habe das Kriterium versucht zu beurteilen und dazu Auskunft gegeben, ob eine gesetzliche Grundlage für eine staatliche Maßnahme gegeben ist. Ich habe eine gesetzliche Grundlage für eine staatliche Maßnahme vor allem deswegen erkannt, weil mitgeteilt wurde, welche Auswirkungen eine Insolvenz oder Geschäftsaufsichtsverhängung über die Hypo Alpe-Adria haben würde, insbesondere – ich wiederhole – Lehman 2, wirtschaftspolitische Auswirkungen et cetera.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich muss jetzt ankündigen, dass das in einem nichtöffentlichen Teil noch einmal Thema wird, weil wir Unterlagen vorliegen haben, die Ihren Aussagen jetzt widersprechen. (Auskunftsperson Peschorn: Gerne!) Dazu werden wir dann die detaillierte Befragung durchführen. (Auskunftsperson Peschorn: Gerne!)

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind jetzt in der zweiten Runde.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich darf noch auf das Thema Due Diligence zu sprechen kommen. (Die Auskunftsperson spricht mit dem Verfahrensanwalt.) – Sie wollen sich mit Herrn Professor Binder beraten?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein. Ich wollte eigentlich nur sagen: Ich vermute, zu wissen, welche Unterlage Sie mir vorhalten wollen. Ich weise in dem Zusammenhang nur nochmals darauf hin, dass ich ausdrücklich gesagt habe – oder versucht habe, sehr ausdrücklich klarzumachen –, dass man als Anwalt zwischen jenen Dingen, die man intern – nämlich zwischen Anwalt und Auftraggeber – erörtert und auch schriftlich festhält, und jenen Dingen, die man im Außenverhältnis kommuniziert, wenn man in Besprechungen ist, um einen Standpunkt durchzusetzen, durchaus differenziert.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Gut, dann fragen wir da gleich weiter: Im Innenverhältnis haben Sie die Meinung vertreten, es gäbe keine Systemrelevanz. Ist das richtig?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, Sie haben gesagt, Sie wollen mir das in der zweiten Runde vorhalten, oder?

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, schon; Sie haben das jetzt selbst angesprochen, ich hätte das jetzt nie gemacht, aber wenn Sie sagen, dass Sie im Innenverhältnis ruhig auch eine andere Meinung vertreten können (Auskunftsperson Peschorn: Nein, ich habe ...!), dann muss ich Sie jetzt fragen: Haben Sie das einmal vertreten oder haben Sie das nicht vertreten? – Sie können auch sagen: Warten wir einmal auf das Dokument!

Dr. Wolfgang Peschorn: Warten wir auf das Dokument, bitte.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ja, gut, passt. (Auskunftsperson Peschorn: Danke!) Ich weiß ja dann, welche Haltung Sie eingenommen haben.

Zur Due Diligence: Wissen Sie oder ist mit Ihnen einmal darüber gesprochen worden, wieso die Republik Österreich nie vom Recht Gebrauch gemacht hat – seit der Erteilung des Partizipationskapitals, also praktisch von Dezember 2008 bis zum Verstaatlichungswochenende –, einmal eine Due Diligence in dieser Bank zu machen? Das Recht wäre jederzeit gegeben gewesen. Die Bank hätte sogar zahlen müssen für die FIMBAG, dass dort ein detaillierter Einblick genommen wird, um mit eigenen Zahlen in die Zukunft zu blicken und möglicherweise auch eine Sanierung der Bank einmal kreativ in Angriff zu nehmen und durchzudenken. Dazu braucht man eigenes Zahlenmaterial, eine Grundlage für Entscheidungen. Diese Grundlage wurde ja aber nie in irgendeiner Art und Weise erarbeitet. Wieso? Wissen Sie das? Es war ja nicht Ihre Aufgabe, das weiß ich schon, aber vielleicht hat mit Ihnen jemand darüber gesprochen.

Dr. Wolfgang Peschorn: Erstens einmal haben wir als Finanzprokuratur versucht, in der Treuhandvereinbarung, mit der das Partizipationskapital übertragen wurde, die Voraussetzung, wie Sie erwähnt haben, für diese Möglichkeiten zu schaffen. Zweitens einmal finden Sie in der Grundsatzvereinbarung zur Zeichnung von Partizipationskapital vom Dezember 2008 diese Möglichkeiten, dass nämlich der Zeichner, die Republik Österreich, so etwas grundsätzlich durchführen kann.

Auf Ihre erste Frage: Mir ist das nicht mitgeteilt worden. Auf Ihre Frage ... Wenn ich vielleicht 3 Minuten – damit Sie auch sehen, wie bunt das Thema Hypo verlaufen ist – Ihrer Zeit in Anspruch nehmen darf: Es war in einer der Ausschusssitzungen die Rede von dem Wandlungsrecht, das sich die Republik Österreich im Rahmen der Zeichnung des Partizipationskapitals rausverhandelt hat – das Wandlungsrecht nämlich, Partizipationskapital in Aktienkapital umzuwandeln. Die Aktionäre, die damaligen Eigentümer, haben sich in weiterer Folge geweigert, die dafür notwendigen Erklärungen für dieses Wandlungsrecht abzugeben, und es ist darüber Streit entstanden. Als ein Aktionär diese Erklärung nicht abgegeben hat, habe ich einen anwaltlichen, sehr freundlichen Brief geschrieben und diesen damit beendet: Wenn diese Erklärung nicht abgegeben wird, wird die Finanzprokuratur die FIMBAG ersuchen, eine Buch- und Betriebsprüfung der Hypo Alpe-Adria vorzunehmen. Wenn Sie wollen: eine gefährliche Drohung oder Nötigung, denn einen Tag vor Ablauf der strafgesetzlichen Verjährungsfrist habe ich von einem ehemaligen Abgeordneten des Nationalrates eine Anzeige wegen Nötigung erhalten, und diesbezüglich war auch kurzfristig ein Strafverfahren gegen mich anhängig.

Das habe ich Ihnen nur erzählt, damit Sie sehen – keinen Vorhalt –, wie bunt diese ganze Causa ist und mit welchen Maßnahmen Sie seinerzeit rechnen konnten, wenn Sie etwas getan haben, das gesetzlich und vertraglich vorgesehen war.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Wir werden auf das Thema Wandlung noch zu sprechen kommen. In der ersten Runde jetzt: Danke schön.

Dr. Wolfgang Peschorn: Danke.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich möchte hier anschließen, und zwar zur Frage der Systemrelevanz: Sie haben ja selbst das Finanzmarktstabilitätsgesetz geschrieben, Herr Dr. Peschorn, ist das richtig?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe daran mitgewirkt, ja.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sie haben gesagt, in § 1 ist festgehalten, dass die Bedingung, eine Voraussetzung für die Vergabe von Partizipationskapital die Systemrelevanz ist. Habe ich das richtig verstanden?

Dr. Wolfgang Peschorn: Man kann meiner Meinung nach Systemrelevanz juristisch auf die Ermächtigung des Gesetzgebers in § 1 FinStaG zurückführen. Das ist natürlich auch volkswirtschaftlich und wirtschaftlich begründbar, und das hat die OeNB getan.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Teile des Teams der Oesterreichischen Nationalbank, das diese Stellungnahme in dieser kurzen Zeit vor der Vergabe des Partizipationskapitals abgegeben hat, haben hier auch ausgesagt, dass es Anfang Dezember eine Besprechung darüber gegeben hat, wie man insgesamt damit umgeht, wenn Banken einen Antrag auf Vergabe von Partizipationskapital stellen, und wie man das Ganze vorbereiten soll. Gab es von Ihrer Seite einen Kontakt, eine enge Zusammenarbeit mit der Nationalbank, um diese Frage im Detail zu klären, was jetzt tatsächlich die Kriterien für die Systemrelevanz sind?

Denn die Personen aus diesem Team – beispielsweise Frau Dr. Hrdlicka, aber auch andere – haben eben gemeint, dass diese Kriterien durchaus vielleicht auch momentbezogen sein können – also die Vernetzung mit anderen Banken, die Vernetzung mit beispielsweise dem osteuropäischen Raum et cetera. Gab es da Gespräche? Waren Sie da involviert in diese Frage der Systemrelevanz der Hypo?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich war mit der Oesterreichischen Nationalbank diesbezüglich nicht in Kontakt. Ich bin von der OeNB nicht kontaktiert worden, sondern habe die OeNB letztendlich am Verhandlungstisch mit der Hypo Alpe-Adria damals – ich glaube, das war der 18. oder 19. oder 21.12.2008 wahrgenommen.

Die Besprechung, die Sie gemeint haben, ist wahrscheinlich die gewesen, von der ich schon im Eingangsstatement erzählt habe: 9.12., als allen Banken die Basics für eine Bankenhilfe eröffnet worden sind.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie sich noch erinnern, warum das damals so schnell gehen musste? Waren Sie in diese Gespräche involviert, warum das so schnell gehen musste, dass die Zuzählung noch im Jahr 2008 erfolgen musste?

Dr. Wolfgang Peschorn: Seit 2008 gibt es praktisch nie ein ruhiges Jahresende für die Finanzprokuratur und mich, und das war natürlich bedingt dadurch, dass die Bank diese Maßnahme noch 2008 bilanzieren wollte und offenbar musste.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wollte oder musste?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wahrscheinlich auch musste, weil es ja immer ein Thema der angemessenen Tier-1-Ratio war, und deswegen musste auch die Zuzählung noch im Jahr 2008, also vor dem Jahresende erfolgen. Deswegen war das natürlich auch ein hoher Zeitdruck, und am 23.12. haben wir uns diesbezüglich dann geeinigt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Jetzt gab es natürlich auch Verwunderung darüber, warum die Bank von der Nationalbank in dieser Stellungnahme als not distressed oder als nicht distressed oder als nicht notleidend bezeichnet wurde, obwohl natürlich die Nationalbank am besten Bescheid wissen musste, wie es um die Bank steht. Sie haben selbst heute in Ihrem Eingangsstatement gesagt: Die Zahlen haben – jetzt im Nachhinein gesehen – nie gestimmt, die Zahlen waren auch nicht werthaltig. Konnte man das zu diesem Zeitpunkt nicht ... War es zu diesem Zeitpunkt nicht klar, dass alles, was von der Bank geliefert worden ist, eigentlich nicht korrekte, geschönte Zahlen sind?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich bitte um Verständnis, ich musste mich natürlich – und es war auch nicht meine Aufgabe, das zu kritisieren – auf das Material und vor allem auf die Informationen der OeNB verlassen. Die OeNB und die FMA ... Vor allem die OeNB war der Sachverständige der Republik Österreich. In den Gesprächen haben wir diese Informationen natürlich hinterfragt, und auch die Qualifikation als nicht distressed.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Die Begründung, warum die Bank als nicht distressed angesehen wurde, war, dass eben die Bayerische Landesbank auch zu diesem Zeitpunkt 700 Millionen an die Hypo zugeschossen hat. Das war die Begründung, dass man eben die Bank als nicht krank bezeichnet hat.

Witzigerweise hat der Herr Vorstandsvorsitzende Berlin hier ausgesagt: Er hat sich gewundert, weil die Bank noch nie so gut kapitalisiert war wie zu diesem Zeitpunkt, dass das Partizipationskapital überhaupt nötig war. Die Bayern hätten sich das erschlichen.

Haben Sie darüber eine Wahrnehmung, dass das gar nicht notwendig gewesen wäre zu dem Zeitpunkt?

Dr. Wolfgang Peschorn: Da könnte man jetzt sehr ausufernd antworten, denn wenn man das natürlich aus der heutigen Sicht sieht, ist die Antwort, glaube ich, eindeutig.

Ob die Bayern sich das erschlichen haben? – Da muss man leider dem Ganzen entgegnen, dass für ... (Das Handy der Auskunftsperson läutet.) – Entschuldigung. (Abg. Kogler: Ist das der Krainer?) Für die Beantragung von Hilfsmaßnahmen nach dem Finanzmarktstabilitätsgesetz ist natürlich der Vorstand einer Bank zuständig, und Herr Dr. Berlin war bei den Verhandlungen Verhandlungsführer der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG. Da das Aktiengesetz vorsieht, dass der Vorstand im Interesse des Unternehmens selbständig agiert, kann ich mir eine solche Einflussnahme, ohne dass das irgendwelche rechtlichen Konsequenzen haben müsste, schwer vorstellen.

Nochmals: Für die Hilfsmaßnahme 2008 war von unserer Seite eine Stellungnahme in sachverständiger Hinsicht notwendig – das hat die OeNB für die Republik Österreich geliefert – und eine Einschätzung, in welchem Umfang diese tatsächlich notwendig ist. Da darf ich darauf hinweisen: Beantragt waren 1,45 Milliarden und letztendlich sind wir bei 900 Millionen zum Ergebnis gekommen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das wäre meine nächste Frage gewesen: Wie kam man zu diesen 900 Millionen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Es war schlicht und ergreifend das Bestreben der Verhandler der Republik Österreich, die Belastung des Staates so gering wie möglich zu halten, und in den Verhandlungen hat die Bankenseite – auf deren Seite der Wirtschaftsprüfer, Mag. Becker, und auch der Eigentümervertreter der Bayerischen Landesbank anwesend war – dem zugestimmt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Zu dem Zeitpunkt war dann die Bank zwar gut kapitalisiert, aber wir wissen, dass es natürlich bereits im ersten Halbjahr dann zum Sommer zu wieder ziemlich schlecht geworden ist, auch was die Eigenkapitalausstattung betrifft. Die Bank hat ja dann ... Ich würde es jetzt einmal so bezeichnen: Formell hat der Vorstand der Hypo dann dieses Asset Screening bei PwC beauftragt. Können Sie aus Ihrer Wahrnehmung heraus sagen, ob es eine sogenannte Initialzündung von der Bayerischen Landesbank war, dieses Asset Screening in Auftrag zu geben? Formal waren es natürlich die Organe der Bank, aber war es die Bayerische Landesbank, die gesagt hat, machen wir so etwas?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich war im Jahr 2009 sehr selektiv und nicht durchgehend natürlich in die Sache eingebunden. Später, als ich diese Zeit sehr intensiv hinterfragt habe, wurde mir mitgeteilt, dass diese Initialzündung – wie Sie sie nennen – an sich vom neu berufenen Vorstand Pinkl gekommen ist, was durchaus nachvollziehbar ist, wenn jemand Mitte des Jahres in ein Institut kommt, um einmal sozusagen zu schauen: Was ist hier los? Er sei auf sehr positiven Widerhall bei der Bayerischen Landesbank gestoßen, die dann in weiterer Folge dieses Asset Screening unterstützt hätte. Das ist das, was ich gehört habe. Ich habe dazu aber keine eigene Wahrnehmung.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Es gab ja dann diesen Viability Report. Können Sie über Kontakte, über wechselseitige Informationen seitens der FIMBAG an Sie berichten, wie die Entwicklung vor sich gegangen ist in den Monaten bis – sagen wir jetzt einmal, wie Sie selbst angesprochen haben – zu dem Termin im August 2009, dem Termin im November 2009? Wie waren da die Informationen seitens der FIMBAG über die Hypo-Entwicklung?

Dr. Wolfgang Peschorn: Über die Hypo Alpe-Adria und vor allem deren wirtschaftliche Entwicklung habe ich im Jahr 2009 von der FIMBAG keine Informationen erhalten. Mein Kontakt mit der FIMBAG im Jahr 2009 hat sich auf der einen Seite damit befasst, die Übertragung des Partizipationskapitals, das wir im Dezember gezeichnet haben, auf die FIMBAG zu vereinbaren, und auf der anderen Seite mit anderen Themen wie: Wie geht man mit der Haftung der Organe um et cetera?

Ich hatte keinen direkten Informationsfluss bis auf das Thema, zu dem ich auch schon Stellung genommen habe, nämlich Umsetzung der Partizipationskapitalvereinbarung in Bezug auf das Wandlungsrecht – also Durchsetzung, dass die damaligen Eigentümer diesem Wandlungsrecht, das wir mit der Bank vereinbart hatten, auch zustimmen, was letztendlich im Laufe des Jahres 2009 geglückt ist und wir entsprechende Erklärungen von allen Eigentümern erhalten haben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie sich erinnern oder haben Sie eine Wahrnehmung darüber, dass die Bayern ja eigentlich bereit waren und auch ein Angebot gemacht haben, Kapital nachzuschießen, wenn auch die anderen Eigentümer – also die Alteigentümer, die Minderheitseigentümer in diesem Falle – mitziehen? Die GRAWE war dazu nicht bereit, die Kärntner Landesholding war nicht bereit. Die Kärntner Landesholding hat sich ja schon wesentlich früher in einer Aufsichtsratssitzung darauf verständigt, dass es kein weiteres Kapital mehr gibt.

Haben Sie eine Wahrnehmung darüber, warum man nicht geschaut hat, dass man mit den Alteigentümern eine härtere Gangart einlegt, dass sie sich beteiligen, damit auch die Bayern ihrer Verantwortung nachkommen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe die Wahrnehmung, dass die Bayerische Landesbank das behauptet hat, dass sie dazu bereit gewesen wäre. Ich habe auch die Wahrnehmung, dass die anderen Eigentümer – Kärntner Landesholding und Grazer Wechselseitige, also BVG in Wirklichkeit – hierzu nicht bereit gewesen sind. Das haben sie ja auch unmittelbar vor der Notverstaatlichung noch sehr deutlich gemacht und auch auf die Vergangenheit bezogen.

Unser Bestreben war – letzter Teil Ihrer Frage –, dass die Eigentümer selbst die Schieflage der Bank beseitigen. Das war die grundsätzliche Absicht der Republik Österreich. Insofern wurde da auch diesbezüglich Druck gemacht. Das Ergebnis ist in weiterer Folge bekannt.

Vorsitzende Doris Bures: Zweite Runde.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, es ist richtig, dass sich die Alteigentümer dann beteiligt haben, als man die Bank eben in dieser Notverstaatlichungsnacht übernommen hat. Vielleicht hätte man es aber verhindern können, wenn man die Alteigentümer auch stärker zur Verantwortung gezogen hätte und gesagt hätte: Bitte, beteiligt euch daran!

Oder glauben Sie, dass die Bayern das zwar gesagt haben oder ein Angebot gemacht haben: Ja, also wenn sich die anderen beteiligen, sind wir auch bereit, Kapital zuzuschießen!, oder glauben Sie, dass das nicht wahr war, was die Bayern da gesagt haben? Glauben Sie, dass die Bayern von Haus aus nicht mehr bereit waren, die Bank neuerlich mit Kapital auszustatten?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wenn Sie meinen Glauben abfragen, dann den heutigen, mit dem heutigen Wissen?

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Nein, nicht mit dem heutigen Wissen. Die Frage ist: Ich meine, man hat ja damals den Verhandlungspartner oder -gegner mittlerweile aus den Verhandlungen gekannt. Da muss einem ja klar werden, ob der mit gezinkten Karten spielt oder ob der bis zum Schluss doch wahrheitsgemäß zur Verantwortung gestanden ist.

Dr. Wolfgang Peschorn: Aus damaliger Sicht war, wie gesagt, in diesem kurzen Zeitraum, der zur Verfügung stand, um Wahrnehmungen über den Verhandlungspartner zu machen, für mich erkennbar, dass sich die Bayerische Landesbank immer stärker auf die wirtschaftliche Tragweite ihrer Entscheidung fokussiert.

Und der Kapitalbedarf ist ja in den letzten Wochen vor der Notverstaatlichung angestiegen, und zwar in relativ dramatischer Weise. Erst unser Bestreben, den Vorstand der Bank in die Pflicht zu nehmen und ein Restrukturierungskonzept mit externen Experten zu erarbeiten, das uns einmal die Rahmenbedingungen für Maßnahmen – welche auch immer – klarmacht, hat dazu geführt, dass man den Kapitalbedarf – der von dem Asset Screening von PwC, das ja erst irgendwann einmal im Oktober bekannt geworden ist und da von 900 Millionen bis 1,3 Milliarden angegeben war auf 2,1 Milliarden revidiert hat, also nach oben geschoben hat.

Und das hat ganz sicher die Entscheidung der Bayerischen Landesbank – aber auch der anderen Eigentümer – bestimmt und die Frage aufgeworfen: Lohnt sich dieses weitere Investment noch?, mit vielen Aspekten, die ich gerne anführen kann, aber das würde natürlich ein bisschen Zeit in Anspruch nehmen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wann war Ihnen denn klar, dass die Bayern es mit der Insolvenzdrohung ernst meinen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Na ja, im Laufe der letzten Tage vor der Notverstaatlichung war klar, dass die Bayerische Landesbank es ernst damit meint, nicht mehr viel in die Bank einzahlen zu wollen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt am 9., oder wann? In der Nacht vom 13. auf den 14.?

Dr. Wolfgang Peschorn: Es hat sich jedenfalls die Verhandlungssituation oder die Besprechungssituation am 11.12. am Nachmittag entscheidend verändert, als uns per Fax mitgeteilt wurde, dass die Bayerische Landesbank durch Aufrechnung mit Termineinlagen, die die HBInt bei der BLB hatte, 600 Millionen € an Liquidität abgezogen hat. Und es war schon in den Tagen davor spürbar, dass möglicherweise die Linie der BLB sehr strikt werden wird.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): War Ihnen zu dem Zeitpunkt dann auch klar, dass das beispielsweise mit der Möglichkeit eines Burden Sharing überhaupt nicht mehr funktionieren kann? Waren da nur mehr die beiden Varianten, entweder die Bank zu verstaatlichen, notzuverstaatlichen, oder die Bank in die Insolvenz zu schicken? Gab es zu diesem Zeitpunkt Ihrer Meinung nach nur mehr diese beiden Möglichkeiten?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, gab es nicht, sondern es gab ... Wenn man Burden Sharing als eigenstehende Variante definiert: Es gab die, und das war ja auch letztendlich der Fall. Die staatliche Unterstützungsmaßnahme war die Notverstaatlichung, aber das Burden Sharing hat ja stattgefunden, das waren die 825 der BLB, die 200 von Land und Kärntner Landesholding, plus die 30 von der GRAWE – also recht viel, also 1,055 Milliarden. Und das war in Anbetracht der von der OeNB vorgegebenen Zielgröße, dass bei einem Alleineigentümer Republik Österreich eine Kapitalausstattung von 1,5 Milliarden ausreichend ist, um den Restrukturierungsprozess langfristig erfolgreich einzuleiten und umzusetzen, durchaus eine relevante Größenordnung. Das Burden Sharing hat stattgefunden.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Können Sie sich noch an die Rolle der Kärntner Landespolitiker erinnern? Es war ja Landeshauptmann Dörfler hier, und Finanzreferent Dobernig, auch Herr Dr. Martinz. Können Sie sich noch an die Haltung der Kärntner erinnern? Der Herr Landeshauptmann a. D. Dörfler hat ja hier auch ausgesagt, er wäre ja schon früher, nämlich meiner Erinnerung nach im November, mit dem Herrn Finanzminister in Kontakt getreten, so nach dem Motto: Bitte helft uns, schaut, dass in der Bank wieder Stabilität einkehrt. Wie war da die Rolle von denen? Wollten die von Haus aus, dass die Republik da einspringt, damit auch eine große Bürde – nämlich die Bürde der Haftungen – vom Land Kärnten abgewendet wird?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe zum Herrn Landeshauptmann keine persönliche Wahrnehmung, außer, dass ich einmal ganz kurz mit ihm Kontakt hatte, in einem Ruhebereich in der Nacht vom 13.12. auf den 14.12. Mir ist im November, glaube ich, eine Resolution der Kärntner Landesregierung zur Kenntnis gelangt. Die ist, glaube ich, gefasst worden, und die habe ich durchschriftlich gesehen, von der Landesregierung, dass alles unternommen werden soll. Sonstige Wahrnehmungen beschränken sich auf die Beamtenebene, das war Herr Dr. Felsner, der Landesfinanzreferent, mit dem wir Gespräche geführt haben.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Wie viel Zeit habe ich noch, Frau Präsidentin?

Vorsitzende Doris Bures: Sie haben noch 2 Minuten, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Die nehme ich in die zweite Runde mit. – Danke.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Guten Tag noch einmal, Herr Dr. Peschorn. Ihre Aktivitäten sind ja – wie kaum welche von jemand anderem umfassend in den Akten dokumentiert. Wir haben auch entsprechende Chronologien angelegt, manches war vertraulich – egal. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass ich Sie zunächst nur nach Ihren Wahrnehmungen frage.

Ich komme gleich zu diesen Verhandlungstagen und -nächten, 12., 13., 14., da sind ganz banale Fragen, glaube ich, noch nicht ganz geklärt. Nachdem sich ja eine ganze Garnitur von Politikern auf Sie ausgeredet hat, will ich einmal ergründen, welche Möglichkeiten Sie in dieser Verhandlungssituation überhaupt hatten.

Sind Sie jemals direkt am Verhandlungstisch gesessen, dort wo Fahrenschon und Pröll sich gegenübersaßen?

Dr. Wolfgang Peschorn: In der Nacht vom 13. auf 14.12.: Nein.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wie müssen wir uns das vorstellen? Wie weit weg sind Sie physisch von den verhandelnden Personen gesessen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wenn Sie das Bundesministerium für Finanzen – die Hintere Zollamtsstraße, nicht das neue – kennen, dann haben sich die Verhandlungen im Wesentlichen im 1. Stock abgespielt, da gibt es diesen relativ großen Verhandlungsraum gegenüber der Bibliothek. Und es gibt dann – dieses Gebäude ist ja sternförmig im Grundriss angelegt – einen Quertrakt, und im letzten Zimmer in diesem Quertrakt war der Bereich, wo dann zwischen unserer Seite und der bayerischen Seite die Term Sheets formuliert wurden. Und die Term Sheets sind dann letztendlich immer aufgrund der Verhandlungsergebnisse – die durch einen Boten mitgeteilt wurden – formuliert, umformuliert, ergänzt worden.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber wie ist denn der Kontaktaustausch passiert? Wenn da ein Eckpunkt der Verhandlung in diesen Term Sheets zunächst festgehalten werden wollte oder dann auch abgeändert, wie ist denn die Information zu Ihnen gekommen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Physisch durch Herrn Mag. Lejsek.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Das habe ich auch einmal gehört bis jetzt, dann war es so. Herr Mag. Lejsek sitzt vorne, vermutlich in der Nähe des Herrn Pröll, des Herrn Schieder, und der trabt dann zu Ihnen und sagt: Jetzt ist es so!

Dr. Wolfgang Peschorn: Ja.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Jetzt haben wir eine Reihe von diesen Term Sheets – ich komme jetzt zu diesen Fragen – in den Akten. Und da sind – um gleich auf den Kern zu kommen, Sie wissen ja schon, worauf ich dann hinauswill – der Nichtverzicht auf die Gewährleistung, Einforderungen von Garantien und darüber hinaus noch, was mir sehr ambitioniert erschiene, die Due-Diligence-Frage – also irgendeine Art von Einsicht in die Bank, was ja viel längere Fristen erzeugt hätte – drinnen.

Unseren Aufzeichnungen nach, von Akten, die Ihre Prokuratur geschickt hat, ist das bis zum vorletzten Term Sheet drinnen, im letzten – das zirka die Uhrzeit 7 Uhr 40 hat; das passt mit der Pressekonferenz der Verhandler zusammen – war es dann weg. Wie können Sie dem Ausschuss diesen Vorgang so schildern, wie Sie ihn wahrgenommen haben, also ohne Wertung? Irgendwie ist das dort rausgefallen. Möglicherweise können Sie das erklären, denn das kann keiner erklären, das will auch keiner erklären.

Dr. Wolfgang Peschorn: Term Sheets dienen dazu – und haben natürlich auch hier dazu gedient –, dass jemand, der verhandelt, etwas in der Hand hat und vor allem als Argument hat und hiermit in den Verhandlungen argumentieren kann. Wenn daher Bedingungen in Term Sheets schriftlich enthalten waren, heißt das noch nicht, dass zu den jeweiligen Zeitpunkten diese Bedingungen auch noch aufrechtgehalten wurden, sondern sie waren halt noch drinnen und wurden von den Verhandlern noch nicht gestrichen.

Letztendlich wurde mir mitgeteilt, ob dieser Punkt aufrechterhalten bleiben soll oder nicht und gestrichen werden soll. Und ich glaube, mich daran zu erinnern – ich bitte um Verständnis, das ist sieben Jahre her –, dass das um die Zeit des frühen Morgens, also vielleicht irgendwo zwischen 4 Uhr und 4.30 Uhr gewesen sein kann, und damit einhergehend auch das, was ich schon gesagt habe, verbunden war, nämlich eine massive Kapitalmehrzahlung durch die Bayern angeboten war oder angenommen war.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, das war die Begründung.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ja.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): In diese Fragen könnten wir dann noch einsteigen. Aber Sie glauben sich zu erinnern, dass in der Zeit zwischen 4 Uhr, 4.30 Uhr ... Das kommt ja auch dem nahe, was wir hier konstruieren können, denn viele dieser Term Sheets sind ja offensichtlich auch vermailt worden, das hatten Sie nicht erwähnt, und da ist ja dann eine Uhrzeit dabei.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ja, weil sich das einfach so natürlich ...

Sie müssen sich vorstellen, man hatte ja kein stehendes Büro. (Abg. Kogler: Ja!) Das ist ein Vorteil von Mails, man kommuniziert natürlich mit anderen auch über Mails, respektive war in dem Raum auch kein Drucker vorhanden, und es ist daher zu jemanden geschickt worden, der das letztendlich ausgedruckt hat, damit die Menschen auch etwas Physisches in der Hand haben und damit in den Verhandlungen agieren können.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): So haben wir es uns gedacht. Das halte ich auch für sinnvoll. Ja, das erleichtert uns ja jetzt die Rekonstruktion. Jetzt sehen das einige Abgeordnete hier so, es wurde auch schon ausgesprochen, dass wir, wäre das anders verlaufen, hier möglicherweise gar nicht mehr sitzen würden. Deshalb ist sogar die Uhrzeit von Interesse.

Jetzt schleppen Sie das im Positiven  mit, diese Punkte. Also wir haben sie ja vorliegen, eines von diesen Term Sheets ist ja mittlerweile sogar zum Vorlegen – aber ich verzichte vorläufig darauf, vielleicht macht das noch Kollege Hable –, weil in Vertraulichkeitsstufe 1, und das ist noch um 0.38 Uhr. Wir rekonstruieren, dass das eben, genau wie Sie sagen, bis 4 Uhr, 4.30 Uhr, möglicherweise sogar bis 5 Uhr dann drinnen war – und dann ist es weg um halb 8.

Und jetzt frage ich Sie noch einmal: Wie war das? Irgendwer muss das ja verschwinden haben lassen, im Sinne von sozusagen schriftlicher Korrektur der Vorversion.

Dr. Wolfgang Peschorn: Na ja, also grundsätzlich ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Haben Sie da Hand angelegt? Also sind Sie da quasi am Computer gesessen? Und wer ist zu Ihnen gekommen und hat gemeint, na das ist jetzt keine gute Idee, wenn das drinnen bleibt?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, ich versuche bei solchen Verhandlungen selbst operativ tätig zu sein und habe das daher auf meinem Computer, auf meinem Laptop verfasst. Ich streiche Bedingungen oder Textteile erst dann, wenn das eben ausdrücklich vom Mandanten gewünscht und mit ihm besprochen ist. Und es war so, dass wir am Ende, vor der von Ihnen erwähnten Pressekonferenz, in die Verhandlungsrunde hineingetreten sind und diese Punkte noch alle abgefragt haben: Ist das jetzt vereinbart? Ist das nicht vereinbart?

Und so lässt sich durchaus das (Abg. Kogler: Ist klar!), was Sie hier schildern, einfach faktisch erklären. Das heißt, das war die Bereinigung von Punkten, wo es noch keine klare Mitteilung gab, dass das nun zwischen den Parteien so oder so vereinbart ist. Und daher war das die Endredaktion eines Term Sheets.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja. Wie müssen wir uns diese Endredaktion vorstellen? Vorher kommt Lejsek zu Ihnen, sagt was, Sie texten um. Meistens bleiben im Übrigen die Dinge ja gleich, und das war jetzt interessant: Dann kommt es zu einer Art redaktionellen Besprechung, wo dann gesagt wird: Gilt, gilt nicht.

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wie war das?

Dr. Wolfgang Peschorn: Also redaktionell ... Es war ja eine Besprechung in dem Raum.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Wer war da dabei?

Dr. Wolfgang Peschorn: In dem Raum waren der damalige Vizekanzler Pröll genauso wie der Herr Staatssekretär Schieder, auch der Herr Gouverneur Nowotny und andere Personen. (Abg. Kogler: Ah!) Und wir haben einfach gefragt, und da ist dann später auch eine Geschichte daraus geworden, mit der berühmten Flipchart et cetera. (Abg. Kogler: Genau!) Wir haben dann schlicht und ergreifend noch einmal die Punkte abgefragt, zur Sicherstellung, dass sie so richtig verstanden sind und so auch richtig in einer Vereinbarung – die ja dann später paraphiert worden ist, auf unserer Seite durch den Herrn Mag. Lejsek – wiedergegeben sind, und danach das Term Sheet in diesem Sinne redaktionell fertiggestellt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber da war in dieser Runde nur die österreichische Seite zugegen, die Sie jetzt beschrieben haben, oder waren da alle Verhandler, auch die bayerische Seite?

Dr. Wolfgang Peschorn: Da waren dann in weiterer Folge auch Teile der Bayern zugegen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Dann später oder alle gleichzeitig von Anfang an?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das war ... Alle gleichzeitig, aber nicht alle immer gleichzeitig, und es war auch die Kärntner Seite zum Teil da.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Okay, und jetzt wird ... Irgendwann muss ja das aufgerufen sein: ein Verlangen auf Garantie und ein Verzicht auf Gewährleistung. Und von der Eigenkapitalgarantie, die auch lange mitgeschleppt wurde, rede ich jetzt gar nicht, denn die war ja auch essenziell. Wie war das dann, dass das auf einmal nicht am Flipchart gelandet ist? Was haben Sie sich gedacht? Ich meine, Sie schleppen da immer die ganze in dem Sinn gut gefüllte Wurst mit guter Inhalt –, und auf einmal kommt da am Schluss eine ziemlich komische Wursthaut heraus. Was denkt man sich da als Fleischhacker?

Dr. Wolfgang Peschorn: Es hat sich natürlich schon abgebildet im Laufe der Zeit, ja. Und es gab auch darüber Gespräche.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Es hat sich schon angedeutet?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ja. Ein wesentliches Thema war da noch beispielsweise die Frage, welche Linien von der Bayerischen Landesbank in hartes Eigenkapital, Tier-1-Kapital, umgewandelt werden, ob das Ergänzungskapital ist oder ob das einfach Liquiditätslinien sind.

Für mich war, um Ihre Frage zu beantworten (Abg. Kogler: Bitte!), nach dieser Nacht klar, dass man die Ursachen für diesen Vermögensverfall aufarbeiten muss, um sicherzustellen, dass die Republik Österreich ihre Strategie, diese Bank notzuverstaatlichen, um Ärgeres abzuwenden, und in weiterer Folge dann in Teilen oder ganz wieder zu reprivatisieren, erfolgreich durchführen kann.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja eh, aber Sie sagen, um meine Frage zu beantworten! Da kommen wir ja noch hin, das wird irgendwann eine nächste Frage, aber jetzt war die wirkliche Frage noch viel simpler und einfacher: Wie ist es dazu gekommen, dass das nicht mehr drinnen gestanden ist? Ganz schlicht.

Dr. Wolfgang Peschorn: Mir wurde mitgeteilt, dass die Bayerische Landesbank auf einen Gewährleistungsverzicht bestanden hat, wie ich schon gesagt habe, im Gegenzug aber bereit war, einen erheblichen Mehrbetrag an Kapital zu leisten, und ich habe das zur Kenntnis zu nehmen gehabt.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Eh!

Vorsitzende Doris Bures: Sie kommen in die zweite Runde, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aber wer hat das gesagt?

Dr. Wolfgang Peschorn: Also das war meiner Erinnerung nach Herr Mag. Lejsek (Abg. Kogler: Okay!), als er zu mir gekommen ist und von einem Verhandlungszwischenergebnis berichtet hat. Und das, glaube ich, war um diese Zeit.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, das war ja offensichtlich ein Block: Verzicht auf Gewährleistung, keine Garantie und auch keine besondere Eigenkapitalgarantie. Also das unterstelle ich jetzt, ist vielleicht auch gar nicht mehr so relevant.

Und es wurde aber eine Begründung mitgeliefert, weil man sich sozusagen mehr Umwandlung von Liquidität in Eigenkapital der Bayern damit erkauft hat?

Dr. Wolfgang Peschorn: Erhalten hat, ja.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Erhalten hat, so. Okay. Lejsek kommt. – Gut.

Zu etwas Ähnlichem: Die Frage – das klingt immer so kompliziert – dieser Eigenkapitalersatzgeschichte hat aber natürlich eine große Bedeutung. Sie sagten, das war Ihnen zwar bekannt von der Rechtssystematik her, aber nicht, dass da die Voraussetzungen zugetroffen hätten, weil Ihnen etwas offensichtlich nicht klar war, wie Sie später in der Irrtumsanfechtung ausführen, ja sogar verheimlicht wurde.

Wir sehen ja in den Akten, dass sich die Prokuratur sehr wohl mit der Eigenkapitalersatzfrage beschäftigt hat. Das ehrt sie. Aber was hat jetzt dieses „non-distressed“-Gutachten für eine Rolle gespielt in dem Zusammenhang, das ja auch von einer österreichischen Institution auf den Tag genau ein Jahr vorher fabriziert wurde?

Ja, Sie waren ja völlig auf der richtigen Spur!

Dr. Wolfgang Peschorn: Na ja, wie ich schon erwähnt habe, hängt die Frage des Eigenkapitalersatzes davon ab, wie zum Zeitpunkt der Kredit- oder Liquiditätsausreichung und der Rückführung der wirtschaftliche Zustand des Schuldners, in diesem Fall der Hypo Alpe-Adria, beurteilt wird. Und uns lag im Jahr 2009 die Beurteilung aus 2008 der OeNB vor, die sogar für das Jahr 2009 die Zahlung von Zinsen auf das vom Bund gezeichnete Partizipationskapital als plausibel angesehen hat.

Aber ich möchte das nicht alleine stehen lassen. Sie müssen sich nur die Bilanzen der Hypo und die Testate der Hypo Alpe-Adria anschauen – und das ist ja ein wesentlicher Bestandteil der Beurteilung einer Aufsicht und der OeNB. Da gab es praktisch mit Ausnahme des Jahres der Swapverluste keine Testat-Einschränkungen. Im Gegenteil, wenn Sie die von uns für alle staatlichen Maßnahmen abverlangte Stellungnahme des damaligen Bankprüfers der Hypo zum Partizipationskapital 2008 anschauen, werden Sie hier wenig erkennen können, um nicht zu sagen gar nichts, was irgendwie Zweifel an dem Zahlenwerk, das letztlich Grundlage für die Bilanz 2008 war, bilden könnte.

Und ab 2008 hat die Bayerische Landesbank mit dem Entfall der landesbehafteten Liquidität die Finanzierung der Hypo Alpe-Adria-Bank übernommen, und da sind diese Linien entstanden, die dann in weiterer Folge auch nach der Notverstaatlichung (Abg. Kogler: Ist schon klar!) von der Bank zurückgeführt wurden.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, ich will ja die Notenbank jetzt nicht ohne Weiteres verurteilen, aber meine Frage war ja, inwieweit Sie, die Sie die Verhandlungen mitbegleitet haben, gewissermaßen ein Handicap ... Dass ja einige Hinweise da waren, zu Recht oder zu Unrecht, egal, aber das war ja Ihre objektive Ausgangslage, dass die Bank jetzt nicht ohne Weiteres so als schieflagig betrachtet werden konnte ein Jahr davor, was ja für Ihre – die Argumentation hatten Sie schon vorbereitet, das können wir da aber nicht vorlegen – ..., aber was sozusagen diesen Handlungsspielraum eingeengt hat. Das war ja die Frage. Ich verstehe das schon so, dass es so war.

Dr. Wolfgang Peschorn: Der Handlungsspielraum, der uns diesbezüglich vorgegeben war, war: Es gab keine validen Sachverständigen-Informationen, dass die Hypo Alpe-Adria-Bank im Jahr 2008 in einer Krise nach dem Eigenkapitalersatzrecht war. Sie war weder als zahlungsunfähig, noch als überschuldet, noch als eine in Reorganisationsbedarf zu bringende Einheit qualifiziert worden; und das war die Schwierigkeit, einen Eigenkapitalersatz damals zu argumentieren. Es hängt von den Umständen ab (Abg. Kogler: Ist klar!) und hätte nur eine Due Diligence hervorgebracht.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Als Sie die Irrtumsanfechtung fast fertig hatten, vorbereitet hatten, hat es eine Besprechung mit dem Gouverneur Nowotny gegeben. Das ist noch nicht so lange her, das war im Dezember 2014. Können Sie sich erinnern, wie Herr Nowotny zu diesem fertigen Vorhaben, der vorbereiteten Klage beim Handelsgericht Wien Stellung genommen hat?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich kann mich eher daran erinnern, dass wir mit der fertigen Klage und der eingebrachten Klage die Oesterreichische Nationalbank und die FMA informiert haben, aber im Rahmen der Vorbereitung der Klage nicht mit FMA und OeNB gesprochen haben. Das ist meine Erinnerung.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Aha. Aus meiner Sicht zieht sich bis fünf Jahre danach noch folgender Umstand durch: Da steht nämlich – ich kann das jetzt nicht vorlegen und nicht wortwörtlich sagen –: Der Gouverneur Nowotny äußert schwere Bedenken bezüglich dieser Irrtumsanfechtung, weil man wieder draufkommen könnte, dass die unrichtige Datenbasis der Hypo Alpe-Adria von den Aufsehern nicht erkannt wurde.

Das zieht sich durch. Nowotny und andere wollten bis zum Schluss sozusagen nicht wahrhaben, was Sie allerdings in der Irrtumsanfechtung ausführlich ausführen, dass nämlich reihenweise Gründe vorlagen, wenn Sie alles gewusst hätten, dass die Bayern die Bank gar nicht in Insolvenz hätten gehen lassen. Darauf fußt ja fast alles, das sage ich aber nur so nebenbei, das finde ich eine dramatische Wende.

Sie argumentieren ja nur, Sie konnten das damals als Verhandler alles nicht wissen, aber die Hypothesen, dass die Bayern das auch nicht gemacht hätten, nicht ohne riesigen wirtschaftlichen Schaden – genauso wie Griss argumentiert, argumentieren Sie hier in der Irrtumsanfechtung –, dass sie das nicht hätten machen können ...

Deshalb frage ich Sie: Bei der ganzen Verhandlungssituation damals, hätten Sie den Wunsch gehabt – das ist jetzt eine Wertungsfrage –, dass hier schärfer verhandelt würde? Ich meine, wie kommen Frau Graber und Herr Schnauder dazu, in ihrem Buch zu schreiben, Sie wären da herausgekommen ...

Vorsitzende Doris Bures: Sie müssen die Frage formulieren, wegen der Redezeit, Herr Abgeordneter! Ich muss Sie auf die Redezeit aufmerksam machen. Jetzt können Sie das Mikrofon wieder nehmen, und ich ersuche Sie, die Frage zu formulieren.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Da heißt es sinngemäß, dem Chef der Finanzprokuratur hat der Verhandlungsverlauf nicht gefallen, weitere Unterbrechungen. Und dann kommt er vorbei, also vorne, und beklagt die Verhandlungsführung des Chefs.

Vorsitzende Doris Bures: Formulieren Sie die Frage – und dann wieder in der nächsten Runde!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Auch das Wort Weicheier fällt in diesem Zusammenhang. Wie weicheierig haben Sie diese Verhandlungsführung wirklich empfunden?

Dr. Wolfgang Peschorn: Dieses Wort wird mir in den Mund gelegt. Auch ich habe das Buch gelesen. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich eine solche Diktion verwendet habe. Ich glaube, zu wissen, wer mir dieses Zitat in den Mund legt.

Ich habe diese Verhandlungen als eine schwierige Aufgabe für die Verhandler erlebt, weil sie nämlich zu einem Ergebnis kommen mussten. Das ist wirklich schwierig, weil der Regierungskommissär schon unterwegs war und angeblich im Auto vor der Bank um 6 Uhr gewartet hat und weil unabsehbar war, welche Konsequenzen mit der Verhängung der Geschäftsaufsicht oder mit dem Regierungskommissär verbunden waren.

Das habe ich erlebt. Sonst versuche ich halt immer das Beste für die Republik Österreich herauszufinden. Ich wurde unlängst von einem Geschäftsführer einer ausgegliederten Einheit der Republik als derjenige bezeichnet, der immer den Standpunkt der Republik optimiert, und das wurde mir eher als Fehler denn als Vorteil angelastet. Ich sehe das eher positiv.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Ich würde gerne weitermachen, was den Regierungskommissär betrifft. Sie sehen das immer so als Drohkulisse: Um Gottes Willen, der Regierungskommissär; wir müssen die Entscheidung treffen, sonst geht die Welt unter! Jetzt frage ich, wo Sie das hernehmen, dass der Regierungskommissär so negative Auswirkungen haben könnte, denn das steht nirgends. Auch im Gesetz ist das ganz anders geregelt. Da steht im Gegenteil drinnen, dass der Regierungskommissär verhindern soll, dass das aus dem Ruder läuft. Es steht sogar drinnen, dass man den Regierungskommissär gar nicht bestellen darf, wenn man davon ausgeht, dass das ohnehin in die Pleite geht; sondern es muss eine Hoffnung bestehen, dass der das auch wieder zum Guten wenden kann. Also wie kommen Sie darauf?

Dr. Wolfgang Peschorn: Es ist richtig, dass die Geschäftsaufsicht nur vorsieht ... dass sie zu beenden ist, wenn die Bank oder das Kreditunternehmen wieder in ruhiges Fahrwasser kommt, also saniert ist, oder die Geschäftsaufsicht hat den Ausgang in die Insolvenz. Es war die wirtschaftliche Einschätzung von der Seite der Bankenaufsicht und vor allem von der OeNB, dass diese Verhängung der Geschäftsaufsicht und die Bestellung eines Regierungskommissärs eigentlich direkt zu diesen Auswirkungen, die in der Stellungnahme vom 7.12.2009 beschrieben sind, führen wird, nämlich zu einem Bank Run, zu den wirtschaftspolitischen Folgen im SEE-Raum, für die österreichische Wirtschaft et cetera.

Dass das Gesetz davon ausgeht, dass ein Regierungskommissär bestimmte Kompetenzen hat, insbesondere im Interesse der Gläubiger darauf zu achten hat, dass es zu keinem weiteren Mittelabfluss kommt et cetera, das ist wohlverstanden, das stimmt. Aber die faktischen Auswirkungen der Bestellung eines Regierungskommissärs in dem Umfeld, mit dieser Bank wurden uns von der OeNB so dargestellt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (Stronach): Ich verstehe aber nicht, warum Sie das glauben mussten. Mir kommt das so vor, wie wenn eine Ampelanlage gestört ist, sodass man Unfälle erwarten muss, weshalb man einen Polizisten hinschickt, um genau das zu verhindern; und Sie argumentieren, der Polizist wäre daran schuld, wenn dann Unfälle passieren. Ganz im Gegenteil, er soll sie ja verhindern. Genauso soll der Regierungskommissär auch verhindern, dass etwas Gröberes passiert, er soll die Gläubiger schützen und so weiter.

Warum ist jetzt der Regierungskommissär das Problem? Die Bank war in einer Schieflage, das ist keine Frage, aber das war sie am Montag, am Dienstag oder am Mittwoch darauf auch noch, unabhängig vom Regierungskommissär. Was hat jetzt konkret der Regierungskommissär an der Situation verschlechtern können? Das verstehe ich nicht.

Dr. Wolfgang Peschorn: Erstens habe ich nicht gesagt, dass der Regierungskommissär oder die Person des Regierungskommissärs schlecht gewesen wäre.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber Sie haben es ja immer als Grund dafür genannt, dass man so schnell fertig werden musste.

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein. Ich weise noch einmal darauf hin, dass die Bestellung des Regierungskommissärs Implikationen gehabt hätte – nach den Aussagen der OeNB, die auch sehr nachvollziehbar sind –, nämlich dass die Gläubiger das als Zeichen gesehen hätten, dass damit überhaupt nicht die Kapitalfrage dieser Bank gelöst gewesen wäre, die Implikation, dass in den Anleihe- und Schuldverschreibungsbedingungen das möglicherweise als Default angesehen worden wäre et cetera. Das waren die Gefahren, die damit verbunden gewesen wären.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nur dass ich es verstehe: Das heißt, die Anleihegläubiger, also die, die zum Beispiel Anleihen gezeichnet haben, mussten jetzt glauben, durch den Regierungskommissär sind ihre Anleihen ausfallgefährdet, oder wie? War das Ihre Einschätzung?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich komme zurück zu dem Thema, das auch die Diskussion zur Geschäftsordnung hervorgerufen hat, nämlich die Frage: Wie wirkt die Verhängung einer Geschäftsaufsicht auf das Schuldverhältnis zwischen den Anleihe- oder Schuldverschreibungsgläubigern und der Bank? Und da war die Frage: Löst die Verhängung die Ausfallhaftung aus oder nicht?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wie kommen Sie darauf? Das steht ja überhaupt nirgends! Es gibt überhaupt nirgends einen Hinweis darauf, dass die Verhängung einer Geschäftsaufsicht in irgendeiner Form etwas mit den Anleihegläubigern zu tun haben könnte. Wie kommen Sie darauf?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe es Ihnen heute, glaube ich, ungefähr eine halbe Stunde lang zu referieren versucht; ich kann es gerne wiederholen, wenn Sie das wollen. (Abg. Lugar: Ja, aber so, dass es schlüssig ist, wenn’s leicht geht! – Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Herr Dr. Lugar, überlassen Sie es bitte schon mir als Auskunftsperson, zu versuchen, etwas schlüssig darzustellen. Ich kann es aber gerne noch einmal probieren. (Abg. Lugar: Nur zu!) – Wollen Sie es? (Abg. Lugar: Ich bitte darum! – Abg. Tamandl: Damit er es auch versteht!)

Die Ausfallsbürgschaft des Landes Kärnten ist im § 5 Kärntner Landesholding-Gesetz geregelt und verweist auf das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, auf die einschlägige Bestimmung. Wenn Sie im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch nachlesen, dann sehen Sie, dass da deutlich gemacht wird, dass im Falle des Konkurses des Hauptschuldners die Ausfallsbürgschaft schlagend wird.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Nein, die Bürgschaft – bitte exakt bleiben! Es steht im Gesetz „Bürgschaft“, nicht „Ausfallsbürgschaft“, also bitte exakt! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Tamandl.) – Es ist die Ausfallsbürgschaft benannt, aber das Gesetz bezieht sich auf die Bürgschaft, das müssen Sie doch zugeben, oder?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wenn Sie wollen, nehme ich den Gesetzestext her und wir reden über den Gesetzestext. (Abg. Lugar: Ich habe ihn eh da!) Ich habe versucht, weil das der Vorhalt war, Ihnen hier in verständlicher, schlüssiger Form meine Gedanken – nicht andere, sondern meine Gedanken – darzulegen. Sie haben mich auch darum gebeten. (Abg. Lugar: Ja, ich bitte darum! Weiter so!) – Dann darf ich fortfahren? (Abg. Lugar: Ja, aber exakt, bitte!) – Auch das lasse ich mir nicht wirklich gerne sagen, denn ich versuche immer, sehr exakt zu sein, was Sie hoffentlich auch in den Akten, die Ihnen vorliegen, sehen.

So. Die zweite Frage ist: Ist das immer so, oder ist das nicht immer so? Da gibt es Judikatur, und eine Judikaturlinie sagt: Dann, wenn die Hauptschuld einen bestimmten Fälligkeitszeitpunkt hat und nichts anderes vereinbart ist in der Bürgschaftsvereinbarung, die hier eine gesetzliche ist, eine landesgesetzliche, bleibt es bei der ursprünglichen Fälligkeit auch der Bürgschaftsschuld oder der Bürgschaft.

Das ist eine Sachverhaltsfrage, weil man davor klären muss, was in den konkreten Vereinbarungen steht zwischen dem Hauptschuldner, in diesem Fall der Hypo, und dem Gläubiger, Anleihe- oder Schuldverschreibungsgläubigern.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Genau. Haben Sie geprüft, was da drinnen steht?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe schon erwähnt, dass der Zeitraum sehr kurz war und wir weder von der Bank die Informationen erhalten haben, noch eine Prüfung möglich war.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha, das ist ja hochinteressant. Das heißt, Sie haben eine Entscheidung auf Basis einer Nichtinformation getroffen. Das heißt, Sie hatten diese Information gar nicht, und Sie haben Sie auch nicht beschafft. Sie haben sich auf das verlassen, was die OeNB als Experte Ihnen geraten hat im Sinne von Systemrelevanz, aber das Naheliegendste zu tun, nämlich zu schauen, ob solche Vereinbarungen da sind, ob man den Prospekt vielleicht einmal aushebt, was ja nicht so schwierig sein kann, auf diese Idee sind Sie nicht gekommen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Herr Lugar, ich habe in zehn Jahren eines gelernt, nämlich dass ich als Beamter Beamter bin. Ich kann mit Ihnen jetzt hier natürlich nicht wie ein Abgeordneter reden; aber es waren in dieser Frage, die ich als Frage verstanden habe, mehrere Feststellungen, die ich heute nicht gesagt habe und die sich auch keineswegs aus den Akten ergeben.

Erstens: Ich habe mich bei meiner Beurteilung nicht darauf verlassen, ob etwas systemrelevant ist, sondern ich habe hier eine Subsumtion, also eine Prüfung nach den gesetzlichen Bestimmungen des Finanzmarktstabilitätsgesetzes vorgenommen.

Zweitens: Ich habe die Stellungnahmen der OeNB zur Frage der wirtschaftlichen Voraussetzungen und der Auswirkungen der einen oder anderen Alternative ernst nehmen müssen und nehme sie weiter ernst.

Drittens: Sie können meistens nicht alle Fragen abschließend und hundertprozentig beantworten, schon gar nicht, wenn es juristische Fragestellungen sind; aber Sie haben eine Verpflichtung, und dieser haben wir Genüge getan, nämlich dem Verhandler oder dem, der es zu entscheiden hat, klarzumachen, wo die Risken liegen.

Und es ist unbestritten, dass im Falle der Insolvenz des Hauptschuldners bei Bestehen einer Ausfallsbürgschaft die Gefahr, dass die Ausfallsbürgschaft ausgelöst wird – nicht nur die Gefahr, sondern dass sie ausgelöst wird –, evident ist; die Frage dreht sich nur mehr um den Zeitpunkt, wann sie fällig wird; und Gleiches habe ich schon im Zuge der Geschäftsordnungsdebatte ausgeführt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ist das nicht ein Riesenunterschied, ob die in fünf, sechs, sieben Jahren fällig wird oder gleich? Das ist doch ein Riesenunterschied! Und Sie suggerieren hier Ihrem Auftraggeber, dass das gleich fällig wird, und zwar ohne zu wissen, ob das tatsächlich so ist, weil Sie nach eigenen Angaben das gar nicht geprüft haben. Also das ist ja aus meiner Sicht eine miese Beratung, würde ich einmal sagen. (Abg. Tamandl: Zur Geschäftsbehandlung!)

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich würde Sie jetzt bitten, dass Sie das jetzt in der medienöffentlichen Sitzung wirklich zurücknehmen. (Abg. Lugar: Warum?) – Weil das ein Vorhalt ist, der kreditschädigend ist. (Abg. Lugar: Na überhaupt nicht!) – Sie können das in keiner Weise belegen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Doch, natürlich. (Auskunftsperson Peschorn: Nein!) Wenn Sie hier etwas behaupten, und zwar dass es sofort schlagend wird ... Das sagen Sie hier im Insolvenzfall. Vorher sagen Sie aber, dass das davon abhängt, was in den Anleihebedingungen steht. Da könnte theoretisch auch stehen, dass es eben nicht sofort schlagend wird, weil das eben eine gewisse Laufzeit ist. Das haben Sie vorher gesagt. Damit widersprechen Sie sich, und damit ist das eindeutig keine gute Beratung – ganz einfach!

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Herr Abgeordneter, Sie können das sehen, wie Sie wollen, das ist Ihnen unbenommen, aber die Bewertung als „miese Beratung“ ist ein Vorwurf auf unehrenhaftes, schlampiges, schlechtes Verhalten – was Sie ja auch alles meinen können, aber in einer ganz besonderen Art und Weise. Daher ist der Begriff völlig unangebracht.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gut, dann möchte ich mich berichtigen: Ich meine nicht miese Beratung, sondern eine unvollständige oder vielleicht sogar ein klein wenig fahrlässige Beratung. Kann man das so stehen lassen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das kann man nicht so stehen lassen, das ist einfach falsch. Sie haben offensichtlich nicht zugehört oder wollten nicht zuhören. Ich habe hier ganz deutlich gemacht, dass es sich bei dem Dokument, das Sie mir hier vorhalten und das hoffentlich nicht klassifiziert ist, um eines handelt, das eine Gedankenstütze und Zusammenfassung darstellt, damit Menschen, die verhandeln, klar sehen, in welchem Bereich sie sich bewegen.

Gleichzeitig gab es dazu fortlaufend mündliches Briefing, und dieses habe ich auch hier dargestellt. Alle Vorwürfe von Ihnen in diesem Zusammenhang sind aus meiner Sicht haltlos, und ich ersuche Sie noch einmal, diese hier explizit zurückzunehmen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Na gut, dann gehen wir es von der anderen Seite an: Also Sie beraten jetzt im Sinne von: Ja, das wird schlagend, das ist das größte Problem, und wenn man sich ...

Dr. Wolfgang Peschorn: Die Gefahr eines Schlagendwerdens ist gegeben; ich wiederhole es noch einmal.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Darf ich vielleicht aussprechen? (Auskunftsperson Peschorn: Gerne!) Das heißt, wenn uns jetzt alle Beteiligten immer wieder versichern, es gab keine andere Möglichkeit, weil es diese Haftungen gab und diese Haftungen sofort schlagend geworden wären – das war die Argumentation von allen politisch Beteiligten –, so fußt diese Argumentation auf dem, was Sie empfohlen beziehungsweise hier niedergeschrieben haben.

Das heißt, Sie haben gesagt, ja, das wird höchstwahrscheinlich schlagend werden. Jetzt ist meine Frage, ob Sie alle Varianten geprüft und sorgfältig überprüft haben, ob das wahrscheinlich ist, dass das so ist. Sie haben selbst gesagt, dass Sie das nicht getan haben. Also welchen Schluss soll ich da ziehen, außer dass Ihre Analyse sehr unvollständig war, vielleicht sogar ein bisschen fahrlässig? Das ist die Analyse. Also ich weiß nicht, wo da der Logikbruch ist.

Dr. Wolfgang Peschorn: Der erste Logikbruch, den Sie begehen, ist: Wer hat gesagt, dass ich das gesagt habe? Haben Sie Ihre Unterlagen angeschaut und haben Sie gesehen, dass die OeNB von der Gültigkeit und von dem Schlagendwerden der Ausfallsbürgschaft im Falle der Insolvenz und Geschäftsaufsicht ausgegangen ist? (Abg. Lugar: Also nicht Sie? Aha!) Wenn nicht, dann würde ich Sie bitten: Lesen Sie nach!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Also Sie waren das nicht?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe gesagt, was ich gesagt habe. Ich kann es noch einmal wiederholen; wenn das in Ihrem Sinne ist, gerne. (Abg. Lugar: Ja, bitte!)

Gut, § 5 Kärntner Landesholding-Gesetz sieht eine gesetzliche Ausfallsbürgschaft nach den Regeln des ABGB vor. Diese wird dann schlagend, wenn eine Insolvenz des Hauptschuldners eintritt.  Die Frage, über die man diskutieren kann und zu der es eine Judikaturlinie gibt, ist, ob erst mit dem vertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt der Hauptschuld diese Fälligkeit auch für die Bürgschaftsschuld eintritt. Die Judikatur des Obersten Gerichtshofes würde diese Auffassung unterstützen. (Abg. Lugar: Genau!) Die gleiche Problematik haben Sie bei der Geschäftsaufsicht.

Es hängt daher die Frage der Fälligkeit der Ausfallsbürgschaft auch davon ab, was in den konkreten Bedingungen – in den Anleiheverträgen und Schuldverschreibungen – zwischen dem Gläubiger und der Bank vereinbart ist. (Abg. Lugar: Ja, das haben wir verstanden!) Wenn ein späterer Fälligkeitszeitpunkt vereinbart ist und dieser auch gilt, wenn die Bank in Default gerät – der Hauptschuldner – und Default dort nicht als Geschäftsaufsicht und nicht als Konkurs definiert ist – was äußerst unwahrscheinlich ist, weil das der Standard-Default-Fall ist, aber es wäre denkbar –, dann könnte die Fälligkeit zum ursprünglichen Fälligkeitszeitpunkt der Hauptschuld, also der Verbindlichkeit zwischen der Bank und dem betreffenden Gläubiger, eintreten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gut, das haben wir jetzt verstanden.

Dr. Wolfgang Peschorn: Diese Auffassung vertrete ich heute, diese Auffassung habe ich auch in der Vergangenheit vertreten. Das von Ihnen hier zitierte Dokument hat nur versucht, in sehr knapper Form – auch das habe ich heute schon erwähnt – diese Problematik darzustellen, und es war immer gedacht, dass es dazu für die Empfänger des Dokumentes auch eine mündliche Erklärung gibt, die es auch von mir gegeben hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, vielen Dank. Aber das beantwortet immer noch nicht die Frage, die ich eigentlich gestellt habe, warum Sie damals eine solch wichtige Frage nicht abgeklärt haben. Es wäre für Sie ein Leichtes gewesen, es entweder selbst zu tun oder die Nationalbank zu beauftragen oder externe Experten zu beauftragen, um genau diese Frage, die Sie heute hier stellen, abzuklären, und zwar im Vorfeld, weil es unglaublich wichtig ist, diese Frage im Vorfeld abzuklären, um dann eine Grundlage für eine ordentliche Entscheidung herzustellen. Oder verstehe ich da irgendetwas falsch?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ja, Sie verstehen etwas falsch.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Dann erklären Sie es mir!

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe es Ihnen schon ein paar Mal erklärt. (Abg. Lugar: Nein!) Ich weise noch einmal auf den Zeitdruck hin, und ich weise noch einmal darauf hin, dass gerade die Finanzprokuratur eine Due Diligence gefordert hat – oder empfohlen hat –, diese Forderung aber nicht durchsetzbar war. Wenn Sie diese Informationen nicht bekommen, dann bekommen Sie sie einfach nicht! Das gibt es ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es geht nicht um die Due Diligence!

Dr. Wolfgang Peschorn: Lassen Sie mich bitte ausreden! – Das geht bei vielen Unternehmenskäufen so, nämlich zwischen zwei Partnern, die das wirklich wollen, dass sie manchmal etwas über den Kaufgegenstand nicht bekommen. Das war natürlich eine besondere Verhandlungssituation. Daher gab es keine Zeit für diese Due Diligence, und es gab keine Zeit für das Ergründen dieser Bedingungen in den Anleiheverträgen und Schuldverschreibungen. Und jetzt ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aha! Jetzt sind wir genau dort, wo wir hinmüssen! Sehr gut, jetzt sind wir genau dort. Das heißt, Sie haben es ja gesagt ...

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich war noch nicht fertig mit den ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben ja gesagt, worin das Problem liegt ...

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie haben ...

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich war noch nicht fertig! (Abg. Lugar: Ach so?)

Vorsitzende Doris Bures: Sie haben die Auskunftsperson ersucht, das zu erläutern. (Abg. Lugar: Ja!) Es wäre dann gut, wenn er auch die Möglichkeit hat, Ihrem Ersuchen nachzukommen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich habe nicht das Gefühl, es geht in die Richtung Erläuterung, sondern es ist eher eine Ausschweifung – aber bitte.

Vorsitzende Doris Bures: Ich würde Sie jetzt bitten, das weiter auszuführen. – Bitte, Herr Dr. Peschorn.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich hatte noch einen Satz, und ich würde Sie noch einmal bitten – auch wenn das in Ihrem täglichen Diskurs der Fall ist –, es bei mir zu unterlassen, dass Sie mich da dauernd mit Unterstellungen in irgendeine Richtung drängen wollen!

Ich wollte noch folgenden Satz sagen: Wenn Sie das in einem ganz normalen Prozess nicht klären können, dann müssen Sie auf die Risiken hinweisen; das ist sorgfaltsgemäß. Auf das Risiko haben wir hingewiesen! Das Risiko, dass mit der Insolvenz und der Verhängung der Geschäftsaufsicht diese Verbindlichkeiten aus der Ausfallsbürgschaft schlagend werden, ist unbestreitbar gegeben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie haben auch schon das Richtige gesagt, nämlich, dass Sie einfach keine Zeit hatten, das im Detail und in der Tiefe zu prüfen. Okay, Sie waren unter Zeitdruck. Wir haben zwar vorhin gehört, dass der Zeitdruck gar nicht notwendig war, weil die Geschäftsaufsicht nicht wirklich ein großes Problem gewesen wäre, aber Sie haben das anscheinend anders gesehen.

Aber hätten Sie nicht auch darauf hinweisen müssen, dass Sie nicht in der Tiefe prüfen konnten? – Das steht nämlich hier nicht. Haben Sie das verbal geäußert? Haben Sie das dem Minister gesagt, dass Sie nicht in der Tiefe prüfen konnten?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, es geht nicht um mich und auch nicht um die Finanzprokuratur. Auch da wollen Sie die Finanzprokuratur oder uns wieder in ein bestimmtes Eck drängen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Überhaupt nicht! Wie kommen Sie denn darauf?

Dr. Wolfgang Peschorn: Oja! Das höre nicht nur ich allein. – Ich sage Ihnen noch einmal ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum sind Sie so feindselig?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich bin nicht feindselig, sondern ich versuche nur, die Dinge so abzuarbeiten, wie es, glaube ich, notwendig ist, nämlich dass man eine korrekte Auskunft gibt.

Die Zeit war für alle nicht vorhanden, eine solche Prüfung durchzuführen. Wenn Sie eine Due-Diligence-Prüfung machen, brauchen Sie nicht drei, vier Tage, sondern da brauchen Sie Wochen, vor allem für dieses Institut.

Natürlich wurden die Entscheidungsträger auf diese Umstände hingewiesen, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, die Entscheidungsträger wussten, dass Ihre Empfehlungen und die Aussagen, dass das eben sofort schlagend wird, nicht wirklich solide auf gutem Fundament stehen, weil man nicht in der Tiefe prüfen konnte. Das wussten die Entscheidungsträger – ist das so?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wussten sie nicht?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein – weil die Frage schon wieder suggestiv ist! Die Entscheidungsträger wussten, dass eine Due Diligence nicht möglich war. Sie wussten ganz offensichtlich, dass ...

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Entschuldigung, ich rede nicht von der Due Diligence.

Dr. Wolfgang Peschorn: Lassen Sie mich jetzt antworten!

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Er sagt immer „Due Diligence“! Davon rede ich gar nicht. Herr Verfahrensrichter, darf er das?

Verfahrensrichter Dr. Walter Pilgermair: Es ergibt Sinn – wie er es selbst auch einfordert –, ihn ausreden zu lassen und danach eine Ergänzungsfrage zu stellen oder ein eigenes Statement dazu abzugeben. Aber man muss ihn einfach ausreden lassen.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich verwende den Begriff Due Diligence deswegen, weil ich den Begriff auch im Rahmen der Vorbereitung für Dezember 2009 verwendet habe. Das können Sie auch in den Unterlagen nachlesen. Ich verwende ihn auch deswegen, weil dieser Begriff ein im juristischen Bereich gebräuchlicher Begriff für eine besonders sorgfältige Prüfung, Vorbereitung einer Rechtshandlung ist.

Es war diesen Personen bekannt, dass das nicht möglich war. Es war diesen Personen auch bekannt, dass die OeNB vor einer Insolvenz der Hypo Alpe-Adria gewarnt hat, aus verschiedenen anderen Gründen. Ich nehme an, dass das die Entscheidungsgrundlage war.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Zur OeNB vielleicht ganz kurz: Wie war Ihre Einschätzung? – Die OeNB war ja damals noch im Privatbesitz, zumindest überwiegend, oder zum Teil, sagen wir so. War die OeNB nicht befangen in ihrer Analyse, da sie ja unter keinen Umständen eigene Verluste oder Verluste ihrer Banken, die sie besessen hat, akzeptieren wollte? War die OeNB damals nicht befangen? Wie haben Sie das wahrgenommen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe die OeNB als den sachverständigen Beauftragten der Republik Österreich wahrgenommen, der zu diesen Fragen halt eine Stellungnahme abgegeben hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber sie haben ja auch ein Interesse gehabt! Die OeNB hat ja ein Interesse. Erstens hätte sie selbst Verluste erlitten, wenn die Hypo in Konkurs gegangen wäre, und zweitens auch die Banken, die die OeNB zum Teil besessen hat. Konnte man also nicht vermuten, dass die OeNB möglicherweise ein Interesse hat, unter allen Umständen den Konkurs zu verhindern? War das nicht auf Ihrem Schirm, unter den Umständen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich versuche in den Verhandlungen beziehungsweise in meinen Besprechungen immer, auf die Interessenslage meiner Gesprächspartner zu achten, nicht nur seinerzeit, sondern auch heute.

Natürlich hatte die OeNB – und das hat sie auch ganz deutlich in ihrer Stellungnahme vom 7.12. niedergelegt – ein Interesse gehabt, dass die Hypo Alpe-Adria-Bank International AG nicht insolvent wird. Das kann man deutlich lesen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, Ihre Auftraggeber hatten möglicherweise ein anderes Interesse als die OeNB, weil die Auftraggeber ja angeblich den Steuerzahler vertreten sollten oder wollten. War das nicht ein gewisser Konflikt, den Sie vielleicht bei den Verhandlungen wahrgenommen haben?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe beim gesamten Bankenpaket bei allen Entscheidungen wahrgenommen, dass die Republik natürlich das Bestreben hat, die Belastungen aus dem Budget so gering wie möglich zu halten, und es auf der anderen Seite wahrscheinlich im Sinne der Stabilität der Kreditinstitute ist, wenn eine weitgehende oder sehr sichere Abdeckung der Gefahren durch die Republik erfolgt.

Wenn Sie mich darauf ansprechen, kann ich diesen Schwerpunkt der unterschiedlichen Interessen durchaus nachvollziehen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das heißt, wenn man es jetzt gegenüberstellt – die Interessen der OeNB, dass eben kein Konkurs passiert, aufgrund der Folgen, die wir besprochen haben, und auf der anderen Seite der Steuerzahler –, wer hat da in den Verhandlungen mehr Gewicht gehabt?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich war bei den Verhandlungen, wie ich schon gesagt habe, nicht am Verhandlungstisch! Ich kann nur sagen, dass wir uns immer darum bemüht haben, eindeutig die Interessen der Republik und daher des Steuerzahlers durchzusetzen. Ich hoffe, das ist auch aus den Unterlagen, die Ihnen vorliegen, ersichtlich.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): In Ihrem Fall die Interessen des Auftraggebers, das war das BMF.

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, der Auftraggeber im Sinne des Prokuraturgesetzes, auch Mandant genannt, ist die Republik Österreich; dieser wird von den obersten Organen vertreten. Die obersten Organe, die hier zuständig waren, waren das BMF und das Bundeskanzleramt.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber ich höre da jetzt nicht ...

Dr. Wolfgang Peschorn: Aber auch die sind nicht frei, sondern müssen nach dem Gesetz handeln.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich höre da die OeNB irgendwie nicht heraus. Wo ist die OeNB jetzt so wichtig? – Die OeNB war anscheinend der Einzige, der eine Expertise abgegeben hat, was diese finanzmarkttechnischen Auswirkungen anbelangt. Hat es sonst jemanden gegeben, der das beurteilt hat, irgendjemanden? Oder war das nur die OeNB?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das war, wie aus den Unterlagen hervorgeht, aus meiner Wahrnehmung die Oesterreichische Nationalbank, die dazu auch gesetzlich ermächtigt ist.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber sonst niemand? Wäre es nicht vernünftig gewesen, in der Frage vielleicht eine zweite Meinung einzuholen, wo die OeNB ja befangen war, zumindest teilweise? Sind Sie auf die Idee gekommen? Haben Sie das jemandem empfohlen? Oder sind Sie auf die Idee gar nicht gekommen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich bin auf die Idee gekommen – wie Sie in den Unterlagen sehen –, dass man genaue und präzise Fragen an die OeNB und die FMA stellt. Die wurden dann auch in einer Art und Weise ausführlich dargestellt, dass sie nachvollziehbar und schlüssig sind und mit den logischen Denkgesetzen in Einklang stehen.

Daher: Wenn Sie die Stellungnahme der OeNB vom 7.12. durchlesen, ist hier in einer sehr ausführlichen Art und Weise eine Begründung enthalten und war daher kein Grund da, an den Ergebnissen dieser Stellungnahme zu zweifeln.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Aber ist das nicht so, als würden Sie die Frösche fragen, ob man den Sumpf trockenlegen soll? – Da ist doch ein gewisser Interessenkonflikt da. Wie kann man jemanden fragen, der selbst von der Entscheidung profitiert? Ist das nicht ...

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, Sie müssen zunächst einmal jemanden fragen, der letztendlich diese Fragen gestellt hat. Ich habe hier unterstützt und mitgeholfen, sie zu formulieren und umzusetzen. Sonst kann ich mit Ihren Beispielen leider nicht viel anfangen. Es tut mir leid.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay, dann wird es vielleicht in der nächsten Runde besser. – Vielen Dank.

Dr. Wolfgang Peschorn: Glaube ich auch; danke.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Peschorn, beginnen wir bei den Landeshaftungen. Dazu haben wir schon einiges gehört. Es ist dies allerdings ein wesentlicher Punkt, an dem der Untersuchungsausschuss hier angelangt ist!

Warum betone ich das so? – Weil, wenn all die Argumente, die für die Übernahme der Hypo im Jahr 2009 vorgebracht worden sind, dann der Reihe nach zusammenbrechen, als letztes Argument, als letzte Verteidigungslinie immer übrig bleibt: ja, aber die Landeshaftungen; die waren nicht wegzudiskutieren, und die wären sofort schlagend geworden; sozusagen am Morgen des 14. Dezember 2009 wäre Kärnten insolvent gewesen.

Daher ist es eine ganz, ganz entscheidende Frage, wann die Kärntner Landeshaftungen tatsächlich schlagend geworden sind. Insofern danke ich Ihnen auch für Ihre heutigen Ausführungen, unter anderem für Ihre Klarstellung, was die Judikatur des Obersten Gerichtshofes betrifft. Das bestätigt übrigens dieses Gutachten, das wir vor zwei Wochen im Untersuchungsausschuss hatten, das Gutachten der Kärntner Landesholding aus dieser Zeit, wo ganz eindeutig festgehalten wird, dass der Oberste Gerichtshof selbst im Konkursfall sagt: Auf den Ausfallsbürgen kann erst gegriffen werden, wenn die Hauptschuld fällig ist.

Mit anderen Worten ausgedrückt, heißt das: Erst wenn eine Zahlung der Hypo an die Anleihegläubiger fällig ist, könnte auf das Land Kärnten als Ausfallsbürgen gegriffen werden. – So weit, so gut.

Na ja, so weit, so gut noch nicht ganz, denn eines ist klar: Wenn das die Ausgangslage, die Rechtslage beim Konkurs ist, ist klar, dass das natürlich auch auf jeden Fall bei der Geschäftsaufsicht zutrifft. Selbst wenn man der Meinung wäre – und ich habe bisher noch keine überzeugenden Argumente gefunden und keine Experten, die das so ohne Weiteres sagen –, die Geschäftsaufsicht wäre dasselbe wie ein Konkurs – für diese Argumentation müsste man eine juristische Brücke bauen, weil ja das Gesetz das nicht sagt, das redet nur vom Konkurs , gilt natürlich auch da die Judikatur des Obersten Gerichtshofes!

Jetzt weiß ich allerdings, dass Sie sich auch auf die Anleihebedingungen bezogen haben. Wenn ich Sie recht verstanden habe, haben Sie gesagt, na ja, das Risiko ist halt doch, da gibt es auch Anleihebedingungen, und das war dann unter diesem Zeitdruck nicht mehr zu beurteilen.

Meine erste Frage daher: Sind Ihnen Bürgschaftsverträge des Landes Kärnten bekannt? – Nämlich zu Anleiheemissionen der Hypo Alpe-Adria.

Dr. Wolfgang Peschorn: Zum damaligen Zeitpunkt waren mir keine bekannt.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gibt es so etwas, auch nach Ihrem heutigen Kenntnisstand? Nein?

Dr. Wolfgang Peschorn: Kann ich jetzt nichts sagen. Nein.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das heißt, die Kärntner Landeshaftung beruht nicht aufgrund von Vertrag, sondern einzig aufgrund von Landesgesetz?

Dr. Wolfgang Peschorn: § 5 K-LHG.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Genau. Deswegen ist mir nicht klar, inwiefern hier die Anleihebedingungen eine Rolle spielen können. Vielleicht können Sie erläutern, was Anleihebedingungen sind, damit das vielleicht alle hier verstehen.

Dr. Wolfgang Peschorn: Das Schuldverhältnis zwischen den Anleihegläubigern oder Schuldverschreibungsgläubigern und der Bank wird ja nicht gesetzlich bestimmt, sondern durch die Emission dieser Anleihe beispielsweise oder den Abschluss dieses Schuldverschreibungsvertrages. Mit diesem Vertrag vereinbart man etwas. Beispielsweise, wie Sie ja wissen, bei der Frage, ob das Land auch noch haftet, hat die Laufzeit, also unter 2017, eine Rolle gespielt. Ich vereinbare die Laufzeit und damit die Fälligkeit. Ich vereinbare aber auch die Bedingungen, wann etwas vorzeitig fällig wird  gekündigt werden kann oder beendet werden kann, würden wir in der normalen Vertragsdiktion sagen.

Wenn hier der Fall der Geschäftsaufsicht beispielsweise genannt wird, dass vorzeitig eine Fälligkeit im Schuldverhältnis, das durch die Landesbürgschaft besichert ist, eintreten soll, dann wäre das die Fälligkeit, die wohl nach der auch von Ihnen zitierten Judikatur wiederum jene wäre, die für die Ausfallsbürgschaft entscheidend ist. Also dann würde ja die Hauptschuld, die näher ausgestaltet wird durch diese vertraglichen Bestimmungen, zu einem Zeitpunkt, beispielsweise zum Insolvenzfall des Hauptschuldners oder zum Fall der Geschäftsaufsicht, fällig werden, und dann bestünde nach der Argumentation und der Judikatur auch kein Anlass, die Ausfallsbürgschaft später fällig werden zu lassen.

So könnte es sein.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut. Also Anleihebedingungen sind die Vertragsbedingungen zwischen (Auskunftsperson Peschorn: Anleihegläubiger und Bank!) dem Anleihegläubiger und der Bank (Auskunftsperson Peschorn: Ja!), also zwischen den Anleihegläubigern und der Hypo Alpe-Adria.

Dr. Wolfgang Peschorn: Da gibt es ganz detaillierte und äußerst umfangreiche Vertragsdokumentationen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja. Ist hier das Land Kärnten Vertragspartner?

Dr. Wolfgang Peschorn: Meines Wissens nicht, weil das Land Kärnten weder Gläubiger noch Schuldner ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Genau. Kann man deswegen in diesen Vertragsbedingungen Bestimmungen über das Geltendwerden, über das Schlagendwerden der Ausfallsbürgschaft des Landes Kärnten vorsehen – eines Dritten, der offensichtlich nicht Vertragspartner ist?!

Das funktioniert also aus meiner Sicht nicht. Wenn zwei einen Vertrag schließen, dann können diese zwei nicht bestimmen, wann die Bürgschaft eines Dritten, die ja nicht aufgrund von Vertrag besteht, sondern aufgrund von Gesetz, schlagend wird.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, das ist eine durchaus interessante Rechtsdiskussion. Sie berühren damit, glaube ich, die Frage, ob durch Landesgesetz einfach diese Haftung unter Verweis auf das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch so angeordnet werden konnte, ob sie auch gültig ist. In weiterer Folge wird man dann wahrscheinlich auch über europarechtliche Aspekte zu diskutieren beginnen.

Man kann als Jurist über vieles diskutieren, aber ich bin da eher der Ansicht: ja, geht, denn Sie können es mit Vertrag auch machen, warum nicht auch mit Gesetz.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das verstehe ich jetzt nicht ganz, aber gut, ich möchte diese Rechtsdiskussion nicht fortführen.

Meine Meinung habe ich hier festgehalten: Es ist klar, es kann nicht das Land Kärnten mit den Hypo-Gläubigern ausmachen, wann für einen Dritten, der nicht Vertragspartner ist, dessen Haftung, nämlich dessen Ausfallsbürgschaft, schlagend wird. Das geht nicht.

Was ist meine Schlussfolgerung daraus? – Die Anleihebedingungen spielen für diese Frage überhaupt keine Rolle! (Auskunftsperson Peschorn: Mhm!) Sie spielen überhaupt keine Rolle, deswegen mussten Sie sie auch gar nicht prüfen. Das war damals zu beurteilen, aus meiner Sicht. Lassen wir das einmal so stehen!

Eine letzte Frage hätte ich noch zu diesem Themenkomplex: Dieser Vierspalter (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe), der Ihnen bekannt ist und schon oft verwendet wurde ...

Vorsitzende Doris Bures: Sie sind in der zweiten Runde.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, das habe ich befürchtet.

Was meinen Sie denn mit dem „81b BWG“ Bankwesengesetz? – Ich habe Experten auch zum BWG befragt. Diese haben mir auch beschieden, sie wüssten nicht, warum jetzt dieser Paragraph da steht. Steht da drin, dass die Kärntner Landeshaftungen im Fall der Geschäftsaufsicht sofort schlagend werden? Oder warum steht der da?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, wir machen das in der zweiten Runde, oder? (Abg. Lugar: Ja, wir sind in der zweiten Runde!)

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Nein, ich darf überziehen.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ach so, ich habe gedacht, in der nichtöffentlichen Sitzung wäre die zweite Runde.

Das kann ich Ihnen jetzt nicht sagen. Das muss ich mir noch einmal in meinen Unterlagen anschauen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja, also ich halte nur für alle fest – weil wir ja auch schon die Diskussion hatten, Kollege Krainer –: In dem § 81b stehen interessante Dinge drin, nur die haben mit der Frage der Auslösung der Landeshaftungen im Falle der Geschäftsaufsicht genau gar nichts zu tun.

Gut, die Zeit ist knapp, gehen wir weiter zu den Gewährleistungen, Gewährleistungsverzicht: Jetzt war Kanzler Faymann im U-Ausschuss, und der hat gesagt: Na, eigentlich bin ich nicht dafür verantwortlich, es ist der Finanzminister Pröll. Den hatten wir auch im U-Ausschuss, und der hat hier gesagt: Na, eigentlich, pfuh, ich kenne mich auch nicht so aus, ich habe meine Experten dafür. Pröll sagte hier im U-Ausschuss: Ich weiß das nicht – die 300 Millionen hat er übrigens nicht erwähnt –, ich kann das nicht beurteilen. Er hat Sie sehr oft zitiert, Herr Dr. Peschorn, und hat auf Sie verwiesen. Das heißt, der Fingerzeig geht jetzt von Faymann zu Pröll und von Pröll zu Ihnen.

Ich sage Ihnen gleich, wie ich das sehe: Man versucht, Sie hier zum Sündenbock zu machen. Haben Sie den Verhandlern der Regierungsspitze jemals geraten, auf die Gewährleistung zu verzichten?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Warum sagt uns dann die Regierungsspitze, dass das eben ihre Berater gewesen wäre, also Sie?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ja, aber ich kann ... Ich kann das nicht nachvollz... (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Dieser Vorhalt ist unrichtig. So in dieser Diktion hat das niemand gesagt. Es war ein allgemeiner Verweis, dass man eben auf die Expertise der Finanzprokuratur gehört hat. (Abg. Lugar: Zur Geschäftsordnung! Abg. Hable: Auch zur Geschäftsordnung!) Das lässt sich aber sicher anhand des Protokolls herausfinden.

*****

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung): Also nach meinem Dafürhalten SMSt die Auskunftsperson mit dem Herrn Krainer, oder was macht die Auskunftsperson permanent mit dem Handy? Was machen Sie?

Vorsitzende Doris Bures: Was ist das jetzt wieder für eine Geschäftsordnungsdebatte?!

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich schaue jetzt den ... Schauen Sie (die Auskunftsperson hält ihr Smartphone in die Höhe), § 81b BWG. Ich lese das Gesetz. Sie können es gern haben, Herr Lugar. (Die Auskunftsperson hält das Smartphone in Richtung des Abg. Lugar.)

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH) (zur Geschäftsbehandlung): Aber Sie machen die ganze Zeit etwas mit Ihrem Handy, nicht? Ist das normal?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, lassen Sie das! Ich habe mein Handy gerade herausgenommen.

Vorsitzende Doris Bures: Ich weiß nicht, warum da jetzt so eine Aufgeregtheit herrscht. Ich glaube, dass das möglich sein muss, dass eine Auskunftsperson auf ihr Handy schaut. (Abg. Lugar: Na, er schaut ja dauernd rüber zum Krainer, so suchend!) Ich würde auch meinen, noch dazu, wenn es sozusagen ... (Abg. Lugar: Er schaut immer so suchend zum Krainer rüber! Das frage ich mich!  Abg. Krainer: Bist du eifersüchtig oder was? Abg. Lugar: Ja, ein bissi schon!)

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Also der Nachfrager hat selbst diesen Paragraphen im BWG angesprochen, und die Auskunftsperson hat gesagt, sie hat das alles nicht präsent, sie muss nachschauen, und sie versucht jetzt hier, diesen Paragraphen im Gesetzestext zu lesen, um gegebenenfalls die Auskunft zu ergänzen. Das ist doch völlig natürlich und seriös. (Abg. Lugar: Ja, aber vorher hat er auch die ganze Zeit aufs Handy geschaut! Auskunftsperson Peschorn: Geh, stimmt nicht!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Klubobmann Lugar, Sie sind jetzt nicht am Wort, sondern Herr Abgeordnete Dr. Hable zur Geschäftsordnung. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Genau, zur Geschäftsordnung. Nur in Replik auf die Anmerkung von Professor Binder, um das klarzustellen, worauf ich mich beziehe: Wir können alles im Protokoll nachlesen, ja, aber wie ich es in Erinnerung habe, hat Herr Pröll hier im Untersuchungsausschuss darauf verwiesen, dass ihm gesagt worden wäre, die Gewährleistung wäre gar nicht notwendig, weil es ja eh eine Irrtumsanfechtung geben würde, die Anfechtung wegen Täuschung und so weiter. Er hat in diesem Zusammenhang Aussagen von Dr. Peschorn zitiert, nämlich aus dem Kärntner U-Ausschuss.

Daher fasse ich zusammen: Der Herr Pröll hat hier im Untersuchungsausschuss gesagt, der Ratschlag kam von Herrn Dr. Peschorn. Also ich glaube, das ist nachvollziehbar.

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Herr Abgeordneter, wenn Sie sich darauf beziehen, legen Sie das Protokoll vor.

Vorsitzende Doris Bures: Danke für die Antwort. Ich schließe mich Professor Binder an: Wenn man aus einem Protokoll zitiert, dann gilt dasselbe wie bei allen anderen Dokumenten, man kann es ja vorlegen.

Gibt es jetzt noch Geschäftsordnungswortmeldungen? Nein? Gut, somit gehen wir in der Befragung weiter. Herr Abgeordneter Dr. Hable, Sie haben noch knapp 1 Minute in dieser Runde, dann verweise ich Sie auf die nächste.

*****

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das ist bedauerlich, ich habe nämlich noch so viele Fragen.

Vorsitzende Doris Bures: Wir haben ja auch noch mehrere Runden.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja. Herr Dr. Peschorn, Sie haben also nicht dazu geraten. Was mir noch nicht klar ist: Wie hat die rechtliche Beratung funktioniert? Also wir haben jetzt gehört, Sie waren nicht direkt im Verhandlungszimmer, es ist dann immer Herr Lejsek herausgekommen.

Hat es irgendeinen Rechtsberater gegeben, der ständig an der Seite der österreichischen Verhandler war?

Dr. Wolfgang Peschorn: Da ich bei den Verhandlungen nicht dabei war, kann ich Ihnen das nicht sagen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Hat es außer Ihnen sonst jemanden gegeben?

Dr. Wolfgang Peschorn: Von meinem Haus: meine Person  niemand.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Also ich habe so etwas noch nie gehört, dass man in solchen Verhandlungen keinen Rechtsberater ständig an seiner Seite hat. Ist Ihnen das nicht komisch vorgekommen, dass Sie nicht ständig am Verhandlungstisch sitzen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Erstens habe ich das zur Kenntnis zu nehmen, zweitens habe ich in dieser Zeit nicht nichts getan, sondern es waren natürlich ganz wichtige Fragen im Zusammenhang mit der drohenden Insolvenz und Geschäftsaufsicht zu lösen, beispielsweise die Frage der Einlagensicherung et cetera. Das war meine Wahrnehmung.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Haben Sie mit den Leuten im Verhandlungszimmer kommuniziert – elektronisch? (Auskunftsperson Peschorn: Nein!)  Gar nicht? (Auskunftsperson Peschorn: Nein! Gar nicht!) 

Wir kennen ja mittlerweile die Dokumente der Finanzprokuratur, also das wird alles feinsäuberlich dokumentiert, bis ins letzte Detail. Warum gibt es eigentlich keine Dokumente, zumindest nicht von Ihnen, von der Finanzprokuratur, zum Verhandlungsablauf, zu Verhandlungspositionen, zu Änderungen der Positionen?

Vorsitzende Doris Bures: Das ist die letzte Frage.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Da ist nichts ersichtlich.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, Sie dürfen ... Ich bitte Sie darum ... einfach um Verständnis. Sie müssen die Situationen auch nachvollziehen. Ich glaube, dass wir durch unseren gesamten Akt, und unseren E-Mail-Verkehr und die sonstigen Unterlagen eine gute Dokumentation haben, aber die Dokumentation in Form von begleitenden Protokollen, Begründungen dazu, warum der eine Satzteil oder der andere Satzteil weggefallen ist, waren in diesem Rahmen schlicht und ergreifend nicht möglich. Es wäre wahrscheinlich eine maßlose Überspannung, dann zu glauben, dass solche vielleicht noch hergestellte Dokumente auch den tatsächlichen Verlauf abschließend wiedergeben. Gibt es einfach nicht!

Vorsitzende Doris Bures: Bevor ich jetzt die nächste Runde aufrufe, unterbreche ich die Sitzung für eine kurze Pause bis 12.15 Uhr.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 12.07 Uhr unterbrochen und um 12.18 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

*****

12.18

Vorsitzende Doris Bures: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir gelangen nunmehr zur zweiten Fragerunde, in der es noch teilweise Restredezeiten gibt.

Als Erster mit knapp über 3 Minuten: Herr Abgeordneter Krainer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Dr. Peschorn, wir haben in der ersten Runde diese OeNB-Briefingunterlage vorgelegt (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe), wo sie gesagt haben, dass Sie sie in dieser Form nicht gehabt haben, aber später als Power Point, und einen Teil davon haben Sie wiedererkannt – Insolvenzszenario.

Kann man vereinfacht sagen, dass die OeNB die ökonomischen Auswirkungen verschiedener Szenarien berechnet hat – Verstaatlichung, Übernahme, Insolvenz et cetera?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich erkenne für mich eben die Seite 33 wieder, „Mögliche Kosten im Insolvenzfall der HGAA“ genannt. Die anderen Sachen erkenne ich nicht wieder, aber ganz offensichtlich ist es so, dass da versucht wird, Auswirkungen im Falle der Insolvenz oder einer Nichtrettung der Hypo darzulegen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also eine ökonomische Darstellungen von Szenarien?

Dr. Wolfgang Peschorn: Eine ökonomische Darstellung, die aber gleichzeitig natürlich auch auf die rechtlichen Grundlagen dafür Bezug nimmt. Für wen das Briefing erstellt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dieselben, die Sie gebrieft haben. Das kann ich Ihnen sagen, denn das wurde hier schon geklärt.

Dieser Einseiter, den wir Ihnen vorgelegt haben, ist – vereinfacht gesagt – quasi die rechtliche Grundlage dieser verschiedenen Szenarien: Verstaatlichung, vertragliche Übernahme, Geschäftsaufsicht und Insolvenz. Was ist die rechtliche Grundlage? Man kann es ja durchgehen. Bei der Verstaatlichung steht als Basis: „Verordnung des BMF; letzte Konsequenz laut FinStaG (Vorliegen der Voraussetzung fraglich dann nur subsidiär)“

Die Dauer: „bis zur Privatisierung“

Kosten der Maßnahme für den Bund bei der Verstaatlichung: „Enteignungsentschädigung drittbestimmt; ‚angemessen‘; bei teilweiser Enteignung bedarf es sachlicher Differenzierung“

Die Risiken für den Bund, nämlich die rechtlichen, natürlich auch faktisch: „Als Eigentümer Verantwortung und Reputationsschaden bei allfälliger Abwicklung (Verlust von Arbeitsplätzen, etc.) würde nur mehr Bund zugeschrieben werden.“

Folgewirkungen: „Bund treffen wirtschaftliche Auswirkungen der Unterkapitalisierung; ‚Fass ohne Boden?‘“

Das ist also keine schlechte Beratung darüber, was passieren könnte. Man muss ja feststellen, es ist einiges davon eingetreten.

Eigentümereinlagen bei der Verstaatlichung: „Keine Auswirkungen“

Landeshaftung bei der Verstaatlichung: „de facto Freistellung des Landes, solange der Bund die Anteile hält und damit die Bank am Leben erhalten will; Land wird wohl kündigen“

Könnten Sie erklären, was dieses „Land wird wohl kündigen“ heißt?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wo ist das bitte?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist so ein Raster. Es ist in der Spalte Verstaatlichung und der Zeile Landeshaftung – da der letzte Satz.

Dr. Wolfgang Peschorn: Es war für uns die Frage, ob das Kärntner Landes- und Hypothekenbankgesetz, das in § 5 eben die Haftung normiert, gleichzeitig auch eine Auflösungs- und Kündigungsmöglichkeit vorsieht, ob hier ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Durch wen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Durch den, der haftet: das Land.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Welches Organ des Landes? Haben Sie präsent, dass der Finanzlandesrat derjenige ist, der das Kündigungsrecht hat?

Dr. Wolfgang Peschorn: Zu vollziehen ist das Landesgesetz vom Land, und wahrscheinlich ist es ressortmäßig dort zugeordnet. Ich habe das aber nicht präsent und auch nicht geprüft, sondern das Land, vertreten durch das zuständige Organ.

Die Frage, die war, ist: Kann und wird hier das Land eine solche Kündigung der Haftung vornehmen?

Die Frage, die natürlich damit verbunden ist, ist: Was hat das für eine Wirkung? Hat es nur für die Zukunft eine Wirkung, oder hat es auch eine Wirkung für die bereits eingegangenen Haftungen? Das muss man sich natürlich anschauen und überlegen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Zu dem Zeitpunkt.

Dann haben Sie als zweiten Punkt die vertragliche Übernahme.

Die Grundlage ist ein „Vertrag“, die Dauer ist „bis zur Privatisierung“, die Kosten für den Bund liegen bei „null“, weil es quasi eine Schenkung ist, die Risiken für den Bund sind eigentlich dieselben wie bei der Verstaatlichung und auch die Folgewirkungen sind dieselben wie bei der Verstaatlichung. Die Eigentümereinlagen:

„Keine Auswirkungen; => Vereinbarung: Linien stehen lassen zumindest für 5 Jahre – Verzicht mit Besserungsschein; Einlagen wären weg im Insolvenzfall“

Also die Einlagen der Eigentümer wären weg. Bei der Landeshaftung ist es dasselbe wie bei der Verstaatlichung.

Bei der Geschäftsaufsicht, wo sie es auch durchgehen, ist die Grundlage: „Antrag FMA; Behebbarkeit der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung ist nachzuweisen; Verhandlungen mit Bund und positive Signale wohl ausreichend“

Dauer: „Maximal 1 Jahr“

Kosten der Übernahme für den Bund: „Kosten für Aufsichtsperson; wird vom Gericht bestimmt und sind von der Bank zu tragen; Analog zu WP-Entlohnung; IESG-Sicherung“

Ich nehme an, das ist die Einlagensicherung?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, IESG sind die Dienstnehmer.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz. (Auskunftsperson Peschorn: Ja!)

Könnten Sie uns vielleicht noch für Geschäftsaufsichten und Insolvenz die verschiedenen Risiken, Folgewirkungen und das, was sie für Eigentümereinlagen und Landeshaftungen aus damaliger Sicht bedeutet hätte, darlegen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Bei Insolvenz ist es natürlich so, dass grundsätzlich der Anspruch auf Rückzahlung ... Also wenn ich eine ganz normale Forderung habe, weil ich der Bank Geld geborgt habe, dann wird das zur Konkurs- oder Insolvenzforderung und ich habe einen quotenmäßigen Anspruch.

Die Frage, die sich jeder Insolvenzverwalter stellen muss, wenn ein Gläubiger von ihm einen Anspruch befriedigt haben will, ist, ob etwas dagegen spricht – beispielsweise das Eigenkapitalersatz-Gesetz –, das wäre dann zu prüfen gewesen.

Für die Frage eines Kapitaleinsatzes, also wenn ein Eigentümer Eigenkapital in die Bank, die dann später insolvent wird, gegeben hat, ist es relativ klar, dass man dieses Eigenkapital vollständig verlieren wird, weil das Eigenkapital am Ende der Verteilung drankommt; ein Konkurs kann maximal quotenmäßig zur Befriedigung der Konkursgläubiger führen und daher nie zu einer Befriedigung eines Eigenkapitalisten – auch nicht mit nur einem Cent –, das wäre verloren gewesen.

Bei der Geschäftsaufsicht ist das Wesen, dass das Geschäftsaufsichtsverfahren nicht so wie ein Zwangsausgleich – oder heute Sanierungsverfahren genannt – strukturiert ist, sondern der Gesetzgeber geht bei der Geschäftsaufsicht davon aus, dass innerhalb des maximalen Zeitraums eine Gesundung des Instituts eintritt, wobei es aus eigenem Antrieb, und zwar ohne Nachlass der Gläubiger – oder heute Neudeutsch Bail-in – die Forderungen wieder befriedigen kann; es werden also nur die Verbindlichkeiten gestundet. Wenn dies nicht der Fall ist, ist die Geschäftsaufsicht sofort zu beenden.

Die Wahrscheinlichkeit – auch aus Ex-post-Sicht –, dass eine Geschäftsaufsicht daher direkt in eine Insolvenz übergegangen wäre, ist groß, weil letztendlich die Sanierung durch Dritte nicht erfolgt wäre. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Vorsitzende Doris Bures: Ich muss Sie bitten, Herr Abgeordneter. (Abg. Krainer: Das war Teil meiner Frage!)

Dr. Wolfgang Peschorn: Zur Landeshaftung, wie gesagt: In beiden Fällen war die Gefahr, dass diese Landeshaftung schlagend wird.

Vorsitzende Doris Bures: Nächster Fragesteller: Herr Abgeordneter Angerer. Sie haben 3,5 Minuten in dieser Runde.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Dr. Peschorn! Das von Frau Griss zitierte Systemversagen führt eigentlich direkt in die Finanzprokuratur – in die oberste Ebene –, auch dann, wenn ich mir Ihre Aussagen heute anschaue.

Wenn ich jetzt einmal übergeordnet die Verstaatlichung – aus unserer Sicht ohne Not – zusammenfasse, dann wurde diese offensichtlich auf volkswirtschaftliche und rechtliche Annahmen oder Mutmaßungen gestützt und nicht auf entsprechende Fakten und Grundlagen. Haben Sie das auch so wahrgenommen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ganz rasch geantwortet: Nein! Länger beantwortet: Wenn Sie mit dem Griss-Bericht beginnen, muss man einfach sagen, dass er schon mehrfach widerlegt worden ist und Ihnen außerdem ganz offensichtlich ohne nachvollziehbare Unterlagen vorliegt.

Ich weiß nicht, welches Systemversagen Sie konkret meinen und welches Systemversagen der Finanzprokuratur vorgehalten wird, aber ich werde Ihnen dazu gerne Auskunft geben.

Ein Punkt – ich habe den Griss-Bericht natürlich auch ausführlich studiert – ist heute schon zur Sprache gekommen, nämlich folgender: Es wird dort kritisiert, es gab keine Auseinandersetzung mit Alternativszenarien, es gab keine Auseinandersetzung mit den Folgen von Alternativszenarien – ich glaube, das ist heute ausführlich dargelegt worden –, in rechtlicher Hinsicht: ja; und in faktischer Hinsicht wissen wir – jedenfalls seit der Einvernahme des Herrn Bundeskanzlers –, dass Frau Griss auch dem Gouverneur geschrieben hat, dass die Insolvenz keine Alternative war.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich möchte das ein bisschen ergänzen, und zwar schon zwei Argumente dazusetzen, die damals sogar von Ihnen gekommen sind – das ist zum einen die volkswirtschaftliche oder die wirtschaftliche Einschätzung der Bank, die Due Diligence, die auch Sie verlangt haben und die ja nicht gemacht wurde. Stimmen Sie dem zu?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich kann nur noch einmal – tut mir leid – darauf hinweisen: Erstens sind wir in unserer gesetzlichen Grundlage, der Rechtsgrundlage determiniert. Das heißt, ich kann Empfehlungen abgeben, ich kann eindringliche Empfehlungen abgeben, und das tue ich auch. Ich habe diese Empfehlung abgegeben, die Empfehlung wurde nicht umgesetzt – das muss man zur Kenntnis nehmen –, aber hier ein Versagen bei demjenigen zu sehen, der die Empfehlung abgibt, kann ich nicht nachvollziehen.

Sie wissen beispielsweise, dass die Bayerische Landesbank 2007 die Hypo Alpe-Adria-Bank – beraten durch eine große Wiener Anwaltskanzlei – gekauft hat, dort auch auf Gewährleistung verzichtet hat, und mir ist nicht bekannt, dass gegen diese österreichische Anwaltskanzlei der Vorwurf erhoben wurde, dass der Mandant Bayerische Landesbank so entschieden hat.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich stelle es nur noch einmal kurz klar. Ich habe es gar nicht Ihnen vorgeworfen, sondern Sie haben ja – positiv angemerkt – die Due Diligence verlangt, Sie haben gesagt, man sollte auf die Gewährleistung nicht verzichten. Diese Ratschläge von Ihnen, die aus unserer Sicht ja positiv waren, wurden von den Verhandlern, von den Entscheidern nicht befolgt. Gut. Nein, gut ist es nicht, im Endeffekt war es schlecht. (Heiterkeit)

Nur zum Verständnis: Auf welche Zeit wird ein Chef der Finanzprokuratur bestellt?

Dr. Wolfgang Peschorn: Für mich gilt das gleiche Regime wie für die sonstigen sogenannten Spitzenbeamten. Das ist im Ausschreibungsgesetz festgelegt. Das Regime ist eine fünfjährige Bestellungsdauer mit der Abberufungsmöglichkeit.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wann werden Sie neu bestellt, oder wann wird der nächste Chef der Finanzprokuratur bestellt?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das weiß ich nicht. Das obliegt nicht mir.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Wann läuft Ihre Zeit aus?

Dr. Wolfgang Peschorn: Also grundsätzlich ist es nach dem Gesetz so, dass mein Vertrag – unter Anführungszeichen – „nie abläuft“, sondern sie können ihn nicht verlängern.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Gut. Dann möchte ich Ihnen ein Dokument vorlegen, das Dokument mit der Nummer 29953. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Ich bitte Sie, sich diese Dokumente anzuschauen – ich glaube, das wird für Sie einfach sein – und uns dann bitte zu erklären, was diese Dokumente für einen Sinn haben, was die bedeuten. (Die Auskunftsperson blättert in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Wolfgang Peschorn: Darf ich fragen: Ist das Dokument aus meinen Akten? Wissen Sie das?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das sind ganz normale offizielle Dokumente, Stufe 1, also keine Stufe-2-Dokumente, von der FIMBAG geliefert.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ganz offensichtlich handelt es sich da ... Wobei: Da gab es mehrere Versionen; möglicherweise handelt es sich um die Endversionen der Erklärungen der seinerzeitigen Eigentümer der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG im Zusammenhang mit dem in der Grundsatzvereinbarung zur Zeichnung von Partizipationskapital vereinbarten Wandlungsrecht, also dem Recht des Partizipanten Republik Österreich, das Partizipationskapital in Aktien zu wandeln.

Um dieses Recht auch effektiv durchsetzen zu können, war es notwendig, dass die Aktionäre der Bank diesem Wandlungsrecht zustimmen. Das ist im Rahmen der Verhandlungen im Dezember 2008 ausdrücklich von den dort Verhandelnden – Dr. Berlin und andere – zugesichert worden. In weiterer Folge hat es dann am 23.12. eine Telefonkonferenz gegeben, im Zuge derer dann einige Aktionäre gemeint haben, das ist mit ihnen nicht besprochen worden und sie wollen das auch gar nicht. In weiterer Folge ist dann die Aufforderung ergangen – zunächst einmal an unseren Vertragspartner Hypo Alpe-Adria-Bank International AG –, diese Erklärungen beizubringen. Das hat dann die Bank teilweise geschafft.

Diese Erklärungen waren aber unbrauchbar für die Durchsetzung dieses Wandlungsrechtes; wie ich schon erzählt habe, bin dann ich beauftragt worden, dieses Recht durchzusetzen und die Erklärungen beizuschaffen – das mit der FIMBAG gemeinsam, die ja dann bekanntermaßen schon Treuhänder dieses Partizipationskapitals war. Letztendlich ist es in zähen Verhandlungen gelungen, diese Erklärungen von allen Aktionären zu erhalten – das waren damals ja vier –, wenn auch spät, aber doch noch vor dem November 2009.

Hierbei dürfte es sich um die finalen Erklärungen handeln. Ich müsste das im Text durchsehen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Ich gehe davon aus, dass es so ist; aber wie Sie richtig gesagt haben – das ist auch unser Wissensstand –, im November 2009 lagen somit alle rechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen dafür vor, dass die Republik Österreich dieses vereinbarte Wandlungsrecht ausüben können hätte. Können Sie uns erklären, was das zur Folge gehabt hätte, und ob Sie im Laufe des Jahres 2009 auch einmal entsprechende Varianten überlegt haben?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wir haben vor der Notverstaatlichung natürlich die Ausübung des Wandlungsrechts als Option überlegt. Die Folge wäre gewesen, dass wir in dem vertraglich festgelegten Verhältnis Eigentümer der Bank geworden wären, also nicht nur Partizipant, sondern Aktien an der Bank erhalten hätten; und in dem Umfang, in dem wir hier Aktien erhalten hätten, wären die anderen Eigentümer verwässert oder zurückgedrängt worden. Das Thema war aber genau so wie das der von uns schon vorbereiteten Verordnung zur Enteignung der Eigentümer – auch die war ja vorbereitet –, dass wir dadurch überhaupt keinen Beitrag von den Eigentümern hätten durchsetzen können.

Das wesentliche Element, das von der Europäischen Kommission und natürlich auch von einem vernünftigen Vertragsverhandler gefordert war, war, einen Beitrag der Alteigentümer zum Fortbestand der Bank zu erhalten – egal, ob Sie das jetzt mit dem Zeitpunkt der Notverstaatlichung festmachen oder davor –, und hätten wir dieses Wandlungsrecht ausgeübt, wäre das ja ein klares Signal gewesen, dass wir Eigentümer werden wollen.

Wie sich später herausgestellt hat, war ja ganz offensichtlich die Absicht der BLB, die Eigentümerschaft und die Verantwortung für die Bank zurückzugeben. So hätte uns daher die Ausübung des Wandlungsrechts bei einem schwer angeschlagenen Institut mit hohem Restrukturierungsbedarf nichts geholfen. So ein Wandlungsrecht macht natürlich Sinn, wenn es sich um ein performendes Institut oder Unternehmen handelt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Das widerspricht Ihren eigenen Vereinbarungen in der Grundsatzvereinbarung, weil dort steht – soweit ich es im Kopf habe und ohne jetzt ein Dokument vorzulegen –, dass, wenn ein Institut seinen bei der Erteilung des Partizipationskapitals vereinbarten Verpflichtungen nicht nachkommt – Sie nicken schon, Sie wissen, worauf ich hinauswill –, dieses Wandlungsrecht ausgeübt werden soll. Was hat dann dieser Paragraph für einen Sinn gehabt? Die Bank ist ja den Verpflichtungen nicht nachgekommen, ist in eine Krise gekommen – genau das war der Fall – und für diesen Zweck haben Sie ja dieses Wandlungsrecht verankert.

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein. Da muss man grundsätzlich schon für das Verständnis klarstellen: Die Grundsatzvereinbarung und das Partizipationskapital wären vom Bund nie gezeichnet worden, hätte es nicht eine Stellungnahme gegeben, die die Bank in dieser Weise wirtschaftlich bewertet und qualifiziert hat. Es wäre ja dem Bund – oder der Republik Österreich – nicht möglich gewesen, da zu investieren, wenn er zum damaligen Zeitpunkt nicht davon ausgehen können hätte, dass er sein Investment und die Dividende, die ja damals für das Jahr 2009 in Aussicht gestellt worden ist, erhält beziehungsweise zurückerhält. Daher war das Wandlungsrecht in erster Linie nicht dazu gedacht, eine in Schieflage gekommene Bank, an der man Partizipationskapital hat, teilweise als Eigentümer zu erhalten, sondern zur Absicherung der ja auch aus der Grundsatzvereinbarung deutlich erkennbaren sonstigen Rechte gedacht, wie zum Beispiel Einsichtsrechte, Informationsrechte, das Recht auf Dividende et cetera. Das Wandlungsrecht per se ist ja nicht geeignet, eine Schieflage einer Bank oder eines anderen Unternehmens zu beseitigen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): In diesem Fall sehen wir das Wandlungsrecht aber noch zusätzlich anders, dass Sie genau damit dieses angesprochene Burden Sharing erreicht hätten, was auch Herr Nowotny und viele andere bevorzugt hätten. Alle Aktionäre wären mit in der Verantwortung, mit in der Bank geblieben, und die Republik hätte sich damit eine entsprechende Aktienmehrheit geholt, um auch die absolute Aktienmehrheit des Mehrheitseigentümers BayernLB zu brechen und dementsprechend auch mitentscheiden zu können. Das haben Sie nicht getan.

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, Herr Angerer, es ist ja allgemein bekannt, dass am Ende das Angebot der BLB war: Ich gebe euch alles, ich verlange gar nichts mehr und ich gehe.

Das war noch mehr als nur die Wandlung. Das war aber genau ...

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Aber damit waren die Bayern aus der Verantwortung, sie haben sich noch den Gewährleistungsverzicht herausverhandeln lassen und haben sich noch zurückverhandelt, dass sie die Kredite, die in der Bank waren, zurückbekommen. Da ist dann die nächste Frage, die darauf aufsetzt, folgende: Warum haben Sie das Eigenkapitalersatz-Gesetz zu diesem Zeitpunkt nicht angewandt? Sie hätten das ja beraten müssen. Haben Sie das vielleicht auch vorgeschlagen?

Vorsitzende Doris Bures: Redezeit!

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich mache es ganz rasch.

Erstens: Wenn Sie Eigentümer wären und die anderen Eigentümer nur teilweise nicht wollen, so wie es der Bayerischen Landesbank ja selbst widerfahren ist – es wurde ja heute schon zitiert, dass die Bayerische Landesbank von den anderen Miteigentümern genauso einen Beitrag haben wollte und hier auf Granit gestoßen ist –, dann werden Sie, wenn Sie in eine teilweise Eigentümerstellung kommen, auch die Bayerische Landesbank nicht dazu bringen.

Zweiter Punkt: Über das Eigenkapitalersatzrecht habe ich schon Auskunft gegeben. Die Überlegung war da, es wurde geprüft. Eigenkapitalersatz setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der Kreditgewährung, also im Jahr 2008 – da waren überwiegen die Kreditausreichungen, die die Bayerische Landesbank der Hypo gegeben hat –, die Bank in einer nach dem Eigenkapitalersatzrecht zu qualifizierenden Krise war. Sie hätte überschuldet, zahlungsunfähig ... oder einen Reorganisationsbedarf nach dem URG aufweisen müssen. Alles war nach den Expertisen, die uns damals vorlagen, nicht der Fall – ganz im Gegenteil –, 2008 wurde es von der OeNB sogar als plausibel erachtet, dass die Hypo die Dividende auf die 900 Millionen zahlen wird.

Vorsitzende Doris Bures: Ich muss Sie auf die nächste Runde verweisen, Herr Abgeordneter.

Damit ist Frau Abgeordnete Tamandl am Wort. – Sie haben noch 2 Minuten Restzeit.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Dr. Peschorn! Um einmal mit diesem Mythos aufzuräumen, dass man auf die Gewährleistung verzichtet hätte: Sie haben das ja jetzt Gott sei Dank vorher schon gesagt, dass die Bayern ... (Abg. Lugar: Also doch verzichtet!) – Ja, das kommt immer, dass man auf die Gewährleistung verzichtet hätte. Und im Gegensatz zu dem, was hier behauptet wird, wurde sehr wohl von den Verhandlern hier auch gesagt, dass das eben dann das Verhandlungsergebnis war, aber nicht dass man darauf verzichtet hat, denn es bedeutet natürlich, dass man nicht hundert Prozent heimbringt, wenn man Verhandlungen führt.

Sie haben heute – und vielleicht können Sie uns das noch einmal ausführen, damit die Herren das endlich einmal wissen – gesagt, wie die Bayern die Bank übernommen haben, also die Anteile von Kärnten übernommen haben, haben sie verzichtet oder wurde auch die Gewährleistung nicht vereinbart. Können Sie uns das noch einmal genau erläutern? Kann das der Grund sein, warum das Verhandlungsergebnis mit den Bayern dann so war, dass die Gewährleistung auch nicht vertraglich vereinbart worden ist – weil vorher beim Kauf auch keine vereinbart war?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich war bei den finalen Verhandlungen, wie gesagt, nicht dabei. (Abg. Kogler: Da kann man nicht verzichten! Die muss man ausschließen!)

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ja, halt ausgeschlossen, vereinbart, dass sie ausgeschlossen sind.

Dr. Wolfgang Peschorn: Meine Wahrnehmung dazu ist, dass die Bayerische Landesbank immer von einem Clear Cut gesprochen hat, also sie wollen hier ein klares Ende mit der Vergangenheit als Eigentümer haben. Das ist aus heutiger Sicht äußerst verständlich und, wie ich auch schon gesagt habe, wahrscheinlich dadurch begründet, dass sie eine auch ökonomische Einschätzung der notwendigen Sanierungs- und Investitionskosten für die Hypo im Verhältnis zur Wahrscheinlichkeit, dass diese gelingt, angestellt haben. Und da waren höchstwahrscheinlich auch das Eintreffen der Hiobsbotschaften aus dem Asset Screening und der dann weiter erwachsende Kapitalbedarf ein entscheidender Punkt.

Letztendlich war durch die Europäische Kommission irgendwann einmal eine Deadline vorgegeben – das wusste auch die Bayerische Landesbank –, und bis zu dieser Deadline hätte sie die Sanierung schaffen müssen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Zu diesen Szenarien, die ja heute schon ein paar Mal angesprochen worden sind, diese vier Spalten, wo es unter anderem auch darum geht, was passiert, wenn die Landeshaftungen schlagend werden beziehungsweise, wie vorher lange diskutiert wurde, wie sich das jetzt bei einer Geschäftsaufsicht gestaltet hätte: Interessanterweise wird immer von einigen Abgeordneten hier nach etwas gefragt, beispielsweise nach dem § 81b BWG. Wie Sie dann gesagt haben, Sie haben ihn gefunden und Sie möchten ihn gerne vortragen, hat sich niemand mehr dafür interessiert. Ich möchte Sie jetzt bitte gerne fragen, warum Sie hier in dieser Unterlage für die Verhandler zum Thema Landeshaftungen des Landes Kärnten bei der Geschäftsaufsicht geschrieben haben: „wohl auch bei GA gemäß schlagend § 81b BWG“. Vielleicht könnten Sie uns das jetzt erläutern, da Sie sich da jetzt schlaugemacht haben.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe das unterbrochen, weil ich dem Vorwurf ausgesetzt war, zu SMSen, und habe das Handy wieder weggesteckt.

Aber der Hinweis auf den § 81b soll sich in dem Zusammenhang – ich habe dieses Dokument persönlich nicht verfasst, sondern die Situation war so, dass das meine Kolleginnen und Kollegen verfasst haben und wir das dann nachher natürlich auch durchgegangen sind; ich war persönlich zu diesem Zeitpunkt im Bundesministerium für Finanzen in einer Besprechung – auf die Frage beziehen, dass auch eine Geschäftsaufsicht nicht dazu führt, dass diese Landeshaftung unberührt bleibt, sondern natürlich besteht gerade auch bei einer Geschäftsaufsicht die Landeshaftung und kann als Sicherungsinstrument davon betroffen sein.

Vorsitzende Doris Bures: Ich muss Sie jetzt auf die Redezeit hinweisen.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Ich hätte das nur ganz gerne präzisiert, weil hier immer so getan wird ...

Dr. Wolfgang Peschorn: Dass die Ansprüche aus der Landeshaftung auch mit Geschäftsaufsicht mit den Einschränkungen beziehungsweise Bedingungen, die ich heute schon mehrfach dargelegt habe, schlagend werden können – unter den Voraussetzungen.

Vorsitzende Doris Bures: Damit hat in dieser Runde noch Team Stronach Redezeit.

Sie haben eine halbe Minute. Möchten Sie die?

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das reicht vollkommen.

Also das ist ja wirklich eine abenteuerliche Umdeutung, die Sie da machen, denn es steht hier: „Haftung wohl auch bei GA schlagend“, und dann wird ein Paragraph zitiert. Nur dieser Paragraph hat überhaupt nichts damit zu tun. Es wird hier suggeriert, als wäre dieser Paragraph aussagekräftig für diese Aussage und würde diese Aussage stützen. (Abg. Krainer: Falscher Vorhalt! – Abg. Tamandl: Sie haben das nicht gelesen!)

Vorsitzende Doris Bures (in Richtung der Auskunftsperson): Wollen Sie eine Erwiderung machen? (Die Auskunftsperson lehnt ab.)

Damit gelangen wir nun zur dritten Fragerunde. (Zwischenruf des Abg. Lugar.) – Es war keine Fragestellung! 30 Sekunden hatten Sie. (Abg. Lugar: Ich habe eine Frage gestellt!) – Wie war die Frageformulierung? Also ich habe genau zugehört, Herr Klubobmann. Aber vielleicht sagen Sie in einem Satz noch – ohne einen falschen Vorhalt zu machen – die Frage, oder ich verweise Sie auf die nächste Runde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Die Frage ist ganz einfach. Sie beziehungsweise Ihre Mitarbeiter haben hier – und Sie haben das dann auch gutgeheißen – geschrieben: „Haftung wohl auch bei GA schlagend“ laut „§ 81b BWG“. Und da steht aber nichts drin von diesem Zusammenhang. Also warum haben Sie das hier reingeschrieben? (Abg. Krainer: Das ist ein falscher Vorhalt!)

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich sage es auch nochmals. Es ist hier eine Tabelle, die eine nicht nur Gedankenstütze, sondern vor allem eine schlüssige Zusammenfassung der wesentlichen Aspekte – der wesentlichen, das ist ja nicht abschließend – darstellen soll. Und wenn, müssen Sie es bitte auch deutlich zitieren – so, wie Sie es zitiert haben, steht es hier nicht, sondern der Paragraph ist als weiterer Gedanke nachgestellt. Und ich glaube, sonst habe ich dazu alles gesagt. (Zwischenruf des Abg. Lugar.)

Vorsitzende Doris Bures: Damit sind wir bei der dritten Fragerunde, und ich merke Sie dafür vor, Herr Klubobmann.

Am Wort ist Herr Abgeordneter Krainer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Bei dem Paragraphen geht es darum, ob die Geschäftsaufsicht – und darum geht es ja hier; ich meine, Sie können wohl lesen – Auswirkungen auf dringliche Rechte Dritter hat. Mich interessiert jetzt diese juristische Diskussion überhaupt nicht, sondern das ist das, was vorgelegt worden ist.

Ich habe nur eine Frage zu dieser Gewährleistung, die, wie wir immer hören, bis Mitternacht drin war. War die der Höhe nach und der Zeit nach unbeschränkt? Kollege Kogler sagt immer, um Mitternacht war sie noch drin und dann wurde auf sie verzichtet. War die der Höhe nach und der Zeit nach unbeschränkt? Das heißt, hat man gesagt, die nächsten 100 Jahre garantiere ich alles? Oder war das zeitlich oder betragsmäßig eingeschränkt?

Dr. Wolfgang Peschorn: Die war natürlich der Versuch einer Gewährleistung für dieses konkrete Institut. Das heißt, erstens einmal war sie so ausgebildet, dass man die Ausstattung der Bank mit einem bestimmten Betrag gewährleistet. Das kann man in dem Term Sheet nachlesen. Und das waren Gedankenstützen für die Menschen, die das dann verhandelt haben, in dieser Richtung die Verhandlungen zu führen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, das war bis zu einem gewissen Betrag. Diese Gewährleistung war betraglich limitiert?

Dr. Wolfgang Peschorn: Üblicherweise limitieren Sie das nicht betraglich, sondern machen es fest bei einer bestimmten Ausstattung ... (Abg. Krainer: Der Eigenmittel!) – Ja, bei Eigenmitteln. Und wenn diese Ausstattung nicht gewährleistet ist, ist es grundsätzlich betraglich nicht limitiert. Also wenn diese Ausstattung nicht mehr gegeben ist, weil es sich herausstellt, hat derjenige, der verkauft hat, nachzuschießen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Bis diese Eigenmittelhöhe erreicht ist?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wieder erreicht ist, ja. Aber es ist eine umgekehrte Limitierung, glaube ich, die Sie meinen. Also es hat natürlich einen limitierenden Charakter, aber im Interesse des Käufers.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die Eigenmittel müssen zu einem Stichtag eine gewisse Höhe haben? (Auskunftsperson Peschorn: Genau!) – Das garantiere ich. (Auskunftsperson Peschorn: Ja!) – Okay. Und im Final Document, gab es da so etwas Ähnliches wie zu einem gewissen Stichtag eine gewisse Höhe der Eigenmittel – eine Garantie oder eine Nachschussverpflichtung? (Auskunftsperson Peschorn: Nein!) – Gab es nicht?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein. Aber das, was natürlich bei solchen Dingen auch wesentlich ist, ist, dass Sie die Angaben, die gemacht werden, garantieren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, nein. – Aber meine Frage war schon klar? Haben sich die Bayern verpflichtet, sollten die Eigenmittel ein gewisses Maß unterschreiten, dass sie in einem gewissen Verhältnis zum Bund nachschießen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein. (Abg. Krainer: Nicht?) – Nein. Aber das ist ein Gegenstand unserer Argumentation im Zusammenhang mit der Anfechtungsklage gewesen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf – sofern ich das kann – Dokument 24167 von der OeNB vorlegen. Ich lege es Ihnen gleich vor, ich habe es nur ein Exemplar da. Ich kann das auch in der nächsten Runde machen, falls es eine solche noch gibt.

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich würde darum bitten, dass wir es in der nächsten Runde machen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf nur zitieren:

„Der Betrag wird anteilig zwischen der BayernLB und des Bundes im Verhältnis 3:1 erhöht, falls erforderlich, um das Erfordernis des BWG zu erfüllen“.

Wie darf ich das verstehen? Erfordernisse des BWG sind Eigenmittelerfordernisse, und quasi der Betrag dieser Kapitalmaßnahmen wird im Verhältnis drei Teile BayernLB, ein Teil Bund erhöht – falls erforderlich, das heißt, falls eine gewisse Ausstattung der Eigenmittel nicht erreicht wird. (Auskunftsperson Peschorn: Ja!) – Oder verstehe ich das falsch?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wir reden jetzt hier über ein Dokument, das ...

Vorsitzende Doris Bures: So, das Dokument; die Nummer haben wir, aber es ist auch an die Auskunftsperson zur Verteilung zu bringen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt. – Abg. Krainer: Es ist das Term Sheet vom 14.12., final! Also ich glaube, er hat es eh schon in der Hand!) Herr Professor Binder, haben Sie es auch? (Verfahrensanwalt Binder: Es passt schon!)

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe Ihre Frage ursprünglich zum Thema Kapitalausstattung und Garantie und Gewährleistung auf eine langfristige Verpflichtung verstanden. Diese Formulierung, die Sie jetzt zitiert haben, bezieht sich auf die kurzfristigen Kapitalmaßnahmen, die vereinbart wurden. Die kurzfristigen Kapitalmaßnahmen haben darauf abgezielt, eine Bilanzierung und das Nicht-unter-das-BWG-Erfordernis-Fallen der HBInt zum 31.12.2009 sicherzustellen. Das ist daher in meiner Denkweise und Diktion – da ersuche ich um Verständnis – nicht unter dem Garantie- und Gewährleistungsthema so zu subsummieren, sondern war eine Aufteilung der allenfalls nach dem 14.12. doch noch hervorkommenden weiteren Belastungen zur BWG-Erfordernis-Herstellung, wo man gesagt hat: 100 Millionen macht die Republik mit einer Bürgschaftsvereinbarung, einer sogenannten Asset-Garantie, und sollte es mehr sein, dann macht die Republik das nicht allein, sondern im Verhältnis 3:1.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Um diese Eigenmittel zum 31.12., wenn da jetzt nach all diesen Maßnahmen noch etwas fehlt ... quasi der Bund 25 Prozent, Bayern 75.

Dr. Wolfgang Peschorn: Wenn über die 100 noch mehr erforderlich ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Genau, und die anderen Kapitalmaßnahmen, die ja schon daliegen. (Auskunftsperson Peschorn: Genau!) – Und das war vorher diese Eigenmittelgarantie mit einem gewissen Betrag, der mir jetzt nicht geläufig ist, aber ich glaube, das ist ein Stufe-2-Dokument, insofern ist das jetzt auch nicht im Vordergrund, denn wir wollen ja jetzt keinen Wanderzirkus machen. Die war nicht zu einem Stichtag? Eigenmittel zum 14.12.? Das war auf mehrere Jahre garantiert in diesem Term Sheet um Mitternacht, das der Kollege Kogler immer bringt? Ich glaube, das war auch zu einem Stichtag, nämlich zum 14.12.

Vorsitzende Doris Bures: Jetzt muss ich Sie auf die Redezeit aufmerksam machen, Herr Abgeordneter.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ja, aber die Bezugsgröße – eben. Die Bezugsgröße wann, zu welchem Zeitpunkt gemessen wird, ob die Eigenmittel, die dann später ... Wo derjenige, der sich auf die Gewährleistung oder Garantie beruft, dann sagen kann: Zu dieser Bezugsgröße fehlt mir das jetzt. (Abg. Krainer: Aber wie war das? Das waren drei Monate zirka! Zur Dauer ...!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Dr. Peschorn kann zwar jetzt noch auf die vorher gestellt Frage antworten, Herr Abgeordneter, aber Ihre Fragen müssen Sie in der nächsten Runde stellen.

Dr. Wolfgang Peschorn: Der Grundgedanke ist natürlich der gleiche, der Grundgedanke ist nämlich, dass wir einen Bezugszeitpunkt einziehen, eine Bezugsgröße definieren und die Lasten verteilen, wer halt dafür aufkommt, wenn zur Bezugsgröße, die Sie vereinbart haben, ein Defizit ist. Das eine waren die kurzfristigen Kapitalmaßnahmen, die haben Sie zitiert, und die andere Gewährleistung hat sich nach einer Due Diligence und der Frage, was hier hervorkommt, festgemacht. Und es wäre die alleinige Verpflichtung des Verkäufers gewesen, dieses Defizit oder diese Differenz aufzufüllen. Von der Grundidee ist das natürlich immer ähnlich, aber es sind andere Zeiträume und andere Bezugsgrößen.

Vorsitzende Doris Bures: Damit ist jetzt Herr Abgeordneter Angerer am Wort. (Zwischenruf des Abg. Kogler.) – Herr Abgeordneter Kogler, Herr Abgeordneter Angerer ist am Wort. – Bitte.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin, wenn es nicht auf meine Fragezeit geht, habe ich kein Problem damit.

Nur noch einmal zusammenfassend für mich, Herr Dr. Peschorn, zum Wandlungsrecht: Wir können festhalten, im November 2009 lagen alle rechtlichen Grundlagen dafür vor, dass das Wandlungsrecht durch die Republik ausgeübt hätte werden können. Damit hätten sich alle anderen Anteile in der Bank verwässert, die Republik wäre Miteigentümer in der Bank gewesen, und die anderen Aktionäre wären mit verminderten Anteilen auch Miteigentümer der Bank gewesen. Sie argumentieren damit, dass man das deshalb nicht gemacht hat, da man die anderen Aktionäre dann nicht dazu bewegen hätte können, entsprechende Stabilisierungsmaßnahmen für die Bank zu setzen. Ist das so richtig zusammengefasst?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ja.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Dann werden wir uns das nächste Mal auf dieses Argument vorbereiten.

2. Punkt, Eigenkapitalersatz-Gesetz: Die Republik hat ja dann eine Eigenkapitalersatz-Gesetz-Klage geführt gegen die BayernLB. Nicht? – Sie nicken. Stimmt? (Auskunftsperson Peschorn: Nein, nein! Entschuldigung! Sprechen Sie aus!) Irgendwann muss man ja zu einer anderen Einschätzung gekommen sein, als Sie mir heute gesagt haben, dass vielleicht doch das Eigenkapitalersatz-Gesetz hätte zur Anwendung kommen können. Sonst hätte man doch diese Klage nicht geführt.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ja, aber ein paar Klarstellungen: Natürlich hat diese Klage nicht die Republik geführt, sondern die HBInt und die Organe der HBInt. Das ist schon wesentlich (Abg. Angerer: Ja klar, aber Sie hätten es ja tun können, wenn Sie gewandelt hätten!), weil die HBInt Schuldner dieser Linien gegenüber der BLB waren, und die HBInt hat diese Klage deswegen geführt, weil im Zuge der Aufarbeitung der Vergangenheit und der Suche nach den Ursachen die Frage evident geworden ist, wann die Verluste, die dann immer weiter zu weiteren bilanziellen Maßnahmen und auch Kapitalmaßnahmen bei der Hypo in den Jahren nach der Notverstaatlichung geführt haben, eingetreten sind. Da hat sich halt herausgestellt – aus meiner Sicht –, dass das überwiegend Verluste waren, die bereits vor der Notverstaatlichung dem Grunde nach vorhanden waren. Dazu gibt es ja auch Hinweise in diversen Berichten, auch von der OeNB, aber insbesondere hat die HBInt selber Gutachten von renommierten Wirtschaftstreuhändern beigeschafft, die dann diesen Klagschritt nahegelegt haben.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nur zur Klarstellung: Wer war denn zu diesem Zeitpunkt hundertprozentiger Alleineigentümer der HBInt? (Auskunftsperson Peschorn: Zu welchem?) – Zu dem Zeitpunkt der Klage, die Sie jetzt gerade erklärt habe. (Auskunftsperson Peschorn: Die Republik Österreich!) – Okay. Also die Republik Österreich hat die Klage geführt. (Auskunftsperson Peschorn: Nein!) Ich weiß, formalrechtlich hat die HBInt die Klage geführt, aber zum Zeitpunkt, als die Republik Österreich zu 100 Prozent Eigentümer war.

Dritter Punkt: Die Konkursdrohung der Bayern steht immer im Raum. Welche rechtlichen Möglichkeiten hätte man aus Ihrer Sicht ausschöpfen können, um diese Konkursdrohung abzuwenden?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, es stand weniger eine Drohung der Bayerischen Landesbank oder anderer Eigentümer im Raum, hier einen Konkurs aktiv zu betreiben – denn die Frage suggeriert das für mich so, deswegen antworte ich einmal im ersten Teil so –, sondern es war eine sehr klare Mechanik, die sich da abgezeichnet hat, die Mechanik ausgelöst durch die Aufsicht, die Kapitalvorschriften nach dem BWG erfüllt haben will und vor dem Wochenende des 13., 14. angekündigt hat, dass sie, wenn diese Kapitalvorschriften nicht erfüllt sind – und auch andere Umstände, wie ausreichende Liquidität in der Bank –, mit einer Aufsichtsmaßnahme vorgehen wird, und die Mechanik dieser Aufsichtsmaßnahme wäre zweifellos sehr wahrscheinlich gewesen, dass nach der Geschäftsaufsicht auch eine Insolvenz die Folge hätte sein können.

Das war das Szenario der Konkursdrohung, wie Sie sagen, und dieses lag am Verhandlungstisch. Da mussten die Bayern gar nicht viel dazu beitragen, außer sich zu weigern, entsprechende Maßnahmen als Eigentümer zu ergreifen, die dieses Szenario abgewendet hätten.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sie haben jetzt die anderen Eigentümer erwähnt. Jetzt komme ich zu den Term Sheets. Ab welchem Zeitpunkt wurde mit den Bayern über diese Maßnahmen verhandelt, die Sie gerade genannt haben, die bis 12., 13. notwendig gewesen wären?

Dr. Wolfgang Peschorn: Welchen Zeitpunkt meinen Sie, am Samstag und Sonntag, oder ...?

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Nein, nein, nein – vorher, es hat ja vorher Verhandlungen gegeben. (Auskunftsperson Peschorn: Es gab ...!) Es gibt ja die Term Sheets, die Sie heute schon selbst erwähnt haben, als Grundlage für spätere vertragliche Vereinbarungen, die Sie selbst geschrieben haben – haben Sie heute auch gesagt –, die gibt es ja auch schon am 9.12. und am 10.12.

Dr. Wolfgang Peschorn: Na, es gibt am 9.12. und am 10.12. Term Sheets von der bayerischen Seite und nicht von unserer Seite – deswegen habe ich jetzt bei Ihrer Frage einmal nachgefragt.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ) Aber die decken sich mit vielem, was sich aus Ihrem Schriftverkehr, Ihren E-Mails und Ihrer Einflussnahme auf diese Verhandlungen ergibt. Es decken sich diese Inhalte der Term Sheets mit dem, was Sie in Ihren E-Mails und Ihrem Schriftverkehr wiedergeben.

Dr. Wolfgang Peschorn: Es ist durchaus sinnvoll, wenn Sie in Verhandlungen nicht jene Punkte, die zwischen den Vertragsparteien zu lösen sind, einfach beiseitewischen, sondern sie bei Ihren eigenen Überlegungen aufnehmen, um auch in den Punkten, die denknotwendig sind, nicht sofort einen Dissens zu haben. Also insofern decken sie sich in manchen Punkten, weil ja ganz klar war: Man muss eine Vereinbarung treffen über die Kapital- und die Liquiditätsausstattung.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ) Neben den Gewährleistungen, die zu diesem Zeitpunkt ja noch drinnen waren, ist ein interessanter Punkt in diesem Term Sheet, der heißt: Die BayernLB und die Republik gemeinsam unterstützen sich bei Verhandlungen mit den anderen Aktionären.

Das heißt: Sie haben mit den Bayern ausgemacht, Sie verhandeln gemeinsam oder mit gegenseitiger Unterstützung gegen die Kärntner und die GRAWE, die MAPS.

Dr. Wolfgang Peschorn: Also erstens einmal weiß ich jetzt nicht, ob dieses Dokument frei zugänglich ist, deswegen weiß ich jetzt auch nicht, ob wir in dieser ... (Abg. Angerer: Ja, wir können es auch gerne vorlegen!) Zweitens würde ich es gerne sehen, weil ich glaube, dass das nicht vereinbart ist, sondern dass man ... (Abg. Angerer: Gut, dann legen wir es vor!) sondern dass das ein Missverständnis ist.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Nachfrage noch.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ) Ja, aber vorlegen darf ich es noch vorher. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Ist der 10., ist egal: 1174651, Dokument von der Staatsanwaltschaft, Term Sheet vom 10.12.2009. (Auskunftsperson Peschorn: Ja, da haben wir es schon ...!)

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist aufgebraucht in dieser Runde (Abg. Angerer: Ich habe so Rücksicht auf den Herrn Krainer genommen!), das heißt, ich würde vorschlagen das Dokument jetzt anzusehen und dann die kurze Frage dazu zu stellen.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ) Letzte Frage nur.

Dr. Wolfgang Peschorn: Sehen Sie, Herr Angerer, hätten Sie gesagt, dass es vom 10. ist, dann hätte ich Ihnen gleich gesagt: Das ist nicht von uns. Das ist – schon das Schriftbild, das können Sie nicht wissen – eindeutig ein Freshfields- und BayernLB-Dokument.

Das ist ein Dokument, das von der bayerischen Seite uns vorgelegt wurde und nicht akzeptiert worden ist im Rahmen der Gespräche vom 9. auf den 10.12.2009.

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ) Wenn Sie bitte die zweite Seite (Auskunftsperson Peschorn: Ja!) „Vereinbarungen mit anderen Aktionären der HGAA“ vorlesen würden.

Verfahrensanwalt Dr. Bruno Binder: Bitte, vielleicht können Sie das vorlesen. Wir machen das grundsätzlich nicht.

Vorsitzende Doris Bures: Das geht dann aber nur in der nächsten Runde. Ich merke Sie für die nächste Runde vor. Damit gelangt Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Dr. Peschorn, es wird immer wieder vermutet oder wird immer wieder gesagt, auch von Frau Dr. Griss, dass die Bayern – Sie haben ja jetzt schon eine Kanzlei angesprochen, Freshfields – hier mit einer Armada an Anwälten gekommen wären und Österreich sich nicht einer großen Anzahl von Anwälten bedient hätte.

Können Sie uns sagen, welche Persönlichkeiten, welche Fachexperten – Sie haben gesagt, Sie waren selbst nicht bei den Verhandlungen dabei, aber – in diese Vorbereitungen eingebunden waren?

Jedenfalls Sie, aber können Sie uns sagen, ob Sie noch irgendwelche anderen Fachexperten beigezogen haben für die Vorbereitungen dieser Verhandlungsnächte?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wie gesagt, diese Verhandlungen, die jetzt ex post ausschauen wie zielgerichtete Verhandlungen in eine Richtung, haben sich ja fortlaufend ergeben. Der erste wesentliche Moment war, dass die Bank ausgerichtet wird zu einem Institut, das einen klaren Willen äußern kann, denn nur einem Institut, das einen klaren Willen äußert und den artikulieren kann als gesetzlich zulässige Maßnahme, kann der Staat Unterstützung gewähren.

Dazu wurde dem Vorstand empfohlen, sich geeignete Berater für die Restrukturierung zu besorgen und die zu beauftragen, und das war dann KOSCH & PARTNER Rechtsanwälte als Sanierungs- und Insolvenzexperten und KPMG mit Herrn Dr. Kranebitter als Sanierungs- und Restrukturierungsexperten.

Die haben dann dieses Positionspapier oder Restrukturierungskonzept entwickelt. Die Bank ... (Abg. Tamandl: Wann wurde der Bank das empfohlen?) – Na unmittelbar nach Aufschlagen des Wunsches der BayernLB, dass die Republik Österreich bei einer Kapitalstärkung mitmacht, das war meines Wissens 23.11. Um die Zeit herum ist bei dem Gespräch von mir auch von den stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Ermisch und Haas verlangt worden, dass wir autorisiert werden, als Außenstehender mit dem Bankvorstand in Kontakt zu treten, um hier Klartext reden zu können, und diese Autorisierung ist erfolgt.

Ich habe daraufhin den Herrn Vorstandsdirektor Pinkl angerufen und ihm gesagt: Das ist es jetzt nach dem Aktiengesetz Ihre Verantwortung, das Unternehmen auszurichten und die erforderlichen Maßnahmen für eine Restrukturierung klar auf den Tisch zu legen. Das ist dann in weiterer Folge auch passiert, Sie kennen sicher dieses Reorganisationskonzept.

Die Bank war weiter beraten, wie ich schon gesagt haben, von Wolf Theiss Rechtsanwälte und die Republik von der Finanzprokuratur, und wir haben uns hier in weiten Teilen natürlich – weil Interessensgleichheit bestand, vor allem in den finalen Gesprächen, Verhandlungsrunden – ausgetauscht. Ich habe hier Informationen, soweit die mir dann auch überlassen wurden, erhalten.

Auf der anderen Seite sind am, glaube ich, 8.12. zum ersten Mal Freshfields mit einem Kollegen und Morgan Stanley mit zwei Kollegen am Tisch erschienen, wobei ich einen dann später noch intensiver kennenlernen durfte, Herrn Mag. Proksch, der hier die BLB vertreten hat.

Eine Armada von Anwälten, wie in meinem Eingangsstatement gesagt, habe ich nicht gesehen, möglicherweise waren die irgendwo in dem großen BMF-Gebäude versteckt. Tatsächlich war es an dem Tag/der Nacht der Notverstaatlichung so, dass die Term Sheets formuliert wurden – auf der einen Seite ist Herr Mag. Proksch und Herr Dr. Plesser von Freshfields gesessen und auf der anderen Seite die Frau Dr. Faller, meine Präsidialanwältin, und ich. Das war die „Armada“.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Natürlich hat man da gemeinsam versucht, die Verhandlungen zu führen, oder man hat gewisse Interessen gemeinsam gehabt – die Bank und die Republik –, aber letztendlich hat die Republik ja die Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler, und die Organe der Bank wollten in Wirklichkeit wahrscheinlich einen Fortbestand, damit sie nicht in die Krida kommen.

Das heißt, ich sehe nicht unbedingt eine uneingeschränkte Interessensgleichheit. Wie war das auf der Ebene der Rechtsberater – denn Sie sind der Republik verpflichtet, und die Anwälte waren der Bank verpflichtet? Gab es da unterschiedliche Meinungen in diesen Verhandlungen/Vorbereitungen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Na selbstverständlich, das ist ja unser tägliches Brot, und deswegen habe ich die Einschränkung gemacht: soweit Interessensgleichklang besteht. Sie gehen oft einen Teil des Weges sehr gemeinsam, und dann müssen Sie sich trennen. Wenn Sie eben die Akten ansehen, dann sehen Sie, dass das bei der Umsetzung der Term Sheets, also bei der Formulierung der konkreten Vereinbarungen, aber insbesondere auch schon bei der Bürgschaftsvereinbarung und deren Umsetzung, offenbar geworden ist.

Aber deswegen ist es ja unsere Aufgabe hier, uneingeschränkt auf die Interessen der Republik zu achten.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Und wie stand es jetzt um die Frage der Landeshaftungen bei den unterschiedlichen Rechtsberatern? Wie haben das die Anwälte der Bank gesehen, beispielsweise was die Geschäftsaufsicht betrifft, aber natürlich auch was die Insolvenz betrifft? Haben die das gleich gesehen wie Sie?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe da keine Unterschiede wahrgenommen. „Gleich gesehen“ – im Gegenteil, oder als Verstärkung: Natürlich haben die Berater der Bank insbesondere auch auf die Liquiditätssituation geschaut, und da standen die Befürchtungen da, dass mit Geschäftsaufsichtsverhängung auch Notfallsliquiditätslinien von anderen gekappt werden, et cetera, et cetera. Also da wurde ganz offen die Befürchtung ausgesprochen, dass es zur Zahlungsunfähigkeit führt.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Haben Sie eine Wahrnehmung darüber, wie die Anwälte der Bank die Bank in Richtung Geschäftsaufsicht gewarnt oder beraten haben? Denn: Das hört sich ja gut an – gesetzlich –, dass die Geschäftsaufsicht bis zu einem Jahr sein kann und die Geschäftsaufsicht oder der Regierungskommissär da Sanierungsmaßnahmen einleiten kann, nur: Wenn niemand von den Aktionären bereit ist, weder die Bayerische Landesbank noch die GRAWE noch die Kärntner Landesholding, da Kapital zuzuschießen, dann hätte eine Sanierung selbst mit einem Regierungskommissär ja überhaupt nicht funktionieren können, und die logische Konsequenz wäre ja nur die Insolvenz gewesen, denn wenn jeder sagt: Ich schieße nichts zu, wenn ihr nicht zuschießt!, und die Kärntner Landesholding und die GRAWE haben sich schon vorher darauf verständigt, dass sie nichts mehr zuschießen, dann wäre bei der Geschäftsaufsicht eindeutig die Insolvenz die eindeutige Konsequenz gewesen. Haben die Rechtsberater das so gesehen, dass das in Wirklichkeit der erste Schritt in Richtung Insolvenz ist?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wahrscheinlich, ja, aber das viel Entscheidendere war: Die Bank war für so einen Schritt schlicht und ergreifend, meiner Wahrnehmung nach, überhaupt nicht vorbereitet. Also eine meiner Aufgaben, und ich glaube, Sie haben auch heute noch eine Auskunftsperson dazu, war, dass ich mich in der Nacht von 13. auf 14., in den Zeitfenstern, die mir übrig blieben, um die Abwicklung eines Einlagensicherungsfalls bemüht habe. Sie müssen sich vorstellen, das war der 14.12.2009, und es hat gedroht, dass Menschen, die ein Girokonto haben oder irgendetwas anderes, am 14.12.2009 zum Bankomat gehen und kein Geld bekommen, auch nicht beim Institut.

Die Aussage des Hypo-Verbands war, dass da ein Formular ausgeteilt wird und dieses Formular an die Menschen zur Verteilung kommt, damit die ihre Auszahlung beantragen können, und die Größenordnung waren drei bis vier Wochen. Also das Institut, die Bank war schlicht und ergreifend auf den Geschäftsaufsichtsfall nicht ausreichend vorbereitet aus meiner Sicht.

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Das heißt aber jetzt, wenn jemand zur Bank gekommen wäre und die Bank hätte nicht auszahlen können, wäre die Bank zahlungsunfähig geworden, und eigentlich hätten wir ja gar nicht die Insolvenz gebraucht, sondern eigentlich hätte sogar schon die Zahlungsunfähigkeit die Haftung ausgelöst (Auskunftsperson Peschorn: Nein!), oder ist das falsch?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, es wäre eine zulässige Aufsichtsmaßnahme gewesen, die Auszahlung zu sistieren und zu stoppen. Das Thema wäre nur gewesen, dass durch diesen Vorgang die von der OeNB am 7.12.2009 beschriebenen Folgewirkungen entstanden wären, die mit weitreichenden – oder nicht, das oblag nicht meiner Beurteilung – Konsequenzen verbunden wären. Stellen Sie sich vor, eine in Kärnten durchaus nicht unwesentliche Bank zahlt vor Weihnachten nicht mehr aus, mit allen anderen Konsequenzen!

Vorsitzende Doris Bures: Bevor ich jetzt Abgeordnetem Mag. Kogler das Wort gebe, informiere ich Sie noch darüber, dass die Sollbefragungsdauer von drei Stunden jetzt erreicht ist und ich nach spätestens vier Stunden die Befragung für beendet erklären werde. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nach diesen Wirrnissen noch eine Frage zu den Leuten von Freshfields und Morgan Stanley: Sind die Ihrer Wahrnehmung nach jetzt auch immer separiert gewesen von ihren Verhandlern, habe ich da etwas überhört – nämlich von Fahrenschon und Häusler, Kemmer –, oder waren die phasenweise vielleicht doch am vorderen Verhandlungstisch?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich kann es leider nicht sagen. (Abg. Kogler: Das können Sie nicht sagen!) – Ich war nicht dabei.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, ist ok, passt schon, nur damit war einmal zumindest nicht Gegenteil bewiesen. Die andere Frage, das ist heute nur kurz angetippt worden: Wieso wurde – oder Ihrer Wahrnehmung nach, ist ja vielleicht gar nicht Ihr primärer Job – spätestens nach Bekanntwerden der Asset Screenings von PwC seitens der Republik, das ist zuerst einmal die FIMBAG von den Rechten her, keine echte Bilanzprüfung angeordnet über die vergangenen Bilanzen, denn das hätte möglicherweise ja die Ausgangssituation später verbessert. Das ist nur kurz gestreift worden: Können Sie das noch einmal sagen, warum das nicht passiert ist? Das wäre auch in Ihrem Interesse gewesen, denke ich.

Dr. Wolfgang Peschorn: Natürlich, das ist aber letztendlich die Empfehlung einer Due Diligence, die Frage ist nur, wie diese durchgeführt wird. Was dann geschehen ist, war ja, dass die OeNB ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Nein, wir fragen ja jetzt umgekehrt, nämlich: Warum ist vorher nichts geschehen? Sie sagen dann immer, dann ist was geschehen, das ist auch noch nicht lustig, was dann geschehen ist, aber: Warum ist das vorher unterblieben?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich kann Ihnen das leider nicht beantworten, ich weiß nur, dass noch im Juni angeblich ein Gespräch stattgefunden hat, in dem Herr Kemmer der FIMBAG zugesichert hat, dass die BLB zu ihrer Verantwortung gegenüber der Hypo steht, und das auch im Hinblick auf angeblich zum damaligen Zeitpunkt schon gegenteilige mediale Gerüchte bekräftigt hat.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Sie haben ja dann, weil das heute noch gar nicht erwähnt wurde, einerseits am 2.12. und andererseits am 4.12., offensichtlich schon in Vorbereitung auf das, was da kommt, von allen möglichen österreichischen Institutionen Antworten verlangt, so nach dem Motto: was bisher geschah. Ich muss das jetzt abkürzen. Ist da irgendetwas Brauchbares an Antwort eingetrudelt, warum man bis dorthin zumindest die Bilanzen nicht versucht hat, aufzukriegen? Immerhin hat der PartKapitalvertag das hergegeben. (Auskunftsperson Peschorn: Mhm!) Sie haben gesagt, Sie wissen nicht, warum da nichts passiert ist, aber Sie haben ja dann sehr streng nachgefasst. Ist da nichts Brauchbares gekommen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Wobei, Ehre, wem Ehre gebührt: Dieses Schreiben, das ich verfasst habe, habe ich natürlich nicht eigenständig verfasst, das war meine Empfehlung, aber ich habe es für das Bundesministerium für Finanzen und das Bundeskanzleramt in deren Auftrag verfasst und kanalisiert. Natürlich ist Brauchbares zurückgekommen, man muss ja auch festhalten, dass die HBInt ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, schon, aber war da irgendeine Spur an Antwort, ich bin immer noch beim gleichen Komplex, warum niemand, obwohl die Möglichkeit bestanden hat – da deckt sich ja sogar Ihre Einschätzung mit dem Griss-Bericht wahrscheinlich, sonst nicht immer –, von dieser Gebrauch gemacht hat. Ich habe ja dann nicht alle Dokumente auswendig gelernt, die dann da als Antwort gekommen sind, dass Brauchbares dabei war, will ich ja ... Ich frage eher, warum das offensichtlich nicht passiert ist und was die Motive dafür waren.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich glaube, es war das Fortwirken und Fortschreiben der Aufsichtstätigkeit über die Jahre, und die war ja durchaus intensiv, aber die Frage ist ...

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Diese Formulierung nehme ich gerne, denn die Aufsichtstätigkeit war ja vorher auch nicht sehr glorios.

Jetzt noch einmal zur Irrtumsanfechtung, weil Sie da ja dann genau – mit dem Wissen von später – argumentieren: Ich hatte schon gesagt, dass Sie in unserer Sicht der Republik jetzt davon ausgegangen sind, dass die Bayern die Insolvenz ausgeschlossen hätten – ich sage nur die Seiten jetzt nicht dazu –, dass sie aus bayerischer Sicht unbedingt vermieden werden sollte, und in der Zusammenfassung nachher, dass das, hätten Sie das damals gewusst, niemals seitens der österreichischen Seite zu den Bedingungen gezeichnet worden wäre und akzeptiert worden wäre.

Vorsitzende Doris Bures: Sie müssen die Frage jetzt formulieren.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja. Jetzt ist für mich schon der Punkt: Ist es wirklich so – und ich sage gleich die entscheidenden Vokabeln zur Frage dazu –, dass man gar nichts wissen konnte von dem, was später moniert wurde? Ich meine nicht Sie, aber das ganze Konglomerat, wenn Sie den Ausdruck erlauben, nämlich, und Bezug habend auf die Kreditlinien, wenigstens der Höhe nach, die von den Bayern drinnen sind ...

Vorsitzende Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich muss Sie auf Ihre Redezeit aufmerksam machen.

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Ja, genau. Und dass es auch schon schwerwiegende Gründe gegeben hätte, damals anzunehmen, dass die Bayern in der Summe dann 8 Milliarden € riskieren, das war genau ...

Vorsitzende Doris Bures: Jetzt muss ich Sie auf die nächste Runde verweisen. Bitte, Herr Dr. Peschorn.

Dr. Wolfgang Peschorn: Eine schwierige Frage, weil Sie natürlich mit dem Wissen, das man danach hat, immer schwieriger zu beantworten ... Aber ganz kurz: Ein Indiz für die Schwierigkeit ist, dass die Bank und deren Organe, die nach der Notverstaatlichung eingesetzt worden waren, einige Monate, um nicht zu sagen Jahre, gebraucht haben, um da auch in die Gänge zu kommen und sich die Frage zu stellen, wie der wahre Zustand der Bank im Jahr 2009 zum Zeitpunkt der Notverstaatlichung war. Erst durch diese Aufarbeitung ist es möglich geworden, auf bestimmte Dokumente, die uns und mir jedenfalls zur Notverstaatlichung nicht vorlagen, Zugriff zu haben und ein bisschen hinter die Kulissen zu sehen, was die Bayerische Landesbank möglicherweise da gedacht und welche Strategie sie verfolgt hat.  Der wesentliche Kern der Geschichte ist allerdings die Frage: Was hat die Bank bilanziert und warum hat sie das bilanziert? Sie kennen wahrscheinlich die Zeitungsmeldungen darüber, wer nach der Notverstaatlichung wann etwas über den Zustand der Bank gesagt hat. Es gibt die Aussage: Wir sehen alle Risiken. Es gibt auch die Aussage: Die Bank ist saniert. Das stützt eher die These, dass auch diejenigen, die im Dezember 2009 die Verantwortung hatten und außerhalb der Bank waren, das vielleicht nicht so genau erkennen konnten.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Sie suggerieren ja immer wieder mit Ihren Aussagen, dass die Geschäftsaufsicht das Problem war. Sie haben auch gesagt, dass die Aufsicht schuld war. Das heißt, Sie suggerieren, dass die Geschäftsaufsicht, in dem Fall ein Mann, derjenige mit dem Benzinkanister war und nicht der mit dem Feuerwehrschlauch. Sie gehen davon aus, dass die Geschäftsaufsicht die Dinge schlechter gemacht hätte? Warum gehen Sie davon aus? Das haben Sie nicht erklären können.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich gehe nicht davon aus, dass die Geschäftsaufsicht etwas schlechter machen würde, und ich habe auch dieses Beispiel nicht verstanden. Ich wiederhole gerne nochmals, dass die Geschäftsaufsicht einen Prozess in Gang gesetzt hätte, bei dem nicht auszuschließen gewesen wäre, dass er direkt (Abg. Lugar: Erklären Sie den Prozess vielleicht ganz kurz!) – ich erkläre es gerne noch einmal (Abg. Lugar: Den Prozess!), ja! – auch in die Insolvenz geführt hätte.

Die Geschäftsaufsicht ist dazu da, bestimmte Maßnahmen zu verhängen. Die Maßnahme des Zahlungsstopps zum Beispiel kann zur Konsequenz haben, dass Anleihegläubiger ihre Ansprüche geltend machen und die fällig werden. Die Frage der Ausfallhaftung haben wir schon besprochen.

Die Geschäftsaufsicht führt zum Anfall der Forderungen gegen den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds und des Insolvenz-Ausfallgeldes. Die Geschäftsaufsicht ist auch ein Fall der Einlagensicherung. Das ist das Thema, das ich vorhin erwähnt habe. Also sie führt zu verschiedenen Konsequenzen, die dann in ihrer Gesamtheit wieder dazu führen können, dass das Institut nicht aus eigener Kraft und schon gar nicht durch Mittel Dritter, denn nur das ist möglich nach der Geschäftsaufsicht, saniert wird, sondern letztendlich die Aufsichtsbehörde und das Konkursgericht, das dann dafür zuständig ist, entscheiden müssen, die Geschäftsaufsicht zu beenden und die Geschäftsaufsicht in die Insolvenz überzuführen. Das war nicht auszuschließen, und ich wiederhole es auch noch einmal, es war natürlich auch nicht sicher, denn das hängt von verschiedenen Ereignissen ab.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Was ich ein bisschen eigenartig finde, ist, dass Herr Harold, also derjenige, der für die Einlagen hätte haften müssen, gesagt hat, man hat Vorbereitungen getroffen, es hat auch Gespräche mit dem BMF gegeben, in denen es darum gegangen ist, ob sie das auch leisten können. Sie haben vorhin gesagt, da wäre kein Geld aus den Bankomaten gekommen. Herr Harold sagt genau das Gegenteil. Wussten Sie das zu dem Zeitpunkt nicht?

Dr. Wolfgang Peschorn: Erstens kenne ich die Aussage des Herrn Harold nicht, deswegen kann ich den Vorhalt auch nicht in der verlangten Deutlichkeit beantworten. Ich kann nur sagen, was ich getan habe, und das war, mit Herrn Dr. Miklas, der, glaube ich, bei Ihnen noch als Auskunftsperson erscheinen wird, und dessen Mitarbeitern in der Nacht vom 13. auf den 14. auch die praktischen Vorbereitungen für einen Einlagensicherungsfall zu erörtern.

Ich habe mir auch nicht widersprochen mit dem Hinweis, dass kein Geld aus den Bankomaten kommt und Formulare ausgeteilt werden. Du bekommst ja als Sparer oder Girokontenbesitzer dein Geld, das ist ja nicht das Thema, und möglicherweise von den anderen Hypothekenbanken und Raiffeisen, die da Mitglied waren, aber die Frage ist, wann und unter welchen Umständen. Das muss man ja leider auch berücksichtigen – wenn Sie das Geld nicht am 15. oder 14.12. bekommen, sondern ein Monat später, nach den Weihnachtsfeiertagen, mit allen damit verbundenen Aspekten.

Das Thema war: Wie wickle ich das ab? Gibt es eine Möglichkeit – darum habe ich mich am 13., 14. bemüht –, die Einlagen, den Einlagensicherungsfall in einer praktischen Art und Weise rechtlich zulässig abzuwickeln, sodass der einzelne Kunde der Hypo gar nichts davon merkt? Das war mein Bestreben in dieser Nacht, und dazu hat es Gespräche gegeben. Herrn Harold habe ich bei diesen Gesprächen nicht gesehen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Warum war das Ihr Bestreben? Was hat das jetzt damit zu tun?

Dr. Wolfgang Peschorn: Weil das eine Beruhigung herbeigeführt hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wer hat Sie da beauftragt, das zu tun?

Dr. Wolfgang Peschorn: Meine Auftraggeber Bundeskanzleramt und BMF.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Die wollten, dass Sie das möglichst reibungslos abwickeln, oder wie war das im Konkreten?

Dr. Wolfgang Peschorn: Die wollten für den Fall, dass eine Geschäftsaufsicht oder eine Insolvenz nicht zu verhindern ist, das war ja bis in den Morgen hinein nicht klar, für Einlagensicherung und andere Themen Lösungen haben.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und die haben Sie erarbeitet?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe mich darum bemüht, die zu erarbeiten – mit dem Hypo-Verband, mit dem Geschäftsführer und seinen Mitarbeitern, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Auch mit Herrn Harold?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nein, den habe ich zu diesem Zeitpunkt weder gekannt noch gesehen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Mit Herrn Miklas?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Okay, und der hat Ihnen gesagt, das können wir stemmen, das ist kein Problem?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nochmals: Das Stemmen und das Abwickeln sind für mich – ganz wichtig! – zwei Paar Schuhe. Das Abwickeln war das Thema, nämlich wie kommen die Menschen rasch und ohne große Aufregung und ohne Kollateralschäden in Kärnten und Umgebung zu Geld. Da muss man auch an Kroatien denken, an Serbien denken und so weiter. Man kann aber auch nur an Kärnten denken, weil das unser Heimatland ist, und das hätte schon gereicht.

Das zweite Thema war: Kann das der Haftungsverbund stemmen oder kann er das leisten? Da gab es eine Aussage von der OeNB in dem Papier, wie belastet da die Hypos werden und die Raiffeisen mittelbar. Und es gab, glaube ich – jetzt habe ich mal im Liveticker gelesen –, eine Aussage des Herrn Harold und des Herrn Rothensteiner, dass das bewältigbar gewesen wäre.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das wussten Sie damals aber nicht?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich hatte dazu nicht die Wahrnehmung, dass es nicht bewältigbar ist. Man hat mir das nicht gesagt, aber die Belastung an sich war aufgrund der OeNB-Expertise bekannt, und dass die enorm ist, ja.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich gebe Ihnen ein Dokument, und zwar 29551 vom 11.12., da sind Sie anwesend, und da sagt Herr Miklas, dass eben dementsprechende Summen zu zahlen sind, und dann kommt ein interessanter Satz: „Er weist auch darauf hin, dass es seiner Meinung um ein politisches Problem sei.“ – Wo ist da bitte das politische Problem bei diesen ganzen Ausführungen? (Die Auskunftsperson liest in dem Schriftstück.) Erster Absatz.

Dr. Wolfgang Peschorn: Das ist ein Dokument von mir. Es ist unvollständig, weil ich es während der Verhandlungen mitgeschrieben habe. Erster Absatz? (Abg. Lugar: Ja!)

Ich habe das so in Erinnerung – erster Absatz, letzter Satz –, dass es natürlich auch ein politisches Problem ist, wenn es zu einem Einlagensicherungsfall kommt, weil der den Menschen natürlich Verunsicherung und politische Unsicherheit vermittelt. So habe ich Herrn Miklas verstanden, was ich auch nachvollziehen kann, aber kein parteipolitisches Problem oder ein sonstiges.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Es war aber auf jeden Fall kein ökonomisches, sondern ein politisches Problem?

Dr. Wolfgang Peschorn: Auch eines, „weist auch darauf hin“, steht hier deutlich, auch wenn es in der Schnelligkeit ... Ich rede und schreibe manchmal, damit ich dokumentiert bin und mich dem Vorwurf der Undokumentiertheit nicht aussetzen muss. Und trotzdem habe ich hier noch relativ deutlich formuliert: auch.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Hätte man in diesem speziellen Fall auch noch um ELA-Hilfen ansuchen können? Sie wissen ja, wie das in Griechenland gelaufen ist. Das hätte ja auch das Problem entschärft. Hat man das getan?

Dr. Wolfgang Peschorn: Über alle Maßnahmen der Liquiditäts-Zurverfügungstellung wurde nachgedacht. Dazu gibt es meines Wissens auch ein Papier, gemeinsam mit dem Bundesministerium für Finanzen von der Finanzprokuratur erstellt. ELA, richtig, ist eine Möglichkeit; wir haben aber im Zusammenhang mit der Kommunalkredit zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Oesterreichische Nationalbank ELA-Hilfen von einer direkten Besicherung durch die Republik Österreich abhängig gemacht hat.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Und warum ist man dem nicht nähergetreten?

Dr. Wolfgang Peschorn: Entschuldigung, das ist ja dann nur ein Liquiditätsvorstrecken der OeNB. Die Haftung und daher die Schuld verbleiben bei der Republik. Dann kann es die Republik gleich selbst machen.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, aber entschuldigen Sie, da wäre es um einen kleinen Betrag gegangen, vielleicht 1 Milliarde, oder sollen es 2 sein. (Auskunftsperson Peschorn: Aber trotzdem ...!)

Angesichts dessen, was es jetzt kostet, ist das ja ein Pappenstiel. Da hätte man Zeit gewonnen, hätte eine Due Diligence machen können, eine ordentliche Prüfung, all die Dinge, die Sie nicht gemacht haben. Warum ist man dem nicht nähergetreten?

Dr. Wolfgang Peschorn: Herr Lugar, ich habe schon darauf hingewiesen, ich tue es gerne noch einmal: Die Bank hatte zwei Probleme, wie jede Bank: erstens ein Kapitalproblem und zweitens ein Liquiditätsproblem. Sie können den Unterlagen entnehmen, dass wir nicht notverstaatlichen wollten und Zeit für eine Due Diligence gewinnen wollten. Das ist deutlich erkennbar! Diesem Ansinnen ist die BLB nicht nähergetreten.  Hätte die Republik direkt oder im Wege der OeNB, indem die OeNB Liquidität in die Bank gibt, aber die Republik die OeNB für den Ausfall mit einer Garantie freihält, Liquidität in die Bank gegeben, bevor eine Einigung wie auch immer, aber auch eine Einigung, wie sie am 13., 14.12. passiert ist, vorgelegen wäre, dann wäre die Republik bereits ohne Zusage der anderen Seite ins Risiko getreten, denn die Republik hätte für diese Verbindlichkeiten, die sie aufgenommen hat, um der Bank zu helfen, gehaftet.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): War nicht die Argumentation, dass wir ohnehin schon als Bund für die Kärntner Haftungen gehaftet haben, oder sehen Sie das nicht so? Das heißt, es ist ja g’hupft wie g’hatscht, ob ich auf der einen Seite hafte oder auf der anderen Seite ist ja jetzt im Endeffekt genau das Gleiche. Alles zahlt der Steuerzahler; das ist ja das, was herausgekommen ist.

Dr. Wolfgang Peschorn: Es ist ein großer Unterschied, mit Abstand gesagt. (Abg. Lugar: Erklären Sie ihn mir!) Gerne.

Es geht immer darum, dass der andere einen Beitrag leistet. Nach Ihrem Modell hätte die BLB überhaupt keine Veranlassung mehr gehabt, und auch nicht die Grazer Wechselseitige oder die Landesholding und das Land Kärnten, noch einen Beitrag zu leisten, weil die Republik ja mit einem zusätzlichen Betrag selbst ins Risiko gegangen wäre. Die Landeshaftung ist ja nur eine mittelbare, mehr oder minder politische und aus der Verfassungswirklichkeit der Republik resultierende Verpflichtung.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Das müssen Sie mir jetzt erklären. Also wenn die Republik da 1 Milliarde einschießt, um das vielleicht für ein paar Monate über Wasser zu halten, dann ist die Situation nach diesen paar Monaten ja genau so wie vorher, das heißt, dass man zu wenig Kapital hat, dass etwas geschehen muss, sonst geht das Ganze den Bach hinunter. Das heißt, man hätte in drei Monaten dann immer noch eine Entscheidung treffen können und wäre in Summe auch nicht schlechter dagestanden.

Dr. Wolfgang Peschorn: Mhm. Ja, mit dem Wissen von heute, das überwiegend darauf zurückzuführen ist, dass sich in den letzten Jahren ein paar Menschen sehr um Aufklärung bemüht haben, darum, Licht ins Dunkel zu bringen, könnten Sie Recht haben, wenn dann Ihr potenzieller Vertragspartner BLB dann mitmacht und nicht nach den drei Monaten oder nach dieser Periode, die Sie überbrückt haben, sagt: Jetzt hast du es ohnehin schon drei Monate gemacht, mache es noch einmal drei Monate.

Das Thema war, dass der Sachverständige OeNB den Kapitalbedarf für ein Flottmachen des Schiffs oder dieses Tankers Hypo mit 2,1 Milliarden angegeben hat, und in der Gesamtverhandlungssituation aus damaliger Sicht der Beitrag der Alteigentümer offensichtlich angemessen war. Und das war die Frage.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch in der Runde.

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Gehen wir es noch einmal von der anderen Seite an. Sie haben immer gesagt, das Problem war Zeitdruck, Zeitdruck, man musste dieses und jenes, weil der Zeitdruck so groß war. Was waren Ihre konkreten Vorschläge, um Zeit zu gewinnen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Mein konkreter Vorschlag, um Zeit zu gewinnen, war, mit den Eigentümern eine Überbrückung der Situation zu schaffen, indem in erster Linie die Eigentümer in Vorlage treten und noch einmal ein Bilanzieren und das Einhalten der BWG-Erfordernisse über den 31.12.2009 sicherstellen. (Zwischenruf des Abg. Lugar. Hm? Das ist das Wesentliche. (Abg. Lugar: Und das wollten sie nicht!) Die Eigentümer, ja.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Dr. Peschorn! Ich lege Ihnen jetzt einen Auszug aus der Aussage von Herrn Pröll hier im Untersuchungsausschuss vor. Bitte um Durchsicht, dann mache ich weiter. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Gut. Wie gesagt, das ist dieses Fingerzeigespiel: Faymann zeigt auf Pröll und Pröll zeigt auf Sie. Um das noch einmal zu verdeutlichen: Das, was Pröll hier sagt, ganz offensichtlich ... Er bezieht sich nämlich auf Sie, dass die Gewährleistung ohnehin nicht so wichtig ist und dass nämlich Sie gesagt hätten: kein zentraler Punkt, ohnehin nicht so wichtig, es gibt ohnehin noch ein paar andere Anfechtungsgründe, kein Problem. – Stimmt das so? Haben Sie das so gesagt und die Bundesregierung so beraten?

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich lese dieses Protokoll, auch wenn ich es zum ersten Mal lese, nicht so, sondern ich glaube, man muss hier vielleicht den zeitlichen Ablauf einbeziehen. Es ist damit gar nicht gesichert, wann ich das gesagt habe. Ich habe es jedenfalls beim Untersuchungsausschuss in Kärnten gesagt, zumindest in der Art und Weise, wie es dort im Protokoll steht, und ich glaube mich daran zu erinnern, das war im Jahr 2011, glaube ich, wenn nicht 2012. Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt ist, wie ich das schon gesagt habe: Ich habe diesen Gewährleistungsverzicht nicht verhandelt, ich habe aber, als er mir mitgeteilt wurde, versucht, in der Formulierung des Satzes – der dann ... weil man sich auch später nicht einig werden konnte, wie man damit umgeht, nämlich bei der Vertragsgestaltung im Langtext – Anfechtungsgründe zu wahren, die aus meiner Sicht zumindest wichtig waren, nämlich die erwähnten Irrtum, List et cetera, weil die von der anderen Seite möglicherweise schlicht und ergreifend übersehen worden sind. Dazu habe ich auch eine Wahrnehmung, warum sie übersehen wurden oder wir in dem Punkt vielleicht besser aufgestellt waren.

Und das, was ich auch getan habe, ist, festzustellen, dass natürlich, wenn man von den Zahlen ausgehen konnte – und damals musste –, die da von der OeNB auf den Tisch gelegt worden sind, eine Abwägung vertretbar war zwischen auf der einen Seite einer Gewährleistung oder Garantie, die ich auch einmal gerichtlich durchsetzen muss, denn das ist ja nicht self executing, das geschieht ja nicht von alleine, und einem sofort effektiv wirkenden Kapitalmehrbetrag, der der Bank zugeführt wird. Und diese Abwägung hat offenbar das Verhandlungsteam damals vorgenommen, und das ist aus meiner Sicht sehr vertretbar, machbar.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Dazu kommen wir noch. Ich habe jetzt aber noch keine Antwort auf die Frage. Ich zitiere deshalb:  „aber er hält die Gewährleistung, den Gewährleistungsverzicht nicht für einen zentralen Punkt“, hat Pröll Sie zitiert, und weiter unten: „Aussage Peschorn, Finanzprokuratur, nicht auf meinem Mist gewachsen“.

Noch einmal meine Frage: Haben Sie dem damaligen Finanzminister Pröll geraten, die Gewährleistung ist ohnehin kein Problem, darauf könnt ihr verzichten, kein zentraler Punkt?

Dr. Wolfgang Peschorn: Nochmals: Wenn etwas in dieser Nacht über dieses Thema gesprochen worden ist, dann ganz sicher nur in der Form, dass eine Abwägung zwischen einer Gewährleistung/einem Verzicht und einem Mehrbetrag an notwendigem Kapital unter der Voraussetzung, dass auch nur diese 2,1 beziehungsweise 1,5 notwendig sind, vertretbar ist. Und das ist eine Entscheidung derjenigen, die verhandeln. Ich habe es schon in meinem Eingangsstatement gesagt: Ich verfüge nicht über die Ansprüche, ich verzichte nicht und ich anerkenne sie nicht.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das beantwortet aber noch immer nicht meine Frage. Ich habe nicht gefragt, ob das plausibel war, was gemacht worden ist, sondern ob Sie diesen Ratschlag erteilt haben. Ich glaube es ohnehin nicht, dass Sie das gesagt haben, aber ich möchte den Widerspruch aufzeigen. Ich möchte es nur von Ihnen hören.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich habe es für vertretbar gehalten.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Was?

Dr. Wolfgang Peschorn: Dass ich eine solche Abwägung zwischen Gewährleistungsverzicht und Gewährleistung einerseits und dem Erlangen von einem sofort wirkenden Kapitaleinschuss erwirke – das aber – ganz wichtig! – unter der Voraussetzung natürlich, dass die Zahlen halten.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Diese 300 Millionen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das wurde mir so kommuniziert, ja. Also statt 525 Millionen 825 Millionen von der bayerischen Seite.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Jetzt haben Sie selbst schon gesagt, dass die Zahlen der Hypo nichts wert waren. Der Kapitalbedarf im Jahr 2009 ist ja dramatisch angestiegen. Wie kann man 300 Millionen €, also eine bestimmte, fixierte Summe, gegen einen Gewährleistungsverzicht tauschen, das heißt, 300 Millionen gegen ein völlig ungewisses Risiko, das sich mittlerweile als mindestens 15 Milliarden € herausgestellt hat? Wie kann man 300 Millionen € gegen 15 Milliarden € tauschen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Mit dem Wissen von heute und, wie gesagt, mit dem Wissen, das erst dadurch entstanden ist, weil sich ein paar wenige darum bemüht haben, Licht ins Dunkel zu bringen, gebe ich Ihnen recht.

Aber Sie fragen mich ja zu der Entscheidung damals und zu der Grundlage für die Politiker und Entscheidungsträger, die damals da war, und da war die ganz klare Aussage: Auch – und das muss man bitte auch einmal festhalten – dieser sogenannte Asset Review von PwC hat ein sehr großes Sample der Assets und Forderungen abgedeckt, das Sie auch im Rahmen einer Due Diligence meistens nicht erhöhen.

Diese Aussage ist dann von der Bank und von den der Bank beigezogenen Beratern plausibilisiert und letztendlich von der OeNB nicht nur anerkannt worden, sondern als Grundlage samt den eigenen Wahrnehmungen – Sie wissen ja, die OeNB hat auch dann im Jahr 2009 wieder geprüft – der Expertise zugrunde gelegt worden, und da gab es wenig daran zu zweifeln – damals –, dass diese Aussage – 2,1 Milliarden, eine längerfristige Restrukturierung der Bank erfolgreich abschließbar – falsch ist.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ich möchte Ihnen, bevor ich weitermache, ein weiteres Dokument vorlegen. Das ist jenes berühmt-berüchtigte Dokument „Term-sheet“, das dazu geführt hat, dass wir erstmals in diesem U-Ausschuss eine vertrauliche Sitzung hatten, jetzt erfreulicherweise umgestuft auf Stufe 1 – ein Sieg der Transparenz, will ich meinen. Bitte schauen Sie sich das einmal an, damit Sie Bescheid wissen, worum es geht, dann mache ich weiter. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Wolfgang Peschorn: Sie können gleich fragen. (Abg. Hable: Geht’s? Ja?) Also es ist schwer lesbar, aber wenn Sie zu den grünen Punkten fragen, dann muss ich auf meine eigene ...

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Haben Sie eine Wahrnehmung dazu, dass Ihnen damals irgendjemand garantiert hat, dass es nicht mehr als die 2,1 Milliarden € werden?

Dr. Wolfgang Peschorn: Entschuldigung, die Frage noch einmal: Eine Wahrnehmung ...?

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Hat damals irgendjemand eine Garantie ausgesprochen, dass es nicht mehr als die 2,1 Milliarden € werden?

Dr. Wolfgang Peschorn: Na eine Garantie im rechtstechnischen Sinn hat keiner ausgesprochen. Ich wiederhole noch einmal: Die Grundlage war die Expertise auf der einen Seite aus dem Asset Review, auf der anderen Seite der Bank im Positionspapier, das bekannt ist, und für uns entscheidend war die Expertise der OeNB vom 7.12.2009.

Dazu gab es noch mündliche Erklärungen vonseiten der OeNB, dass dann, wenn die Republik Österreich, also der Staat, Alleineigentümer einer Bank ist, das Kapitalerfordernis geringer sein kann, weil da das Vertrauen in den Markt sozusagen stärker ist, wenn ein Staat Eigentümer ist, als wenn es ein Nicht-Staat ist. Und das wurde mit 1,5 Milliarden angegeben.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Aufgrund welcher Zahlen hat denn die OeNB diese Meinung abgegeben?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das müssen Sie bitte die OeNB fragen. Also ich kann nur auf diese Stellungnahme vom 7.12., die eigentlich sehr ausführlich ist und die ja aufgrund des von mir verfassten Schreibens vom 4.12. zustande gekommen ist, verweisen.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Das waren die Zahlen der Bank, die OeNB hat ja keine eigenen Zahlen. Die haben die Zahlen der Bank, bestätigt durch die Wirtschaftsprüfer – genau jene, denen Sie ja selbst nicht trauen, nämlich schon damals nicht getraut haben, oder?

Vorsitzende Doris Bures: Eine Frage noch, Herr Abgeordneter.

Dr. Wolfgang Peschorn: Ich bin relativ misstrauisch, da haben Sie recht, von Berufs wegen, das ist meine Funktion.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Gut, dann benütze ich die Restzeit dazu, um noch die Restpunkte dieses Term Sheets zu klären. Hier ist nicht nur die Gewährleistung festgehalten, hier ist auch unter anderem eine Due Diligence festgehalten. Es gibt ...

Vorsitzende Doris Bures: Aber Sie müssen sich kurz fassen, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Ja. Und im Übrigen gibt es auch eine Post-Due-Diligence. Man kann also eine Due Diligence auch nachher machen. Ein Punkt dazu – ich bin gleich fertig –: die „Nicht-Kernländer“ – da sind Garantien von Bayern gefordert worden, „zusätzliche Verluste“ aus den südosteuropäischen Ländern abzusichern. Das heißt, es ist ja nicht nur die Gewährleistung herausgefallen, sondern auch die Due Diligence und auch weitere Garantien aus Verlusten aus Südosteuropa. Warum ist das alles herausgefallen?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das müssen Sie die Verhandler fragen. Aber das, was ich hier getan habe, war, wenn Sie auch das ... (Zwischenruf des Abg. Hable.) – Noch einmal: Ich war bei diesen Verhandlungen vom 13. auf den 14. nicht anwesend. Was ich den Verhandlern versucht habe, hier mitzugeben, ist eine Auflistung von rechtlich nicht nur zulässigen, sondern in den Verhandlungen forderbaren Momenten.

Die Frage, ob Sie diese durchsetzen, ist eben eine andere, und Verhandlungen sind halt einmal so, dass die eine Seite sich mit dem durchsetzt und die andere Seite mit dem, und zur ganz konkreten angesprochenen Nicht-Kernländer-Thematik: Das war in den Gesprächen vorher für mich immer stärker ein Thema, dass man hier zwischen den Kernländern – Österreich, Kroatien, Slowenien – und den Nicht-Kernländern differenzieren könnte. Deswegen habe ich es hier aufgenommen.

Vorsitzende Doris Bures: Ich muss Sie auf die nächste Runde verweisen, Herr Abgeordneter.

Damit gelangen wir zur vierten Fragerunde. Herr Abgeordneter Krainer, Sie haben das Wort.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf gleich dort weitermachen. Das heißt, das, was jetzt immer so als Garantie dargestellt wird, war in diesen Term Sheets vorher, dass die Bayern garantieren, dass zum Stichtag 14.12. die Eigenmittel in einer gewissen Höhe – Hausnummer 1 Milliarde – da sind. Überprüft wird das innerhalb von drei Monaten – Pi mal Daumen –, das heißt bis Mitte März, mit der Methode einer Due Diligence? Habe ich das halbwegs richtig verstanden?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das war eine Ausprägung, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Und am Schluss kam heraus, die Bayern zahlen nicht Stichtag 14.12, sondern Stichtag 31.12., Feststellungszeitraum ist nicht bis 14. März 2010, sondern bis 31. März 2010, nicht durch eine Due Diligence, sondern durch eine Bilanzierung – eine andere Methode, aber ein nicht gänzlich anderes Substrat am Ende des Tages –, und wenn die Eigenmittel eine gewisse Höhe unterschreiten, dann zahlen sie in einem gewissen Verhältnis mit Österreich, damit dieses Limit erreicht wird? (Die Auskunftsperson nickt.) – Okay. Das heißt, der Unterschied beim Stichtag, beim Feststellungstag und bei der Feststellungsart ist überschaubar?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das ist eine Wertung, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, der Stichtag ist 14 Tage verschoben.

Dr. Wolfgang Peschorn: Wenn man das Term Sheet, also den Entwurf des Term Sheets, genau liest, sind da schon Unterschiede.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja? Und zwar?

Dr. Wolfgang Peschorn: Na ja, wenn wir dasselbe haben: Eigenkapitalgarantie – unter diesem Aspekt ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Eine „subjektive Eigenkapitalgarantie“ (Auskunftsperson Peschorn: Ja, genau!) bis zu einer Höhe von 200 Millionen, eine subjektive – was auch immer eine subjektive Eigenkapitalgarantie ist. Ich verstehe ja viele Sachen da nicht. Also ich weiß ja nicht: Was soll eine subjektive Eigenkapitalgarantie sein?

Dr. Wolfgang Peschorn: Mir sagt jemand: Die Bank hat soundso viel Eigenkapital, und das garantiere ich dir. (Abg. Krainer: Ja!) Und das Ganze mache ich fest an dem Stichtag 30.9.2009. So, und alles das, was – wie sich im Rahmen einer Prüfung herausstellt – die Bank mehr braucht, muss derjenige, der die Garantie ausgesprochen hat, nachschießen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Was hat das Wort subjektiv dort verloren? Was heißt das?

Dr. Wolfgang Peschorn: Das ist die Überzeugung desjenigen – die subjektive Überzeugung –, dass die Ausstattung der Bank in diesem Ausmaß gegeben ist, und die garantiert er.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber das heißt, das muss einer objektiven Überprüfung nicht standhalten oder wie?

Dr. Wolfgang Peschorn: Schon. Es war ganz einfach: Das ist jetzt so, aber die objektive Überprüfung erfolgt ja dann danach, ob das auch wirklich so ist, was er subjektiv ...

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, das war mit 200 Millionen begrenzt? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Wolfgang Peschorn: In dem Fall hier, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja? – Okay. Das heißt, diese Garantie war mit dem Betrag von 200 Millionen begrenzt, und diese First Loss Pieces und so, da ist es ja immer um 100 Millionen und so weiter gegangen, und das lustigerweise immer gegenverrechenbar mit dem Partizipationskapital von 300 Millionen. Das ist ja auch immer in einer Gegenverrechnung. Das heißt, in Wirklichkeit haben die Bayern gesagt: 300 Millionen, und immer gegenverrechenbar mit den 300 Millionen.

Dr. Wolfgang Peschorn: Die Bayern wollten natürlich überhaupt keine Garantie geben, das war klar. Was wir hier mal in dem Term Sheet abgebildet haben, war eine objektive Eigenkapitalgarantie. Das ist der erste Teil. Der zweite Teil ist die subjektive – das ist bei Ihnen das Gegelbte –, mit den 200 Millionen, das ist sozusagen viel näher und wird viel früher schlagend.

Der dritte Teil war die Überlegung, und die ist dann auch übergeblieben: Wie gehe ich damit um, dass ich genau aus dem Umstand heraus, dass ich am 31.12.2009 die Eigenmittelerfordernisse nach dem BWG erfüllen muss, damit es zu keiner Insolvenz oder Geschäftsaufsicht kommt, und möglicherweise nach dem 14.12. ein Problem ruchbar wird, wer dann das in dem Zeitloch zwischen 14.12. und 31.12. zahlt? – Da wurde dann von den Verhandlern vereinbart, dass man einen allfälligen Mehrbetrag im Verhältnis 1 : 3 teilt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber am Ende ist ja ... Das davor ist ja alles weggefallen, sondern das, was übergeblieben ist zum 31.12.: Bis 31. März hat man Zeit, festzustellen, wie hoch die Eigenmittel zum 31.12. sind, und alles, was unter einer gewissen Grenze ist ... Da die Bayern 825 einzahlen, Österreich 275, beträgt das Verhältnis ab dann quasi von dem, was fehlt, 3 : 1 – drei Teile Bayern, ein Teil Österreich.

Dr. Wolfgang Peschorn: Bei den kurzfristigen Kapitalmaßnahmen, ja.

Vorsitzende Doris Bures: Eine kurze Frage noch, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und das ist natürlich ein bisschen etwas anderes als das, was vorher dringestanden ist, ja? (Auskunftsperson Peschorn: Ja!) Aber in der Wirkung am Ende des Tages wahrscheinlich auch nicht so extrem weit weg. – Danke schön.

Vorsitzende Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Darmann.

Ich möchte nur darauf aufmerksam machen: Wenn es dann noch einen Wunsch nach einem vertraulichen Beratungsteil gibt, würde ich wegen der weiteren Vorgangsweise kurz die Fraktionsführer zu einer Besprechung einladen. Aber im medienöffentlichen Teil gelangen Sie als Nächster zu Wort.

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann: Frau Präsident, in der Tat haben Sie richtig erkannt, dass es aufgrund des nahenden Ablaufs der Zeit für die Befragung – nämlich in gut 20 Minuten – notwendig sein wird, auch in eine nichtöffentliche Befragung einzutreten. Auch wenn wir überrascht sind, dass Dokumente von der Finanzprokuratur in einer inhaltlichen Art vorliegen, die in keiner Art und Weise begründen lassen, wieso hier eine Vertraulichkeitsstufe 2 ist, müssen wir uns fürs Erste einmal damit abfinden, dass dies so gegeben ist.

Aber es gilt, wirklich Einblick zu nehmen in die Abläufe, festzuhalten, ob es eine systemrelevante Bank gewesen ist oder nicht, mit einem fragwürdigen Dokument dazu, und natürlich in weiterer Folge auch, was den Zeitpunkt betrifft, ab wann eine Verstaatlichung angesprochen wurde. Auch da liegen Dokumente vor, dass das schon vor den benannten Gesprächen an diesem Wochenende so gewesen ist.

Für uns gilt aber natürlich, das im Detail zu hinterfragen, und wir müssen auch auf diese vertraulichen Dokumente zurückgreifen. Deswegen ersuche ich – bedauerlicherweise für die Medienöffentlichkeit und leider auch gegen die Transparenz –, die Öffentlichkeit auszuschließen, um in der Fragestellung weiterzukommen, denn es sind hier ganz wesentliche Inhalte gegeben, die auch die eine oder andere Argumentation durch die damalige Bundesregierung auf den Kopf stellen.

Vorsitzende Doris Bures: Damit das nicht auf die Befragungszeit geht, unterbreche ich die Sitzung für eine kurze Besprechung über die weitere Vorgangsweise und ersuche die Fraktionsvorsitzenden, zu mir zu kommen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

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(Der medienöffentliche Teil der Sitzung wird um 13.53 Uhr unterbrochen und um 13.55 Uhr als solcher wieder aufgenommen.)

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13.55

Vorsitzende Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung ganz kurz wieder auf, nämlich zu dem Zwecke, um Ihnen mitzuteilen, dass wir in einen vertraulichen Sitzungsteil übergehen werden.

Daher ersuche ich die Vertreterinnen und Vertreter der Medien, das Ausschusslokal zu verlassen. Wir sehen uns dann bei der nächsten Auskunftsperson ohnedies wieder.

Ich unterbreche kurz die Sitzung, um die Vorbereitungen für einen vertraulichen Sitzungsteil zu treffen.

Die Sitzung ist wieder unterbrochen.

*****

(Die medienöffentliche Befragung wird um 13.56 Uhr unterbrochen. – Fortsetzung der Befragung in vertraulicher Sitzung von 14.00 Uhr bis 14.19 Uhr -  dieser Teil des Protokolls ist gem. § 4 Abs. 1 Z 2 Informationsordnungsgesetz mit „Stufe 2 – vertraulich“ klassifiziert.)